Chlamydophila psittaci Chlamydophila psittaci: Einschlusskörperchen gefüllt mit runden Elementar- (klein) und Retikularkörperchen (groß). Allgemeine Angaben Name (Synonym): Chlamydophila (Chlamydia) psittaci; griech. chlamys, chlamydis: Mantel, Umhang; griech. phila: Freundin; griech. psittacos: Papagei Ordnung Chlamydiales, Familie Chlamydiaceae Erstbeschreibung: (Lillie 1930; Page 1968) Pathovarietäten: aviäre und nicht aviäre Stämme Typstamm: ATCC VR-125 (Stamm 6BC); Referenzstamm ATCC VR-351 (Stamm Texas Turkey) aviäre Stämme RG 3; nicht aviäre Stämme RG 2 (EU, BioStoffV, GenTSV) Risikogruppe: Konsiliar-/Referenzlabor: Institut für Medizinische Mikrobiologie am Klinikum der FSU Jena (Prof. Dr. E. Straube) – nur C. trachomatis und C. pneumoniae Molekularbiologie, Morphologie und Physiologie Morphologie: Vorkommen in 2 Formen: Elementarkörperchen (Durchmesser 0,2 – 0,4 µm) mit vollständiger Gram-negativer Zellwand; Retikularzellen (Initialkörperchen) (Durchmesser 0,6 – 1,5 µm) mit labiler Zellwandstruktur, osmotisch instabil Physiologie: obligat intrazellulär (Energieparasit) in warmblütigen Wirtsorganismen (mesophil) – Anzüchtung des Erregers in der Zellkultur möglich Natürlicher Standort Obligat parasitär/intrazellulär Wirtsbereich: papageienartige Vögel, aber auch andere Vogelarten (z. B. Tauben, Geflügel), seltener Säugetiere einschließlich des Menschen Pathogenität Obligat pathogen für: Vögel (z. B. Papageien, Tauben) einschließlich Geflügel und verschiedene Säugetiere wie Schafe, Ziegen, Rinder und u. a. (respiratorische Infektionen und Aborte); beim Menschen fördert Abwehrschwäche das Angehen der Infektion Pathogenitätsfaktoren/Pathogenese: äußere Membranproteine (OMP) der infektiösen Elementarkörperchen als Adhäsine; nach Bindung an Wirtszellrezeptor über OMP Endozytose-Induktion; Lipopolysaccharid der Elementar-körperchen mit Endotoxin-Wirkung Infektiöse Stadien: Elementarkörperchen mit rigider Zellwand durch Stabilisierung der „outer membrane“(Retikularzellen sind metabolisch aktiv, aber nicht infektiös) Krankheit Bezeichnung: Inkubationszeit: Symptome: Ornithose (Psittakose) 1 – 3 Wochen atypische Pneumonie (Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen; teils Übergreifen auf Herz (Myokarditis), zentrales Nervensystem (Enzephalitis) oder Leber (Hepatitis) Schwere, Verlauf und Prognose: Verlauf tödlich bis fast asymptomatisch mit unterschiedlicher Dauer (bis zu mehreren Wochen mit Erregerpersistenz) Komplikationen/Folgekrankheiten: Generalisierung (Perikarditis, Perihepatitis, Peritonitis, Aszites, Enzephalitis) Pathologie: Interstitielle Pneumonie, Infiltration mit mononukleären Zellen, Nekrose des betroffenen Gewebes (Leber und Milz besonders häufig geschädigt) Diagnose: klinische Symptomatik unspezifisch („atypische“ Pneumonie), Erreger im mikrobiologischen Labor schwer anzüchtbar; beträchtliche Infektionsgefahr beim Arbeiten mit Kulturen. Diagnostische Standardverfahren: Ornithose-Komplementbindungsreaktion, ELISA (beide nicht C. psittaci-spezifisch), Mikroimmunfluoreszenztest (spezifisch), Gensonden oder PCR Therapie: spezifisch antimikrobiell mit Tetracyclinen für 2 – 3 Wochen, alternativ mit Makroliden (z. B. Erythromycin) oder Chinolonen. Natürliche Resistenz gegen viele andere Antibiotika. Prophylaxe (Prävention): aktive oder passive Immunisierung nicht möglich; Chemoprophylaxe beim Menschen unüblich, bei importierten Vögeln als Routineverfahren während einer 30 bis 45-tägigen Quarantäne empfohlen; PSA bei Arbeit mit Vogelkot-Kontakt; sorgfältige Desinfektion der Käfige infizierter Vögel; Chemotherapie infizierter Tiere (soweit sie nicht getötet werden), Ausmerzung infizierter Tierbestände, Einfuhrkontrollen. 1 Stand: 12/2007 Epidemiologie Übertragungswege und Eintrittspforten: aerogen durch Inhalation von feinen Staubpartikeln (Aerosole), welche Elementarkörperchen aus Kot oder Sekreten infizierter Tiere enthalten (Zooanthroponose); äußerst selten vielleicht auch durch unmittelbaren Tierkontakt oder Tierbiss Erregerreservoire: chronisch infizierte Vögel und andere Wirbeltiere Anthropozoonose: Übertragung vom Tier auf den Menschen (Zooanthroponose) Inzidenz/Prävalenz: beim Menschen niedrig, bei Vögeln z. T. hoch; sporadisches Auftreten beim Menschen, epizootisch evtl. auf Geflügelfarmen; enzootisch weltweit bei Vögeln und anderen Tierarten Mortalität/Letalität: beim Menschen bei rechtzeitiger Behandlung niedrig, bei Tieren unterschiedlich Widerstandsfähigkeit – Tenazität Trocknungsresistenz: Elementarkörperchen ähneln in gewissem Umfang bakteriellen Endosporen und sind somit ausgesprochen trocknungsresistent Antibiotikaresistenz: partielle Resistenz gegen Zellwandsynthese-hemmende Substanzen; Klinisch Resistenz gegen alle Antibiotika, die keine ausreichende Konzentration in den Körperzellen erreichen. Erworbene Resistenz nur gegenüber Rifampicin vermutet. Arbeits- und Gesundheitsschutz/Gefährdungsbeurteilung Schutzstufe/Sicherheitsstufe: Schutzstufe 3 nach BioStoffV bzw. Sicherheitsstufe 3 nach GenTSV für aviäre Stämme; Schutzstufe 2 nach BioStoffV bzw. Sicherheitsstufe 2 nach GenTSV für nicht aviäre Stämme Gefährdende Tätigkeiten/Expositionssituationen: enger Kontakt mit infizierten Tieren (z. B. Tierärzte, Tierhaltung in der Wohnung); Ausmisten von Tierställen oder Legebatterien; Reinigung von Käfigen infizierter Tiere; Dachsanierung (Taubenkot); Aerosolentstehung im Labor (z. B. durch undichte Zentrifugen oder Zentrifugengefäße im Sinne einer technischen Störung) Spezielle tätigkeitsbezogene Sicherheitsmaßnahmen: Vermeidung von Aerosolbildung, evtl. Atemschutz bzw. Schutzhandschuhe (Bissverletzungsgefahr); Lagerung stets in aerosoldichten Behältnissen; Transport stets in bruchsicheren Behältnissen (Beachtung der besonderen Verstäubungsgefahr von Lyophilisaten und der Trocknungsresistenz der Elementarkörperchen), für außerbetrieblichen Transport zusätzlich zur Verwendung eines bruchsicheren Primärbehältnisses die Transportvorschriften für Organismen der Kategorie A (Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn – GGVSE) beachten; wegen der Trocknungsresistenz der Elementarkörperchen unbedingt ausreichende Einwirkzeit und korrekten Wirkstoffgehalt von Desinfektionsmitteln einhalten (alkoholische Kombinationspräparate für die Händedesinfektion, aldehydische Präparate für die Flächendesinfektion); möglichst Sterilisation aller potenziell kontaminierten Gegenstände; Vernichtungssterilisation durch Autoklavieren Persönliche Schutzausrüstungen (PSA): Schutzkleidung und Atemschutz (FFP3) bei Arbeiten mit infizierten Tieren oder Reinigungs- und Sanierungsarbeiten mit Kontakt zu Vogelkot; Atemschutz in Laboratorien in Abhängigkeit von den Arbeitsabläufen Berufsbedingte Erkrankungen: bei Personen mit beruflichem Tierkontakt oder Kontakt mit Vogelkot (z. B. Zoohändler, Taubenzüchter, Importeure von Ziervögeln, Arbeiter auf Hühnerfarmen, Tierärzte, Personal in Laboratorien, in denen C. psittaci kultiviert wird); besonders gefährdet sind abwehrgeschwächte Personen Sofortmaßnahmen bei Unfällen/Erste Hilfe: bei Freisetzung von Aerosolen sofortiges Verlassen des Raumes unter Zurücklassung oder Desinfektion der Schutzkleidung mit Peressigsäure-Lösung, Raumdesinfektion (Formalinbegasung), prophylaktische Gabe von Tetracyclinen für mind. 14 Tage ist zu erwägen Arbeitsmedizinische Vorsorge: siehe § 15 und § 15a BioStoffV, bei gezielten Tätigkeiten (Kultivierung von C. psittaci) ist im Rahmen einer Erstuntersuchung der serologische Status zu bestimmen (TRBA 310) Andere gesetzliche Regelungen: Meldepflicht nach §7 IfSG (direkter oder indirekter Nachweis des Erregers) Literatur Adam, D., Doerr, H.W., Link, H., Lode, H. (Hrsg.): Die Infektiologie, Springer, Berlin-Heidelberg 2004 Collier, L., Balows, A., Sussman, E. (Eds.): Topley & Wilson´s Microbiology and Microbial Infections, Vol. 3, 9th Ed., Arnold, LondonSydney-Auckland 1998 Hahn, H., Falke, D., Kaufmann, S.H.E., Ullmann, U. (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 4. Aufl., Springer, BerlinHeidelberg 2001 Köhler, W., Eggers, H.J., Fleischer, B., Marre, R., Pfister, H., Pulverer, G. (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie, 8. Aufl., Urban & Fischer, München-Berlin 2001 Lillie, R.D. Psittacosis-rickettsia-like inclusions in man and in experimental animals, Public.Health Report 45, 773-778, 1930 Page, L.A., Proposal for the recognition of two species in the genus Chlamydia Jones, Rake, and Stearns, 1945, Int. J. Syst. Bacteriol. 18 (1), 51-66, 1968 Yu, V.L., Weber, R., Raoult, D. (Eds): Antimicrobial Therapy and Vaccines, Vol. I: Microbes, 2nd Ed., Apple Trees Prod., LLC, New York 2002 2 Stand: 12/2007