Bandscheibenvorfall Tierklinik Volksdorf Wie entsteht ein Bandscheibenvorfall? Zu Bandscheibenvorfällen kommt es meistens schon durch geringe Traumata, wie z. B. beim Springen vom Sofa oder Spielen mit anderen Hunden. Dies hängt damit zusammen, dass die Bandscheibe, die schließlich in den Rückenmarkskanal gedrückt wird, bereits vorgeschädigt ist. Durch normale Alterung, Rasseveranlagung/ Vererbung, aber auch Übergewicht und Überbelastung kommt es zur Schwächung des Bindegewebes, der so genannten degenerativen Veränderung der Bandscheibe. Zu den prädisponierten Hunden zählen vor allem die chondrodystrophen Rassen (z. B. Dackel, Pekinese, Malteser, Shi-Tzu, Cocker-Spaniel, Pudel u. a.). Bei ihnen treten Verkalkungen der unelastischen Masse auf und beschädigt dadurch die äußeren Bandscheibenanteile, so dass es nach und nach zu Zerreißungen kommt und schließlich zum Vorfall des Bandscheibenkerns in den Wirbelkanal. Eine weitere Möglichkeit ist ein explosionsartiger Vorfall ohne vorherige Zerreißungen. Die Folge eines Bandscheibenvorfalls ist immer die Kompression des Rückenmarks bzw. der abzweigenden Nerven, was zu mehr oder weniger starken Schmerzen, Lähmungserscheinungen unterschiedlicher Ausprägung sowie Kot- und Harninkontinenz führt. Wie wird ein Bandscheibenvorfall festgestellt? Eine ausführliche klinisch-neurologische Untersuchung liefert bereits die wichtigsten Informationen, so dass eine relativ genaue Lokalisation des Bandscheibenvorfalls möglich ist. Anhand des Schweregrads der Symptome wird die nötige Behandlung festgelegt und es können bereits Aussagen über die Prognose gemacht werden. Ein weiteres diagnostisches Mittel ist die Untersuchung der Wirbelsäule mittels Röntgen, um andere Wirbelsäulenerkrankungen wie Tumore, Missbildungen oder Infektionen auszuschließen. Dieses so genannte Leerröntgen (ohne Kontrastmittel) sollte möglichst in Narkose stattfinden, damit die Wirbelsäule optimal dargestellt werden kann. Um den Bandscheibenvorfall schließlich auf einen (oder häufig auch mehrere) Zwischenwirbelraum einzugrenzen, muss entweder eine Computertomographie oder Myelographie (Röntgen der Wirbelsäule mit Kontrastmittel) durchgeführt werden. Beide Untersuchungen erfolgen ebenfalls unter Vollnarkose. Wie kann man einen Bandscheibenvorfall behandeln? Ob Ihr Tier operiert werden muss, sollte grundsätzlich von einem Tierarzt entschieden werden. Anhand der Untersuchung können die Patienten grob in drei Gruppen eingeteilt werden: 1. Keine oder nur milde Lähmung, v. a. Schmerzsymptomatik Eine konventionelle Behandlung kann versucht werden. D. h. das Tier muss möglichst ruhig gehalten werden und bekommt schmerzstillende Medika- mente und /oder Cortison. Schlägt diese Therapie an, fühlen sich die Tiere schnell besser und wollen wieder laufen und springen. Eine strikte Ruhigstellung mit Leinenzwang und nur sehr kurzen Spaziergängen ist jedoch unerlässlich, da eine nur leicht vorgeschädigte oder vorgewölbte Bandscheibe sonst schnell ganz vorfallen könnte. Die konservative Therapie birgt also auch immer das Risiko der Verschlechterung. Wir empfehlen daher schon in diesem Stadium die minimalinvasive Therapie (s. u.). Hilft die konservative Therapie dem Patienten nicht oder nicht mehr, muss er der Gruppe zwei zugeordnet werden. 2. Deutliche Lähmungserscheinungen, Tiefensensibilität erhalten Kein/geringes Steh- und Gehvermögen, die Gliedmaßen werden nachgeschliffen, Harn- und Kot werden unkontrolliert abgesetzt, das Tier hat starke Schmerzen, der Bauch ist angespannt. Spätestens in diesem Stadium ist ein Eingriff nötig. Der Patient muss einer komplizierten Operation unterzogen werden oder es kann eine minimalinvasive Therapie angewandt werden. Sie ist viel schonender als eine Eröffnung des Wirbelkanals und die Patienten erholen sich sehr viel schneller. Während nach einer OP mindestens drei Wochen strikte Ruhigstellung (am besten Boxenruhe) und ein Klinikaufenthalt notwendig sind, kann eine minimalinvasive Behandlung ambulant erfolgen (der Patient wird nur 5-6 Stunden zur Be- obachtung da behalten) und zeigt oft schon nach zwei Tagen erste Erfolge. In der Regel wird die minimalinvasive Therapie direkt im Anschluss an die Myelographie durchgeführt, so dass keine weitere Narkose nötig ist: Wenn der Patient in Narkose liegt, wird zunächst eine Kanüle in den Epiduralraum eingeführt. Darüber wird Kontrastmittel für die Myelographie injiziert. Mithilfe eines C-Bogens wird nun die Wirbelsäule durchleuchtet und der Bandscheibenvorfall lokalisiert. Als nächstes erfolgt die Injektion einer Mischung aus Lidocain (einem Lokalanästhetikum), Methylprednisolon (einem Cortisonabkömmling zur Entzündungshemmung und Schmerzlinderung) und einer Hyaluronidase, dem wichtigsten Bestandteil. Durch die Hyaluronidase wird der knorpelige Teil der Bandscheibe, der vorgefallen ist und auf das Rückenmark drückt, aufgelöst. (die Osmolarität wird geändert, das heißt, der Körper schrumpft das Bandscheibenmaterial und nimmt den Druck von dem Nervenstrang) Der Patient kann dann wieder aufwachen und ist nach fünf bis sechs Stunden fit genug, in ihre Obhut entlassen zu werden. 3. Starke Lähmungserscheinungen, Tiefensensibilität nicht erhalten Kein Steh- und Gehvermögen, keine spontanen Gliedmaßenbewegungen, Harn- und Kotinkontinenz, entspricht einer „Querschnittslähmung“. In chronischen Fällen ist die Prognose sehr schlecht. Nach einer Operation können manche dieser Tiere so genannte „spinal walker“ werden. Es bildet sich ein Reflexzentrum im Rückenmark, durch das spontane, jedoch relativ unkoordinierte Bewegungen möglich sind. Auch bei chronischen Fällen kann eine minimalinvasive Therapie versucht werden. Allerdings ist ebenfalls fraglich, ob sich das Nervengewebe des Rückenmarks ausreichend regenerieren und das Tier wieder laufen kann. In akuten Fällen ohne Tiefensensibilität (bis ca. 12 Stunden) ist die Prognose günstiger zu stellen. Können die Tiere auch zwei bis drei Wochen nach der OP bzw. der minimalinvasiven Behandlung die Gliedmaßen nicht bewegen und auch nicht selbstständig Kot und Harn absetzen, sollte sie euthanasiert werden. Was muss nach der Behandlung beachtet werden? Prognose 〉 grundsätzlich gilt: je ge- ringfügiger die Symptome waren und je kürzer sie bestanden, desto besser ist auch die Prognose der vollständigen Wiederherstellung der Bewegungsfähigkeit. Auch die Erholungsphase wird umso kürzer. Ruhe 〉 Nach einer Operation ist län- gere Ruhighaltung des Tieres nötig als nach der minimalinvasiven Therapie. Dies hängt auch mit der Wundheilung nach einer OP zusammen. In beiden Fällen sollte der Patient für mindestens zwei Tage absolut ruhig gehalten werden. Das bedeutet: nur für das Geschäft nach draußen bzw. nur in einem kleinen Zimmer gehalten werden (Katzen). Danach gilt strikter Leinenzwang und das Verbot zu Springen und Treppen zu steigen für ca. zwei Wochen (je nach Entwicklung des Zustands des Patienten) im Anschluss an die minimalinvasive Therapie bzw. für mindestens vier bis acht Wochen nach einer Operation. Gewichtsreduktion 〉 Ist bei übergewichtigen Patienten zu empfehlen, um die Wirbelsäule nicht noch zusätzlich zu belasten und das Risiko von Bandscheibenvorfällen an anderen Stellen zu minimieren. Physiotherapie 〉 Wir empfehlen im Anschluss an die Therapie, ganz gleich ob OP oder minimalinvasives Vorgehen, eine Physiotherapie in Form des Wasserlaufbands. Diese kräftigt die lange Rückenmuskulatur besser als jeder Spaziergang oder Laufen am Fahrrad es könnten. Sollte Ihr Tier operiert worden sein, ist jedoch auch ein intensiveres Programm direkt nach der OP vor dem Beginn des Wasserlaufbandtrainings notwendig. Es müssen täglich bis zu fünf Mal fünfzehnminütige Bewegungsübungen von Ihnen mit Ihrem Tier durchgeführt werden. Sie sollen helfen die Gehfähigkeit wieder herzustellen. Harnblase 〉 Falls der Patient bei seiner Entlassung nicht selbstständig Harn absetzen kann, muss die Blase mindestens drei Mal täglich per Hand ausgedrückt werden. Komplikationen 〉 Nach einer OP können zahlreiche Komplikationen auftreten. Dazu gehören Bildung eines Seroms mit der Gefahr der nachfolgenden Entzündung und Abszedierung, Verletzungen des Rückenmarks während der OP, Wundinfektion und erneute Kompression des Rückenmarks aufgrund von Narbenbildung. Im Anschluss an eine minimalinvasive Therapie sind in der Regel keine Komplikationen zu erwarten. Vorsichtshalber wird aber mit Antibiotika über fünf Tage einer Infektion des Einstichkanals vorgebeugt. Tierklinik Volksdorf Eulenkrugstr. 12 2359 Hamburg Tel.: 040 – 603 47 75 Fax: 040 – 603 50 75 E-Mail: Dr.J.Schneider@ t-online.de Web: www.TierklinikHamburg Volksdorf.de