Das Schlüpfen der Oncosphaere von Hymenolepis diminuta (Cestoda)

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Das Schlüpfen der Oncosphaere
von Hymenolepis diminuta (Cestoda)
unter
dem Einfluß einer native Proteine hydrolysierenden Endopeptidase
ROBERT
ZWILLING
Institut f ü r Biochemie und Zoologisches Institut der Universität, F r a n k f u r t a. M.
(Z. Naturforsch. 23 b, 287 [1968] ; eingegangen am 26. Oktober 1967)
D i e O n c o s p h a e r e v o n Hymenolepis
diminuta,
einem
Bandwurm der Ratte, für den Tenebrio der Zwischenwirt sein kann, ist nach O G R E N 1 und eigenen Beobachtungen zufolge von 5 Hüllen und Membranen umgeben.
Es sind dies von außen nach innen (Abb. 1) *:
1. Die äußere Schale
3. Die Vitellin-Schicht
2. Die äußere Membran
4. Die innere Kapsel
5. Die innere Membran
Über die innere Organisation der Oncosphaere ist kaum
etwas bekannt, nicht zuletzt wegen der Winzigkeit des
Objektes (30 ju). Erfolgreiche Schlüpfversuche scheinen
uns eine Voraussetzung auch für Untersuchungen morphologischer Art zu sein.
In vivo wird ein Teil der Hüllschichten durch die
wirtseigenen Proteasen aufgelöst, so daß die hexacanthen Larven schlüpfen und durch die Mitteldarmwand in die Leibeshöhle des Zwischenwirtes gelangen
können, wo sich ihre weitere Entwicklung zum Cysticercoid vollzieht.
Wir studierten in vitro das Schlüpfen der Embryonen
u n t e r d e m E i n f l u ß d e s D a r m s a f t e s v o n Tenebrio
molitor
und von Rinder-Trypsin (Ölimmersion 95-fach, direktes
Lichtfeld). Die äußere Schale, die eine Felderung aufweist, wird von O G R E N 1 auch als „protein husk" bezeichnet. Sie ist jedoch für die Käferenzyme ebenso wie für
Trypsin unverdaulich, weshalb der Wert dieser Bezeichnung zweifelhaft ist. Wurden intakte Eier in vitro
3 Tage bei 25 °C der Einwirkung des Käferdarmsaftes
oder der von Trypsin ausgesetzt, dann war nach dieser
Zeit weder die äußere Schale verdaut, noch zeigte sich
eine Veränderung der darunter liegenden Hüllen. Die
äußere Schale, die für Neutralrot durchlässig ist, ist es
demzufolge nicht für Moleküle von der Größe der Proteasen (MG = > 2 0 000). So hat D R A G O 2 bereits 1906
darauf hingewiesen, daß Proglottidenstückchen von Taenia saginata im Kalbsmagensaft nach 6 Stdn. verdaut
sind, die Eihüllen und die Embryonen aber unverändert
bleiben. Er nahm an, daß die äußere Eihülle durch die
Darmbewegungen abgelöst wird. R E I D und Mitarb. 3
haben bei H. diminuta beobachtet, daß die äußere Schale
durch die Mandibel des Käfers bei der Ingestion der
Eier zerbrochen wird. Damit scheint also die mechanische Sprengung der äußeren Schale auf diese Weise
oder später im Darmtrakt eine Voraussetzung für das
erfolgreiche Schlüpfen zu sein. Nach der mechanischen
Entfernung der äußeren Schale, was im Experiment
durch Druck mit der Präpariernadel auf das Deckglas
bewerkstelligt wurde, setzen die typischen Bewegungen
der Oncosphaere ein. Ohne Zutritt proteolytischer Enzyme von außen vermag der Embryo auch in diesem
Stadium sich keinesfalls aus eigener Kraft zu befreien,
trotz des Andauerns der Häkdienbewegungen für mehrere Stunden. Die innere Kapsel und die VitellinSchicht werden vom Embryo selbst weder durch eigene
proteolytische Enzyme noch mechanisch mit Hilfe der
Embryonalhäkchen verändert oder zerstört.
Wird jetzt Käferenzym hinzugesetzt, dann schlüpfen
die Oncosphaeren innerhalb von bloß 2 — 8 Min., auch
solche, die bei erhaltener äußerer Schale zuvor bis zu
3 Tagen ohne Wirkung der gleichen Enzymkonzentration ausgesetzt waren. Die Vitellin-Schicht und die innere Kapsel werden rasch transparenter und lösen sich
auf, nicht dagegen die innere Membran. Diese wird
schließlich von den 3 Häkchenpaaren zerrissen und haftet dem Embryo noch einige Zeit an dem der Bewegungsrichtung entgegengesetzten Ende an.
In vitro geschlüpfte Oncosphaeren, besonders wenn
sie nach dem Schlüpfen aus dem Käferdarmsaft in eine
für Insektengewebe isotonische Salzlösung überführt
wurden ([g] NaCl 6,80, KCl 0,20, C a C l 2 - 2 H 2 0 0,26,
MgCl 2 • 6 H 2 0 0,10, NaHCOg 0,12, N a H 2 P 0 4 H 2 0 0,20,
Glucose 7,70// aqua bidest.), konnten bis zu 2 Stdn.
mit kräftigen und anhaltenden Häkchenbewegungen lebend beobachtet werden. Abb. 2 zeigt eine geschlüpfte
und mit Neutralrot angefärbte Oncosphaere in der Bewegung. Der gesamte Schlüpfvorgang in vitro und die
typischen Bewegungen eines geschlüpften Embryos wurden im Film festgehalten 4 .
Dagegen gelang es selbst mit 500 y Rinder-Trypsin
pro ml nach 60 Min. Inkubation bei 25 °C, pH 8, nicht,
die beiden in Frage kommenden Hüllen vollkommen
aufzulösen. Wir führen diesen Unterschied darauf zurück, daß der Käfer eine Protease besitzt, die im Gegensatz zum Säuger-Trypsin natives Protein in neutralem oder schwach alkalischem Milieu rasch abbaut. Bekanntlich vermag Säuger-Trypsin native Proteine nicht
oder nur sehr langsam zu hydrolysieren 5 . Wir konnten inzwischen zeigen, daß im Gegensatz dazu eine gereinigte Protease aus Tenebrio native Lactatdehydrogenase, native Glycerin-aldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase und native Ribonuclease A rasch zu hydrolysieren vermag 6 .
1
4
2
R. ZWILLING, unveröffentlicht.
5
P . D . BOYER, H . LARDY U. K . MYRBÄCK, T h e e n z y m e s , V o l . I V ,
R. E. OGREN, J . Parasitology 47, 197 [1961].
U. DRAGO, Atti della Accad. Gioenia di Sei. Nat., Catania
1906.
3
W. REID et al., J . Parasitology 37, 24 [1951].
* Abbn. 1 und 2 s. Tafel S. 288 a u. b.
6
Academic Press, New York und London 1960.
G. PFLEIDERER U. R. ZWILLING, Biochem. Z. 344, 127 [1966].
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