Neues aus der Infektiologie Dr. med. Christiane Eicher, MME (Uni Bern) Ärztin für Allgemeinmedizin Naturheilverfahren, Palliativmedizin, Umweltmedizin Eppelheim Bundesweiter Resistenzatlas: www.bvl.bund.de/germap2008 Rhinosinusitis Gehört zu den 10 häufigsten Beratungsanlässen in der Primärmedizin Ist 5. häufigster Anlass für die Verschreibung von Antibiotika Meist virale Ursache Spontanheilungsrate auch bei bakterieller Ursache hoch! (50% nach 1 Woche) Dr. Ch. Eicher Rhinosinusitis Mindestes 2 Hauptsymptome Gesichtsschmerz, Stauungsgefühl im Gesicht Verstopfte Nase, eitriger Schnupfen Hyp-, Anosmie Oder 1 Hauptsymptom plus Sichtbares eitriges Nasensekret Oder 2 Nebensymptome Kopf-, oder Ohrenschmerzen, Fieber, Foetor, Erschöpfung, Zahnschmerzen Husten Dr. Ch. Eicher Rhinosinusitis Akuttherapie „Hausmittel“ Phytotherapie (Akupunktur) Antibiose (5-10 Tage) Amoxicillin bei sorgfältiger Auswahl gefährdeter Patienten Nachweis von Sekretspiegeln oder totaler Sinusverschattung im CT der NNH Drohende Komplikationen: Stärksten Schmerzen + erhöhtes CRP>10mg/l, starkes Krankheitsgefühl, Sehvermögen beeinträchtigt Keimnachweis: Moxarella catarrhalis, Pneumokokken, Haemophilus im Nasenabstrich Krankheitsverkürzung im Mittel um 2-3 Tage Dr. Ch. Eicher Antibiose bei Bronchitis Antibiose Ältere Patienten Grunderkrankung Immunsuppression regionale Resistenzlage Mittel der Wahl: Amoxicillin oder Oralcephalosporin Kinder: Makrolid Dr. Ch. Eicher Einweisungskriterien CRB-65 Index (Confusion, Rate, Blood Pressure) Bewusstseinstrübung AF>30/min RRdia<60mmHg oder RRsys<90mmHg Alter ≥ 65 Stationäre Einweisung erwägen, wenn Score > 1 Score = 0: Re-Evaluation nach 48 Stunden Dr. Ch. Eicher Halsschmerzen Halsschmerzen von ≤ 14 Tagen Dauer aufgrund einer Pharyngitis bei Patienten von ≥ 2 Jahren 1-2% aller Beratungsanlässe Akute, selbst limitierende Infektion der oberen Atemwege mit hoher Spontanheilungsrate Eindeutige ätiologische Zuordnung meist nicht möglich Heute extrem selten: Rheumatisches Fieber als Folge nicht eitriger Gruppe-AStreptokokken-Pharyngitis (GAS-Pharyngitis) Akute Poststreptokokkenglomerulonephritis (APSGN) Dr. Ch. Eicher Häufigste bei Pharyngitis isolierte Erreger Viren ~ 50–80%: Rhinoviren ca. 20% Coronaviren ≥ 5% Adenoviren ca. 5% Epstein-Barr Virus ca. 1% Bakterien: β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A = GAS 15–30% β-hämolysierende Streptokokken der Gruppen C und G 5-10% Dr. Ch. Eicher McIsaac-Score Prädiktoren einer (GAS)-Pharyngitis bei Pat. ≥ 3 J. GAS-Prävalenz 17%) 6 Kriterien: Fieber in Anamnese oder Temperatur > 38° Fehlen von Husten Schmerzhafte vordere Halslymphknoten Tonsillenschwellung oder -exsudate Alter < 15 Jahre Alter ≥ 45 Jahre 1 1 1 1 1 1 Zahl der Kriterien Wahrscheinlichkeit von GAS im Rachenabstrich/Likelihood Ratio 4 und 5 3 2 1 -1 oder 0 ~ ~ ~ ~ ~ 50% LR 4,9 35% LR 2,5 17% LR 0,95 10% LR 0,52 1% LR 0,05 Dr. Ch. Eicher Therapie bei Halsschmerzen Antibiose: Maßgebliche Grunderkrankung (kons. Erkrankung/ Immunsuppression…) Abszendierende Lymphadenitis Drohender Peritonsillarabszess Scharlach Akutes Rheumatisches Fieber in Eigen- oder FA Mittel der Wahl: Penicillin/Erythromycin Dr. Ch. Eicher Otitis media Diagnose Plötzlich einsetzende, heftige Ohrenschmerzen Fieber, Reizbarkeit, Hinfassen zum Ohr, Infektion der oberen Atemwege, Trommelfellentzündung, -Perforation, - Erguss Dr. Ch. Eicher Otitis media Therapie 80% heilen in wenigen Tagen von alleine aus Symptomatische Therapie Schmerzmittel Nasentropfen Inhalation Flüssigkeit Körperliche Schonung Dr. Ch. Eicher Otitis media Antibiose mit Amoxicillin oder Erythromycin: Falls binnen 48 Stunden keine Besserung (weiter Krankheits-Gefühl, Schmerzen oder Verschlechterung) bei Fieber und/oder Erbrechen Säuglinge zwischen 6 und 24 Monaten Dr. Ch. Eicher Otitis media Krankheitsverlauf mit und ohne Antibiotika: 20 Kinder benötigen ein Antibiotikum, damit 1 Kind nach 48 h weniger Schmerzen hat. Aber: Eines von 23 behandelten Kindern leidet an Nebenwirkungen (Übelkeit, Durchfall, Erbrechen). Bei schwerer Erkrankung (hohes Fieber, Erbrechen): 1 Kind profitiert bei 3 mit Antibiotika behandelten Kindern. Dr. Ch. Eicher Antibiotika Gehören zu den häufigsten primärärztlich verordneten Medikamenten (70-80%). Rationale Indikationsstellung wirkt positiv auf Qualität der Antibiotikatherapie: Minimierung der Resistenz durch gezielten Einsatz. Vermeidung unerwünschter Arzneimittelnebenwirkungen (UAW). Schonung finanzieller Ressourcen durch Senkung Arzneimittelkosten. Dr. Ch. Eicher Resistenzentwicklung Patienten: längere Behandlungsdauer Belastung durch verzögerte oder nicht eintretende Heilung Bevölkerung: verzögerte Heilung führt zu gesteigerter Prävalenz von Infektionen Gesundheitssystem: Höhere finanzielle Belastung Dr. Ch. Eicher NEIN Antibiotikum Diagnose unsicher? Indikation fraglich? Komplikationen unwahrscheinlich? Therapeutischer Nutzen gering? Nebenwirkungen wahrscheinlich? Erwartungshaltung gering? Kosten hoch? Leidensdruck gering? JA Diagnose sicher? Indikation eindeutig? Komplikationen wahrscheinlich? Therapeutischer Nutzen groß? Nebenwirkungen unwahrscheinlich? Erwartungshaltung hoch? Kosten gering? Leidensdruck hoch? NEIN sagen ist immer schwerer als JA sagen Dr. Ch. Eicher