Arzneimitteltherapie: Besonderheiten der palliativen Situation Symposium Palliativmedizin als interdisziplinäre Aufgabe Monika Trojan PharmD, Fachapothekerin für Klin. Pharmazie 22. September 2011 Seite 1 Überblick Was ist anders? Der Palliativpatient • Transdermales Fentanyl in der Palliativmedizin Polypharmazie und Arzneimittelinteraktionen Off-Label Use • Dronabinol und Cannabis Seite 2 Was ist anders? Veränderte Therapieziele Therapiedauer • Wirkungseintritt • Langzeiteffekte Physiologische Veränderungen bei Palliativpatienten • Pharmakokinetik • Pharmakodynamik • Applikationsweg EBM in der Palliativmedizin ? Seite 3 Der Palliativpatient Veränderte Körperzusammensetzung Arzneistoffverteilung Verändertes Körpergewicht Dosiergewicht Berechnung der CrCl Veränderungen des Gastrointestinaltrakts Arzneistoffresorption Veränderte Organfunktion Arzneistoffmetabolismus (Aktivierung, Desaktivierung) Arzneistoffelimination Seite 4 Der Palliativpatient Veränderte Rezeptorempfindlichkeit Arzneistoffwirkung/ Nebenwirkung Physische Einschränkungen Besondere Applikationsformen Besonderheiten des Umfelds Psychische, soziale und finanzielle Versorgungssituation Seite 5 Transdermale therapeutische Systeme (TTS) Matrixsysteme Membransysteme BfArM: Beim Teilen von TTS handelt es sich um eine Off-Label Anwendung! Seite 6 Charakteristika der Fentanyl TTS Vorteile • Alternativer Applikationsweg bei gestörter GI Resorption • Nicht invasiv • Gleichmäßige Wirkstoffspiegel • Langes Dosierungsintervall • Einfache Anwendung • Patientenpräferenz • Günstiges Nebenwirkungspotential (?) Nachteile • Verzögerter Wirkeintritt • Fortbestehen der Wirkung auch nach Abziehen des Pflasters • Haftprobleme • Kosten • Inter- und intraindividuelle Varianz Seite 7 Fentanyl TTS in der Palliativmedizin Inter- und intraindividuelle Variabilität der Resorption Einflussfaktoren: • Hauttemperatur • Hautdurchblutung • Hautzustand • Schwitzen Seite 8 Interindividuelle Resorptionsschwankungen Solassol et al.: Inter-and Intraindividual Variablilities in Pharmacokinetics of Fentanyl After 72-Hour Transdermal Applications in Cancer Pain Patients; Seite 9 Ther Drug Moni, Vol 27, No 4, August 2005 Interindividuelle Resorptionsschwankungen T.Heiskanan et al.: Pain 144 (2009) 218-222 Seite 10 Polypharmazie und Arzneimittelinteraktionen 10.09.2007 »Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt hingegen zwischen 15.000 und 17.000 unerwünschte Nebenwirkungen durch Medikamente jährlich an, Tendenz ebenfalls steigend. Dazu zählen 1.200 bis 1.400 tödliche Komplikationen. Diese Zahlen erfassen aber nur die gemeldeten Zwischenfälle. ›Das sind weder alle Nebenwirkungen noch alle Todesfälle‹, sagt Ulrich Hagemann, der die Abteilung für Pharmakovigilanz im BfArM leitet, die für Arzneimittelsicherheit und -überwachung zuständig ist. ›Leider muss man vermuten, dass die Mehrzahl der Ärzte keine Nebenwirkungen meldet.‹« Seite 11 Polypharmazie und Arzneimittelinteraktionen • Einer von drei älteren Patienten, die ambulant behandelt werden, erfährt eine unerwünschte Arzneimittelinteraktion • Bei 6-30% der stationären Einweisungen älterer Patienten sind unerwünschte Arzneimittelwirkungen beteiligt • Bis zu 20% der stationären Todesfälle gehen auf vermeidbare unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurück • 40% der Älteren erhalten 5 und mehr verschiedene Medikamente • Polypharmazie erhöht das Risiko von unerwünschten Arzneimittelwirkungen • 13% bei 2 Medikamenten • 38% bei 4 Medikamenten • 82% bei mehr als 7 Medikamenten Scott et al.: Quality of drug prescribing in older patients: is there a problem and can we improve it? Internal Medicine Journal 40 (2010) 7-18 Seite 12 Polypharmazie - „Prescribing cascade“ Rochon P A , Gurwitz J H BMJ 1997;315:1096-1099 Beispiele einer Verschreibungskaskade: NSAR/COX-2-Inhibitoren Diuretika, Antihypertonika Steroide Diuretika, Antihypertonika Anticholinergika Antidementiva, Neuroleptika Seite 13 Arzneimittelinteraktionen Pharmakokinetisch • Absorption • Distribution • Metabolismus (Cytochrom P450, UGT, P-gp) • Elimination Pharmakodynamisch • Synergismus / Antagonismus Pharmazeutisch Piritramid / Metamizol nach 7d • Inkompatibilität Bild: C. Remi Seite 14 Arzneimittelinteraktionen R. Horton, C. Barber Journal of Pain and Symptom Management, Volume 37, Issue 6, Pages e2-e5 Seite 15 Opioide und pharmakokinetische Arzneimittelinteraktionen http://www.kardiolab.ch/CYP450_2JSI.html Seite 16 Opioide und pharmakokinetische Arzneimittelinteraktionen Opioide, die haupsächlich über UGT verstoffwechselt werden: • Morphin • Hydromorphon • Buprenorphin • Tapentadol Opioide, die hauptsächlich über Cytochrom P450 verstoffwechselt werden: • Fentanyl • Oxycodon • Buprenorphin www.fachinfo.de www.genemedrx.com/drug-metabolism.php • Methadon • Codein (Prodrug!) • Tramadol (Prodrug!) • Tilidin (Prodrug!) http://medicine.iupui.edu/clinpharm/ Seite 17 Off-Label Use in der Palliatimedizin Amitriptylin neuropathischer Schmerz, Schlafstörungen Haloperidol Levomepromazin Übelkeit, Erbrechen Dronabinol Appetitanregung Opioide* Atemnot Butylscopolamin* Glycopyrolat (Scopolamin, Atropin) terminale Rasselatmung Alternativer Applikationsweg (s.c., rektal) *positiver Cochrane Review Seite 18 Applikationswege Inhalativ/nasal transdermal Oral / buccal / sublingual i.v. rektal s.c. topisch Graphik: C. Remi Seite 19 Probleme beim Off-Label Use • Grundsätzlich keine Erstattung durch die GKV (Genehmigungspflicht) • Aufklärung des Patienten und Dokumentation • Information des Patienten sowie nach Möglichkeit der an der Versorgung Beteiligten Seite 20 Cannabis und Dronabinol Cannabis Dronabinol • BTM • Verordnungsfähigkeit von Cannabis-haltigen FAM in der zugelassenen Indikation • Sativex ®: Spray zur Anwendung in der Mundhöhle; Zulassung: 2nd line zur Behandlung der Spastik bei MS-Patienten • BTM • Verordnungsfähig • Als Rezeptur-Kit verfügbar (Kps.,Tropfen) • Nur im Einzelfall erstattungsfähig zu Lasten der gesetzlichen KK (Genehmigungspflicht) • Hohe Kosten im ambulanten Bereich 21 Seite 21 [email protected] Seite 22