VERBÄNDE Eine häufige Folgeerkrankung des Diabetes mellitus stellt die diabetische Retinopathie dar. In der Vergangenheit führte dies häufig zur Erblindung. Seit einigen Jahren stehen Therapieverfahren zur Verfügung, die den Visusverlust verhindern oder verlangsamen können. Etabliert sind Laserbehandlungen der Netzhaut. Neu ist die Möglichkeit der Injektion von wachstumshemmenden Medikamenten direkt in den Glaskörper des Auges. Dadurch lassen sich bestimmte Stadien der Erkrankung gut behandeln. Für den OktoberBeitrag des BVKD im Diabetes-Forum konnten wir Professor Dr. Marcus Blum als Fachexperten gewinnen. Er ist Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde des HELIOS Klinikums Erfurt und schildert uns die Therapiemöglichkeiten des Krankheitsbildes. Dr. med. Thomas Werner, Dr. med. Johannes Huber Behandlung der diabetischen Retinopathie Das Klinikum Erfurt – ein Krankenhaus der Maximalversorgung. Prof. Marcus Blum ist Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde Text: Professor Dr. Marcus Blum. 30 Augenschäden Die diabetische Retinopathie ist eine Mikroangiopathie der Netzhaut. Hauptursache ist neben Blutzuckerschwankungen auch Bluthochdruck. Im Beitrag von Professor Blum (Erfurt) geht es um die verschiedenen Stadien und die Therapie der diabetischen Retinopathie. D ie Häufigkeit der Retinopathie ist stark von der Dauer der Erkrankung abhängig. In älteren Studien waren nach 20 Jahren Diabetesdauer bis zu 90 Pro- | Diabetes-Forum 10/2013 zent der Menschen mit Typ-2-Diabetes von Netzhautveränderungen betroffen. Neuere Studien zeigen zwar einen Rückgang, aber immer noch ist jeder dritte bis vierte Pati- ent betroffen. Deshalb sollte jeder Patient mit Diabetes mellitus, auch im höheren Alter, routinemäßig einmal pro Jahr einem Augenarzt vorgestellt werden. www.bvkd.de Folgende Formen der diabetischen Retinopathie werden unterschieden: ⧫ milde und mäßige nicht proliferative diabetische Retinopathie ⧫ schwere nicht proliferative Retinopathie ⧫ diabetische Makulopathie ⧫ proliferative diabetische Retinopathie www.diabetologie-online.de VERBÄNDE chämie entstehen „Cotton-wool“Flecken. Wenn nicht eingegriffen wird, schreiten die Veränderungen bei der Hälfte der Patienten innerhalb eines Jahres zur proliferativen diabetischen Retinopathie fort. Deshalb wird bei vielen Patienten in diesem Stadium mit der Laserbehandlung begonnen. Die Netzhautgefäße zeigen erste Mikroaneurysmen. Diese verursachen meist keine Sehstörung – der Patient sollte aber jetzt alle sechs Monate zum Augenarzt zur Kontrolle, da er subjektiv keine Veränderung wahrnimmt. Bei der mäßigen Form treten zu den Mikroaneu- Diabetische Makulopathie rysmen Blutungen in der Netzhaut und beginnende Lipidablagerungen Das klinisch signifikante Makulaö(„harte“ Exsudate) auf. Eine gute dem ist die häufigste Ursache einer deutlichen SehverStoffwechsel- und konsequente Blutschlechterung. Es „Eine gute Stoffdruckeinstellung entsteht ein Netzwechselund konsind Eckpfeiler der hautödem mit eisequente BlutTherapie. Diagnosner Verdickung tisch ist die Flouresder Makula. In eidruckeinstellung zensangiographie ner 500 µm Zone sind die Eckpfeiler hilfreich, um die um die Makula finder Therapie.“ Veränderungen zu den sich Lipidablaklassifizieren. gerungen („harte Exsudate“). Neben einer gezielten Laserkoagulation der Leckstellen Schwere nicht proliferative gibt es seit einigen Jahren MedikaRetinopathie mente, die in das Auge injiziert werEs bestehen multiple Blutungen in den können und das Ödem günsallen vier Quadranten der Netz- tig beeinflussen. Diese Injektionen haut. Die Venen zeigen Verdickun- müssen von einem Augenarzt ungen und Segmentierungen („perl- ter sterilen Bedingungen durchgeschnurartig“), als Zeichen der Is- führt werden. i Proliferative diabetische Retinopathie Kommt es zu Neovaskularisationen, ist die Retinopathie proliferativ. Die Gefäßwucherungen treten bevorzugt an der Papille und den großen Gefäßbögen auf. Mit den sich fächerförmig ausbreiten- © M. Blum Milde und mäßige nicht-proliferative Retinopathie den Neovaskularisationen wächst auch Bindegewebe vor, was zur Ausbildung von Membranen führen kann. Zu einer dramatisch schnel- Typisches Makulaödem. len Sehverschlechterung kann es kommen, wenn die neugebildeten Gefäße reißen und es zur Glaskörperblutung kommt. Die Gefäßneubildungen können sich aber auch im vorderen Augenabschnitt (Iris und Gelasertes Auge. HELIOS Klinikum Erfurt Mehr als 30 Fachbereiche, Zentren, Institute und weitere Abteilungen arbeiten im HELIOS Klinikum Erfurt unter einem Dach zusammen. Die Experten der verschiedenen Kliniken sind eng miteinander vernetzt und können so die Patienten umfassend und mit bestmöglichem Therapieerfolg versorgen. Gemeinsam legen die Ärzte individuelle Behandlungspläne fest und stehen Betroffenen in jeder Phase ihrer Erkrankung als kompetente Ansprechpartner zur Seite. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit niedergelassenen Kollegen garantiert den Patienten zudem, dass sie nach der Entlassung aus unserem Haus weiter betreut werden. Von dieser gelebten Interdisziplinarität profitieren jährlich insgesamt mehr als 52 000 vollstationäre, mehrere Hundert teilstationäre und mehr als 146 000 ambulant behandelte Patienten. Zur HELIOS Kliniken GmbH gehören aktuell 74 eigene Kliniken, darunter 51 Akutkrankenhäuser mit sechs Maximalversorgern in Erfurt, Berlin-Buch, Duisburg, Krefeld, Schwerin und Wuppertal, sowie 23 Rehabilitationskliniken. Darüber hinaus gehören zur Klinikgruppe 36 Medizinische Versorgungszentren (MVZ), fünf Rehazentren und 13 Pflegeeinrichtungen. HELIOS ist damit einer der größten Anbieter stationärer und ambulanter Patientenversorgung in Deutschland. www.diabetologie-online.de © M. Blum Das HELIOS Klinikum Erfurt ist mit 1 282 Betten das größte Krankenhaus in Mittelthüringen und für die medizinische Versorgung der Bürger der Thüringer Landeshauptstadt und weit darüber hinaus verantwortlich. Als Krankenhaus der Maximalversorgung und Akademisches Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Jena bieten die etwa 2 000 Mitarbeiter medizinische Versorgung auf höchstem Niveau. ☏ BVKD: 0 55 24/81-212 Kammerwinkel) fortsetzen und dadurch eine schwere Abflussstörung des Kammerwassers verursachen Diabetes-Forum 10/2013 | 31 VERBÄNDE (sekundäres neovaskuläres Glaukom – Gefahr der Erblindung). Laserkoagulation als Behandlung Behandelt wird mit einer flächenhaften Laserkoagulation („panretinal“). Die Netzhaut wird, unter Aussparung der Makula, in meh- reren Sitzungen mit mehreren tausend Laserherden verödet. Der Laser koaguliert nur die äußere Netzhautschicht und schont die dazwischen liegenden Areale, damit weiterhin eine Sehleistung möglich ist. Die Behandlung bessert die Sauerstoffversorgung der Netzhaut, führt allerdings zu einer konzentrischen Gesichtsfeldeinschränkung. In fortgeschrittenen Fällen muss der Augenarzt mit einer Operation den Glaskörper entfernen (Vitrektomie) und das Auge wird dann mit einem Luft-Gasgemisch oder auch mit Silikonöl gefüllt. Stellungnahme des BVKD zur perioperativen Einstellung des Diabetes Anzeige Operationsrisiko Dem Bundesverband Klinischer Diabetes-Einrichtungen (BVKD) ist die qualifizierte Betreuung von Diabetikern bei Operationen sehr wichtig. Dafür, so fordert es der BVKD, muss es möglich sein, Patienten mit Diabetes schon einen Tag vor der OP aufzunehmen. D Text: PD Dr. Mathias Weck. 32 er Diabetes mellitus, insbesondere der Typ-2-Diabetes, ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland. Damit verbunden ist eine Reihe von Folgekomplikationen, die wiederum mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sind. Ziel jeder Diabetesbehandlung ist die Vermeidung von Komplikationen bei guter zieladaptierter Blutzuckereinstellung. Gut bekannt und validiert, u. a. durch die ehemalige Bundesstelle Qualitätssicherung | Diabetes-Forum 10/2013 (BQS), ist, dass Menschen mit Diabetes, die sich einer Operation unterziehen mussten, häufiger von Komplikationen betroffen sind als Nicht-Diabetiker. Diese Komplikationen betreffen: ⧫ eine erhöhte Infektionsrate und Wundheilungsstörungen ⧫ erhöhte perioperative Morbidität und Mortalität. Aus diesen Gründen hält es der BVKD für außerordentlich wichtig und unverzichtbar, dass bei Patienten mit Diabetes mellitus, die sich einer Operation unterziehen müssen, folgende Bedingungen und Grundregeln eingehalten werden: Der operative Eingriff sollte an qualifizierten Zentren durchgeführt werden, ⧫ die auch über eine diabetologische „Mindestausstattung“ verfügen ⧫ die eine normnahe Blutzuckerführung perioperativ gewährleisten können ⧫ die Handlungsanweisungen für den Umgang mit Diabetesfolgen und -komplikationen nachweisen können. Aus den Daten der Bundesstelle Qualitätssicherung geht hervor, dass erhöhte perioperative Blutzuckerwerte insbesondere mit einem hohen Risiko von perioperativen Wundkomplikationen verbunden sind. Der BVKD verlangt deshalb von seinen Mitgliedskliniken im Rahmen des Qualitätsmanagements den Nachweis von Regeln www.diabetologie-online.de