Wirbelsäulenbeschwerden Gelenke, Bandscheiben, Bänder, Gelenkkapseln und Knochen – jeder Teil der Wirbelsäule altert. Bereits ab dem 20. Lebensjahr beginnen die Um- und Abbauvorgänge im Körper. In der zweiten Lebenshälfte ist praktisch niemand mehr ohne die Folgen des natürlichen Abnutzungsprozesses. Sie sind altersüblich und besitzen damit auch keinen Krankheitswert. Meistens werden sie von den Betroffenen nicht einmal wahrgenommen. Auf den natürlichen Abnutzungsprozess kann jeder aktiv einwirken und diesen entweder beschleunigen oder verlangsamen. Wird dieser Prozess z. B. durch Fehlbelastungen der Wirbelsäule beschleunigt, treten Beschwerden in Form von Schmerzen auf. Fast 70% aller Rückenschmerzen treten im Bereich der Lendenwirbelsäule auf, weil dort die größten Belastungen einwirken. Häufige Beschwerden im Lendenwirbelbereich Hexenschuss (Lumbago) Plötzlich auftretende Kreuzschmerzen werden im Volksmund als Hexenschuss (Hexen wurden im Mittelalter für Rückenbeschwerden verantwortlich gemacht) bezeichnet. Ausgelöst wird dieser durch eine Beweglichkeitsstörung der Wirbelgelenke, die entweder als Folge von Lockerungen im Gefüge zu beweglich oder unbeweglich (blockiert) sind. Im betroffenen Gebiet reagiert der Körper mit der Anspannung der Muskeln, um den Rücken zu schonen. Diese Muskelverspannungen machen den Schmerz aus. Auch der gesunde Rücken kann durch eine akute Überlastung oder Muskelverkrampfung bei Stress von einem Hexenschuss befallen werden. Diese Lockerung der Wirbelgelenke erklärt sich durch den Höhenverlust der Bandscheiben, die mit zunehmendem Alter bzw. anhaltender Belastung Flüssigkeit verlieren. Die Folgen des Materialverlustes wie Instabilität (Lockerung des Gefüges), mechanische Störungen zwischen den Wirbelgelenken (Verschiebungen), Muskelverspannung, eingeschränkte Pufferfunktion oder der Druck auf die Nervenfasern (Bandscheibenvorwölbung bis zum Bandscheibenvorfall) verursachen dann die Schmerzen. Bandscheibenvorwölbung und -vorfall (Prolaps) Die Schwachstelle der Bandscheibe ist ihr Faserring. Der Gallertkern innerhalb der Bandscheibe drückt bei Belastung immer wieder gegen seine faserartige Begrenzung. Im Laufe der Zeit nutzt sich der Faserring ab, es bilden sich kleinste Risse, bis er bei einer größeren Belastung dem Innendruck nicht mehr Stand hält und der Kern aus dem Ring austritt. Je nach Menge und Ort der austretenden Masse werden die umliegenden Strukturen wie der Spinalkanal und seine Nerven eingeengt. Das heißt, die Bandscheibe drückt auf die Nerven. Am häufigsten sind die beiden unteren Wirbelkörper von einer Erkrankung der Bandscheiben betroffen. Ein großer Teil der hier verlaufenden Nerven vereinigt sich zum Ischiasnerv, der seinen Verlauf durch das Gesäß bis hin zum Fuß nimmt. 322 P-HuB InfoLL 2007 Wirbelsäulenbeschwerden / Seite 1 von 2 Ischiasschmerzen (Ischialgie) Der Ischiasschmerz ist ein intensiv ziehender bis pochender Schmerz durch den Druck der Bandscheibe auf die Ischiasnervenwurzel. Der Schmerz kann sich auf den Bereich des betroffenen Wirbels beschränken oder aber über das Gesäß in das Bein bis zu den Zehen ausstrahlen. Damit entspricht der Ort des Schmerzes nicht immer der Stelle, an der die eigentliche Schädigung vorliegt. Meistens ist der Schmerz auf ein Bein beschränkt. Die Muskulatur des Beines ist beeinträchtigt, was zu Lähmungserscheinungen führen kann. An den Bandscheiben der Halswirbelsäule treten ca. 100 mal weniger Schäden als im Bereich der Lendenwirbelsäule auf. Typische Beschwerden werden hier meist durch Verspannungen der Hals- und Nackenmuskulatur ausgelöst. Häufige Beschwerden im Hals-Nackenbereich Verspannungen/Muskelhärten Nach einem langen Tag am Schreibtisch kommt es häufig vor, dass der Kopf am Abend nicht mehr richtig beweglich ist und im Nacken deutliche Verhärtungen der Muskulatur tastbar sind. Der Höhenverlust der Bandscheibe bedingt durch die Belastung des dauerhaften Sitzens führt zu einer Lockerung zwischen den einzelnen Wirbeln. Die Muskulatur und Bänder müssen vermehrt Haltearbeit leisten, um die Wirbelkörper in der richtigen Position zu fixieren. Solche verspannten oder verkürzten Muskeln sind verletzungsanfälliger, da ihre Elastizität herabgesetzt ist. Plötzliche Dehnungen lösen Zerrungen oder Faserrisse der Muskulatur aus. Außerdem können die Verspannungen der Halsmuskulatur über reflektorische Mechanismen zu einer Schwächung der Bewegungsmuskeln führen und den Bewegungsspielraum im HalsNackenbereich insgesamt einschränken. Spannungskopfschmerzen/Ohrgeräusche Im Halsbereich verläuft innerhalb der Wirbel beidseitig eine Arterie Richtung Schädel (Arteria vertebralis). Diese ist zum einen für die Durchblutung des Gehirns von großer Bedeutung. Zum anderen wird sie von Nerven begleitet, die zum vegetativen Nervensystem gehören und bei Beeinträchtigung z. B. durch Veränderung der Wirbelkörper oder Muskelverspannungen u. a. starke Kopf- und Nackenschmerzen auslösen können. Wieder kann das falsche Sitzen als Beispiel genommen werden: Um bei krummer Sitzhaltung nach vorne Blicken zu können, muss der Kopf nach hinten überstreckt werden. Die Gelenke zwischen Kopf und Hals stehen über das Nervensystem mit den Augen und dem Gleichgewichtsorgan in Verbindung. Eine Irritation dieses Systems aufgrund der Fehlhaltung kann zu Schwindel und Ohrgeräuschen führen. Gleichzeitig verspannt sich die Nackenmuskulatur durch das dauernde Kopf hochhalten. Diese Verspannung führt zu dem Kopfschmerz, der vom Nacken über den Hinterkopf bis zur Stirn ausstrahlen kann. Anmerkung: Die beschriebenen Beschwerdebilder unterliegen nicht dem Anspruch auf Vollständigkeit. Es wurde hier lediglich eine Auswahl möglicher Probleme im Bereich der Wirbelsäule getroffen, die vielen Menschen bekannt sind. 322 P-HuB InfoLL 2007 Wirbelsäulenbeschwerden / Seite 2 von 2