MIT ANTIDEPRESSIVE DIE SCHLAFLOSIGKEIT BEHANDELN? Seit zehn Jahren leide ich unter Schlaflosigkeit. Ich habe Mühe beim Einschlafen und Durchschlafen. Ich habe Verschiedenes wie Homöopathie, TCM usw. ausprobiert, aber noch nie ein Schlafmittel genommen. Wäre es möglich, für eine kure Zeit mit einem Antidepressiva mein Schlafproblem in den Griff zu bekommen? Was sind die Nebenwirkungen dieser Medikamente? - S. L. IN E. Mit wem leben Sie zusammen? Gibt es Spannungen? Gibt es Zärtlichkeiten? Wie können Sie Ihre Sexualität leben? Pflegen Sie aktiv verwandtschaftliche oder freundschaftliche Beziehungen? Haben Sie eine Arbeit? Gibt es Spannungen am Arbeitsplatz? Nehmen Sie an einem Vereinsleben teil? Und die Schlafhygiene Dr. med. Peter Grob, Innere Medizin FMH, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Psychosomatik APPM, Belegarzt Klinik St. Anna, Luzern: Antidepressiva sind bei chronischen Schlafstörungen durchaus angezeigt und wirksam. Häufigste Nebenwirkungen können sein: trockener Mund, Gewichtszunahme, Müdigkeit, tiefer Blutdruck. Natürlich stehen in der Packungsbeilage noch unzählige weitere mögliche unerwünschte Wirkungen, die aber selten sind oder nach wenigen Tagen wieder verschwinden. So könnte kurz und bündig Ihre kurze Anfrage beantwortet werden. Beim interessierten Therapeuten lösen aber gerade die unausgesprochenen Dinge Fragen aus. Körper - Seele - Geist - Umfeld In welcher Lebensphase befinden Sie sich? Leiden Sie unter irgendwelchen körperlichen Krankheiten? Sind Sie tagsüber müde? Gibt es körperliche Beschwerden, Verspannungen, Schmerzen? Wie steht es mit den Essgewohnheiten, mit Suchtmitteln, «Reizstoffen»? Was machen Sie für Ihren Körper, wie entspannen Sie sich? Was machen die Gefühle? Gibt es Freude, Niedergeschlagenheit, Ängste, Sorgen, Unzufriedenheit? Seelische Konflikte? Traumatische Erfahrungen in der Vergangenheit? Was geht Ihnen alles durch den Kopf, wenn Sie wach im Bett liegen? Was sind Ihre geistigen Interessen? Was beunruhigt, was beruhigt Ihren Geist? Was glauben Sie, was hoffen Sie? Haben Sie Visionen? Der Einsatz von Antidepressiva bei Schlafstörungen ist demnach nicht lediglich eine biochemische Frage, sondern muss im Kontext der oben gestellten Fragen erörtert werden. Zusätzlich kämen dann noch einige schlafhygienische Aspekte zur Sprache: Immer zur gleichen Zeit aufstehen. Nicht zu früh ins Bett gehen. Wenn länger als 20 Minuten wachgelegen, nochmals aufstehen. Keine sicht- oder hörbaren Uhren im Schlafzimmer. Schlafzimmer nur zum Schlafen benutzen. Abends nicht zu viel, nicht zu schwer und nicht zu wenig essen, keine Reizstoffe (Nikotin, Koffein, scharfe Gewürze, nur mässig Alkohol). Entspannungsritual zum Einschlafen. Entspannungsmethoden wie zum Beispiel Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung. Zu guter Letzt geht es vielleicht auch um die Aussöhnung mit dem eigenen Schlafprofil, um sich nicht zusätzlich durch unrealistische Vorstellungen und Erwartungen unter Druck zu setzen und dadurch in einen Teufelskreis zu manövrieren. Aber eventuell wollten Sie ja gar nicht das hören. Vielleicht hätte ich eher auf Ihren Respekt vor dem Griff zu einem Medikament eingehen sollen? Versuchen Sie es doch einfach einmal mit einem schlafanstossenden Antidepressivum. Beginnen Sie mit der kleinstmöglichen Dosis und suchen Sie Ihren individuellen Dosisbereich zwischen Wirkung und Nebenwirkung.