Kreation © ??????? Marketing & Vertrieb Peng! Nike ist da Aufgezeichnet von Sandra Fösken Kritik am Programm sind die Fernsehmacher gewöhnt. Der Werbung schadet sie nicht. Bleibt der Plot „hängen“ und holt die Musik den Zuschauer ab, bleibt glücklicherweise der „Second Screen“ aus. Unsere Autoren zeigen, worauf es beim Film ankommt. 48 absatzwirtschaft 1–2/2014 Volker Schrader: Das hat man davon, wenn Strategie, Konzept, Idee und Umsetzung einfach auf dem Punkt landen. Ein klasse Spot, von dem ich nicht nur aus professioneller Sicht begeistert bin. Ich fühl mich sogar besser, nachdem ich diesen Spot gesehen habe. Danke dafür schon mal an Nike und alle Macher. Die paar Sekunden haben mich reingezogen und mit der Marke und der Haltung verbunden. Peng, angekommen, bleibt hängen. Natürlich ist der Film eingewoben in eine vernetzte Kampagne, denn eine Haltung posaunt man nicht nur mal kurz raus und lässt die anderen alleine damit. Natürlich gibt es mehr und involviert mich. Gut so. Aber der Film Volker Schrader ist Kreativchef bei Publicis in Frankfurt. Das Credo der Kommunikationsagentur: Wir bringen überlegene Markenstrategien auf die Straße. Referenzen wie Siemens, Commerzbank, Maggi, Garnier, Renault und P&G haben darauf vertraut und zählen zu den namhaften Kunden der Agentur. → www.publicis.de Merkwürdiger Plot bringt alles mit, was die Kampagne sagen will. Ach übrigens, er zeigt einen fülligen Jungen, der auf einer einsamen Straße joggt und jeden einzelnen seiner Schritte bezwingt. Ein Antiheld, der sich ehrlichen Respekt verdient. Darüber ein Sprecher, der einem seine Haltung zum Begriff „Greatness“ mitteilt. Die Nike mit mir und ich jetzt mit anderen teile. Georg Tiemann: Gute Werbung funktioniert ganz einfach. Das gilt besonders für TV. Um Aufmerksamkeit zu erhaschen, genügen oftmals eine Portion Erotik, niedliche Kinder oder ganz banal Hundewelpen. Wie man das Potenzial eines 30-sekündigen TV-Spots optimal ausnutzt, zeigen die Kreativen von Heimat Berlin in der Otto-Kampagne 2013. Bemerkenswert ist nicht nur der Einzelspot, sondern die exzellente Umsetzung der ganzen Serie: die Atmosphäre, die Szenerie, natürlich auch die Models und das Styling. Ebenso die Naivität der Erzählerin. Und natürlich der surreale Plot. Die Machart der Spots ist so herrlich weit entrückt vom Durchschnittsbrei im deutschen Werbeblock, dass es nicht nur der Erzählerin fast die Sprache verschlägt, sondern auch der Betrachterin. Wer sich nach dem lebendigen Küken auf dem Restauranttisch, dem mit Gin übergossenen Kaktus oder dem Chamäleon-züngigen Abendbegleiter Georg Tiemann ist geschäftsführender Gesellschafter bei Crossmedia und leitet den Hamburger Standort. Die Agentur hat sich als Alternative zu den globalen Media-Networks etabliert und lässt sich als einzige Mediaagentur Deutschlands ihre interessenneutrale Mediaberatung im Sinne der Transparenz jährlich zertifizieren. → www.crossmedia.de absatzwirtschaft 1–2/2014 49 Kreation © ??????? Marketing & Vertrieb Abrechnung mit TV auch die Frage stellt, woher all die schöne Mode stammt, hat sich nicht nur für 30 Sekunden aus seiner Sehroutine entführen lassen, sondern ist sicher mutig genug, Otto.de für den nächsten Shoppingtrip zu nutzen. Merkwürdig exzellent umgesetzt. Paul Apostolu: Mein Fernseher heißt Youtube – jedenfalls dann, wenn ich richtig gute Werbung sehen will. Wie zum Beispiel die Spots für den Golf GTD (Pizza, Bäuche, Eiscreme, Delivery), die ich bislang noch nicht im „nicht-interaktiven“ Fernsehen sehen konnte. Warum finde ich die Spots gut? Weil sie nicht politisch korrekt um den heißen Brei rumeiern, sondern das in 50 absatzwirtschaft 1–2/2014 den Vordergrund stellen, worum es bei jedem völlig übermotorisierten Kompaktwagen geht: Beschleunigen, Adrenalin und Angeberei vor den Kumpels. Schaut man sich sonst im Ödland TV um, sieht man nur juristisch f lachgebügelte Lifestyle-Nullnummern aus dem Corporate-Communication-Windkanal. Kein Wunder, dass der Fernseher inzwischen zu einem vollkommen unwichtigen Berieselungsmedium neben dem Computer verkommen ist. Es stellt sich dabei die Frage, warum die Glotze überhaupt noch an ist: platte Werbung, purer Kampagnenjournalismus und ein dämliches TV-Format nach dem nächsten. Aber irgendwie ist es zu Hause zu leise ohne diese Verblö- Paul Apostolu ist Creative Director bei Elephant Seven in Hamburg. Der Journalist und Texter gründete die Agentur 1996 mit zwei Kollegen. Elephant Seven gehört heute zur Pixelpark-Gruppe, die kreative und wertsteigernde Kommunikations- und E-BusinessLösungen entwickelt. → www.e-7.com © Chanel „Wintertale“, Chanel Inhouse Neistat-Spaß pur dungskiste. Logisch, dass ich auch vom TV zur Toilette wechsele, wenn es ganz schlimm kommt. Oder wenigstens ein Bier aus dem Kühlschrank in der Küche hole, um das Gesehene möglichst schnell zu vergessen. Alexander Reiss: Das Konzept ist nicht neu: Es gab bereits unzählige Kooperationen eines Autoherstellers mit einem Regisseur. Was beim Mercedes-CLASpot wirklich spannend ist, ist die Kombination zwischen dem Stuttgarter Traditionsunternehmen und dem unkonventionellen Viralfilmer Casey Neistat, der antrat, um den „greatest car commercial ever“ zu drehen. Die Produktion wurde vorab in vier Web­ isodes dokumentiert: Schon hier bekam der Zuschauer eine Ahnung davon, wie durchgeknallt, aber auch wie liebevoll gespickt mit überbordender Kreativität, der Film am Ende werden würde. Im finalen Spot erfährt man weder etwas über Verbrauchswerte, noch irgendwelche Unique Selling Propositions (USP). Aber unendlich viel Spaß, echte Lebensfreude und eine Fülle an positiven Emotionen, die mit dem CLA auf charmante Art verknüpft werden. Es war sicher nicht leicht für die Marketingverantwortlichen, ihre Marke loszulassen und ohne Briefing in die Hände eines scheinbar irren Kreativen zu geben. Doch ihr Vertrauen in die Kreativität wurde belohnt. ← Alexander Reiss ist Kreativchef bei Saatchi & Saatchi in Düsseldorf. Die Agentur zählt aktuellen Branchenauswertungen zufolge zu den effizientesten Agenturen hierzulande. Sie macht es sich zur Aufgabe, aus Marken Lovemarks zu machen. Unternehmen wie Toyota vertrauen darauf. → www.saatchi.de absatzwirtschaft 1–2/2014 51