Kometen und Asteroiden Fallen auf die Erde Agenda: 1. Planeten. Und weiter? 2. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. 3. VII: Very Important Impacts 4. Erde in Gefahr? 5. „Mama, der Himmel brennt!“ 6. No Risk, No Fun! 7. Armageddon Abbildung 1: Sonnensystem – Innerer grauer Bereich: „Asteroidengürtel“, Äußerer grauer Bereich: „Kuiper-Gürtel“ (nicht maßstabsgetreu) Simon Lechner, Peter Müller 1 16.10.2012 Planeten. Und weiter? Neben den Planeten und Monden gibt es in unserem Sonnensystem weitere Himmelskörper, mit denen wir uns beschäftigen werden. 1. Asteroiden (lat. „sternähnlich“) Relativ kleine Gesteinsbrocken (mehre 100 km bis wenige Meter), die um die Sonne kreisen. Man findet sie im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter sowie im KuiperGürtel außerhalb des Neptuns (Abb. 1). Man kennt etwa 400 000 dieser Objekte (Durchmesser rund 1 km), von denen man die Umlaufbahn durch Modelle voraussagen kann. Allerdings schätzt man ihre tatsächliche Zahl auf mehr als 1 Million. 2. Kometen Asteroiden mit einem Eismantel, der ihnen, sublimiert von der Sonnenstrahlung, einen Schweif verleiht. Sie findet man im Kuiper-Gürtel oder in der Oortschen Wolke außerhalb des Sonnensystems. Sie lassen sich nur schwer mit heutigen Mitteln verfolgen. 3. Meteor (griech. „Ding in der Luft“) Asteroiden oder ihre Bruchstücke, die in die Erdatmosphäre eindringen (Sternschnuppen). Kleine Meteore sind häufige Ereignisse, die beinahe täglich zu beobachten sind. Große Meteore, mit katastrophalen Auswirkungen, kommen höchstens einmal in 1 Million Jahren vor. 4. Meteorit Meteore, die nicht vollständig verglühen und auf der Erdoberfläche einschlagen. Sie sind vor allem für die Forschung nach der Zusammensetzung des Sonnensystems von großer Bedeutung. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Asteroiden und Kometen sind Überbleibsel aus der Zeit, als sich das Sonnensystem bildete. Sie sind Fragmente von sog. „Planetesimalen“, also Platentenkleinstteilen. Sie bestehen damit aus dem festen Rohmaterial des Sonnensystems. Ihre Bahnen und Zusammensetzungen erlauben Rückschlüsse auf dessen Entstehung. VII: Very Important Impacts 1. Vor ca. 65 Millionen Jahren, der Chicxulub-Krater nahe der Halbinsel Yucatan: Ein Asteroid oder Komet trifft die Erde. Er entfesselt eine Energie von 100 Billionen Tonnen TNT (1014 Tonnen; Eine Megatonne, also 106 t TNT entsprechen einer Energie von 4,2. 1015 Joule). Dabei ragte er, als er den Boden berührte, noch über die offizielle Grenze der Erdatmosphäre hinaus. Die Folgen waren verheerend. Seine Bruchstücke fielen erneut auf die Erde und entfachten Waldbrände, sein gebundenes Chlor regnete mehrere Monate später noch auf die Erde herab. Er löschte damit nicht nur die Dinosaurier, sondern ¼ aller Tier- und Pflanzenarten der damaligen Erde aus. 2. Am 30. Juni 1908 um 7:14, Zentralsibirien: Im Tunguska-Gebiet, einer Sumpflandschaft in Sibirien, explodiert ein Meteor von etwa 50 bis 80 Metern Größe dicht über dem Erdboden. Er entwurzelt 80 Millionen Bäume auf einer unbesiedelten Fläche von 2000 km², seine Energie taut den Permafrostboden auf. Der See, der den Krater heute füllt, misst etwa 300 x 500 km. 3. Am 13. April 2036: Der Asteroid „(99942) Apophis“ - benannt nach dem ägyptischen Gott der Auflösung, Finsternis und des Chaos – wird die Erde mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 45 000 treffen. Er hat eine Masse von 2,7. 10 10 kg eine relative Geschwindigkeit von etwa 6 Simon Lechner, Peter Müller 2 16.10.2012 km/s, wenn er die Erdbahn kreuzt. Seine Einschlagenergie schätzt man auf etwa 510 Mt (2,142. 1018 J). 2029 wird er die Erde noch in einer Entfernung von 30 000 km passieren. Auf der Turiner Skala wurde er mit Klasse 1 bewertet. Erde in Gefahr? Himmelskörper, die die Umlaufbahn der Erde schneiden, werden als „erdnah“ oder „potentiell gefährlich“ bezeichnet. Man kennt rund 5600 solche erdnahe Objekte, schätzt ihre Zahl aber auf mehr als 10 000 mit einem Radius über 140 m. Rund 900 der bekannten erdnahen Objekte ist größer als 1 km. Einschläge von Asteroiden sind näherungsweise poissionverteilt, das bedeutet, dass die Zeit zwischen den Aufschlägen näherungsweise exponentialverteilt ist. Werte, die sich aus Studien des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ergeben haben, lauten: • Durchmesser > 100 m – 1 Mal pro 5000 Jahre • Durchmesser > 200 m – 1 Mal pro 47 000 Jahre • Durchmesser > 1 km – 1 Mal pro 600 000 Jahre „Mama, der Himmel brennt!“ Wie bewegen sich Asteroiden und Kometen im All? Warum verglüht eigentlich ein Meteor, wenn er in die Erdatmosphäre eintritt? Wenn Asteroiden (bzw. Kometen) in Wechselwirkung mit der Gravitation eines Planeten treten, dann kommt es Abhängigkeit ihrer Energie zu unterschiedlich Bahnkurven. Diese sind bei Zweikörper-Problemen Kegelschnitte. Abbildung 2: E=-GmM/r + L2/(2mr2): Unterschiedliche Gesamtenergien erzeugen unterschiedliche Radien, der verschiedenen Kegelschnitte. Bei negativer Gesamtenergie überwiegt der anziehende Teil der potentiellen Energie. Der Asteroid ist gebunden (Ellipse, Kreis). Bei positiven Energien überwiegt die kinetische Energie Simon Lechner, Peter Müller 3 16.10.2012 und der Asteroid entflieht dem Planeten (Grenzfall: Parabel, darüber: Hyperbel). In der Realität sind die Bahnen jedoch nicht so einfach zu berechnen, da es sich bei der potentiellen Energie um komplizierte Mehrkörper-Potentiale handelt. Dringt ein Asteroid in die Erdatmosphäre ein, so komprimiert er die Luft auf die er trifft. Diese physikalischen Vorgänge wollen wir nun mathematisch näherungsweise betrachten: Aus den Kräften, die auf einen Asteroiden beim Eintritt wirken ergibt sich folgende Differentialgleichung für seine Bewegung. dv dt c Aρ k := w 2m −g +k⋅v 2= Die „Konstante“ k ergibt sich aus dem Luftwiderstand, dabei ist c w der Strömungswiderstandskoeffizient (CW-Wert), A die effektive Fläche, m die Masse des Asteroiden und ρ die Dichte der Luft. Die Lösung ist eine hyperbolische Funktion, die sich einer Endgeschwindigkeit annähert. Die Differenz der kinetischen Energien bei Eintritt und Endgeschwindigkeit geht in E th=c m Δ T über. Dabei ist c die spezifische Wärmekapazität und ΔT die Erwärmung. So werden enorme Temperaturen von einigen 10 000 °C erreicht, die den Asteroiden zum Glühen bringen. Zudem wird die Luft ionisiert, was zu weiteren Leuchterscheinungen (Rekombinationsleuchten) beiträgt. No Risk, No Fun! Die Turiner Skala (Abb. 2) ist eine der üblichen Skalen zur Einstufung der Risiken durch Asteroiden. Die kinetische Energie des Asteroiden wird über seine Impaktwahrscheinlichkeit aufgetragen. Der Graph ist unterteilt in Flächen, die Klassen von 0 bis 10. Sie würde bei der UNKonferenz 1995 von Prof. R.P. Binzel (MIT) unter dem Namen Near-Earth Objekt Hazard Index vorgestellt. Abbildung 3: Turiner Skala • • Weiß (0): Keine Gefahr von Schäden • Grün (1): Gewöhnlicher, aber beobachteter Vorbeiflug • Gelb (2,3,4): Beobachteter, engerer Vorbeiflug, der lokalen bis regionalen Schaden anrichten würde, sollte er aufschlagen. • Orange (5,6,7): Enge bis sehr enge Begegnung mit möglichen regionalen bis globalen Auswirkungen Rot (8,9,10): Sichere Kollision. Auswirkungen von lokalen Zerstörungen an Land, über Tsunami zu Wasser bis zu globalen Klimakatastrophen wahrscheinlich. Zur Berechnung der Impaktwahrscheinlichkeit werden auf der nominalen (mittleren) Umlaufbahn des Asteroiden sog. VAs (Virtual Asteroids) erstellt. Ihre Bahnen werden von Computersimulationen numerisch berechnet und stellen jeweils eine mögliche Flugbahn des Asteroiden dar. Es entsteht ein Ellipsoid indem sich alle VAs befinden und der sich mit der Zeit entlang seiner nominalen Flugbahn ausdehnt. Innerhalb einer Unschärferegion werden jene VAs gesucht, die nun die Erde treffen. Je nach Rechenkapazitäten werden unterschiedlich Simon Lechner, Peter Müller 4 16.10.2012 große Regionen mit unterschiedlich vielen VAs erstellt. Typische Zahlen sind 100 000 VAs, typische Radien der Regionen sind 3σ der Verteilung der VAs (0,99-Konfidenzintervall). Treffen nun 2 dieser 100 000 VAs die Erde, dann nimmt man eine Wahrscheinlichkeit von 1/50 000 an. Liefern die VAs keine brauchbare Aussagen, so werden mittels Monte-Carlo-Methode weitere VAs berechnet. Armageddon Wie können wir die Erde vor einem drohenden Einschlag retten? Zwei denkbare Möglichkeiten: 1. Zerstörung Den Asteroiden mit einer Atombombe zu zerstören, ist eine denkbar schlechte Idee. Einerseits würden viele kleine Trümmer entstehen, die weit größeren Schaden anrichten könnten. Anderseits blieben die meisten Asteroiden von einer Atombombenexplosion unbeeindruckt, denn sie bestehen zumeist aus Metallen oder sogar nur aus losen Trümmern. Der Einsatz einer Atombombe käme einem Schlag mit einem Hammer auf einen Reissack (bzw. einem Amboss) gleich. 2. Ablenken Eine Methode mit besseren Erfolgsaussichten stellt die Ablenkung dar. Man könnte die Atombombe neben dem Asteroiden zünden um ihn mit der Druckwelle aus seiner Bahn zu schleudern. Dies würde, wenn es überhaupt funktioniert, sich jedoch unkontrollierbar auf die Flugbahn auswirken. Um eine kontrollierbare Ablenkung zu erzielen, ist der Einsatz eines sogenannten „Traktors“ denkbar, der mit Hilfe seiner Eigengravitation langsam die Flugbahn korrigiert. Dazu ist aber eine gute Früherkennung notwendig. Dumm gelaufen Menschheit … Quellen: 1. „Astronomie – Die kosmische Perspektive“ (5. Auflage) (J. Bennet, M. Donahue, N. Schneider, M. Voit), Pearson Studium 2010 2. „Spektrum der Wissenschaft“, Ausgaben: 2005/2 (Der Tag an dem die Erde brannte), 2008/7 (Der Tunguska Explosion auf der Spur), 23.11.2008 (Tagebuch – Auf Kollisionskurs) 3. Wikipedia (4.10.2012): Suchwörter: „Kleinkörper (Astronomie)“, „Impakt“, „Turiner Skala“ 4. Homepage des Near-Earth Object Programms der NASA (4.10.2012): http://neo.jpl.nasa.gov/risk/doc/sentry.html 5. Video aus der TVthek des ORF: http://tvthek.orf.at/ , „Sendung ohne Namen“ Episode 114: Die Welt im Taumel (18.9. 2012), 9:25 bis 10:30 (mittlerweile noch auf YouTube verfügbar) 6. „Tod aus dem All: Wie die Welt einmal untergeht“ (Philip Plait), Rowohlt Verlag (E-Book 2012) 7. „Experimentalphysik I“ (5. Auflage) (Wolfgang Demtröder), Springer Verlag 2008 Simon Lechner, Peter Müller 5 16.10.2012