Mistelbeerenform und Tierkreis

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ELEMENTE DER NATURWISSENSCHAFT
79 2/2003
Mistelbeerenform und Tierkreis
Stephan Baumgartner, Heidi Flückiger und Hartmut Ramm
Zusammenfassung
In früheren Untersuchungen war beobachtet worden, dass sich die Form reifender Mistelbeeren in Wegkurvenflächen einbetten und mit einem einzigen Formparameter λ exakt beschreiben lässt. Des Weiteren
hatte sich eine Korrelation von Mistelbeerenform und Stellung des Mondes im Tierkreis ergeben.
In der vorliegenden Studie wurden zwei Fragen untersucht: 1.) Impliziert eine nicht kodierte Bestimmung des λ-Wertes bei Kenntnis einer Untersuchungshypothese eine unbewusste Verfälschung der Messdaten? 2.) Sind die Formveränderungen der Mistelbeeren mit der Stellung des Mondes vor den phänomenologischen Tierkreisbildern oder vor den äquidistanten Tierkreiszeichen zu korrelieren?
Es ergab sich kein Hinweis auf eine unbewusste Manipulation der λ-Werte bei unkodierter und hypothesenbelasteter Messung im Vergleich zu kodierten oder hypothesenfreien Messungen. Des Weiteren
scheint für das Verhalten der Mistelbeerenform die Stellung des Mondes vor den phänomenologischen Tierkreisbildern entscheidend zu sein; eine Korrelation zur Mondstellung relativ zu den Tierkreiszeichen steht
im Widerspruch zu den Messresultaten. Zudem wurde versucht, die Einflusssphären bzw. Übergänge verschiedener Tierkreisbilder empirisch abzuschätzen. Die erhaltenen Daten korrelieren recht gut mit den aus
dem Altertum stammenden Formen der Tierkreisbilder.
Summary
In previous investigations it was observed that the shapes of ripening mistletoe berries fit path curve surfaces
and can be exactly described by the shape parameter λ. Furthermore a correlation was found between the shape
of mistletoe berries and the position of the moon in the zodiac.
In the present study two questions were addressed: 1) Does an unencoded determination of the λ value combined with knowledge of a hypothesis under investigation imply an unconscious falsification of the data? 2)
Are the shape changes in mistletoe berries correlated with the moon’s position in front of the phenomenological zodiacal constellations or with its position in front of the equidistant zodiacal signs?
There was no evidence of an unconscious manipulation of the λ values with unencoded measurement
when the observer knew the hypothesis under investigation in comparison with measurement which was encoded or made by an observer who did not know the hypothesis. In addition, it appears that the position of
the moon in front of the phenomenological zodiacal constellations is definitive for the behaviour of the
mistletoe berry shapes; a correlation of the moon’s position relative to the zodiacal signs contradicts the data
obtained. An attempt was also made to estimate empirically the spheres of influence or transition points of
different zodiacal constellations. The data produced correlate very well with the forms of the constellations
that stem from antiquity.
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Abb. 1a: Mistelbeere Mitte Juli (leicht nach oben zugespitzt, λ > 1)
Einleitung
In früheren Untersuchungen (Flückiger/Baumgartner 2002) hatten wir beobachtet,
dass sich reifende Mistelbeeren in Wegkurvenflächen (Ostheimer/Ziegler 1996) einbetten lassen. Die Form dieser Wegkurven ist durch einen einzigen Parameter – nach
Edwards (1986) λ genannt – exakt bestimmt.
Die Werte für λ können bei Mistelbeeren etwa zwischen 0.8 und 1.2 variieren,
was einer nach unten bzw. nach oben zugespitzten Eiform entspricht (Flückiger/
Baumgartner 2002). Im Laufe der Reifeperiode von Juni bis Dezember verändert
sich im Allgemeinen die Form der Mistelbeeren von leicht nach oben zugespitzt
(λ > 1, vgl. Abb. 1a) hin zu leicht nach unten zugespitzt (λ < 1, vgl. Abb. 1b).
Abb. 1b: Mistelbeere Ende November (leicht nach unten zugespitzt, λ < 1)
3
Tab. 1: Zuordnung von Tierkreisbildern bzw. -zeichen zu den «Elementen» gemäß hellenistischer Auffassung (Gundel/Böker 1997)
Diesem Reifungstrend überlagert sind mehr oder weniger rhythmische Formveränderungen mit einer Periode von neun bis zehn Tagen, welche wir in drei unabhängigen Untersuchungsperioden (1995, 1997 und 1998) beobachten konnten und
welche mit der Stellung des Mondes im Tierkreis korreliert waren. So scheint der
Formparameter λ von Mistelbeeren – relativ zum längerfristigen Reifungstrend – bei
Stellungen des Mondes vor den Tierkreisbildern Widder, Stier, Löwe, Jungfrau,
Schütze und Steinbock eher niedrigere Werte anzunehmen, während bei einer
Mondstellung vor den Tierkreisbildern Zwillinge, Krebs, Waage, Skorpion, Wassermann und Fische eher überdurchschnittliche Werte zu beobachten waren (Flückiger/Baumgartner 2002).
Bei einer Zusammenfassung der Sternbilder nach Trigon-Aspekten (vgl. Tab. 1)
wies der Formparameter λ von Mistelbeeren bei einem Mondstand vor dem Feueroder Erdtrigon unterdurchschnittliche Werte, bei einem Mondstand vor dem Luftoder Wassertrigon entsprechend überdurchschnittliche Werte auf.
Bei einer Berechnung der Mondstellungen relativ zu den (äquidistanten) Tierkreiszeichen ergab sich eine entsprechende Verschiebung um ein Zeichen.
Fragestellung
Die Resultate der schon publizierten drei Untersuchungsjahre (1995, 1997 und 1998)
ließen jedoch einige Fragen unbeantwortet (Flückiger/Baumgartner 2002).
Methodologisch könnte man etwa einwenden, dass die Zuordnung von Beerenkopie und Datum bei der Messung bekannt war und dass deshalb in den Jahren 1997
und 1998, für die eine explizite Hypothese aufgestellt worden war, eine unbewusste
Manipulation die Messresultate hätte verfälschen können. Eine Kodierung des Erntedatums bei der Messung oder Messungen ohne bewusste Hypothese könnten diesen
Einwand entkräften.
Die zweite offene Frage war, ob es sich bei den beobachteten Phänomenen um
Konstellationen des Mondes mit den phänomenologisch sichtbaren (astronomischen) Tierkreisbildern handelt oder ob der Mond mit den – mehr in der Astrologie
gebräuchlichen – äquidistanten Tierkreiszeichen in Wechselwirkung tritt. Wenn
nicht die Tierkreiszeichen, sondern die Tierkreisbilder die entscheidende Rolle spielen, könnten die Messdaten auch dazu verwendet werden, die Wirksamkeitsbereiche
verschiedener Sternbilder empirisch zu definieren und mit den Grenzen und Formen der traditionell überlieferten Sternbilder zu vergleichen.
Zur Bearbeitung dieser Fragen wurden drei Datensätze weiterer Messperioden
(1991, 2000, 2001) herangezogen. Die Daten von 1991 wurden bei einer Analyse von
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Archivmaterial identifiziert und für diese Publikation aufbereitet; die Messreihen
von 2000 und 2001 wurden spezifisch für die Bearbeitung der offenen Fragen geplant und durchgeführt.
Material und Methoden
In den Jahren 1991, 2000 und 2001 wurden an vorher bezeichneten Mistelbüschen auf
jeweils verschiedenen Apfelbäumen mehrmals wöchentlich, jeweils morgens zwischen 8 und 9 Uhr, einige Triebe mit insgesamt 15–20 Beeren pro Erntetag gepflückt.
Die ausgewählten Beeren wiesen jeweils einen durchschnittlichen Reifegrad auf.
Die exakten Untersuchungsperioden, die Anzahl Ernten, der eingesetzte Wirtsbaum sowie die Ernteperson können der Tabelle 2 entnommen werden; den Angaben der drei neuen Datensätze aus den Jahren 1991, 2000 und 2001 wurden aus Vergleichsgründen diejenigen der schon publizierten Datensätze von 1995, 1997 und
1998 (vgl. Flückiger/Baumgartner 2002) beigesellt.
Jahr
Beginn
Ende
Ernten
Baum Nr.
1991
1995
1997
1998
2000
2001
13.8.1991
5.7.1995
17.10.1997
12.10.1998
12.10.2000
13.9.2001
14.11.1991
2.12.1995
8.12.1997
15.12.1998
15.12.2000
11.12.2001
55
48
18
22
16
28
1
1
1
1
2
3
Standort
Haus Widar
Haus Widar
Haus Widar
Haus Widar
Lukas Klinik
Institut Hiscia
Ernte
H. R.
H. F.
H. F.
D. S.
H. F.
H. F.
Tab. 2: Angaben zur Ernte der Mistelbeeren in allen sechs Untersuchungsperioden
Alle untersuchten Apfelbäume befinden sich auf dem Gelände des Verein für Krebsforschung in Arlesheim
(Schweiz).
Sofort nach der Ernte wurde jede einzelne Beere zusammen mit einem Stückchen
Stängel sorgfältig abgeschnitten, ohne sie zu verletzen, da sich sonst die Form messbar verändert. Jede Beere wurde in zwei bis drei verschiedenen Positionen photokopiert (zweifach vergrößert).
Aus den Photokopien der Beeren wurden jene herausgesucht, die genügend
scharf umrissen waren und gegenüber der Lichtquelle keine Neigung aufwiesen.
Beim Vermessen der Beeren gingen wir gemäß den Angaben von Edwards (1986)
vor. Am Grund und an der Spitze der Beere wurden Tangenten angelegt und die
Längsachse eingezeichnet. Die Längsachse wurde in acht gleiche Abschnitte unterteilt, welche die Beere auf verschiedenen Niveaus (T, A–F) querschneiden. Niveau T
halbiert die Längsachse. Die Durchmesser der Querschnitte wurden nun auf jedem
Niveau ausgemessen und ins Verhältnis gesetzt zum Durchmesser auf dem Niveau
T. Aus diesen Werten lassen sich die λ-Werte für die verschiedenen Niveaus berechnen. Weitere Details, die Formeln und Beispiele sind in der Publikation von Flückiger/Baumgartner (2002) zu finden.
Nach den Erfahrungen von Edwards tut man gut daran, die λ-Werte der verschiedenen Niveaus unterschiedlich zu gewichten. Wir haben seine Methode übernommen
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und die Werte auf Niveau A und F vierfach, auf Niveau B und E doppelt und auf Niveau C und D einfach gewichtet. Danach wurden der Mittelwert und die Standardabweichung berechnet, sowohl für jede einzelne Beere als auch für das ganze Kollektiv eines Tages. Letzeres definiert einen Messpunkt.
Die Streuung der Messungen des Untersuchungsjahres 1991 war größer als die
der folgenden Jahre. Um einen qualitativ in etwa vergleichbaren Datensatz zu erhalten, wurden die Messtage mit einer Standardabweichung > 9% (n = 6 von total n = 55)
für die weitere Auswertung gestrichen. Die Standardabweichung des Tagesmittels
betrug darauf im Durchschnitt rund 5%. In den Jahren 2000 und 2001 lagen sämtliche Standardabweichungen vom Tagesmittel unter 5%. Für die Standardabweichung des Mittelwerts des λ-Wertes einer Einzelbeere wurde eine Toleranzgrenze
festgelegt: Beeren mit einer Standardabweichung >12% wurden als deformiert betrachtet und der zugehörige λ-Wert gestrichen.
Tabelle 3 gibt einen Überblick über die mit der Messung betreuten Personen, die
Anzahl Messdaten sowie Informationen über mögliche relevante Vorhypothesen,
Jahr
Messpunkte
Messung
Vorhypothese
1991
1995
1997
1998
2000
2001
49
48
18
22
16
28
H. R.
H. F.
H. F.
H. F.
H. F.
H. F.
keine
2-Wochen-Rhythmus
Trigon-Rhythmus
Trigon-Rhythmus
Trigon-Rhythmus
Trigon-Rhythmus
Verblindung
nein
nein
nein
nein
nein
ja
Tab. 3: Angaben zur Messung bzw. Bestimmung des λ-Wertes für alle sechs Untersuchungsjahre
welche die Objektivität der Messungen stören könnten, und über die Kodierung des
Erntedatums bei der Messung durch eine Drittperson (St. B.).
Die meteorologischen Datensätze wurden freundlicherweise von der Meteorologischen Station Basel-Binningen, Venusstr. 7, CH-4102 Binningen, zur Verfügung gestellt. Die Sonnenfleckenrelativzahlen stammen vom Solar Influences Data Analysis
Center, Departement of Solar Physics, Royal Observatory of Belgium, Av. Circulaire
3, B-1180 Brüssel, Belgien. Die astronomischen Konstellationsdaten der Planeten
erhielten wir von W. Held, Mathematisch-Astronomische Sektion am Goetheanum,
CH-4143 Dornach. Es sind dieselben Daten, welche dem Sternkalender der Mathematisch-Astronomischen Sektion am Goetheanum (Held 2001) zugrunde liegen.
Für die täglichen Konstellationsdaten wurde die Position aller Planeten im Tierkreis
um 9.00 Uhr MEZ berechnet. Die von der International Astronomical Union 1930
festgelegten Grenzen der Sternbilder wurden der Publikation von Delporte (1930)
entnommen; da sie sich auf das Äquinoktium 1875 beziehen, wurden sie gemäß der
Formeln aus Voigt (1980) auf das Jahr 2000 umgerechnet und anhand des Cambridge
Star Atlas von Tirion (1996), welcher sich auf das Äquinoktium 2000 bezieht, kontrolliert. Die Umrechnung auf ekliptikale Länge wurde mit Standardgleichungen der
sphärischen Trigonometrie vollzogen (Green 1985).
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Resultate
Messperioden 1991, 2000 und 2001
Die Entwicklung der λ-Werte in den neuen Untersuchungsperioden 1991, 2000 und
2001 entspricht in etwa den Erwartungen (Abb. 2). Auffällig ist, dass die Werte von
1991 generell tiefer liegen als die der späteren Jahre; des Weiteren sieht man einen
«Einbruch» der λ-Werte von Ende August bis Mitte September. Auch im Jahr 2001
steigen die λ-Werte bis Ende Oktober an, um erst danach in den langsam abfallenden Trend einzumünden, wie er sich in den Jahren 1995–2000 allgemein zeigte.
Im Gegensatz zu den Jahren 1995–1998 sind die Jahre 1991 und 2000/2001 durch
eine generell höhere Sonnenaktivität gekennzeichnet (Abb. 3). Von daher wäre es
Abb. 2: Entwicklung des Formparameters λ in den Jahren 1991, 2000 und 2001 (unkorrigierte Rohdaten)
Abb. 3: Entwicklung der Tageswerte der Sonnenfleckenrelativzahl R von 1986–2002
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denkbar, dass sich in diesen Jahren ein Einfluss der Sonnenaktivität auf die λ-Werte
zeigen könnte, auch wenn dies in den Jahren 1995–1998 nicht der Fall war (Flückiger/Baumgartner 2002). Eine Spearman-Rang-Korrelation von λ-Wert und Sonnenfleckenrelativzahl ergibt für das Jahr 1991 einen signifikanten Zusammenhang
(p<0.01): hohe Sonnenfleckenrelativzahlen scheinen mit hohen λ-Werten assoziiert
zu sein. Für das Jahr 2000 lässt sich keine statistisch signifikante Korrelation sichern
(p>0.1). Für das Jahr 2001 ergibt sich wieder eine statistisch signifikante Korrelation
von λ-Wert und Sonnenfleckenrelativzahl (p<0.001), allerdings im Vergleich mit
dem Jahr 1991 invertiert: hohe λ-Werte scheinen mit tiefen Sonnenfleckenrelativzahlen verknüpft zu sein und umgekehrt. Ob diese Inversion auf den eigentlich 22jährigen Aktivitätszyklus des Sonnenmagnetismus zurückzuführen ist oder ob es
sich um einen Zufall handelt, muss vorderhand offen bleiben. Zur Beantwortung
dieser Frage müssten weitere Messreihen erhoben werden. Die Sachlage erscheint
uns von daher zu wenig klar, als dass man etwa, basierend auf der Sonnenfleckenrelativzahl R, eine «Korrektur» der λ-Werte vornehmen könnte.
Zur Untersuchung eines eventuellen Zusammenhanges von λ-Werten und meteorologischen Kenngrößen wurden ebenso wie in den Jahren 1995–1998 (Flückiger/
Baumgartner 2002) für alle drei Untersuchungsjahre Spearman-Rang-Korrelationen zwischen den λ-Werten und den folgenden meteorologischen Datensätzen berechnet: Temperatur [°C], Luftdruck [hPa], relative Feuchte [%], Bewölkung [%]
und Windgeschwindigkeit [m/s] (jeweils als 24-Stunden-Mittel) sowie Niederschlag
[mm], Sonnenscheindauer [h] und Globalstrahlung [Wh/m2] (jeweils als Absolutwerte). In allen Datensätzen wurde der Jahresgang mithilfe einer linearen Regression
entfernt; für die λ-Werte wurde eine Phasenverzögerung von bis zu fünf Tagen zugelassen. 1991 ergaben sich signifikante Korrelationen (p<0.01) der λ-Werte zur
Temperatur (ohne und mit einem Tag Verzögerung), zur Niederschlagsmenge (mit
zwei Tagen Verzögerung) und zum Luftdruck (mit einer Phasenverschiebung von
drei Tagen). Im Jahr 2000 und 2001 ergaben sich – wie auch schon in den Jahren
1995, 1997 und 1998 – keine signifikanten Korrelationen (p>0.01). Da zudem die
Korrelation im Jahr 1991 nicht besonders deutlich und nur in einem beschränkten
Zeitabschnitt (Oktober) augenfällig ist, würden wir diese Zusammenhänge als irrelevant beurteilen.
Um die Datensätze von 1991, 2000 und 2001 mit denjenigen von 1995, 1997 und
1998 vergleichen und gemeinsam auswerten zu können, wurde der längerfristige
Trend subtrahiert. Für die Daten des Jahres 2000 wurde (analog den Jahren 1995–
1998) eine lineare Regression subtrahiert; in den Jahren 1991 und 2001 wurde eine
quadratische Regression verwendet, welche sich dem langwelligen Kurvenverlauf
besser anpasst. Man erhält so den enttrendeten Formparameter λ‘.
Die Erntetermine des Jahres 1991 wurden nach dem Zufallsprinzip bestimmt; die
Termine der Jahre 2000 und 2001 wurden hingegen gezielt ausgewählt und vor allem
auf die Grenzen der Tierkreisbilder bzw. Tierkreiszeichen gelegt. Von daher lässt
sich nur das Jahr 1991 im Hinblick auf eine Korrelation mit den konventionellen
Tierkreisbildern bzw. Tierkreiszeichen auswerten. Wie erwartet liegen die enttrendeten λ‘-Werte für Mondstellungen im Feuer- und Erdtrigon unter Null (-0.011 ±
8
0.008 bzw. -0.006 ± 0.008, jeweils Mittelwert ± Standardfehler) und für Mondstellungen im Luft- und Wassertrigon über Null (+0.006 ± 0.008 bzw. +0.016 ± 0.013,
Mittelwert ± Standardfehler). Eine Kruskal-Wallis-Varianzanalyse der λ‘-Werte
nach den vier Trigonen ergibt aber keine signifikanten Resultate (p=0.162); wenn
man die Werte für das Feuer- und Erdtrigon sowie für das Luft- und Wassertrigon
zusammenfasst, ergibt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden
Gruppen (p=0.041, U-Test).
Hypothesenfreie versus hypothesenbelastete Messungen
Die Messungen der Jahre 1997, 1998 und 2000 wurden unter Kenntnis der Hypothese eines Mond-Tierkreis-Trigon-Rhythmus und mit nicht kodiertem Datum der
Mistelbeerenphotokopie durchgeführt. Von daher könnte man die Hypothese aufstellen, dass die Messungen dieser Jahre durch unbewusste Manipulationen verfälscht sein könnten. Demgegenüber wurden die Messungen der Jahre 1991 und
1995 ohne Hypothese eines Mond-Tierkreis-Trigon-Rhythmus durchgeführt; des
Weiteren wurden die Messungen des Jahres 2001 mit kodiertem Datum vorgenommen. Die Daten der Jahre 1991, 1995 und 2001 sollten demzufolge frei von unbewussten Manipulationsmöglichkeiten erhoben worden sein.
Sowohl das Datenset der Jahre 1991, 1995 und 2001 (n=125) als auch das der Jahre
1997, 1998 und 2000 (n=56) sind statistisch nicht von einer Normalverteilung zu
unterscheiden (Kolmogorov-Smirnov-Test); dasselbe gilt für die Gesamtheit aller
Daten (n=181). Von daher können für die weitere statistische Analyse parametrische
statistische Methoden eingesetzt werden.
Eine Varianzanalyse der Daten aus den Jahren 1991, 1995 und 2001 (hypothesenfrei) ergibt für eine Analyse der λ‘-Werte nach Tierkreisbildern (bzw. Tierkreiszeichen) globale Signifikanz im F-Test auf dem Niveau von p=0.006 (bzw. p=0.105). Im
Einzelvergleich (LSD, least significant difference) unterscheiden sich bei den Tierkreisbildern Feuer von Wasser (p=0.001) und Erde von Wasser (p=0.005); alle anderen Paarvergleiche sind nicht signifikant (vgl. Abb. 4 oben links). Damit kann davon
ausgegangen werden, dass der Zusammenhang von Mistelbeerenform und Stellung
des Mondes im Tierkreis nicht als subjektiver Artefakt anzusehen ist. Zugleich ergibt sich ein erster Hinweis darauf, dass die Zuordnung zu den Tierkreisbildern besser zu sein scheint als zu den Tierkreiszeichen (Abb. 4 oben); eine genauere Untersuchung dieser Frage findet sich weiter unten.
Die λ‘-Werte der «hypothesenbelasteten» Messreihen 1997–2000 sind in Abb. 4
unten dargestellt. Ein Vergleich der Abbildungen legt nahe, dass die Dynamik der
Messwerte in den Jahren 1997–2000 (Abb. 4 unten) größer zu sein scheint als in den
Jahren 1991, 1995 und 2001 (Abb. 4 oben). In einer 2-Weg-Varianzanalyse ist die
Wechselwirkung von Trigon-Konstellation und Untersuchungsperiode (1997–2000
versus 1991, 1995 und 2001) in der Tat signifikant (p=0.034). Im Einzelvergleich
(LSD) unterscheiden sich allerdings nur die Werte für das Luft-Trigon (p=0.036) signifikant; die Wasser-, Erde- und Feuer-Werte der beiden Perioden sind jeweils statistisch nicht zu differenzieren. Wenn aus obiger Analyse das Jahr 2001 eliminiert
wird, in welchem viele Messpunkte explizit auf die Übergänge zwischen einzelnen
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Abb. 4: λ‘-Werte von Mistelbeeren, gegliedert nach der Stellung des Mondes vor Tierkreisbildern (links) bzw. Tierkreiszeichen (rechts) sowie nach hypothesenfreien (1991, 1995, 2001; oben) bzw. hypothesenbelasteten (1997,
1998, 2000; unten) Messperioden
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Tierkreisbildern gelegt wurden und in welchem demzufolge die Unterschiede bei
einer Zusammenfassung nach konventionellen Tierkreisbildern geringer ausfallen
sollten, ist die Wechselwirkung zwischen Trigon-Konstellation und Untersuchungsperiode (1997–2000 versus 1991/1995) nicht mehr signifikant (p=0.12), d.h. die beiden Messreihen sind als äquivalent anzusehen.
Des Weiteren wäre es auch möglich, dass die hohe Sonnenaktivität der Jahre 1991,
2000 und 2001 (vgl. Abb. 3) Störungen im Zusammenwirken von Mond und Tierkreis hervorruft, was die Unterschiede zwischen den Trigonen verwischen könnte.
In der Untersuchungsperiode 1991, 1995 und 2001 beträfe dies 62% der Daten, in
der Periode 1997–2000 hingegen nur 29% der Messwerte (vgl. Tab. 2).
Unseres Erachtens ergibt sich damit kein Hinweis auf einen relevanten Unterschied zwischen den beiden Messperioden und somit auch keine Unterstützung der
Hypothese, dass die Daten der Jahre 1997–2000 durch eine unbewusste Manipulation stark verfälscht worden wären. Wir erachten es deshalb als statthaft, die Messwerte aller sechs Untersuchungsjahre zusammenzufassen und in der weiteren statistischen Analyse gemeinsam zu bearbeiten.
Eine Varianzanalyse der enttrendeten λ‘-Werte aller 6 Untersuchungsjahre ergibt
für eine Gliederung nach Tierkreisbildern (p=0.00002, Abb. 5 links), Tierkreiszeichen (p=0.00019, Abb. 6 links), Tierkreisbild-Trigonen (p<0.00001, Abb. 5 rechts)
und Tierkreiszeichen-Trigonen (p=0.00006, Abb. 6 rechts) hochsignifikante Resultate im F-Test. Die Einteilung der Ekliptik in Tierkreisbilder richtete sich in dieser
Analyse nach den von Held (2001) angegebenen Grenzen. Ob diese phänomenologisch festgelegten Übergänge von Sternbild zu Sternbild für die vorliegenden Daten
die optimale Wahl darstellt, soll weiter unten noch genauer untersucht werden.
Abb. 5: Durchschnittswerte (± einfacher und doppelter Standardfehler) des Formparameters λ‘ von Mistelbeeren, gruppiert nach Stellung des Mondes vor Tierkreisbildern bzw. Tierkreisbild-Trigonen (Einteilung der Tierkreisbilder gemäß Held 2001).
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Abb. 6: Durchschnittswerte (± einfacher und doppelter Standardfehler) des Formparameters λ‘ von Mistelbeeren, gruppiert nach Stellung des Mondes vor Tierkreiszeichen bzw. Tierkreiszeichen-Trigonen
Tierkreisbilder versus Tierkreiszeichen
Ein Überblick über alle Messwerte, aufgetragen als Funktion der Mondstellung in
der Ekliptik, findet sich in Abb. 7. Messwerte derselben Länge (±0.5°) wurden in einen Datenpunkt zusammengefasst. Ein λ‘-Wert bei 354° liegt mit λ‘ = 0.110 ± 0.016
außerhalb der Skala.
Ein erster Ansatz, die Frage zu untersuchen, ob die Formveränderungen von
Mistelbeeren mehr mit der Mondstellung vor den Tierkreisbildern oder jener vor
den Tierkreiszeichen korrelieren, basiert auf der Tatsache, dass sich die Einteilung
der Ekliptik in Tierkreisbilder (siehe Held 2001) von derjenigen in Tierkreiszeichen
unterscheidet. Besonders interessant für diese Fragestellung sind die zwei Bereiche
138°–150° und 210°–219° (vgl. Abb. 8). Im Bereich 138°–150° würden für das Tierkreisbild Löwe tiefe λ‘-Werte erwartet (Element Feuer, Abb. 5), für das Tierkreiszeichen Löwe hingegen hohe λ‘-Werte (Element Feuer, Abb. 6). Im Bereich
210°–219° würden für das Tierkreisbild Jungfrau ebenfalls tiefe λ‘-Werte erwartet
(Element Erde, Abb. 5), für das Tierkreiszeichen Skorpion (Element Wasser, Abb. 6)
hohe λ‘-Werte.
In den angesprochenen Bereichen der Ekliptik (138°–150° und 210°–219°) liegen
n=16 Datenpunkte vor; der Mittelwert aller Daten beträgt -0.0121 ± 0.0049 (Standardfehler). Der Mittelwert lässt sich damit von Null statistisch signifikant unterscheiden (p=0.026, t-Test; p=0.020, U-Test). Dieses Resultat spricht damit für eine
Korrelation der Mistelbeerenform mit den Mondstellungen vor den nicht äquidistanten, phänomenologischen Tierkreisbildern.
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Abb. 7: Enttrendeter Mistelbeeren-Formparameter λ‘ (Mittelwert ± Standardfehler) als Funktion der Mondstellung in
der Ekliptik [ekliptikale Länge]; ausgezogene Linie: erwarteter Verlauf gemäß Korrelation zu Tierkreisbildern (Einteilung nach Held 2001), gestrichelte Linie: erwarteter Verlauf gemäß Korrelation zu Tierkreiszeichen
Abb. 8: Einteilung der Ekliptik in Tierkreiszeichen (innerer Kreis) und Tierkreisbilder (äußerer Kreis); Einteilung der
Tierkreisbilder: Schattierung nach der Gliederung von Held (2001), leicht verändert nachgedruckt aus Held (2001),
mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag
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Abb. 9: Punkte: Enttrendeter Mistelbeeren-Formparameter λ‘ (nur Mittelwerte, gedehnte y-Achse) als Funktion der
Mondstellung in der Ekliptik [ekliptikale Länge]; ausgezogene Stufenkurve: Durchschnittskurve gemäß Korrelation zu Tierkreisbildern (Einteilung nach Held 2001); gestrichelte Stufenkurve: Durchschnittskurve gemäß Korrelation zu Tierkreiszeichen; ausgezogene fette Linie: lokal gewichtete Regressionsglättung (P=12%); vertikale Striche
oben: Einteilung und Grenzen der Tierkreisbilder gemäß Held 2001; vertikale Striche unten: Einteilung und Grenzen der Tierkreiszeichen; Abkürzungen der Tierkreisbilder bzw. -zeichen: siehe Tab. 1
Empirische Grenzen von Sternbildern
Ein anderer Ansatz, die Frage nach der Rolle der Tierkreisbilder bzw. Tierkreiszeichen
für die Mistelbeerenform zu bearbeiten, beruht auf dem Versuch, die Übergänge von
hohen zu tiefen bzw. von tiefen zu hohen λ‘-Werten numerisch zu bestimmen, was
zu einer empirischen Grenze für sechs Sternbildpaare führen würde. Zu diesem
Zweck wurde für die Gesamtheit aller Daten eine lokal gewichtete Regressionsglättung
vorgenommen (lowess, locally weighted regression scatter plot smoothing, Chambers et al. 1983). Dieses Verfahren bestimmt für jeden Datenpunkt eine lineare Regressionsgleichung, in welche ein bestimmter Prozentsatz P der umliegenden Daten
gewichtet eingeht und aus der dann der geglättete Datenpunkt berechnet wird. Je
größer der Prozentsatz P inkorporierte Daten, desto flacher wird die geglättete Kurve.
In unserem Fall wurde eine untere und eine obere Grenze dieses Prozentsatzes so
bestimmt, dass a) die geglättete Kurve mindestens sechs Nulldurchgänge aufweist
(P≥8%) und b) die geglättete Kurve die von den Durchschnittswerten her erwartete
Kurve bei allen Maxima und Minima gerade überschritt (P≤16%). Der Prozentsatz P
wurde dann in Schritten von 2% variiert und die Nulldurchgänge der Kurvenanpassung festgehalten (Tab. 4; Beispiel für die mittlere Kurve mit P=12%: Abb. 9). Aus den
fünf Kurvenfits wurden für jede Sternbildgrenze Mittelwert und Standardabweichung
berechnet (Tab. 4) und mit den anderweitig festgelegten Grenzen verglichen (Tab. 5).
14
In Fit
integrierte
Daten [%]
Fische zu
Widder
Stier zu
Zwillinge
Krebs zu
Löwe
Jungfrau zu
Waage
Skorpion zu
Schütze
(Ophiuchus)
Steinbock zu
Wassermann
16
30.1°
83.5°
134.2°
222.2°
258.6°
317.3°
14
29.2°
83.5°
134.2°
219.5°
259.5°
316.4°
12
28.3°
84.4°
133.3°
218.6°
258.6°
315.5°
10
26.6°
83.5°
132.4°
217.8°
257.7°
313.8°
8
26.0°
83.5°
131.8°
218.0°
257.0°
Mittelwert
28.0° ± 1.7°
83.7° ± 0.4°
133.2° ± 1.1°
219.2° ± 1.8°
258.3° ± 1.0°
314.5°
315.5° ± 1.4°
Tab. 4: Empirische Grenzen von sechs Sternbildpaaren [ekliptikale Länge], berechnet durch die Nulldurchgänge einer
lokal gewichteten Regressionsglättung; Einzelwerte für verschiedene Prozentsätze P des Glättungsverfahrens sowie
Mittelwert ± Standardabweichung
Grenze
Fische zu
Widder
Stier zu
Zwillinge
Krebs zu
Löwe
Jungfrau zu
Waage
Mistelbeeren
28.0° ± 1.7°
83.7° ± 0.4°
133.2° ± 1.1°
Delporte (1930)
28.7°
90.1°
138.1°
Held (2001)
29°
89°
Tierkreiszeichen
30°
90°
Skorpion zu
Schütze
(Ophiuchus)
Steinbock zu
Wassermann
219.2° ± 1.8°
258.3° ± 1.0°
315.5° ± 1.4°
217.9°
247.2°//266.2°
327.5°
138°
219°
268°
326°
150°
210°
270°
330°
Tab. 5: Grenzen von sechs Sternbildpaaren [ekliptikale Länge], empirisch bestimmt durch die Veränderung der Form
von Mistelbeeren oder basierend auf den historisch überlieferten Sternbildern; die Einteilung von Delporte (1930)
wurde von der International Astronomical Union als «offizielle» kartographische Einteilung der Himmelssphäre
verabschiedet; nach dieser Einteilung liegt auf der Ekliptik zwischen Skorpion und Schütze noch das Sternbild
Ophiuchus (247.2°–266.2°)
Als Vergleichswerte wurden – neben den Tierkreiszeichen – die phänomenologisch festgelegten Grenzen der Tierkreisbilder gemäß Held (2001) sowie diejenigen
gemäß Delporte (1930) aufgeführt. Die Gliederung nach Delporte wurde 1930 von
der International Astronomical Union als «offizielle» kartographische Einteilung
der Himmelssphäre verabschiedet. Nach dieser Einteilung liegt auf der Ekliptik
zwischen Skorpion und Schütze noch das Sternbild Ophiuchus (Schlangenträger).
Tabelle 5 und Abb. 9 ist zu entnehmen, dass die so empirisch bestimmten Grenzen
im Allgemeinen wesentlich besser zu den Grenzen der Tierkreisbilder passen als zu
denen der Tierkreiszeichen. So findet der Abfall der λ‘-Werte vom Tierkreisbild Krebs
zu Löwe bei ca. 133° eindeutig vor dem Übergang der Tierkreiszeichen Löwe zu Jungfrau (150°) statt. Dasselbe gilt für den Anstieg der λ‘-Werte vom Tierkreisbild Jungfrau
zur Waage: der empirische Nulldurchgang bei 219° passt besser zu dem Verlauf der
Tierkreisbilder als zu dem der Tierkreiszeichen Waage/Skorpion (Übergang bei 210°).
Damit gehen wir davon aus, dass mit den Formveränderungen reifender Mistelbeeren die Stellung des Mondes vor den phänomenologischen Tierkreisbildern zu
korrelieren ist, während die äquidistanten Tierkreiszeichen keine Rolle spielen.
15
Abb. 10: Punkte: Enttrendeter Mistelbeeren-Formparameter λ‘ (nur Mittelwerte, gedehnte y-Achse) als Funktion der
Mondstellung in der Ekliptik [ekliptikale Länge]; ausgezogene fette Kurve: lokal gewichtete Regressionsglättung
(P=8%); vertikale Striche oben: Einteilung und Grenzen der Tierkreisbilder gemäß Held (2001); vertikale Striche
unten: Einteilung und Grenzen der Tierkreiszeichen gemäß Delporte (1930) (Festlegung der International Astronomical Union); Abkürzungen der Tierkreisbilder bzw. -zeichen: siehe Tab. 1
Die aufgrund der Mistelbeerenform empirisch bestimmten Übergänge zwischen
den Tierkreisbildpaaren Fische/Widder (28°–29°) und Stier/Zwillinge (84°–90°)
stimmen recht gut mit den tradierten Sternbildgrenzen überein (Abb. 10); hingegen
ergeben sich für die Übergänge Skorpion/Schütze (250°–270°) sowie Steinbock/
Wassermann (315°–330°) größere Differenzen (vgl. Abb. 10 und Tab. 5). Interessanterweise sind beide Übergänge auch phänomenologische Besonderheiten.
Das Tierkreisbild Skorpion reicht mit dem obersten Ende nur knapp bis zur
Ekliptik; der größte Teil des Sternbildes befindet sich unterhalb der Ekliptik (vgl.
Abb. 8). Zwischen Skorpion und Schütze liegt gemäß der Einteilung der International Astronomical Union im Bereich von 247°–266° ekliptikaler Länge noch das
Sternbild Ophiuchus (vgl. Abb. 10 unten). Dieses Sternbild, welches schon im Altertum bekannt war, wird normalerweise nicht zum Tierkreis gerechnet. So wird es
im ältesten bekannten Sternkatalog von Ptolemäus (161 n. Chr.) zwar angeführt,
aber nicht zum Tierkreis gerechnet, sondern zu den Sternbildern der nördlichen Hemisphäre, obwohl die untersten Sterne selbst nach seiner eigenen Einteilung die
Ekliptik deutlich überschreiten.
Die Mistelbeeren scheinen sich bis ca. 258° noch unter dem Einfluss des Skorpions zu befinden (positive λ‘-Werte) und danach direkt in den Einflussbereich des
Schützen überzugehen (negative λ‘-Werte). Nach den vorliegenden Daten lässt sich
kein Plateau indifferenter λ‘-Werte (≈0) ausmachen, welches auf eine «neutrale
16
Zone» des Tierkreises deuten würde. Die Grenze von ca. 258° entspricht etwa dem
Punkt auf der Ekliptik, welcher von den hellsten Sternen der Sternbilder Skorpion
und Schütze den gleichen Abstand hat (Abb. 8).
Der Übergang von Steinbock zu Wassermann (315°–330°) ist ebenfalls als eine
spezielle Konfiguration von Sternbildern anzusehen, da das Sternbild Wassermann
das Sternbild Steinbock von oben her umgreift und – gemäß Delporte (1930) – fast
bis zur Ekliptik reicht (vgl. auch Abb. 8). So ergibt sich für die Mistelbeeren der
Übergang von Steinbock zu Wassermann schon bei 316° (vgl. Tab. 5 sowie Abb. 8
und 10), was auf einen Einfluss des Sternbildes Wassermann deutet, der sich deutlich
in das phänomenologische Sternbild Steinbock hinein erstreckt.
In Abbildung 10 kann des Weiteren auffallen, dass die geglättete Kurve (bei 8%
Gewichtung) im Allgemeinen doppelgipflig zu sein scheint. Es stellt sich damit die
Frage, ob sich nicht zwischen allen Sternbildern eine Zone schwächerer Einflusssphäre befinden könnte. Diese Frage müsste in weiteren Untersuchungen angegangen werden.
Bereiche optimaler Tierkreisbildwirkung
Polar zu der Frage nach den Grenzen der Tierkreisbilder kann die Frage nach dem
optimalen Einflussbereich von Tierkreisbildern gestellt werden. Gemäß Abb. 10 liegen diese im Allgemeinen etwa in der Mitte der Sternbilder. Skorpion, Schütze,
Steinbock und Wassermann scheinen dabei eine gewisse Ausnahme zu bilden, was
mit den oben diskutierten Unklarheiten in der Begrenzung der Sternbilder zu tun
haben dürfte.
Wenn man innerhalb der Element-Trigone (Feuer, Erde, Wasser, Luft) ein Tierkreisbild bestimmen müsste, mit welchem die deutlichsten Formveränderungen assoziiert sind, würden wir für das Element Feuer das Tierkreisbild Löwe, für das
Element Erde die Jungfrau und für das Element Wasser die Fische auswählen.
Diese Sternbilder der Ekliptik haben an der Himmelssphäre die jeweils größte Ausdehnung und zeigen in der Durchschnittskurve (Abb. 9 & 10) die deutlichsten Ausschläge; interessanterweise sind dies auch die Tierkreisbilder, welche dem Himmelsäquator am nächsten liegen. Hinzu kommt ein Hinweis von Steiner (1917), der den
Einbezug der «kosmischen Richtungsströmungen» Fische/Jungfrau als eine Aufgabe
einer zukünftigen «heilsamen Wissenschaft» ansah. Aus Symmetriegründen würden
wir deshalb für das Element Luft das Tierkreisbild Wassermann wählen, auch wenn
es in den Messdaten nicht besonders prägnant erscheint – was allerdings auch auf die
unterdurchschnittliche Menge an Datenpunkten zurückzuführen sein könnte.
Zusammenfassung und Diskussion
Die beiden Hauptfragestellungen können damit wie folgt beantwortet werden:
1.) Es ergibt sich unseres Erachtens kein Hinweis darauf, dass infolge von nicht
kodierten Bestimmungen die Messwerte des Mistelbeerenform-Parameters λ
durch unbewusste Manipulation verfälscht wurden.
2.) Für den Zusammenhang von Mistelbeerenform und Mondstellung im Tierkreis scheint die Stellung des Mondes vor den phänomenologisch sichtbaren,
17
nicht äquidistanten Tierkreisbildern entscheidend zu sein, während die Stellung des Mondes vor den äquidistanten Tierkreiszeichen keine Rolle zu spielen scheint.
Das zweite Resultat ist insofern (indirekt) kongruent mit geisteswissenschaftlichen
Forschungen von Rudolf Steiner, als es einen Notizbucheintrag für den Vortrag vom
3.11.1923 gibt, in welchem ein klarer Bezug der Mistelpflanze zu verschiedenen Elementarwesen geschildert wird (Groddeck 1972): «Die Mistel hat Verwandtschaft zu
den Undinen; sie meidet die Gnomen – sie vertreibt sie – ihr Saft dringt zum Wurzelwesen so, dass er die Gnomen vertreibt und zum Blütenwesen so, dass er die Feuergeister vertreibt = er wirkt als lichtdurchdrungenes chemisches Element». Nach
Steiner werden von der Mistel also Feuer- und Erdgeister vertrieben bzw. gemieden,
während sie zu Luft- und Wassergeistern eine Verwandtschaft hat. Dies entspricht
formal dem polaren Verhalten der Mistelbeere bei Mondstellungen vor den Feuer/
Erd- und Luft/Wasser-Trigonen (vgl. Abb. 5). Im Anschluss an diese Beobachtung
könnte man die Frage formulieren, ob bei Mondstellungen vor den Feuer/Erdebzw. Luft/Wasser-Trigonen entsprechende Elementarwesen an Mistelpflanzen
(oder evtl. sogar allgemein im Pflanzenreich) eine intensivere Aktivität entfalten.
Im Kontext der langfristigen Formveränderung der Mistelbeere im Laufe ihres
Reifeprozesses von Herbst bis Winter, bei welcher der λ-Wert im Allgemeinen abnimmt, könnte man die tieferen λ-Werte bei Mondstellungen vor Feuer- und Erdtrigon-Tierkreisbildern als Förderung des Reifevorganges interpretieren, während
die höheren λ-Werte bei Mondstellungen vor Luft- und Wassertrigon-Tierkreisbildern als Hemmung des Reifeprozesses angesehen werden könnten. Die Verwandtschaft zu Luft- und Wassergeistern könnte der Mistel dabei behilflich sein, den Reifeprozess ihrer Beeren – im Rahmen ihrer ganz allgemein sehr langsamen Entwicklung
(Ramm 1995) – möglichst zu verzögern.
Im Vergleich mit den Resultaten von Edwards (1986, 1992–1998), welcher für die
λ-Werte von Pflanzen- und Baumknospen etwa zweiwöchige Rhythmen fand, die er
mit Mond-Planeten-Konstellationen korrelierte, scheinen Mistelbeeren – abgesehen
vom Mond – nicht mit den Planeten, sondern primär mit dem Tierkreis in Zusammenhang zu stehen. Ob dies mit der speziellen Natur der Mistelpflanze zusammenhängt oder damit, dass wir Beeren anstelle von Knospen untersucht haben,
kann an dieser Stelle nicht entschieden werden. Für Ersteres könnte sprechen, dass
die Mistel «sich als Pflanze für den hellseherischen Blick sehr von den anderen
unterscheidet. Sie zeigt nämlich etwas von einem Astralleib, der, wie bei dem Tierleibe, in die Mistel hineingeht» (Steiner 1908). Dieser – pflanzenuntypische – Astralleib könnte über die Planetensphäre hinaus den Kontakt zur Fixsternsphäre und
damit zum Tierkreis vermitteln.
Die Lehre der Trigonal-Aspekte im Tierkreis und deren Zusammenhang mit den
klassischen Elementen (Feuer, Erde, Wasser, Luft) wird historisch im Allgemeinen
auf den Hellenismus zurückgeführt (Gundel/Böker 1997). Die im antiken Griechenland entwickelte Astrologie war zu dieser Zeit nicht so formalisiert wie heute; so waren für die meisten griechischen Autoren entsprechender Lehrtexte die Tierkreisbil18
der entweder Götter oder untergeordnete Götter (Dämonen oder Astralwesen),
welche auch im Kultus verehrt wurden. Entsprechend scheint es plausibel, dass von
diesen Astralwesen bestimmte Gemütsbewegungen ausgehen können, welche nicht
nur auf den Menschen, sondern auch auf die gesamte Natur (Witterung, Pflanzenund Tierwelt) Auswirkungen hatten. Diese Zusammenhänge wurden in der zu dieser Zeit entstehenden Astrologie zu erfassen gesucht.
Dass der Mond mit vielen Lebensprozessen auf der Erde intim verbunden bzw.
rhythmisch korreliert ist, kann wohl als etabliertes Faktum gelten (siehe hierzu etwa die
Übersichtsarbeiten von Endres/Schad (1997) sowie Burns (1997)). Insbesondere synodische Mondrhythmen sind bei vielen Pflanzen- und Tierarten beobachtet worden.
Wesentlich umstrittener ist die Frage, ob sich auch siderische Mondrhythmen
(Mond-Tierkreis-Konstellationen) in biologischen Phänomenen widerspiegeln
können. So konnten weder die Resultate der extensiven Versuchsreihen von Thun
und Heinze (1973), welche deutlich auf einen Mond-Trigon-Rhythmus in agronomischen Parametern von Ackerfrüchten hinweisen, noch die von Abele (1973, 1975)
recht gut nachvollzogen werden. Graf (1977) konnte bei bestimmten Pflanzen ebenfalls Korrelationen zu Mond-Trigon-Konstellationen beobachten, bei anderen
Pflanzen jedoch nicht. Lücke (1982) und Spieß (1994) fanden jedoch – gemäß den eigenen Schlussfolgerungen – nur relativ schwache bzw. keine Korrelationen von
Mond-Tierkreisstellungen zu Ertragsgrößen verschiedener Kulturpflanzen. Kollerstrom und Staudenmaier (2001) wiederum führten modifizierte statistische Analysen in einer Untergruppe der Datensätze von Lücke und Spieß durch und erhielten
signifikante Effekte für bestimmte Mond-Trigon-Konstellationen.
Die in dieser Arbeit durchgeführten Messungen zu Formveränderungen reifender Mistelbeeren haben mit den oben zitierten agronomischen Arbeiten keinen direkten Zusammenhang. Aufgrund der unterschiedlichen Zielparameter (geometrische Form von Mistelbeeren anstelle agronomischer Ertragsgrößen), eines komplett
anderen Versuchdesigns (Untersuchung von Erntetagen anstelle von Aussaattagen)
und der Beobachtung einer agronomisch uninteressanten Pflanze (Mistel) mit mannigfachen botanischen und geisteswissenschaftlichen Besonderheiten (vgl. z.B. Ramm
(1995) und Dorka (1997)) können die vorliegenden Resultate nicht direkt zur Unterstützung bestimmter Ansichten zur agronomischen Wirksamkeit des Mondes (synodisch vs. siderisch) herangezogen werden. Die vorliegenden Resultate zeigen aber
die prinzipielle Möglichkeit von Korrelationen zwischen Mond-Tierkreis-Konstellationen und biologischen Phänomenen auf.
Ausblick
An die vorliegenden Ergebnisse können erneut weiterführende Fragen angeknüpft
werden. Offen ist etwa weiterhin, ob sich der Mistelbeeren-Mond-Trigon-Rhythmus auf verschiedenen Wirtsbäumen (Apfelbäumen gleicher oder unterschiedlicher
Sorte, Eichen oder anderen Mistelwirten) in gleichem Maße zeigt. Ebenso harrt die
Frage eines möglichen Einflusses der Sonnenaktivität ihrer Beantwortung.
Reizvoll wäre auch die Untersuchung der Frage, ob die Formen bzw. optimalen
Wirksamkeitsbereiche der Tierkreisbilder noch genauer ausgemessen werden könn19
ten und ob zwischen allen Tierkreisbildern Zonen schwächerer Wirkung oder gar
neutrale Zonen aufzufinden sind. Die Beantwortung dieser Frage bedingte allerdings eine Verbesserung der Messmethode (Rationalisierung der Messungen sowie
Verringerung der Streuung).
Eine weitere Frage ist, ob sich die rhythmischen Formveränderungen der Beeren
auch in bestimmten Inhaltsstoffen oder anderen Qualitätsmerkmalen widerspiegeln.
Wenn dies der Fall wäre, implizierte dies die Frage, ob eine Beachtung solcher
Rhythmen bei der Mistelernte für eine Optimierung der Pflanzenqualität als Ausgangspunkt der Arzneimittelherstellung nutzbar gemacht werden könnte.
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Korrespondenzadresse:
Stephan Baumgartner
Institut Hiscia
Kirschweg 9
CH-4144 Arlesheim
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