Uveitis bei Sarkoidose im Kindesalter C. Heinz; Augenabteilung am Franziskus Hospital, Münster Die Sarkoidose (Morbus Boeck) ist eine ubiquitär auftretende, chronische granulomatöse Entzündung. Eine Augenbeteiligung bei Erwachsenen findet sich gehäuft zwischen dem 20. und 30. und zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Bei 25 - 60 % der Fälle tritt eine Augenbeteiligung auf. Die Sarkoidose ist im Kindesalter sehr selten und damit eine seltene Differenzialdiagnose der kindlichen Uveitis. Bei Kindern können zwei, vom Alter abhängige Erscheinungsformen der Sarkoidose unterschieden werden. So findet man bei kleineren Kindern im Alter von 0 - 5 Jahren eine Symptomtrias aus Hautbeteiligung, Arthritis und Uveitis. Bei älteren Kindern steht die Lungenerkrankung im Vordergrund. Hier lassen sich aber ebenfalls eine Augenbeteiligung, sowie Haut-, Leber-, und Milzbeteiligungen finden. Die Arthritis fehlt bei diesen Kindern jedoch häufig. Insgesamt ist der Krankheitsverlauf bei älteren Kindern mit der Erkrankung bei Erwachsenen zu vergleichen. Am Auge zeigt sich am häufigsten eine Uveitis und am zweithäufigsten Bindehautgranulome oder -zysten. Weiterhin können Lidgranulome, Skleraveränderungen, eine Keratitis, eine Tränendrüseninfiltration und Orbitagranulome vorkommen. Eine Uveitis anterior ist in der Altergruppe von 8 - 15 Jahren in 20 % das Erstsymptom einer Sarkoidose. Die Uveitis anterior zeigt sich am häufigsten als eine chronisch granulomatöse Iritis. Bei dieser chronischen Verlaufsform können zu Beginn die typischen Entzündungszeichen, wie gerötetes Auge, Lichtscheu und Epiphora, fehlen und es findet sich dann eine „ stille“ Uveitis, die aber durchaus zu einer bleibenden Schädigung okulärer Strukturen führen kann. Hierbei finden sich großflächige speckige Hornhautrückflächenbeschläge und ein Vorderkammerreiz. Am Pupillarsaum der Regenbogenhaut können Granulome (Köppe Knoten) sichtbar sein. Diese chronische Verlaufsform reagiert schlechter auf eine lokale Steroidtherapie als die akute Iridozykilitis. Die akute Uveitis anterior zeichnet sich durch feine Hornhautrückflächenbeschläge und einen deutlichen Vorderkammerreiz aus. Bei der Uveitis posterior zeigen sich chororetinale Granulome, die an jeder Stelle der Choroidea auftreten können. Dabei ist häufig ein Makulaödem und eine Papillenschwellung zu beobachten. Eine Periphlebitis, wie sie bei Erwachsenen mit Sarkoidose vorkommt, findet sich bei Kindern eher nicht. Von 44 Patienten mit einer Augenbeteiligung im Alter von 0 - 16 Jahren wiesen alle eine Uveitis anterior auf (nach Lindsley und Petty). Bei 21 von 44 Kindern zeigte sich zusätzlich eine Uveitis posterior. Initial wird eine Therapie mit topischen Steroiden und Zykloplegie empfohlen. Liegt ein weit fortgeschrittener Befund vor oder kommt es zu keiner Besserung unter lokaler Therapie, müssen zusätzlich Steroide systemisch gegeben werden. Als weitere Therapieoptionen stehen dann Immunsuppressiva, wie z.B. Methotrexat, zur Verfügung. Bei einer Bindehautbeteiligung finden sich Knoten oder Zysten. Zur sicheren Diagnosestellung führen gezielte Biopsien aus verdächtigen Arealen in 75 % zum positiven Nachweis von typischen Sarkoidosegranulomen. Eine Beteiligung der Tränendrüse ist häufig asymptomatisch und kann durch eine gezielte Biopsie oder eine Gallium-Szintigraphie nachgewiesen werden. Veränderungen in der Orbita, der Hornhaut, Sklera oder an den Augenlidern sind bei Kindern äußerst selten und lediglich in Fallbeschreibungen dokumentiert. Die Komplikationen einer ophthalmologischen Beteiligung bei einer Sarkoidose im Sinne einer Uveitis unterscheiden sich nicht von denen einer Uveitis anderer Ursache. Lindsley und Petty fanden bei einem Viertel aller Patienten mit Augenbeteiligung eine Visusminderung. Davon waren sogar drei Patienten erblindet. Bei unseren eigenen Patienten fanden wir eine Visusverschlechterung bei 6 von 9 Augen. Hauptverantwortlich hierfür ist die Kataraktentwicklung durch die bestehende Uveitis. Die Ausbildung einer hinteren Schalentrübung der Linse kann aber auch durch die Steroidtherapie bedingt sein. Die Indikation zur operativen Therapie besteht bei deutlicher Visusverschlechterung oder bei nicht ausreichender Kontrolle des Hinterabschnittbefundes d.h. der Uveitis posterior. Die Kataraktoperation mit oder ohne Kunstlinsenimplantation soll im entzündungsfreien Intervall erfolgen. Bei bestehender Immunsuppression ist dabei auch eine intraoperative Antibiotikaprohylaxe empfehlenswert. Postoperativ muss insbesondere bei aphaken Kindern eine Vollkorrektur des Refraktionsfehlers zur Vermeidung einer Amblyopie erfolgen. Des weiteren muss im Vorfeld der Operation auf den Verlust der Akkommodationsfähigkeit mit der Notwendigkeit einer Nah- bzw. Lesebrille hingewiesen werden. Das chronische Sekundärglaukom entsteht durch die Verlegung des Trabekelmaschenwerks mit Entzündungszellen oder durch Verwachsungen im Kammerwinkel sog. Goniosynechien. Ein intraokularer Druckstieg kann ebenfalls durch eine Reaktion auf die Medikation mit Steroiden bei sogenannten „ Steroidrespondern“ erfolgen. Hierbei sollten erst die Steroide abgesetzt werden. Ansonsten erfolgt zunächst eine Drucksenkung mit lokalen Antiglaukomatosa. Ist dies auch durch eine Mehrfachtherapie nicht zu erreichen, muss eine operative Drucksenkung erfolgen. Von den operativen Möglichkeiten erscheint bei Kindern mit Uveitis eine Goniotomie die erfolgsversprechenste Methode zu sein. Fistulierende Operationen, wie sie bei Erwachsenen durchgeführt werden, oder Shunt-Implantationen sind mit einer hohen Misserfolgsrate behaftet. Durch eine vollständige Synechierung zwischen Linse und Regenbogenhaut kann es zu einer Iris bombata mit einem akuten Druckanstieg kommen. In solchen Fällen ist eine rasche medikamentöse Drucksenkung und eine anschließende chirurgische Iridektomie indiziert. Durch die bestehende Uveitis kann es auch bei Sarkoidosepatienten zur Ausbildung einer Bandkeratopathie kommen. Diese kann bei Visusverschlechterung durch eine EDTA-Abrasio entfernt werden. Die Ausbildung einer choroidalen Neovaskularisationsmembran ist bei ungünstiger Lokalisation am Augenhintergrund eine funktionell erheblich einschränkende Komplikation. Durch die zelluläre Infiltration des Glaskörpers kann es ebenfalls zu einer Visusminderung kommen, so dass dann einer Glaskörperentfernung erforderlich sein kann. Die wichtigste Differenzialdiagnose der kindlichen Sarkoidose ist die juvenile rheumatoide Arthritis, die ebenfalls mit einer stillen Uveitis anterior beginnen kann. Weitere auszuschließende Erkrankungen sind die juvenile ankylosierende Spondylitis, die PsoriasisArthritis, ein Morbus Reiter, ein Morbus Behçet und das Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom. Um visusbedrohende Komplikationen zu vermeiden, sollten augenärztliche Kontrolluntersuchungen erfolgen, wie sie bei der juvenilen rheumatoiden Arthritis empfohlen werden. Eine Augenbeteiligung ist in der Altergruppe bis zu fünf Jahren häufiger als bei älteren Kindern. Aus den individuellen Krankheitsverläufen lässt sich nicht ableiten, welcher Patient ein erhöhtes Risiko für ophthalmologische Komplikationen hat. Insgesamt ist die Sarkoidose eine seltene Ursache für eine Uveitis im Kindesalter. Die Uveitis kann aber die Erstmanifestation einer generalisierten Sarkoidose sein und sollte daher als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden. Regelmäßige ophthalmologische Kontrollen können visusbedrohende Komplikationen reduzieren und damit den betroffenen Kindern die visuelle Funktion erhalten. Literatur: · Dollfus H. Eye involvement in children's rheumatic diseases. Baillieres Clin Rheumatol 1998; 12: 309-28. · Freedman SF, Rodriguez-Rosa RE, Rojas MC et al. 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