Diagnose & Therapie Lumboischialgie Wenn mehr als nur der Rücken schmerzt Kommt es nach Bandscheibenvorfällen oder anderen Einengungen des Rückenmarkkanals zu Schmerzen, die bis ins Bein hinabreichen, so spricht man von einer L­umboischialgie. D as Wort setzt sich zusammen aus dem Begriff Lumbalgie, was einen isolierten Schmerz im Lendenwirbelbereich bezeichnet, und Ischialgie, eine Nervenwurzelreizung des Nervus ischiadicus, und beschreibt die Symptome des Rücken-Bein-schmerzes, ist also keine Diagnose im eigentlichen Sinn. Frau Dr. Marita Ant, Neurochirurgin von der Orthopädisch-Neurochirurgischen Praxis Düsseldorf, erklärt die Erkrankung genauer: „Tritt eine Lumboischialgie auf, drückt z. B. eine vorgefallene Bandscheibe auf den Ischiasnerv, der von der Wirbelsäule hinab ins Bein verläuft. Die Patienten klagen dann über Schmerzen sowohl in der Lendenwirbelsäule als auch über Schmerzen, die bis in das Bein bzw. die Beine ausstrahlen.“ Welche Behandlung für welchen Patienten infrage kommt – die Ursachen reichen über Muskelverspan- Nucleoplastie 6 ORTHOpress 2 /2009 nungen bis hin zu schweren Bandscheibenvorfällen –, zeigt sich erst nach einer genauen Diagnose und ist deshalb nicht pauschal zu äußern. Dr. Ant: „Zur Diagnosefindung gehört die körperliche Untersuchung des Patienten, bei der z. B. das betroffene Bein in Rückenlage langsam angehoben wird. Eine Wurzelreizung äußert sich sodann in dem charakteristischen Schmerz, der durch die Dehnung des Ischiasnervs ausgelöst wird. Steht ein Bandscheibenvorfall in Verdacht, der Auslöser der Symptome zu sein, so ist eine Magnetresonanztomografie angezeigt, um das Ausmaß des Vorfalles einschätzen zu können.“ Die Ursache muss behoben werden Damit den Patienten geholfen werden kann, ist eine ursächliche Behandlung Bei einem Bandscheibenvorfall drängt der Gallertkern der Bandscheibe nach außen. wichtig. Hierbei versucht man naturgemäß, größere Operationen zu vermeiden und den Betroffenen durch konservative oder minimalinvasive Therapien zu helfen. Die periradikuläre Infiltrationstherapie hat sich dabei bei vielen Patienten als wirksam erwiesen. „Infiltrationen an der Wirbelsäule werden mit Unterstützung eines Bildwandlers durchgeführt“, erklärt die Neurochi­ rurgin. „So können wir exakt erkennen, wann der Katheter an der Nervenwurzel anlangt, um dann ein Injektionsgemisch aus lokalen Betäubungsmitteln und Kortison zu applizieren. Eine andere minimalinvasive Methode, mit der wir gute Erfahrungen gemacht haben, ist die Nucleoplastie. Das Verfahren eignet sich ebenfalls, wenn ein Bandscheibenvorfall die Schmerzen verursacht, allerdings nur bei solchen Patienten, deren Bandscheibe noch Diagnose & Therapie Mikrochirurgische Bandscheibenoperation Über einen ca. vier bis fünf Zentimeter langen Hautschnitt und eine kleine Fensterung im Knochen erhält der Operateur Zugang zum Operationsgebiet. Dank sehr feiner Instrumente – die Sicht wird durch ein Mikroskop deutlich vergrößert – ist eine gewebeschonende Entfernung des Vorfalls möglich. Nach einem kurzen stationären Aufenthalt kann der Patient bereits wieder nach Hause entlassen werden. „Gerade für Berufstätige steht die schnelle Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag im Vordergrund. Sichere, ambulante Therapien wie die Nucleoplastie setzen sich deshalb immer weiter durch, da sie den ‚klassischen‘ Methoden häufig in nichts nachstehen oder sogar besser sind“, so Dr. Marita Ant. einen intakten Faserring aufweist. Die Behandlung erfolgt ambulant und erfordert nur eine örtliche Betäubung. Um die Nucleoplastie durchzuführen, wird unter Bildwandlerkontrolle eine extrem dünne Sonde in den Gallertkern der Bandscheibe eingeführt. Die Spitze der Sonde wird dann auf etwa 70°C erhitzt und vorsichtig im Kern bewegt, mit dem Ergebnis, dass das Gewebe kontrolliert verdampft. Sobald die Bandscheibe wieder eine normale Größe hat, wird die Sonde herausgezogen und die millimeterkleine Einstichstelle mit einem Hitzeimpuls verschlossen.“ Endoskopische vs. mikrochirurgische Bandscheibenoperation? Liegt der Bandscheibenvorfall jedoch tief im Spinalkanal oder ist der Faserring nicht mehr intakt, sodass eine Nucleoplastie nicht mehr infrage kommen kann, muss eine andere Behandlungsmethode gewählt werden. „Zu den etablierten neurochirurgischen Verfahren zählen sowohl die endoskopische als auch die mikrochirurgische Entfernung der Bandscheibe“, so Dr. Ant. „Welches Verfahren im Einzelfall zur Anwendung kommt, muss bei jedem Patienten anhand der Vor- und Endoskopische Bandscheibenoperation Über einen millimeterkleinen Kanal wird das Endoskop eingeführt, um so zur vorgefallenen Bandscheibe zu gelangen. Das Gewebe wird durch die Instrumente kaum traumatisiert und die Operationszeit ist relativ kurz. Je nach Patient erfolgt die Operation auch ambulant, sodass der Operierte noch am Tag der Behandlung nach Hause gehen kann. Nachteile abgewogen werden. So eignet sich die Endoskopie nur bedingt, wenn z. B. Sequester, also einzelne Stückchen des Bandscheibenkerns, im Wirbelkanal schwimmen, da die Sicht durch das Endoskop eher geradlinig ist. Was sich rechts oder links vom Endoskop befindet, ist also nur bedingt einsehbar. Hier bietet die Mikrochirurgie einen deutlich besseren Ansatz, da ein weit größerer Teil des umgebenden Gebiets eingesehen werden kann. Andererseits ist die Endoskopie besonders gewebeschonend und der Patient fast direkt nach Eingriff wieder auf den Beinen.“ Welche Behandlung für den Bandscheibenvorfall letztlich von Arzt und Patient gewählt wird, ist somit immer eine individuelle Entscheidung und stark abhängig von der gestellten Indikation. „Eine Bevorzugung einer bestimmten Methode kann es nicht geben“, betont Dr. Ant. „Was für den einen Patienten das Richtige ist, muss nicht automatisch auch die ideale Behandlung für den anderen sein.“ von Mina Stern Weitere Informationen Tel.: 0211 – 710 63 14 www.onc-duesseldorf.de ORTHOpress 2 /2009 7