Ergebnisse

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Abklärung der Ursachen für Ohrrand- und Ohrspitzennekrosen
M. Ritzmann, C. Lang, T. Voglmayr, F. Waxenecker, U. Hofstetter, H. Weißenböck, M.
Ogris, R. Pyrek und G. Bruns
Einleitung
Bei Schweinen wird insbesondere in den Sommermonaten vermehrt das Auftreten von
Ohrrand- und Ohrspitzennekrosen beobachtet. Die Veränderungen reichen von einer
oberflächlichen Entzündung der Haut bis hin zu tiefgreifenden Nekrosen. Geringgradige
Veränderungen heilen meist spontan ab, während sich in Folge einer bakteriellen Besiedelung
der Läsionen tiefer reichende Nekrosen entwickeln. Durch Traumata, wie Ohrbeißen durch
Buchtgenossen, entwickeln sich ernstzunehmende Ohrrand- und Ohrspitzennekrosen. Die
Ätiologie der Nekrosen ist noch zu einem großen Teil ungeklärt. Ziel der vorliegenden
Studien war daher die Abklärung diverser infektiöser Agentien, die pathohistologische
Untersuchung der Läsionen sowie die bakteriologische (BU) und mykotoxikologische (MU)
Untersuchung von Futterproben aus Problembeständen.
Material und Methode
Insgesamt wurden 96 Ferkel im Alter von 6 bis 10 Wochen in die Studie aufgenommen.
Ferkel von 9 der 15 Studienbetriebe wurden 2mal im Abstand von einem Jahr beprobt, die
Tiere der restlichen 6 Betriebe wurden nur einmal beprobt. Von jedem Betrieb wurden bis zu
3mal Futterproben entnommen, erstmals zeitgleich mit der ersten Ferkelbeprobung beim
Auftreten der initialen Symptome, zum zweiten Mal im Winter und zum dritten Mal im
darauffolgenden Sommer, wiederum gleichzeitig mit der Ferkelbeprobung. Alle Ferkel
zeigten die klinische Symptomatik des Ohrrandnekrosensyndroms im Anfangsstadium. Die
Gesamtzahl der von Ohrrand- bzw. Ohrspitzennekrosen betroffenen Tiere in den jeweiligen
Betrieben lag zwischen 10 und 100 %. Verwendete Methoden und Probenzahlen sind
Tabelle 1 zu entnehmen.
Tabelle 1: Probenzahlen und Methoden
Art der Probe
Probenzahl
Ohrbioptat
96
Tupferprobe der Biopsiestelle
91
96
Blut
15
96
Futter
32
Methode
Pathohistology
In situ hybridization: PCV2
BU: Streptococcus spp., Staphylococcus spp.
PRRSV-PCR
PCV2-PCR
Mycoplasma suis-PCR
Sarcoptes suis-Ab-ELISA
Endotoxin
Calcium, Phosphor
BU: aerobe mesophile Bakterien,
Schimmelpilze, Aspergillus spp., Fusarium
spp., Penicillium spp.
MU: A-Trichothecene: T2 Toxin, HT2 Toxin,
Diacetoxyscirpenol
B-Trichothecene: Deoxynivalenol (DON),
Acetyldeoxynivalenol, Nivalenol, Zearalenon
(ZON)
Ergotalkaloide: Ergosin, Ergotamin
Ergocornin, Ergocryptin, Ergocristin
Ergebnisse
In der pathohistologischen Untersuchung zeigten sich unterschiedliche Schweregrade und
Stadien von Ohrrandnekrosen, wodurch sich die zeitliche Abfolge der Läsionen gut
rekonstruieren ließ. Ein eindeutiger ätiologischer Rückschluss war jedoch nicht möglich. Die
initiale Läsion dürfte eine fokale Epidermisnekrose sein, die in weiterer Folge durch
neutrophile Granulozyten von der Dermis demarkiert wurde. Die Läsionen waren zum Teil
erheblich mit Bakterien besiedelt. In weiterer Folge wurde Granulationsgewebe gebildet. In
wenigen Fällen kam es zu Thrombosierung von Gefäßen, die sich in fortgeschritteneren
Fällen als gelegentlich sichtbare subintimale Zubildung von Granulationsgewebe im Sinne
einer Endarteriitis oder Endophlebitis obliterans darstellte. Als Ursache der Nekrosen und
Ulzerationen kamen vaskuläre Veränderungen in Betracht. In vielen Fällen fanden sich
Läsionen im Sinne einer Arteriosklerose.
Der Nachweis von PCV-2 mittels In situ-Hybridisierung aus dem Ohrgewebe und qPCR aus
dem Serum war in allen Fällen negativ.
In 61 Tupferproben der Läsionsstellen konnten Streptokokken, in 48 konnten Staphylokokken
nachgewiesen werden. Die Ergebnisse der bakteriologischen und der pathohistologischen
Untersuchung korrelierten signifikant (p ≤ 0,05). 10 Ferkel waren PRRSV-positiv. Bei drei
Ferkeln konnten Antikörper gegen Sarcoptes suis nachgewiesen werden. Die gemessene
Endotoxinkonzentration lag in einem Bereich von 0,10 bis 1,13 U/ml Serum. Die
Calciumwerte waren in 20 der Fälle erniedrigt und in 6 erhöht, die Phosphorwerte in 57 der
Fälle erhöht und in 1 Fall erniedrigt. Mit den pathohistologischen Veränderungen konnte kein
signifikanter Zusammenhang hergestellt werden.
Bei der bakteriologische Untersuchung der Futterproben konnten aerobe mesophile Bakterien
in einer Konzentration von 1,0 x 104 to 3,0 x 107 nachgewiesen werden, wobei
Konzentrationen bis zu 106 keine klinische Relevanz besitzen. 34,4 % der Proben wiesen eine
Keimzahl über 106 auf. Aspergillus spp., Fusarium spp. and Penicillium spp. konnten in einer
Konzentration von 103 detektiert werden, die für Schweine unbedenktlich ist. Nur eine Probe
wies eine erhöhte Penicillium- und zwei Proben eine Fusariumkonzentration von 104 auf. Die
Mykotoxine T2-Toxin, HT2-Toxin, Diaceoxyscirpenol, Acetyldeoxynivalenol und Nivalenol
konnten nicht nachgewiesen werden. In Tabelle 2 sind die Ergebnisse der anderen Toxine
dargestellt.
Tabelle 2: Mykotoxinkonzentrationen in mg/kg
Toxin
Max
MW
Stabw.
1.243
0.253
0.246
DON
0.126
0.041
0.036
ZON
0.486
0.043
0.111
Ergosin
0.241
0.025
0.053
Ergotamin
0.015
0.001
0.003
Ergocornin
0.822
0.106
0.227
Ergocryptin
2.015
0.372
0.583
Ergocristin
Max = Maximum, MW = Mittelwert, Stabw. = Standardabweichung
Diskussion
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass den Ohrrandnekrosen des Schweines eine
komplexe Pathogenese zugrunde liegt, an der vaskuläre Veränderungen, aber vermutlich auch
mechanische Läsionen (Beissen durch Artgenossen) mit nachfolgender bakterieller
Besiedlung der Epidermis eine zentrale Rolle spielen dürfte. Die anderen infektiösen
Agentien dürften von untergeordneter Bedeutung sein oder im Sinne eines multifaktoriellen
Geschehens zur Entstehung der Nekrosen beitragen bzw. dafür wegbereitend sein. Die
Endotoxinkonzentration war in allen untersuchten Fällen in einem nicht kritischen Bereich,
eine Mitbeteiligung in einem früheren Stadium der Krankheit kann jedoch nicht
ausgeschlossen werden.
Mykotoxine können ebenfalls Ohrrandnekrosen verursachen, daher sollte ausschließlich
qualitativ hochwertiges Futter eingesetzt werden. Der durchschnittliche Hygienestatus der
Futtermittel der vorliegenden Studie war eher moderat, was wiederum eine Beeinträchtigung
des Gesundheitsstatus der Tiere bewirken könnte. Während die Mykotoxine DON und ZON
in einem tolerierbaren Bereich angesiedelt waren, wurden unerwartet hohe
Alkaloidkonzentrationen detektiert. Ob diese jedoch für die Entstehung des
Ohrrandnekrosensyndroms ausreichend sind, bleibt abzuklären.
Veterinärmedizinische Universität Wien
Department für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen in der Veterinärmedizin
Klinik für Schweine
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