PS Kognitive Psychologie/ Prof. Dr. M.Trimmel/ WS2001/02/ Tibor Herceg 8600392 Gedächtnis und Amnesie • Inhalt: Das Verständnis der neuropsychologischen Grundlagen des Gedächtnisses, die korrespondierenden Gehirnstrukturen für die Fähigkeit des menschlichen Gehirns gelernte Erfahrungen zu speichern sowie Gedächtnisstörungen anhand von neuropsychologischen Patienten mit Amnesien und Tierexperimente bei denen Amnesien durch gezielte Hirnschädigungen hervorgerufen wurden. Ausgehend von den frühen Theorien zur Gedächtnisspeicherung: Massenaktionsprinzip (Karl Lashley- widerlegt) Prinzip der Äquipotenz (Karl Lashley- widerlegt) Theorie der zwei verschiedenen Speichermechanismen:(Kurzzeit.-Langzeitged.) Konsolidierungstheorie /(Hebb, 1949) Amnesieformen • Amnesie mit Schädigungen des medialen Temporallappens Allgemein Hirnschäden infolge von Tumoren, Schlaganfällen et., wobei sich die Hirnschädigungen nicht auf den Temporallappen beschränken. Die bilaterale mediale temporale Lobektomie: vorgenommen am Patienten: H.M. zur Behebung generalisierter Krampfanfälle. Als postoperative Gedächtnisstörungen erwiesen sich eine leichte retrograde Amnesie (beschränkt auf die zwei Jahre vor seiner Operation), jedoch eine schwere anterograde Amnesie. Die Fähigkeit ein Langzeitgedächtnis aufzubauen fehlt bei einem intaktem Kurzzeitgedächtnis. Neuropsychologische Untersuchungen: Digit-span+1- Test : Kurzzeitgedächtnistest bei dem eine Zahlenfolge korrekt nachzusprechen ist wird diese um eine eine Ziffer erweitert. H.M. kommt auf nicht ganz acht Ziffern und verdeutlicht die Unfähigkeit ein Langzeitgedächtnis aufzubauen. Corsi-Würfeltest :Nonverbaler Kurzzeitgedächtnistest, Würfel sind in einer bestimmten Reihenfolge zu berühren. Es wurde gezeigt , daß H.Ms Amnesie nicht auf den verbalen Bereich beschränkt war-Globale Amnesie- die auf alle Formen der Sinneswahrnemungen ausdehnt ist. Übereinstimmungstest :Vergleich in verbalen und nonverbalen Tests. Es wird ein Objekt gezeigt welches anschließend aus einer Reihe von Objekten herauszusuchen ist. Bestanden die Reize aus Konsonanten hatte H.M. keine Schwierigkeiten (aktives Rehearsal) hingegen bei der Präsentation von Ellipsen konnte er keine Übereinstimmung finden. Spiegelzeichnen .Es ist mit einer verdeckten Hand in einem Spiegel eine sternförmige Linie nachzuzeichnen und deutet an, daß H.Ms anterograde Amnesie nicht auf alle Langzeiterinnerungen gleichermaßen zutraf, einerseits verbesserten sich seine Leistungen man nahm an er habe sich die Aufgabe gemerkt andererseits konnte er sich nicht erinnern diese zuvor schon ausgeführt zu haben. Rotary-pursuit-Test :es ist mit einem Zeiger ein Objekt auf einer rotierenden Scheibe in Kontakt zu halten, auch hierbei kam es zu einer Leistungsverbessserung ohne das er die Drehscheibe wiedererkannte, man schloß er könne für sensomotorische Aufgaben ein Langzeitgedächtnis aufbauen. Golin-test :Fragmentarische Zeichnungen in fünf Sets unterschiedlicher Vollständigkeit gilt es zu identifizieren. Wiederum konnte er sich beim Wiederholungstest eine Stunde später sehr viel merken ohne sich jedoch bewußt an die Bilder zu erinnern. Test zum Sprachverständnis :Vordergründig schien sein Sprachverständnis nicht beeinträchtigt jedoch hatte er Schwierigkeiten mehrdeutige Sätze zu verstehen. 1 PS Kognitive Psychologie/ Prof. Dr. M.Trimmel/ WS2001/02/ Tibor Herceg 8600392 Pawlowsche Konditionierung Es ließ sich erfolgreich eine klassische Spurenkonditionierung des Lidschlagreflexes durchführen, die er auch noch zwei Jahre später zeigte ohne sich des früheren Trainings bewußt zu sein.-Sonderfall Schlußfolgerungen: Die Bedeutung der medialen Temporallappen (Hippocampus...) bei der Konsolidierung der Erinnerung; die Fähigkeit Dinge im Kurzzeitgedächtnis zu behalten; ein Langzeitgedächtnis in Bezug auf Ereignisse vor der Operation jedoch der Mangel expliziter Erinnerungen aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis zu übertragen. Allgemein konnte festgestellt werden, daß implizite Gedächtnisvorgänge, welche automatisch ablaufen( verzögerte Kond.) eher erhalten blieben, und es Defizite gab bei expliziten Gedächtnisvorgängen( Spurenkond.) unter bewußter Verarbeitung, genaugenommen handelt es sich um das episodische Gedächtnis, hingegen nicht betroffen das semantische Gedächtnis. • Die Amnesie des Korsakow-Syndroms Verursacht durch Alkoholabusus und gekennzeichnet durch sensorische, motorische Störungen, starke Verwirrung, auffällige Persönlichkeitsveränderungen, Leber-MagenDarm- und Herzschäden. Post-mortem: Läsionen des medialen Diencephalons (med. Thalamus und Hypothalamus, Mamillarkörper?), Schädigungen unter anderem des Neocortex und des Cerebellums. Anterograde Amnesie für explizite Gedächtnisinhalte, episodischen Inhalts eines frühen Stadiums ihrer Krankheit, zusätzlich einer schweren retrograden Amnesie. • Amnesie bei Schädigung des präfrontalen Cortex Patienten zeigen keine Ausfälle bei gewöhnlichen Gedächtnistests, haben jedoch zweierlei Gedächtnisprobleme mit zeitlichen Abfolgen: Einerseits in der Schwierigkeit sich auf die Aufeinanderfolge von Ereignissen zu erinnern, (Objekt auf Karten wiedererkennen). Im Gegensatz zu Medialtemp.- oder DiencephalonAmnesien konnten sich diese Patienten sofort an das Objekt erinnern aber nicht in welcher Reihenfolge. Andererseits in der Schwierigkeit bei Tätigkeiten behalten zu müssen welchen Teil einer Sequenz von Handlungen sie bereits ausgeführt haben und welcher noch auszuführen ist. • Amnesie bei der Alzheimerkrankheit Bei der häufigsten Art von Demenz unterscheidet man drei Arten von Pathologien: Weitgehende neuronale Degeneration; Neurofibrillen (fibrilläre Strukturen in neuronalen Cytoplasma); Amyloidplaques (sphärische Knäuel von Narbengewebe, bestehend aus degenerierten Neuronen, die von einem entarteten Protein, dem Amyloid, durchsetzt sind). Anzutreffen sind diese Veränderungen besonders im temporalen, parietalen Cortex und in Strukturen des basalen Vorderhirns. Verursacht durch Acetylcholinmangel und anderer zentraler Neurotransmitter (Noradrenalin , Serotonin). Die Gedächtnisstörungen in der Frühphase sind generalisierter als bei den vorherigen, und äußern sich durch anterograden und retrograden Ausfällen des expliziten Gedächtnisses, sowie auch des Kurzzeitgedächtnisses. Das implizite Gedächtnis für sensomotorisches Lernen bleibt zunächst erhalten. • Amnesie nach Gehirnerschütterungen Die häufigste Ursache von Amnesie, der vorübergehende Bewußtseinsverlust durch Kopfverletzungen, die posttaumatische Amnesie, kann Sekunden, Minuten oder gar Wochen andauern. Nach Erlangen des Bewußtseins ist der Zustand oft verwirrt und zeichnet sich häufig aus durch eine permanente retrograde Amnesie bezüglich der 2 PS Kognitive Psychologie/ Prof. Dr. M.Trimmel/ WS2001/02/ Tibor Herceg 8600392 Unfallereignisse und eine anterograde Amnesie um die Zeit der Verwirrung, das Kurzzeitgedächtnis funktioniert normal. Tiermodell Zur weiteren Erforschung der neuronalen Grundlagen von Gedächtnis und Amnesie und zur Identifizierung der Gehirnstrukturen die an unterschiedlichen Gedächtnisvorgängen beteiligt sind wurden gezielte Läsionen im Tierexperiment vorgenommen. Unter anderem führten die Ergebnisse mit der verzögerten Vergleichsaufgabe im Affen.Rattenmodell zu umfangreichen Theorien zur Gedächtnisfunktion des Hippocampus. Da Beobachtungen zufolge mit Hippocampusläsionen Ausfälle im Raumgedächtnis auftraten und, daß der Hippocampus Ortszellen enthält, führte zur Theorie der kognitiven Landkarte (O`Keefe und Nadel 1978). Unter den Systemen des Gehirns die sich auf bestimmte Gedächtnisinhalte spezialisieren, ist der Hippocampus für die Speicherung von Informationen über räumliche Beziehungen verantwortlich. Aus dem sensorischen Input den er enthält stellt er allozentrische Landkarten der äußeren Welt her. Eine weitere Theorie der konfiguralen Assoziation (Rudy und Sutherland 1992), geht davon aus , daß das Raumgedächtnis lediglich eine spezifische Leistung der allgemeineren Funktion des Hippocampus ist, und besagt, daß dieser bei der Langzeitspeicherung von Beziehungen zwischen Hinweisreizen eine Rolle spielt. Die Bedeutung liegt beim Behalten von Verbindungen zwischen einzelnen Reizen für das Verhalten und nicht bei der Speicherung der Bedeutung von Einzelreizen.(Kontext!). Die Weg-Integrations-Theorie (Whishaw, McKenna, Maaswinkel,1997),besagt, daß der Hippocampus bei der Integration von Bewegungen des Individuums selbst im Raum mitwirkt. Daraus berechnet er die in der Vergangenheit zurückgelegten Wege, die gegenwärtige Position und die für die Zukunft geplanten Wege. Zusammenfassung der Gedächtnisstrukturen des Gehirns Das Riechhirn: corticale Struktur, die bei der Bildung des expliziten Langzeitgedächtnisses für Objekte eine entscheidende Rolle spielt. Läsionen verursachen eine retrograde Amnesie von der länger zurückliegende Erinnerungen nicht betroffen sind und somit vermutlich nicht der eigentliche Sitz des Objekterkennungsgedächtnisses ist. Der Hippocampus: Schädigungen behindern die Bewältigung von Aufgaben, die ein Langzeitgedächtnis für räumliche Beziehungen erfordern. Für diese Konsolidierung und nicht für die Speicherung spricht die Tatsache, daß diese Schädigungen das räumliche Gedächtnis für neue Umgebungen blockieren, nicht jedoch das für lange Zeit vor den Läsionen vertraute Umgebungen. Viele hippocampale Neurone besitzen Ortsfelder und unterstützen so die Bedeutung für das Raumgedächtnisses. Die Amygdala: ist scheinbar weniger bedeutend im Langzeitgedächtnis für die Objekterkennung, als vielmehr besonders für die Erinnerung an die emotionale Bedeutung von Erfahrung verantwortlich. Der Inferotemporale Cortex: geht man davon aus, daß die medialen Temporallappen bei der Konsolidierung des Langzeitgedächtnisses eine Rolle spielen, nicht aber der Ort seiner Speicherung sind, stellt sich die Frage wo die Inhalte des Langzeitgedächtnisses gespeichert werden? Gegenwärtig geht man davon aus, daß dies in den corticalen Schaltkreisen stattfindet, die bei der ursprünglichen Erfahrung aktiviert wurden: im sekundären Cortex und im Assoziationscortex. Derzeitige Konzentration der Forschung auf das visuelle Gedächtnis und dessen Speicherung im sekundären visuellen Cortex des inferioren Temporallappens. Man nimmt an, daß der posteriore parietale Cortex, Speicher des räumlichen Gedächtnisses 3 PS Kognitive Psychologie/ Prof. Dr. M.Trimmel/ WS2001/02/ Tibor Herceg 8600392 ist, der sekundäre somatosensorische Cortex Erinnerungen an Bewährungsmuster und der sekundäre auditorische Cortex Hörerfahrungen speichert. Cerebellum und Striatum: Vermutlich wir das explizite Gedächtnis in den Schaltkreisen des Gehirns gespeichert, welche die ursprüngliche Wahrnehmung gesteuert haben und implizite Erinnerungen sensomotorischen Lernens vermutlich in sensomotorischen Schaltkreisen gespeichert. Das Cerebellum soll Erinnerungen an gelernte sensomotorische Fertigkeiten speichern. Das Striatum wird als Ort der Speicherung für feste Beziehungen zwischen Reizen und Reaktionen angesehen, die im Lauf vieler Versuche immer weiter konsolidiert. Präfrontaler Cortex: Patienten mit bilateralen Schädigungen des präfrontalen Cortex haben spezifische Gedächtnisprobleme die zeitliche Abfolge von Ereignissen zu erinnern und können sich gleichzeitig an die Ereignisse selbst erinnern. Desweiteren haben sie Probleme mit Tätigkeiten bei denen sie behalten müssen welchen Teil einer Abfolge von Handlungen sie bereits ausgeführt haben und welche noch auszuführen sind. Durch bildgebende Verfahren konnte gezeigt werden, daß der Abruf semantischer und episodischer Gedächtnisinhalte aus dem Langzeitgedächtnis unterschiedliche Areale im präfrontalen Cortex aktiviert. 4