Praxistipp von Dr. phil. I. Corinne I. Heitz 22.07.2016 Hashimoto-Thyreoiditis (Morbus Hashimoto) Immer mehr Menschen leiden unter Schilddrüsenerkrankungen, insbesondre Frauen. Eine der verbreitetsten Formen ist die autoimmune Thyreoiditis, welche nach dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto (1881-1934) benannt wurde, der sie 1912 als erster beschrieb.1 Die autoimmune Pathologie wurde jedoch von Deborah Doniach 2 und Ivan Roitt erkannt. Bei der Hashimoto-Thyreoiditis3 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die zu einer chronischen autoimmunen Entzündung der Schilddrüse führt. Es handelt sich um eine progressive Zerstörung des Schilddrüsenparenchyms durch lymphozytäre Infiltrate, welche zu einer lokalen Fibrose führen. Es kommt zu herdförmigen Epithelproliferationen, 4 welche auch zu krebsartiger Veränderung führen können. Diagnostik Da es sich bei der Hashimoto-Thyreoiditis im Gegensatz zur reinen Unterfunktion der Schilddrüse um eine autoimmune entzündliche Erkrankung handelt, müssen die entsprechenden Werte nachgewiesen werden. Zunächst erscheint das Bild einer Unterfunktion der Schilddrüse mit TSH erhöht und erniedrigten Schilddrüsenhormonen T3 und T4. Um sicherzustellen, dass es sich nicht lediglich um eine Unterfunktion der Schilddrüse handelt, müssen autoimmune Parameter nachgewiesen werden, diese sind: TPO-Antikörper (Schilddrüsen-Peroxidase-Antikörper) sind vorhanden und erhöht. Die Peroxidase ist ein Enzym, welches Schilddrüsenhormone aus der Aminosäure LThyrosin katalysiert. TPO-Antikörper richten sich somit nicht gegen SchilddrüsenZellen sondern gegen ein Enzym. Thyreoglobulin-Antikörper (TG-Ak) entstehen durch die Freisetzung von Thyreoglobulin aus zerstörten Schilddrüsen-Follikeln. TG-Ak richten sich somit gegen Schilddrüsengewebe. Initial findet sich manchmal eine Hyperthyreose, die später in eine Hypothyreose bis zu einem Myxödem5 führt. Es ist daher wichtig, diese Parameter wiederholt zu messen. 1 Hashimoto, Zur Kenntnis der lymphomatösen Veränderung der Schilddrüse (Struma lymphomatosa), Archiv für klinische Chirurgie Berlin 1912;97:219-48 2 Deborah Doniach (* 6. April 1912 in Genf; † 1. Januar 2004 in London) eine britisch-schweizerische Immunologin. Sie war eine Pionierin auf dem Gebiet der Autoimmunerkrankungen. 3 Synonyme: „Struma lymphomatosa Hashimoto”, „lymphozytäre Thyreoiditis“ und „Ord-Thyreoiditis“ Zellvermehrung der Epithelzellen 5 Das klinische Bild des Myxödems kann sich im Verlauf einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), aber auch einer Hyperthyreose im Rahmen eines Morbus Basedow als prätibiales Myxödem bei rund 10 % der Patienten entwickeln. Die Haut (plus Unterhaut und Fettgewebe) ist hierbei typischerweise teigig geschwollen, kühl, trocken und rau, vor allem an den Extremitäten und im Gesicht. Die Patienten sehen aufgeschwemmt aus. 4 In der Regel ist THS erhöht und eventuell T3 und T4 erniedrigt, es gibt auch die Möglichkeit einer euthyreoten (Schilddrüsenhormone in der Norm) Hashimoto Erkrankung. HashimotoThyreoiditis TSH T3 T4 TPO TG-AK pos. Pathogenese und Ursachen Autoimmune Erkrankungen entstehen mittels einer a) genetischen Disposition (Humanes Leukozyten-Antigen, HLA) und einem b) intrazellulären Erreger oder einer Zellschädigung durch c) Mängel oder d) toxische Belastungen. Die Immunabwehr richtet sich gegen eine infizierte Zelle oder eine geschädigte Zelle. Die HLA unterscheidet zwischen „fremd“ und „eigen“. So kommt es, dass vom Immunsystem eigene Zellen angegriffen werden, weil diese zerstört werden sollen, dies als Fehlleistung der Immunsystems zu bezeichnen, erachte ich als nicht korrekt. Würden diese Zellen nicht zerstört, vermehrten sich pathogene Zellen. a) Humanes Leukozyten-Antigen (HLA) mit Hashimoto Es gibt eine Assoziation zwischen den HLA-Klasse-II-Molekülen (DRB1*03-DQB1*02DQA1*05), DR4 und DR5 und dem Auftreten einer Hashimoto-Thyreoiditis. Einen schützenden Effekt scheint DR7 (DRB1*07-DQB1*02-DQA1*02) zu haben.6 Da jedoch bei verschiedenen ethnischen Abstammungen andere HLA-Klassen vorkommen und für Erkrankungen verantwortlich sind, kann eine Zuordnung nicht generalisiert werden. b) Erreger Als Intrazelluläre Erreger, welche nicht nur akut, sondern auch im reaktivierten Zustand zu autoimmunen Erkrankungen führen können, zählen insbesondere, die Familie der Herpesviren: 6 Herpesviridae (von herpes (griech.): kriechen) sind behüllte, doppelsträngige DNAViren, die mit einem ikosaedrischen Kapsid (mit einer aus Dreiecksflächen bestehenden Proteinhülle) ausgestattet sind, die jeweils noch von einer Hüllmembran umgeben ist. Mit Herpesviren werden oft nur HSV-1 und HSV-2 Zeitlin et al., Analysis of HLA class II genes in Hashimoto's thyroiditis reveals differences compared to Graves’ disease, Genes Immun 2008 Jun;9(4):358-63, PubMed-ID 18449200, http://www.nature.com/gene/journal/v9/n4/full/gene200826a.html gemeint, generell umfasst die Gruppe der Herpesviren acht verschiedene humanpathogene Herpesviren (HHV), die in drei Gruppen einteilt werden: Alpha-Herpesviren replizieren schnell, haben ein breites Wirtsspektrum und überleben in den Ganglien des Wirtes dauerhaft: o HHV-1: Herpes simplex Typ 1 (HSV-1) – Krankheitsbilder: Herpes labialis, Herpes genitalis, Stomatitis aphtosa o HHV-2: Herpes simplex Typ 2 (HSV-2) – Krankheitsbilder: Herpes genitalis o HHV-3: Varizella-Zoster-Virus (VZV) – Krankheitsbilder: Windpocken, Gürtelrose (Herpes Zoster) Beta-Herpesviren replizieren langsam und haben ein enges Wirtsspektrum: o HHV-5: Cytomegalovirus (CMV), Cytomegalie o HHV-6: Humanes Herpes-Virus 6, Drei-Tage-Fieber o HHV-7: Humanes Herpes-Virus 7, Drei-Tage-Fieber, Pityriasis rosea, auch mit MS assoziiert Gamma-Herpesviren haben sehr unterschiedliche Replikationszeiten und zeigen ein sehr enges Wirtsspektrum: o HHV-4: Epstein-Barr-Virus (EBV), Pfeiffersches Drüsenfieber, o HHV-8: Humanes Herpes-Virus 8, Kaposi-Sarkom, bestimmte Lymphome Auch intrazelluläre Bakterien wie Chlamydia trachomatis und Chlamydophila pneumoniae sowie Yersinien (pseudotuberculosis und enterocolitica) können für autoimmune Schilddrüsenerkrankungen mitverantwortlich sein. Am häufigsten sind EBV 7und Herpes 1 und 28 an der Hashimoto-Thyreoiditis beteiligt. c) Mängel Selenmangel Im Gegensatz zu Jod wird für Selen eine toxische Obergrenze im Serum angegeben9 : Erwachsene: 53-105 µg/l (empfehlenswert: 100-140 µg/l) 6-16 Jahre: 45-95 µg/l 1-6 Jahre: 40-90 µg/l 0-1 Jahr: 18-64 µg/l 7 Janegova A, Janega P, Rychly B, Kuracinova K, Babal P. The role of Epstein-Barr virus infection in the development of autoimmune thyroid diseases. Endokrynol Pol. 2015;66(2):132-6. doi: 10.5603/EP.2015.0020. 8 Di Crescenzo V, D'Antonio A, Tonacchera M, Carlomagno C, Vitale M. Human herpes virus associated with Hashimoto's thyroiditis. Infez Med. 2013 Sep;21(3):224-8. PMID: 24008857 [PubMed - indexed for MEDLINE] 9 Eine tägliche Dosis von 400 µg gilt in der Literatur als toxische Obergrenze. Russell (für die deutsche Ausgabe: Zunft), Vitamine und Spurenelemente – Mangel und Überschuss, In: Dietel, Dudenhausen, Suttorp (Hrsg.), Harrisons Innere Medizin, 15. Auflage, ABW Wissenschaftsverlag, Berlin 2003 Daher ist eine Substitution nur bei effektivem Mangel oder spezieller Indikation sinnvoll. Selen ist an der Produktion der Schilddrüsenhormone, genauer bei der „Aktivierung“ von Thyroxin (T4) zu Trijodthyronin (T3) beteiligt. Selen ist Bestandteil von Thyroxin-5'-Dejodase (ein Enzym), die für die Entfernung eines Jodatoms aus T4 verantwortlich ist. Durch diese Dejodierung entsteht T3. Ein Selenmangel führt zu einem Mangel an Thyroxin-5'-Dejodase, wodurch nur noch ein Teil des verfügbaren T4 dejodiert werden kann. Da T3 im Stoffwechsel wesentlich wirksamer ist, resultiert aus einem T3-Mangel eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Eine zusätzliche Einnahme von Selenpräparaten (Natriumselenit) in hohen Dosen von 200-300 μg täglich ist nach Abklärung bei Hashimoto-Thyreoiditis angezeigt. Dies kann auch die Entzündungsaktivität reduzieren. Somit ergibt sich aus o. g. Tatsache, dass hochdosiertes Selen auch bei Jodüberempfindlichkeit eingesetzt werden könnte. Weitere Mängel können ebenso für die Schilddrüse von Bedeutung sein: Vitamin C, Coenzym Q10, Eisen, Vitamin D, Eine Studie belegt: Bei den Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse bestand signifikant häufiger ein Vitamin-D-Mangel. Patienten mit der HashimotoThyreoiditis wiesen im Vergleich zu den Patienten mit anderen Schilddrüsenerkrankungen ebenfalls signifikant häufiger einen Vitamin-D-Mangel auf. Der Vitamin-D-Mangel korrelierte auch mit den Schilddrüsenantikörpern und abnormalen Schilddrüsen-Funktionsparametern. Das Ergebnis der Studie legt also den Schluss nahe, dass Vitamin D an der Pathogenese von SchilddrüsenAutoimmunerkrankungen beteiligt ist.“10 Magnesium, Vitamin B12, Folsäure, Mangan. d) Belastungen Bei den Belastungen stehen an erster Stelle: 10 Radioaktivität, Kivity et al., Vitamin D and autoimmune thyroid diseases, Cell Mol Immunol 2011 May;8(3):243-7, doi: 10.1038/cmi.2010.73, PubMed-ID 21278761, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4012880/ [Abrufdatum: 05.02.2015] Fluor: Fluor ist ein Jodantagonist und senkt die Jodkonzentration im Körper. Fluor führt deshalb zu Schilddrüsenunterfunktionen. Fluoride spalten auch aus dem Jodthyroxin der Schilddrüse Jod ab. Es entsteht eine hochreaktive Verbindung – Fluorthyroxin – das die Schilddrüse geradezu verbrennt.11 Überjodierung 12 durch Jodzusätze in Salz und Lebensmitteln, Rauchen (Zigaretten enthalten sehr viele toxische Substanzen), Schwer- und Leichtmetalle insbesondere aus den Zähnen. Auch sei es möglich, dass Östrogen Thyreoglobuline binde und somit eine Produktion von T3 und T4 unterdrücke13 (Kontrazeptiva). Symptome Es kommt zu den üblichen Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion, wie Kälteempfindlichkeit und entsprechendes Frieren, ständige Müdigkeit und Antriebsschwäche, Konzentrationsprobleme, nachlassende Leistungsfähigkeit, verlangsamter Herzschlag und Herzstolpern, Wassereinlagerungen an verschiedenen Körperstellen (u. a. Lidschwellungen), Gewichtszunahme trotz normalen Essens, gestörte Sexualhormonbildung, Libidostörungen, Zyklusstörungen, Potenzstörungen, Unfruchtbarkeit. Das Krankheitsgefühl ist jedoch ein anderes als bei einer Unterfunktion. Da es sich um eine Erkrankung und nicht lediglich um eine Funktionsstörung eines einzelnen Organes handelt, kommt es zu Symptomen wie bei einem grippalen Infekt oder Schmerzen im Bereich der Schilddrüse. Auch wurde öfters über heisse oder schmerzhafte Fusssohlen berichtet sowie über: 11 Kraft, Beiträge zur Biochemie des Fluors, I. Über den Antagonismus zwischen Fluor und Thyroxin, HoppeSeyler´s Zeitschrift für physiologische Chemie 1936, Band 245(1-2):58-64, doi: 10.1515/bchm2.1936.245.1-2.58 12 Laurberg et al., Iodine intake and the pattern of thyroid disorders: a comparative epidemiological study of thyroid abnormalities in the elderly in Iceland and in Jutland, Denmark, J Clin Endocrinol Metab 1998 Mar;83(3):765-9, PubMed-ID 9506723 13 Santin, Furnaletto, Role of Estrogen in Thyroid Function and Growth Regulation, J Thyroid Res. 2011;2011:875125, doi: 10.4061/2011/875125, PubMed-ID PMC3113168 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3113168/ [Abrufdatum: 02.08.2014] Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen (eventuell auch hormonell ausgelöst), Verhärtung von Sehnen und Muskeln, unterschiedliche Hautveränderungen (z. B. Urticaria, Rosazea), stecknadelkopfgrosse, weisse Flecken auf den Unterarmen, Pigmentstörungen der Haut (Vitiligo), Trockenheit der Schleimhäute (Sicca-Syndrom), Stimmungslabilität (sowohl durch Immunkrankheit ausgelöst als auch durch hormonelle Veränderungen), neurologische Symptome (Neuritiden), Schwindel, unsicherer Gang, extrem selten epileptische Anfälle, Halluzinationen, psychiatrische Symptome (Hashimoto-Encephalopathie), allgemeine Schwäche, geringe Belastbarkeit, Übelkeit und Magen-Darm-Probleme, Verdauungsprobleme, Augenerkrankung (endokrine Orbitopathie), grippeähnliche Symptome, Lymphknotenschwellung, Fieber, erhöhte Leberwerte. Therapie Behandlung von viralen und bakteriellen Triggern: Hier hat sich insbesondere bei der Behandlung von EBV und Herpes simplex, die Mikroimmuntherapie14 2LEBV und 2LHERP bewährt. Behandlung der Entzündung und von Mängeln: Corticosteroide und Immunsuppressiva haben sich bei der Therapie der HashimotoThyreoiditis nicht bewährt. In der Praxis verwende ich: o Astaxanthin 4 mg täglich o OPC o Zink 20mg täglich o Selenmethionin 200µg täglich o Hochdosierte Enzyme (z.B. Wobenzym, Phlogenzym) o Mikroimmuntherapie 2LINFLAM (Labo’Life) Substitution von Mängeln: 14 Vitamin D: Informationen unter: http://www.megemit.org Medizinische Gesellschaft für Mikroimmuntherapie (MeGeMIT) Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass die Behebung von Vitamin-D Mangel, die autoimmune Reaktion (messbar als TPO-Ak und TG-Ak) wesentlich verbessert ja sogar beseitigt! Es müssen mindestens 2‘000 I.U. Vitamin D (nicht in synthetischer Form, am besten aus Lanolin) verabreicht werden, dies auch wenn die Werte in der Norm sind. Bei Mängeln 5‘000-10‘000 I.U. tgl. ab zusammen mit Vitamin K2. Anstelle von Jod empfiehlt sich Kelp, Natriumselenit nur bei Mangel, 200µg tgl. Ausschalten von Belastungen: Zahnsanierung, Raucherentwöhnung, Fluorfreie Zahnpasten, Meiden von jodhaltigen Lebensmitteln. Hormonsubstitution Da eine Hormongabe kein ganzheitlicher Ansatz ist, sondern kurzfristig zu einem Anstieg der Schilddrüsenhormone, langfristig aber zu einem Abbau der Schilddrüse führt, ist es m.E. nicht sinnvoll mit Thyroxin zu substituieren. Es haben sich bewährt: L-Thyrosin17 Extrakte aus dem Harz der indischen Myrrhe (Commiphora mukul) Ashwagandha Wurzel (Withania somnifera) Extrakt NADH (auch Coenzym 1 genannt) CoQ10 Regelkreis und Schilddrüsenparamteter TSH-releasing-Hormon (TRH) Die TRH-Freisetzung wird u. a. stimuliert, wenn die Körpertemperatur sinkt: Durch die dann erfolgende TSH- und anschließende T4-Freisetzung wird der Stoffwechsel stimuliert, der über einen erhöhten Zuckerstoffwechsel die Körpertemperatur wieder ansteigen lässt. Auch andere energiefordernde Mechanismen stimulieren die TRH-Freisetzung. Über das hypothalamisch-hypophysäre Pfortadersystem wird TRH zum Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse (Adenohypophyse) transportiert. Im Vorderlappen werden die Bildung und Ausschüttung von TSH, dem sogenannten „Schilddrüsen-(Thyreoidea-)stimulierenden Hormon“, induziert. Über TSH wird die Ausschüttung der Schilddrüsenhormone T4 und T3 in der Schilddrüse stimuliert. TRH ist als Stimulator der TSH- und Prolaktin15-Freisetzung ein Neuropeptidhormon. Andererseits wirkt es auch als Neurotransmitter in Hirnregionen ausserhalb des Hypothalamus sowie in Pankreas und Schilddrüse. 15 Prolaktin ist zunächst das Hormon, welches für das Wachstum der weiblichen Brustdrüsen und die Ausschüttung von Milch zuständig ist. Weiterhin wird seine Ausschüttung durch Stress und Unterzuckerung gefördert. Dies hat insofern praktische Bedeutung, als eine erhöhte Prolaktinkonzentration im Blut (z. B. im Rahmen einer ausgeprägten Schilddrüsenunterfunktion) den Eisprung verhindern bzw. hinauszögern kann. Liegt ein Defekt am Vorderlappen der Hypophyse (Hypophysenvorderlappeninsuffizienz) vor, sodass sie nicht mehr oder nur noch vermindert auf das TRH reagiert, so schüttet der Vorderlappen der Hypophyse trotz ausreichender TRH-Versorgung zu wenig oder kein TSH aus, was wiederum zu einer verminderten Herstellung und Ausschüttung von T4 und T3 führt. Es entsteht eine sogenannte „sekundäre Hypothyreose“. Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH)16 ist ein Hormon, das in den basophilen Zellen des Hypophysenvorderlappens produziert wird und stimulierend auf das Wachstum, die Jodaufnahme und die Hormonbildung der Schilddrüse wirkt. Geregelt wird die TSHProduktion der thyreotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens zum einen von der Schilddrüse über die Konzentration der Schilddrüsenhormone in der Peripherie. TSH wirkt direkt auf die Schilddrüse und regt die Produktion von T4 und T3 an (vereinfachte Darstellung). Die Endprodukte T4 und T3 hemmen sowohl die TRH- als auch die TSH-Bildung. Trijodthyronin (T3) und Thyroxin/Tetrajodthyronin (T4) Trijodthyronin (T3) und Thyroxin/Tetrajodthyronin (T4) sind Verbindungen mit Jod. Um T3 herzustellen, ist der Körper auf Jodid aus der Nahrung angewiesen. Via Blutweg erreicht das Jodid die Follikelepithelzellen (Thyreozyten). Das Jodid gelangt durch einen Ionenkanal in die Schilddrüsenzellen. Für die nächsten Schritte der Hormonsynthese ist das Enzym Thyrooxidase notwendig. Wasserstoffperoxid wird zur Oxidation des einfach negativen Jodids zu einfach positivem Jod benötigt. Im nächsten Schritt werden die Jodatome an die Tyrosin17-Anteile des Thyreoglobulins gebunden (Jodierung). Tyrosin ist eine Aminosäure und Bestandteil des Thyreoglobulins. Das jodierte Thyreoglobulin wird erneut von der Follikelepithelzelle aufgenommen und durch Enzyme zersetzt. Dabei werden auch die jodierten Tyrosinverbindungen (jetzt „Thyroxin T4“ und „Trijodthyronin T3“ genannt) freigesetzt. Sie können die Membran der Zelle frei passieren und gelangen über das Blutgefässsystem zu ihren Zielzellen, in denen sie ihre biologischen Wirkungen entfalten. Die Hormone T3 und T4 sind von entscheidender Bedeutung für die frühkindliche Entwicklung des Gehirns. Ein bei Geburt bestehender ausgeprägter Mangel an diesen Hormonen führt zur mehr oder minder schweren geistigen Retardierung. 16 Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) wird auch „Thyreotropin“ (Handelsname: „Thyrogen®“) oder „thyreotropes Hormon“ genannt. 17 L-Tyrosin wurde erstmals aus Käse (griechisch τυρός, tyros, ‚Käse‘) isoliert. Daher leitet sich auch der Name ab. Es kommt in grossen Mengen im Casein vor. Weiterführende Literatur: Corinne I. Heitz Dr. phil. I. Die Schilddrüse: Funktion, Erkrankungen, Diagnostik und alternativ-medizinische Therapie (Praxiswissen) Gebundene Ausgabe – 8. Mai 2015 ZweiWölfe Verlag, ISBN-13: 978-3906279015 Die Autorin: Dr. phil. I. Corinne I. Heitz arbeitet seit vielen Jahren in eigener Praxis in der Schweiz. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind die Diagnostik und Therapie chronischer, insbesondere autoimmuner Erkrankungen sowie begleitende Krebstherapien. Sie ist Fachbuchautorin und Referentin im Rahmen zahlreicher internationaler Veranstaltungen zu Naturheilkunde und Alternativmedizin. Praxisanschrift Serafin Naturheilpraxis AG Kronenstrasse 745 CH-9427 Wolfhalden +41 (0)71 891 32 40 www.serafin.ch Bibliographie: „Mikroimmuntherapie“: Fachbuch, Foitzick Verlag 2011, 2. Auflage erscheint Ende 2016 „Der Begriff der Gesundheit: Die Schwierigkeit einer Definition zwischen Wahrnehmung und Messung“: Dissertation an der Universität Zürich, philosophische und medizinischen Fakultät. Zwei-Wölfe Verlag, 2014, ISBN-13: 978-3906279008 „Die Schilddrüse“: Funktion, Erkrankungen, Diagnostik und alternativ-medizinische Therapie (Praxiswissen), Zwei-Wölfe Verlag, 2015, ISBN-13: 978-3906279015