M Machupo-Virus Malassezia Arenaviren Erregerbezeichnung Macracanthorhynchus Acanthocephala Malassezia furfur (Robin) Baillon 1889, Malassezia pachydermatis (Weidman) Dodge 1935, Malassezia sympodialis 1990, weitere Spezies seit 1996: Malassezia globosa, Malassezia restricta, Malassezia slooffiae, Malassezia obtusa. Synonym Madenwurm Enterobius vermicularis Diverse Synonyme sind heute obsolet: Pityrosporum orbiculare Gordon 1951, Pityrosporum ovale (Bizzozero) Castellani & Chalmers 1913, Pityrosporum canis und weitere. Morphologie Madrid Virus Bunyaviren Madurafuß Eumyzetom (Madurella mycetomatis, u.v.a.) Maduramykose Auf menschlicher Haut dimorph: Ovale, ellipsoide oder kurzzylindrische Zellen mit unipolarer Sprossung 1,5–4,5×2,0–6,5 µm; daneben echte, wenig septierte, hyaline Hyphen. Kultur. Lipophil (außer: M. pachydermatis): Wachstum auf 1% Olivenöl-überschichteten Nährböden bzw. Medium nach Leeming & Notman nach 3d bis 2 Wochen bei 32–35°C und hoher Luftfeuchtigkeit: cremefarbene Hefekolonien mit meist glatter Oberfläche und unregelmäßiger Begrenzung. Eumyzetom (Madurella mycetomatis, u.v.a.) Madurella mycetomatis Eumyzetom (Madurella mycetomatis, u.v.a.) Mikroskopisch. Runde, ovale, ellipsoide oder kurz-zylindrische Zellen 1,5–4,5×2,0–6,5 µm mit unipolarer Sprossung, Collarette. M. globosa: runde Zellen mit Sprossung an schmaler Basis. M. obtusa: große, elongierte Zellen mit Sprossung an breiter Basis. 395 Malassezia Taxonomie Abteilung: Klasse: Familie: Gattung: Labordiagnostik Basidiomycota Blastomycetes Cryptococcaceae Malassezia. Teleomorph: Nicht bekannt. Historie Erste Beschreibungen des Pilzes und Zuordnung zur Pityriasis versicolor von Eichstedt 1846 und Robin 1853. Malassez beschrieb 1874 das Vorkommen von rund-ovalen Sprosszellen in menschlichen Hautschuppen. Von Marcon & Powell 1992 als ätiologisches Agens einer opportunistischen systemischen Infektion beschrieben. Erkrankungen/Symptome Pityriasis versicolor. Auf das Stratum corneum beschränkte Mykose mit geringer entzündlicher Reaktion, verbunden mit überschießender Vermehrung der Pilze: Kleinfleckige rötlichgelbe oder braune Herde können zu größeren Herden konfluieren. Kleieförmige Schuppung (Kleienflechte), dunkle Flecken auf heller Haut, bei dunkler Haut Depigmentierung. Häufig rezidivierend. Follikulitis. Entzündliche, bräunliche-rote follikelgebundene Papeln diffus auf der Haut des Thoraxbereiches. Ausgeprägter Juckreiz. Oft chronischer Verlauf. Seborrhoische Dermatitis. Malassezia ist vermutlich an der Pathogenese der seborrhoischen Dermatitis wesentlich beteiligt. Rötung und verstärkte Schuppung im behaarten Kopfbereich, im Gesicht und am Stamm, einhergehend mit Juckreiz. Untersuchungsmaterial. Hautschuppen, mit KOH behandelt, oder Tesafilmabriss von verdächtigen Hautstellen. Blut, Katheterspitzen. Mikroskopie. Ungefärbt im Phasenkontrast oder gefärbt (Lactophenol-Baumwollblau, Calcofluor White). Merkmale siehe Morphologie. Im Woodlicht rötlichgelbe bis orange Fluoreszenz der Herde. Kultur. Auf Spezialmedium siehe Morphologie. Artbestimmung kultivierter Pilze erfolgt mikromorphologisch, biochemisch (Assimilation von Tween, Katalasereaktion, Äskulinspaltung) und durch Bestimmung der Wachstumstemperatur. Serologie. Keine. Therapie Pityriasis versicolor und seborrhoische Dermatitis: Extern: 3%iger Salizylsäurespiritus (wahlweise mit 0,5% Hexachlorophen) 1mal täglich, Haare waschen mit Azol-haltigem Shampoo. Bei Therapieresistenz: 1%ige Clotrimazol-Salbe, Econazollösung oder andere azolhaltige Externa; bei hoher Rezidivrate: Itraconazol (200mg/ die per os, 7 Tage). Chronische Follikulituis: Extern Clotrimazolsalbe, zusätzlich Itraconazol (200mg/die per os, 7–14 Tage). Opportunistische systemische Infektion: Entfernung von Kathetern, antimykotische Therapie mit Itraconazol. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Differenzialdiagnose Opportunist, d.h. der Pilz kann sowohl Kommensale als auch unter bestimmten Bedingungen Krankheitserreger sein. Ausgeprägte Fähigkeit der Hyphenzellen zur Adhärenz an das Startum corneum der Haut. Dimorphismus ist virulenzassoziiert, da in Läsionen bei Pityriasis versicolor vorwiegend Myzelien ausgebildet werden, auf gesunder Haut vorwiegend Sprosszellen. Weitere Virulenzfaktoren: Lipasen, Hydrolasen und Fähigkeit zur Produktion reaktiver Sauerstoffverbindungen. Pityriasis versicolor: Erythrasma. Erworbene Depigmentierung der Haut (Vitiligo). Follikulitis: Akne. Opportunistische systemische Mykose: systemische Candida-Infektionen. Infektion aus patienteneigener Hautflora; Übertagung vom Tier (Hund, Katze etc.) auf den Opportunistische systemische Mykose. Bei immunsupprimierten Risikopatienten und Neugeborenen Fieber, pulmonale Infiltrate und diverse uncharakteristische Organmanifestationen mit möglichem lebensbedrohlichen Verlauf. Beeinflussung der Blutgerinnung. 396 Transmission Malassezia Menschen; Übertragung Mensch (Hände). von Mensch zu Vermehrung und Inkubationszeit Nicht bestimmbar aufgrund des Kommensalismus. Resistenz Pilz überlebt nur in feuchtem, fettreichen Milieu. Immunantwort Humorale Antwort vorhanden, zellvermittelte Immunität ist bei Pityriasis versicolor gestört. Wirtsbereich M. pachydermatis: Wild- und Haustiere, Vögel, Primaten. Die anderen lipidbedürftigen Arten leben als Kommensale in talgdrüsenreichen Hautarealen des Menschen, aber auch auf der Haut u.a. von Fledermäusen, Vögeln, Katzen, Hunden, Pferden und Schweinen. Risikogruppen Hautaffektionen: Hyperhidrosis oleosa, Seborrhoe, behinderte Hautabdunstung, weitere individuelle begünstigende Faktoren noch wenig bekannt. Chronische Follikulitis bei Erwachsenen unter Glukokortikoid-, Antibiotika- und/ oder immunsuppressiver Therapie und bei Diabetes mellitus auftretend. Opportunistische, systemische Infektion: Patienten mit zentralem Venenkatheter, CAPD-Patienten, Neugeborene (bes. unter Intensivtherapie und bei geringem Geburtsgewicht). ◗ Malassezia sympodialis partial 26S rRNA gene, strain CBS 7222: AJ249953 ◗ Malassezia slooffiae partial 26S rRNA gene, strain CBS 7956: AJ249956 ◗ Malassezia slooffiae 26S ribosomal RNA gene, partial sequence: AF064028 ◗ Malassezia obtusa partial 26S rRNA gene, strain CBS 7876: AJ249954 ◗ Malassezia obtusa 26S rRNA gene, partial sequence: AF064027 ◗ Malassezia pachydermatis partial 26S rRNA gene, strain CBS 1879: AJ249952 ◗ Malassezia pachydermatis 26S rRNA gene, partial sequence: AF063215 ◗ Malassezia restricta partial 26S rRNA gene, strain CBS 7877: AJ249950 ◗ Malassezia restricta 26S ribosomal RNA gene, partial sequence: AF064026 ◗ Malassezia globosa partial 26S rRNA gene, strain CBS 7966: AJ249951 ◗ Malassezia globosa 26S ribosomal RNA gene, partial sequence: AF064025 ◗ Malassezia furfur 18S ribosomal RNA gene, partial sequence; internal transcribed spacer 1, 5.8S ribosomal RNA gene and internal transcribed spacer 2, complete sequence; and 28S ribosomal RNA gene, partial sequence: AF246896 ◗ Malassezia furfur 18S ribosomal RNA gene, partial sequence: AF208388 ◗ Malassezia furfur 26S ribosomal RNA gene, partial sequence: AF063214 Prävention Keine. Epidemiologie Kommensalismus auf menschlicher, talgdrüsenreicher Haut, auch Kopfhaut; beginnend in der Pubertätsphase. Vorkommen weltweit, aber gehäuft in den Tropen. Inzidenz der Pityriasis versicolor in tropischen Gebieten ca. 40%, in gemäßigten Klimazonen 1–4%. Besiedelte oder auch erkrankte Tiere (bes. Otitis bei Hund, Katze etc.) sind ein weiteres Reservoir. Genetik Von M. pachydermatis sind 6 Chromosomen mit einer molekularen Größe von 820 bis 1800 kb beschrieben, von M. furfur 7 Chromosomen. ◗ Malassezia sympodialis 26S rRNA gene, partial: AF064024 Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine. Meldepflicht Keine. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Kein Referenzzentrum in Deutschland. Literaturüberblick: http://www.ohsu.edu/cliniweb/B5/ B5.354.930.html Informationen zu Erreger, Pathogenese und Therapie: 397 M Mansonella ozzardi ◗ http://link.springer-ny.com/link/service/ journals/00105/bibs/1052001/10520073.htm ◗ http://www.dermatologie.de/frames/ _artikel/der_deutsche_dermatologe/2001/ 05/334.html Schlüsselliteratur 1. Kurtzman, CP & Fell, JW. 1998, The Yeasts, A Taxonomic Study. Elsevier Science B.V., Amsterdam. 785pp. 2. Gueho, E et al. 1998. The role of Malassezia species in the ecology of human skin and as pathogen. J Med Vet Mycol; 36: 220–229. 3. Midgley, G. 2000. The lipophilic yeasts: state of the art and prospects. Medical Mycology 38(Suppl. 1): 9–16. 4. Leeming, JP. & Notman FH. 1987. Improved methods for isolation and enumeration of Mallassezia furfur from human skin. J Clin Microb; 25: 2017–2019. 5. Gupta, AK, Kohli, Y, Summerbell, RC. 2000. Molecular differentiation of seven Malassezia species. J Clin Microbiol; 38(5):1869–75. Mansonella ozzardi Erregerbezeichnung Mansonella ozzardi Erkrankungen/Symptome Die adulten Würmer sollen sich im subkutanen und peritonealen Bindegewebe ansiedeln. Außer einer Eosinophilie treten ausgeprägte Krankheitserscheinungen nicht auf. Vereinzelt wurden juckende Hautreaktionen und Gelenkschmerzen der Infestation mit M. ozzardi zugeschrieben. Differenzialdiagnose Eine gesicherte Diagnose ist nur durch den Parasitennachweis (in der Regel anhand der Mikrofilarien) möglich. Die Mikrofilarien leben in den Blutgefäßen und weisen keine Periodizität auf, so dass sie sowohl tagsüber als auch nachts im peripheren Blut anzutreffen sind. Sie sind – verglichen mit denjenigen anderer Arten – relativ klein, jedoch anhand der o.a. morphologischen Charakteristika leicht identifizierbar. Als Nachweismethoden kommen Blutausstrich, Dicker Tropfen und Anreicherungsverfahren (Millipore- oder Nucleopore-Filtration u.a.) in Frage. Eine Diagnosestellung aufgrund klinischer Symptome ist wegen deren Fehlens praktisch nicht möglich. Synonym Labordiagnostik Filaria demarquayi, Ozzard-Filarie Spezifische serologische Tests für eine zuverlässige Immundiagnostik sind nicht verfügbar, zunehmend kommen aber PCR (Polymerase Chain Reaction) Assays zur Anwendung. Morphologie Fadenförmige haardünne Rundwürmer (Filarien). Die Männchen werden 25–30 mm lang und 70–80 µm dick, während die Weibchen eine Länge von 30–60 mm erreichen bei einer Dicke von 130–160 µm. Die Weibchen gebären Mikrofilarien, deren mittlere Länge 183 µm (160–200 µm) und deren Durchmesser 3–4 µm beträgt. Die Mikrofilarien sind ungescheidet und besitzen eine zugespitzte kernfreie Schwanzspitze. Taxonomie Klasse: Nematoda Ordnung: Spirurida Familie: Onchocercidae Historie M. ozzardi wurde durch Ozzard bei Indianern Guyanas entdeckt, 1897 durch Manson als neue Art beschrieben und 1929 durch E. C. Faust als einzige Spezies einem neuen Genus zugeordnet. 398 Therapie Die Ergebnisse einer Therapie mit Diäthylcarbamazin (DEC) sind widersprüchlich. Möglicherweise kommen oral appliziertes Mebendazol (2×100mg/d über 30 Tage) oder Ivermectin (1×140µg/kg KG) als Chemotherapeutika in Frage. Spezifische Merkmale Transmission Eine Übertragung auf den Menschen ist nur durch bestimmte Insekten, und zwar Gnitzen (Ceratopogonidae) der Gattung Culicoides und auch Kriebelmücken (Simuliidae) der Gattung Simulium möglich. Vermehrung M. ozzardi ist ein zweiwirtiger Parasit mit filarienspezifischer Entwicklung: Gebären von Mi- Mansonella ozzardi krofilarien durch die adulten Weibchen und Übertreten ins periphere Blut → Aufnahme durch Überträgerinsekten → Entwicklung zu Infektionslarven in der Thoraxmuskulatur des Insekts innerhalb von 6–10 Tagen → Austritt der Larve aus den Mundwerkzeugen des Insekts während einer erneuten Blutmahlzeit und Eindringen in die Haut des Menschen → Heranwachsen zu Adultwürmern und Ansiedlung im subkutanen und peritonealen Bindegewebe. Die Präpatenz beträgt ca. 5–6 Monate. Wirtsbereich M. ozzardi wurde bisher nur beim Menschen nachgewiesen. Andere natürliche Wirte sind nicht bekannt. Risikogruppen Einige Autoren nehmen an, dass M. ozzardi besonders gut an einige Indianerstämme Süd- und Mittelamerikas adaptiert ist, bei denen nicht selten hohe Prävalenzraten gefunden werden. Epidemiologie Die Gesamtzahl der mit M. ozzardi infizierten Menschen wird auf 12–15 Mio. geschätzt. Das Verbreitungsgebiet ist auf Mittel- und Südamerika sowie die Westindischen Inseln beschränkt. Prävention Mögliche Maßnahmen sind Schutz durch Repellentien und Moskitonetze. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Offizielle Referenzzentren existieren nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen sind sämtliche parasitologische und tropenmedizinische Institutionen. Expertenlaboratorien ◗ Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Tropenmedizin, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Institut für Medizinische Parasitologie, Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn ◗ Institut für Parasitologie, Rudolf-BuchheimStr. 2, 35392 Gießen ◗ Institut für Parasitologie, Bünteweg 17, 30559 Hannover ◗ Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 65, 14163 Berlin ◗ Institut für vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Institut für Tropenmedizin, Wilhelmstr. 31, 72074 Tübingen ◗ Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Wiederholdstr. 15, 70174 Stuttgart ◗ Landesinstitut für Tropenmedizin, Engeldamm 62/64, 10179 Berlin Web-Adressen für Parasiten ◗ Deutsche Gesellschaft für Parasitologie: http://www.dgp.parasitologie.de ◗ Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft: http://www.dvg.net u.a. Infos zur Fachgruppe „Parasitologie und parasitäre Krankheiten“ ◗ Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit: http://www.dtg.mwn.de ◗ British Society for Parasitology: http://www.abdn.ac.uk/bsp/ ◗ American Society of Parasitologists: http://www.museum.unl.edu/asp ◗ Universität Berlin: Lehrstuhl für molekulare Parasitologie: http://www.biologie.hu-berlin.de/molpara ◗ CDC-Center for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ ◗ WHO-World Health Organization: http://www.who.int/ Schlüsselliteratur 1. Beaver PC, Jung RC, Cupp EW (1984) Clinical Parasitology. 9th Edition. Lea & Febiger, Philadelphia 2. Despommier DD, Gwadz RW, Hotez PJ (1995) Parasitic Diseases. 3rd Edition. Springer-Verlag, New York etc. 3. Lang W, Löscher T (Hrsg) (2000) Tropenmedizin in Klinik und Praxis. 3. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York 4. Mehlhorn H, Eichenlaub D, Löscher T, Peters W (1995) Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen. 2. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 399 M Mansonella perstans Acanthocheilonema perstans, Dipetalonema perstans, Tetrapetalonema perstans krofilarien möglich. Die Mikrofilarien zirkulieren im Blut und zeigen keine Periodizität, sind also zu jeder Tageszeit im peripheren Blut zu finden. Für die Differenzialdiagnose sind Form und Kernanordnung des Schwanzbereichs entscheidend (siehe Morphologie). Als Nachweismethoden kommen Blutausstrich, Dicker Tropfen und Anreicherungsverfahren (z.B. Millipore- oder Nucleopore-Filtration) in Frage. Morphologie Labordiagnostik Mansonella perstans Erregerbezeichnung Mansonella perstans Synonym Fadenförmige haardünne Rundwürmer (Filarien). Die Männchen werden ca. 45 mm lang bei einem Durchmesser von 60 µm, während die Weibchen eine Länge von 70–80 mm und einen Durchmesser von 120 µm erreichen. Die Weibchen gebären Mikrofilarien, deren Länge 190–200 µm und deren Durchmesser 4 µm beträgt. Die Mikrofilarien sind ungescheidet und besitzen ein stumpfes Schwanzende, wobei die unmittelbare Schwanzspitze mit einem Kern ausgefüllt ist. Taxonomie Klasse: Nematoda Ordnung: Spirurida Familie: Onchocercidae Historie Erstmals 1888 durch Daniels in Guyana nachgewiesener und von Manson 1891 beschriebener Parasit, der unterschiedlichen Gattungen zugeordnet wurde. Heutige Zuordnung zur Gattung Mansonella 1982 durch Orihel & Eberhard. Erkrankungen/Symptome Die adulten M. perstans bewohnen die Körperhöhlen, Mesenterien und das perirenale sowie das retroperitoneale und das perikardiale Gewebe. Der Befall wird gewöhnlich als harmlos angesehen. Bei einigen Infizierten sind Pruritus und passagere Hautschwellungen aufgetreten. Da im Falle einiger Enzephalopathien mit Schwindel, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Erbrechen auch Mikrofilarien von M. perstans nachgewiesen wurden, sind ernstere Krankheitserscheinungen nicht auszuschließen. Differenzialdiagnose Eine gesicherte Diagnose ist nur durch den Direktnachweis des Parasiten anhand seiner Mi400 Keine Daten verfügbar. Therapie Der Einsatz von Diäthylcarbamazin (DEC) wird konträr diskutiert. Eine Gesamtdosis von 75mg/ kg KG soll wirksam sein. Die Wirksamkeit von Mebendazol wird ebenfalls diskutiert (200– 300mg/d über 30 Tage). Spezifische Merkmale Transmission Eine Übertragung auf den Menschen ist nur durch Gnitzen der Gattung Culicoides möglich. Vermehrung Die Entwicklung von M. perstans entspricht derjenigen von M. ozzardi (siehe dort). Überträger sind allerdings ausschließlich Gnitzen der Gattung Culicoides. Die Präpatenz von M. perstans beträgt 3–5 Monate. Wirtsbereich Neben dem Menschen werden auch andere Primaten (so Gorilla und Schimpanse) von M. perstans befallen. Als Reservoir spielen Affen jedoch keine Rolle. Risikogruppen Besondere Risikogruppen sind nicht bekannt. Epidemiologie Die Schätzungen über die Zahl infizierter Menschen variieren stark zwischen 12 und 60 Mio. Die Verbreitung erstreckt sich auf das tropische Afrika (außerdem mit Nachweisen in Algerien und Tunesien), auf die Ostküste von Südamerika (von Panama bis Argentinien) und auf einige Karibische Inseln. In Guyana ist M. perstans häufig mit M. ozzardi vergesellschaftet, in Afri- Mansonella streptocerca ka nicht selten mit Wuchereria bancrofti und Loa loa. Prävention Mögliche Maßnahmen sind Schutz durch Repellentien und Moskitonetze. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Offizielle Referenzzentren existieren nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen sind sämtliche parasitologische und tropenmedizinische Institutionen. Expertenlaboratorien ◗ Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Tropenmedizin, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Institut für Medizinische Parasitologie, Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn ◗ Institut für Parasitologie, Rudolf-BuchheimStr. 2, 35392 Gießen ◗ Institut für Parasitologie, Bünteweg 17, 30559 Hannover ◗ Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 65, 14163 Berlin ◗ Institut für vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Institut für Tropenmedizin, Wilhelmstr. 31, 72074 Tübingen ◗ Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Wiederholdstr. 15, 70174 Stuttgart ◗ Landesinstitut für Tropenmedizin, Engeldamm 62/64, 10179 Berlin Web-Adressen für Parasiten ◗ Deutsche Gesellschaft für Parasitologie: http://www.dgp.parasitologie.de ◗ Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft: http://www.dvg.net u.a. Infos zur Fachgruppe „Parasitologie und parasitäre Krankheiten“ ◗ Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit: http://www.dtg.mwn.de ◗ British Society for Parasitology: http://www.abdn.ac.uk/bsp/ ◗ American Society of Parasitologists: http://www.museum.unl.edu/asp ◗ Universität Berlin: Lehrstuhl für molekulare Parasitologie: http://www.biologie.hu-berlin.de/molpara ◗ CDC-Center for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ ◗ WHO-World Health Organization: http://www.who.int/ Schlüsselliteratur 1. Beaver PC, Jung RC, Cupp EW (1984) Clinical Parasitology. 9th Edition. Lea & Febiger, Philadelphia 2. Despommier DD, Gwadz RW, Hotez PJ (1995) Parasitic Diseases. 3rd Edition. Springer-Verlag, New York etc. 3. Lang W, Löscher T (Hrsg) (2000) Tropenmedizin in Klinik und Praxis. 3. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York 4. Mehlhorn H, Eichenlaub D, Löscher T, Peters W (1995) Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen. 2. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart Mansonella streptocerca M Erregerbezeichnung Mansonella streptocerca Synonym Acanthocheilonema streptocerca, Dipetalonema streptocerca, Tetrapetalonema streptocerca Morphologie Fadenförmige haardünne Rundwürmer (Filarien). Die Männchen werden ca. 15–20 mm lang bei einem Durchmesser von 50 µm, während die Weibchen eine Länge von 20–25 mm und einen Durchmesser von 76 µm erreichen. Die Weibchen gebären Mikrofilarien, deren Länge 210 µm (180–245) µm und deren Durchmesser 5–6 µm beträgt. Die Mikrofilarien sind ungescheidet und besitzen ein rundhakenförmig gebogenes Schwanzende, das mit Zellkernen angefüllt ist. Taxonomie Klasse: Nematoda Ordnung: Spirurida Familie: Onchocercidae 401 Mansonella streptocerca Historie Risikogruppen Der zunächst anhand seiner Mikrofilarien 1922 durch Macfie & Corson als Microfilaria streptocerca beschriebene Parasit wurde später wechselnden Gattungen zugeordnet, ehe ihn Orihel & Eberhard 1982 in die Gattung Mansonella einreihten. Besondere Risikogruppen sind nicht bekannt. Erkrankungen/Symptome Sowohl die adulten Filarien als auch die Mikrofilarien halten sich im Bindegewebe der Haut auf. Klinische Erscheinungen sind in der Regel auf den oberen Thoraxbereich, auf Schultern und Oberarme beschränkt und können u.a. in Pruritus und depigmentierten Flecken bestehen. Differenzialdiagnose Der Nachweis einer M. streptocerca-Infektion beschränkt sich auf die Identifizierung der typischen Mikrofilarien (siehe Morphologie), die durch Hautbiopsie gewonnen werden müssen. Labordiagnostik Keine Daten verfügbar. Therapie Zur Behandlung der Streptocercose hat sich Diäthylcarbamazin (DEC) bewährt. Es wird eine dem Loa loa-Befall entsprechende Dosierung empfohlen (siehe dort). Die Wirksamkeit von Ivermectin wird diskutiert. Spezifische Merkmale Transmission Eine Übertragung auf den Menschen ist nur durch Gnitzen der Gattung Culicoides möglich. Vermehrung Die Entwicklung von M. streptocerca entspricht derjenigen von M. ozzardi (siehe dort). Überträger sind allerdings ausschließlich Gnitzen der Gattung Culicoides. Die Präpatenz von M. streptocerca beträgt vermutlich wenige Monate. Wirtsbereich Neben dem Menschen werden auch andere Primaten (so Gorilla und Schimpanse) von M. streptocerca befallen. Als Reservoir spielen Affen jedoch keine Rolle. 402 Epidemiologie M. streptocera ist im zentralafrikanischen Regenwald, insbesondere im Kongo, in Ghana, Nigeria und Kamerun verbreitet. Nicht selten finden sich Mischinfektionen mit der ebenfalls in der Haut lebenden Onchocerca volvulus. Prävention Mögliche Maßnahmen sind Schutz durch Repellentien und Moskitonetze. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Offizielle Referenzzentren existieren nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen sind sämtliche parasitologische und tropenmedizinische Institutionen. Expertenlaboratorien ◗ Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Tropenmedizin, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Institut für Medizinische Parasitologie, Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn ◗ Institut für Parasitologie, Rudolf-BuchheimStr. 2, 35392 Gießen ◗ Institut für Parasitologie, Bünteweg 17, 30559 Hannover ◗ Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 65, 14163 Berlin ◗ Institut für vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Institut für Tropenmedizin, Wilhelmstr. 31, 72074 Tübingen ◗ Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Wiederholdstr. 15, 70174 Stuttgart ◗ Landesinstitut für Tropenmedizin, Engeldamm 62/64, 10179 Berlin Web-Adressen für Parasiten ◗ Deutsche Gesellschaft für Parasitologie: http://www.dgp.parasitologie.de Masernvirus ◗ Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft: http://www.dvg.net u.a. Infos zur Fachgruppe „Parasitologie und parasitäre Krankheiten“ ◗ Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit: http://www.dtg.mwn.de ◗ British Society for Parasitology: http://www.abdn.ac.uk/bsp/ ◗ American Society of Parasitologists: http://www.museum.unl.edu/asp ◗ Universität Berlin: Lehrstuhl für molekulare Parasitologie: http://www.biologie.hu-berlin.de/molpara ◗ CDC-Center for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ ◗ WHO-World Health Organization: http://www.who.int/ sid einschließt. Die virale genomische RNA besteht aus einem Negativstrang von etwa 15.900 Nukleotiden und kodiert für 6 Strukturproteine, wobei 3 Proteine (N = Nukleoprotein, P = Phosphoprotein, L = large Protein/RNA Polymerase) mit der viralen RNA assoziiert vorliegen und 3 Proteine (M = Matrix, H = Hämagglutinin, F = Fusionsfaktor) bei der Ausbildung der Virushülle beteiligt sind. Schlüsselliteratur Historie 1. Beaver PC, Jung RC, Cupp EW (1984) Clinical Parasitology. 9th Edition. Lea & Febiger, Philadelphia 2. Despommier DD, Gwadz RW, Hotez PJ (1995) Parasitic Diseases. 3rd Edition. Springer-Verlag, New York etc. 3. Lang W, Löscher T (Hrsg) (2000) Tropenmedizin in Klinik und Praxis. 3. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York 4. Mehlhorn H, Eichenlaub D, Löscher T, Peters W (1995) Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen. 2. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart Marburg-Virus Filoviren Marituba Virus Bunyaviren Masernvirus Erregerbezeichnung Masernvirus (MV) Synonym Keine Daten verfügbar. Morphologie Das Virion hat eine Größe von 110–250 nm und besitzt eine Hülle, die das helikale Nukleokap- Taxonomie Das Masernvirus gehört zusammen mit weiteren tierpathogenen Viren (u.a. Rinderpest und Staupe Virus) zum Genus Morbillivirus innerhalb der Familie der Paramyxoviridae. Abgrenzbare Sub- oder Serotypen des Masernvirus existieren nicht. Die Masern stellen vermutlich eine relativ neue Erkrankung des Menschen dar. Die relativ enge Sequenzverwandtschaft zum Rinderpestvirus führte zu der Vermutung, dass das Masernvirus aus einem ursprünglich tierpathogenen Virus bei einer engen Lebensgemeinschaft von Rind und Mensch entstehen konnte. Die frühesten Berichte von Masernfällen stammen aus dem 2. nachchristlichen Jahrhundert. Eine Erklärung hierfür könnte darin liegen, dass der für das Überleben des Masernvirus entscheidende Faktor einer ausreichend großen und dicht besiedelten menschlichen Populationen in vorzivilisatorischer Zeit nicht gegeben war. Da die Immunität gegen Masern lange anhält und das Virus keine latente Infektion etablieren kann, braucht das Virus einen ausreichenden Anteil seronegativer Personen für seine Fortpflanzung, zumal der Mensch der einzige bekannte natürliche Wirt des Masernvirus ist. In die neue Welt gelangte das Masernvirus erst im 17. Jahrhundert durch die spanischen Eroberer und löste dort zahlreiche Epidemien aus, denen große Teile der indianischen Bevölkerung Süd- und Nordamerikas zum Opfer fielen. Seit der Einführung der Regel-Schutzimpfung (USA 1963, BRD 1973) wurden die Masern in Nordamerika und Westeuropa deutlich zurückgedrängt, haben ihre fatale Bedeutung für die dritte Welt jedoch bis heute behalten. 403 M Masernvirus Erkrankungen/Symptome Die akute Maserninfektion beginnt mit katarrhalischen Prodromi, i.e. den Zeichen eines Infektes der oberen Luftwege mit Konjunktivitis, Rhinitis, Bronchitis und Fieber. Zu diesem Zeitpunkt der Infektion können meist die charakteristischen Koplik'schen Flecken der Wangenschleimhaut gegenüber den unteren Molaren gesehen werden. Es handelt sich um flüchtige, weißlich imponierende Schleimhautnekrosen mit rotem Hof. Während dieser Krankheitsphase besteht bereits eine Virusausscheidung über Rachen- und Nasensekret, Tränen und Urin. Dem Exanthemstadium geht ein dunkelrotes Enanthem der Rachenschleimhaut voraus. Mit einem zweiten Fieberanstieg tritt das typische makulopapulöse (morbilliforme) Masernexanthem auf, das sich meist vom Kopf aus beginnend über den Rumpf und die Extremitäten fortsetzt. Im weiteren Verlauf beginnen die Einzeleffloreszenzen zu konfluieren. Nicht selten treten durch die Entzündung verschiedener Schleimhäute organbezogene Symptome auf, etwa Diarrhö und Lichtscheu durch Epithelnekrosen der Darmmukosa bzw. der Kornea. Ulzerationen der Kornea bis zur Korneamalazie stellen Komplikationen dar, die bei bestehendem Vitamin A Mangel augenlichtbedrohend sind. Lymphknotenschwellungen und Splenomegalie sind seltene Symptome. In etwa 20% der akuten Maserninfektionen tritt eine Myokarditis und/oder eine Hepatitis auf, welche sich durch EKG-Veränderungen und dem Anstieg der CK-MB bzw. der Transaminasen zu erkennen geben. Komplikationen der MV-Infektion resultieren aus organspezifischen Manifestationen, autoimmunologischen Reaktionen oder der bakteriellen Superinfektion zerstörter Epithelien. Bis zu 5% der Maserninfektionen sind von einer sekundären Otitis media begleitet, welche eine antibiotische Therapie erforderlich macht. Der Masernkrupp stellt sich klinisch wie die Laryngotracheitis anderer Ursache durch inspiratorischen Stridor und croupösen Husten dar. Die Maserninfektion des unteren Respirationstraktes kann sich unterschiedlich manifestieren. Am häufigsten entwickelt sich infolge der Virusreplikation und Entzündung der Mukosa eine interstitielle Masernpneumonie, die über die Peribronchitis der unkomplizierten Maserninfektion hinausgeht. Ätiologisch, pathoge404 netisch und klinisch sind darüber hinaus weitere Formen zu unterscheiden, welche an der Masernmorbidität und -letalität beachtlichen Anteil haben: am häufigsten die bakterielle Superinfektion bei Masern, die auf antibiotische Therapie anspricht, andererseits atypische Masernpneumonien sowie bei zellulärer Immundefizienz infolge massiver Virusreplikation eine Riesenzellpneumonie. Ihre Prognose ist schlecht. Bei partieller Immunität (s.u.) kann die als immunpathologischer Prozess interpretierte atypische Masernpneumonie mit obliterierender Bronchitis beobachtet werden. Abgeschwächte Verläufe („Mitigierte Masern“) werden bei Individuen beobachtet, bei welchen infolge einer partiellen Immunität (z.B. durch mütterlicher oder transfundierter Antikörper) eine reduzierte Virusausbreitung erfolgt. Das Exanthem wird nicht voll ausgebildet, eine klinische Diagnosestellung ist in solchen Fällen nicht möglich. Impfmasern treten in 5–15% nach Impfung mit der attenuierten Lebendvakzine auf. Hierbei kommt es zu Fieber, seltener auch zu einem flüchtigen Exanthem. Das Impfvirus wird nicht weiterverbreitet. Atypische Masern können bei Impflingen, die nach einer Vakzination mit MasernvirusTotimpfstoff oder nach inadäquater länger zurückliegender Lebendimpfung eine Wildvirusinfektion erwerben, resultieren. Dieses Krankheitsbild ist von einer starken sekundären Immunantwort (massive IgG-Bildung, schwache IgM-Bildung) geprägt, welche sich in Form von hohem Fieber, Myalgien, Pneumonie, Pleuritis und einem atypischen Exanthem manifestiert. Im Gegensatz hierzu verläuft die akute Maserninfektion bei Immunsupprimierten oder bei zellulären Immundefekten zwar nach außen hin schwach, doch mit einer Letalität von ca. 30%. Das Masernexanthem tritt nicht oder nur atypisch in Erscheinung, dagegen entwickeln sich als schwere Organkomplikationen eine progrediente Riesenzellpneumonie und die MasernEinschlusskörper-Enzephalitis. Bei der Pathogenese dieser Erkrankung steht die Replikation des Virus im ZNS im Vordergrund. Bei Kindern wurden progessive, zum Tod führende Verläufe bis zu 6 Monate nach der exanthematischen Maserninfektion beobachtet. Die Enzephalomyelitis bei Immunkompetenten tritt als akutes para- oder postinfektiöses Ereig- Masernvirus nis auf und ist in den meisten Fällen als autoimmunologische Reaktion zu deuten. MV ist innerhalb des ZNS selten nachweisbar. Im Vordergrund steht die perivenöse herdförmige Demyelinisierung von Hirnparenchym. Bereits die Hälfte aller unkomplizierten MV-Infektionen sind von EEG-Veränderungen begleitet. Die Masernenzephalitis ist ein Ereignis von 1 in 1000 Infektionen. Sie folgt dem Exanthem zumeist nach 4 bis 7 Tagen mit enzephalitischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma. Bei ca. 10% der Betroffenen muss mit dem Tod, mit etwa doppelter Häufigkeit mit Residualschäden des ZNS gerechnet werden. Selten sind Querschnittsmyelitiden durch Masernvirus beobachtet worden. Mit einer Häufigkeit von ca. 1/106 Infektionen mit Wildmasern kann es nach einer Latenzperiode von 6 bis 15 Jahren zu einer späten zentralnervösen Komplikation der Infektion kommen, der tödlich verlaufenden subakut sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE). Dabei handelt es sich um eine persistierende Infektion des ZNS mit MV. Bei der Erkrankung stehen anfangs kognitive Störungen, Verhaltensauffälligkeiten und Persönlichkeitsveränderungen im Vordergrund. Im weiteren Verlauf entwickelt sich eine progrediente neurologische Symptomatik, insbesondere Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle, Myoklonus, Ataxie und Sehstörungen. Es treten relativ charakteristische EEG-Veränderungen auf. Nach einigen Monaten befinden sich die Patienten im Finalstadium mit einer Spastik aller Extremitäten, Mutismus und dem Verlust kognitiver Funktionen. der Antikörpernachweis mittels ELISA, gegebenenfalls auch durch HHT und Komplementbindungreaktion. Bei immunen oder geimpften Personen lassen sich langfristig Masern-spezifische IgG-Antikörper nachweisen. Die akute Infektion führt zur Serokonversion. 3 bis 5 Tage nach Exanthemausbruch sind Masern-spezifische IgM-Antikörper nachweisbar. Eine zu früh durchgeführte Untersuchung kann daher zu einem negativen Ergebnis führen. Bei Enzephalitiden und bei Fällen von SSPE findet sich eine – allerdings unterschiedlich starke – intrathekale IgG-Synthese MV-spezifischer Antikörper. Bei SSPE sind extrem hohe IgG-Titer im Liquor und im Serum gegen alle Strukturproteine mit Ausnahme des M-Proteins nachweisbar. Durch isoelektrische Fokussierung der Liquorproteine lassen sich typische Muster oligoklonaler IgGBanden zeigen, die Masern-spezifischen IgGAntikörpermolekülen entsprechen. Der Liquor von SSPE-Patienten ist azellulär, der Gesamtproteingehalt ist nicht oder nur geringfügig erhöht. Therapie Eine spezifische antivirale Therapie der Maserninfektion ist nicht verfügbar. Allerdings liegen einzelne Berichte vor, welche eine gewisse Wirksamkeit von intravenös appliziertem Ribavirin bei immunkompromittierten Patienten nahe legen. Die symptomatische Therapie orientiert sich an den im Vordergrund stehenden Organmanifestationen und schließt bei bakteriellen Superinfektionen (Otitis media, Pneumonie) eine antibiotische Therapie mit ein. In Ländern mit hoher Masernsterblichkeit empfiehlt die WHO die hochdosierte Gabe von Vitamin A. Differenzialdiagnose Als Differenzialdiagnose der exanthematischen MV-Infektion kommen insbesondere fieberhafte exanthematische Infektionskrankheiten in Betracht, so etwa Röteln, Parvovirus B19, Enterovirusinfektionen, EBV, Scharlach sowie Arzneimittelexantheme. Labordiagnostik Die MV-Infektion kann durch verschiedene Nachweisverfahren (Virusisolierung aus Urin oder Nasopharynxaspirat mittels humaner lymphoider Zellen; Nukleinsäurenachweis mittels RT-PCR; Antikörpernachweis) objektiviert werden. Von großer praktischer Bedeutung ist Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Trotz unterscheidbarer Genotypen existiert nur ein weltweit verbreiteter Serotyp, dessen Antigenität bemerkenswert stabil ist. Als Rezeptoren für die Infektion der Zelle mit Masernvirus werden die Oberflächenmoleküle CD46 und CD150 benützt. Im Gegensatz zu anderen Paramyxoviren hat das Virus keine Neuraminidaseaktivität. Die Immunantwort schließt die Bildung von Interferon, die Induktion zytotoxischer T-Lymphozyten und Antikörper gegen die Oberflächenglykoproteine H und F ein. Die 405 M Masernvirus Immunität nach einer MV-Infektion besteht vermutlich lebenslang. Gleichwohl beobachtet man bei der Mehrzahl der Maserninfektionen während der akuten Phase eine charakteristische Leuko- und Lymphopenie. Dafür wird ein Wachstumsarrest lymphoider Zellen nach Kontakt mit den viralen Glykoproteinen F und H verantwortlich gemacht. Dies führt zu einer erheblichen Schwächung des zellulären Immunsystems, welche die klinisch häufig beobachtete Anergie gegen Recallantigene und die Prädisposition für bakterielle Superinfektionen nach sich zieht. Bei bestehender Infektion wie z.B. einer Tuberkulose sind häufig Exazerbationen zu verzeichnen. Die Pathogenese der SSPE ist noch weitgehend unverstanden. Es handelt sich um eine persistierende Infektion der weißen und grauen Substanz des ZNS mit offenbar einem einheitlichen MV-Klon. Wann es zur Einwanderung des Virus in das ZNS kommt ist unklar. Im Liquor werden extrem erhöhte Spiegel Masern-spezifischer IgG-Antikörper gefunden, welche die Infektion offenbar nicht kontrollieren. Charakteristischerweise fehlen IgG mit Spezifität gegen das M-Protein. Es wurden Masernviren mit Mutationen im F- und M-Gen von SSPE Patienten isoliert, wobei aber meist kein replikationsfähiges MV bei SSPE-Patienten isoliert wird. Elektronenmikroskopische Aufnahmen von infizierten Zellen aus Gehirnen SSPE-Erkrankter zeigen Nukleokapside des Virus, jedoch keine kompletten Virionen oder Viruspartikel bei der Freisetzung. Möglicherweise führt die Akkumulation defekter Viruspartikel im neuronalen Gewebe zu dessen Dysfunktion und Untergang. Transmission Das Masernvirus ist hochkontagiös, die Übertragung erfolgt aerogen über Tröpfcheninfektion. Seronegative Personen aller Altersklassen erkranken in annähernd 100%. Die Übertragung von MV beginnt bereits 6 Tage vor Ausbruch des Exanthems und endet einige Tage nach Exanthembeginn. Neugeborene seropositiver Mütter sind in aller Regel über mehr als ein halbes Jahr vor der Masernerkrankung geschützt (Nestschutz). In späteren Lebensmonaten kommen subklinische oder mitigierte Verläufe vor. 406 Nosokomiale Maserninfektionen in Kinderspitälern nach Einschleppung durch Patienten oder Personal sind gefürchtet. Vermehrung und Inkubationszeit 7–18 Tage, i.d.R. 14 Tage. SSPE: 5–15 Jahre. Resistenz Keine Daten verfügbar. Immunantwort Die Immunantwort gegen das Masernvirus ist Voraussetzung für die Kontrolle der Virusvermehrung und die Beendigung der Erkrankung. Hierzu tragen verschiedene Komponenten der Immunabwehr bei. Da Personen mit Defekten der zellulären Immunität die Masernvirusinfektion nicht kontrollieren können, kommt der durch Lymphozyten-vermittelten Immunabwehr offensichtlich die entscheidende Funktion zu. Masern bei Patienten mit Hypogammaglobulinämie haben dagegen in der Regel folgenlose Verläufe. Masernvirus-spezifische T CD8+ und CD4+ Lymphozyten sowie Antikörper sind kurz nach Auftreten des Exanthems nachweisbar. Gleichzeitig mit der Aktivierung der Immunzellen stellt sich die Masernvirus-bedingte Immunsuppression ein. Das immunologische Gedächtnis nach der Masernvirusinfektion oder erfolgreicher Impfung hält Jahrzehnte an und schützt vor Reinfektionen. Wirtsbereich Der einzige natürliche Wirt des Masernvirus ist der Mensch. Verschiedene Primaten, aber auch spezifische Nager (Baumwollratte) sind experimentell infizierbar. Risikogruppen Schwere und tödliche Verläufe der Masernvirusinfektion treten bei seronegativen immunsupprimierten Personen auf. Prädiktiv für einen ungünstigen Verlauf der Infektion sind eine ausgeprägte Lymphopenie und eine schwache Antikörperantwort. Risikofaktoren für die Entstehung der SSPE sind nicht bekannt. Epidemiologie Vor Einführung der Masern-Regelimpfung wiesen ca. 95% der Schüler unter 14 Jahren MV-spezifische anamnestische Antikörper auf. MV-Infektionen werden dabei gehäuft in den Monaten Masernvirus Januar bis Mai beobachtet. Die Einführung der Masernimpfung hat zu einem Rückgang der Wildvirusinfektionen und der Komplikationen nach Maserninfektionen in Deutschland geführt, obgleich in der Bundesrepublik (alte Bundesländer) die Durchimpfungsrate bei nur 60% liegt. Die sporadische Viruszirkulation betrifft insbesondere Bayern, Baden-Württemberg und NRW. Infolge der Zuwanderung aus Ländern mit hoher Maserninzidenz wird das Virus eingeführt, eine Ausrottung des Virus ist nicht in Sicht, obgleich dies Ziel der WHO bis 2007 in allen Ländern Europas ist. Insgesamt hat sich der relative Morbiditätsgipfel weiter zum Erwachsenenalter verschoben. In Entwicklungsländern ohne adäquate Impfprogramme stellen die Masern infolge von Unterernährung und unbehandelten Sekundärinfektionen eine der Haupttodesursachen im Kindesalter dar. Die Letalitätsraten erreichen dort 2–6%. Risikofaktoren sind ein niederer sozioökonomischer Status, Mangelernährung, Tuberkulose und fehlende ärztliche Behandlung. Die Zahl der Masern-assoziierten Todesfälle wird weltweit auf ca. eine Million Fälle pro Jahr geschätzt. Durch konsequente Regelimpfungen konnten in den USA seit Einführung der Masernimpfung 1963 ca. 80 Millionen Infektionen verhindert werden, was einer Reduktion der Masern-bedingten Todesfälle um ca. 7500 und der zerebraler Defektheilungen um ca. 25.000 Fälle entspricht. Genetik MV besitzt eine genomische RNA negativer Polarität von etwa 15.900 Nukleotiden, die für folgende Proteine kodiert: Hämagglutinin (H), Acc. No. P08362 Nonstructural Protein (C), Acc. No. P03424 Matrix Protein (M), Acc. No. P06942 Fusionsprotein (F), Acc. No. P08300 Nucleocapsid Phosphoprotein (P), Acc. No. P03422 RNA Polymerase (L), Acc. No. P12576 Nucleocapsid Protein (N), Acc. No. P04851 Prävention Primäres Mittel für die Prävention und die weltweite Eradikation des MV ist die konsequente Masernimpfung mit attenuiertem Lebendvirus (z.B. More attenuated Enders, in der Regel als Kombinationsimpfung Masern-Mumps-Röteln) mit reduzierten pathogenen Eigenschaften und guter Immunogenität. Diese erfolgt nach Abklingen der maternalen Antikörper im 15. Lebensmonat. Die Serokonversionsrate nach Impfung beträgt >90%. Da die Antikörperspiegel niedriger als bei Wildvirusinfektionen sind, ist eine Auffrischungsimpfung ab dem 6. Lebensjahr erforderlich. Bei Immunsupprimierten muss die Indikation zur Masernimpfung individuell gestellt werden. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Im Expositionsfall ist die Inkubationsimpfung innerhalb von 72 Stunden durchzuführen. Sie ist aber nicht in allen Fällen sicher. In diesem Falle kann normales Immunglobulin bis max. 6 Tage nach Exposition verabreicht werden. In Kinderhospitälern, Kinderarztpraxen und Einrichtungen mit immunkompromittierten Patienten dürfen generell nur MV-geimpfte Personen arbeiten. Meldepflicht Nach § 7 IfSG ist das Masernvirus ein meldepflichtiger Infektionserreger, Masernerkrankte sind nach § 6 namentlich zu melden. Nach § 34 IfSG besteht ein Verbot bezüglich Tätigkeiten und Aufenthalt von infizierten Personen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Nationales Referenzzentrum für Masern, Mumps und Röteln: Dr. Annedore Tischer, Robert Koch-Institut, Fachgebiet Virale Infektionen, Nordufer 20, 13353 Berlin; Tel. 01888-7545216; Fax: 01888-754-2328. Web-Adressen Introduction to virology: http://www-micro.msb.le.ac.uk/109/ Introduction.html All the virology on the WWW: http://www.virology.net Virus databases on-line: http://life.anu.edu.au/viruses/ The big picture book of viruses: http://www.virology.net/Big_Virology/ BVHomePage.html National center of biotechnology information: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ 407 M Mayaro Virus Links to further information on viruses: http://www2.rki.de/INFEKT/ENIVD/RS1.HTM The International Committee on Taxonomy of Viruses: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ICTV/ Centers for disease control and prevention: http://www.cdc.gov Robert Koch-Institut Berlin: http://www.rki.de/INFEKT/RATGEBER/RAT.HTM Micrococcus mucilaginosus Rothia mucilaginosa Microfilaria diurna Loa loa Schlüsselliteratur 1. Griffin, D.E., Bellini, W.J. Measles Virus in: Virology, Third Edition, edited by Fields, B.N., Knipe, D.M., Howley, P.M.Vol. 1, 1267–1312 (1996). 2. Schneider-Schaulies, S., ter Meulen, V. Pathogenic aspects of measles virus infections. Arch Virol Suppl. 1999;15:139– 58. 3. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Mayaro Virus Microsporidia Erregerbezeichnung Enterocytozoon bieneusi, Encephalitozoon hellem, Encephalitozoon cuniculi, Encephalitozoon intestinalis, Microsporidium ceylonensis, Microsporidium africanum, Nosema connori, Pleistophora spec., Septata intestinalis. Alphaviren Synonym Keine weiteren Daten verfügbar. Medinawurm Dracunculus medinensis Mengovirus Cardioviren Morphologie 1–3 µm große rundliche, mitrochondrienlose Protozoen; als Sporoplasma, mehrkerniger Meront (Schizont), einkernige Merozoiten und Sporen auftretend. Sporen (1,5–5,0 µm lang) mit kompliziertem Bau: zweischichtige Wand (Exound Endospore), im Innern kernhaltiges Sporoplasma, aufgerollter Polfaden und Expulsionsapparat. Meningokokken Neisseria meningitidis Taxonomie Mesocestoides spec. Historie Cestoden, seltenere Erste sichere Beschreibung als Humanparasiten 1959 durch Matsubayashi et al. Weitere Artenidentifizierungen zwischen 1985 bis 1993 durch Cali et al., Desportes et al. sowie Didier et al. Stamm: Klasse: Microspora Microsporidia Metagonimus Darmegel Micrococcus Mikrokokken 408 Erkrankungen/Symptome Bei Personen mit Immundefizienz: Durchfall, Cholangiopathie, urogenitale Beschwerden, insbesondere Mikrohämaturie, Niereninsuffizienz, Konjunktivitis, Keratitis, respiratorische Beschwerden. Microsporum audouinii Differenzialdiagnose Risikogruppen Kryptosporidiose, Cholangitis, Hämaturie, Sinusitis, Pneumonie anderer Ursache bei Immunsuppression. Personen mit Immundefizienzen, vor allem AIDS-Patienten mit einer CD4-Zellzahl von <100/µl. Labordiagnostik Epidemiologie Material. Je nach vermutetem Erreger Stuhl, Duodenalaspirat, Dünndarmbiopsie, Urin; Konjunktivalabstrich, Keratokonjunktival-Biopsie, Cornea-Abkratzpräparat. Microsporidien kommen weltweit vor, allerdings mit größerer Häufigkeit in den Tropen. E. bieneusi ist möglicherweise ein normaler Darmbewohner, der nur bei Immunsuppression pathogen wird. Nachweismethoden. Chromotrop-Färbung nach Weber, Gram-Färbung nach BrownBrenn. Artendifferenzierung durch Elektronenmikroskopie, Antigenanalyse, Polymerase-Kettenreaktion. Therapie Bei Darmbefall symptomatische antidiarrhöische Behandlung, möglicherweise ist bei Enteritiden auch Albendazol wirksam. Spezifische Merkmale Prävention Einer Vermeidung der Infektion dienen alle Maßnahmen, die einen Kontakt mit kontaminiertem Stuhl oder Urin ausschließen (ordnungsgemäße Fäkalienbeseitigung, persönliche Hygiene). Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Universitätsspital Zürich, Department Innere Medizin, Rämistr. 199, CH-8091 Zürich. M Transmission Die Übertragung erfolgt vermutlich durch orale Aufnahme oder Inhalation der mit Stuhl und/ oder Urin ausgeschiedenen Sporen. Das Vorkommen weiterer Infektionswege wird untersucht. Vermehrung Microsporidien sind einwirtige Parasiten. Näher bekannt ist die Entwicklung von E. bieneusi: Ausscheidung von Sporen mit Stuhl oder Urin → orale Aufnahme durch den Wirt → Ausstülpung des Polfadens und Penetration einer Darmzelle → Einwanderung des Sporoplasmas durch den Polfaden in die Darmzelle → Entwicklung zum mehrkernigen Meronten → Teilung in Merozoiten und Sporenbildung. Vom Darmepithel aus kann hämatogene Streuung erfolgen. Wirtsbereich Bis auf E. cuniculi scheinen die angeführten Spezies nur beim Menschen vorzukommen. Inwieweit die auch als Tierparasit beschriebene E. cuniculi eine einheitliche Art darstellt, ist fraglich. Schlüsselliteratur 1. Canning EU (1998) Microsporidiosis. In: Palmer SR, Lord Soulsby, Simpson DIH (eds) Zoonoses; pp 609–623. Oxford University Press, Oxford 2. Petry F (ed) (2000) Cryptosporidiosis and microsporidiosis. Contributions to Microbiology 6. Karger, Basel 3. Robert-Koch-Institut (1996) Empfehlungen zur Laboratoriumsdiagnostik von Infektionen mit Mikrosporidien. Bundesgesundhbl 39: 363–365 4. Tzipori (ed) (1998) Opportunistic Protozoa in humans. Adv Parasitol 40 5. Weber R, Bryan RT, Schwartz DA, Owen RL (1994) Human microsporidial infections. Clin Microb Rev 7: 426–461 Microsporum audouinii Erregerbezeichnung Microsporum audouinii Gruby, 1843 (Fadenpilz, anthropophiler Dermatophyt). Hinzu kommen die Varietäten Microsporum audouinii Gruby var. langeronii (Vanbreuseghem) Kane, Summerbell, Sigler, Krajden & Land, 1997 und Microsporum audouinii var. rivalieri (Vanbreuseghem) Whittle & Gresham, 1970. 409 Microsporum audouinii Synonym Microsporum velveticum Sabouraud, 1907; Sabouraudites audouinii (Gruby) Ota et Langeron, 1923. Morphologie Wachstum etwas langsamer als bei Microsporum canis. Kolonie. Oberseite: Kurzes Luftmyzel, grauweiß. Die beiden Varietäten weisen eine stärkere radiale Faltenbildung auf als M. audouinii. Unterseite: Zentrum bräunlich, Rand farblos (besonders deutlich auf Kartoffel-GlucoseAgar). Die Varietät langeronii entwickelt eine rotbraune Unterseite mit weißem Randsaum. Mikromorphologie der Kulturform. Mikrokonidien werden spärlich gebildet. Sie entstehen lateral an den Hyphen. Ebenso Makrokonidien in geringer Anzahl oder fehlend. Ihre deformierte Gestalt mit Einschnürungen und sichelförmigen Krümmungen ist typisch und für die Differenzierung wichtig. Die meist dicke Zellwand ist glatt, an dem Pol rau. Chlamydosporen häufiger terminal als interkalar. Die Varietät langeronii bildet außergewöhnlich große, stets terminale Chlamydosporen. Bei der Varietät rivalieri fallen kammzinkenförmige Hyphen auf, die im Gegensatz zu M. audouinii bogenförmig gekrümmt sind. Taxonomie Abteilung: Klasse: Ordnung: Familie: Spezies: Ascomycota Euascomycetes Onygenales Arthrodermataceae Anamorph: Microsporum audouinii. Teleomorph: Unbekannt Historie Erstbeschreibung von M. audouinii durch Gruby 1843. Die von Vanbreuseghem 1950 als Microsporum langeronii und 1963 als Microsporum rivalieri beschriebenen Spezies gelten heute als Varietäten von M. audouinii. Erkrankungen/Symptome M. audouinii ist der Erreger der Tinea capitis microsporica (früher: Mikrosporie). Befallen wird die Kopfhaut und das -haar. Typisch ist der ektotriche Haarbefall mit kleinzelligen Arthro410 sporen in Manschettenform außen am Haar. Gelegentlich ist die glatte Haut in form einer Tinea corporis betroffen. Infizierte Haare fluoreszieren grüngelb im UV-Licht bei 365 nm (Woodlicht), was zur Diagnostik und Suche nach Infizierten eingesetzt wird. Die Fluoreszenz tritt nach der zweiten Woche einer bestehenden Infektion bei der Mehrzahl der Patienten auf. Die Krankheitsherde durch M. audouinii sind weniger entzündlich und häufiger chronisch im Vergleich zu den durch Microsporum canis bedingten. Differenzialdiagnose Mikrobiologisch. Abgrenzung von Microsporum canis. Auf ausgequollenen Reiskörnern wächst M. audouinii nicht, M. canis dagegen mit gelbem Myzel. Klinisch. Ausschluss weiterer Dermatophyten als Erreger der Tinea capitis bzw. Tinea corporis. Labordiagnostik Die mykologische Diagnostik basiert auf dem mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis. Mikroskopische Untersuchung. Von Haarstümpfen (befallene Haare brechen 2 bis 4 mm oberhalb des Kapillitiums ab) und von Hautschuppen im KOH-Deckglaspräparat. Die Haarstümpfe sind außen von dicht gelagerten Arthrosporen umgeben (ektotricher Haarbefall), die Hautschuppen von Myzel durchwachsen, das bei der Varietät rivalieri in rechteckige Arthrosporen zerfällt. Kulturelle Anzüchtung. Auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 bis 3 Wochen bei 22 bis 30°C. Differenzierung von M. audouinii anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.) Therapie Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin. Spontanheilungen sind in der Pubertät möglich, jedoch besteht auch die Tendenz zur Chronizität. Microsporum audouinii Spezifische Merkmale M. audouinii ist ein hochkontagiöser Dermatophyt für den Menschen. Er löst keine Haarperforation in vitro aus wie es Microsporum canis vermag. Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Dermatophyten verfügen über eine geringe Virulenz. Synthese und Sekretion verschiedener proteolytischer Enzyme (alkalische Phosphatase, Esterasen, Keratinasen, Chitinasen, Elastasen und Kollagenasen) ermöglichen das invasive destruierende Wachstum der Pilze in Epidermis, Nagelplatte und Haar. Transmission Exogene Infektion. Übertragung direkt von Mensch zu Mensch, weitaus häufiger indirekt über Haarpflegeutensilien, Kleidung und Polstermöbel. Die mit zahlreichen Sporen besetzten Haarstümpfen sind eine Infektionsgefahr für die Umgebung der Patienten. Vermehrung und Inkubationszeit Die Vermehrung erfolgt in vivo außen am Haar unter Bildung von Arthrosporen; in vitro auf Nährmedien entwickelt sich in 2 bis 3 Wochen bei 22 bis 30°C Myzel. Mikro- und Makrokonidien werden häufig nicht gebildet. Inkubationszeit bei Infektion 10 bis 14 Tage. Resistenz Bei Therapie. Sensibel gegen Griseofulvin, Terbinafin und Azolderivate. Resistent gegen Polyen-Antimykotika. In der Umwelt. M. audouinii bleibt an Haarund Hautpartikeln außerhalb des Menschen monatelang infektiös. chen Tinea-Formen wird eine verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ IV durch Bildung von spezifischem IgE induziert. Wirtsbereich M. audouinii ist ein anthropophiler Dermatophyt. Hauptwirt ist der Mensch. Im Tierreich werden äußerst selten Infektionen beobachtet. Risikogruppen Schulkinder erkranken am häufigsten, Erwachsene selten. Epidemiologie M. audouinii ist weltweit verbreitet. Epidemisches Auftreten von Tinea capitis microsporica bei Kindern in Schulen größerer Städte. In Deutschland ist M. audouinii seit den 50er Jahren diese Jahrhunderts kaum mehr beobachtet worden. Bis Anfang der 60er Jahre war es der häufigste Erreger der Tinea capitits in den USA. Für die beiden Varietäten von M. audouinii ist der afrikanische Kontinent das ursprüngliche Verbreitungsgebiet: Var. rivalieri wurde bisher nur von dunkelhäutigen Kindern isoliert. Vermutlich ist ein endemischer Herd in Zentralafrika Ausgangspunkt der beschriebenen Fälle in Afrika, Florida und England. Für die Var. langeronii ist bisher nur eine endemische Verbreitung in Zentralafrika (Kongogebiet) bekannt. M. audouinii löste 1997 und 1999 in Frankreich Epidemien aus. Genetik Accession-No. der Nukleinsäuren- und Proteinsequenzen (Internal transcribed spacer- /IST-/ region, ribosomal DNA): Microsporum audouinii: EMBL AJ 000622 Prävention Immunantwort Es wird eine spezifische zelluläre Immunantwort beim Patienten ausgelöst. Die Pilzantigene triggern, Th1- und Th2-Zellantworten, wodurch weitere Abwehrmechanismen in Gang gesetzt werden. Der Pilz wird häufig nicht ausreichend eliminiert, woraus chronische rekurrente Infektionen resultieren. Spezifische humorale Antikörper von Isotyp IgG treten bei chronischen Verlaufsformen auf. Sie haben keinen protektiven und diagnostischen Wert. Bei entzündli- Benutzung personengebundener Haarpflegeutensilien, Behandlung der Erkrankten. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Regelmäßige Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen in gemeinschaftlichen Wohn-, Bade- und Sporteinrichtungen. Einsatz des Woodlichts bei der Fahndung nach Infizierten in der Umgebung von Patienten mit Tinea capitis microsporica. 411 M Microsporum canis Meldepflicht Schlüsselliteratur Keine. 1. De Hoog GS, Guarro J, Gené J, Figueras MJ (2000) Atlas of clinical fungi, 2nd ed., Centraalbureau voor Schimmelcultures, Utrecht, The Netherlands / Universitat Rovira I Virgili, Reus, Spain. 2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE (1992) Medical Mycology, 2nd ed., Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105–161. Lea & Febiger, Philadelphia, London. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Referenzzentren für medizinisch relevante Pilze in Europa ◗ Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Padualaan 8, Utrecht, NL-3584 CT, The Netherlands ◗ Institut Pasteur, Unité de Mycologie, 25 Rue du Docteur Roux, F-75015 Paris, Frankreich Konsiliarlaboratorium für Dermatophyten in Deutschland Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Mykologisches Labor, Universität Münster, vonEsmarch-Straße 56, D-48149 Münster Expertenlaboratorien ◗ Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Mykologisches Labor, Universität München, Frauenlobstraße 9–11, D-80337 München ◗ Hautklinik des Universitätsklinikums Leipzig AöR, Mykologisches Labor, Stephanstraße 11, D-04103 Leipzig ◗ Institut für Mikrobiologie und Hygiene (Charité), Abt. Parasitologie (Genotypische Bestimmung von Pilzen), Dorotheenstraße 96, D-10117 Berlin Web-Adressen Finnland: Diagnosis of Fungal Infections (dermatomycosis, systemic mycosis): http://www.clinical-mycology.com/ Australien: Mycology Online: Fungi / taxonomic classification: http://www.mycology.adelaide.edu.au Niederlande: Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Utrecht: http://www.cbs.knaw.nl Deutschland: Selected sequences-uniforms resource locator (URL): http://www.ridom.hygiene.uniwuerzburg.de Persistent uniforms resource locator (PURL): http://www.purl.oclc.org/net/ridom 412 Microsporum canis Erregerbezeichnung Microsporum canis (Bodin) Bodin, 1902 (Fadenpilz, zoophiler Dermatophyt). Microsporum distortum di Menna et Marples, 1954 wird nach De Hoog et al. (1) als dysgonische Variante von M. canis anerkannt. Synonym Microsporum felinum Mewborn, 1902; Microsporum lanosum Sabouraud, 1907; Microsporum obesum Contant, 1937. Morphologie M. canis bildet ausgedehnte Kolonien auf festen Pilznährböden. Kolonie. Oberseite: Lockeres, wolliges Luftmyzel, Kolonierand mit strahlenförmig auslaufenden Hyphenbündeln, Radiärfaltung angedeutet oder fehlend; anfangs weiß, später gelb. Unterseite: Junge Kolonie zitronengelb, goldgelb, später kräftig orange bis bräunlich. Die löslichen Pigmente diffundieren weit in den Agar. Gelegentlich treten farblose Stämme auf, die schwierig zu differenzieren sind. M. canis wächst auf Reiskörnern mit gelbem Myzel. Mikromorphologie der Kulturform. Das diagnostisch wichtigste Merkmal sind die großen spindelförmigen, dick- und rauwandigen Makrokonidien mit 3 bis 15 Kammern, die zahlreich, mitunter auch ganz vereinzelt gebildet werden. Birnenförmige Mikrokonidien sind nur in geringer Anzahl vorhanden. Varietät distortum: Charakteristisches Merkmal zur Unterscheidung sind die deformierten (distorted) Makrokonidien von bizarrer Gestalt mit unregelmäßiger Kammerung. Microsporum canis Taxonomie Therapie Abteilung: Ascomycota Klasse: Euascomycetes Ordnung: Onygenales Familie: Arthrodermataceae Spezies: Anamorph: Microsporum canis. Teleomorph: Arthroderma otae (Hasegawa et Usui, 1974) McGinnis et al., 1986 Systemische Therapie mit Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin. Bei Tinea capitis lange Behandlungszeiten (6 bis 8 Wochen), Unterstützung durch lokale Anwendung von Azolderivaten, außerdem Haare zurückschneiden. Spezifische Merkmale Erstbeschreibung durch Bodin 1902. M. canis zeichnet sich durch eine hohe Infektiosität und Tendenz zum Haarbefall – besonders bei Kindern und jungen Tieren – aus. Erkrankungen/Symptome Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Klinische Bilder: Tinea capitis (Erkrankung der Kopfhaut und -haare, vor allem bei Kindern), Tinea corporis (Rundherde bevorzugt im Gesicht und Nackenbereich), jedoch auch Tinea barbae, Tinea pedis und Tinea unguium. Die Läsionen weisen deutlich Entzündungszeichen auf. Die Haare werden ektotrich befallen. Sie fluoreszieren grün im Woodlicht von 365 nm. Häufig Gruppenerkrankungen. Dermatophyten verfügen über eine geringe Virulenz. Synthese und Sekretion verschiedener proteolytischer Enzyme (alkalische Phosphatase, Esterasen, Keratinasen, Chitinasen, Elastasen und Kollagenasen) ermöglichen das invasive destruierende Wachstum der Pilze in Epidermis, Nagelplatte und Haar. Historie Differenzialdiagnose Mikrobiologisch. Atypische, pigmentarme Stämme mit Koloniehabitus von M. canis treten gelegentlich bei Tieren auf und müssen differenzial-diagnostisch abgegrenzt werden. Klinisch. Ausschluss von Dermatosen anderer Genese. Labordiagnostik Die mykologische Diagnostik erfolgt durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis. Mikroskopische Untersuchung. Von Haaren und Hautschuppen im KOH-Deckglaspräparat. Infizierte Haare sind außen dicht mit kleinen Arthrosporen besetzt. Sie brechen wenige Millimeter oberhalb des Hautniveaus ab. In Hautschuppen findet man septierten Hyphen und Arthrosporen. Kulturelle Anzüchtung. Auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 Wochen bei 22 bis 30°C. Differenzierung. Von M. canis und ihrer Varietät anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.) Transmission Exogene Infektion. M. canis weist eine hohe Kontagiosität auf. Direkte und indirekte Übertragung von infizierten Tieren auf den Menschen, selten von Mensch zu Mensch. Vermehrung und Inkubationszeit M. canis ist ein rasch wüchsiger Dermatophyt. Deutlich Kolonien auf Pilznährböden nach 5 bis 10 Tagen bei 22 bis 30°C. Inkubationszeit bei Infektion 4 bis 10 Tage. Resistenz Bei Therapie. Sensibel gegen Griseofulvin, Terbinafin und Azolderivate. Resistent gegen Polyen-Antimykotika. In der Umwelt. Der Pilz bleibt mehrere Jahre lebensfähig an Haar- und Hautpartikeln außerhalb von Mensch und Tier. Immunantwort Es wird eine spezifische zelluläre Immunantwort beim Patienten ausgelöst. Spezifische humorale Antikörper von Isotyp IgG treten bei chronischen Verlaufsformen auf. Sie haben keinen protektiven und diagnostischen Wert. Als zoophiler Dermatophyt kann M. canis starke Entzündungsreaktionen als typisches Zeichen der Wirtsabwehr hervorgerufen. Dabei wird eine verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion 413 M Microsporum canis vom Typ IV durch Bildung von spezifischem IgE induziert. unterstützen. Hunde und Katzen gegebenenfalls mykologisch überwachen. Wirtsbereich Meldepflicht M. canis ist primär ein zoophiler Dermatophyt pelztragender Wild- und Haustiere. Durch die Wirtstiere Katze und Hund wurde es zu einem bedeutenden humanpathogenen Erreger. M. canis kommt vor allem bei Katzen und Hunden, gelegentlich bei Nagetieren, Rindern und Pferden sowie bei Affen vor; die Varietät distortum bei Katzen, Hunden und Eseln. Keine. Risikogruppen Besonders gefährdet sind Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren. Epidemiologie M. canis kommt auf allen Kontinenten verbreitet vor. Es ist der häufigste zoophile Dermatophyt, der Infektionen beim Menschen auslöst. In der Umgebung infizierter Haustiere entstehen leicht kleinere oder größere Epidemien. Die Varietät distortum ist in Australien und Neuseeland heimisch, wo 1954 der erste Erkrankungsfall eines Menschen beobachtet wurde. Danach wurden Einzelfälle auch in Deutschland und den USA beschrieben. Genetik Accession-No. der Nukleinsäuren- und Proteinsequenzen (Internal transcribed spacer- /IST-/ region, ribosomal DNA): Microsporum canis: EMBL AJ 000617 Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Referenzzentren für medizinisch relevante Pilze in Europa ◗ Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Padualaan 8, Utrecht, NL-3584 CT, The Netherlands ◗ Institut Pasteur, Unité de Mycologie, 25 Rue du Docteur Roux, F-75015 Paris, Frankreich Konsiliarlaboratorium für Dermatophyten in Deutschland Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Mykologisches Labor, Universität Münster, vonEsmarch-Straße 56, D-48149 Münster Expertenlaboratorien ◗ Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Mykologisches Labor, Universität München, Frauenlobstraße 9–11, D-80337 München ◗ Hautklinik des Universitätsklinikums Leipzig AöR, Mykologisches Labor, Stephanstraße 11, D-04103 Leipzig ◗ Institut für Mikrobiologie und Hygiene (Charité), Abt. Parasitologie (Genotypische Bestimmung von Pilzen), Dorotheenstraße 96, D-10117 Berlin Prävention Frühzeitig Herde, die für eine Tinea capitis oder Tinea corporis verdächtig sind, beachten und antimykotisch behandeln. Katze oder Hund als mögliche Infektionsquelle aufspüren. Familiäre Gruppenerkrankungen vorbeugen. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Prophylaktische Maßnahmen können kaum getroffen werden, weil bei Tieren oft keine oder nur schwer erkennbare Symptome einer Infektion vorhanden sind. Der Einsatz von Woodlicht kann die Fahndung nach infizierten Tieren 414 Web-Adressen Finnland: Diagnosis of Fungal Infections (dermatomycosis, systemic mycosis): http://www.clinical-mycology.com/ Australien: Mycology Online: Fungi / taxonomic classification: http://www.mycology.adelaide.edu.au Niederlande: Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Utrecht: http://www.cbs.knaw.nl Deutschland: Selected sequences-uniforms resource locator (URL): http://www.ridom.hygiene.uniwuerzburg.de Microsporum ferrugineum Persistent uniforms resource locator (PURL): http://www.purl.oclc.org/net/ridom Schlüsselliteratur 1. De Hoog GS, Guarro J, Gené J, Figueras MJ (2000) Atlas of clinical fungi, 2nd ed., Centraalbureau voor Schimmelcultures, Utrecht, The Netherlands / Universitat Rovira I Virgili, Reus, Spain. 2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE (1992) Medical Mycology, 2nd ed., Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105–161. Lea & Febiger, Philadelphia, London. 3. Gräser Y, Kuijpers AFA, El Fari M, Presber W, De Hoog GS (2000) Molecular and conventional taxonomy of the Microsporum canis complex. Med Mycol 38, pp. 143–153 Microsporum ferrugineum Erregerbezeichnung Microsporum ferrugineum Ota, 1922 (Fadenpilz, anthropophiler Dermatophyt). Synonym Historie M. ferrugineum wurde von Georg et al. (1963) sowie von Vaesavsky und Ajello (1964) aus der Gattung Trichophyton in die Gattung Microsporum überstellt. Erkrankungen/Symptome Häufigstes Krankheitsbild ist die Tinea capitis bei Kindern ohne Entzündungserscheinungen, seltener treten die Tinea corporis und selten die Tinea barbae und Tinea unguium auf. Ektotricher Haarbefall. Infizierte Haare zeigen eine starke gelbe Fluoreszenz im Woodlicht bei 365 nm. Differenzialdiagnose Mikrobiologisch. M. ferrugineum (Urease positiv) muss von Trichophyton soudanense (Urease negativ) abgegrenzt werden, ferner von Microsporum canis und Trichophyton verrucosum var. ochraceum. Trichophyton ferrugineum (Ota) Langeron et Milochevitch, 1930 Klinisch. Ausschluss anderer Dermatophyten als Erreger. Morphologie Labordiagnostik M. ferrugineum ist ein langsam wachsender Dermatophyt mit polymorphem Koloniehabitus. Kolonie. Oberseite: Glabrös, verrukös, rostfarben oder flach, samtig, farblos. Die Kolonien sind radiär gefaltet und von submers wachsenden Hyphenbündeln umgeben. Unterseite: Kräftig orangefarben, blutrot, gelb oder farblos. Mikromorphologie der Kulturform. Hyphen mit spitzwinkligen Verzweigungen, die mitunter strangförmig parallel nebeneinander verlaufen. Unter gewöhnlichen Kultivierungsbedingungen werden Mikro- und Makrokonidien nicht gebildet. Zahlreiche Chlamydosporen vorhanden. Taxonomie Abteilung: Klasse: Ordnung: Familie: Spezies: Ascomycota Euascomycetes Onygenales Arthrodermataceae Anamorph: Microsporum ferrugineum. Teleomorph: Unbekannt Die mykologische Diagnostik erfolgt durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis. Mikroskopische Untersuchung. Von Haaren im KOH-Deckglaspräparat. Der Haarschaft ist von einer Manschette aus kleinzelligen Arthrosporen umgeben. Kulturelle Anzüchtung. Auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 bis 3 Wochen bei 22 bis 30°C. Zusatz von Thiamin ist nicht erforderlich. Differenzierung. Von M. ferrugineum anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.) Therapie Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Terbinafin, Itraconazol oder Fluconazol. Spezifische Merkmale Keratin reicht als hauptsächliche Kohlenstoffund Stickstoffquelle für den Stoffwechsel des Pilzes aus. 415 M Microsporum ferrugineum Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Prävention Dermatophyten verfügen über eine geringe Virulenz. Synthese und Sekretion verschiedener proteolytischer Enzyme (alkalische Phosphatase, Esterasen, Keratinasen, Chitinasen, Elastasen und Kollagenasen) ermöglichen das invasive destruierende Wachstum der Pilze in Epidermis, Nagelplatte und Haar. Benutzung personengebundener Haarpflegeutensilien. Transmission Meldepflicht Exogene Infektion. Direkte und indirekte Übertragung von Mensch zu Mensch. Keine. Vermehrung und Inkubationszeit Vermehrung in vitro vor allem vegetativ durch Hyphenbildung in 2 bis 3 Wochen bei 22 bis 30°C. Inkubationszeit bei Infektion 1 bis 3 Wochen. Resistenz Bei Therapie. Sensibel gegen Griseofulvin, Terbinafin und Azolderivate. Resistent gegen Polyen-Antimykotika. In der Umwelt. Hierzu fehlen Erfahrungen. Immunantwort Geringe Immunantwort bei Tinea capitis ohne Entzündungserscheinungen. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Effektives Therapie- und Hygieneregime bei Personen mit Tinea capitis. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Referenzzentren für medizinisch relevante Pilze in Europa ◗ Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Padualaan 8, Utrecht, NL-3584 CT, The Netherlands ◗ Institut Pasteur, Unité de Mycologie, 25 Rue du Docteur Roux, F-75015 Paris, Frankreich Konsiliarlaboratorium für Dermatophyten in Deutschland Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Mykologisches Labor, Universität Münster, vonEsmarch-Straße 56, D-48149 Münster Expertenlaboratorien Wirtsbereich M. ferrugineum ist stark an den Menschen adaptiert. Bisher kein Nachweis bei Tieren und im Erdboden. Risikogruppen Kinder erkranken am häufigsten. Epidemiologie Verbreitung im afroasiatischen Raum mit Endemiegebieten in Japan und im westlichen Afrika, ferner in Osteuropa mit sporadischen Fällen vor allem auf dem Balkan. Vorkommen von M. ferrugineum bei Tieren wurde bisher nicht beobachtet. Ein saprophytäres Stadium im Erdboden ist nicht bekannt. Genetik Accession-No. der Nukleinsäuren- und Proteinsequenzen (Internal transcribed spacer- /IST-/ region, ribosomal DNA): Microsporum ferrugineum: EMBL AJ 252335 416 ◗ Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Mykologisches Labor, Universität München, Frauenlobstraße 9–11, D-80337 München ◗ Hautklinik des Universitätsklinikums Leipzig AöR, Mykologisches Labor, Stephanstraße 11, D-04103 Leipzig ◗ Institut für Mikrobiologie und Hygiene (Charité), Abt. Parasitologie (Genotypische Bestimmung von Pilzen), Dorotheenstraße 96, D-10117 Berlin Web-Adressen Finnland: Diagnosis of Fungal Infections (dermatomycosis, systemic mycosis): http://www.clinical-mycology.com/ Australien: Mycology Online: Fungi/taxonomic classification: http://www.mycology.adelaide.edu.au Niederlande: Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Utrecht: http://www.cbs.knaw.nl Microsporum gypseum Deutschland: Selected sequences-uniforms resource locator (URL): http://www.ridom.hygiene.uniwuerzburg.de Persistent uniforms resource locator (PURL): http://www.purl.oclc.org/net/ridom Schlüsselliteratur 1. De Hoog GS, Guarro J, Gené J, Figueras MJ (2000) Atlas of clinical fungi, 2nd ed., Centraalbureau voor Schimmelcultures, Utrecht, The Netherlands / Universitat Rovira I Virgili, Reus, Spain. 2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE (1992) Medical Mycology, 2nd ed., Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105–161. Lea & Febiger, Philadelphia, London. Historie Microsporum fulvum Uriburu, 1909 gehörte bis 1963 zur Spezies Microsporum gypseum. Durch die Entdeckung der perfekten Form Arthroderma fulva (Stockdale) Weitzmann et al. 1986 wurde M. fulvum als selbständige Spezies anerkannt. Erkrankungen/Symptome Microsporum gypseum (Bodin) Guiart et Grigorakis, 1928 (Fadenpilz, geophiler Dermatophyt) Fast immer handelt es sich um Solitärherde an nicht bekleideten Körperstellen, die auf unmittelbaren Kontakt mit Erde zurückzuführen sind. Die Zahl der Erkrankungsfälle ist vergleichsweise gering. Klinische Bilder: Tinea corporis (Herde stets mit Entzündungszeichen), Tinea capitis (favusähnliche Krusten können sich auf dem Kopf bilden), sehr selten Tinea barbae, Tinea pedis und Tinea unguium. Die Haare werden endoektotrich befallen und zeigen keine oder nur eine schwache Fluoreszenz im Woodlicht bei 365 nm. Synonym Differenzialdiagnose Microsporum gypseum Erregerbezeichnung Achorion gypseum (Bodin), 1907; Microsporum xanthodes Fischer, 1918. Morphologie M. gypseum ist ein raschwüchsiger Dermatophyt. Kolonie. Oberseite: Flach, feinkörnig gipsig, ockerfarben, reh- bis zimtbraun. Unterseite: Farblos, mitunter dunkelgelb bis braun. Pigment wird an den Nährboden nicht abgegeben. Mikromorphologie der Kulturform. Charakteristisch sind die sehr zahlreichen spindelförmigen, dünn- und zart rauwandigen Makrokonidien mit 5 bis 6 Kammern. Birnenförmige Mikrokonidien werden in geringer Anzahl gebildet. Taxonomie Abteilung: Ascomycota Klasse: Euascomycetes Ordnung: Onygenales Familie: Arthrodermataceae Spezies: Anamorph: Microsporum gypseum. Teleomorph: Arthroderma incurvatum (Stockdale) Weitzmann et al., 1986 und Arthroderma gypseum (Nannizzi) Weitzmann et al. 1986. Mikrobiologisch. Abgrenzung von Microsporum fulvum, der als geophiler Dermatophyt M. gypseum ähnelt. Merkmale von M. fulvum: Kolonien sind wolliger ausgeprägt. Die Oberseite ist ockerfarben, die Unterseite kann dunkelrot gefärbt sein. Makrokonidien werden reichlich gebildet. Sie sind zylindrischer geformt als jene von M. gypseum. Klinisch. Ausschluss von Dermatosen anderer Genese. Labordiagnostik Die mykologische Diagnostik erfolgt durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis. Mikroskopische Untersuchung. Von Hautschuppen und Haaren im KOH-Deckglaspräparat. In beiden Materialien treten septierte Hyphen auf, die in großzellige Arthrosporen zerfallen. Kulturelle Anzüchtung. Auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 Wochen bei 22 bis 30°C. Differenzierung. Von M. gypseum anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.) 417 M Microsporum gypseum Therapie Wirtsbereich Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin. Die Mykoseherde weisen keine Tendenz zur Chronizität auf. M. gypseum ist ein geophiler Dermatophyt mit geringer Adaptation an den Menschen. Bei wildlebenden Tieren und Haustieren (Katze, Hund, Pferd und Nagetiere) kommt M. gypseum vor, ohne klinische Symptome ausgelöst zu haben. Spezifische Merkmale M. gypseum spielt als Bestandteil der keratinabbauenden Mikroflora des Erdbodens eine Rolle im Stoffkreislauf der Natur. Risikogruppen Beschäftigte in Gewächshäusern, Blumenbinderinnen, Gärtner, Landarbeiter. Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Dermatophyten verfügen über eine geringe Virulenz. Synthese und Sekretion verschiedener proteolytischer Enzyme (alkalische Phosphatase, Esterasen, Keratinasen, Chitinasen, Elastasen und Kollagenasen) ermöglichen das invasive destruierende Wachstum der Pilze in Epidermis, Nagelplatte und Haar. Transmission Exogene Infektion durch unmittelbaren Kontakt mit erregerhaltigem Erdboden. Infektionen von Mensch zu Mensch sind selten. Geringe Kontagiosität. Vermehrung und Inkubationszeit M. gypseum ist ein anspruchsloser Dermatophyt. Vermehrung auf Pilznährböden in 1 bis 2 Wochen bei 22 bis 30°C. Inkubationszeit bei Infektion 1 bis 2 Wochen. Epidemiologie M. gypseum kommt weltweit in Erdböden vor, am häufigsten im Komposterde. Infektionen des Menschen stehen oft im Zusammenhang mit beruflicher Exposition. Die Erkrankungen treten sporadisch ohne Gefahr einer hohen Kontagiosität auf. Gruppenerkrankungen wurden bei Beschäftigten in Gewächshäusern beobachtet, jedoch keine Epidemien. Genetik Accession-No. der Nukleinsäuren- und Proteinsequenzen (Internal transcribed spacer- /IST-/ region, ribosomal DNA): Microsporum gypseum: EMBL AJ 000621 Prävention Sorgsamer Umgang beim Arbeiten mit Kompost- und Gartenerde. Schutzhandschuhe tragen. Resistenz Bei Therapie. Sensibel gegen Griseofulvin, Terbinafin und Azolderivate. Resistent gegen Polyen-Antimykotika. In der Umwelt. Im Gartenerde überleben Sporen von M. gypseum bis zu 3 Jahren. Immunantwort Es wird eine spezifische zelluläre Immunantwort beim Patienten ausgelöst. Spezifische humorale Antikörper von Isotyp IgG treten bei chronischen Verlaufsformen auf. Sie haben keinen protektiven und diagnostischen Wert. Bei entzündlichen Tinea-Formen wird eine verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ IV durch Bildung von spezifischem IgE induziert. 418 Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Prophylaktische Maßnahmen sind schwer realisierbar und im Allgemeinen nicht erforderlich. Meldepflicht Keine. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Referenzzentren für medizinisch relevante Pilze in Europa ◗ Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Padualaan 8, Utrecht, NL-3584 CT, The Netherlands Microsporum persicolor ◗ Institut Pasteur, Unité de Mycologie, 25 Rue du Docteur Roux, F-75015 Paris, Frankreich Konsiliarlaboratorium für Dermatophyten in Deutschland Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Mykologisches Labor, Universität Münster, vonEsmarch-Straße 56, D-48149 Münster Expertenlaboratorien ◗ Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Mykologisches Labor, Universität München, Frauenlobstraße 9–11, D-80337 München ◗ Hautklinik des Universitätsklinikums Leipzig AöR, Mykologisches Labor, Stephanstraße 11, D-04103 Leipzig ◗ Institut für Mikrobiologie und Hygiene (Charité), Abt. Parasitologie (Genotypische Bestimmung von Pilzen), Dorotheenstraße 96, D-10117 Berlin Web-Adressen Finnland: Diagnosis of Fungal Infections (dermatomycosis, systemic mycosis): http://www.clinical-mycology.com/ Australien: Mycology Online: Fungi / taxonomic classification: http://www.mycology.adelaide.edu.au Niederlande: Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Utrecht: http://www.cbs.knaw.nl Deutschland: Selected sequences-uniforms resource locator (URL): http://www.ridom.hygiene.uniwuerzburg.de Persistent uniforms resource locator (PURL): http://www.purl.oclc.org/net/ridom Microsporum persicolor Erregerbezeichnung Microsporum persicolor (Sabouraud) Guiart et Grigorakis, 1928 (Fadenpilz, zoophiler Dermatophyt). Syn1onym Trichophyton persicolor Sabouraud, 1910 Morphologie M. persicolor ist ein raschwüchsiger Dermatophyt. Kolonie. Oberseite: Flacher Thallus mit cerebriformem Zentrum, gipsig, zunächst beige, später typisch pfirsichrot. Unterseite: Rotbraun, dunkler als die Oberseite. Mikromorphologie der Kulturform. Im mikroskopischen Bild tritt der Unterschied zu Trichophyton mentagrophytes besonders hervor: Viele Makrokonidien spindelförmig von unterschiedlicher Breite mit 5 bis 7 Kammern, dünnwandig und zart rauwandig, besonders am Pol mit kleinen Protuberanzen versehen. Viele kugelrunde Mikrokonidien, die lang gestielt sein können. Nach 3 Wochen werden massenhaft Spiralhyphen gebildet. Taxonomie Abteilung: Klasse: Ordnung: Familie: Spezies: Schlüsselliteratur 1. De Hoog GS, Guarro J, Gené J, Figueras MJ (2000) Atlas of clinical fungi, 2nd ed., Centraalbureau voor Schimmelcultures, Utrecht, The Netherlands / Universitat Rovira I Virgili, Reus, Spain. 2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE (1992) Medical Mycology, 2nd ed., Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105–161. Lea & Febiger, Philadelphia, London. 3. Demange C, Contet-Audonneau N, Kombila M et al. (1992) Microsporum gypseum complex in man and animals. J Med Vet Mycol 30, pp. 301–308 Ascomycota Euascomycetes Onygenales Arthrodermataceae Anamorph: Microsporum persicolor. Teleomorph: Arthroderma persicolor (Stockdale) Weitzmann et al., 1986 Historie M. persicolor wurde 1910 von Sabouraud als Trichophyton persicolor beschrieben und 1967 von Stockdale auf Grund genetischer Untersuchungsergebnisse in die Gattung Microsporum eingeordnet. 419 M Microsporum persicolor Erkrankungen/Symptome Transmission Tinea corporis vorwiegend an nicht bedeckten Körperstellen des Menschen. Rundherde stets mir Entzündungszeichen. Gelegentlich Tinea capitis, wobei keine Haarinvasion durch M. persicolor erfolgt. So befällt M. persicolor nicht die Haar von Mensch und Tier. Exogene Infektion. Eine direkte und indirekte Übertragung von M. persicolor von Nagetiere auf Hunde und Katzen und von da auf den Menschen wird als wahrscheinlich angenommen. Differenzialdiagnose Mikrobiologisch. Abgrenzung von Trichophyton mentagrophytes: Auf zuckerfreien Nährmedien entwickelt M. persicolor eine weinrote Färbung, nicht jedoch T. mentagrophytes. Klinisch. Ausschluss von Dermatosen anderer Genese. Vermehrung und Inkubationszeit Vermehrung im Stratum corneum und in der Nagelplatte in Form von Hyphen und Arthrosporen; auf Pilznährböden zusätzlich durch Makrokonidien und Mikrokonidien innerhalb von 2 Wochen bei 22 bis 30°C. Inkubationszeit bei Infektion 1 bis 3 Wochen. Resistenz Bei Therapie. Sensibel gegen Griseofulvin, Terbinafin und Azolderivate. Resistent gegen Polyen-Antimykotika. Labordiagnostik Die mykologische Diagnostik erfolgt durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis. Mikroskopische Untersuchung. Von Hautschuppen im KOH-Deckglaspräparat. Diese sind stark von reichverzweigten septierten Hyphen durchwachsen. Die Haare sind pilzfrei. Kulturelle Anzüchtung. Auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 Wochen bei 22 bis 30°C. In der Umwelt. M. persicolor ist im Allgemeinen langlebig. Genaue Zeitspannen sind jedoch nicht bekannt. Immunantwort Als zoophiler Dermatophyt kann M. persicolor beim Menschen starke Entzündungsreaktion auf glatter Haut als typisches Zeichen der Wirtsabwehr auslösen mit nachfolgender Clearance. Wirtsbereich Therapie Freilebende kleine Nagetiere in aller Welt stellen wichtigstes Reservoir dar. Die Tiere haben keine oder nur geringfügige Hautveränderungen. Das Haarkleid wird nicht befallen. Hunde und Katzen können auch Wirte sein, ebenso Pferde. Lokalbehandlung mit Azolderivaten; interne Behandlung mit Griseovulfin oder Terbinafin. Risikogruppen Differenzierung. Von M. persicolor anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.) Spezifische Merkmale M. persicolor ist phänotypisch leicht mit T. mentagrophytes zu verwechseln. Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Dermatophyten verfügen über eine geringe Virulenz. Synthese und Sekretion verschiedener proteolytischer Enzyme (alkalische Phosphatase, Esterasen, Keratinasen, Chitinasen, Elastasen und Kollagenasen) ermöglichen das invasive destruierende Wachstum der Pilze in Epidermis, Nagelplatte und Haar. 420 Die Landbevölkerung ist besonders exponiert. Epidemiologie Verbreitungsgebiete für M. persicolor sind Europa (England, Frankreich, Deutschland), Afrika, Asien (Japan), Australien, Südamerika, USA und Kanada. Die Erkrankungen des Menschen treten sporadisch auf. Genetik Accession-No. der Nukleinsäuren- und Proteinsequenzen (Internal transcribed spacer- /IST-/ region, ribosomal DNA): Microsporum persicolor: EMBL AJ 000614 Mikrokokken Prävention Kontakt mit wildlebenden Kleinsäugern vermeiden. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Prophylaktische Maßnahmen sind schwer realisierbar und im Allgemeinen nicht erforderlich. Meldepflicht Keine. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Referenzzentren für medizinisch relevante Pilze in Europa ◗ Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Padualaan 8, Utrecht, NL-3584 CT, The Netherlands ◗ Institut Pasteur, Unité de Mycologie, 25 Rue du Docteur Roux, F-75015 Paris, Frankreich Deutschland: Selected sequences-uniforms resource locator (URL): http://www.ridom.hygiene.uniwuerzburg.de Persistent uniforms resource locator (PURL): http://www.purl.oclc.org/net/ridom Schlüsselliteratur 1. De Hoog GS, Guarro J, Gené J, Figueras MJ (2000) Atlas of clinical fungi, 2nd ed., Centraalbureau voor Schimmelcultures, Utrecht, The Netherlands / Universitat Rovira I Virgili, Reus, Spain. 2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE (1992) Medical Mycology, 2nd ed., Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105–161. Lea & Febiger, Philadelphia, London. 3. Stockdale PM (1967) Nannizzia (later Arthroderma) persicolor sp. nov., the perfect state of Trichophyton (later Microsporum) persicolor. Sabouraudia 5, pp. 355–359 4. Schönborn C (1978) Microsporum persicolor, ein seltener Dermatophyt im Einzugsbereich der Leipziger Hautklinik. Dermatol Monatsschr 164, pp. 786–795 5. Onsberg P (1978) Human infections with Microsporum persicolor in Denmark. Brit J Dermatol 99, pp. 531–536 Mikrokokken Konsiliarlaboratorium für Dermatophyten in Deutschland Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten, Mykologisches Labor, Universität Münster, vonEsmarch-Straße 56, D-48149 Münster Expertenlaboratorien ◗ Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Mykologisches Labor, Universität München, Frauenlobstraße 9–11, D-80337 München ◗ Hautklinik des Universitätsklinikums Leipzig AöR, Mykologisches Labor, Stephanstraße 11, D-04103 Leipzig ◗ Institut für Mikrobiologie und Hygiene (Charité), Abt. Parasitologie (Genotypische Bestimmung von Pilzen), Dorotheenstraße 96, D-10117 Berlin Web-Adressen Finnland: Diagnosis of Fungal Infections (dermatomycosis, systemic mycosis): http://www.clinical-mycology.com/ Australien: Mycology Online: Fungi / taxonomic classification: http://www.mycology.adelaide.edu.au Niederlande: Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS), Utrecht: http://www.cbs.knaw.nl Erregerbezeichnung Dermacoccus nishinomiyaensis, Kocuria kristinae, Kocuria rosea, Kocuria varians, Kytococcus sedentarius, Micrococcus luteus, Micrococcus lylae, Nesterenkonia halobia Synonym Micrococcus Morphologie Mikroskopie. grampositive, überwiegend in Paar- und Tetradenform gelagerte Kokken. Kultur. Wachstum auf festen Nährmedien mit überwiegend charakteristisch pigmentierten Kolonien: D. (M.) nishinomiyaensis: strahlend orange, K. (M.) kristinae: hell cremeweiß-orange, K. (M.) rosea: rosa-rot, K. (M.) varians: mattgelb, K. (M.) sedentarius: cremeweiß oder buttergelb, M. luteus: gelb oder orange, M. lylae: nichtpigmentiert oder cremeweiß, N. (M.) halobia: nichtpigmentiert. Taxonomie Familie: Micrococcaceae Gattungen: Arthrobacter (überwiegend tierassoziiert), Kocuria, Micrococcus, Ne421 M Mikrokokken sterenkonia, Renibacterium (fischassoziiert), Rothia. Familie: Dermatophilaceae Gattungen: Dermatophilus (tierassoziiert), Dermacoccus, Kytococcus lich, Aufschluss erbringt nur die mikrobiologische Diagnostik. Laboratoriumsdiagnostisch ist eine Abgrenzung von Staphylokokken und R. mucilaginosa wichtig. Labordiagnostik Aufgrund moderner phylogenetischer Untersuchungen ist die ehemalige Familie der Micrococcaceae mit den vormals zugeordneten Gattungen Micrococcus, Planococcus, Staphylococcus sowie Stomatococcus völlig neu klassifiziert worden. Neben einigen Familien nichthumanpathogener Bakterien ist die Familie Micrococcaceae zusammen mit der Familie Dermatophilaceae (Typgattung Dermatophilus, sowie Dermacoccus und Kytococcus) in die Unterordnung Micrococcineae, Ordnung Actinomycetales, Klasse Actinobacteria eingeordnet worden. Die bei humanen Infektionen nachgewiesenen Gattungen der Familie Micrococcaceae schließen Micrococcus (= Typgattung), Arthrobacter, Kocuria, Nesterenkonia und Rothia ein. Die Gattung Rothia umfasst u.a. neben R. dentocariosa aktuell auch die Spezies R. mucilaginosa, früher Stomatococcus mucilaginosus. Neben dem mikroskopischen Bild und der Koloniemorphologie führen in der Routinediagnostik physiologische Parameter zur Speziesdiagnose. Ein Wachstum auf festen Nährböden findet sich nach 1–2tägiger, obligat aerober Bebrütung (Ausnahme: K. kristinae) bei 32–37°C. „Mikrokokken“ sind katalasepositiv und überwiegend oxidasepositiv (Ausnahme: Kytococcus). Sie sind durch eine fehlende Kapselbildung und Wachstum bei 5% NaCl gegen „Stomatokokken“ und durch eine Empfindlichkeit gegen Bacitracin und die Resistenz gegen Lysostaphin gegen koagulasenegative Staphylokokken abgrenzbar. Eine sichere Speziesdifferenzierung ist durch die alleinige Testung biochemischer Eigenschaften auch mittels konfektionierter Testsysteme unzuverlässig. Im Bedarfsfall kann die taxonomische Einordnung mittels Sequenzierung ribosomaler Gene oder Chemotaxonomie (Fettsäurekomposition) erfolgen. Historie „Mikrokokken“ fanden wahrscheinlich erstmals in der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Berichten von J. Schroeter und F. Cohn über bakterielle Pigmentbildung (Bacteridium luteum) Erwähnung. Letzterer beschrieb mit Micrococcus luteus die erste „Mikrokokken“-Spezies. In den folgenden Jahrzehnten wurden eine Reihe weiterer Spezies beschrieben und es erfolgten mehrere Reklassifizierungen, die ihren vorläufigen Abschluss mit den molekularbiologischen Arbeiten von E. Stackebrandt et al. zur taxonomischen Aufspaltung des Micrococcus-Genus und zur Reklassifizierung der Micrococcaceae fanden. Therapie Penicillin G, eventuell in Kombination mit Gentamicin und Rifampicin, ist Therapie der Wahl bei Endokarditis und Sepsis. Bei Kytococcus-Infektionen ist ein Austausch des β-Laktam-Antibiotikums durch ein Glykopeptid (Vancomycin) empfehlenswert (s.u.). Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Keine Daten verfügbar. Transmission Exogene und endogene Infektion möglich. Erkrankungen/Symptome Nur in seltenen Ausnahmefällen als Erreger von Sepsis bei Patienten in Aplasie sowie u.a. von Prothesenendokarditis, septischer Arthritis, Pneumonie und Peritonitis beschrieben. Differenzialdiagnose Klinisch ist keine Abgrenzung von Infektionen mit anderen opportunistischen Erregern mög422 Vermehrung und Inkubationszeit Keine Daten verfügbar. Resistenz „Mikrokokken“ sind in der Regel empfindlich gegen die meisten therapeutisch eingesetzten Antibiotika. Kytococcus-Isolate sind resistent gegenüber Penicillin G und Methicillin. Mobiluncus Immunantwort Schlüsselliteratur Keine Daten verfügbar. 1. Kloos, W. E., Bannerman, T. L. Staphylococcus and Micrococcus. In: Murray, P. R., Baron, E. J., Pfaller, M. A., Tenover, F. C., Yolken R. H. (eds.), Manual of Clinical Microbiology, p. 264–282, ASM Press, Washington, 1999 2. Peters, G., G. Pulverer. Die Familie der Micrococcaceae. In: Köhler, W., Eggers, H.J., Fleischer, B., Marre, R., Pfister, H., Pulverer, G. (Hrsg.), Medizinsche Mikrobiologie, S. 250– 260, Urban & Fischer, München, 2001. 3. Stackebrandt, E., Koch, C., Gvozdiak, O., Schumann, P. Taxonomic dissection of the genus Micrococcus: Kocuria gen. nov., Nesterenkonia gen. nov., Kytococcus gen. nov., Dermacoccus gen. nov., and Micrococcus Cohn 1872 gen. emend. Int. J. Syst. Bacteriol. 45 (1995) 682–692 4. Von Eiff, C., Herrmann, M., Peters, G. Antimicrobial susceptibilities of Stomatococcus mucilaginosus and of Micrococcus spp. Antimicrob. Agents Chemother. 39 (1995) 268–270 Wirtsbereich Normalflora von Haut- und Schleimhäuten von Mensch und Tier. Von da aus auch in Staub, Wasser usw. der Umgebung. Deshalb häufig als Kontaminanten in menschlichem Untersuchungsmaterial. Risikogruppen Patienten in Aplasie, Patienten mit künstlichen Herzklappen. Epidemiologie Exogene Übertragung durch Hände usw. möglich. Ausbrüche nicht beschrieben. Genetik GC-Gehalt: Dermacoccus, 66–71%; Kocuria, 66– 75%; Kytococcus, 68–69%; Micrococcus, 69– 76%; Nesterenkonia, 70–72%. 16S rRNA-Genanalysen ergaben eine Zuordnung der aus den „Mikrokokken“ hervorgegangenen Gattungen in zwei Cluster, die zum einen die Gattungen Micrococcus (Acc.-No. AB023371, AF057289, AF057290, X80750), Kocuria (Acc.-No. X80749, X87754, X87756), Nesterenkonia (Acc.-No. X80747) sowie Arthrobacter, Renibacterium und Rothia (einschließlich Rothia (Stomatococcus) mucilaginosa) und zum anderen die Gattungen Kytococcus (X87755) und Dermacoccus (Acc.-No. X87757) sowie Dermatophilus umfassen. Für die Micrococcus-Spezies ist der Besitz von Plasmiden von 1–100 MDa Größe bekannt. Prävention Übliche Hygiene zur Prävention nosokomialer Infektionen. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle: Siehe Prävention Milkers Nodules Pockenviren, andere humanpathogene animalische Milzbrandbazillus Bacillus anthracis M Mobiluncus Erregerbezeichnung Mobiluncus Synonym Entfällt Morphologie Gekrümmte, sehr bewegliche Stäbchen, im Grampräparat meist gramnegativ bis gramlabil, selten grampositiv. M. curtisii ist kleiner und 0,8–3 µm lang, M. mulieris ist eher halbmondförmig und 2–6 µm lang. Beide Arten haben 1–8 Geißeln, die subterminal oder auf der Konkavseite zentral inserieren. Meldepflicht Keine Meldepflicht nach dem IfSG. Taxonomie Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Familie: Genus: Spezies: Keine Daten verfügbar. Actinomycetaceae Mobiluncus M. curtisii (ssp. curtisii, ssp. holmesii), M. mulieris 423 Mobiluncus Historie Krönig beschrieb 1895 erstmals gekrümmte Stäbchenbakterien im Vaginalsekret und Curtis gelang 1913 die Reinkultur dieser Bakterien aus uterinem und vaginalem Material einer Patientin mit postpartaler Endometritis. 1954 charakterisiert Moore zwei unterschiedliche Morphotypen im Grampräparat, die allerdings erst 1980 auch biochemisch differenziert werden konnten. 1984 wurden die beiden Arten von Spiegel und Roberts als Mobiluncus curtisii und M. mulieris charakterisiert. Mobiluncus wurde ursprünglich der Familie Bacteroidaceae zugeordnet, 1988 aber aufgrund der morphologischen und biochemischen Charakterisierung der Zellwand als grampositiv in die Familie der Actinomycetaceae klassifiziert. Diese Klassifizierung scheint aber noch nicht endgültig zu sein. Erkrankungen/Symptome Die Rolle von Mobiluncus bei der bakteriellen Vaginose und extragenitalen Erkrankungen ist nicht geklärt. Zwar lässt sich Mobiluncus zusammen mit Gardnerella vaginalis bei diesem Krankheitsbild häufig mikroskopisch nachweisen, jedoch konnten Studien bei Patientinnen mit bakterieller Vaginose keinen Unterschied in der Krankheitsschwere in Abhängigkeit vom Nachweis von Mobiluncus belegen. Ebenso hat der Nachweis von M. curtisii keinen Einfluss auf den Heilungserfolg unter der Therapie mit Metronidazol, obwohl M. curtisii resistent gegen dieses Antibiotikum ist. Mobiluncus wurde bei extravaginalen Infektionen (Nonpuerperale Brustabszesse, postoperative Wundinfektionen) verschiedentlich isoliert, aber stets nur in Mischkulturen mit weiteren Anaerobiern. Im Tierversuch gelang es nicht, mit intravenöser, intraperitonealer oder intramuskulärer Gabe von Mobiluncus-Reinkulturen Krankheitszeichen hervorzurufen. stens 3 Tagen. Wachstum in Flüssigkultur wird durch Zugabe von Pferdeserum gefördert. Biochemische Differenzierung. Oxidase-, Katalase-, Indol-, H2S-, Urease-negativ. Saccharolytische Aktivität nicht gesichert. Metabolische Endprodukte sind Succinat, Acetat und Laktat. Unterscheidung der beiden Arten durch den Nachweis von β-Galactosidase (M. curtisii ist positiv). Antibiotika-Empfindlichkeit. Beide Arten sind empfindlich gegen Penicillin, Cephalosporine, Erythromycin, Clindamycin, Aminoglykoside (!). Die Aminoglykosid-Empfindlichkeit wird allerdings von einigen Autoren bezweifelt. Therapie Eine spezifische Therapie ist nicht bekannt, scheint aber auch aufgrund der fraglichen pathogenetischen Bedeutung nicht angezeigt. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Fragliche pathogenetische Bedeutung, da bei bakterieller Vaginose Nachweis stets nur zusammen mit Gardnerella vaginalis erfolgte. Transmission Möglicherweise durch Geschlechtsverkehr. Vermehrung und Inkubationszeit Nicht bekannt. Resistenz Resistenz besteht gegen Colistin, Nalidixinsäure, Tetrazyklin sowie von M. curtisii gegen Metronidazol, während M. mulieris wechselnde Empfindlichkeit gegen Metronidazol zeigt. Kein Nachweis von Betalaktamasen. Immunantwort Nicht bekannt. Differenzialdiagnose Wirtsbereich Vaginose. Außerhalb des Menschen bislang nicht nachgewiesen. Labordiagnostik Kulturelle Anzucht. Strikt anaerobes Wachstum auf angereichterten Agarmedien bei 36°C mit Bildung von zarten Kolonien nach frühe424 Risikogruppen Veränderung der vaginalen Ökologie mit Verdrängung von Laktobazillen. Molluscum Contagiosum Virus Epidemiologie Prävalenz im Vaginalbereich bei gesunden Frauen 10–40%, bei Frauen mit bakterieller Vaginose bis zu 85%. Bei Frauen mit Vaginose Vorkommen auch im Analbereich. Nachweis im Urethralabstrich bei 3% von 300 männlichen Patienten einer STD-Ambulanz. Molluscum Contagiosum Virus Erregerbezeichnung Molluscipockenvirus: Molluscum Contagiosum Virus (MCV) Synonym Genetik Nukleotidsequenzen ca. 16, http://www.ncbi.nlm.nih.gov Molluscum contagiosum (MC), Epithelioma molluscum, Epithelioma contagiosum (Neisser), Dellwarze Prävention Morphologie Nicht bekannt. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Nicht bekannt. Meldepflicht Keine. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Konsiliarlaboratorium für anaerobe gramnegative Stäbchen, Abteilung für Medizinische Mikrobiologie, Hygieneinstitut Universität Tübingen, Silcherstr. 7, 72076 Tübingen (Herr Prof. Dr. I. B. Authenrieth, Frau Priv. Doz. Dr. med. U. Schumacher) Web-Adressen http://www.bacterio.cict.fr/m/mobiluncus.html http://www.dsmz.de/bactnom/nam1908.htm Schlüsselliteratur 1. Schwebke J.R., Lawing, L.F. (2001) Prevalence of Mobiluncus spp. among women with and without bacterial vaginosis as detected by polymerase chain reaction. Sex. Transm. Dis. 28:195–199 2. Spiegel, C. A.: The Genus Mobiluncus, in: Balows, A., H. G. Trüper, M. Dworkin, W. Harder, K.-H. Schleifer (Hrsg.) The Prokaryotes. 2. Auflage, Springer Verlag, New York, Berlin, Heidelberg, 1991. Wie Vaccinia und Variola Virus. Backsteinförmige Partikel in der Elektronenmikroskopie: 360×210 nm. Molluscumtypische tubuläre Struktur des Cores. Taxonomie Genus Molluscipoxvirus in der Familie Poxviridae und der Unterfamilie Chordopoxvirinae (Wirbeltierpocken). Historie Dr. Thomas Bateman (1778 bis 1821) verwendete 1814 den Begriff „Molluscum Contagiosum“ für eine selbständige und übertragbare Erkrankung der menschlichen Haut. W. Henderson fand 1841 „globuläre Körperchen“ in den Molluscumläsionen. Die intrazytoplasmatischen Einschlüsse in der Epidermis der MC-Knötchen wurden als Henderson-Patersonsche Körperchen oder Molluscumkörper bekannt. Goodpasture und King sowie Goodpasture und Woodruff bezeichneten die Molluscum Elementarkörperchen erstmals als Viren und stellten Ähnlichkeiten zu den Borrel Körperchen bei Geflügelpocken fest. Juliusberg sowie Wile und Kingery gelang eine Übertragung der Infektion von Mensch zu Mensch unter Laborbedingungen durch bakterienfreie Extrakte des mit MCV infizierten Gewebes (Juliusberg, 1905; Wile und Kingery, 1919). Moellerella Erkrankungen/Symtome Kluyvera, Koserella, Leclercia, Leminorella, Das MCV verursacht benigne Tumoren der menschlichen Haut. Wegen der Begrenzung auf die Epidermis werden diese Tumoren auch als Acanthome bezeichnet. MCV Läsionen ähneln Haarfollikeln der menschlichen Haut. Die MCV typischen epidermalen Tumoren werden als perlenartige, fleischfarbene, erhabene, feste, ge- Moellerella Molluscum contagiosum Molluscum Contagiosum Virus 425 M Molluscum Contagiosum Virus nabelte Hautknötchen von 2–3 mm Durchmesser beschrieben. Typischerweise weisen sie eine kraterförmige Eindellung in ihrer Mitte auf, aus der weißes, kreidiges Material entleert werden kann. Darüber hinaus gibt es Molluscum Contagiosum (MC) Läsionen von 10 mm Durchmesser und größer. Diese sind als Molluscum Giganteum bekannt. Sie werden vor allem bei immunsupprimierten Patienten beobachtet. Die Molluscumknötchen finden sich bevorzugt im Gesicht, am Hals, den Armen und Genitalien. Lippen, Zunge und Mundschleimhaut werden seltener befallen. Am seltensten sind Mollusci der Handflächen und Fußsohlen. Bei Lokalisation an den Lidrändern sieht man Konjunktivitis und Keratitis. Es kommt vor, dass Patienten viele hundert MC-Knötchen aufweisen, die sich über einen längeren Zeitraum entwickeln. Die Knötchen können jahrelang persistieren, ohne Beschwerden zu bereiten. Bei immunsupprimierten Patienten gibt es akute, floride Hauteruptionen mit bis zu 700 Läsionen. Dies wird in Analogie zu ähnlichen Exazerbationen bei Herpes simplex und Vaccinia Virus als Ekzema molluscum bezeichnet. Schwere Verläufe werden auch nach Splenektomie und bei HIV Infektion beobachtet. Die Verhältnisse bei HIV infizierten Kindern entsprechen dem Infektionsverlauf im immunsupprimierten Wirt. Generalisierte Formen mit systemischer Reaktion kommen nicht vor. Allerdings können ausgedehnte bakterielle Sekundärinfektionen Fieber und Allgemeinsymptome erzeugen. Assoziation von MCV mit Haarfollikeln, Epidermoidzysten, malignen Tumoren, Ossifikation und hämorrhagische MCV Läsionen werden beschrieben. Auf MC treffen die Kriterien einer Lokalinfektion zu (Massenwirkung, Selbstlimitierung). Die Infektion mit MCV ist insbesondere nicht zyklisch und eine Virämie tritt nicht auf. Molluscum Contagiosum ist eine chronische, nicht generalisierende Viruserkrankung der menschlichen Haut, die häufig durch bakterielle Sekundärinfektionen kompliziert wird. paraten von Hautbiopsien zweifelsfrei möglich und ausreichend. Erregernachweis aus Reizserum (Verwendung von MCV Virionmaterial als Antigen), oder ultradünnen Gewebeschnitten von Läsionen. Elektronenmikroskopische Differenzierung aufgrund Molluscum-typischer Corestrukturen. PCR aus Läsionsmaterial. Therapie Topische Behandlung mit DNA-Polymerasehemmstoffen (z. B. Cidofovir®). Kürettage, Anstechen oder Lasern der Primärläsionen. Die Molluscum-Infektion ist selbstlimitierend ohne Narbenbildung. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität MCV hat einen ausgeprägten Gewebetropismus. Es durchläuft seinen Lebenszyklus ausschließlich in der Epidermis der menschlichen Haut. Ein Überschreiten der Basalmembran und eine Generalisierung der Virusinfektion finden nicht statt. MCV verhält sich in Zellkultur wie eine wirtsabhängige, konditionelle, letale Mutante, deren Genom frühe Funktionen, die u.a. zum ZE führen, zwar exprimiert, aber den vollständigen viralen Zyklus, weitergehend mit der Replikation der viralen DNA, nur in der menschlichen Haut in situ entwickelt. MCV zeigt ein ausgeprägtes heterologes Interferenzvermögen. MCV Extrakte interferieren mit der Plaquebildung von Vaccinia-, Herpes- und Encephalomyokarditisviren. Die zelluläre und molekulare Pathogenese der MCV Infektion ist ein interessantes Modell zum Studium der Haut als primärem Organ der Immunabwehr. Transmission Kutane Kryptokoccose, Histoplasmose und Orthopockeninfektionen. Die MCV Infektion wird direkt von Mensch zu Mensch durch Schmierinfektion aber auch indirekt über Hygieneartikel übertragen. Die MCV Infektion ist eine sexuell übertragbare Krankheit Labordiagnostik Vermehrung und Inkubationszeit Die klinische Diagnose des MC ist in den meisten Fällen lichtmikroskopisch aus Schnittprä- Vegetativ in der menschlichen Epidermis. Inkubationszeit 2–4 Wochen. Differenzialdiagnose 426 Monilia brasiliensis Resistenz Genetik DNA Polymerasehemmstoffe (z.B. Cidofovir®) sind bei topischer Anwendung wirksam. Resistenzen sind nicht bekannt. Das MCV Genkomplement schließt neben den Genen der Transkriptions- und Replikationsmaschinerie, die im Zentrum des Genoms mit hoher Aminosäurehomologie konserviert sind, auch eine Reihe von Genen mit potenziell immunsuppressiver Wirkung ein. Dazu gehören ein Mitglied der Familie der CC-Chemokine, ein Homolog der schweren Kette von MHC Typ 1, drei Proteine mit Homologie zum humanen SLAM, eine Glutathionperoxidase und ein IL18 bindendes Protein. Das ‘Poxvirus Bioinformatics Centre’ http:// www.poxvirus.org/ bietet eine vollständige und kommentierte Sequenzsammlung sowie andere Informationen zur MCV Genetik. Immunantwort Nicht-neutralisierende Antikörper regional unterschiedlich bei 6–10% der Bevölkerung. Bei der Untersuchung einer MC typischen zellulären Immunantwort wurde ein Fehlen von TLymphozyten/NK-Zell Unterklassen in der den viralen Läsionen unterliegenden Dermis festgestellt. Wirtsbereich Die MCV Infektion ist vermutlich ausschließlich auf den menschlichen Wirt begrenzt. Eine Übertragung auf Versuchstiere ist bisher nicht gelungen. Bezüglich des Reservoirs der menschenpathogenen Pocken geht man davon aus, dass außerhalb des Menschen keines existiert. Risikogruppen Molluscum Contagiosum ist eine über die ganze Welt verbreitete Erkrankung vorwiegend von Kindern und Jugendlichen und tritt sporadisch, aber auch in kleinen Epidemien auf. Die Inzidenz ist steigend, besonders bei HIV Infizierten und Personen mit anderen nicht erworbenen zellulären Immundefekten. Das höchste Übertragungsrisiko besteht zwischen Individuen in großen Gruppen auf engem Raum unter unzureichenden hygienischen Verhältnissen: Schulen, Kasernen, öffentliche Sporteinrichtungen. Epidemiologie Molluscum Contagiosum ist eine weltweit verbreitete Erkrankung: Beschrieben werden eine Inzidenz von 0,14% bis 1,2% in Schottland und 4,5% in Fidji. Molluscum Contagiosum tritt oft im Zusammenhang mit Erkrankungen des Immunsystems auf, insbesondere bei Defekten der zellulären Immunität und präsentiert sich dann mit schweren und atypischen Verläufen. Disseminiertes MC wurde unter anderem bei B- und T-Zell Reifungsstörungen beschrieben. Beim progressiven Immunschwächesyndrom (AIDS) im Rahmen der HIV Infektion dient die opportunistische MCV Infektion als Markererkrankung im Stadium IV des AIDS assoziierten Komplexes (AIDS Related Complex: ARC). Prävention Hygienemaßnahmen. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Expositionsprophylaxe. Meldepflicht Keine Meldepflicht. M Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Expertenlabor: Prof. Dr. G. Darai, Hygiene-Institut der Universität Heidelberg, Abt. Virologie, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg. Web-Adressen Poxvirus Bioinformatics Centre: http://www.poxvirus.org/ Centers for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ World Health Organization: http://www.who.int/en/ Schlüsselliteratur 1. Fenner, F. Pockenviren. In: Virology, Third Edition, edited by Fields, B.N., et. al., Raven Press, Ltd. New York, Vol. 2, (1996) 2673–2702. 2. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Monilia brasiliensis Paracoccidioides brasiliensis 427 Moniliformis Moniliformis Acanthocephala Monkeypox virus Affenpockenviren, humanpathogene Moraxella (Branhamella) catarrhalis Erregerbezeichnung Moraxella catarrhalis Synonym Branhamella catarrhalis Morphologie Gramnegative Kokken Taxonomie Familie: Neisseriaceae Gattungen: Neisseria, Moraxella (Subgenera Moraxella, Branhamella), Kingella, Acinetobacter, Simonsiella, Eikenella, Alysiella, CDC group EF-4, CDC group M-5. Einordnung der Gattungen Moraxella, Acinetobacter und Psychrobacter in eine eigene Familie Moraxellaceae oder der Gattungen Branhamella und Moraxella in Branhamaceae wird aufgrund von Genomanalysen diskutiert. Historie Seit 1896 (Frosch und Kolle) als Micrococcus catarrhalis bekannt, später wegen seiner morphologischen Ähnlichkeit mit Keimen der Gattung Neisseria als Neisseria catarrhalis bezeichnet. Umbenennung in Branhamella catarrhalis zu Ehren der Mikrobiologin Sarah Branham (Catlin, 1970). 1979 Unterteilung der Gattung Moraxella in die beiden Subgenera Moraxella und Branhamella (Bøvre). und tiefen Respirationstraktes, wie Laryngitis, akute Bronchitis, Exazerbation einer chronischen Bronchitis, Bronchiolitis und Pneumonie auf. Die Symptomatik der M. catarrhalis-Infektionen reicht von leichten, selbst-limitierenden Erkrankungen bis hin zu schweren Pneumonien, wobei als typisches klinisches Bild die eitrige Tracheobronchitis gilt. Bis zur Hälfte dieser respiratorischen Infekte sind polymikrobiell bedingt. Als weitere fakultativ pathogene Keime werden meist H. influenzae und S. pneumoniae isoliert. Die pathogenetische Rolle von M. catarrhalis in Mischkulturen wird von einigen Autoren allerdings als noch nicht völlig geklärt angesehen. Insbesondere bei Kindern verursacht M. catarrhalis Otitis media, Sinusitis und Konjunktivitis (M. catarrhalis gilt als jeweils dritthäufigster Erreger dieser Erkrankungen). Systemische Infektionen treten vorwiegend bei Immunsupprimierten, zunehmend aber auch bei Kindern ohne Vorliegen einer Grunderkrankung auf. Bei Kindern finden sich im Verlauf von Septikämien häufig Hauterscheinungen wie makulopapulöses Exanthem, Petechien und Purpura. Seltene Fälle von Wundinfektionen, Cellulitis, Osteomyelitis, Infektionen des Urogenitaltraktes, Endophthalmitis, Arthritis, Peritonitis, postoperative Mediastinitis, Endokarditis und Meningitis sind beschrieben. Differenzialdiagnose Entsprechende Infektionen verursacht durch andere bakterielle und virale Erreger. Labordiagnostik Geeignete Materialien. Sputum, Trachealsekret, Nasopharyngealabstrich, Trommelfellpunktat, Ausflussmaterial nach Riss des Trommelfells, Nebenhöhlenpunktat, Bindehautabstrich. Mikroskopie. Gramnegative Diplokokken, deren einander zugekehrte Seiten abgeplattet sind („Kaffeebohnen“- oder „Semmel“-form). Erkrankungen/Symptome M. catarrhalis ist neben Haemophilus influenzae und Streptococcus pneumoniae der häufigste bakterielle Erreger von Atemwegsinfektionen. V.a. ältere Menschen und Patienten mit chronischen Lungenvorerkrankungen sind betroffen. Hierbei treten Infektionen des oberen 428 Kulturelle Anzüchtung. M. catarrhalis kann auf Nähr- und Blutagar in atmosphärischer Luft in einem Temperaturbereich zwischen 20–42°C angezüchtet werden. Optimales Wachstum wird in einer 3–10% CO2-Atmosphäre bei 35–37°C erreicht. Einige Stämme können auch auf Neisse- Moraxella (Branhamella) catarrhalis rien-Selektiv-Medien (Typen Thayer-Martin TM, Martin-Lewis ML, New York City NYC) wachsen. Identifizierung. ◗ Produktion der Enzyme Cytochromoxidase, Katalase, DNase, Buttersäure-Esterase (z.B. Tributyrin-Hydrolyse) ◗ keine Säureproduktion aus Glukose, Maltose, Saccharose, Fruktose, Laktose (in CystinTrypticase-Agar, CTA-Medien) ◗ Reduktion von Nitrat und Nitrit (keine Gasbildung) Resistenztestung. Prüfung auf β-LaktamaseBildung mittels Schnelltest (z.B. NitrocefinTest) Therapie Fast alle der klinisch signifikanten Isolate sind β-Laktamase-Produzenten. Mittel der 1. Wahl sind daher Kombinationen aus Penicillinen wie Ampicillin/Amoxicillin etc. plus β-LaktamaseHemmer wie Sulbactam/Clavulansäure etc. und die meisten Cephalosporine. Makrolide wie Erythromycin, Azithromycin, Clarithromycin etc., Tetracycline wie Doxycyclin etc. sowie Gyrasehemmer wie Ciprofloxacin etc. sind alternative Mittel. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Äußere Membranproteine wie UspA1 scheinen wesentlich für die Anheftung von M. catarrhalis an die Wirtsepithelzellen zu sein. Darüber hinaus sind Lipooligosaccharide (3 verschiedene Serotypen) sowie Pili weitere Oberflächenstrukturen von M. catarrhalis, die Bezug zur Pathogenität haben könnten. Eisen-regulierte Proteine wie Transferrin- (TbpA und TbpB) und Laktoferrin- (LbpA und LbpB) Bindeproteine ermöglichen die Eisenaufnahme vom Wirt. Die Serum-Resistenz wird ebenfalls als Virulenzfaktor klinisch signifikanter Isolate angesehen. Transmission Meist endogene Infektionen nach Einwanderung von Erregern aus dem Oro- und Nasopharynx. Über nosokomiale Infektionen, die v.a. den Respirationstrakt betrafen und die insbesondere in Abteilungen mit Lungenerkrankun- gen auftraten, wurde ebenfalls mehrfach berichtet. Vermehrung und Inkubationszeit Siehe Transmission. Resistenz Der erste β-Laktamase-produzierende M. catarrhalis-Stamm wurde 1976 nachgewiesen. Derzeit sind ca. 90% der Isolate β-Laktamase-positiv. Bei keiner anderen Bakterienart wurde eine solch starke Zunahme resistenter Stämme beobachtet. M. catarrhalis-Stämme produzieren 2 Typen von β-Laktamasen, BRO-1 und BRO-2. Das BRO-1-Enzym wird bei der Mehrheit der β-Laktamase-positiven Isolate gefunden und führt zu einer größeren Resistenz als BRO-2. Immunantwort Nach Infektionen mit M. catarrhalis konnten sowohl systemische als auch Schleimhaut-Antikörper-Antworten nachgewiesen werden. Wirtsbereich M. catarrhalis ist Kommensale im oberen Respirationstrakt des Menschen. Bei Kindern finden sich sehr viel höhere Keimträgerraten als bei Erwachsenen. So waren – abhängig von der geographischen Lage – 28 bis 100% der untersuchten Säuglinge mit M. catarrhalis im Verlauf des 1. Lebensjahres besiedelt. Bei gesunden Erwachsenen betrug die Kolonisierungsrate dagegen ca. 4%. Risikogruppen ◗ Immunsupprimierte Patienten für Septikämien und Atemwegserkrankungen. ◗ Patienten mit kardiopulmonalen Vorerkrankungen, insbesondere chronischen Lungenerkrankungen, wie z.B. chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und chronischer Bronchitis. Etwa drei Viertel der Patienten mit M. catarrhalis-Atemwegsinfektionen zeigen eine bronchopulmonale Grunderkrankung. ◗ Als weitere prädisponierende Faktoren für bronchopulmonale Infektionen mit M. catarrhalis gelten höheres Lebensalter (über 60 Jahre), männliches Geschlecht (bis 85% der Erkrankten) und Rauchen. 429 M MOTT (Mycobacteria Other Than Tuberculosis) Prädisposition durch geschädigte bronchoalveoläre Zellen wahrscheinlich. Epidemiologie Zwei Drittel der Atemwegsinfektionen mit M. catarrhalis sind ambulant erworben. Nosokomiale Ausbreitung von M. catarrhalis-Infektionen wurde allerdings beschrieben (siehe Transmission). Hierbei konnte der Keim auch aus Umgebungsproben angezüchtet werden. Durch M. catarrhalis bedingte Infektionen des Respirationstraktes treten v.a. im Winter und im Frühjahr auf. Genetik 5. Rossau, R.G., A. van Landschoot, M. Gillis, J. de Ley. 1991. Taxonomy of Moraxellaceae fam. nov., a new bacterial family to accommodate the genera Moraxella, Acinetobacter and related organisms. Int. J. Syst. Bacteriol. 41: 310–319 MOTT (Mycobacteria Other Than Tuberculosis) Mykobakterien, ubiquitäre Mucor circinelloides Mucorales Komplette Sequenz ist nicht verfügbar. Prävention Prävention nosokomialer Ausbrüche durch alle Maßnahmen, die allgemein zur Verhinderung nosokomialer Infektionen eingesetzt werden, wie z.B. regelmäßige Hände- und Flächendesinfektion etc. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Siehe Prävention Meldepflicht Bei gehäuftem nosokomialen Auftreten. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen ◗ Nationales Referenzzentrum für Meningokokken (Neisserien), Universität Würzburg, Institut für Hygiene und Mikrobiologie: http://www.ridom.hygiene. uni-wuerzburg.de Schlüsselliteratur 1. Enright, M. C., H. McKenzie. 1997. Moraxella (Branhamella) catarrhalis – clinical and molecular aspects of a rediscovered pathogen. J. Med. Microbiol. 46: 360–371 2. Karalus, R., A. Campagnari. 2000. Moraxella catarrhalis: a review of an important human mucosal pathogen. Microbes. Infect. 2: 547–559 3. McGregor, K., B. J. Chang, B. J. Mee, T. V. Riley. 1998. Moraxella catarrhalis: clinical significance, antimicrobial susceptibility and BRO beta-lactamases. Eur. J. Clin. Microbiol. Infect. Dis. 17: 219–234 4. Murphy, T. F. 1996. Branhamella catarrhalis: epidemiology, surface antigen structure, and immune response. Microbiol. Rev. 60: 267–279 430 Mucor pusillus Mucorales Mucorales Erregerbezeichnungen Rhizopus oryzae, Rhizopus microsporus var. rhizopodiformis, Rhizomucor pusillus, Absidia corymbifera, Apophysomyces elegans, Mucor circinelloides, Cunninghamella bertholletiae, Saksenaea vasiformis Synonym Rhizopus oryzae: Rhizopus arrhizus; Rhizopus microsporus: Rhizopus rhizopodiformis; Rhizomucor pusillus: Mucor pusillus; Mucor circinelloides: Rhizomucor circinelloides Morphologie Köpfchenschimmel. Wirtsgewebe. Dünnwandige, unseptierte, teilweise rechtwinklig verzweigte Hyphen unterschiedlichen, starken Kalibers (10–20 µm) mit Affinität zu Gefäßwänden. Kultur. Allgemeine Kennzeichen der Mucorales: Kolonie: Sehr rasches (15 bis 48 h) watteartiges Wachstum bei 37°C, Rhizomucor pusillus auch bei 56°C, auf Sabouraud-Glucose(2%)Agar und anderen gängigen festen Nährmedien. Mucorales Mikroskopisch. Traghyphen (Sporangiophoren) mit Sporangien, die nach Reifung mehr als hundert runde oder ovale 3–5 µm durchmessende Sporangiosporen freisetzen. Artdiagnose anhand der Architektur der Traghyphen sowie der Mikromorphologie der Sporangien (siehe unten). Ausbildung von dunklen, dickwandigen, oft ornamentierten Zygosporen bei den zumeist heterothallischen Mucorales nur bei Ko-Kultivierung artgleicher Plus- und Minus-Stämme. Spezifische Morphologie der wichtigen humanpathogenen Arten Rhizopus oryzae (arrhizus) Kolonie. Rasch expandierend, bis zu 1 cm hoch, weißlich bis graubraun. Temperaturmaximum 40°C. Mikroskopisch. Sporangiophoren einzeln oder in Büscheln, braun, 1–2 mm hoch, 18 µm breit, zumeist unverzweigt, gelegentlich mit bis zu 50 µm breiten, braunen Anschwellungen. Rhizoide geringgradig vezweigt, bis zu 250 µm lang, bräunlich. Sporangien sphärisch, 50–250 µm, bräunlich-grau bis schwarz. Columella erfüllt 50–70% des Sporangiums, sphärisch. Apophyse kurz, 3–12 µm hoch. Sporangiosporen graugrün, eckig, subsphärisch bis oval, längsgestreift, 6–8×4,5–5 µm. Chlamydosporen einzeln oder in Ketten, sphärisch bis oval, 10–35 µm, hyalin, glattwandig. Zygosporen rot bis braun, sphärisch oder lateral abgeflacht, 60–140 µm. Suspensoren ungleich, sphärisch und konisch. Heterothallisch. Rhizopus microsporus var. rhizopodiformis Rhizomucor pusillus Kolonie. Mausfellartiges, bräunliches Wachstum innerhalb von 1 bis 2 Tagen, flacher als die meisten übrigen Mucorales. Herausragende Thermophilie (56°C). Mikroskopisch. Sporangiophoren entspringen von Lufthyphen oder von Stolonen mit verzweigten, dünnwandigen Rhizoiden, bräunlich, 11–15 µm stark. Verzweigungen an der Spitze enden mit jeweils einem Sporangium. Sporangien sphärisch, bis zu 100 µm. Sporangienmembran platzt in Wasser. Columella (sub)sphärisch bis birnenförmig, 40 µm breit, ohne Apophyse. Sporangiosporen hyalin, glattwandig, (sub)sphärisch, 3–4 µm. Zygosporen sphärisch bis leicht komprimiert, bis zu 70 µm breit, dunkelbraun bis schwarzbraun, mit sternförmigen Warzen. Suspensoren gleichartig. Homo- oder heterothallisch. Absidia corymbifera Kolonie. Raumgreifend, weiß bis grau-braun. Myzel stark verzweigt mit Stolonen und Rhizoiden. Mikroskopisch. Sporangiosporen einzeln oder in Gruppen, von Lufthyphen entspringend, (sub)hyalin. Sporangien sphärisch bis birnenförmig, 100–120 (–0–150) µm. Columella erfüllt 40–60% des Sporangiums, mit deutlicher, konischer Apophyse, halbkugelförmig, mit einem oder mehreren apikalen Fortsätzen. Sporen glattwandig, sphärisch, 3–4 µm, oder lang-elliptisch, 4–5×2,5 µm. Kolonie. Sehr rasch expandierende Kolonie bis zu 1 cm hoch, dunkel grau-braun. Apophysomyces elegans Mikroskopisch. 1 bis 4 Sporangiophoren entspringen einem gemeinsamen Wurzelbüschel (Rhizoid). Sporangiophoren bräunlich, bis 500 µm hoch, 8 µm breit. Gewöhnlich können Matten von Makro- und Mikrosporangiophoren unterschieden werden. Sporangien sphärisch, bis zu 100 µm, bläulich oder grauschwarz. Columella birnenförmig, erfüllt 80% des Sporangiums. Sporen (sub)sphärisch, bis zu 6 µm, Oberfläche mit winzigen Nadeln versehen. Zygosporen rötlich-braun, bis 100 µm, mit sternartigen Auswüchsen, zwischen ungleichen Suspensoren getragen. Heterothallisch. Mikroskopisch. Sporangiophoren gewöhnlich einzeln, von Lufthyphen entspringend, gerade oder gebogen, unverzweigt, sich leicht zur Spitze hin verjüngend, blass gräulich-braun, bis zu 540 µm lang, 3,4–5,7 µm stark. Sporangien endständig und einzeln, birnenförmig, mit deutlich hervorgehobener Apophyse und Columella, 20– 58 µm. Apophyse vasen- oder glockenförmig, 10–46×11–40 µm. Columella halbkugelförmig, 18–28 µm. Sporangiosporen subsphärisch bis zylindrisch, subhyalin, glattwandig, 5,4–8×4– 5,7 µm. Kolonie. Rasch wachsend, bräunlich-grau. 431 M Mucorales Mucor circinelloides Kolonie. Rasch wachsend, watteartig, blass gräulich-braun. Temperaturmaximum 37°C. Mikroskopisch. Sporangiophoren hyalin, bis zu 6 mm hoch, 17 µm stark, wiederholt verzweigt, zwei Schichten unterschiedlicher Höhe bildend: längere Äste aufrecht, kürzere oft zurückgebogen. Sporangien 20–80 µm, Membran größerer Sporangien in Wasser leicht platzend, kleinere Sporangien bleiben erhalten. Columella sphärisch bis ellipsenförmig, ca. 50 µm breit. Sporangiosporen glattwandig, elliptisch, 4,5–7×3,5– 5 µm. Chlamydosporen fehlend oder sehr selten. Zygosporen sphärisch bis leicht komprimiert, bis zu 100 µm, mit sternförmigen Stacheln, rötlich-braun bis dunkelbraun. Suspensoren gleichartig bis leicht ungleich. Heterothallisch. Cunninghamella bertholletiae Kolonie. Raumgreifendes Wachstum bis 45°C, reichlich watteartiges Myzel, gelblich-braun bis grau. Mikroskopisch. Sporangiophoren aufrecht, an der Spitze mit einem Wirtel kurzer, lateraler Zweige. Jeder Zweig endet mit einem Vesikel, bis zu 40 µm, das auf seiner gesamten Oberfläche 1-sporige Sporangiolen trägt. Sporangiophoren sphärisch bis oval, 7–11 µm, glattwandig, gelegentlich fein stachelig. Zygosporen sphärisch, 25–55 µm, bräunlich, mit stumpfen Vorsprüngen. Heterothallisch. Saksenaea vasiformis Kolonie. Rasch wachsend, grau. Temperaturmaximum 44°C. Mikroskopisch. Sporangiophoren einzeln, unverzweigt, 25–60×6–9 µm, mit dichotom verzweigten, dunkel pigmentierten Rhizoiden. Sporangien einzeln, endständig, flaschenförmig, bis zu 50 µm lang, Basis bis zu 20 µm breit, viele Sporen enthaltend. Columella halbkugelförmig, 11–15 µm. Sporangiosporen glattwandig, elliptisch bis zylindrisch, 3–4×1,5–2 µm. Taxonomie Abteilung: Klasse: Ordnung: Familie: 432 Zygomycota Zygomycetes Mucorales Mucoraceae Gattungen: Absidia, Apophysomyces, Mucor, Rhizomucor, Rhizopus Historie Menschliche Mucormykose erstmals 1876 durch Fürbringer beschrieben. Erkrankungen/Symptome Humane Erkrankungen durch Zygomyzeten der Ordnung Mucorales: Rhinocerebrale, pulmonale, gastrointestinale, kutane und disseminierte Zygomykosen. Rhinozerebrale Zygomykose. Häufigste Form der Erkrankung bei schlecht eingestellten Diabetikern mit Rhizopus oryzae (arrhizus) als häufigstem Erreger. Pulmonale Zygomykose. Klinisches Bild sehr variabel. Grundleiden zumeist Leukosen. Gastrointestinale Zygomykose. Bei Menschen sehr selten, Symptome variabel. Kutane Zygomykose. Läsionen unspezifisch, zentrale Nekrosen. Bei Verbrennungspatienten. Differenzialdiagnose Invasive pulmonale Aspergillose, Fusariose, Pseudallescheriose. Labordiagnostik Rhinozerebraler Befall bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus legt die Verdachtsdiagnose einer Zygomykose nahe. Das histologische Bild erlaubt zumeist die Diagnose Zygomykose (siehe Morphologie). Die Anzucht mit Artdiagnose gelingt in ca. 10% der Fälle. Es gibt keine kommerziellen serologischen Teste. Therapie Chirurgische Therapie und/oder Amphotericin B in 5%iger Glucoselösung oder in liposomalen Zubereitungen in höchstmöglicher Dosierung über mindestens 6 Wochen. Die Heilungsrate liegt bei 10%. Spezifische Merkmale Nekrosenbildungen, Gefäßaffinität. Chronischer, therapieresistenter Verlauf. Mucorales Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Genetik Aufgrund ihrer weiten Verbreitung in der Natur und ihrer fehlenden Pathogenität für gesunde Menschen wurden sämtliche Zygomyzeten in die Risikoklasse 1 eingestuft. Sezernierte alkalische Phosphatasen wurden nachgewiesen. Deren Bedeutung als Pathogenitätsfaktoren ist unklar. Für die humanpathogenen Zygomyzeten sind die Sequenzen der ribosomalen Gene bekannt. Auf deren Basis kann eine molekulare Identifizierung erfolgen. Die Accession-Numbers sind unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov abrufbar. Bei einer ganzen Reihe von Zygomyzeten sind zudem Proteinsequenzen für diverse Enzyme bekannt. Transmission Inhalation (rhinozerebrale und pulmonale Zygomykose), Ingestion (gastrointestinale Zygomykose) oder direkte Inokulation (primär kutane Zygomykose) der Sporangiosporen. Prävention Hochrisikopatienten wie Knochenmarkstransplantations-Patienten sollten Sporangiosporenfreie Luft atmen (Raumluft-Filter) und sich mit sporenfreien Nahrungsmitteln ernähren. Vermehrung und Inkubationszeit In vitro zeichnen sich alle Mucorales durch extrem rasches Wachstum aus (Thallusgröße >1 cm in 24 h). Die Inkubationszeiten der humanen Zygomykosen sind unbekannt. Resistenz Alle Mucorales sind gegen alle bekannten Antimykotika, ausgenommen Amphotericin B, resistent. Immunantwort Es werden spezifische Antikörper gebildet, deren IgG-Anteil nach ausgeheilten Zykomykosen lange persistiert. Wirtsbereich Schimmelpilze der Ordung Mucorales sind in der Natur weit verbreitet und leben von abgestorbenem, organischem Material. Risikogruppen Rhinozerebrale Zygomykose: Schlecht eingestellte Diabetiker. Pulmonale, gastrointestinale und disseminierte Zygomykosen: Leukämiker u.a. Primär kutane Zygomykosen: Verbrennungspatienten. Epidemiologie Insgesamt sind die Zygomykosen die seltensten in Mitteleuropa einheimischen Mykosen. Am häufigsten ist die rhinozerebrale Form, zunehmend häufiger werden die pulmonalen und anderen Formen bei granulozytopenischen Patienten beobachtet. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Vermeidung diabetischer Ketoazidosen. Meldepflicht Im Rahmen gehäuft auftretender nosokomialer Infektionen (gleichzeitig in einem Stationsbereich 2 oder mehr invasive Zygomykosen) besteht eine nichtnamentliche Meldepflicht an das zuständige Gesundheitsamt. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen ◗ Expertenlaboratorium für Zygomyzeten: Prof. Dr. R. Rüchel, Zentrum für Hygiene und Humangenetik, Abteilung Mykologie, GeorgAugust-Universität, Kreuzbergring 57, 37075 Göttingen. ◗ National Center of Biotechnology Information: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ Schlüsselliteratur 1. De Hoog GS, Guarro J, Gene J, Figuera MJ. 2000. Atlas of Clinical Fungi, 2nd ed. Zygomycota, pp. 58–124. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Utrecht. 2. Ribes JA, Vanover-Sams CL, Baker DJ. 2000. Zygomycetes in human disease. Clin Microbiol Rev. 13: 236–301. 3. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical Mycology, 2nd ed. Chapter 20: Mucormycosis, pp. 524–559. Lea & Febiger, Philadelphia, London. 4. Goodman NL, Rinaldi MG. 1991. Agents of zygomycosis. In: Balows A, Hausler Jr. WJ, Herrmann KL, Isenberg, HD, Shadomy HJ (eds.): Manual of clinical microbiology, 5th ed., chapter 64, pp. 674–692. American Society for Microbiology, Washington DC, USA. 5. Scholer HJ, Müller E, Schipper MAA. 1983. Mucorales. In: Howard DH (ed.): Fungi pathogenic for humans and animals, part A, pp. 9–59. 433 M Mumpsvirus Mumpsvirus Erregerbezeichnung Mumpsvirus Synonym Keine Daten vorhanden. Morphologie Die Viruspartikel sind pleomorph, sphärisch oder filamentös und haben einen Durchmesser von 150–200 nm. Sie besitzen eine Hülle mit Glykoproteinspikes, die während der Virusknospung an der Plasmamembran der Wirtszelle gebildet wird, und ein helikales Nukleokapsid. Die Länge des Nukleokapsids kann 1000 nm erreichen. Das Virusgenom besteht aus unsegmentierter, linearer, einzelsträngiger RNA mit negativer Polarität. Es kodiert in der Reihenfolge der einzelnen Gene für das Nukleokapsidprotein NP, das nukleokapsid-assoziierte Phosphoprotein P, das membran-assoziierte M-Protein, das für Viruspenetration und Riesenzellbildung verantwortliche Fusionsglykoprotein F, welches durch zelluläre Proteasen proteolytisch aktiviert wird, das bislang noch nicht eindeutig identifizierte Transmembranprotein SH, das für Rezeptorbindung und Rezeptorzerstörung verantwortliche Hämagglutinin-NeuraminidaseGlykoprotein HN, sowie das Polymeraseprotein L. Taxonomie Mumpsvirus gehört zur Familie Paramyxoviridae, Subfamilie Paramyxovirinae, Genus Rubulavirus. Es ist nur ein Serotyp bekannt. Jedoch gibt es unterschiedliche Isolate, die sich in verschiedenen Eigenschaften, z.B. in der Neurovirulenz, voneinander unterscheiden. Historie Mumps (Ziegenpeter) ist seit dem Altertum als Krankheit bekannt. Die Virusgenese wurde zum ersten Mal in den 30er Jahren klar nachgewiesen. aller Mumpsinfektionen verläuft subklinisch. Das Spektrum der Komplikationen ist breit. Hierzu gehört beim männlichem Geschlecht die Orchitis, die nach der Pubertät ein- oder beidseitig auftritt und zur Sterilität führen kann. Relativ häufig ist eine seröse Meningitis, seltener eine Meningoenzephalitis. Eine weitere wichtige Komplikation ist die Pankreatitis. Andere Organe, die befallen werden können, sind Nebenhoden, Prostata, Ovarien, Leber, Milz, Schilddrüse, Nieren, Labyrinth, Augen, Thymus, Herz, Brustdrüsen, Lunge, Knochenmark und Gelenke. Bemerkenswert ist, dass alle Komplikationen auch ohne manifeste Parotitis auftreten können. Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch sind andere Parotiden im Zusammenhang mit Leukämien, Tumoren oder der infektiösen Mononukleose abzugrenzen. Labordiagnostik Beim klassischen Verlauf mit Parotitis wird die Diagnose klinisch gestellt. Die Virusisolierung gelingt während der akuten Infektionsphase aus Rachenabstrich, Liquor oder Urin. Zur Anzucht werden Hühnerembryonen oder Gewebekulturzellen verwendet. Während der Erkrankung kommt es zur Bildung von komplementbindenden, hämagglutinationshemmenden und neutralisierenden Antikörpern, die mit den entsprechenden Untersuchungsmethoden nachgewiesen werden können. Außerdem lassen sich Mumps-spezifische IgM und IgG-Antikörper mit dem ELISA-Test nachweisen. Therapie Eine spezifische Therapie existiert nicht. Mit Hyperimmunseren wurden jedoch bei Orchitis in Einzelfällen therapeutische Effekte erzielt. Im Allgemeinen wird sich die Behandlung bei Komplikationen auf symptomatische Maßnahmen beschränken. Spezifische Merkmale Erkrankungen/Symptome Die Inkubationszeit beträgt 18–21 Tage. Das klassische Bild einer Mumpsinfektion manifestiert sich in einer fieberhaften Parotitis, die einseitig oder beidseitig auftreten kann. Ein Drittel 434 Die Infektion ist in der Regel wegen des charakteristischen Krankheitsbildes nicht zu übersehen. Besondere Aufmerksamkeit ist jedoch bei Pankreatitis und anderen Komplikationen angezeigt, die ohne Parotitis auftreten. Mumpsvirus Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Das Mumpsvirusinfektion führt in den Zielzellen von Speicheldrüse, Pankreas Testes, Ovarien und anderen Drüsen zur Zerstörung der Wirtszellen. Die induzierte Immunreaktion löst eine Entzündungsreaktion aus, begleitet von einer Schwellung der Organe und weiterer Zelldegenerierung. Transmission Das Virus wird durch Personenkontakt und Tröpfcheninfektion übertragen. Infektiöses Virus ist bereits 5 Tage vor Beginn der klassischen Symptome und noch eine Woche nach Krankheitsbeginn im Speichel nachweisbar. Vermehrung und Inkubationszeit Das Mumpsvirus vermehrt sich zunächst in den Epithelzellen der Hals-, Nasen- und Rachenschleimhaut. In den Lymphozyten findet eine Verbreitung über das Blut zu Speicheldrüse, Pankreas, Testes und Ovarien bis hin zum zentralen Nervensystem statt. Befallen werden können auch Leber, Milz, Schilddrüsen, Nieren, Labyrinth, Augen, Thymus, Herz, Brustdrüsen, Lunge, Knochenmark und Gelenke. Die Inkubationszeit beträgt 18–21 Tage. Resistenz sind äußerst selten. Zu beachten ist jedoch, dass das Mumpsvirus weniger kontagiös als andere Paramyxoviren ist. Es kommt deswegen im Kindesalter nur zu einer unvollständigen Durchseuchung, sodass späte Erstinfektionen nicht selten sind. Mumpsinfektionen treten während des ganzen Jahres, jedoch gehäuft im Winter und Frühjahr auf. Genetik Das Genom der Mumpsviren besteht aus einzelsträngiger RNA in Negativstrangorientierung und hat eine Länge von 15.384 bp. Es liegt komplexiert mit dem N-Protein sowie mit dem Pund L-Protein als linksgängige Helix vor (siehe auch Morphologie). Accession-No. der Nukleinsäuresequenzen des viralen Genoms: D00663, D10575, M24731, X57997 Prävention Zur Immunisierung stehen eine Lebendvakzine und eine Totvakzine zur Verfügung. Am gebräuchlichsten ist die Lebendvakzine, die bei 90–95% der Impflinge zum Schutz gegen eine Infektion führt. Keine bekannt. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Immunantwort Eine Isolierung Erkrankter von Gemeinschaftseinrichtungen bis zum Abklingen der klinischen Symptomatik, frühestens jedoch 9 Tage nach Krankheitsmanifestation ist anzuraten. Eine postexpositionelle Impfung im Sinne einer Riegelungsimpfung ist möglich. Im Infektionsverlauf werden IgM-, IgA- und IgG-Antikörper gebildet. IgM-Antikörper sind 2–4 Tage nach Symptommanifestation nachweisbar. Die Mumpsinfektion hinterlässt eine lebenslange Immunität, während die maternellen Antikörper einen Immunschutz von 6–8 Monaten verleihen. Wirtsbereich Als natürlicher Wirt ist nur der Mensch bekannt. Risikogruppen Meldepflicht Nach dem IfSG besteht keine Meldepflicht. Eine länderspezifische Meldepflicht liegt für Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor. Die Risikogruppen umfassen in ungeimpften Populationen hauptsächlich Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre sowie geimpfte Personen mit geringer Immunität. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Epidemiologie Dr. A. Tischer, Robert-Koch-Insitut, Nordufer 20, D-13353 Berlin, Tel.: 01888/754-2516 oder 01888/754-2686, E-Mail: [email protected] Mumps ist eine klassische Kinderkrankheit, die zu lebenslanger Immunität führt. Reinfektionen Nationales Referenzzentrum für Masern, Mumps und Röteln 435 M Murutucu Virus Web-Adressen Morphologie Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e.V. (http://www.dvv-ev.de) Gesellschaft für Virologie e.V. (http://www. medizin.uni-koeln.de/projekte/gfv/) Unbewegliche, grampositive, säurefeste Stäbchen, die häufig intrazellulär in Bündeln angeordnet sind; sehr langsames Wachstum und obligat intrazelluläre Vermehrung. Schlüsselliteratur 1. Wolinsky, J.R.: Mumps virus. Fields Virology, Third Edition, pp 1243–1265, Lippincott-Raven, New York, 1996 2. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Murutucu Virus Bunyaviren Murray-Valley-Enzephalitis-Virus Flaviviren, seltene humanpathogene Musca domestica Fliegenmaden Muscina stabulans Fliegenmaden Mycobacteria Other Than Tuberculosis Mykobakterien, ubiquitäre Mycobacterium leprae Erregerbezeichnung Mycobacterium leprae Taxonomie Familie: Genus: Mycobacteriaceae Mycobacterium Historie Das Krankheitsbild der Lepra wurde schon vor Jahrtausenden in chinesischen, indischen und ägyptischen Überlieferungen mit entsprechenden Verhaltensmaßnahmen dokumentiert. Auch in der Bibel werden Erkrankungen beschrieben, die der Lepra ähneln. Den ersten Beweis für Lepra im Mittelmeer fand man in ägyptischen Skeletten aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. Es wird angenommen, dass die Ursprünge der Lepra in Asien liegen, von wo sie durch die Soldaten Alexander des Großen während des Indienfeldzuges 327 bis 326 v. Chr. in den Mittelmeerraum eingeschleppt worden sein könnte. Die Lepra breitete sich sehr langsam über das Abendland aus mit großen Epidemien vor allem im 12. und 13. Jahrhundert. Die Behandlungsstrategie bestand in der Isolierung der Leprakranken in so genannten Leprosorien. Im Zusammenhang mit einer Lepra-Epidemie im 19. Jahrhundert in Norwegen gelang 1873 Gerhard H. Armauer Hansen die Isolierung und Identifizierung von Mycobacterium leprae aus dem Hautgewebe Leprakranker. Nach ihm wird die Lepra auch Hansen-Krankheit, Morbus Hansen oder Hansenosis genannt. 1941 wurde die Therapie der Lepra revolutioniert, als Faget und Carville erstmals Sulfonamide zur Behandlung einsetzten. Dieser therapeutische Einsatz scheiterte zunächst an der Überdosierung. Cochrane Dapson standardisierte 1947 diese Therapie mit 4,4'- Sulfonyldianilin (Dapson). 1962 wurden schließlich Clofazimin und 1971 Rifampicin als grundlegende Chemotherapeutika etabliert. Die Kombinationstherapie mit diesen Chemotherapeutika hat bis heute Gültigkeit und wird von der WHO seit 1982 empfohlen. Synonym Keine Synonyme für den Erreger. Synonyme für Lepra: Aussatz, Hansen-Krankheit, Morbus Hansen, Hansenosis. 436 Erkrankungen/Symptome Bei der Lepra handelt es sich um eine chronische Infektion der Haut und der peripheren Mycobacterium leprae Nerven von geringer Kontagiosität. Da der Erreger Mycobacterium leprae am besten bei einer Temperatur von 33oC wächst, sind am häufigsten das Gesicht, Augen, die Glieder und die Haut, seltener andere Organe, wie z.B. Leber, Milz, Nieren, Nebennieren und Hoden betroffen. Das Spektrum der klinischen Manifestationen ist mannigfaltig. Die beiden polaren Manifestationsformen sind die tuberkuloide und die lepromatöse Lepra. Die tuberkuloide Lepra manifestiert sich bei intakter zellulärer Immunabwehr und ist gekennzeichnet durch solitäre oder einzelne Pigmentveränderungen der Haut. Bereits in der Frühphase der Infektion kommt es zum Befall der peripheren Nerven (N. ulnaris, N. radialis, N. fibularis etc.) und in der Folge zu Sensibilitätsstörungen, Lähmungen, Deformitäten, Muskelatrophien und traumatischen Amputationen. Aufgrund des fehlenden Schmerzempfindens besteht ein erhöhtes Verletzungsrisiko und daraus resultierend die Gefahr von Sekundärinfektionen. Die tuberkuloide Lepra ist häufig selbstlimitierend mit Neigung zur spontanen Remission. Erreger sind meistens nicht nachweisbar. Die lepromatöse Lepra tritt bei defizitärer Immunkompetenz auf und erlaubt eine fast ungehemmte Vermehrung der Bakterien im Gewebe. Das Krankheitsbild ist charakterisiert durch multiple diffuse, noduläre, papuläre oder makuläre Hautläsionen, die meistens symmetrisch angeordnet sind. Es entwickeln sich scharf begrenzte millimeter- bis zentimeter-große Knoten (Leprome), insbesondere im Gesichtsbereich (Facies leontina). Alopezie von Wimpern, Augenbrauen und Kopfhaut ist häufig. Infolge des Befalls der Nasen-Rachenschleimhaut kann es zur Destruktion des Nasenseptums und des Kehlkopfes kommen. Die Infiltration der Augen führt zu Keratitis, Iritis, Sehbehinderung oder Erblindung und der Befall des Nervengewebes zu Sensibilitätsverlust und Paralysen. Im Spätstadium sind auch innere Organe und Knochen betroffen. Es resultiert eine fortschreitende Verstümmelung bis hin zum Tod. M. leprae ist meistens massenhaft labordiagnostisch nachweisbar. Neben diesen beiden polaren Manifestationsformen gibt es Übergangsformen, die so genannten Borderline-Verlaufsformen. Man unterscheidet zwischen der Borderline-tuberkuloiden Lepra (eher die tuberkuloide Form), der Borderline-lepromtösen Lepra (eher die lepromatöse Form) und der Borderline-Lepra, die Symptome beider polaren Formen zeigt. Die WHO unterscheidet zwischen paucibazillärer Lepra (ohne Erregernachweis) und multibazillärer Lepra (Erregernachweis möglich). Eine Sonderform der Lepra mit häufig nur einer Effloreszenz ist die Lepra indeterminata (Single skin lession). Sie stellt eine Frühform der Lepra dar und zeichnet sich durch das Vorhandensein einer oder einiger häufig transitorischer Hautläsionen und fehlende Nervenbeteiligung aus. Spontanremissionen sind möglich bzw. die Weiterentwicklung zur lepromatösen Lepra, seltener zur tuberkuloiden Lepra. Bei drastischer Verschiebung des immunologischen Gleichgewichts, das sich im Verlauf der Infektion zwischen Wirt und Erreger einstellt (z.B. infolge einer Polychemotherapie), können so genannte Leprareaktionen komplizierend hinzukommen. Die Typ-1 Leprareaktion beginnt plötzlich ohne Prodromalstadium meistens bei Patienten der Borderline-lepromatöse Erkrankungsform. Es kommt zu einer deutlichen Rötung und Schwellung der Hautläsionen und zu schmerzhaften peripheren Neuritiden. Die Typ-2 Leprareaktion tritt bei Patienten der Borderline-lepromatösen oder lepromatösen Lepra als Reaktion auf eine übermäßige Antigen-Antikörper Komplexbildung (Typ II Immunreaktion) auf. Bei allgemeinem Krankheitsgefühl und Fieber bildet sich ein Erythema nodosum leprae mit Hauteffloreszenzen, begleitet von Neuritiden, Iridozyklitis oder Orchitis. Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch müssen Hautinfiltrationen durch Lymphome, Lupus erythematodes, Lues, Leishmaniose, Kaposi Sarkom, Hautpilzerkrankungen und Neurofibromatosis in Betracht gezogen werden. Labordiagnostik Mikroskopischer Nachweis der Erreger in Hautskarifizierungen und Hautbiopsien betroffener Areale oder in Nervenbiopsien mittels Färbung nach Ziehl-Neelsen. Der Nachweis von säurefesten Stäbchen in Nervenbiopsien ist beweisend für Lepra. Die histologische Untersuchung von Haut- und Nervenbiopsien wird mit der Färbung nach Fite-Faraco durchgeführt. Die Le437 M Mycobacterium leprae prominreaktion untersucht die zellvermittelte Immunabwehr gegen M. leprae nach intradermaler Injektion einer standardisierten Lösung hitzegetöteter Lepraerreger. Der Nachweis spezifischer Antikörper gegen bestimmte Phenolglykolipide der Zellwand von M. leprae gelingt durch den PGL-Test. Der Nachweis der bakteriellen DNA ist durch PCR möglich. Therapie Die Therapie richtet sich nach der Erscheinungsform der Lepra. Die von der WHO empfohlene Chemotherapie sieht eine Kombinationstherapie mit Rifampicin, Chlofamizin (Lamprene), und Dapson (DDS) über einen Zeitraum von 6 Monaten bis 1 Jahr vor. Bei Single skin lesions, kann die medikamentöse Therapie mit Rifampicin, Ofloxacin, Minocylin auf eine einmalige Dosis beschränkt werden. Die Prognose für eine vollständige Heilung ist bei rechtzeitiger Diagnose sehr günstig. Zur Prävention von Lähmungen ist eine aktive und passive Physiotherapie paretischer oder kontrakter Gliedmaßen einschließlich der Augenmuskulatur notwendig. Bei schwerer Verlaufsform ist darüber hinaus eine körperliche, psychische und soziale Rehabilitation indiziert. Die plastische Chirurgie dient der Vorbeugung sowie der Rekonstruktion von Verstümmelungen. ist die stark erregerhaltige Brustmilch leprakranker Frauen. Die hohe Erregerdichte beim Infizierten, vor allem bei bestehender lepromatöser Lepra sowie enger und andauernder Kontakt mit infizierten Personen ist eine weitere Übertragungsroute. Ob die Transmission schließlich zur Infektion führt, hängt entscheidend von der individuellen Immunkompetenz der Betroffenen ab. Diese wird sowohl von genetischen Faktoren als auch von Umweltfaktoren beeinflusst. Eine transplazentare Übertragung auf den Fötus scheint möglich zu sein. Vermehrung und Inkubationszeit Die Generationszeit von M. leprae beträgt ca. 13 Tage. Schwankungen in der Inkubationszeit zwischen 9 Monaten und 20 Jahren sind nicht selten. Im Durchschnitt beträgt sie 4–8 Jahre. Resistenz Eine Resistenz von M. leprae gegen Dapson ist seit 1960 bekannt, was die Notwendigkeit einer Kombinationschemotherapie zwingend machte. Immunantwort Spezifische Merkmale Ausschlaggebend für die Immunabwehr ist die Reaktivität des zellgebundenen Systems (wie bei der Tuberkulose). Die parallel stattfindende Stimulierung des humoralen Systems und die Ausbildung von Antikörpern spielt für die Immunreaktion keine Rolle. Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Wirtsbereich M. leprae zeichnet sich wie M. tuberculosis durch erhebliche Unterschiede in der Inzidenz von latenten und apparenten Infektionen aus, die durch nicht-kontagiöse und kontagiöse Infektionen reflektiert sind. In endemischen Gebieten sind beträchtliche Teile der Population mit dem M. leprae Erreger infiziert. Entscheidender Faktor ist die zellvermittelte Immunkompetenz des Infizierten. Eine Antigenvariabilität der verschiedenen Lepraisolate ist auf molekularer Ebene noch nicht definiert. Außer beim Mensch ist das M. leprae auch in wild-lebendenden Gürteltieren und MangabeyAffen nachgewiesen worden. Die Vermehrung ist tierexperimentell in Pfoten immunsupprimierter Mäuse und im neunbändigen Gürteltier (Armadillo) möglich. Obwohl Armadillo ein Säugetier ist, beträgt seine Körpertemperatur nur 32°C. Deshalb ist es gut geeignet M. leprae in sich zu vermehren. Transmission Der Übertragungsweg der Lepra ist bis heute nicht in Einzelheiten geklärt. Wahrscheinlich ist eine transnasale Übertragung, d.h. über die Nasenschleimhaut per Tröpfcheninfektion und über Wundsekret aus Ulzera. Infektionsquelle 438 Risikogruppen Menschen, die engen Kontakt zu unbehandelten Erkrankten bzw. aktiv Erkrankten haben und Personen, die in Endemiegebieten leben. Epidemiologie Weltweit sind heute etwa eine Million Menschen an Lepra erkrankt mit Schwerpunkt in Mycoplasma fermentans tropischen Ländern West- und Zentralafrikas, Asiens, Lateinamerikas sowie in südeuropäischen Ländern, darunter Italien, Griechenland, Portugal, Spanien und die Türkei. Jedes Jahr gibt es etwa 700.000 Fälle von Neuerkrankungen. 4. Managing Programmes for Leprosy Control. WHO Training Modules, 1993. Mycobacterium tuberculosis Tuberkulosebakterien Genetik Das Genom von Mycobacterium leprae Stamm TN ist vollständig sequenziert und unter folgender Accession-No. niedergelegt: NC_002677. Es beinhaltet 1600 Gene, von denen 1400 mit Genen des Mycobacterium tuberculosis identisch sind. Prävention Eine spezifische Schutzimpfung gegen Lepra existiert nicht, da M. leprae in vitro nicht anzüchtbar ist. Regional variierend scheint die Impfung mit dem BCG-Impfstoff gegen Tuberkulose auch die Entstehung einer manifesten Leprainfektion zu reduzieren. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Die Expositionsprophylaxe soll durch frühzeitige Diagnose sowie Reihenuntersuchungen und Gesundheitsaufklärung, zusammen mit einer umgehende Behandlung aller infizierten Personen durchgeführt werden. Die Entwicklung spezifischer Impfstoffe sowie eine neue Generation von Medikamenten ist strategisch unerlässlich. Mycoderma brasiliensis Paracoccidioides brasiliensis Mycoplasma fermentans Erregerbezeichnung Mycoplasma fermentans Synonym Keine Daten verfügbar. Morphologie M. fermentans wächst in flüssigem Medium in kokkoider Form, gelegentlich in meist kurzen Filamenten. Auf Agarnährböden werden die üblichen „Spiegelei“-Kolonien gebildet. Taxonomie Familie: Gattung: Mycoplasmataceae Mycoplasma Historie Meldepflicht Eine Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod. M. fermentans wurde 1952 erstmals auf der Genitalschleimhaut des Menschen gefunden und 1955 benannt. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Erkrankungen/Symptome ◗ ◗ ◗ ◗ http://www.who.int/en/ http://www.lepra.org.uk/ http://www.lepraindia.org/ http://www.m-ww.de/krankheiten/ infektionskrankheiten/lepra.html Schlüsselliteratur 1. Guide of Eliminating Leprosy as a Public Health Problem. Second Edition 1977. WHO/LEP/97.1 2. Report of an informal Consultation on Integration of Leprosy Elimination Activities into General Health Services. Geneva, 12–13 April 1996. WHO/LEP/96.1. 3. Chemotherapy of Leprosy. Report of a WHO Study Group, TRS 847, 1994. M. fermentans wurde einige Zeit in Zusammenhang mit rheumatoider Arthritis diskutiert, die Befunde ließen sich jedoch nicht bestätigen. Das vermehrte Vorkommen bei HIV-Infizierten und AIDS-Patienten (zunächst als M incognitus bezeichnet) ist in seiner Bedeutung unklar, eine vermutete Rolle als Cofaktor für die Progression von AIDS ist jedoch unwahrscheinlich. Dies gilt auch für einen diskutierten Zusammenhang mit dem „Chronic fatigue syndrome“ sowie dem so genannten Golfkriegs-Syndrom. In neueren Untersuchungen wurde M. fermentans auch bei respiratorischen Infekten gefunden. Alle diese 439 M Mycoplasma genitalium Befunde lassen eine Rolle als Opportunist möglich erscheinen. Differenzialdiagnose Epidemiologie Weltweit verbreitet; bei Patienten ohne Grunderkrankungen nur selten, meist im Genitalbereich gefunden (1%). Sonstige kommensale Mycoplasmen Genetik Labordiagnostik Kultur. Anzüchtung auf üblichen MycoplasmaNährböden (mit Serum- und Hefezusatz). M. fermentans spaltet sowohl Glukose als auch Arginin. Endgültige Identifizierung mit spezifischen Antiseren. Sonstige Verfahren. Die Befunde bei AIDS-Patienten, rheumatoider Arthritis und bei Materialien aus dem Respirationstrakt wurden überwiegend mit der PCR erhoben, vereinzelt wurde der Erreger immunhistologisch in erkrankten Geweben nachgewiesen. Therapie Das Genom hat eine Größe von etwa 1,2 Mbp. Prävention Keine Daten verfügbar. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Keine Meldepflicht. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen M. pneumoniae Bisher keine klare Indikation bekannt. Schlüsselliteratur Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität M. fermentans bzw. Lipid- bzw. Lipoproteinpräparationen wirken zytotoxisch auf Monozyten-Zellinien und auf Ziliarepithelien. Mit entsprechenden Präparationen ließ sich in Makrophagen der Turnover von MHC II-Molekülen erhöhen bei gleichzeitiger Hemmung der Neubildung. Ein 43 kDa-Protein aktiviert Komplement über den alternativen Weg. Transmission Vermutlich sexuell, Aerosol? 1. Maniloff, J. (ed.): Mycoplasmas. Molecular Biology and Pathogenesis. American Society for Microbiology, Washington DC, 1992 2. Razin, S., Jacobs, E.: Mycoplasma adhesion. J. Gen. Microbiol. 138, 407–422 (1992) 3. Taylor Robinson, D. Mycoplasmas and their role in human respiratory tract disease. In Myint S., Taylor Robinson, D. (eds.): Viral and other infections of the human respiratory tract. Chapman and Hall, London 1996, p.319 – 339. 4. The Mycoplasmas Vol. I, Cell biology, Vol. II, Human and animal mycoplasmas, Academic Press 1979 5. The Mycoplasmas Vol. IV, Mycoplasma pathogenicity, Academic Press 1985 Mycoplasma genitalium Vermehrung und Inkubationszeit Erregerbezeichnung Keine Daten verfügbar. Mycoplasma genitalium Resistenz Synonym Keine Daten verfügbar. Keine Synonyme. Immunantwort Morphologie Systemische Untersuchungen liegen nicht vor. M. genitalium gleicht in seiner Zellform völlig M. pneumoniae (siehe dort) und ist wie dieses gleitend beweglich. Wirtsbereich Mensch. Taxonomie Risikogruppen Immunsuppression. 440 Familie: Mycoplasmataceae Genus : Mycoplasma Mycoplasma genitalium Historie Wirtsbereich M. genitalium wurde erstmals 1981 aus Material einer nicht-gonorrhoischen Urethritis angezüchtet und 1983 benannt. Wirt ist ausschließlich der Mensch, besiedelt wird der Genitaltrakt, vermutet werden auch Kolonisierung im unteren Darmtrakt sowie im Oropharynx. Erkrankungen/Symptome Eine Beteiligung von M. genitalium an der Pathogenese von Genitalinfekten (nicht-gonorrhoische Urethritis, Salpingitis usw.) wird aufgrund mehrfacher Isolierungen, PCR-Ergebnissen und Antikörperbefunde vermutet, ist aber im Einzelfall derzeit kaum zu beweisen. Vereinzelt wurde M. genitalium auch aus dem Respirationstrakt isoliert. Differenzialdiagnose Sonstige Genital-Mycoplasmen, M. pneumoniae. Labordiagnostik Eine Diagnostik ist derzeit für klinische Zwecke nicht sinnvoll. Die Kultur in flüssigem Medium ist unsicher und benötigt mehrere Wochen. Wenn M. genitalium nachgewiesen werden soll, ist die PCR am besten geeignet. Serologisch bestehen einige Kreuzreaktionen mit M. pneumoniae, ihr Einfluss auf die übliche M. pneumoniae-Serologie ist jedoch unerheblich. Therapie Wie bei anderen Mycoplasmen-Arten sind Tetracycline, Makrolide und Fluorochinolone wirksam. Spezifische Merkmale Pathogenität Virulenz und Antigenvariabilität Von möglichen Pathogenitätsfaktoren ist bisher nur ein Adhäsin von 140kDa bekannt (MgPa). Transmission M. genitalium wird vermutlich durch Sexualkontakt übertragen. Vermehrung und Inkubationszeit Keine Daten verfügbar. Immunantwort Infizierte Personen zeigen eine deutliche Antikörperantwort. Risikogruppen Vermehrtes Vorkommen bei HIV-Patienten wird berichtet. Epidemiologie Siehe Wirtsbereich. Genetik Das M. genitalium-Genom hat 580 073bp und ist damit das kleinste bekannte Genom eines auf unbelebten Nährböden wachsendes Bakteriums (Acc.No.NC 000908). Alle 467 M. genitaliumGene finden sich auch in dem größeren Genom von M. pneumoniae (s.dort), davon werden ca. 250–300 als essentiell angesehen. Prävention Prävention und Kontrolle sind nach derzeitiger Kenntnis nicht erforderlich. M Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Keine Meldepflicht. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen M. pneumoniae Schlüsselliteratur 1. Herrmann, R. Rainer, D.: Mycoplasma pneumoniae and Mycoplasma genitalium: a comparison of two closely related bacterial species. Current Opinion in Microbiology 1, 572–579 (1998) 2. Maniloff, J. (ed.): Mycoplasmas. Molecular Biology and Pathogenesis. American Society for Microbiology, Washington DC, 1992 3. Razin, S., Jacobs, E.: Mycoplasma adhesion. J. Gen. Microbiol. 138, 407–422 (1992) 4. Taylor Robinson, D. Mycoplasmas and their role in human respiratory tract disease. In Myint S., Taylor Robinson, D. (eds.): Viral and other infections of the human respiratory tract. Chapman and Hall, London 1996, p.319 – 339. 5. The Mycoplasmas Vol. I, Cell biology, Vol. II, Human and animal mycoplasmas, Academic Press 1979 6. The Mycoplasmas Vol. IV, Mycoplasma pathogenicity, Academic Press 1985 441 Mycoplasma hominis Mycoplasma hominis Erregerbezeichnung onstraktes berichtet. Meist liegen Grundleiden (Tumoren, Polyarthritis, ausgedehnte chirurgische Eingriffe) vor. Mehrfach beschrieben sind Infekte nach Nierentransplantation. Mycoplasma hominis Differenzialdiagnose Keine Daten verfügbar. Besonders bei „sterilen“ Wundinfekten sollte auch an M. hominis gedacht werden. Morphologie Labordiagnostik Synonym M. hominis wächst in flüssigem Medium pleomorph in kokkoiden Formen, Ringen, Sternformen sowie Filamenten unterschiedlicher Länge, die zu kokkoiden Formen fragmentieren können. Die Zellen können sich reversibel verformen, vermutlich mit Hilfe eines noch nicht näher identifizierten Zytoskelettes. Taxonomie Familie: Gattung: Mycoplasmataceae Mycoplasma Historie M. hominis ist vermutlich die erste vom Menschen isolierte Mycoplasma-Art (Dienes und Edsall 1937), angezüchtet aus Abszessmaterial einer Bartholinitis. Endgültige Namensgebung erst 1955. Erkrankungen/Symptome Urogenitaltrakt. Der untere Urogenitaltrakt ist häufig symptomlos besiedelt. M. hominis wird vermehrt bei der bakteriellen Vaginose gefunden. Bekannt sind klinische Infektionen des oberen Harntraktes, besonders bei Obstruktion oder instrumentellen Eingriffen. Ausgehend von der Besiedlung des unteren Genitaltraktes bei der Frau mögliche Beteiligung an der Salpingitis. Gesichert sind Chorioamnionitis, Bakteriämien nach Aborten und Geburten, Wundinfektionen im gynäkologischen Bereich, Assoziation mit Frühgeburtlichkeit. Kultur: M. hominis wächst relativ schnell, schon nach ca. 3 Tagen (mikroaerophil oder anaerob) entstehen typische spiegeleiförmige Kolonien auf Spezialmedien (s.a. M. pneumoniae). Möglichst quantitative/semiquantitative Kulturen anlegen. Wachstum nach 2–4 Tagen auch auf anaeroben Blutplatten (Plattenmikroskop benutzen). Argininspaltung ist positiv, Identifizierung mit spezifischem Antiserum. In Blutkulturflaschen mit Polyanetholsulfonat erfolgt kein Wachstum. Kommerzielle Systeme mit flüssigem Medium zeigen das Wachstum über Farbumschlag an (Argininspaltung). PCR und sonstige molekulargenetische Verfahren sind beschrieben, meist jedoch weder sinnvoll noch notwendig. Untersuchungsmaterialien: Blasenpunktat, Wundabstriche, Punktate, Genitalabstriche, Blut, Liquor (ggf. Transportmedium erforderlich). Therapie Tetracycline sind prinzipiell wirksam, jedoch Anstieg resistenter Stämme bis auf ca. 20–30%; Clindamycin-Empfindlichkeit, jedoch Resistenz gegen Erythromycin und fast alle übrigen Makrolide außer Josamycin! Fluorochinolone sind wirksam, jedoch bisher wenig klinische Erfahrungen, erste Resistenzen wurden beschrieben. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Perinatale Infektionen. Beim Neugeborenen treten gelegentlich Pneumonien, Meningitis und Fieber durch perinatale Infektion auf. Exgenital. Es werden auch beim Erwachsenen Wundinfektionen (z.B. nach Sternotomien), Infekte des ZNS, der Gelenke und des Respirati442 Virulenzfaktoren sind nur unzureichend bekannt. Beschrieben wird ein 100 kDa-Protein (P100) sowie ein variables Adhärenz-assoziiertes Antigen (Vaa) mit Größenvariation durch Tandem-Repeats am 3´-Ende und Phasenvariation durch „frame-shift“- Mutationen am 5´Ende. Weitere variable Oberflächenproteine Mycoplasma orale sind P120 sowie Lmp1 mit Größenvariation durch Tandem-Repeats am 3´-Ende. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Nicht erforderlich. Transmission M. hominis wird vorwiegend sexuell übertragen, Reservoir ist der untere Genitaltrakt. Von dort aus aufsteigende Infektion. Übertragung auf das Kind während der Geburt. Streuung in den Blutstrom, Infektion von OP-Wunden. Der Infektionsweg entfernter Lokalisationen (z.B. Sternotomie) ist unklar. Vermehrung und Inkubationszeit M. hominis vermehrt sich durch Zweiteilung, die endgültige Trennung der Tochterzellen erfolgt vermutlich durch Konstriktion des Zytoskeletts. Das Wachstum erfolgt auf serumhaltigen Nährböden in mikroaerophiler Atmosphäre. Immunantwort Über die Immunantwort ist wenig bekannt. Bei symptomatischer Infektion werden Antikörper gebildet, die T-Zell-Antwort scheint bei der Pathogenese keine wesentliche Rolle zu spielen. Meldepflicht Keine Meldepflicht. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen KonsiliarlaborKonsiliarlabor Prof. Dr. E. Jacobs, Inst. für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, Tel.: 0351 458 6550 Fax: 0351 458 6310 Sonstige Information M. pneumoniae. Schlüsselliteratur 1. Legg. J. M. et al.: Hematoma infection with Mycoplasma hominis following transplant nephrectomy. Clin. Micro. Infect. 6, 619–627 (2000) 2. Ladefoged, S.A.: Molecular dissection of Mycoplasma hominis. APMIS 108, Suppl. 97, p.1–45 (2000) Mycoplasma orale Wirtsbereich Erregerbezeichnung M. hominis kommt natürlicherweise nur im Genitaltrakt des Menschen vor. Isolierungen aus dem Oropharynx sind selten. Mycoplasma orale M Synonym M. orale 1 Risikogruppen Neugeborene infizierter Mütter; Immunsuppression. Epidemiologie M. hominis ist weltweit verbreitet. Es besteht antigenetische Heterogenität, eine Beziehung besonderer Gruppen zur Pathogenität oder zur Geographie ist jedoch nicht bekannt. Die Besiedlung des unteren Genitaltraktes ist sowohl bei Frauen als auch bei Männern in der Regel asymptomatisch (Frauen 30–70%, Männer 1– 5%). Morphologie M. orale wächst in flüssigem Medium in relativ zarten Filamenten unterschiedlicher Länge, die häufig einzelne und mehrfache (sternförmige) Verzweigungen zeigen. Taxonomie Familie: Gattung: Mycoplasmataceae Mycoplasma Historie 1964 endgültig identifiziert und benannt. Genetik Erkrankungen/Symptome Das Genom ist noch nicht vollständig sequenziert; näher untersucht sind nur einzelne Gene z.B. variabler Proteine. Keine E. bekannt, zusammen mit M. salivarium häufigster Kommensale im Mund-Rachenbereich. Gelegentlich wird M. orale bei Grundkrankheiten (z.B. Tumorpatienten) oder zusammen mit anderen Keimen isoliert, eine ätiologische Bedeutung ist nicht bekannt. M. orale Prävention Nicht möglich. 443 Mycoplasma penetrans gehört zu den häufigsten Kontaminanten in Zellkulturen. Strategie zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Nicht erforderlich. Differenzialdiagnose Andere kommensale Mund-Mycoplasmen Meldepflicht Keine Meldepflicht. Labordiagnostik Anaerobes Wachstum in typischen „Spiegelei“Kolonien auf Mycoplasma-Nährböden (Hefeextrakt unbedingt erforderlich), ≥4 Tage; Argininspaltung. Therapie Nicht erforderlich Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Nicht bekannt. Transmission Oral, Aerosol. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen M. pneumoniae Schlüsselliteratur 1. Maniloff, J. (ed.): Mycoplasmas. Molecular Biology and Pathogenesis. American Society for Microbiology, Washington DC, 1992 2. Razin, S., Jacobs, E.: Mycoplasma adhesion. J. Gen. Microbiol. 138, 407–422 (1992) 3. Taylor Robinson, D. Mycoplasmas and their role in human respiratory tract disease. In Myint S., Taylor Robinson, D. (eds.): Viral and other infections of the human respiratory tract. Chapman and Hall, London 1996, p.319 – 339. 4. The Mycoplasmas Vol. I, Cell biology, Vol. II, Human and animal mycoplasmas, Academic Press 1979 5. The Mycoplasmas Vol. IV, Mycoplasma pathogenicity, Academic Press 1985 Vermehrung und Inkubationszeit Keine Daten verfügbar. Immunantwort Vereinzelt wurden Antikörper nachgewiesen, systematische Untersuchungen liegen nicht vor. Im Gegensatz zu M. pneumoniae aktiviert M. orale Komplement nicht über den alternativen Weg. Mycoplasma penetrans Erregerbezeichnung Mycoplasma penetrans Synonym Keine Synonyme Morphologie Wirtsbereich Mensch. Risikogruppen Keine Daten verfügbar. Die Zellform von M. penetrans ähnelt derjenigen von M. pneumoniae/M. genitalium mit einer distinkten Spitzenstruktur. Angaben zur Beweglichkeit liegen nicht vor. Taxonomie Epidemiologie Etwa 10–80% der untersuchten Personen sind im Oropharynx besiedelt. Weitere seltenere Kommensalen dieses Bereiches sind M. buccale, M. faucium und M. lipophilum. Familie: Gattung: Mycoplasmataceae Mycoplasma Historie M. penetrans wurde erstmals 1991 aus dem Urinsediment von AIDS-Patienten isoliert. Genetik Keine Daten verfügbar. Erkrankungen/Symptome Prävention Pathogenetische Bedeutung nicht geklärt, bei AIDS-Patienten werden erhöhte Antikörpertiter berichtet. In der Zellkultur zytopathogen, Nicht möglich. 444 Mycoplasma pneumoniae Eindringen (Spitzenstruktur) und Vermehrung in Zellen möglich. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen M. pneumoniae Differenzialdiagnose Keine Daten verfügbar. Labordiagnostik Kultur auf Spezialnährböden, Nachweis bisher nur vereinzelt mit Kultur und Serologie. Therapie Schlüsselliteratur 1. Dallo, S.F., Baseman J.B.: Intracellular DNA replication and long-term survival of pathogenic mycoplasmas. Microb. Pathogenesis 29, 301–309 (2000) 2. Resengarten, R. et al.: Host-pathogen interactions in mycoplasma pathogenesis: Virulence and survival strategies of minimalist prokaryotes. Int. J. Med. Microbiology 290, 15–25 (2000) Ggf. mit Tetracyclinen. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Die pathogene Bedeutung sowie mögliche Pathogenitätsmechanismen von M. penetrans sind noch wenig bekannt. Bei einem Lipoprotein (P35) wurde antigene Phasenvariation gefunden. Mycoplasma pneumoniae Erregerbezeichnung Mycoplasma pneumoniae Synonym Eaton-Agent Morphologie AIDS-Patienten. M. pneumoniae hat wie alle Mycoplasmen nur eine cholesterinhaltige Zellmembran, keine Zellwand. Die Einzelzelle besteht aus einer schmalen polaren so genannten Tipstruktur mit einer Art Achsenstab, der Rest des Zellkörpers ist etwas breiter (ca.0,3 mm) und kann je nach Lagerung der Zelle länglich oder eher rund sein. Auf festen Flächen (z.B. Glas) gleitet die Zelle mit dem Tip voraus mit bis zu ca. 1 µm/sec. Die Zellform wird durch ein in seinen Einzelteilen noch unbekanntes Zytoskelett gehalten, der Mechanismus der Beweglichkeit ist noch unbekannt. Bei dichten Kulturen klumpen die Zellen zu so genannten „clusters“ zusammen. Epidemiologie Taxonomie Keine Daten verfügbar. Reich: Abteilung: Klasse: Ordnung: Familie: Gattung: Spezies: Transmission Keine Daten verfügbar. Vermehrung und Inkubationszeit Keine Daten verfügbar. Immunantwort Nachweis von Antikörpern. Wirtsbereich Unbekannt, vermutlich nur Mensch. Risikogruppen Genetik Keine Daten verfügbar. Prävention Keine Daten verfügbar. Strategie zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Keine Meldepflicht. Procaryotae Tenericutes (P. ohne feste Zellwand) Mollicutes Mycoplasmatales Mycoplasmataceae Mycoplasma Mycoplasma pneumoniae Historie Bekannt als Erreger der sog. primär atypischen Pneumonie (Eaton agent). Seit 1944 Erhaltung in Tierpassagen, 1962 Anzüchtung auf unbelebtem Nährboden durch Chanock, Hayflick und Barile, 1963 endgültige Benennung. 445 M Mycoplasma pneumoniae Erkrankungen/Symptome Respirationstrakt. Die M. pneumoniae-Infektion manifestiert sich am häufigsten als Tracheobronchitis oder sonstige Erkrankung des oberen Respirationstraktes. Bei Kindern sind etwa 20% der Infektionen asymptomatisch, bei Erwachsenen vermutlich mehr. Bei älteren Kindern und Jugendlichen entwickelt sich vermehrt eine „primär atypische“ Pneumonie mit trockenem Husten, Kopfschmerzen, mäßigem Fieber und meist langwierigem Verlauf. Im Röntgenbild finden sich oft ausgedehnte, häufig peribronchiale Infiltrate. Schwere Verläufe sind vor allem bei vorgeschädigten/immunsupprimierten Patienten möglich. Nach überstandener Infektion sind chronische Atemwegsprozesse beobachtet worden. Symptome und Komplikationen außerhalb der Luftwege. Insgesamt selten: U.a. Otitis media/ Myringitis, hämolytische Anämien (Kälteagglutinine), Erythema exsudativum multiforme (Stevens-Johnson-Syndrom), Guillain-BarréSyndrom, Querschnittsmyelitis, Meningoenzephalitis, fokale Enzephalitis, Perikarditis. Differenzialdiagnose Die DD umfasst vor allem andere klinisch gleichartige „atypische“ Pneumonien z.B. durch Chlamydia pneumoniae, Coxiella burnetii, Legionella spp. oder verschiedene Virusarten. Labordiagnostik Mikroskopie. Die üblichen Färbungen sind nicht brauchbar, da Mycoplasmen keine Zellwand besitzen. Kultur. Anzüchtung in komplexen Medien (mit Serum und Hefeextrakt) aerob bei 37°C dauert 8–14 Tage, Identifizierung durch spezifische Antiseren. Transportmedium erforderlich. Antigennachweis. Mit Enzymimmunoassay möglich, der das P1-Adhärenzprotein erfaßt. Nukleinsäure-Nachweis. Gensonden und vor allem Amplifikationsverfahren (PCR, nested PCR) sind beschrieben. Besonders bei keimarmen Materialien (z.B. Liquor) gelingt der Erregernachweis meist nur durch PCR. Deren klinische Bewertung sollte kritisch erfolgen (Erfassung asymptomatischer Besiedlung etc.). 446 Serologie ◗ Komplementbindungsreaktion: Bei akuter Infektion brauchbar, derzeit noch häufig verwendet; Titeranstieg oder Einzeltiter ≥32 gelten als Hinweis. Das Antigen (Glykolipid) führt jedoch durch zahlreiche Kreuzreaktionen mit Bakterien (z.B. Streptokokken) und körpereigenen Antigenen auch zu falsch positiven Ergebnissen. ◗ Mikropartikelagglutination mit Gesamtantigen. ◗ ELISA: Mit Gesamtantigen kommerziell von mehreren Firmen verfügbar, auch mit weitgehend gereinigtem M. pneumoniae-AdhärenzProtein. ◗ Immunblot: Antikörper gegen das P1-Antigen zur Bestätigung unklarer Befunde. Eine auch therapeutisch relevante Diagnostik ist meist nur durch raschen Erregernachweis (Antigen- oder Nukleinsäure) möglich. Therapie Tetracycline (vor allem Doxycyclin) und Makrolide sind wirksam. Für Fluorochinolone liegen positive Berichte vor. Auch bei klinischer Besserung ist eine länger dauernde Persistenz des Erregers bekannt. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität M. pneumoniae heftet sich mit Hilfe von Adhärenzproteinen, vor allem P1 (168kDa) sowie von Cytadhärenz-assoziierten Proteinen (30/40/ 90 kDa) an die Zellen des Ciliarepithels im Respirationstrakt an. Direkte Schädigung u.a. durch Bildung von H2O2 führt zu Ciliostasis und Epithelverlust; pulmonale Infiltrate und Komplikationen entstehen vorwiegend durch immunologische Reaktionen, vor allem durch zelluläre Reaktion gegen das immundominante P1Adhäsionsprotein. Das P1 kommt in mindestens zwei Varianten vor, weitere variable Regionen werden vermutet. Transmission Die Übertragung erfolgt aerogen. Vermehrung und Inkubationszeit M. pneumoniae teilt sich, wobei jeweils die Spitzenstrukturen die Pole einer neuen Zelle markieren, die Teilungszeit liegt bei ca. 3 Std. Für Mycoplasma pneumoniae das Wachstum sind am besten Nährböden mit Serum (20%, meist Pferdeserum) und Hefeextrakt geeignet. Mycoplasma pneumoniae ist nicht in der Lage, Aminosäuren, Cholesterin oder Nukleinsäurebasen selbst zu synthetisieren. Die Inkubationszeit beträgt etwa 21 Tage. Immunantwort Bei einer Infektion entstehen relativ zuverlässig Antikörper vor allem der Klassen IgM und IgG. Nach Infektionen kann auf den Schleimhäuten des Respirationstraktes IgA nachgewiesen werden. Das histologische Bild der atypischen Pneumonie weist auf eine starke zelluläre Komponente hin. Die Immunität ist auf einige Jahre begrenzt, Reinfektionen sind wahrscheinlich häufig. Bei M. pneumoniae-Infektionen werden Anstiege heterologer Antikörper vermutlich durch polyklonale Stimulierung gesehen. Autoantikörper gegen Hirn- und Lungengewebe entstehen wahrscheinlich durch antigene Kreuzreaktionen. M. pneumoniae aktiviert Komplement sowohl über den klassischen als auch den alternativen Weg. Wirtsbereich Ausschließlicher Wirt ist der Mensch. Experimentell lassen sich Hamster, Mäuse und Meerschweinchen infizieren, zum Teil jedoch keine oder geringe klinische Symptomatik. Risikogruppen Familie, Einrichtungen mit engem Kontakt (Heime, Militär), Intensivpatienten, Immunsupprimierte. Genetik Das Genom von M. pneumoniae besteht aus 816.394 bp (Acc.No.NC 000912) entsprechend 677 ORF´s, es enthält sämtliche Gene von M. genitalium. Der GC-Gehalt ist mit 40% für Mycoplasmen (um 30%) relativ hoch. Im M. pneumoniae-Genom (und auch bei M. genitalium) fehlen Gene für die Synthese für Aminosäuren, Cholesterin, Nukleinsäurebasen oder Zellwandbestandteile. Prävention Besondere Strategien zur Vorbeugung oder geeignete Impfstoffe gibt es nicht. Strategie zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Keine Meldepflicht. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Konsiliarlabor Mycoplasmen Prof. Dr. E. Jacobs, Inst. f. Med. Mikrobiologie u. Hygiene, Fetscherstr. 74, 01307 Dresden, Tel.: 0351 458 6550 Fax: 0351 458 6310 Tierische Mycoplasmen: Prof. Dr. rer. nat. R. Rosengarten, Inst. f. Bakteriologie u. Tierhygiene, Veterinärmedizin Universität Wien, JosefBaumann-Gasse 1, A-1210 Wien Web-Adressen International Organization for Mycoplasmology (IOM) http://mycoplasmas.vm.iastate.edu Epidemiologie M. pneumoniae ist weltweit endemisch verbreitet, seine Seroprävalenz erreicht mit 12 Jahren 80–90%. Es wird vor allem bei langdauerndem engen Zusammenleben (Familien, Militär u.a.) übertragen. Etwa alle 3 bis 5 Jahre treten epidemische Häufungen auf. Kinder unter 5 Jahren erkranken seltener symptomatisch, die Erkrankungshäufigkeit hat ihren Gipfel bei Schulkindern und Jugendlichen (ca. 30% davon Pneumonien), in höherem Alter werden seltener Pneumonien gesehen, (ca. 5%), die dann aber schwerer verlaufen können. Häufigkeit: in den USA geschätzt bis zu 15–20% aller ambulant erworbenen Pneumonien. Schlüsselliteratur 1. Herrmann, R. Rainer, D.: Mycoplasma pneumoniae and Mycoplasma genitalium: a comparison of two closely related bacterial species. Current Opinion in Microbiology 1, 572–579 (1998) 2. Maniloff, J. (ed.): Mycoplasmas. Molecular Biology and Pathogenesis. American Society for Microbiology, Washington DC, 1992 3. Razin, S., Jacobs, E.: Mycoplasma adhesion. J. Gen. Microbiol. 138, 407–422 (1992) 4. Taylor Robinson, D. Mycoplasmas and their role in human respiratory tract disease. In Myint S., Taylor Robinson, D. (eds.): Viral and other infections of the human respiratory tract. Chapman and Hall, London 1996, p.319 – 339. 5. The Mycoplasmas Vol. I, Cell biology, Vol. II, Human and animal mycoplasmas, Academic Press 1979 6. The Mycoplasmas Vol. IV, Mycoplasma pathogenicity, Academic Press 1985 447 M Mycoplasma salivarium Mycoplasma salivarium Vermehrung und Inkubationszeit Zweiteilung; Koloniewachstum in 2–4 Tagen. Erregerbezeichnung Immunantwort Mycoplasma salivarium Keine systematischen Untersuchungen. Synonym Wirtsbereich Keine Daten verfügbar. Morphologie M. salivarium wächst in flüssigem Medium überwiegend in kleinen optisch sehr dichten kokkoiden Formen, die Mikrokolonien bilden. Häufig sind diese von dünnen lamellär-blasigen Strukturen umgeben, wahrscheinlich bestehend aus Lipiden des Nährmediums. Taxonomie Familie: Gattung: Mycoplasmataceae Mycoplasma Historie Mensch. Risikogruppen Keine Daten verfügbar. Epidemiologie M. salivarium wird auf der Mundschleimhaut etwa gleich häufig wie M. orale gefunden (meist ≥50%). Genetik Keine Daten verfügbar. Prävention Erste Isolierung 1953, Benennung 1955. Nicht möglich. Erkrankungen/Symptome Strategie zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle M. salivarium wird im Oropharynx und dort vermehrt im gingivalen Bereich und bei Periodontitis gefunden (vermehrt bei HIV-Infizierten), hat jedoch offenbar keine oder nur geringe pathogenetische Bedeutung. Differenzialdiagnostik Anerobes Wachstum auf üblichen Mycoplasma-Nährböden mit Bildung so genannter „films and spots“ (Artefakt in der Umgebung der Kolonien). Argininspaltung. Labordiagnostik Kultur auf Spezialnährböden. Therapie Ggf. Tetracycline. Spezifische Merkmale Pathogenese, Virulenz und Antigenvariabilität M. salivarium stimuliert die Produktion von IL6 in gingivalen Fibroblasten. Einzelne Membranproteine binden Fc-Fragmente von IgG. Transmission Oral, Aerosol. 448 Nicht erforderlich. Meldepflicht Keine Meldepflicht. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen M. pneumoniae Schlüsselliteratur 1. Maniloff, J. (ed.): Mycoplasmas. Molecular Biology and Pathogenesis. American Society for Microbiology, Washington DC, 1992 2. Razin, S., Jacobs, E.: Mycoplasma adhesion. J. Gen. Microbiol. 138, 407–422 (1992) 3. Taylor Robinson, D. Mycoplasmas and their role in human respiratory tract disease. In Myint S., Taylor Robinson, D. (eds.): Viral and other infections of the human respiratory tract. Chapman and Hall, London 1996, p.319 – 339. 4. The Mycoplasmas Vol. I, Cell biology, Vol. II, Human and animal mycoplasmas, Academic Press 1979 5. The Mycoplasmas Vol. IV, Mycoplasma pathogenicity, Academic Press 1985 Myiasis-Erreger Fliegenmaden Mykobakterien, ubiquitäre Mykobakterien, atypische Mykobakterien, ubiquitäre Mykobakterien, nichttuberkulöse (NTM) Mykobakterien, ubiquitäre Mykobakterien, ubiquitäre Erregerbezeichnung Ubiquitäre Mykobakterien Synonym Atypische Mykobakterien, Nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) oder MOTT (Mycobacteria Other Than Tuberculosis) Morphologie Mykobakterien sind 0,2–0,6×1–10 µm große, unbewegliche, kokkoide bis stäbchenförmige Bakterien, die sich durch eine dicke, wachsartige Zellwand auszeichnen und bei der Färbung den einmal aufgenommenen Farbstoff auch durch Säure- und Alkoholbehandlung nicht wieder abgeben. Sie werden deshalb auch als säurefeste Stäbchen bezeichnet. Kolonien von NTM können farblos bis gelb oder orange pigmentiert sein. Taxonomie Familie: Mycobacteriaceae Genus: Mycobacterium; ca. 95 verschiedene Arten: Tuberkulosebakterien, Mycobacterium (M.) leprae und ubiquitäre Mykobakterien. Die ubiquitären Mykobakterien lassen sich aufgrund ihrer Pathogenität in zwei Gruppen einteilen: 1. Fakultativ pathogene Arten wie z.B.: M. avium-Komplex, M. celatum, M. chelonae, M. fortuitum, M. genavense, M. haemophilum, M. interjectum, M. intermedium, M. kansasii, M. lentiflavum, M. malmoense, M. marinum, M. scrofulaceum, M. shimoidei, M. simiae, M. szulgai, M. ulcerans, M. xenopi 2. Nicht-pathogene Arten wie z.B.: M. agri, M. aurum, M. chitae, M. confluentis, M. diernhoferi, M. fallax, M. gilvum, M. komossense, M. neoaurum, M. parafortuitum, M. phlei, M. smegmatis, M. thermoresistibile, M. vaccae Historie M. Pinner (1935) wählte erstmals den Begriff atypische Mykobakterien für Isolate, die zwar zu den Mycobacteriaceae gehörten, sich aber in der Virulenz bei Tieren, in der Morphologie und Pigmentierung von M. tuberculosis unterschieden. Aufgrund der Wachstumsgeschwindigkeit und der Pigmentbildung unter Lichteinfluss teilte E. Runyon (1954) sie in vier Gruppen ein. 1990 wurde nach DIN in Deutschland der Begriff ubiquitäre Mykobakterien gewählt, da diese Arten in der Umwelt vorkommen. Erkrankungen/Symptome Die Symptome einer Infektion mit ubiquitären Mykobakterien sind unspezifisch. So kann es ähnlich wie bei einer Tuberkulose zu Nachtschweiß, Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme und erhöhter Temperatur kommen. Häufig werden Lymphadenitiden beobachtet. Im nachfolgenden sind die wichtigsten Erreger und die durch sie hervorgerufenen Erkrankungen dargestellt: ◗ M. avium-Komplex: pulmonale Erkrankungen Lymphadenitiden (vor allem bei Kleinkindern), disseminierte Infektionen vor allem bei immunsupprimierten Patienten (hauptsächlich bei AIDS) ◗ M. celatum: disseminierte Erkrankungen bei AIDS-Patienten ◗ M. chelonae: Haut- und Weichteilinfektionen nach Verletzungen, selten pulmonale Erkrankungen ◗ M. fortuitum: Haut- und Weichteilinfektionen nach Verletzungen, selten pulmonale Erkrankungen ◗ M. genavense: disseminierte Erkrankungen bei AIDS-Patienten ◗ M. kansasii: pulmonale Erkrankungen ◗ M. malmoense: pulmonale Erkrankungen, Lymphadenitiden ◗ M. marinum: Hautinfektionen (Schwimmbadgranulom) ◗ M. scrofulaceum: Lymphadenitiden, seltener pulmonale Erkrankungen 449 M Mykobakterien, ubiquitäre ◗ M. simiae: pulmonale Erkrankungen ◗ M. szulgai: pulmonale Erkrankungen ◗ M. ulcerans: Hautinfektionen (Buruli-Ulkus in Afrika) ◗ M. xenopi: pulmonale Erkrankungen Labordiagnostik Die Primärisolierung von ubiquitären Mykobakterien erfolgt wie bei Tuberkulosebakterien. Mikroskopie. Tuberkulosebakterien. Kulturelle Anzüchtung. Tuberkulosebakterien. Der Einsatz von Flüssigmedien ist zwingend erforderlich, da zahlreiche Spezies nicht oder nur schwer auf festen Nährmedien anzüchtbar sind. Da einige Arten (M. marinum, M. malmoense) vorwiegend bei 31°C wachsen, müssen Kulturen von entsprechenden Materialien (Lymphknoten, Hautbiopsien) zusätzlich bei dieser Temperatur bebrütet werden. z.Zt. kein Standardtherapieregime vorhanden ist. Erste Erfolge werden durch den Einsatz neuer Medikamente wie z.B. der Makrolide Clarithromycin oder Azithromycin erzielt. Ebenso wie für die Tuberkulosebakterien sollte für die Behandlung von ubiquitären Mykobakterien eine Kombinationstherapie angewandt werden. Erste Studien haben gezeigt, dass eine M. avium-Infektion mit der Kombination Clarithromycin+Rifabutin+Ethambutol erfolgreich behandelt werden kann. Bei Lymphadenitiden ist eine chirurgische Sanierung, ggf. in Kombination mit einer Chemotherapie, indiziert. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenverhalten Der Nachweis von ubiquitären Mykobakterien ist nur dann klinisch relevant, wenn nachfolgende Kriterien erfüllt sind: Differenzierung. Ubiquitäre Mykobakterien wurden lange Jahre ausschließlich mittels biochemischer Reaktionen, Temperaturverhalten, Pigmentierung und Morphologie identifiziert (Zeitdauer: ca. 4 Wochen). M. avium-Komplex, M. gordonae und M. kansasii lassen sich heute durch kommerziell erhältliche DNA-Sonden (Gen-Probe, San Diego) differenzieren. Mit Hilfe molekularbiologischer Amplifikationsverfahren und anschließender Bestimmung der Nukleinsäuresequenz lassen sich dagegen annähernd alle ubiquitären Mykobakterien innerhalb von 2–3 Tagen identifizieren. 1. Der gleiche Keim muss mehrfach isoliert worden sein, 2. andere Erkrankungen (Tuberkulose, Malignom usw.) müssen ausgeschlossen sein, 3. bei Verdacht auf einen Lungenbefall müssen zusätzlich röntgenologisch oder feingeweblich nachweisbare Befunde vorliegen. Empfindlichkeitsprüfung. Da große klinische Studien fehlen, die die in vitro erhaltenen Daten mit dem Therapieerfolg oder -misserfolg vergleichen, sind die Ergebnisse der Resistenzbestimmungen nicht zwingend klinisch relevant. Erste Untersuchungen zeigen, dass die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentrationen von Chemotherapeutika, bei Zugrundelegung der jeweils erreichbaren Serumspiegel, die Methode mit der größten klinischen Korrelation sein wird. Ubiquitäre Mykobakterien sind Umweltkeime, die aus Bodenproben, Wasser und Aerosolen isoliert werden können. Auch in Trinkwassersystemen wurden diese Keime nachgewiesen. So wird angenommen, dass die Infektion sowohl aerogen als auch mit der Nahrung über den Gastrointestinaltrakt erfolgt. Bei steril gewonnenem Material kann ein einmaliger Nachweis hinreichend für die Diagnose sein. Transmission Vermehrung und Inkubationszeit Keine Daten verfügbar. Resistenz Therapie Keine Daten verfügbar. Ubiquitäre Mykobakterien sind im Gegensatz zu den Tuberkulosebakterien gegen zahlreiche Chemotherapeutika in vitro resistent, so dass Immunantwort 450 Keine Daten verfügbar. Mykobakterien, ubiquitäre Wirtsbereich Ubiquitäre Mykobakterien können sowohl den Menschen als auch eine Reihe von Tieren (u.a. Hühner, Schweine, Rinder, Hunde, Katzen, Insekten) besiedeln. Risikogruppen Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht vor allem für immunsupprimierte Patienten (HIV-Infizierte, Transplantat-Empfänger u.ä.). Epidemiologie Da Mykobakteriosen, hervorgerufen durch ubiquitäre Mykobakterien, in Deutschland nicht meldepflichtig sind, liegen keine epidemiologischen Daten vor. Weltweit kommt es allerdings zu einer Zunahme an Infektionen. So führt eine Infektion mit M. avium zu einer der häufigsten opportunistischen Erkrankungen bei Patienten mit AIDS. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Ubiquitäre Mykobakterien sind auch nach dem Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Forschungszentrum Borstel, NRZ für Mykobakterien, Dr. Sabine Rüsch-Gerdes Parkallee 18, 23845 Borstel Tel.: 04537 188213 Fax: 04537 188311 E-Mail.: [email protected] Web-Adressen Molecular and phenotypical differentiation of microorganisms: http://www.ridom.de National center of biotechnology information: http://www.ncbi.nlm.nih.gov Genetik Siehe Web-Adressen. Prävention Da sowohl die Infektionswege als auch -quellen für eine Erkrankung an ubiquitären Mykobakterien derzeit nicht eindeutig geklärt sind, ist auch eine Prävention äußerst schwierig. Schlüsselliteratur 1. R. Wilson (Hrsg) Tuberculosis published by European Respiratory Society Journals Ltd 1997 2. J.O. Falkinham III: Epidemiology of Infection by Nontuberculous Mycobacteria. Clinical Microbiology Reviews (1996), 9, 177–215 3. G.P. Kubica, L.G. Wayne (Hrsg.) The Mycobacteria Part B. Marcel Dekker, Inc. New York/Basel, 1984 451 M