Sterne (4) Vorstellungen über Sterne… Was Sterne eigentlich „sind“ war in der antiken Welt kein Thema. Nach der Theorie der „Kristallsphären“, die im Spätmittelalter sehr populär war (z.B. Chalcidius , 5. Jhd.), waren die Sterne an der „stellaren Sphäre“ fest angeheftet -> Fixsterne. 350 v.Chr. Eudoxos (~400 - 350 v.Chr.) erstellte die erste ernsthafte, auf Positionsmessungen beruhende Himmelskarte 134 v.Chr. Hipparch sah im Jahre 134 einen Stern im Sternbild Skorpion, den er meinte noch nie dort gesehen zu haben daraufhin beschloß er die Anfertigung eines Sternkatalogs mit genauen Koordinatenangaben. Im Vergleich zu älteren Sternbeobachtungen entdeckte er, daß sich alle Sterne entgegen ihrer täglichen Bewegung ganz langsam von West nach Ost bewegen. Damit entdeckte er die Äquinoktialpräzession (Vorrücken der Tag- und Nachtgleiche). Weiterhin erfand er eine sechsstufige Skala für Sternhelligkeiten Erst zu Beginn der Neuzeit verbreitete sich die Meinung, daß die Sterne vielleicht etwas Analoges wie die Sonne sein könnten, die nur so weit entfernt sind, daß man sie lediglich als Punktlichtquellen wahrnehmen kann. Da die Sterne unterschiedlich hell sind, sind sie vielleicht unterschiedlich weit entfernt (G. Bruno). Sterne galten im Unterschied zu Sonne, Mond und Planeten als am Himmel unbeweglich, weshalb man sie auch Fixsterne nannte. Diese Anschauung begann im 17. Jahrhundert zu wanken: 1. Entdeckung von „Neuen Sternen“: Tychos Supernova von 1572; Kepler Supernova von 1604 2. Entdeckung der ersten veränderlichen Sterne: Mira 1639 (Holwarda, Fabricius), Algol 1669 (Montanari); Chi Cygni 1687 (G. Kirch); R Hydrae 1704 (Maraldi) 3. Entdeckung der Eigenbewegung der Sterne 1718 durch E.Halley; gemessen 1728 durch Bradley initiierte die Suche nach Sternen mit besonders großer Eigenbewegung, da sie als beste Kandidaten für die Lösung des Problems der Fixsternparallaxen angesehen wurden (Herschel, 1783 -> entdeckte anhand von 14 Sternen den Apex der Sonnenbewegung) Bereits im 18. Jahrhundert waren sich die Gelehrten einig, daß Sterne „ferne Sonnen“ sind, die sich autonom durch den kosmischen Raum bewegen. Was noch fehlte, war die Bestimmung ihrer Entfernung. Eigenbewegung von Barnard‘s Stern zwischen 2001 und 2009 10,3“ pro Jahr - Parallaxe 545 mas - Entfernung 5.98 Lj Die erste Messung der Entfernung eines Sterns: 1838 Alle Versuche, die Fixsternparallaxe zu messen, waren bis dato fehlgeschlagen. James Bradley versuchte sie zu messen und entdeckte die Aberration des Sternlichts; Wilhelm Herschel versuchte sie zu messen und entdeckte optische und physische Doppelsterne sowie die Eigenbewegung des Sonnensystems gegenüber dem Sternhimmel. Die Messung einer Fixsternparallaxe war „das“ Ziel der beobachtenden Stellar-Astronomie des beginnenden 19. Jahrhunderts und wurde von einer ganzen Anzahl von Astronomen betrieben… 1. Parallaxenmessung: Thomas James Henderson (1798-1844) Er beobachtete zwischen 1830 und 1833 am britischen Observatorium am Kap der Guten Hoffnung intensiv die Position von Alpha Centauri, der durch seine Eigenbewegung von 6.1 Bogenminuten pro Jahrzehnt (!) äußerst auffällig war. Aus seinen Beobachtungen schloß Henderson auf eine Parallaxe von 1.16“, was einer Entfernung von ~3 Lj entsprach. Da er seine Ergebnisse jedoch erst nach Bessel im Jahre 1839 veröffentlichte, gilt weiterhin Friedrich Wilhelm Bessel als der Astronom, der einigermaßen sicher die erste Sternentfernung bestimmt hat. 2. Parallaxenmessung: Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846) und 61 Cygni Eigenbewegung ~ 5“ / a Große Eigenbewegung impliziert geringe Entfernung zur Sonne Heliometer Friedrich Wilhelm Bessel (1784 Minden – 1846 Königsberg) 1813: 1818: 1838: 1844: Bestimmung der Präzessionskonstanten Sternkatalog (Lilienthal) Parallaxe 61 Cygni Unsichtbare Begleiter von Sirius und Prokyon Mathematik: Bessel-Funktionen Geodäsie: Vermessung Ostpreußens 3. Parallaxenmessung: Georg Wilhelm von Struve (1793-1864) und die Wega 9.5 Zoll Fraunhofer-Refraktor 1824 Dorpat Die ersten Parallaxenmessungen zeigten zum ersten mal quantifizierbar, daß der kosmische Raum unermeßlich groß ist. Weiterhin beweisen sie, daß Sterne etwas Analoges zur Sonne sind – oder anders ausgedrückt: Die Sonne ist ein Stern – von denen es hunderte Millionen am Sternhimmel gibt… Wenn man die Sonne beobachtet, erfährt man auch etwas über die Eigenschaften der Sterne Fragestellung zur Sonne im 18. und 19. Jahrhundert: Wie weit ist die Sonne von der Erde entfernt Wie heiß ist es auf der Sonne? Was stellen die Sonnenflecken dar? Was „heizt“ die Sonne? Warum ist der Sonnenrand dunkler als die Mitte? Aus was besteht die Sonne? Wilhelm Herschel und das Sonnenspektrum Entdeckung der unsichtbaren „Infrarotstrahlung“ im Anschluß an das rote Ende des Sonnenspektrums. Ein Jahr später (1801) entdeckte der deutsche Physiker Johann Wilhelm Ritter (1776-1810) die UV-Strahlung am violetten Ende des Sonnenspektrums (Schwärzung von Silberchloridpapier) Joseph Fraunhofer und die Spektrallinien Unabhängig von William Hyde Wollaston entdeckte Fraunhofer 1814 die nach ihm benannten fraunhoferschen Linien im Sonnenspektrum. Er erfand 1814 das Spektroskop. Außerdem führte er als erster Experimente zur Beugung von Licht an optischen Gittern durch (fraunhofersche Beugung). Seine Erkenntnisse auf diesen Gebieten nutzte Fraunhofer, um die Materialeigenschaften (Brechzahl) optischer Gläser mit einer wesentlich gesteigerten Genauigkeit zu messen. Mit diesem Wissen gelang es ihm, bessere Objektive zu fertigen, als es vor ihm möglich gewesen war. Joseph von Fraunhofer (1787-1826) Kirchhoff und Bunsen bereiten die astronomische Spektralanalyse vor Gustav Kirchhoff und Robert Bunsen Gustav Kirchhoff (1824-1887) und Robert Bunsen (1811-1899) untersuchten das Zustandekommen von Spektrallinien und begründeten damit die Spektroskopie. Die Spektralanalyse erlaubte zum ersten Mal die Stoffe, aus denen Sterne oder Gasnebel bestehen, zu bestimmen. Entwicklung der Astronomischen Spektroskopie Noch Auguste Comte (1798-1857) schrieb in seiner Schrift Traité philosophique d'astronomie populaire, daß der Aufbau und die Funktionsweise der Sterne für immer ein Rätsel bleiben werden… (er kannte das Lehrbuch von Kippenhahn und Weigert noch nicht…) Etablierung der astronomischen Spektralanalyse durch einen Liebhaberastronomen William Huggins (1824-1910) Margaret Lindsay Huggins (1848-1915) W Huggins baute für seine Privatsternwarte einen Refraktor mit 20 cm Öffnung und beobachtete damit als Erster Sterne und Nebel durch ein Spektroskop. Sie beobachteten zuerst visuell, danach photographisch Sternpektren… Mit der Spektralanalyse und der Theorie, die dahinter steckt (die Quantentheorie) war das Tor zur Erforschung der Physik der Sterne aufgestoßen.