U. BÄSSLER 264 requirem ents fo r pteridines with respect to activity fo r C. fa scicu la ta : the first governs access to the in ternal celullar environm ent, the second governs activity at the p articu la r cellular site. C larification of w hether or not these specificities are identical aw ait repetition of the experim ent illustrated in Fig. 1 but w ith broken cells. No in form ation on interconversions am ong p te ri­ dines was o btained from either the experim ent illus­ trated in Fig. 1 or a sim ilar one which shows uptake of the yellow p teridine (Fig. 2 ). In all cases the p teridines a re taken up from the incubation m ixture. All subsequent conversions take place w ithin the cell an d so fu rth e r analysis of products m ust be done separately. E xperim ents w ith bacterium IL provided the first step in clarification of the conversions am ong p te ri­ dines. W hen either pure tetrahydrobiopterin-deriv ate (TH B) or THB plus ca rrier yellow p teridine was used as substrate in incubation experim ents, d is­ ap pearance of THB was always accom panied by in ­ crease in yellow pteridine in the incubation su p e r­ n atan t (Fig. 3) thus establishing THB as a p re ­ cu rso r of the yellow pteridine. T here is already some evidence 5? 6 th a t the yellow p teridine is the d ih y d ro ­ p roduct, the b acteria thus acting by an enzym atic oxidation. W e m ay speculate th at in the yellow Fig. 3. Production of yellow pteridine by bacterial strain IL. Measurements on the ordinate are units of increase of fluores­ cence of yellow pteridine. dihydro-com pound the aliphatic substituent, which is attached to C-6 form s an unstable th ird rin g and, hence, the yellow chrom ophore. T hese first experim ents have not resolved the question of w hether the yellow p terid in e is a p re­ cu rso r of one or all of the red p terid in es or w ether the synthetic pathw ay branches after TH B so that the red p terid in es and the yellow p terid in e are p ro ­ ducts of this com m on p recu rso r. T hese studies are being pu rsu ed fu rth e r w ith d isru p ted cells of both m icro b ial systems. Zum Schweresinn von Mehlkäfern (Tenebrio molitor) und Stechmücken (Aedes aegypti) V on U l r ic h B ä ssler * ** (Z. Naturforschg. 16 b, 264— 267 [1961] ; eingegangen am 26. November 1960) Beim Mehlkäfer dienen Sinnesorgane in den Antennen und zwischen Pro- und Mesothorax als Schweresinnesorgane. Bei Aedes aegypti sind neben den J o h n s t o n sehen Organen auch Proprio­ rezeptoren in den Beinen an der Schwerkraftorientierung beteiligt. Es wird die Hypothese entwickelt, daß Landinsekten, wenn überhaupt, dann mindestens zwei verschiedene Schweresinnesorgane haben. S chw eresinnesorgane sind bisher bei Insekten n u r sehr spärlich entdeckt w orden und dann vor allem bei w asserlebenden Form en. U nter L aridinsekten konnten n u r bei der Biene 1 und bei A ed es a e g y p ti2 spezielle Schw eresinnesorgane nachgewiesen w erden. Bei der Biene liegen Sinnespolster an der E inlen ­ kungssteile von K opf und T h orax und jen er von T h o ra x und A bdom en, die eine Bewegung dieser schweren Teile gegeneinander registrieren. Bei A e d e s a e g y p ti m ißt das J o h n s t o n sehe O rgan Be­ w egungen der Geißel, die un ter dem Einfluß der Schw erkraft erfolgen. D ie vorliegende A rbeit sollte zunächst feststellen, ob sich beim M ehlkäfer Schw eresinnesorgane nach- * Die Experimente mit Stechmücken konnten dankenswerter­ weise im Laboratorium von Herrn Prof. Dr. R i s l e r im Zoologischen Institut Tübingen ausgeführt werden. ** Anschrift des Verfassers: Stuttgart-Möhringen, Kolbäckerstraße 69. 1 M. L in d a u e r u . 0 . N e d e l , Z. vergl. Physiol. 42. 334 [1959]. 2 U . B ä s s l e r . Z. vergl. Physiol. 41, 300 [1958]. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. SCHWERESINN VON MEHLKÄFERN UND STECHMÜCKEN weisen lassen. Erst durch diese Arbeit wurde ein neues Durchdenken früherer Stechmückenversuche 2 nötig. 1. Versuche an M ehlkäfern Läßt man die Tiere auf einer um 45° geneigten, mit weißem Tuch bespannten Fläche (Abb. 1) frei, so zei­ gen sie keine deutlich bevorzugte Laufrichtung. Viele Tiere bleiben nach einiger Zeit sitzen, wie überhaupt ein länger dauernder Lauf nur in Fluchtstimmung möglich scheint. Der Lauf ist meist gerade; spontane Richtungsänderungen kommen gelegentlich, aber nicht häufig vor. Wurde die Fläche nur noch äußerst schwach mit nahezu diffusem dunkelgrünem Licht beleuchtet, gerade so stark, daß sich die Tiere eben noch von der weißen Fläche abhoben, trat keine Ä nderung des Ver­ haltens ein. Alle folgenden Versuche wurden bei dieser schwachen Beleuchtung durchgeführt. Abb. 1. Versuchsanordnung. Die um 45° geneigte Fläche (50 -70 cm) kann um die dreieckige Achse bewegt werden. Dreht man während eines Laufes die Fläche um 90°, so daß sie jetzt in der anderen Richtung um 45° gegen die Horizontale geneigt ist, so wenden die Tiere. Nur ein Teil sind allerdings volle 180°-Wendungen, so daß man höchstens von einem groben geomenotaktischen Verhalten sprechen kann. Da diese Wendungen dadurch zustande kommen, daß die Lage des Tieres relativ zur Schwerkraft verändert wird, lassen sie sich als Test da­ für verwenden, ob das Tier die Richtung der Schwer­ kraft wahrnimmt. Als Wendung gewertet wurde jede Abweichung von der bisherigen Laufrichtung, die grö­ ßer als 60° war. Normale Tiere wenden in 91,5% der Fälle. Daß es nicht 100% sind, liegt vor allem daran, daß manchmal die Lauffläche gedreht wurde, als sich das Tier kurz vor dem Rand der Lauffläche befand. Erreichte das Tier dann vor Einsetzen der W endereaktion die Wand, so lief es an dieser entlang; die thigmotaktische Ein­ stellung ist also stärker als die geotaktische. Wurden den Käfern die Antennen abgeschnitten und die Stummel mit Schellack verklebt, so wendeten sie in 67,5% der Fälle. Dabei zeigten einige Tiere einen un­ regelmäßigen, d. h. häufig die Richtung wechselnden Lauf. Als eine besonders leicht bewegliche Körperstelle er­ scheint das Gelenk zwischen Pro- und Mesothorax. Um 265 diese Stelle unbeweglich zu machen, wurden Stücke eines Strohhalmes am Prothorax und den Flügeldecken festgeklebt. Aber auch solche Tiere mit intakten An­ tennen und geschientem Thorax wendeten zu 78 P ro­ zent. Wurden jetzt in einem dritten Versuch die Anten­ nen abgeschnitten und die Stummel verklebt sowie der Thorax geschient, so zeigten die Tiere entweder einen sehr unregelmäßigen Lauf oder Kreisläufe. N ur ganz wenige Tiere liefen über kürzere Strecken einigermaßen gerade. Drehte man bei diesen die Lauffläche, so liefen sie meist unbeirrt weiter, gelegentliche Wendungen waren nach Drehen der Lauffläche nicht häufiger als ohne dieses Drehen. Daß der Lauf intakter Tiere meist über größere Strecken gerade ist und die im dritten Versuch verwendeten Tiere nicht mehr längere Zeit ge­ rade liefen, zeigt, daß die Tiere ohne Antennen und mit geschientem Thorax in ihrer Schwereorientierung stark beeinträchtigt sind. Ob aber die gelegentlichen Wendungen bei den wenigen einigermaßen gerade lau­ fenden Tieren auf spontane Wendetendenzen oder auf Einwirkung der Schwerkraft zurückzuführen sind, ist nicht zu entscheiden. Aber so viel ist sicher, daß die Tiere im dritten Versuch stark in ihrer Schwerkraft­ rezeption gestört waren. Nach diesen Versuchen dienen also die Antennen und in ihnen vermutlich die J o h n s t o n sehen Organe, so­ wie Sinnesorgane zwischen Pro- und M esothorax als Schweresinnesorgane. Von diesen beiden Organen kann jedes für sich eine Orientierung nach der Schwerkraft ermöglichen. Welcher A rt die Sinnesorgane am Thorax sind, konnte mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht geklärt werden. Einen Hinweis gibt vielleicht fol­ gende Tatsache: Die gleichen Veränderungen der Re­ aktionen traten auch ein, wenn statt der Schienung die Furche zwischen Pro- und Mesothorax mit einer alko­ holischen Schellacklösung überzogen wurde. W ahr­ scheinlich handelt es sich also um Sinneshaare. Ob an diesen beiden Stellen des Körpers die ein­ zigen Schweresinnesorgane liegen, oder ob noch an an­ deren Gelenkstellen eine Schwererezeption stattfindet, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Da alle Versuche nur in der Zeit zwischen drei und acht Stdn. nach der Operation ausgeführt wurden, wäre es durchaus denk­ bar, daß nach dem Ausfall der Antennen und des Pro-Mesothoraxgelenkes einige Zeit später auch andere Propriorezeptoren im Körper (vermutlich vor allem in der Halsregion und in den Beinen) die Rolle der Schweresinnesorgane übernehmen. Da sich aber der Mehlkäfer für derartige Untersuchungen nicht beson­ ders gut eignet, wurde von einer W eiterführung der Versuche abgesehen. Diskussion Die vorstehenden Ergebnisse zeigen, daß beim Mehlkäfer vorzugsweise zwei Stellen im Körper, die Antennen und die Gelenkstelle zwischen Pro- und Mesothorax, an der Schwererezeption beteiligt sind. Dies paßt gut zu den Befunden von L i n d a u e r und U. BÄSSLER 266 e d e l bei der Biene. Beide T iere haben nicht n u r ein einziges S chw eresinnesorgan. N W ie bei allen W irbeltieren findet nach unseren b isherigen K enntnissen auch bei den Insekten die W ahrnehm ung der S chw erkraftrichtung dadurch statt, daß ein schwerer K ö rp er durch die Schw erkraft bew egt w ird. Bei den W irbeltieren ist dieser K örper so gelagert, daß er n u r von der S chw erkraft bewegt w erden kann. Bei den L andinsekten stellen offen­ sichtlich einzelne K örperteile solche schweren K örper d ar, die aber an der O berfläche liegen, d. h. es kö n ­ nen auf sie neben der S chw erkraft verschiedene an ­ dere K räfte (W ind. B erührung) einw irken. Es er­ scheint einleuchtend, daß F ehlinform ationen verm ie­ den w erden können, w enn m indestens zwei Stellen des K örpers, deren bew egte Teile möglichst ver­ schieden sind, als Schw eresinnesorgane w irken. Da wegen ih re r verschiedenen F orm die betreffenden K örperteile vom W ind anders bew egt w erden als von der Schw erkraft, dürfte bei m ehreren O rganen eine U nterscheidung von W ind und Schw erkraft möglich sein. A ußerdem ist eine B erührung verschie­ dener K örperteile gleichzeitig und m it gleicher In ­ tensität unw ahrscheinlich. N un w ird auch verständlich, w arum es bisher so vielen A utoren nicht gelungen ist. Schw eresinnes­ organe bei L andinsekten nachzuw eisen. Es w urden bei diesen U ntersuchungen n u r jew eils einzelne O r­ g ane ausgeschaltet, w orunter vielleicht sogar ein S chw eresinnesorgan w ar. Da aber, wie ausgeführt, w ahrscheinlich die Insekten, w enn überh au p t, dann m ehrere Schw eresinnesorgane haben, ist, wie die M ehlkäfer zeigen, die A usschaltung n u r eines sol­ chen S chw eresinnesorganes u n ter U m ständen ohne allzu großen E influß auf die S chw erkraftorientie­ rung. D en h ie r v o rgetragenen G edanken w idersprechen n u n aber m eine eigenen B efunde an Stechmücken. Es w urde also notw endig, h ier eine K läru n g h erb ei­ zuführen. 2. Versuche an Stechmücken Zum Erhellen der Problem atik ist es nötig, nochmals kurz auf die damals angewandte Methodik einzugehen. A edes aegypti $ 5 waren am Thorax fixiert. Ihre Beine standen auf einer kleinen beweglichen Platte. Unter dieser Platte wTar ein mit Ruß bestäubtes Kärtchen. W urde die bewegliche Platte weggezogen, begannen die Tiere zu schwirren. Der dadurch entstandene Wind blies aus dem Rußkärtchen zwei Bahnen aus. Stand die ganze A pparatur horizontal, waren die beiden Bah­ nen gleich groß, d. h. die beiden Flügel schlugen gleich stark. Wurde die ganze A pparatur um 30° um die Längsachse der Tiere geneigt, so war die untere Bahn deutlich größer als die obere, der untere Flügel schlug also stärker, das Tier versuchte sich aufzurichten. W urde das J o h n s t o n sehe Organ außer Funktion ge­ setzt (schon durch einseitige Amputation zweier Geißel­ glieder war das zu erreichen), so war die untere Bahn nur noch unwesentlich größer als die obere. Weil der weggeblasene Ruß nach unten fällt, konnte man sagen, die Reaktion auf Schwerereize ist erloschen. Um die Rußbahnen (Pterogramme) zu erzeugen, konnten die Tiere etwa 1 sec schwirren, dann wurde ihnen die be­ wegliche Platte wieder untergeschoben. Wie schon frü­ her bemerkt, werden also mit dieser Methode nur die Reaktionen des abfliegenden Tieres gemessen. Aus die­ sen Versuchen ging hervor, daß die Antennen Schwere­ sinnesorgane enthalten. Will man die oben ausgesprochene Hypothese auch auf A edes aegypti ausdehnen, dann muß man anneh­ men, daß weitere Sinnesorgane bei den geschilderten Versuchen ebenfalls ausgeschaltet wurden. Sucht man nach derartigen Organen, muß man zunächst fragen, welche Gelenkstellen in der oben besprochenen A ppa­ ratur anders belastet sind als normalerweise; das sind sämtliche Beingelenke. Durch die Thoraxfixierung ruht der Körper nicht auf den Beinen, sondern die Beine hängen am Körper. Dazu kommt noch, daß die A ppara­ tur erst kurz vor der Messung in Schräglage gebracht wurde und unm ittelbar nach der Messung wieder in die Horizontallage zurückgedreht wurde. Die Tiere stellten wohl meistens die Beine in der Horizontallage auf die bewegliche Platte. Die Beine waren also nicht nur am Thorax, sondern auch, wenigstens solange das Tier nicht flog, mit den Tarsen festgelegt. Da aber mit der beschriebenen Methode nur die Reaktionen beim Abflug gemessen werden können, konnte eine Meldung der Propriorezeptoren über die Belastung der Beine durch den Körper und über die W irkung der Schwer­ kraft auf die nach dem Abflug hängenden Beine sich nicht auf die Form der Rußbahnen auswirken. Alle anderen Körpergelenke waren in der A pparatur genau­ so belastet wie im natürlichen Zustand. Sollten also frei bewegliche Tiere Reaktionen auf Schwerkraft zei­ gen, die auch nach dem Ausschalten der J o h n s t o n schen Organe erhalten bleiben, müssen Propriorezepto­ ren in den Beinen im Dienste der Schwerkraftwahrneh­ mung stehen. A edes aegypti 9 ? hängen in der Ruhe mit dem Kopf nach oben an einer senkrechten Wand. Diese Sitzrich­ tung wird durch optische Faktoren höchstens unwesent­ lich beeinflußt. W urden den Tieren wie in den oben geschilderten Versuchen einseitig die halben Geißeln amputiert, die J o h n s t o n sehen Organe also für die Schwereorientierung unbrauchbar gemacht, war keine Veränderung ihrer Ruhehaltung zu beobachten. Bei A ed es a e g y p ti 9 9 dienen also neben den J o h n s t o n sehen O rganen auch P ro p rio rezep to ren in den Beinen der R e g istrieru n g der L age im R aum . KYBERNETISCHE VORGÄNGE BEI DER STIMMGEBUNG Schluß Bei den b ish er untersuchten L andinsekten sind also im m er m ehrere S chw eresinnesorgane v o rh a n ­ den. D ie betreffenden S innesorgane stehen aber sicher nicht ausschließlich im D ienst der Schw ere­ rezeption, sondern sie reg istrieren B ew egungen der betreffenden K örperteile gegeneinander, gleichgültig, welche K raft diese Bew egung v era n laß t hat. Bei 267 L andinsekten treten also w ahrscheinlich keine spezi­ fischen S chw eresinnesorgane auf. V ielm ehr w ertet das Z entralnervensystem die M eldung m eh rerer, wenn nicht aller P ro p rio rezep to ren des K ö rp ers aus, um zu einer In fo rm atio n ü b er die S chw erkraftrich­ tung zu gelangen. D as P ro b lem d er S chw erkraft­ o rien tieru n g der Insekten ist also neben dem P ro ­ blem d er R ezeptoren vor allem ein P ro b lem des Z entralnervensystem s. Kybernetische V orgänge bei der Stimmgebung V on K. F. F rüh * und K. H a r t l ie b ** (Z. Naturforschg. 16 b, 267—278 [1961] ; eingegangen am 26. Januar 1961) Die kybernetische Darstellung der Stimmgebung ist ein neues Arbeitsgebiet. Zu ihrem leichteren Verständnis wird einführend sowohl der Aufbau und die Funktion des Stimmorganes kurz beschrieben als auch die Kenntnis einiger regelungstheoretischer Grundbegriffe vermittelt. Die kybernetische Betrachtung der Stimmgebungsvorgänge erfolgt an Hand eines kybernetischen Schaltbildes, das den gesamten Wirkungsablauf der Stimmgebung, ausgehend von der Willkürsteue­ rung durch die Großhirnrinde umfaßt. Dabei werden dieser Betrachtung im wesentlichen die für die „Theorie der neuromotorischen Betätigung des Stimmorganes durch Impulsfrequenzen“ maßgebenden Arbeiten von H u s s o n 3 und G o e r t t l e r 4 zugrundegelegt. Die Darstellung der Vorgänge der Stimmgebung auf regelungstheoretischer Basis bringt im Rah­ men dieser Arbeit wesentlich neue Gesichtspunkte für die Stimmphysiologie, und zwar besonders für die Einstellung der Tonhöhe und Intensität der Stimme. Der Arbeit können ferner wichtige Hinweise für die Klang- und Funktionsanalyse der Stimme, für die Ausbildung von Sängerstimmen und für die Behandlung gestörter Stimmen entnommen werden. Am Schluß der Ausführungen werden Formeln angegeben, mit deren Hilfe die genaue Bestimmung der verschiedenen Stimmtypen (Baß . . . Sopran) möglich ist. 1. M e c h a n i s c h - p h y s i o 1 o g i s c h e B e ­ trachtungen a) Das Stim m organ Noch heute besteht die Meinung, daß es ein Stimm­ organ im eigentlichen Sinne nicht gibt *. Der Kehlkopf sei vielmehr ein Teil des Atem traktes mit der Aufgabe, dem Eindringen von Frem dkörpern in die Atemröhre den Eingang zu sperren. Dieser Zweck des Kehlkopfes soll nicht bestritten werden, es soll aber ebenso fest­ gestellt werden, daß der menschliche Kehlkopf sich zu organhafter Vollkommenheit entwickelt hat, und zwar nicht nur zur Lautäußerung im Dienste der Lebens­ erhaltung (Lockruf oder Schrei), sondern vielmehr zur M itteilung und Verständigung durch die Sprache. Die Erzeugung der Stimme (Phonation) kann also durchaus einem wirklichen Organ zuerkannt werden, dessen sich der Mensch als Werkzeug bedient. W eiterhin ist nicht zu bestreiten, daß das mensch­ liche Stimmorgan in seinen Anlagen und Entwicklungs­ möglichkeiten — hier sei nur die M utation als auffällig * i. Hse. Siemens & Halske AG., Wernerwerk für Meß­ technik, Forschungslaboratorium für Regelungstechnik, Karlsruhe-West, Rheinbrückenstr. 50. ** Karlsruhe, Klosestr. 2. erwähnt — wie andere Organe genetisch bestimmt ist. Es kann durch persönliche Gestaltungs- und Ausdrucks­ kraft gesteuert werden. Die Untersuchung der Funk­ tionen des Stimmorganes mit Hilfe moderner E rkennt­ nisse und Verfahren ist daher von außerordentlichem Interesse. Ein übergeordneter Begriff für Steuerungs- und Re­ gelungsvorgänge sowohl in der Biologie als auch in der Technik ist die Kybernetik. Die in den Abschnitten 2 bis 8 gegebene kybernetische Darstellung der mensch­ lichen Stimmgebung soll deshalb als eine auf regelungs­ theoretischer Basis aufgebaute Betrachtung der Stimmphänomene verstanden werden. b) Stim m erzeugung Uber die Entstehung der Stimme gehen die M einun­ gen auseinander. Zwei Theorien stehen sich scheinbar unversöhnlich gegenüber. Die eine — myoelastisch be­ gründete 2 — ist gut ein Jahrhundert alt, sie hat aber trotz vielfacher Bemühungen von Anatomen, Physiolo­ gen und Akustikern nicht alle Stimmphänomene verLeitfaden der pädagogischen Stimmbehandlung (1961), S. 10 ff. 2 H. L u l l i e s , Physiologie der Stimme und der Sprache (1953). 1 H .W äng le,