Diagnostic Oktober 11 Update Relevante Parasitosen bei Heimtieren und Vögeln Laut IVH (Industrieverband-Heimtierverband) lebten im Jahr 2010 in Deutschland 8,2 Mio. Katzen, 5,6 Mio. Heimtiere, 5,3 Mio. Hunde und 3,5 Mio. Ziervögel. In mehr als einem Drittel aller Haushalte werden Tiere gehalten. Kleinsäuger sind zunehmend von veterinärmedizinischem Interesse. Nicht selten werden Krankheiten durch eine nicht artgerechte Haltung ausgelöst. Zu den häufigsten Erkrankungen bei diesen Tieren gehören Magen-Darm-Störungen, deren Ursachen sehr vielfältig sind. Endoparasitosen haben hierbei einen besonderen Stellenwert. Bei IDEXX Vet·Med·Labor (VML) in Ludwigsburg wurden in den vergangenen 18 Monaten (2010 bis Juni 2011) mehrere Tausend Kotproben von Kaninchen, Vögeln, Chinchillas, Meerschweinchen, Frettchen, Igeln, Mäuseartigen (Ratten, Mäuse, Gerbils) und Hamstern mittels Flotationsverfahren auf Endoparasiten untersucht. Kokzidien wie Eimeria spp. (20,0 %) oder Pfriemenschwänze, Passalurus ambiguus (3,6 %) sind beim Kaninchen die am häufigsten vorkommenden Endoparasiten. 25 Eimeria-Arten verursachen bei Kaninchen im Darm oder in den Gallengängen (1 Art, Eimeria stiedai) unterschiedlich schwere klinische Symptome mit z. T. sekundären bakteriellen Infektionen. Bei Jungtieren kann es sogar zu Todesfällen kommen. Kleine, ca. 1 cm große Pfriemenschwänze werden gelegentlich schon mit bloßem Auge von Besitzern auf Kotknödelchen beobachtet. Für die Oxyuriden-Infektion sind besonders Jungtiere empfänglich und zeigen Apathie, Magen-Darm-Störungen, Fressunlust oder Juckreiz in der Analregion. Andere Magen- oder Darmparasiten wie Trichostrongylus spp., Graphidium strigosum und Trichuris leporis werden seltener nachgewiesen. Bandwürmer (Anoplocephalidae) benötigen für ihren Zyklus einen Zwischenwirt (Moosmilben), somit werden sie bei Hauskaninchen nur sporadisch gefunden, wenn etwa Grünfutter von infizierten Wiesen verfüttert wird. Auch Ektoparasiten spielen in der Kaninchenhaltung häufig eine Rolle. Ein Befall mit Haarmilben (Cheyletiella parasitovorax und Listrophorus, Syn. Leporacarus gibbus) bleibt i. d. R. symptom- Cheyletiella spp.-Milbe, Kaninchen Passalurus ambiguus-Ei, Kaninchen Psoroptes cuniculi-Milben, Kaninchen los. Es können aber auch eine typische Schuppenbildung und Juckreiz beobachtet werden. In einer Gruppenhaltung können sich auf der Oberfläche des äußeren Gehörgangs und der Ohrmuschel vorkommende Ohrmilben (Psoroptes cuniculi) durch Kopfschütteln und Kratzen unter Kaninchen schnell ausbreiten. Bei der charakteristischen Kopfschiefhaltung sollten andere Erreger (Encephalitozoon cuniculi oder bakterielle Infektionen durch Pasteurella multocida) ausgeschlossen werden. Regelmäßig können im Kot von Kaninchen und Nagern Askosporen von Cyniclomyces guttulatus beobachtet werden. Der im Darm physiologisch vorkommende Hefepilz kann sich bei einer kohlenhydratreichen Fütterung übermäßig vermehren und zu gastrointestinalen Störungen führen. Bei den meisten bei IDEXX Vet·Med·Labor untersuchten Vogelproben handelt es sich um Proben von Hühnern und Tauben. Durch den engen Kontakt zur Außenwelt sind die meisten dieser Vögel auch mit Parasiten wie Kokzidien, Haarwürmern, Spülwürmern und Bandwürmern befallen. Ähnlich wie bei Kaninchen kommen auch bei Vögeln mehrere Eimeria-Arten mit unterschiedlichen Virulenzen vor, die unterschiedliche Darmabschnitte besiedeln. Eine Infektion mit Nematoden kann insbesondere bei Jungtieren mit Inappetenz, Kachexie, Durchfall und sogar Todesfällen einhergehen. Obwohl sich Bandwürmer mit ihren Kopfhaken tief in die Darmschleimhaut einbohren und dort leichte entzündliche Veränderungen hervorrufen können, bleibt auch ein starker Befall i. d. R. klinisch unauffällig. Bei Jungtauben verursacht Trichomonas gallinae den sogenannten „Gelben Knopf“. Hierbei handelt es sich um gelbe Auflagerungen in der Schnabelhöhle und im Rachen. Die Rote Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae) ist eine der bedeutendsten Milben in Geflügelbeständen. Bei Wildvögeln bevorzugt die blutsaugende Milbe Tauben, kann aber beim Fehlen der geeigneten Wirte auch andere Tierarten und Menschen befallen. Die nachtaktive Milbe ist in der Lage, monatelang ohne Nahrung auszukommen. Zier- und Käfigvögel werden selten mit Endoparasiten befallen. Mittels Flotationsverfahren werden am häufigsten Spulwurm-Eier (Ascaridia spp.) und Kokzidien-Oozysten (Isospora spp.) nachgewiesen. Befallene Vögel können apatisch wirken, durch Abmagerung auffallen und an einem Durchfall leiden. Dermanyssus gallinae-Milben, Vogel Ascaridia spp.-Ei, Ara Die Mehrheit der bei uns untersuchten Kotproben (Anreicherungsverfahren) von Chinchillas ergeben einen negativen Befund. Bei 2,3 % der Tiere konnten Bandwurm-Eier (Hymenolepis nana) festgestellt werden. Auch hier verläuft eine Bandwurm-Infektion oft ohne klinische Erscheinungen. Dieser Bandwurm kann sich allerdings auch direkt, ohne Einschaltung eines Zwischenwirtes entwickeln und so hohe Wurmbürden auch in Menschenobhut erreichen. Oxyuriden treten nur sporadisch auf. Im Gegensatz zu den niedrigen Infektionsraten mit Rund- oder Bandwürmern sind Chinchillas sehr häufig (> 60,0 %) Ausscheider von Giardien. Besonders Jungtiere und Tiere, die einer Stress-Situation (etwa Absetzen) ausgesetzt sind, können an Giardiose erkranken und Durchfall, Kachexie sowie schlitzförmige verengte Augenlider zeigen; Todesfälle können auftreten. Bei Chinchillas konnten auch schon humanpathogene Giardia-Stämme nachgewiesen werden (Zoonose!). Meerschweinchen gehören zu den Kleinsäugern, die eher selten mit Endoparasiten befallen sind. 10-13 Tage nach der Aufnahme von sporulierten Oozysten (Eimeria caviae) zeigen meistens Zuchttiere haemorrhagische Durchfälle, gestörtes Allgemeinbefinden und Inappetenz. Ein Befall mit Paraspidodera uncinata (Heterakidae) ist ein Zeichen für eine schlechte Haltung und kommt bei Tieren mit Auslauf vor. Im Vergleich zu intestinalen Parasiten ist das Spektrum an Ektoparasiten (Milben und Haarlingen) bei Meerschweinchen deutlich größer. Die lange und schmale Pelzmilbe (Chirodiscoides cavie) wird als Massenbefall meistens bei immungeschwächten Tieren nachgewiesen, die an Juckreiz, Haarausfall und sekundären bakteriellen Infektionen leiden. Der Räude-Verursacher (Trixacarus caviae) erinnert stark an Sarcoptes-Milben und verursacht die sogenannte „Augenbrille“ (periokuläre Alopezie). Befallene Tiere sind sehr unruhig, es kommt zur Bildung von Krusten, dicken Hautfalten und sogar zu epileptiformen Anfällen. Haarlinge bevorzugen Langhaar-Meerschweinchen, bei denen diese Ektoparasiten auf der Haut leben und sich von Schuppen und Hautdrüsensekreten ernähren. Die 1,2 – 1,9 mm großen Haarlinge sind mit bloßem Auge gut zu erkennen. Beim Fehlen der adulten Insekten im Haarkleid können an den Haaren festklebende Eier (Nissen) entdeckt werden. Chirodiscoides caviae-Milben, Meerschweichen Eigenen Untersuchungen zufolge waren Frettchen am häufigsten (6,0 %) mit Kokzidien (Eimeria furonis, Eimeria ictidea und Isospora laidlawi) infiziert. Tiere im Alter von 6 bis 16 Wochen oder unterernährte Frettchen erkranken öfters an Kokzidiose. Giardien-Nachweise waren früher bei Frettchen eher selten, in den letzten Jahren wird jedoch eine steil ansteigende Anzahl von Infektionen beobachtet. Kryptosporidien- oder Helminthen-Befall (Haken- oder Haarwürmer) kann gelegentlich auftreten. Eine Infestation mit Otodectes cynotis kommt bei Frettchen immer wieder vor. Im äußeren Gehörgang bilden sich dicke, krümelige Beläge, die mit einem Juckreiz einhergehen. In freier Wildbahn lebend haben Igel einen permanenten Kontakt zu Parasiten. Bei 45,0 % und 59,0 % der untersuchten Igel konnte eine Crenosoma striatum- (Lungenwurm) bzw. Capillaria spp.-Infektion (Lungen-, Darmcapillariose) nachgewiesen werden. Eine Mischinfektion mit beiden Nematoden kommt nicht selten vor. Eigene Untersuchungen ergaben von 2010 bis Juni 2011 einen Doppelbefall in 37,0 % der untersuchten Igelkotproben. Bei der Mehrzahl der auf Igeln gefundenen Flöhe handelt es sich um Igelflöhe (Archaeopsylla erinacei). Sporadisch werden sie auch von Hunde-, Katzen- Hühner- und anderen Flöhen befallen. Im Stachelkleid können bis zu 1000 Exemplare dieser Ektoparasiten gefunden werden. Crenosoma striatum-Larve, Igel Capillaria spp.-Ei, Igel Eimeria furonis- und Isospora laidlawi-Oozysten, Frettchen Otodectes cynotis-Milbe, Frettchen Die bei Ratten, Mäusen und Gerbils am häufigsten vorkommenden Endoparasiten sind Pfriemenschwänze (Syphacia obvelata, Syphacia muris und Aspiculuris tetraptera). Oxyuriden-Weibchen mancher Arten (etwa Syphacia spp.) wandern zur Eiablage aus dem Dickdarm in die Perianalregion aus, wo sie Pruritus auslösen können. Auch Durchfall, Rektumprolaps und Verletzungen der Schwanzbasis (bedingt durch den Juckreiz) können auftreten. Gelegentlich werden bei Muriden auch Haar- (Myobia musculi, Myocoptes musculinus, Radfordia spp.) und Grabmilben (Notoedres muris, Sarcoptes anacanthos, Trixacarus diversus) festgestellt. Die Tropische Rattenmilbe (Ornithonyssus bacoti) konnte bereits bei verschiedenen Nagern nachgewiesen werden, allerdings bevorzugt sie Wüstenrennmäuse (eigene Erfahrung). Vollgesogene Milben sind makroskopisch in der Einstreu und in der Umgebung der Tiere erkennbar. Bei Mangel an geeigneten Wirten kann die Tropische Rattenmilbe auch andere Tiere sowie Menschen und Vögel befallen. Diagnostic Update Eimeria spp.-Oozysten, Ratte Hymenolepis nana-Ei, Hamster Syphacia obvelata-Ei, Rennmaus Trichosomoides nasalis-Ei, Hamster Oxyuriden (Syphacia obvelata, Syphacia mesocriceti), Haarwümer (Trichosomoides nasalis) und Bandwürmer (Hymenolepis nana, Hymenolepis diminuta) werden gelegentlich bei Hamstern nachgewiesen. Die sensitivste Methode zum Nachweis von Oxyuriden-Eiern ist ein Tesafilm-Abklatschpräparat der Analregion. Trichosomoides nasalis besiedelt die Nasenhöhle; infizierte Tiere entwickeln respiratorische Symptome (Rhinitis, Dyspnoe). Ein hochgradiger Befall mit der Tropischen Rattenmilbe kann zu Anämie und Tod führen. Hymenolepis diminuta-Ei, Hamster Literatur Beck W. und N. Pantchev: Praktische Parasitologie bei Heimtieren (2006) Eckert J., Friedhoff K.T., Zahner H. und P. Deplazes: Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin, Enke (2005) Pantchev N., Globokar Vrhovec M. und W. Beck: Endoparasitosen bei Klein säugern aus privater Haltung und Igeln. Tierärtzl. Prax. 2005; 33 (K): 296-306 Schnieder T.: Veterinärmedizinische Parasitologie, Parey (2006) Vet Med Labor GmbH Division of IDEXX Laboratories Mörikestr. 28/3 D – 71636 Ludwigsburg www.idexx.eu TÄ Majda Globokar Leiterin Abteilung Parasitologie Fachberatung Deutschland Kostenfreie Service-Rufnummern Tel: 0800 589 25 79 Tel: 00800 1234 3399 Fachberatung Österreich Kostenfreie Service-Rufnummer Tel: 0800 20 89 20 Fax: +49 (0)7141 6483 555 D635-0516