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Retina
Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des hinteren Augenabschnitts
Bearbeitet von
Ulrich Kellner, Joachim Wachtlin, Nikolaos Bechrakis, Reginald Birngruber, Silvia Bopp
1. Auflage 2008. Buch. 456 S. Hardcover
ISBN 978 3 13 143881 2
Format (B x L): 19,5 x 27 cm
Weitere Fachgebiete > Medizin > Klinische und Innere Medizin > Augenheilkunde,
Optometrie
Zu Inhaltsverzeichnis
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8.2 Endophthalmitis
0,08
0,08
linkes Auge
rechtes Auge
0,06
linkes Auge
rechtes Auge
0,06
0,04
Amplitude [mV]
0,04
Amplitude [mV]
351
0,02
0,00
–0,02
0,02
0,00
–0,02
–0,04
–0,04
–0,06
–0,06
–20
a
0
20
40
60
80
100 120 140 160
Zeit [ms]
–50
0
b
50
100
150
200
250
300
350
Zeit [ms]
Abb. 8.4a u. b Ganzfeldelektroretinogramm bei Siderosis bulbi am linken Auge. a Skotopisches ERG mit reduzierter b-Welle. b Annähernd
aufgehobene 30-Hz-Flicker-Antwort der Zapfen.
Die Intoxikation mit Kupfer (Chalkosis) ist sehr viel problematischer als eine Siderosis. Der Verlauf ist viel schneller, die Veränderungen sind sehr früh irreversibel. Die
Prognose ist ungünstig. In jedem Fall ist bei Verdacht
auf eine Kupferbeimengung in dem intraokularen Fremdkörper eine sofortige Fremdkörperextraktion durchzuführen.
8.2
Literatur
Schrader WF. Epidemiologie bulbusöffnender Augenverletzungen: Analyse von 1026 Fällen über 18 Jahre. Klin Monatsbl
Augenheilkd. 2004;221:629–635.
Cardillo JA, Stout JT, LaBree L, et al. Post-traumatic proliferative
vitreoretinopathy. The epidemiologic profile, onset, risk factors,
and visual outcome. Ophthalmology. 1997;104:1166–1173.
Thompson WS, Rubsamen PE, Flynn HW Jr, Schiffman J, Cousins
SW. Endophthalmitis after penetrating trauma. Risk factors and
visual acuity outcomes. Ophthalmology. 1995;102:1696–1701.
Endophthalmitis
Abkürzung: –
Engl.: endophthalmitis
Synonyme, alte Bezeichnungen: –
Definition
Eine Endophthalmitis wird als intraokulare Entzündung
einschließlich der inneren Hüllen des Augapfels definiert.
Sind Sklera und Hornhaut in den Entzündungsprozess
einbezogen, spricht man von einer Panophthalmie.
Endophthalmitiden lassen sich in infektiöse und nichtinfektiösen (sterile) Formen trennen; weiterhin können
sie nach klinischem Verlauf, nach dem Infektionsweg und
nach Erregertypus kategorisiert werden (Abb. 8.5).
Die Endophthalmitis gehört zu den bedrohlichsten Notfallsituationen des Auges und ist auch bei adäquater Therapie noch mit einem erheblichen Erblindungsrisiko behaftet.
S. Bopp
Epidemiologie
Häufigkeitsangaben existieren nur für die postoperative
und posttraumatische Form. Eine exogene Infektion tritt
in 0,1–0,3% nach intraokularen Eingriffen und in 7% bei
einer offenen Augapfelverletzungen auf.
Die Weiterentwicklung der Mikrochirurgie, das reduzierte Operationstrauma und die perioperativen Maßnahmen trugen dazu bei, dass die postoperativen Endophthalmitisraten inzwischen in der Größenordnung 1:1000–
1:5000 liegen.
I Postoperative Endophthalmitis. Eine genauere Betrachtung zeigt unterschiedliche Risiken bei den verschiedenen Operationsarten (Tab. 8.1). Das geringste
Infektionsrisiko besteht bei einer Vitrektomie, gefolgt
von Glaukomeingriffen (Ausnahme: Spätinfektionen
nach Anwendung von Antimetaboliten wie Mitomycin
C). Bei sekundären IOL-Implantationen und Keratoplastiken ist die Endophthalmitisinzidenz deutlich höher.
Für die Kataraktoperation schwanken die Angaben zwischen 0,04 und 0,2%. Trotz aller Bemühungen um eine
aus: Kellner/Wachtlin, Retina (ISBN 9783131438812) © 2008 Georg Thieme Verlag KG
8
352
8 Traumatische und exogene Retinopathien
Endophthalmitis
Infektionsweg
fortgeleitet:
(z. B. Ulcus,
Filterbleb)
exogen:
1. postoperativ
2. posttraumatisch
klinischer Verlauf
endogen:
(metastatisch)
akut
(foudroyant)
Erregertypus
chronisch
1. chron.-progredient
2. chron.-rezidivierend
Bakterien
1. gram-pos.
2. gram-neg.
andere:
1. Pilze
2. Protozoen
Abb. 8.5 Klassifikation der Endophthalmitis.
Tabelle 8.1
Häufigkeit der postoperativen Endophthalmitis über die letzten 40 Jahre in großen Kollektiven
Allen, 1974
1964–1974
n = 16000
Kattan, 1991
1984–1989
n = 30000
Aaberg, 1989
1984–1994
n = 20600
Eifrig, 2002
1995–2001
n = 25000
Wu, 2006*
1991–2004
n = 30200
0,086% (ic)
0,09 / 0,07%
0,08%
0,04%
0,2%
Glaukom
(+ Mitomycin C bis 9%)
0,06%
0,12%
0,2%
0,09%
Vitrektomie
0,05%
0,05%
0,03%
0,03%
Keratoplastik
0,1%
0,18%
0,08%
0,61%
Sek. IOL-Implantation
0,3%
0,37%
0,2%
0,18
Katarakt
Quellen: Allen u. Mangiaracine, Arch Ophthalmol 1974; Kattan et al., Ophthalmology 1991; Aaberg et al., Ophthalmology 1989; Eifrig et al.,
Ophthalmic Surg Lasers 2002; *Wu et al, Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2006 (im Gegensatz zu den anderen Studien, in denen ausschließlich akute
Formen eingeschlossen wurden, sind Spätformen (= 7%) inkludiert.
Anm.: Die relativ hohe Postkataraktinfektionsrate bei Wu (2006) wird in anderen aktuellen Arbeiten zur Endophthalmitisinzidenz nach Kataraktoperation bestätigt: 0,21% (477627 Operationen, Medicare Daten 1994–2001, USA) und 0,099% (101920 Operationen 1996–2004, GB). Diese Zahlen
bilden insofern ein realistisches Bild, als dass es gepoolte Daten aus zahlreichen Operationszentren sind und keine Positivselektion aus einzelnen, highvolume Einrichtungen darstellen. Referenzen: West et al., Ophthalmology 2005 und Mollan J Cat Refr Surg 2007.
8
Optimierung der perioperativen Infektionsprophylaxe
hat sich in den letzten 30 Jahren keine signifikante
Reduktion der Infektionsrate erreichen lassen. Im Gegenteil, die Einführung neuer Techniken, speziell der
Clear-Cornea-Technik, hat vorübergehend eine erhöhte
Anzahl von Infektionen nach sich gezogen.
I Posttraumatische Endophthalmitis. Hier liegen die
Zahlen mit 3,5%–16,5% deutlich höher (Danis 2002).
Hohe Infektionsraten werden speziell nach Augenverletzungen in Kriegsregionen berichtet (Tran et al. 2003).
Nach Augenverletzungen, die durch Arbeits-, Haus- oder
Verkehrsunfälle verursacht wurden (Chhabra et al.
2006), werden deutlich niedrigere Raten angegeben.
!
I
Das höchste Infektionsrisiko (bis 30%) haben Verletzungen mit organischem Material aus der Landwirtschaft.
Endogene Endophthalmitiden. Zur Inzidenz dieser
Endophthalmitisart liegen keine zuverlässigen Daten
vor. Im klinischen Patientengut macht dieser Infektionstyp 2–8% aller Infektionen aus.
Ätiologie und Pathogenese
Im klinischen Alltag versteht man unter Endophthalmitis
gewöhnlich die Infektion durch Mikroorganismen. Nur
diese sind Gegenstand dieses Kapitels.
Erregerinvasion
Folgende Eintrittspforten für Mikroorganismen in das
Auge können unterschieden werden:
I exogener Infektionsweg
– operative Wunden,
– traumatische bulbuseröffnende Wunden;
I endogener Infektionsweg
– hämatogen,
– metastatisch.
Unabhängig vom Infektionsweg ist die Reaktion des Auges prinzipiell die gleiche (Callegan et al. 2002). Das Paradoxon ist, dass auf der einen Seite die entzündliche Abwehrreaktion zur Kontrolle der Erreger notwendig ist, auf
der anderen Seite dabei eine irreversible Zerstörung der
neurosensorischen Netzhaut und des RPE entstehen kann.
Der Preis einer effizienten Keimabwehr ist somit unter
Umständen die Erblindung.
aus: Kellner/Wachtlin, Retina (ISBN 9783131438812) © 2008 Georg Thieme Verlag KG
8.2 Endophthalmitis
353
Abwehrreaktion
Das Auge gilt wegen den fehlenden lymphatischen Strukturen und wegen der Blut-Kammerwasser- und Blut-Retina-Schranke, die eine Barriere darstellen, als immunologisch privilegiert. Im Rahmen einer Infektion läuft die
Abwehrreaktion daher erst verzögert an, sodass es bereits
sehr früh durch bakterielle Enzyme und Toxine zum Gewebeschaden kommen kann. Nachdem die Blutschranken
zerstört sind und die Entzündungskaskade abläuft, wird
der Gewebeschaden durch die körpereigene Abwehrreaktion noch potenziert („bystander damage“; Abb 8.6). Die
pathogenetische Kaskade ist in Abb. 8.7 schematisch dargestellt.
Spätfolgen
Mit dem Abklingen der Entzündungsreaktion können
weitere schwerwiegende Folgeerscheinungen auftreten:
I Glaukom (Destruktion des trabekulären Maschenwerks),
I Hypotonie (zerstörtes Ziliarkörperepithel),
I Netzhautablösung (zyklitische und vitreoretinale Entzündungsmembranen),
I Netzhaut- und Optikusatrophie,
I Phthisis bulbi.
Aus diesen Gründen erblinden auch heute noch ca. 15%
der behandelten Augen trotz adäquater antiinfektiöser
Therapie.
Keimspektrum
Das Erregerspektrum von postoperativen, posttraumatischen und metastatischen Endophthalmitisformen unterscheidet sich erheblich, was von großer Bedeutung für die
Wahl der Medikation ist (Abb. 8.8).
Postoperative Endophthalmitis
Die primären Bakterienquellen sind die Augapfeloberfläche und die Adnexe. Zur physiologischen Keimflora des
Patienten gehören:
I grampositive Kokken,
I speziell koagulasenegativer Staphylococcus epidermidis,
I Propionibacterium acnes,
I Corynebacterium acnes.
Seltener sind obligat pathogene Spezies:
I Staphylococcus aureus,
I Streptokokken.
Auch bei sorgfältiger präoperativer Vorbereitung kann in
14–43% am Ende der Operation ein positiver Kulturbefund aus Vorderkammeraspiraten gefunden werden. Klinisch zeigen diese Augen aber keinen Hinweis auf eine
Endophthalmitis. Das Kammerwasser besitzt natürliche
Abwehrmechanismen gegen eine gewisse Menge niedervirulenter Erreger. Erst wenn eine kritische Anzahl überschritten wird und/oder eine Kommunikation zum Glaskörperraum besteht, kommt es klinisch zu Infektionszei-
Abb. 8.6 Histologische Befunde an der Netzhaut bei Endophthalmitis. Oben: Die Invasion von Granulozyten, Makrophagen und
Lymphozyten korreliert mit eitrig-fibrinösen Plaques auf der Netzhautoberfläche. Unten: Entzündungszellen infiltrieren die Netzhaut
und führen zur Auflösung der Schichten. Klinisch imponieren intraretinale weiße Infiltrate und toxische Blutungen.
bakterielle Invasion
Bakterien:
Vermehrung, Enzymund Toxinproduktion
Auge:
Stimulation residenter
immunkompetenter Zellen
Initiation der entzündlichen Abwehrreaktion
Freisetzung von Entzündungsmediatoren
Potenzierung der Entzündungskaskade
Zusammenbruch der Blutschranken
Invasion von polymorphkernigen Leukozyten
Makrophageneinstrom
zelluläre Infiltration der intraokularen Strukturen
Freisetzung von (retino-)toxischen/lytischen Enzymen
Keimabwehr
Phagozytose
Gewebedestruktion
Atrophie, Narbenreaktion
Abb. 8.7 Pathogenese der Endophthalmitis.
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8
354
8 Traumatische und exogene Retinopathien
Endophthalmitistyp
postoperativ
posttraumatisch
endogen
akut
chronisch
80 % gram +
15 % gram –
5 % Pilze
>95 % gram +
vereinzelt: andere
(Acinetobacter)
gram +
gram –
Mischflora
gram +
gram –
Pilze
koag.-neg. Staph.
Propionibakterien
Corynebakterien
Staph. epidermidis
Bacillus cereus
Streptokokken
Pseudomonas
Streptokokken
Enterobakterien
Actinonyces
Candida, Aspergillus
koag.-neg. Staph. (50 %)
(= Staph. epidermidis)
Staph. aureus
Streptokokken
Enterokokken
koliforme Bakterien
Pseudomonas
Abb. 8.8 Keimspektrum bei Endophthalmitis abhängig von der Ätiologie der Infektion.
8
chen. Selten gehen die Infektionsquellen von den Händen und der Atemluft des Personals oder kontaminierten
Gegenständen auf dem OP-Tisch (Medikamente, Irrigationslösung, Instrumente, IOL) aus. Alle Studien zeigen,
dass grampositive Kokken (50% davon Staphylococcus
epidermidis), gefolgt von gramnegativen Keimen und
Pilzen bei der postoperativen Endophthalmitis am häufigsten vorkommen (Han et al. 1996). Die Geschwindigkeit der Infektionssymptomatik hängt von der Virulenz
(Replikationsgeschwindigkeit, Toxinbildung), der Menge
der inokulierten Keime und einer eventuellen Sequestrierung (im Kapselsack) ab.
Posttraumatische Endophthalmitis
Bulbuseröffnende Verletzungen erlauben das Eindringen
von fakulativ pathogenen Oberflächenkeimen oder kontaminiertem Material. Im Vergleich zur postoperativen
Endophthalmitis besteht nach Trauma ein wesentlich
höheres Infektionsrisiko. Risikofaktoren sind:
I große Wunden,
I gleichzeitige Linsenverletzung,
I verbliebene intraokulare Fremdkörper.
Die funktionelle Prognose ist infolge einer hohen Keimbelastung, dem Vorhandensein evtl. Mischinfektionen
und der Inokulation von hochpathogenen Keimen und
bei Verletzungen mit organischem Material (Bacillus,
Pseudomonas, Streptokokken, Pilze) besonders schlecht.
Endogene Endophthalmitis
Hier kommt es zur choroidalen oder retinalen Absiedlung
von Keimen, die von einem primären Infektionsherd im
Körper bzw. von kontaminierten Injektionslösungen, Medikamenten, Drogen (Katheter, Spritzen, Drainagen, Implantate) hämatogen streuen. Abwehrgeschwächte Individuen sind hierfür besonders disponiert. Das Erregerspektrum ist breit:
I Pilze (Candida, Aspergillus u. a.; rund 50%),
I Streptokokken (S. viridans, S, pneumoniae),
I Staphylococcus aureus,
I Enterokokken,
I Protozoen (Toxoplasmen) finden sich vereinzelt.
Symptomatik
!
Pathognomische Leitsymptome sind Visusminderung
und Vitritis. Fakultativ kommen Schmerzen, Fotophobie,
rotes Auge oder Hypyon hinzu.
Akute Endophthalmitis
Sie entwickelt sich in den ersten Tagen bis wenigen Wochen nach einem operativen Eingriff (Abb. 8.9). Der Häufigkeitsgipfel liegt am 2.–5. Tag. Bei hochvirulenten Keimen kann die Symptomatik mit rapidem Visusverlust bereits am Tag nach der Inokulation auftreten. Dies ist zur
differenzialdiagnostischen Abgrenzung anderer Ursachen
einer postoperativ verstärkten Entzündungsreaktion von
großer Bedeutung.
Chronische, verzögert auftretende
Endophthalmitis
Hier kommt es zu einer Manifestation später als 4 Wochen
postoperativ. Die chronische Endophthalmitis ist eine
Sonderform der Postkataraktendophthalmitis. Symptomarme, progrediente Entzündungszeichen mit granulomatösem Vorderkammerreizzustand und mit Endothelpräzipitaten sowie plaqueartige Infiltrate im Kapselsack sind
typische klinische Befunde (Abb. 8.10). Eine akute Exazerbation zum Vollbild der Endophthalmitis ist jederzeit
möglich, wenn eine kritische Keimzahl überschritten ist.
Speziell nach Nd:YAG-Kapsulotomie kann es zur Streuung
des infektiösen Materials in den Glaskörperraum kommen
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8.2 Endophthalmitis
355
Abb. 8.9 Spektrum akuter (postoperativer) Endophthalmitis: fibrinös-eitriger
Vorderabschnittsbefund mit Hypoypon,
kein Funduseinblick. Übergang Endophthalmitis in Panophthalmie (rechts unten) mit ungünstiger Prognose.
Abb. 8.10 Spektrum chronischer, verzögert auftretender Endophthalmitis:
typische Befunde sind Hornhautpräzitate, Kapselsackinfiltrate und Vitritis
unterschiedlichen Schweregrades.
8
und das klinische Bild explodieren. Abgesehen von koagulasenegativen Staphylokokken sind für diesen Subtyp
langsam wachsende, fakultativ pathogene, anaerobe Propionibakterien verantwortlich. Ferner wurden andere
seltene Keime sowie vereinzelt Pilze als verursachend
beschrieben.
Posttraumatische Endophthalmitis
Sie unterscheidet sich in Bezug auf Ursachen und Symptome nicht von der postoperativen Endophthalmitis. Die
meisten posttraumatischen Infektionen verlaufen unter
dem klinischen Bild einer akuten Endophthalmitis. Visusverlust als Symptom ist bei schweren Verletzungen wenig
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8 Traumatische und exogene Retinopathien
folge der Medientrübungen nicht beurteilbar, sondern
tritt erst bei der diagnostisch-therapeutischen Vitrektomie zutage.
Echografie
Die Echografie erlaubt die Darstellung der Glaskörpertrübung, von Fremdkörpermaterial nach Primärversorgung
von Verletzungen und einer Aderhautamotio, die zur Planung einer Operation von besonderer Bedeutung ist.
Abb. 8.11 Chorioretinaler Infektionsherd (Toxoplasmose) mit lokalisierter Vitritis bei bekannter Immunosuppression. Unbehandelt kommt es zum Vollbild
einer Endophthalmitis.
aussagekräftig. Progressive Entzündungszeichen, fortschreitende Medientrübungen und zunehmende Schmerzen trotz massiver antiinflammatorischer Therapie sind
hinweisend. Seltener können sich Infektionen mit niedrigvirulenten, fakulativ pathogenen Keimen oder mit Pilzen wie eine verzögert auftretende, chronische Endophthalmitis präsentieren (s. o.).
Endogene Endophthalmitis
Es kommt transitorisch (einmalig oder intermittierend) zu
Bakteriämien oder Fungämien. Diese Episoden können
asymptomatisch bleiben oder im Rahmen von septischen
Schüben verlaufen. Entsprechend variabel sind das ophthalmologische Erscheinungsbild und der Allgemeinzustand des Patienten (Abb. 8.11). Diagnostisch hinweisend
auf eine endogene Infektionsursache sind die Vorgeschichte und der Allgemeinzustand des Patienten. Darüber hinaus kommen Fälle vor, bei denen keine wesentliche Beeinträchtigung besteht und die Infektionsursache
unklar ist. Hier sind umfassende systemische Untersuchungen vonnöten.
Diagnostik
8
Spaltlampenuntersuchung
Schon die äußere Inspektion kann durch Lidödem, konjunktivale Hyperämie und Chemosis einen deutlichen
Hinweis auf eine Endophthalmitis geben. An der Spaltlampe sind dann je nach Fortschreiten des Befundes Hornhautepithelödem, zellulärer Reizzustand, Hypopyon,
Irishyperämie oder Fibrinreaktion mit Synechien erkennbar.
Ophthalmoskopie
Die zunehmende zelluläre Glaskörperinfiltration (Vitritits!) vermindert den Einblick. Daher ist die prognostisch
wichtige, retinale Beteiligung (eitrig-hämorrhagische Retinitis, Perivaskulitis und ggf. Aderhautamotio) meist in-
Keimnachweis
I Keimisolierung. Die Diagnose einer Endophthalmitis
wird in der Regel klinisch gestellt. Vor der Einleitung
einer spezifischen antibiotischen Therapie ist eine
Probeentnahme zur Erregeridentifizierung sinnvoll.
Sie erfolgt meist im Rahmen einer diagnostisch-therapeutischen PPV oder Vorderkammerpunktion.
Während Vorderkammeraspirat häufig nur Leukozyten
zeigt, gelingt ein mikrobieller Nachweis aus Glaskörper
in bis zu 75% der Fälle und ist immer vorzuziehen.
I Probenaufarbeitung. Die mikrobiologische Aufarbeitung beginnt unmittelbar nach Entnahme: natives
Material wird sofort weiterverarbeitet (Ausstrich,
Gram- und Giemsafärbung, Direktmikroskopie). Weitere Proben, unter aeroben und anaeroben Bedingungen in Blutkulturflaschen gegeben, werden im
Brutschrank gezüchtet. Bei Keimnachweis sind eine
Erregerdifferenzierungen und die Erstellung eines Antibiogramms durch das Labor erforderlich.
Entscheidend für einen positiven Nachweis sind ein
rascher Transport ins mikrobiologische Labor bei
mindestens 25° und die Verwendung geeigneter Kulturmedien. Aufgrund der kleinen Probemenge und
geringen Keimzahlen ist der Erregernachweis mit
durchschnittlich 60% (35–75%) unbefriedigend. Dies
kann aber durch logistische Verbesserungen auf bis
85% optimiert werden (Neß und Pelz 2000).
Bei verzögert auftretender Endophthalmitis und bei
Pilzverdacht ist eine lange Kulturphase (bis zu 4 Wochen) notwendig, um einen Keimnachweis zu führen.
Eine Erregeridentifikation gelingt hier in rund 50%.
I Ergänzende Methoden zur Erregerdiagnostik sind:
– histologischer Nachweis (Bakterienhaufen, Pilzhypen),
– Transmissionselektronenmikroskopie (intrazelluläre
Erreger wie Propionibakterien),
– molekulargenetische Identifizierung durch Polymerasekettenreaktion (PCR; Lohmann et al. 2000).
Da die Endophthalmitis fast immer einer unmittelbaren
Therapie bedarf, um die entzündungsinduzierte Destruktion von neuroretinalem Gewebe zu verhindern, dient
der Erregernachweis bei Endophthalmitis primär der
Überprüfung und Verifizierung der bereits eingeleiteten
medikamentösen Therapie.
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8.2 Endophthalmitis
Tabelle 8.2
357
Klinisch wichtigste Differenzialdiagnosen zur Endophthalmitis
Leitsymptom
Erkrankung
Ätiologie
Hinweisend
Hypopyon
Uveitis anterior
Morbus Behçet
Aphthen, Oligoarthritis,
ethnische Disposition
fibrinöse/Hypopyon-Iritis
Uveitis anterior
HLA-B27-assoziierte Uveitis
(Morbus Reiter, Morbus
Becherew)
Labor, Arthritis, Colitis,
rezidivierende Schübe
Uveitis anterior, Vitritis
UHG-Syndrom
chron. mechanische Uveairritation (IOL-Rotation, Haptikimpression)
Op-Technik, IOL-Typ
Hypopyon, Vitritis
phakogene Uveitis
sterile granulomatöse Uveitis
intraokulare Linsenreste
(Phakolyse/Kapselruptur)
Hypopyon, Vitritis
triamcinolonassoziierte
Pseudoendophthalmitis1
toxische Reaktion (Lösungsbestandteile?)
schmerzfrei, 1. Tag nach IVT*,
blander Befund
Vitritis
idiopathische intermediäre/posteriore Uveitis
sterile ätiologisch ungeklärte
Uveitis ± Vaskulitis, Papillitis
cystoides Makulaödem
ohne assoziierte systemische
Anomalien, Neumanifestation
oder Exazerbation
Vitritis
okuläre Lymphome°
maligne, uveale/retinale Infiltration (Pseudovitritis)
ZNS-Befunde! steroidresistent
Vitritis
Retinoblastom
intravitreale Tumoraussaat
Alter, Genetik
* intravitreale Medikamentenapplikation
° selten auch Metastasen
1
vgl. Jaissle et al. 2004
Differenzialdiagnose
Die akute postoperative Endophthalmitis stellt diagnostisch selten ein Problem dar. Differenzialdiagnosen sind
(sterile) entzündliche oder maligne okuläre oder systemische Erkrankungen mit dem Leitsymptom einer vorderen, intermediären, hinteren oder Pan-Uveitis. Aufgrund der Vielfalt von Symptomen wird hier auch von
einem Masquerade-Syndrom gesprochen.
!
Bei voroperierten Augen gilt ein entzündlicher Rückfall oder das Aufflammen einer Entzündung solange als
endophthalmitisverdächtig, bis das Gegenteil bewiesen
ist.
Eine Auswahl an klinisch relevanten Differenzialdiagnosen ist in Tab. 8.2 aufgeführt.
Therapie
Prinzip
Primäre Behandlungsziele bei Endophthalmitis sind:
I Kontrolle der Infektion,
I Vermeidung der Progression der Infektion,
I Vermeidung von Sekundärschäden durch bakterielle
Toxine und die körpereigene Abwehr,
I Visusrehabiliation bzw. Erhalt.
Je schlechter der Ausgangsbefund bzw. -visus, desto
schlechter die Prognose und das funktionelle Ergebnis.
Unabhängig vom klinischen Schweregrad der Infektion
ist die intravitreale Antibiotikagabe die unabdingbare Basis für die Therapie. Aufgrund der Dringlichkeit gilt es,
unverzüglich eine empirisch basierte Behandlung einzuleiten bis das mikrobiologische Ergebnis vorliegt. Bei
schweren postoperativen Fällen nimmt die Bedeutung
der Vitrektomie für das Endergebnis zu. Das gilt ebenso
für die anderen Subtypen der Endophthalmitis, bei denen
operative Intervention und Antibiotikagabe gemeinsam
für eine erfolgreiche Intervention nötig sind (Abb. 8.8).
Intravitreale Antibiotikatherapie
Ein rascher Wirkungseintritt, bakterizide Wirkung und
ausreichende Medikamentenspiegel am Ort des Geschehens sind die Ziele der Antibiotikatherapie. Abhängig von
der Penetrationsfähigkeit der Substanz lassen sich bei
periokular applizierter Gabe lediglich therapeutisch wirksame Spiegel in der Vorderkammer erzielen. Auch die
systemische Applikation (intravenös, oral) zeigt infolge
der vorhandenen Diffusionsbarrieren (Blut-Retina- und
Blut-Kammerwasser-Schranke) für die meisten Substanzen keine ausreichende Dosierung in den Glaskörperraum
(Kap. 3.3). Fluoroquinolone der 4. Generation (Moxifloxacin, Carbapeneme, z. B. Impenem) sind besser geeignet,
da sie eine gute Penetration der Blut-Hirn-Schranke
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8
358
8 Traumatische und exogene Retinopathien
aufweisen. Die intravitreale Antibiotikaapplikation wird
als wirksamste Maßnahme generell empfohlen.
Die Medikamentenwahl richtet sich nach dem zu erwartenden Keimspektrum, wobei ein möglichst breites
antimikrobielles Spektrum inkl. der gramnegativen Seite
abgedeckt werden sollte. Die wirksamste Kombination mit
den meisten Erfahrungswerten besteht in der Verwendung der Kombination aus dem Glycopeptid-Antibiotikum Vancomycin (1 mg/0,1 ml) für die grampositiven Erreger und dem Aminoglycosid Amikacin (0,4 mg/0,1 ml)
für die gramnegativen Erreger. Wegen der potenziellen
Retinatoxizität von Aminoglycosiden wird teilweise das
Breitspektrumcephalosporin Ceftazidim (2,25 mg/0,1 ml)
ggf. in Kombination mit Vancomycin verwendet.
Die Halbwertszeit der genannten Antibiotika im Auge
wird auf 2–3 Tage geschätzt. Nach 2 Tagen kann die intravitreale Injektion wiederholt werden. Gewöhnlich reicht
die einmalige intraoperative Gabe zur Infektionskontrolle
aus.
Bei Verdacht auf eine primär exogene Pilzinfektion oder
bei Infektionsrezidiv nach antibakterieller Therapie muss
ein Wechsel auf antifungale Medikation erwogen werden.
Traditionell wird Amphotericin B (0,005 mg/0,1 ml) intravitreal kombiniert mit intravenöser Gabe und folgender
Umstellung auf orale Therapie mit Imidazolderivaten (Ketoconazol, Fluconazol) verwendet. Eine vielversprechende
Alternative mit hoher Effizienz, breitem Wirkspektrum
und guter Verträglichkeit ist Voriconazole intravitreal
(0,05 mg/0,1 ml) ergänzt durch orale Gabe (2 × 200 mg).
Anders als bei primär bakterieller Infektionen wird eine
fungizide Therapie über ca. 4–6 Wochen durchgeführt.
Subkonjunktivale und topische Antibiotikagaben werden heute als ergänzende Maßnahmen zur Infektionskontrolle verstanden. Auch wenn nicht evidenzbasiert, ist das
Ziel – speziell bei schweren Verlaufsformen (z. B. nach
Trauma) – alle Wege der medikamentösen Infektionsabwehr zu nutzen, um hohe, konstante Wirkspiegel im Auge
zu erzielen.
Vitrektomie
8
Trotz der intravitrealen Antibiotikatherapie ist die PPV
eine wertvolle zusätzliche Option. Der Stellenwert der
Glaskörperentfernung bei Endophthalmitis ist über die
vergangenen 20 Jahre kontrovers diskutiert worden. Die
Vorteile liegen in der Elimination infektiöser Organismen
und ihren Toxinen, Entzündungszellen und lytischen Enzymprodukten sowie von fibrinös-leukozytären epiretinalen Membranen. Im Ergebnis soll die Reduktion der
potenziell destruktiven körpereigenen Abwehrreaktionen
sowie eine bessere Diffusion der Antibiotika in die intraokularen Gewebe eintreten, die eine Reduzierung des
Folgeschadens und eine raschere Visuserholung erlaubt,
was tierexperimentell bestätigt ist. Der klinische Befund
lässt sich hinsichtlich der Infektionskontrolle besser beurteilen, und assoziierte Pathologien wie Wundinsuffizienz, verbliebene Linsenreste, Ablatio etc. lassen sich
mitbehandeln.
Nachteile der PPV liegen im nicht zu vernachlässigenden Operationsrisiko bei schwer entzündeten Augen mit
erheblichen Medientrübungen. Randomisierte Studien
hierzu (abgesehen von der EVS) wird es aus ethischen
Gründen nicht geben, sodass der Stellenwert einer Vitrektomie bei Endophthalmitis auf experimentellen Erkenntnissen und umfangreichen klinischen Erfahrungen beruht.
In den Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften wird für die meisten klinischen Situationen eine Vitrektomie mit intraokularer Antibiotikagabe empfohlen.
Rolle der Endophthalmitis-Vitrectomy-Study (EVS)
für die postoperative Endophthalmitis
Aus der kontroversen Diskussion heraus, ob eine therapeutische Vitrektomie für alle Endophthalmitisfälle notwendig ist, wurde o. g. randomisierte klinische Studie
entworfen (EVS 1995). Eingeschlossen wurde die Subgruppe früher, postoperativer Endophthalmitiden nach
Kataraktextraktion oder sekundärer IOL-Implantation,
die zahlenmäßig 90% aller postoperativen Infektionen
ausmachen. Primäre Fragestellungen waren erstens, ob
eine Vitrektomie mit Antibiotikagabe (Vancomycin, Amikacin) einer alleinigen Antibiotikagabe überlegen ist und
zweitens, ob eine zusätzliche intravenöse Antibiotikagabe (Cephtazidim) von zusätzlichem Nutzen ist.
Die Essenz der Studie war:
I Die verwendete intravitreale Antibiotikakombination
war äußerst effektiv im Sinne der Infektionskontrolle;
99,4% aller nachgewiesenen Keime waren sensibel auf
die Präparate.
I Die funktionellen Ergebnisse mit alleiniger Probenentnahme/Antibiotikagabe versus Vitrektomie/Antibiotikagabe unterschieden sich nicht, wenn der Ausgangsvisus Fingerzählen und besser war (klinisch:
grober Funduseinblick möglich).
I Die Vitrektomie zeigte in den Fällen Überlegenheit, in
denen die Ausgangssituation schlechter war (Visus
Handbewegungen und schlechter, kein Funduseinblick).
I Die Chance, einen Visus von 0,5 oder besser zu erreichen war in der Vitrektomiegruppe um den Faktor 3
höher.
I Ein positiver Effekt der zusätzlichen systemischen Antibiotikagabe in Bezug auf das Endergebnis konnte
nicht festgestellt werden.
Die Ergebnisse wurden in den folgenden Jahren heftig
und kontrovers diskutiert, mit der Tendenz, dass Retinologen aus den USA den Leitlinien aus den Studienergebnissen folgen, während die europäischen Kollegen weiterhin die Vitrektomie favorisieren (Sternberg u. Martin
2001). Subanalysen ergaben zahlreiche weitere Erkenntnisse, von denen einige darauf hindeuten, dass der Vitrektomie als adjuvante Therapie eine größere Bedeutung
in Bezug auf die Ergebnisse zukommt (Kuhn und Gini
2006).
aus: Kellner/Wachtlin, Retina (ISBN 9783131438812) © 2008 Georg Thieme Verlag KG
8.2 Endophthalmitis
Abb. 8.12 Fallbeispiel: Endophthalmitis am 3. Tag nach Kataraktextraktion in Clear-Cornea-Technik, Visus = Handbewegungen
(links). Das Fundusbild einige Tage nach Vitrektomie mit intravitrealer Antibiotikagabe zeigt, dass intraoperativ beobachtete
Corticosteroide
Eine begleitende topische, intravitreale oder systemische
Corticosteroidtherapie wird von vielen Autoren empfohlen, um den destruktiven Effekt der schweren Entzündungsreaktion zu minimieren. So gehörte in der EVS die
systemische Gabe (60 mg/d) zum Behandlungsprotokoll.
Die wissenschaftliche Datenlage hierzu ist uneinheitlich.
Da es aus klinischer Sicht keine eindeutigen Hinweise
gibt, dass sich eine hochdosierte Corticosteroidgabe negativ auf Infektionskontrolle und funktionelle Ergebnisse
auswirkt, ist eine intravitreale (0,4 mg/0,1 ml) oder systemische Gabe (z. B. 60–100 mg für 5 Tage) ein schlüssiges Konzept. Die topische Gabe erreicht gewöhnlich
nur die Vorderkammer und gehört zum Standard der
postoperativen Medikation.
359
Netzhautinfiltrate bereits resorbiert sind, aber noch toxische Blutungen in der Makula bestehen, Visus 1/15 (Mitte). 4 Wochen später
ruhiger Vorderabschnittsbefund mit klaren optischen Medien, Visuserholung auf 0,3 (rechts).
ner unverzüglichen Behandlung. Auch ohne initialen Erregernachweis lassen sich mit den genannten therapeutischen Möglichkeiten mehr als 95% der Infektionen unter
Kontrolle bringen. Die funktionellen Ergebnisse sind bescheidener. Für postoperative Infektionen gilt: Die Chance
einen brauchbaren Visus (≥ 0,1!) zu erhalten, liegt bei 85%.
Die Hälfte der Patienten entwickelt einen guten Visus
(≥ 0,5).
Pathogenese, Risikofaktoren und Epidemiologie von
intraokularen Infektionen sind inzwischen gut bekannt.
Nationale und internationale Fachgesellschaften haben
daher Leitlinien zur Prophylaxe und Therapie von
Endophthalmitiden erstellt, deren Inhalte weitgehend
übereinstimmen.
Ausblick
Therapieempfehlung der Endophthalmitis
Die hiesige Auffassung kann man wie folgt zusammenfassen:
I „Goldstandard“. Bei postoperativer Endophthalmitis
(alle Fälle, vitreoretinal erfahrenes Zentrum): Probeentnahme † gründliche Vitrektomie † intravitreale Antibiotikaapplikation mit Vancomycin/Amikacin (Abb.
8.12).
I „Silberstandard“. Bei postoperativer Endophthalmitis
(leichtere Verlaufsformen, grober Funduseinblick, keine
Netzhautinfiltration, keine rasche vitreoretinale Versorgung verfügbar): Probeentnahme (GK-Biopsie) † intravitreale Antibiotikaapplikation mit Vancomycin/Amikacin.
Das klinische Erscheinungsbild infektiöser Endophthalmitiden ist variabel. Mangels randomisierter Studien basieren
die meisten Therapieempfehlungen auf konzeptionellen
Überlegungen. Sie sind in Tab. 8.3 zusammengefasst.
Ergebnisse
Dass noch immer 15% der Augen an den Infektionsfolgen
funktionell erblinden, unterstreicht die Dringlichkeit ei-
Zukünftige Forschungen zielen auf eine Inaktivierung von
bakteriellen Virulenzfaktoren und der Kontrolle von postinflammatorischen toxischen Produkten im Rahmen der
körpereigenen Abwehr, um die destruktiven Prozesse zu
limitieren. Verbesserungen in der klinischen Praxis sind
durch neue, effektive Antibiotika mit besserer systemischer Verträglichkeit und hoher intraokularer Penetration
zu erwarten.
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8
360
8 Traumatische und exogene Retinopathien
Tabelle 8.3
Synopsis der therapeutischen Vorgehensweisen bei unterschiedlichen Endophthalmitisformen
Endophth. Subtyp
Ursache
Charakteristika
Therapeutisches Prinzip
akut, postoperativ
pathogene oder fakulativ
pathogene Keime
Visusabnahme nach initial
regelhaftem Verlauf
intravitreale breitbasige Antibiotikagabe ± Vitrektomie
chronisch, verzögert
auftretend, postop.
niedrigvirulente, fakulativ
pathogene Keime
Kapselsacksequestration
primär chirurgisch: Vitrektomie,
subtotale Kapselentfernung,
VIT-Ab1
posttraumatisch
hohe Keimzahl, atypische
Erreger, ± Fremdkörper
schwerste Verlaufsformen
primär chirurgisch: Vitrektomie
± Traumaversorgung, VIT-Ab*,
IV-Abº (ggf. topisch, periokular)
Problemfälle mit
Rezidiv
atypische oder resistene
Bakterien, Pilze
ggf. Persistenz in Nischen
(Kapselsackreste)
Endophthalmitisrezidiv nach
initialer Infektionskontrolle
durch Vitretomie/VIT-Ab*
primär chirurgisch: Revitrektomie, komplette Kapsel- und IOLEntfernung, VIT-Ab oder primär
fungizide Therapie
endogen
Bakterien oder Pilze
± Allgemeinerkrankung
interdisziplinäre Diagnose
u. Therapie2: primär antiinfektiös (IV, oral), sekundär chirurgisch
* VIT-Ab=intravitreale Antibiotikagabe
° IV-Ab = intravenöse/systemische Antibiotikagabe
1
vgl. Clark et al. 1999
2
vgl. Jackson et al. 2003
Endophthalmitis Vitrectomy Study Group. Results of the Endophthalmitis Vitrectomy Study (A randomized trail of immediate vitrectomy and of intravenous antibiotics for the treatment of postoperative bacterial endophthalmitis. Arch Ophthalmol. 1995;113:1479–1496.
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Leitlinie zur Prophylaxe und Therapie von Endophthalmitiden:
http://www.dgii.org/publikationen/LeitlinieEndophthalmitis_2005.pdf
8
8.3
Stumpfes Bulbustrauma
Abkürzung: –
Engl.: blunt trauma, eyeball contusion, posterior segment
trauma
Synonyme, alte Bezeichungen: nichtpenetrierende Augenverletzung, Contusio bulbi
J. Wachtlin
Definition
Beim stumpfen Bulbustrauma entstehen durch den
Druckanstieg und die Verformung des Bulbus infolge der
mechanischen Gewalteinwirkung multiple Verletzungen
im Auge bis hin zu einer Ruptur. Das stumpfe Trauma wird
in der Standardklassifikation des okulären Traumas (Kuhn
1996) gegenüber dem scharfen, perforierenden oder penetrierenden Trauma abgegrenzt (Kap. 8.1). Beim stumpfen Bulbustrauma gibt es keinen intraokularen oder
aus: Kellner/Wachtlin, Retina (ISBN 9783131438812) © 2008 Georg Thieme Verlag KG
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