Psychopharmaka – Mythos und Wirklichkeit B. Müller-Oerlinghausen o.M. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, . Freie Universität und Charité Universitäts-Medizin Berlin . Jahrestagung der DGN, Mannheim 2016 Deklaration zu Interessenkonflikten des Vortragenden • Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ) bei der Bundesärztekammer • Mitglied im Fachausschuss „Psychiatrie“ sowie „Transparenz und Unabhängigkeit“ der AKdÄ • Mitglied im Expertenbeirat „Arzneimittel“ der Stiftung Warentest • Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Fa. STADA zum Thema Antidepressiva - Pharmakogenetische Tests • Stand : 15.9.2016. AKdÄ (Hsgb.)„Arzneiverordnungen“ (1952) • • • • • • • • • Kaliumbromid „Roborantien“ und Appetittanreger Phenyläthylbarbitursäure („Luminal“) Bromdiäthylacetylharnstoff („Adalin“) Opium pulveratum („Laudanum“ 1,0 = 0,60 DM ) Scopolaminum hydrobromicum Paraldehyd Chloralum hydratum Pyrifer ( zur Fieberkur ) AKdÄ (Hsgb.)„Arzneiverordnungen“ 12.Auflage (1971) • • • • • Psychopharmaka: Neuroleptika (Neuroplegica) Antidepressiva ( Thymoleptica) Ataraktika (Tranqulizer ) Psychotonika („Psychoenergetika“) Begleittext : „… Kritische Indikationsstellung ! Kombinationen vermeiden ( tunlichst höchstens zwei !) . Bei der gerade auch außerhalb der Psychiatrie so häufigen Anwendung von Ataraktika und Psychoenergetika sollten.. bei labilen Persönlichkeiten strengere als die üblichen Maßstäbe angelegt werden ….!“ Folie 5 Hippokrates (?) - Galen : OPUS DIVINUM EST SEDARE DOLOREM.– OPIUMSAFT – ALKOHOL - BILSENKRAUT – HOPFEN JOHANNISKRAUT „NEPENTHES „ (HOMER : FREI VON KUMMER. ) Homer: Odyssee 4 : Nepenthes = frei von Kummer Siehe,sie warf in den Wein, wovon sie tranken,ein Mittel Gegen Kummer und Groll und aller Leiden Gedächtnis. Kostete einer des Weins mit der Würze gemischet, Dann benetzt den Tag ihm keine Träne die Wangen, Wär ihm auch sein Vater und seine Mutter gestorben, Würde vor ihm sein Bruder und sein geliebtester Sohn mit dem Schwerte getötet………. Meilensteine in der Entwicklung von Psychopharmaka. A Vor 1950 • Ab 1500 • 1857 • • • • • • • • 1871 1882 1884 1886 1903 1915 1920 1933/34 Campher, Pflanzliche alkohol. Extrakte Bromsalze ( bei „hysterischen Unruhezuständen“ ) Amylnitrit, Choralhydrat Paraldehyd als Schlafmittel Kokain (Sigmund Freud) ??......... Veronal ( Fischer ) Luminal für Dauerschlaf Somnifen dto. ( Klaesi ) Insulin/Cardiazol zur Schocktherapie. Meilensteine in der Entwicklung von Psychopharmaka. B Ab 1950 • • • • • 1945/50 1952 1954 - 1960 1955 1956/57 • 1958 • 1958 • 1958 • 1958 Meprobamat entdeckt ( Ludwig// Berger) Chlorpromazin, erstes „Neurolepticum“ Reserpin Markteinführung von Meprobamat („Miltown“) Entdeckung der antidepressiven Wirkung von Imipramin. ( Roland Kuhn ) Bestätigung der Tranquilizereigenschaft von Chlordiazepoxid im Selbstversuch (Sternbach ) MAO-Hemmer Marsilid (antidepressiv wie Iproniazid= Tuberculostat.) Haloperidol ( Paul Janssen ) „Tofranil“ zunächst als „Thymolepticum“ am Markt Leo Leo Sternbach Die Ära der „Antidepressiva „ beginnt…. Nur Segen , oder auch Unheil ? Wie wirksam sind sie eigentlich ? Meilensteine in der Entwicklung von Psychopharmaka. B Ab 1950 • • • • • 1945/50 1952 1954 - 1960 1955 1956/57 • 1958 • 1958 • 1958 • 1958 Meprobamat entdeckt ( Ludwig// Berger) Chlorpromazin, erstes „Neurolepticum“ Reserpin Markteinführung von Meprobamat („Miltown“) Entdeckung der antidepressiven Wirkung von Imipramin. ( Roland Kuhn ) Bestätigung der Tranquilizereigenschaft von Chlordiazepoxid im Selbstversuch (Sternbach ) MAO-Hemmer Marsilid (antidepressiv wie Iproniazid= Tuberculostat.) Haloperidol ( Paul Janssen ) „Tofranil“ zunächst als „Thymolepticum“ am Markt Roland Kuhn Meilensteine in der Entwicklung von Psychopharmaka. B Ab 1950 • • • • • 1945/50 1952 1954 - 1960 1955 1956/57 • 1958 • 1958 • 1958 • 1958 Meprobamat entdeckt ( Ludwig// Berger) Chlorpromazin, erstes „Neurolepticum“ Reserpin Markteinführung von Meprobamat („Miltown“) Entdeckung der antidepressiven Wirkung von Imipramin. ( Roland Kuhn ) Bestätigung der Tranquilizereigenschaft von Chlordiazepoxid im Selbstversuch (Sternbach ) MAO-Hemmer Marsilid (antidepressiv wie Iproniazid= Tuberculostat.) Haloperidol ( Paul Janssen ) „Tofranil“ zunächst als „Thymolepticum“ am Markt Meilensteine in der Entwicklung von Psychopharmaka. C Ab 1960 • • 1960 1962 • • 1968 1971 • • • • • • • 1972 1982 1988 1990 1992 1996 1989/98 „Librium“ („Sonnenbrille für die Psyche“…) Erste klin. Prüfung von Clozapin ( Angst ,Helmchen, Hippius, Stille ) Sulpirid ( „Breitbandneurolepticum“?“…. ) Erste japanische Arbeiten zu psychotropen Effekten von Carbamazepin Clozapin („Leponex“) in A und CH am Markt. Zimelidin , erster SSRI Fluoxetin als „Prozac“ in USA am Markt Fluoxetin als „Fluctin“ in D zugelassen Paroxetin in D zugelassen Einführung von Olanzapin („Zyprexa“) grössere Studien zum Wirkungsprofil von Carbamazepin ( Okuma .., Greil..,Post… Eingeschränkte Zulassung zur Rezidivprophylaxe Verordnungen von Antidepressiva Arzneiverordnungs-Report 2016 Vermindern Antidepressiva die Dauer von Fehltagen (AU) wegen Depression? • In mehreren Ländern wurde beobachtet, dass nach Einführung der SSRI Die Zahl von AU-Tagen wegen Depression dramatisch anstieg : • - In UK : 1984 : 38 Mio; 1999 : 117 Mio ( wegen depress. and neurotic disorder) • In Island zwischen 1976 und 2000 Verdopplung des Prozentsatzes der Bevölkerung mit AU wegen Depression . • In USA innerhalb der 90er Jahre Verdreifachung des Teils der arbeitenden Bevölkerung, die angeben, durch Depression arbeitsunfähig geworden zu sein. Klinikum Saarbrücken Erfinden von Erkrankungen „disease mongering“ Klinikum Saarbrücken „Disease mongering definiert normale Alltagsbeschwerden Daniel Grandt zu medizinischen Problemen um, bezeichnet milde Symptome als ernsthaft, medikalisiert persönliche Probleme, ....und manipuliert Häufigkeitsdaten, um Märkte zu schaffen“ Kirsch, Sapirstein: Listening to Prozac but Hearing Placebo: A Meta-Analysis of Antidepressant Medication. Prevention & Treatment, 1998: 1, Article 0002a Suizidalität unter Antidepressiva insbesondere SSRI und NSNRI Bekanntmachung der AKdÄ im DÄ 2005: UAW-Ausschuss diskutiert suizidale Handlungen, die 1990 bis 2004 gemeldet waren: Insgesamt 1.588, davon 111 unter Trizyklika, 337 unter SSRI / Venlafaxin Unter allen Meldungen zu psychiatrischen Reaktionen von SSRI war Suizidalität häufigst genannt, gefolgt von Nervosität, Agitiertheit, Verwirrung, Angst. Nur 4% der Meldungen betrafen Altersklasse unter 19 Jahren. (Altersgipfel zwischen 30 und 49 Jahre) In vielen Fällen zuvor niemals Suizidalität beobachtet. Sie wird als ausgesprochen ich-fremd und dranghaft erlebt. Typisches Prodrom ist psychomotorische Unruhe. Folie 21 SSRI-Antidepressiva : Faszinierendes globales Marketing • Plausibler Wirkungsmechanismus : antagonisiert angeblichen „Serotoninmangel“ bei Depression, Angst, Zwangsstörung usw. • Gehirnwäsche der Ärzteschaft und Öffentlichkeit. • Skrupelloses Marketing und Lobbying. • Manipulation von Studien- Daten. Bestechung von Zulassungsbehörden und ihren Experten. • Einfluss auf psychiatrische Diagnosesysteme. „Disease mongering“ • Auch hohe Strafen wegen irreführender Werbung, Überverordnung bei Kindern und Jugendlichen usw. schrecken nicht ab. 22 Kritische Literatur zur Geschichte der Psychopharmaka, insbesondere auch Antidepressiva • Robert Whitaker (Autor von „Mad in America“): The Anatomy of an Epidemic. ( 2010 ) • Peter und Sabine Ansari : Unglück auf Rezept. ( 2016 ) • Peter Gøtzsche : • Tödliche Psychopharmaka und organisiertes Leugnen ( 2013/2016 ) Kosmetische Psychopharmakologie 1994 Peter Kramer : Listening to Prozac. SSRI-“Antidepressiva“ für „gesunde“ Menschen . Persönliche Freiheit ! Keine Abhängigkeit von der Droge. :-) und $ Folie 26 Folie 27 Zeit der Entzauberung 2008 bis heute Demythologisierung… ? Giovanni A.Fava (Bologna/Boston) • Verschlechtert die Langzeitbehandlung mit Antidepressiva den individuellen Verlauf der (unbehandelten) Depression? • J Clin Psychiatry 64:123 – 133 (2003) APA Meeting 2008 Guy Goodwin : „The manic depressive illness has been altered…The illness is not what Kraepelin described before ,and the biggest factor ..is that most patients…get an antidepressant before they ever get exposed to a mood stabilizer..“ Robert Post : „So what the hell should we be doing ?“ Nassir Ghaemi : „ Diagnosis _ not druggery !“ Can fifty thousand psychiatrists be wrong?—I think that the answer is yes, probably.“ Nutzen antidepressiver Medikation ? • Naturalistische Studie STAR D • Warden et.al. (2007) 4000 „echte“ Patienten, mittelschwere Depression Dennoch : weniger als 20 % unter Antidepressiva über 1 Jahr ohne Symptome und mit Wohlbefinden. Mehrheit entwickelte chronischen Verlauf mit Restsymptomatik zwischen den Phasen. Pressemitteilung der DGPPN vom 6. März 2013 Antidepressiva helfen Selbstmorde zu verhindern ? Die antidepressive Behandlung senkt die Suizidalität – das wurde insbesondere für SSRIs belegt. Eine Erhöhung der Suizidrate und ‐versuchen durch Antidepressiva ? ist hingegen nicht bewiesen.Patienten können nicht aufgrund, sondern trotz der Behandlung mit SSRI Suizidtendenzen entwickeln oder suizidal handeln. Bei den allermeisten zeigt die Behandlung jedoch die gewünschte Wirkung. Das ist für ? Erwachsene eindeutig durch empirische Forschung belegt. …. „Wechselwirkungen von Psyche und Psychopharmaka sind niemals vollständig berechenbar.Deshalb ist der regelmäßige Kontakt zwischen behandelndem Arzt und Patient essentiell: Bei jedem Patienten ist die Therapie sorgfältig nach Nutzen und Risiken abzuwiegen und zu überwachen – das gilt für SSRIs, aber auch für alle anderen Arzneimittel und Therapien“, so DGPPN‐Präsident Professor Wolfgang Maier . Existiert wissenschaftlicher Beleg, dass Antidepressiva das Suizidrisiko senken? NEIN ! Sechs negative kontrollierte Studien: 1. Gunnell D, Saperia J, Ashby D (2005) Selective serotonin reuptake inhibitors (SSRIs) and suicide in adults: meta-analysis of drug company data from placebo controlled, randomised controlled trials submitted to the MHRA’s safety review. BMJ 330:385-389 2. Hammad TA, Laughren TP, Racoosin JA (2006) Suicide rates in short-term randomized controlled trials of newer antidepressants. J Clin Psychopharmacol 26:203-207 3. Khan A, Khan S, Kolts R, Brown WA (2003) Suicide rates in clinical trials of SSRIs, other antidepressants, and placebo: analysis of FDA reports. Am J Psychiatry 160:790-792 4. Khan A, Khan SR, Leventhal RM, Brown WA (2001) Symptom reduction and suicide risk in patients treated with placebo in antidepressant clinical trials: a replication analysis of the Food and Drug Administration Database. Int J Neuropsychopharmacol 4:113-118 5. Khan A, Warner HA, Brown WA (2000) Symptom reduction and suicide risk in patients treated with placebo in antidepressant clinical trials: an analysis of the Food and Drug Administration database. Arch Gen Psychiatry 57:311-317 6. Fergusson D, Doucette S, Glass KC, Shapiro S, Healy D, Hebert P, Hutton B (2005) Association between suicide attempts and selective serotonin reuptake inhibitors: systematic review of randomised controlled trials. BMJ 330:396-402 Faktoren erfolgreicher Mythenbildung • Scheinbar plausible,aber dennoch nicht bewiesene Hypothesen zur biolog.Basis der Depression („ imbalance of transmitters“ etc.) • Fixierung und Nutzung unbewiesener Hypothesen durch BigPharma: Serotoninhypothese als Mädchen für alles – jahrzehntelange Hirnwäsche der Profession. • Erfinden von Krankheiten ( Sissi – Syndrom etc.) • Simplifizierung und Aufweichung des Depressionskonzepts durch moderne Diagnosesysteme… Mythenbildung Forts. • Deprofessionalisierung des Psychiaterberufs. Marginalisierung sozialpsyxchiatr. Aspekte • Problematische Rolle ärztlicher Meinungsbildner im Spagat zwischen primären und sekundären Interessen • Einbindung eines großen Teils der Medien in die kommerziellen Ziele von BigPharma • „oralisierte“ Konsumgesellschaft. ( vgl,. Erich Fromm“:Haben und Sein“.) Warum wird Kritik an Psychopharmaka innerhalb der Profession tabuisiert ? • Psychopharmaka sind das Medium therapeutischen Ko9ntakits geworden • Psychopharmakaverordnung definiert quasi die Existenz einer psychischen Erkrankung • Verschreibung von Psychopharmaka schafft die nötige Distanz von Therapeut und Patient • Psychopharmaka etablieren den Anspruch der Zuständigkeit der Psychiatrie für psychische Erkrankungen ( nur Ärzte können verordnen ) Finis Einige Probleme der gegenwärtigen Neuroleptika-Verordnung 1. Zunehmende Verordnung bei Älteren, Pflegeheimbewohnern etc. 2. Zunehmende Verordnung bei Kindern und Jugendlichen 3. Zunehmende Verordnung bei Patienten mit affektiven Störungen 4. Zunehmende Tendenz zur Kombination mit anderen Psychopharmaka incl. weiteren Neuroleptika. 5. Häufiger „off-label“ Einsatz, d.h. bei nicht zugelassenen Indikationen 6. Ungerechtfertigte Präferierung „atypischer“ Neuroleptika ohne kritische Bewertung ihres tatsächlichen Nutzen-Risiko-Kosten-Quotienten. „Atypische“ Neuroleptika sind keine Stimmungsstabilisierer • Ihre zunehmende Anwendung ist induziert u.a. durch eine inakzeptable Ausweitung des Konzepts der bipolaren Störung. • Die ubiquitäre Verordnung als akute anxiolytische, sedierende, antidepressive Zusatzmedikation geht häufig konzeptlos in LZM über. • Ihre echte Langzeitwirksamkeit ist unbekannt. (Studien methodisch inadäquat, Ergebnisse bei unkritischer Interpretation irreführend) • Ihre Nebenwirkungen sind bedenklich v.a. im Hinblick auf die per se schon bestehende kardiovaskuläre Exzessmortalität affektiver Störungen.Malhi et.al., Bipol Dis 2011 Steigende Antipsychotika VO für Kinder – als Folge von Interessenkonflikten ? • TK: die Zahl der 6-17 jährigen Versicherten, die Risperidon erhalten, hat sich 2006-2010 mehr als verdoppelt. DÄ 4.11.2011 • USA: 3 bekannte Kinder-Jugendpsychiater von Harvard Med. School bzw. Massachusetts Gen. Hosp. (Prof.Bierman u.a.) sind wegen nicht deklarierter intensiver Industriebindungen (Eli Lilly, Pfizer, GSK u.a.) und daraus resultierender Einnahmen in Millionenhöhe von der Fakultät bestraft worden. Sie sollen entscheidend dazu beigetragen haben, dass in 10 Jahren die Diagnose einer bipolaren Störung bei Kindern um das 40-fache zugenommen hat und die VO von atypischen Neuroleptika bei dieser Altersgruppe dramatisch angestiegen sind. www.pharmalot.com. www.pharmalot.com( Ed.Silverman, 2.7.2011 ) Antidepressiva senken nicht Suizidrisiko Sechs kontrollierte Studien an depressiven, freilich auch nicht ausgesprochen suizidalen Patienten zeigen keinen Unterschied der Häufigkeit suizidaler Handlungen zwischen Plazebo und Antidepressivum, also keinen Nutzen in Hinsicht auf Verringerung des suizidalen Risikos, aber auch kein Risiko in Hinsicht auf Induktion suizidaler Handlungen durch Antidepressiva. Gunnell et.al.2005 Aber: Sorgfältige Fallberichte und Nebenwirkungsmeldungen (z.B. AKdÄ, AMSP u.a.) belegen eindeutig das de novo Entstehen suizidaler Handlungen.…. (Ebenso frühe SSRI–Zulassungsdaten) Erkennt pharmazeutische Industrie die Zeichen der Zeit? - Seit vielen Jahren keine reale Innovation auf dem Antidepressiva-Markt - GSK hält “die Entwicklung von Antidepressiva nicht mehr für aussichtsreich” - Astra Zeneca stoppt die Entwicklung von Antidepressiva und Anxiolytika Lithium – ein Beispiel für wirksame Desinformation - Phasenprophylaktischer Effekt von Lithium bei affektiven Erkrankungen gut belegt (zahlreiche RCT, Metaanalysen) - In Vergleich zu anderen Substanzen bestbelegte Wirksamkeit als Augmentation bei Nonresponse auf AD - Einziges Psychopharmakon mit antisuizidaler Wirksamkeit (vielfach belegt) - Mögliche neuroprotektive Effekte - Dennoch: Verordnung in vielen Ländern gegen Null - In Deutschland zwar stabil, aber eindeutige Unterverordnung Lithium – ein Beispiel für wirksame Desinformation Forts. Ursache? - Lithiumsalze billig - kein Marktinteresse - dafür Interesse möglichst viele neuere Antikonvulsiva, Neuroleptika etc. für die Indikation “Depression” zu vermarkten - keine von PU stimulierte Lithium- Forschung (außer Einsatz als Vergleichssubstanz; Goldstandard) - Ablehnung aus Furcht vor Nebenwirkungen statt adäquater Fortbildung junger Ärzte und adäquater Therapiekontrolle Veränderter Verlauf der depressiven „Störung“ in > 40 Jahren Beobachtungen seit breiter Anwendung von AD Abstände zwischen den Phasen verkürzen sich. 50 – 70 % der Pat. erleiden innerhalb 6-18 Monaten Rückfall wenn AD abgesetzt werden (Stein 1980; Prien 1984) NIMH Studie : Nach 18 Monaten 80 % Rückfälle post AD-Therapie, 70% post VT ( Shea et.al., 1992) Nach Absetzen von AD erleiden 50% der Pat. Rückfall in 14 Monaten ( Baldessarini 1997 ) Nach abruptem Absetzen insbesondere von SSRI/SNRI bei bis 33 % häufig Absetz -( Entugs)Symptome Typischer Verlauf der Depression Beobachtungen in der ersten Hälfte des 20..Jhts. - Kraepelin : 60 % seiner unipol. depress. Pat erlitten nur eine einzige Phase im Leben. - Guze und Robins (1972) : 50% wegen Depress. hosp. Pat. haben über 10 Jahre nur eine Phase. Nur 10% chron. Verlauf. Lithium ultrakurz Wirksamkeit: Gesicherte Erkenntnisse : • Breitestes Wirksamkeitsprofil („mood stabilizer“) • Überlegene prophylakt.Wirksamkeit v.a. bei bipol.St. gesichert (Empfehlung „A“ in seriösen LL • Vielfach gesicherte antisuizidale Wirksamkeit • Augmentation Noch spekulativ, aber viele Hinweise : • Neuroprotektive Wirksamkeit (Anti-dementiell?) • Weniger Fälle von Auto-und Fremdaggression bei erhöhten Lithiumwerten im Trinkwasser. Risiken : Neue Diskussion renaler Schädigung Non-Response : What comes next ? Bei Prophylaxe-Non-Response sollte die erste Frage nicht sein : Welches Medikament nehmen wir nun ? Sondern : Weiß ich alles Notwendige über meinen Patienten ? Paul Grof, 2012 Lithium: Indikationen klassisch • Langzeitprophylaxe bipolarer Störungen • Langzeitprophylaxe unipolarer Störungen • Therapie der akuten Manie (workshop) • Therapie der akuten Depression • Lithium-Augmentation neu • Suizidprophylaxe bei Suizidalität