Mechanismen der Ionisation atomarer Systeme in intensiven

Werbung
Institut für Theoretische Physik
Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften
Technische Universität Dresden
Mechanismen der Ionisation atomarer
Systeme in intensiven Laserpulsen
Dissertation
zur Erlangung des
Doktorgrades der Naturwissenschaften
(Doctor rerum naturalium)
vorgelegt von
Christian Siedschlag
geboren am 12.10.1973 in Freiburg
Dresden 2002
Eingereicht am 16.4.2002
1. Gutachter: Prof. Dr. Jan-Michael Rost
2. Gutachter: Prof. Dr. Rüdiger Schmidt
3. Gutachter: Prof. Dr. Paul-Gerhard Reinhard
Verteidigt am
Inhaltsverzeichnis
1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
I
7
Edelgascluster in starken Laserfeldern
2 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1 Was sind Cluster? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.1.1 Erzeugung von Clustern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.1.2 Theoretische Beschreibung von Clustern . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3 Ein
3.1
3.2
3.3
Modell für Edelgascluster in starken Feldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Grundzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Beschreibung der inneren Ionisation und Propagation . . . . . . . . . . . . .
Vergleich mit ähnlichen Modellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Das onion model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.2 Tunneln über die Landau-Rate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.3 Verwendung des vollen Coulombpotentials . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Ein typischer Einzelrun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
13
14
18
18
18
19
19
4
Enhanced ionization“ in H+
2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
”
4.1 Kurze Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
4.2 Enhanced ionization im Rahmen unseres Clustermodells . . . . . . . . . . . . 26
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
”
5.1 Enhanced ionization bei festgehaltenen Kernen . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Verschiedene Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Unterschiedliche Clustergrössen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.3 Veränderung der Laserintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.4 Zirkulare Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Enhanced ionization“ bei freier Kernexpansion . . . . . . . . . . . . . . . .
”
5.2.1 Verschiedene Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 Unterschiedliche Clustergrössen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.3 Veränderung der Energienormierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.4 Zirkulare Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Ein einfaches Modell zur Clusterexpansion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 Skalierung der optimalen Pulslänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Pulslängenvariationen mit kleinen Metallclustern . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4.1 Experimentelle Resultate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
29
29
33
37
38
40
41
44
46
46
50
51
52
53
4
II
Inhaltsverzeichnis
Anwendungen Bohmscher Mechanik in der Atomphysik
57
6 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
7 Kurze Einführung in die Bohmsche Mechanik
7.1 Die Bohmschen Bewegungsgleichungen . .
7.1.1 Der Einteilchenfall . . . . . . . . .
7.1.2 Der Mehrteilchenfall . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
”
8.1 Numerische Implementation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 Beispiel 1: H+
2 im starken Laserfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2.1 Entkopplung klassischer und quantenmechanischer Freiheitsgrade in
der Bohm-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2.2 Der Einfluss der Kernbewegung im Bohm-Bild . . . . . . . . . . . . .
8.2.3 Coulomb Explosion Imaging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld . . . . . . . . .
8.3.1 Bisherige Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3.2 Doppelionisation eines Helium-Modellatoms . . . . . . . . . . . . . .
67
67
68
70
73
79
83
83
92
9 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Anhang A Die klassische Hamilton-Jacobi-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
A.1 Kanonische Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
A.2 Zeitentwicklung als kanonische Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
A.3 Beschreibung eines klassischen Ensembles durch eine Dichteverteilung . . . . 114
Anhang B Split-Operator-Methode zur Wellenpaketpropagation . . . . . . . . . . . . . . . 115
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
1
Überblick
Diese Arbeit befasst sich mit der Ionisation atomarer Systeme (d.h. von Atomen, Molekülen und Clustern) in kurzen, intensiven Laserpulsen. Wir betrachten dabei den Intensitätsbereich von I = 1013 bis I = 1016 W/cm2 ; damit ist das elektrische Feld des Lasers so
hoch, daß es nicht mehr als Störung angesehen werden kann, aber auch noch keine relativistische Behandlung erforderlich macht.
Bereits bei der Wechselwirkung eines Atoms/Ions mit nur einem aktiven Elektron mit einem
solchen Puls können, abhängig von den Pulsparametern wie Intensität und Frequenz sowie
der Bindungsenergie des Elektrons, unterschiedliche Mechanismen wie Tunneleffekt oder
Multiphotonabsorption zur Ionisation führen. Bei mehreren aktiven Elektronen in einem
Atom wird deren Wechselwirkung untereinander den Ionisationsprozess weiter verkomplizieren; in einem Molekül wird der Einfluss mehrerer Kerne auf ein zu ionisierendes Elektron
wiederum zu neuen Effekten führen. Im Cluster schliesslich sind eine Vielzahl von Elektronen
und Kernen am Ionisationsprozess beteiligt und sorgen für eine hochkomplexe Dynamik.
Von theoretischer Seite her ist es natürlich äusserst wünschenswert, die Beschreibung
auf möglichst wenige Grössen zu reduzieren, mit deren Hilfe die wesentlichen Charakteristika solcher Prozesse erfasst werden können. Dies wird im ersten Teil dieser Arbeit bei
der Behandlung der Ionisation kleiner Edelgascluster in intensiven Laserfeldern geschehen.
Ein eigens entwickeltes Modell für einen solchen Cluster wird verwendet, um zu zeigen, daß
die Ionisationsausbeuten im wesentlichen durch den Clusterradius bestimmt werden. Dessen
zeitliche Änderung im Laufe eines Laserpulses sowie die damit verbundene Korrelation mit
der Pulslänge wird eingehend untersucht.
Der zweite Teil der Arbeit zeigt einige Möglichkeiten zur Anwendung der Bohmschen Interpretation der Quantenmechanik in der theoretischen Behandlung atomarer Prozesse auf.
In der Bohmschen Sichtweise ist es möglich, die zeitabhängige Entwicklung einer Wellenfunktion mittels eines Testteilchenensembles mikroskopisch zu betrachten. Damit kann beispielsweise der Verlauf eines Ionisationsereignisses detaillierter betrachtet werden, als es im
integralen Bild der orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik, die die Kenntnis der
Wellenfunktion als die maximal mögliche Information ansieht, welche man über ein System
erlangen kann, möglich wäre. Am Beispiel der Ionisation von H+
2 und Helium im starken
Laserfeld werden wir zeigen, wie durch die Verwendung der Bohmschen Mechanik neue Einblicke in die Ionisationsmechanismen gewonnen werden können.
Die Gliederung der Arbeit ist wie folgt: in Kapitel 2 wird eine kurze Einführung in die Clusterphysik, insbesondere in den Bereich von Clustern in intensiven Laserfeldern, gegeben.
Kapitel 3 stellt das zur Behandlung dieser Problematik entwickelte Modell vor und enthält
erste Beispielrechnungen. In Kapitel 4 wird die Clusterphysik dann kurz verlassen, um einen
Ionisationsmechanismus zu erläutern, der für den Fall von H+
2 im intensiven Laserfeld entdeckt wurde. Dieser Mechanismus wird anschliessend in Kapitel 5 auf die Ionisation kleiner
Edelgascluster übertragen. Dabei werden zunächst Rechnungen mit unbeweglichen Kernen
6
1 Überblick
gezeigt; anschliessend wird untersucht, wie sich diese Ergebnisse auf die Ionisationsdynamik
bei freier Kernexpansion auswirken.
Mit Kapitel 6 beginnt der zweite Teil der Arbeit. Nach einigen allgemeinen Bemerkungen
zur Bohmschen Mechanik und deren Interpretation folgt in Kapitel 7 eine kurze Einführung
in die technischen Aspekte dieser Theorie. Kapitel 8 behandelt schliesslich die Ionisation
von H+
2 und Helium aus dem Blickwinkel der Bohmschen Mechanik. Die Arbeit schliesst
in Kapitel 9 mit einer Zusammenfassung. Technische Details, die für das Verständnis der
Arbeit nicht unbedingt nötig sind, sind in zwei Anhängen aufgeführt.
Soweit nicht anders vermerkt, werden in dieser Arbeit durchgängig atomare Einheiten verwendet.
Teil I
Edelgascluster in starken Laserfeldern
2
Einführung
Im folgenden wird eine Einführung in den aktuellen Forschungsstand auf dem Gebiet
von Clustern in starken Laserfeldern gegeben. Dazu werden zunächst einmal die allgemeinen Grundlagen der Clusterphysik, insbesondere einige Möglichkeiten zur theoretischen Beschreibung von Clustern, kurz erläutert. Im Anschluss daran werden wir uns speziell auf das
Verhalten von Clustern in starken Feldern konzentrieren.
2.1
Was sind Cluster?
Das Gebiet der Clusterphysik liegt gewissermassen auf der Grenzlinie zwischen Atom- und
Festkörperphysik. Unter Clustern versteht man in der Physik ganz allgemein Anhäufungen
von Atomen, wobei die Zahl der Konstituenten von ca. zehn bis zu ca. einer Million reichen
kann. Der Übergang von der Molekül- zur Clusterphysik ist relativ fliessend, und selbst ein
Cluster mit sechzig Atomen wie z.B. das wohl berühmteste Beispiel, das C60 -Fulleren, kann
sowohl als Molekül wie auch als Cluster gesehen werden. Im allgemeinen wird man immer
dann eher von einem Cluster als von einem Molekül sprechen, wenn die physikalischen Eigenschaften nicht so sehr von der genauen Zahl der Atome oder der Struktur des Systems
abhängen, sondern im Wesentlichen durch die Angabe der Atomsorte(n), aus denen der
Cluster besteht, bereits festgelegt sind.
Cluster sind aus mehreren Gründen von Interesse: so lässt sich etwa mit steigender Clustergrösse der Übergang vom Atom zum Festkörper nachvollziehen. Viele Untersuchungen an
Clustern gehen deshalb der Frage nach, wie sich Konzepte der Festkörpertheorie, die unter
der Annahme unendlich vieler Teilchen entwickelt wurden, nach und nach immer besser auf
immer grössere Cluster anwenden lassen. So wurde z.B. untersucht, wie sich die Wärmekapazität oder der Schmelzpunkt von Clustern mit der Zahl der Atome ändert [SKH+01, SvIH98]
oder inwieweit Konzepte wie das der Temperatur oder des Phasenübergangs im Bereich endlicher Systeme überhaupt anwendbar ist [Gro97].
Cluster lassen sich auch zur Oberflächenbehandlung [Kli00] oder für mikroelektronische Anwendungen [GGKS01] verwenden. Hohle Cluster wie die Fullerene schliesslich können aufgrund ihrer speziellen Struktur in der Medizin dazu verwendet werden, in sie eingeschlossene
Moleküle in der Blutbahn zu transportieren [Wil99, TQH + 00].
Vom Standpunkt der Atom- und Molekülphysik aus, der in der vorliegenden Arbeit eingenommen werden soll, bieten Cluster ein ideales Anwendungsfeld für den Test und die Verbesserung von Vielteilchentheorien. Neben der Bestimmung von Grundzustandseigenschaften
sind es hier insbesondere dynamische Prozesse, die von experimenteller wie theoretischer
Seite her grosses Interesse erfahren haben. Dazu zählen die Photoabsorption von Clustern,
Kollisionen von Clustern mit Elektronen, Atomen, anderen Clustern,. . . , die Wechselwirkung von Clustern mit intensiven Laserfeldern etc.. In dieser Arbeit werden wir uns auf den
10
2 Einführung
letztgenannten Aspekt, und dabei insbesondere auf die Wechselwirkung von kleinen Edelgasclustern mit kurzen, intensiven Laserpulsen, konzentrieren. Interessant an diesem Prozess
ist die im Vergleich zu einzelnen Atomen stark erhöhte Energieabsorption eines Clusters,
die letztlich zur kompletten Fragmentation führt. Dadurch entstehen schnelle Elektronen
mit Energien im keV-Bereich, hochgeladene Ionen mit einer kinetischen Energie von einigen
MeV und harte Röntgenstrahlen. Die Energie der entstehenden Ionen kann dabei sogar gross
genug sein, um Kernfusion zu erzeugen [DZY+ 99].
Die Dauer der typischerweise verwendeten Pulse liegt im Bereich von T ≈ 5 fs bis T ≈ 1
ps und damit auf der selben Zeitskala wie die Bewegung der Kerne. Durch Veränderung der
Pulslänge bzw. durch Verwendung zweier um eine Zeit ∆t verschobener Pulse ist es also
möglich, die Kernbewegung zeitlich aufzulösen. Damit kann der Einfluss der Kernbewegung
(eines zusätzlichen Freiheitsgrades, der in der Laser-Atom-Wechselwirkung nicht vorhanden
ist) auf das Absorptionsverhalten eines Clusters untersucht werden. Mit dieser Fragestellung
wird sich der erste Teil der vorliegenden Arbeit hauptsächlich beschäftigen.
2.1.1
Erzeugung von Clustern
Cluster werden hauptsächlich aus der Gasphase heraus erzeugt; dazu wird das gewünschte
Clustermaterial verdampft und unter hohen Druck gesetzt. Durch eine kleine Düse kann
das Gas entweichen, wodurch die thermische Bewegung der Atome stark abgebremst wird.
Durch die resultierende Temperaturreduzierung lassen sich Cluster relativ effektiv erzeugen.
Experimente an neutralen Clustern leiden notorisch unter der Schwierigkeit der Massenselektion; es lässt sich hier lediglich eine ungefähre Massenverteilung mittels des HagenaParameters [dH93] angeben, welcher vom Druck und von der Temperatur des Gases abhängt,
aus dem die Cluster enstanden sind. Das führt dazu, dass das Verhalten von ein- oder mehrfach ionisierten Clustern teilweise besser verstanden ist als das der entsprechenden neutralen Spezies, da in diesem Fall durch die Verwendung von Massenspektrometern eine genaue
Massenselektion erfolgen kann.
2.1.2
Theoretische Beschreibung von Clustern
Stationäre Eigenschaften
Bei der theoretischen Beschreibung der stationären Clustereigenschaften ist es momentan
nur für sehr kleine Systeme möglich, die zeitunabhängige Schrödingergleichung in allen Freiheitsgraden explizit zu lösen. Für grössere Systeme bedient man sich verschiedenster quantenchemischer Methoden. Cluster bis zu einer Grösse von etwa zehn Atomen lassen sich noch
mittels Hartree-Fock-Verfahren behandeln (siehe z.B. [KFK91]); für grössere Cluster wird
man zu einer Beschreibung mittels der Dichtefunktionaltheorie (DFT) übergehen müssen
[DG90]. In beiden Fällen können zudem meist nicht alle Elektronen explizit berücksichtigt
werden, so daß man sich auf einige wenige Valenzelektronen beschränken und den Einfluss
der tiefergebundenen Coreelektronen durch geeignete Pseudopotentiale modellieren muss.
Weitere Näherungen führen schliesslich für Metallcluster zum Jelliummodell, bei dem sich
die über den gesamten Cluster delokalisierten Valenzelektronen vor einem homogen verschmierten, ionischen Hintergrund bewegen [Eka84].
2.1 Was sind Cluster?
11
Dynamik unter Einwirkung äusserer Störungen
Bei der Beschreibung der Dynamik von Clustern dienen die für den stationären Fall entwickelten Techniken meist als Ausgangspunkt. Während dabei im Bereich sehr schwacher
Störungen noch mit der Linearen-Antwort-Theorie gearbeitet werden kann, wird man sich
im nichtlinearen Regime mehr oder weniger ausgefeilter Techniken bedienen müssen. Wieder sind voll quantenmechanische ab-initio-Rechnungen nur für sehr kleine Systeme möglich;
zur näherungsweisen Beschreibung grösserer Systeme wird meist die zeitabhängige Dichtefunktionaltheorie (TDDFT) in einer ihrer Variationen verwendet (eine aktuelle Einführung
findet sich beispielsweise in [CRSU00]). Dabei können bei schwachen Störungen die Kerne
noch als unbeweglich angesehen werden; bei der Wechselwirkung mit hochgeladenen Ionen
oder intensiven Laserpulsen muss jedoch auch die Kerndynamik explizit berücksichtigt werden.
Die Beschreibung der elektronischen Freiheitsgrade gestaltet sich im nichstationären Fall
sehr viel aufwändiger als in stationären Rechnungen, da eine grössere Zahl von Basisfunktionen verwendet werden muss, um die möglichen auftretenden Kanäle berücksichtigen zu
können. Die Beschränkung auf die Valenzelektronen gilt hier also in noch stärkerem Masse,
so daß mit diesen Methoden und den heute zur Verfügung stehenden Computerressourcen
nur Prozesse behandelt werden können, bei denen die Innerschalenelektronen keine aktive
Rolle spielen. In kurzen, intensiven Laserpulsen ist das aber nicht mehr der Fall.
Cluster in starken Feldern
Die Entwicklung der Lasertechnik erlaubt es seit einigen Jahren, kurze, intensive Laserpulse
mit Intensitäten von I = 1020 W/cm2 und Pulsdauern von nur wenigen Femtosekunden zu
erzeugen. Bereits bei I = 1016 W/cm2 befindet man sich dabei in einem Bereich, in dem
die durch den Laser auf ein Elektron eines Wasserstoffatoms ausgeübte Kraft der mittleren
Kraft entspricht, die dieses Elektron durch die Kernanziehung erfährt. Schon einzelne Atome können durch solche Pulse bereits bei Intensitäten von 1014 − 1015 W/cm2 ohne weiteres
doppelt ionisiert werden; bei entsprechenden Experimenten mit Clustern wurden für Cluster
aus 10-50 Atomen teilweise schon bis zu zwanzigfach geladene Ionen beobachtet [KSK + 99];
die Verwendung noch grösserer Cluster ergab Ionenladungen von 40+ [DST+ 98]. Es ist offensichtlich, daß zur theoretischen Beschreibung solcher Prozesse die Vernachlässigung der
Innerschalenelektronen nicht mehr zulässig ist.
Daher muss man aufgrund der Vielzahl der zu behandelnden Teilchen auf quasiklassische
Methoden zurückgreifen. Damit ist gemeint, daß nicht nur die Kerne, sondern auch die
Elektronen als klassische Punktteilchen simuliert werden, die den Newtonschen Bewegungsgleichungen gehorchen. Lediglich zur Beschreibung der Bindungszustände werden quantenmechanische Konzepte verwendet. Solche vereinfachten Clustermodelle erlauben zwar keinen
exakten Einblick in hoch differentielle Grössen, aber zur Berechnung hinreichend integraler
Observablen wie z.B. der Gesamtenergieaufnahme eines Cluster und insbesondere zur Untersuchung prinzipieller Mechanismen sind sie momentan sicherlich deutlich besser geeignet
als die zur Verfügung stehenden Dichtefunktionalmethoden, da die Mitnahme der Coreelektronen den durch die klassische Näherung gemachten Fehler mit steigender Laserfeldstärke
mehr als wettmacht. Zudem erlauben gerade relativ einfache Modelle die Entwicklung einer guten Intuition für die Natur der ablaufenden Prozesse, was beim hohen technischen
Aufwand der DFT-Verfahren sicherlich eher schwierig ist. Ein solches Modell wurde auch
12
2 Einführung
in der vorliegenden Arbeit entwickelt; wir werden es im nun folgenden Kapitel vorstellen
und erste Einblicke in den Prozess der Absorption von intensivem Laserlicht durch kleine
Edelgascluster gewinnen.
3
Ein Modell für Edelgascluster in
starken Feldern
Wie im letzten Kapitel kurz erläutert, ist eine voll quantenmechanische Beschreibung von
Clustern in starken Feldern (womit implizit gesagt sein soll, daß die Mitnahme der jeweils
äussersten Elektronenschale alleine keine gute Näherung mehr darstellt) wohl auf absehbare
Zeit unmöglich. Man muss also entsprechend vereinfachte Modellsysteme betrachten, um
theoretische Aussagen über das Verhalten von Clustern unter solchen Bedingungen machen
zu können. In der vorliegenden Arbeit haben wir uns auf Edelgascluster konzentriert und ein
Modell entwickelt, welches zum einen die uns wesentlich erscheinenden Aspekte der Dynamik von Clustern in starken Feldern beinhaltet, zum anderen aber noch hinreichend einfach
ist, um den numerischen Aufwand in Grenzen zu halten. Die Propagation aller Teilchen (und
nicht nur der Ionen) erfolgt im Rahmen unseres Modells über die klassischen Newtonschen
Bewegungsgleichungen; der atomare Ionisationsprozess wird durch ein quantenmechanisches
Tunnelverfahren beschrieben. Die Verwendung der klassischen Mechanik auch zur Beschreibung der elektronischen Freiheitsgrade erscheint dabei angesichts der hohen Energien, die
experimentell beobachtet werden, als vertretbar; davon abgesehen existieren zur Zeit keine
wirklichen Alternativen zu diesem Vorgehen.
Im folgenden werden wir die Einzelheiten des Modells darlegen und eine Einordnung bezüglich
bereits existierender Verfahren vornehmen.
3.1
Der Grundzustand
Aufgrund der geringen Reaktivität von Edelgasen können wir die Clusterelektronen vor
Einsetzen des Laserpulses als bei ihren jeweiligen Mutteratomen“ lokalisiert annehmen;
”
die Bindungen zwischen den Atomen erfolgen ausschliesslich durch Multipolkräfte. Wir beschreiben dabei die Clusteratome als Gesamtheit, d.h. als ein Teilchen mit Ladung Z = 0
und Masse M = MAtom + NElektronen . Die Elektronen sind also zu Beginn nur virtuell vorhanden und treten erst im Verlauf des Pulses als klassische Teilchen in Erscheinung (wir
werden darauf gleich noch näher eingehen). Die Bindungsverhältnisse zwischen zwei Atomen
~ 1 und R
~ 2 modellieren wir durch Lennard-Jones-Potentiale:
mit den Ortsvektoren R

!12
!6
σ
σ
~ 1, R
~ 2) = Escale 

V (R
(3.1)
−
~1 − R
~ 2|
~1 − R
~ 2|
|R
|R
Dabei bestimmt Escale die Bindungsstärke, σ legt den Gleichgewichtsabstand R0 fest (R0 =
σ 1/6). Die beiden Parameter werden an die Ergebnisse von Strukturuntersuchungen angepasst. Die Bindungsenergien bewegen sich im meV-Bereich, weshalb wir die Lennard-Jones-
14
3 Ein Modell für Edelgascluster in starken Feldern
Element
He
σ [a.u.] 4.971
Ne
5.266
Ar
6.435
Kr
6.878
Xe
7.488
Tabelle 3.1: Parameter für Lennard-Jones-Potentiale
Potentiale ab dem Beginn des Laserpulses vernachlässigen können. Aus diesem Grund ist
der genaue Wert der Bindungsenergie für uns nicht von Interesse, da wir nur an den Gleichgewichtsabständen interessiert sind und diese nicht von Escale abhängen. Für σ findet man
für die verschiedenen Edelgase die folgenden Werte: Ein lokales Potentialminimum für einen
Cluster mit N Atomen, CN , kann beispielsweise bestimmt werden, indem die Kerne aus einer
näherungsweise sphärisch symmetrischen Anfangskonfiguration heraus unter dem Einfluss
von (3.1) zusammen mit einem zusätzlichen Reibungsterm mit dem Reibungskoeffizienten
γ propagiert werden:
~¨ i = −∇V
~ (R
~ 1, R
~ 2, . . . , R
~ N ) − γR
~˙
MR
(3.2)
Globale Minima für das Potential (3.1) sind allerdings für eine Vielzahl von Clustergrössen
bereits berechnet worden und sogar im Internet verfügbar 1). Sie wurden auch in dieser
Arbeit verwendet.
3.2
Beschreibung der inneren Ionisation und Propagation
Nachdem die anfängliche Struktur des Clusters fixiert ist, folgt nun die Beschreibung der
zeitlichen Entwicklung nach Einschalten des Laserpulses. Diese besteht, was die Elektronen
angeht, aus zwei Teilen: zum einen aus der Modellierung des Bindungszustandes in einem
Clusteratom und der Ionisation aus diesem Bindungszustand heraus, zum anderen aus der
Propagation nach der Ionisation aus dem Clusteratom. Den Prozess der Ionisation eines
Elektrons aus einem Clusteratom oder -ion heraus bezeichnen wir im Folgenden als innere
Ionisation, im Gegensatz zur äusseren Ionisation, bei der das Elektron den Cluster insgesamt
verlässt. Für die innere Ionisation werden im Rahmen unseres Modells Annahmen gemacht,
die über die klassische Mechanik hinausgehen; somit können die Energielevelstrukturen der
Clusterkonstituenten berücksichtigt werden und damit insbesondere eine Unterscheidung
zwischen z.B. einem Neon- und einem Argoncluster erfolgen. Die Propagation nach der inneren Ionisation wird dann, wie bereits angesprochen, über die Lösung der Newtonschen
Bewegungsgleichungen erfolgen.
Die innere Ionisation kann im Prinzip über zwei Mechanismen erfolgen: Feldionisation und
Stossionisation. Bei der Feldionisation sorgt das elektrische Feld im Cluster (zunächst das
des Lasers, später auch das der Ionen und Elektronen) für eine Absenkung der Potentialbarrieren, so daß ein Elektron ein Atom durch Tunneln [ADK86] oder sogar over-the-barrier
[BM99] verlassen kann. Durch bereits innerionisierte, sich aber noch im Innern des Clusters
befindliche Elektronen kann darüber hinaus Stossionisation stattfinden, wenn ein solches
Elektron ein noch an einem Atom gebundenes weiteres Elektron befreit. Dieser Mechanismus
spielt in kleinen Clustern aber praktisch keine Rolle [IB00], da die mittlere freie Weglänge
bezüglich Elektronenstossionisation bei diesen Clustern viel grösser ist als der Clusterradius.
1
http://brian.ch.cam.ac.uk/ jon/structures/LJ/
3.2 Beschreibung der inneren Ionisation und Propagation
15
Deshalb ist in unserem Modell nur der erste Ionisationsmechanismus berücksichtigt.
Wir werden nun die Details der Implementation dieses Ionisationsmechanismus diskutieren:
• Wie bei der Diskussion des Grundzustandes bereits erwähnt, sind die Elektronen eines
Clusters zu Beginn des Laserpulses lediglich virtuell vorhanden und treten erst im Laufe der Zeit durch innere Ionisation explizit als klassische Teilchen in Erscheinung. Das
bedeutet aber, daß sich die Anzahl der klassisch zu propagierenden Teilchen mit der
Zeit ändert. Aus diesem Grund haben wir zu einer effektiven numerischen Behandlung
eine objektorientierte Listendarstellung des Clusters verwendet, in der der Cluster als
ein Ensemble von Teilchen variabler Anzahl angesehen wird, die jedes für sich Eigenschaften wie Ladung oder Masse tragen [Fra97]. Dadurch wird das Hinzufügen bzw.
Entfernen von Teilchen aus diesem Ensemble stark vereinfacht.
• Zwei Teilchen mit Ortsvektoren ~r1 und ~r2 wechselwirken miteinander durch das Potential
Z1 Z2
V (~r1 , ~r2) = q
2
(3.3)
|~r1 − ~r2 | + a(Z1 ) + a(Z2 )
wobei ~r1, ~r2 , Z1 , Z2 Ortsvektor bzw. elektrische Ladung der beiden Teilchen sind. Die
a(Zi ) sind sog. Softcoreparameter, durch die die Coulombsingularität geglättet wird.
Damit wird die zwar prinzipiell mögliche, bei den hier betrachteten Teilchenzahlen
jedoch äusserst aufwändige Kustaanheimo-Stiefel-Regularisierung [KS65] umgangen.
Wir verwenden ein Z-abhängiges a; damit kann die Tiefe des Kernpotentials an die
jeweilige Bindungsenergie Ebind (Z) angepasst werden (siehe Abb. 3.1). Konkret wurde
zur Bestimmung von a(Z) das folgende Verfahren gewählt:
– Für Elektronen gilt: a = 0.1, d.h. a(−1) = 0.1
– Für ein Elektron im Minimum des Potential eines Kerns mit der Ladung Z soll
gelten (siehe auch Abb.3.1):
−Z
p
= Ebind (Z) + a(Z) + a(−1)
(3.4)
mit > 0 (aus technischen Gründen, um das Tunnelintegral genau bestimmen
zu können; wir haben = 0.01 gewählt). Somit muss gelten:
a(Z) =
Z2
− a(−1)
2
Ebind
+ 2Ebind + 2
(3.5)
• Für das jeweils am schwächsten gebundene Elektron eines Atoms der Ladung
~ wird zu jedem Zeitschritt dt zunächst die Richtung des insgesamt
ZAtom 2 am Ort RAtom
~ bestimmt
an diesem Elektron angreifenden Feldes B


X
Zi
~ · f(t),
~ R
~ Atom ) = ∇
~R
+A

q
(3.6)
B(
Atom
2
~ Atom − R
~ i ) + a(Zi ) + 0.1
i
(R
2
Dieses Elektron sieht“also eine Ladung von ZAtom + 1
”
16
3 Ein Modell für Edelgascluster in starken Feldern
PSfrag replacements
x [a.u.]
V (x) [a.u.]
Abbildung 3.1: Die ersten drei Energieniveaus von Xe mit den entsprechenden Potentialkurven
welches sich aus dem Coulombfeld aller bereits klassisch vorhandenen Teilchen (Ionen
~ und zeitabhängiger
und Elektronen) sowie dem Laserfeld mit Polarisationsvektor A
~ vorgegebenen Richtung wird dann das
Amplitude f(t) zusammensetzt. In der durch B
folgende, effektiv eindimensionale Tunnelintegral berechnet:
Z r2
p
I(t) = exp −2
2(V (r) − En ) dr
(3.7)
r1
Die Lage von r1 und r2 ist schematisch in Abb. 3.2 dargestellt. V (r) beinhaltet alle Potentialterme, sowohl die Coulombpotentiale als auch das Laserfeld. Das Energieniveau
En ist wie folgt definiert:
ZAtom + 1
a(ZAtom ) + 0.1
En := EnAtom + V (0) − p
(3.8)
Das atomare Energieniveau wird also durch die umliegenden Ladungen sowie den Laser
verschoben; der Potentialterm des Atoms, aus dem das Elektron ionisiert werden soll,
muss wieder abgezogen werden, da dessen Einfluss bereits in E nAtom enthalten ist. Die
Lagen von r1 und r2 , in denen das verschobene Bindungsniveau E n die Potentialkurve
V (r) schneidet, werden numerisch bestimmt; die Suche nach r 2 wird dabei abgebrochen, sobald I(t) < 10−10 ist. Ist die atomare Barriere so stark nach unten gebogen,
das over-the-barrier-Ionisation ermöglicht wird, so muß an einer Stelle r 0 entlang der
~
B-Richtung
En > V (r0 ) und dV/dr|r=r0 = 0 gelten. In diesem Fall ist I(t) = 1.
• Von der so berechneten Tunnelwahrscheinlichkeit I(t) gelangt man auf die folgende,
semiklassische Art und Weise zu einer Tunnelrate w: die Tunnelwahrscheinlichkeit pro
3.2 Beschreibung der inneren Ionisation und Propagation
17
0
Energie
V(r)
En
−0.5
r1
r2
PSfrag replacements
−1
0
5
10
15
20
r
Abbildung 3.2: Tunneln aus einem Bindungszustand der Energie E n im Potential V (r)
Zeiteinheit, also die Rate für den Tunnelprozess, ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein
Elektron tunnelt, wenn es sich gerade bei r1 befindet, multipliziert mit der Frequenz,
mit der dieses Elektron bei r1 auf die Barriere auftrifft [Sch88]. Diese Frequenz ist im
halbklassischen Bild gerade durch die zur Bindungsenergie E n gehörende Keplerfrequenz 1/Tn gegeben:
s
1
.
(3.9)
Tn = π(ZAtom + 1)
2En3
Die Tunnelrate ist somit
w(t) =
1
I(t)
Tn
(3.10)
• Die Tunnelwahrscheinlichkeit pro Zeitschritt dt ist dann P (t) = w(t) dt. Durch Vergleich mit einer Zufallszahl z (d.h: ist P (t) > z )wird entschieden, ob tatsächlich
getunnelt wird oder nicht. Falls ja, wird das fragliche Elektron unter Energieerhaltung
als reales klassisches Teilchen bei r2 plaziert, die Atomladung ZAtom um eins erhöht
und das nächste virtuelle Elektron demselben Procedere unterworfen. Wird over-thebarrier ionisiert, wird das Elektron bei r 0 mit dV/dr|r=r0 = 0 plaziert.
• Die Energieerhaltung ist nicht automatisch garantiert, wenn das getunnelte Elektron
einfach ohne kinetische Energie bei r2 plaziert wird, wie man es anhand von Abb. 3.2
vielleicht vermuten könnte. Der Grund liegt darin, daß der Softcoreparameter eines
Ions vom Ladungszustand abhängig ist (a ≡ a(Z)) und sich zudem auch noch vom
Softcoreparameter eines Elektrons unterscheidet. Dadurch kann beim Übergang eines
Elektrons vom virtuellen in den realen Zustand ein Sprung ∆V in der potentiellen
Energie des Clusters auftreten, falls dieses Elektron exakt bei r = r 2 plaziert wird.
Dieses ∆V muss kompensiert werden, entweder durch kinetische Energie des Elektrons,
falls ∆V < 0 ist, oder durch Plazierung bei r̃ = r2 + δr, falls ∆V > 0 ist.
18
3 Ein Modell für Edelgascluster in starken Feldern
Die Propagation der klassischen Teilchen erfolgt dann einfach durch die Integration der Newtonschen Bewegungsgleichungen unter dem Einfluss von (3.3) sowie des Laserfeldes. Dazu
wurde ein symplektischer Integrator benutzt [CS90]; die Schrittweite dt betrug 0.1 a.u..
3.3
Vergleich mit ähnlichen Modellen
Von der Struktur her ähnliche Modelle wurden bereits einige Male zur theoretischen Behandlung von kleinen Edelgasclustern in starken Feldern verwendet. Ihnen allen ist gemeinsam,
daß sie im wesentlichen auf der klassischen Mechanik beruhen; die hauptsächlichen Unterschiede liegen in der Behandlung der inneren Ionisation.
3.3.1
Das onion model
Dieses Modell [RPSWB97] verwendet keine Tunnelraten zur Beschreibung der inneren Ionisation, sondern propagiert das jeweils äusserste Elektron eines Atoms auf einer Keplerbahn
mit einer Energie, die der quantenmechanischen Bindungsenergie entspricht. Durch das Laserfeld sowie die umgebenden Ladungen wird diese Keplerellipse deformiert, und es kann zur
inneren Ionisation kommen. Diese ist definiert durch das Überschreiten eines bestimmten
Abstandes rc vom Ausgangsatom; hat sich das Elektron weiter als rc entfernt, wird es als
ionisiert angenommen und das nächste Elektron auf einer entsprechend stärker gebundenen
Keplerbahn gestartet.
Gemeinsam mit unserem Modell ist die sequentielle Ionisation sowie die klassische Beschreibung der Propagation der bereits innerionisierten Elektronen. Durch die Vernachlässigung
des Tunnelmechanismus in diesem Modell wird allerdings die erste Innerionisation eine gewisse Zeit ∆t später auftreten als in unserem Fall. Wie wir im Laufe dieser Arbeit noch
sehen werden, kann eine solche zeitliche Verschiebung durchaus einen wichtigen Einfluss auf
die weitere Clusterdynamik haben, so daß die Nichtberücksichtigung des Tunneleffekts auf
jeden Fall als Nachteil dieses Modells angesehen werden muss.
3.3.2
Tunneln über die Landau-Rate
In diesem Ansatz [Dit98] wird der Tunnelmechanismus berücksichtigt; allerdings wird das
Tunnelintegral nicht explizit ausgerechnet, sondern statt dessen die Tunnelwahrscheinlichkeit aus der feldabhängigen Landaurate [LL60] bestimmt, die für ein Atom im elektrischen
Feld berechnet wurde. Dazu wird das insgesamt am Atomort anliegende elektrische Feld
(Laser + Ionen + Elektronen) verwendet.
Der Nachteil bei dieser Methode liegt darin, daß die Feldstärke nur an einem Punkt, nämlich
gerade dem Atomort, gross genug sein muss, um Tunnelionisation zu ermöglichen. Somit
wird beispielsweise ein genügend nahe vorbeifliegendes Elektron immer ein so grosses Feld
erzeugen, daß auf jeden Fall ionisiert wird. Demgegenüber muss in unserem Modell die gesamte Umgebung eines Atom ionisationsgeeignet sein. Wir erhalten somit folgerichtig im
Vergleich zu [Dit98] eine etwas kleinere Ionisationsausbeute.
3.4 Ein typischer Einzelrun
3.3.3
19
Verwendung des vollen Coulombpotentials
Parallel zum Entstehen der vorliegenden Arbeit wurde ein Modell entwickelt [IB00], welches,
ebenso wie in unserem Fall, das volle Tunnelintegral zur Bestimmung der Innerionisationswahrscheinlichkeiten verwendet. Anstelle eines Softcorepotentials wird dabei jedoch das volle
Coulombpotential für die Zweiteilchenwechselwirkung benutzt; die singulären Bewegungsgleichungen wurden nach dem Kustaanheimo-Stiefel-Verfahren regularisiert [KS65]. Die Verwendung des echten“ Coulombpotentials mag zunächst als Vorteil erscheinen, allerdings
”
kann es so zur klassischen Autoionisation kommen: ein Elektron kann in einem singulären
Coulombpotential klassisch beliebig tief gebunden werden und somit Energie zur Ionisation
anderer Elektronen bereitstellen. Dieser Prozess wird in unserem Modell dadurch vermieden, daß das Potentialminimum jeweils mit der quantenmechanischen Grundzustandsenergie zusammenfällt (siehe Abb. 3.1).
In [IB00] musste zur Vermeidung der klassischen Autoionisation hingegen ein Wiedereinfangmechanismus eingebaut werden, der klassisch behandelte Elektronen wieder in den quantenmechanischen Bindungszustand zurückversetzt. Abgesehen davon, daß die Festlegung der
Wiedereinfangkriterien problematisch ist, resultiert, zusammen mit der Regularisierung, ein
höherer numerischer Aufwand als bei unserem Modell. Die mit diesem Verfahren berechneten Ionisationsausbeuten stimmen mit unseren Ergebnissen aber gut überein.
3.4
Ein typischer Einzelrun
Im folgenden soll das typische Verhalten unseres Clustermodells im starken Laserfeld diskutiert und die für die spätere Diskussion wichtigen Phänomene erläutert werden. Obwohl
wir später zur Berechnung experimentell observabler Grössen ein Monte-Carlo-Ensemble
verwenden werden, genügt es zum qualitativen Verständnis der auftretenden Phänomene
bereits, sich ein Einzelereignis genauer anzuschauen, da die Ensemblemitglieder sich insgesamt doch recht ähnlich verhalten.
Als exemplarisches Beispiel betrachten wir das Verhalten eines Ne16-Clusters. Der verwendete Puls hat eine maximale Feldstärke von F = 0.168 a.u. (entspricht einer Intensität von
I = 1015 W/cm2) bei einer Frequenz von ω = 0.055 a.u. (780 nm) und einer Pulsdauer von
20 Zyklen, also ca. T = 55 fs. Als Einhüllende wurde eine sin2 -Funktion gewählt, d.h. der
Puls hat die Form
πt
2
f(t) = F sin
sin(ωt)
(0 ≤ t ≤ T )
(3.11)
T
Abb 3.3 zeigt die insgesamt vorhandenen klassischen Teilchen sowie die Clusterladung,
d.h. die Zahl der Elektronen, die den Cluster verlassen haben. Nach einer Zeit von t ≈ 750
fs reicht die Intensität des Lasers aus, um zur ersten Innerionisation zu führen. Was folgt, ist
ein sehr schneller Anstieg sowohl der klassischen Teilchen als auch der Clusterladung; es finden also eine Vielzahl von inneren und äusseren Ionisationsereignissen statt. Dabei führt die
Ionisation der ersten paar Elektronen offenbar zu einem Lawineneffekt“: die neu hinzukom”
menden Ladungen sorgen im Clusterinneren für ein starkes zusätzliches elektrisches Feld,
welches die Ionisation weiterer Elektronen erleichtert (dies entspricht der in [RPSWB97]
vorgeschlagenen ionization ignition). Wir werden im Laufe dieser Arbeit noch darauf eingehen, wie dieser Prozess im Einzelnen abläuft.
20
3 Ein Modell für Edelgascluster in starken Feldern
frag replacements
30
a)
50
b)
Clusterladung
Anzahl klassischer Teilchen
60
40
30
20
10
20
10
PSfrag replacements
1000 klassischer2000
Anzahl
Teilchen
t [a.u.]
0
0
0
1000
2000
t [a.u.]
Abbildung 3.3: a) Anzahl der real vorhandenen Teilchen; b) Gesamtladung des Clusters
Abb. 3.4 zeigt die absorbierte Energie sowie den mittleren Ionenabstand im Cluster, ebendie Menge der Kerne, mit die Menge
falls als Funktion der Zeit. Bezeichnet man mit
der bereits als klassische Teilchen repräsentierten Elektronen und mit die Menge der noch
gebundenen Elektronen, so ist die Clusterenergie wie folgt definiert:
X p2
X
X P2
X
X X
i
i
~ · ~ri f(t)
~ ·R
~ i f(t) −
+
+
Vij +
Eibind +
Zi A
A
2Mi i∈ 2mi i,j∈ ∪
i∈
i∈
i∈
i∈
(3.12)
~ bezeichne wieder die Polarisationsrichtung des Lasers). Die absorbierte Energie ist nun
(A
einfach die Differenz von Gesamtenergie nach dem Puls und Gesamtenergie vor dem Puls.
Obwohl der Tunnelprozess energieerhaltend geschieht, kann durch die anschliessende Dynamik im Laserfeld bereits von diesem relativ kleinen Cluster eine beträchtliche Menge an
Energie absorbiert werden. Die Oszillationen in der Kurve kommen durch das Abbremsen
und Beschleunigen der geladenen Teilchen im Laserfeld zustande (ponderomotive Energie)
und sind für die Nettoenergieaufnahme nicht von Bedeutung.
Durch die Aufladung des Clusters beginnt dieser schliesslich zu expandieren, d.h. der mittlere Ionenabstand vergrössert sich allmählich. Dieser ist definiert als
R(t) =
N
1 X
~i − R
~ j |2 }
min{|R
N i=1 i6=j
!1/2
(3.13)
Man beachte, daß das Auseinanderdriften der Ionen im Vergleich zur Zeitskala der elektronischen Bewegung und der Laserfrequenz adiabatisch geschieht und eher auf der Zeitskala der
Pulsdauer passiert. Damit bietet sich, wie bereits in der Einleitung angedeutet, die Möglichkeit an, durch Variation der Pulslänge die radiusabhängigen Eigenschaften des Clusters
abzufragen, was im weiteren Verlauf der Arbeit noch geschehen wird.
3.4 Ein typischer Einzelrun
21
8000
abs. Energie [eV]
a)
6000
4000
2000
PSfrag replacements
0
0
1000
2000
t [a.u.]
16
mittl. Ionenabstand [a.u].
b)
14
12
10
8
PSfrag replacements
6
abs. Energie [eV]
0
1000
2000
t [a.u.]
Abbildung 3.4: a) Absorbierte Energie; b) mittlerer Ionenabstand als Funktion der Zeit
4
Enhanced ionization“ in H+
2
”
In diesem Kapitel verlassen wir kurz die Clusterphysik und wenden uns dem einfachsten linearen Molekül zu, dem H+
2 -Ion. Wir werden einen Ionisationsmechanismus für dieses
Molekül im starken Laserfeld erläutern, der später auf den Fall kleiner Cluster übertragen
werden wird.
4.1
Kurze Übersicht
Von Ende der achtziger bis Anfang der neunziger Jahre wurde an linearen diatomaren Molekülen wie H2,N2 oder I2 eine Reihe von Experimenten durchgeführt[FCH+87, SBDC92],
welche die Wechselwirkung von kurzen, starken Laserpulsen (Pulslänge in der Grössenordnung von Femtosekunden, Intensitäten ab ca. 1014 W/cm2) mit diesen Molekülen untersuchten, insbesondere die Rolle der verschiedenen Ionisationskanäle. Die Idee dabei war die
folgende: wenn ein solches Molekül zwei oder mehr Elektronen durch den Laserpuls verliert,
werden die resultierenden Ionen durch ihre Coulombabstossung auseinandergetrieben. Aus
den resultierenden kinetischen Energien der Ionen kann dann durch Energieerhaltung auf
den Abstand zurückgeschlossen werden, den die Ionen beim Verlust der Elektronen gehabt
haben müssen. Dabei stellte sich heraus, daß unabhängig vom Ladungszustand die Ionen
eine kinetische Energie hatten, die immer dem gleichen interatomaren Abstand entsprach
(im Fall von I2 z.B. 2.66 Å). Der Ionisationsprozess musste also wie folgt verlaufen (die
entsprechende Atomsorte sei im folgenden mit A bezeichnet:
a) Das Molekül A2 verliert in einer frühen Phase des Pulses ein Elektron und wird somit
zu A+
2 . Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit befindet sich das Molekülion dann in
einem dissoziativen elektronischen Zustand.
b) Falls sich das Molekülion in einem dissoziativen Zustand befindet, werden sich die
Kerne langsam auseinanderbewegen. Die experimentellen Resultate legen nahe, daß die
Dissoziation bis zu einem kritischen Abstand Rc erfolgt, bei dem dann die Ionisation
+
zu A+
2 , A3 etc. vor sich geht.
Bis hierhin ist natürlich noch nicht klar, auf welchen Mechanismus die Existenz von R c
zurückzuführen ist. Dieser wurde 1995 von drei Gruppen unabhängig voneinander entdeckt
[ZB95, SYC95, PFGC95]. Die einzelnen Erklärungen unterscheiden sich zwar im Detail etwas
voneinander, das zugrundeliegende Prinzip jedoch ist in allen Fällen dasselbe: als entscheidend für das Verständnis von enhanced ionization erwies sich die Lage der Energieniveaus
des aktiven (äusseren) Elektrons im kombinierten Feld der beiden Kerne und des Laserfelds.
Letzteres wird dabei als quasistatisch angesehen, eine gerechtfertigte Näherung, solange die
Laserfrequenz klein gegenüber der Schwingungsfrequenz des aktiven Elektrons ist.
24
4
Enhanced ionization“ in H2
”
R = 12 a.u.
R = 8 a.u.
R = 4 a.u.
PSfrag replacements −15
−10
−5
0
5
10
15
20
Elektronkoordinate x
Abbildung 4.1: Das 1σ+ -Niveau für das H+
2 -Modell im statischen Feld der Stärke F = 0.04
a.u. (drei verschiedene Kernabstände).
Wir wollen das Prinzip von enhanced ionization hier an einem eindimensionalen H 2+ Modell nachvollziehen. Der Hamiltonoperator des Systems lautet
Ĥ = −
1 ∂2
1
1
p
p
−
−
+ x · f(t).
2 ∂x2
(x − R/2)2 + a
(x + R/2)2 + a
(4.1)
Dabei bezeichnet x die Elektronkoordinate und R den Kernabstand. Der Softcoreparameter
a, der zur Vermeidung der Coulombsingularität eingeführt wird, ist in unserem Fall a = 2.
Damit beträgt die Grundzustandsenergie eines eindimensionalen Wasserstoffatoms mit dem
Potential
1
V (x) = − √
(4.2)
2
x +2
gerade E0h = −0.5 a.u.. Der Gleichgewichtskernabstand R0 beträgt 2.86 a.u. und die elektronische Grundzustandsenergie bei diesem Kernabstand E 0 = −0.56 a.u..
Wie im 3D-H+
2 , so lässt sich auch für dieses eindimensionale Modell der Grund- und der
erste angeregte Zustand im feldfreien Fall näherungsweise als Superposition von jeweils an
einem Kern lokalisierten Wasserstoffgrundzustandsfunktionen schreiben:
1
1σg = √ (φ(x − R/2) + φ(x + R/2))
2
1
1σu = √ (φ(x − R/2) − φ(x + R/2))
2
(4.3)
(4.4)
Sowohl für 1σg als auch für 1σu beträgt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit an einem der
beiden Kerne jeweils 1/2.Wird nun ein (quasi)-statisches elektrisches Feld der Stärke F
4.1 Kurze Übersicht
25
angelegt, so wird einer der beiden Kerne energetisch angehoben, der andere entsprechend
abgesenkt, und die beiden Zustände 1σg und 1σu gehen in zwei Resonanzzustände 1σ+ und
1σ− über, wobei die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für 1σ+ um den energetisch höherliegenden Kern bzw. die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für 1σ− um den energetisch tieferliegenden
Kern lokalisiert ist. Die zu 1σ+ und 1σ− gehörenden Quasienergien E+ und E− können dabei
näherungsweise wie folgt berechnet werden:
1
R
E+ = E0h − √ 2
+ ·F
2
R +a
1
R
E− = E0h − √ 2
− ·F
2
R +a
(4.5)
(4.6)
Der Grundzustand eines isolierten Wasserstoffatoms wird also durch die Anwesenheit des
zweiten Kerns sowie durch das angelegte äussere Feld energetisch verschoben.
Die Lage des 1σ+ -Niveaus bei Anlegung eines statischen Feld der Feldstärke F = 0.04 a.u.
ist für drei verschiedene Kernabstände in Abb. 4.1 gezeigt. Anhand dieser Darstellung lässt
sich nun das Auftreten eines für die Ionisation optimalen Kernabstandes Rcrit qualitativ
leicht begründen:
• Bei kleinen Kernabständen liegt das 1σ + -Niveau oberhalb der Barriere, die die beiden
Kerne voneinander trennt, aber unterhalb der Barriere, die es überwinden müsste, um
das Molekül zu verlassen. Um die im vorigen Kapitel eingeführten Begriffe zu verwenden: innere Ionisation ist sehr leicht, äussere Ionisation aber nur schwer möglich.
• Bei grossen Kernabständen hingegen liegt das obere Niveau auf jeden Fall oberhalb
der äusseren Barriere; jetzt ist allerdings die innere Ionisation durch die zwischen den
Kernen aufgebaute Barriere erschwert.
• Daraus folgt“, daß es bei einem mittleren Kernabstand Rcrit ein Maximum in der
”
Ionisationswahrscheinlichkeit für den höhergelegenen Zustand gibt, wenn sowohl innere
als auch äussere Ionisation relativ leicht zu bewerkstelligen sind. Der numerische Wert
von Rcrit lässt sich ziemlich genau bestimmen, wenn man verlangt, daß das 1σ + -Niveau
gerade auf der inneren Barriere aufliegt [PFGC95]. In Abb. 4.1 ist diese Bedingung
für R ≈8 a.u. gerade erfüllt. Rcrit sollte also in diesem Fall bei etwa 8 a.u. liegen. Wie
wir gleich sehen werden, ist das in der Tat der Fall.
In einem komplett statischen und adiabatisch eingeschalteten Feld würde sich allerdings
die gesamte Population im 1σ− -Zustand befinden. Für eine nennenswerte Besetzung von
1σ + ist also eine gewisse Nichtadiabatizität erforderlich: die Laserfrequenz muss zumindest
so gross sein, daß die mittlere Zeit, die zum Übergang zwischen 1σ+ und 1σ− benötigt wird,
grösser ist als die halbe Laserperiode. Wir werden gleich anhand eines numerischen Beispiels
sehen, daß diese Bedingung für optische Frequenzen gut erfüllt ist.
Für Mehrelektronenmoleküle wie N2, I2 etc. findet man, daß der kritische Kernabstand relativ unabhängig ist vom Grad der Ionisierung; bei gleichem Kernabstand kann also sequentielle Mehrfachionisation stattfinden. Das liegt daran, daß zwar mit steigendem Ionisationsgrad
die Energieniveaus der noch zu ionisierenden Elektronen tiefer und tiefer liegen; allerdings
nimmt ja auch die Kernladung immer mehr zu, so daß der Potentialverlauf in Abb. 4.1 seine
Form kaum ändert, sondern lediglich als Ganzes zu tieferen Energien hin verschoben wird.
Damit bleibt natürlich auch der kritische Kernabstand ungefähr gleich.
26
4
Enhanced ionization“ in H2
”
Bandrauk und Mitarbeiter erweiterten das Konzept von enhanced ionization von diatomaren auch auf triatomare Moleküle, zunächst ebenfalls noch in linearer Konfiguration [YB97],
später auch in dreieckiger Anordnung [BR99, KKB01]. In beiden Fällen funktioniert der Mechanismus völlig analog zum diatomaren Fall; insbesondere liegt R crit wieder im Bereich von
7-10 a.u.. Vor allem durch das Vorhandensein von enhanced ionization im triangulären System ist somit der erste Schritt zum Cluster schon getan, da es offenbar nicht zwingend
notwendig ist, daß alle Kerne in einer Reihe liegen.
4.2
Enhanced ionization im Rahmen unseres
Clustermodells
Wir werden im Laufe dieser Arbeit zeigen, daß enhanced ionization auch für kleine Cluster
in starken Laserfeldern eine wichtige Rolle spielen kann. Da die Beschreibung dieser Cluster
mittels des im letzten Kapitel vorgestellten Clustermodells erfolgen wird, ist es zunächst
notwendig, sich davon zu überzeugen, daß dieses Modell im Fall von 1D-H 2+ , der noch ohne grossen Aufwand voll quantenmechanisch gerechnet werden kann, im Vergleich zu dem
Ergebnis einer solchen QM-Rechnung sinnvolle Resultate liefert, um später gerechtfertigterweise vom Wirken desselben Mechanismus in diesen unterschiedlichen Systemen sprechen
zu können.
Dazu wurde die zeitabhängige Schrödingergleichung
i
∂Ψ
= ĤΨ
∂t
(4.7)
mit dem Hamiltonian aus (4.1) numerisch gelöst und mit dem Ergebnis einer Rechnung
verglichen, für die das im vorigen Kapitel vorgestellte Clustermodell auf dieses lineare H 2+ System angewendet wurde. Die quantenmechanische Rechnung wurde dabei unter Verwendung der Split-Operator-Methode ([FFS82], siehe auch Anhang B) durchgeführt; damit kann
die zeitabhängige Schrödingergleichung auf einem Gitter gelöst werden. Durch Verwendung
von absorbing boundary conditions wurden die ionisierten Teile der Wellenfunktion an den
Rändern des Gitters abgesaugt, so daß der Verlust an Norm mit der Ionisationswahrscheinlichkeit gleichgesetzt werden kann. Für die semiklassische Rechnung wurde, dem bereits
vorgestellten Clustermodell entsprechend, das Elektron zu Beginn als virtuelles Teilchen
zufällig einem der beiden Kerne zugeordnet. Dieser Kern trägt dann insgesamt keine Ladung,
während der andere Kern einfach positiv geladen ist. Im Laufe der Rechnung wurde dann
instantan die Tunnel- bzw. over-the-barrier-Wahrscheinlichkeit für das Elektron aus dem
zeitabhängigen Gesamtpotential berechnet. Das Elektron kann also entweder a) die ganze
Zeit als virtuelles Teilchen bei einem Kern verharren, b) innerionisiert werden, aber dennoch, nun als klassisches Teilchen, im Molekül gefangen bleiben oder aber c) innerionisiert
werden und sofort oder auch zu einem späteren Zeitpunkt die äussere Barriere verlassen und
somit endgültig ionisiert werden. Durch Mittelung über ein Monte-Carlo-Ensemble konnte
so die semiklassische Ionisationswahrscheinlichkeit bei verschiedenen Kernradien bestimmt
werden.
In Abb. 4.2 ist der Vergleich dieser beiden Rechnungen gezeigt (die Pulsparameter sind
in der Bildunterschrift aufgelistet). Für die halbklassische Rechnung wurde dabei über 1000
Trajektorien gemittelt. Die Übereinstimmung ist erstaunlich gut; offenbar sind die wesentlichen Features des enhanced-ionization-Prozesses in unserem Modell enthalten. Im Prinzip
27
ements
4.2 Enhanced ionization im Rahmen unseres Clustermodells
0.8
QM
halbklassisch
Ionisationswsk.
0.6
0.4
0.2
0
0
5
10
15
20
R [a.u.]
Abbildung 4.2: Ionisation in H+
2 : Abhängigkeit vom interatomaren Abstand. Puls wie in
(3.11) mit ω = 0.055 a.u., F =0.04 a.u., T = 10 · 2π
ω
war das auch zu erwarten, wenn man bedenkt, daß sich die Lage von R crit mit halbklassischen Argumenten berechnet werden kann (man beachte, daß R crit in der Tat bei etwa 8
a.u. liegt, wie eben vorhergesagt). Wir können also erwarten, daß dieser Mechanismus, falls
er denn überhaupt für Cluster in starken Feldern eine Rolle spielt, durch unser Modell gut
beschrieben werden kann.
Zum besseren Verständnis der quantenmechanischen Ergebnisse haben wir noch die zeitabhängigen Aufenthaltswahrscheinlichkeiten in den Umgebungen der Kerne berechnet. Diese sind
(etwas willkürlich) definiert als
Z 0
Plinks (t) =
|Ψ(x; R, t)|2 dx
(4.8)
−2R
Z 2R
Prechts (t) =
|Ψ(x; R, t)|2 dx
(4.9)
0
Abb. 4.3 zeigt den zeitlichen Verlauf von P links und Prechts für zwei verschiedene Kernabstände: zum einen für den Grundzustandsabstand R = R0 = 2.86 a.u., zum anderen für
den kritischen Kernabstand R = Rcrit = 8 a.u.. Bei R = R0 oszillieren die Populationen
einfach mit dem angelegten Laserfeld, ohne dabei nennenswert zu ionisieren. Bei R = R crit
hingegen nimmt die Gesamtwahrscheinlichkeit im Laufe des Pulses, wie erwartet, stark ab.
Wichtig ist dabei, daß sich in beiden Fällen immer ein substantieller Anteil der Wellenfunktion im 1σ+ -Zustand, eine wichtige Voraussetzung für enhanced ionization. Dies liegt, wie
bereits diskutiert, daran, daß die Zeitskala für den Übergang von 1σ+ nach 1σ− grösser ist
als die halbe Laserperiode.
28
4
0.8
Plinks
Prechts
0.6
0.5
PSfrag replacements
0.4
0.3
0
500
1000
t [a.u.]
1500
2000
Wahrscheinlichkeit
replacements
Wahrscheinlichkeit
0.7
Enhanced ionization“ in H2
”
Plinks
Prechts
0.6
0.4
0.2
0
0
500
1000
1500
2000
t [a.u.]
Abbildung 4.3: Zeitabhängige Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bei einem der beiden Kerne
für zwei verschiedene Kernabstände
5
Enhanced ionization“ in kleinen
”
Edelgasclustern
In diesem Kapitel werden wir zeigen, daß der ursprünglich an diatomaren Molekülen entdeckte enhanced-ionization-Mechanismus auch für kleine Edelgascluster funktioniert. Dieser
Befund ist nicht ohne weiteres zu erwarten, schliesslich fehlt im Vergleich zum Molekül die
ausgezeichnete Richtung entlang des Relativvektors der beiden Kerne; ausserdem kommt
noch eine beträchtliche Anzahl von Elektronen ins Spiel, die das einfache Bild aus Abb.
4.1 in zunächst nicht mehr überschaubarer Weise zumindest verändern, wenn nicht ganz
zerstören.
So ist es denn auch nicht weiter verwunderlich, daß über die Möglichkeit von enhanced
ionization in kleinen Clustern bisher bestenfalls spekuliert wurde. In der vorliegenden Arbeit werden wir nun zum einen erstmals zeigen, daß dieser Mechanismus in der Tat für die
Existenz eines kritischen Clusterradiusses Rcrit ≥ Requil. sorgt, d.h. daß bei festgehaltenen
Kernen die Ionisationswahrscheinlichkeit bei einer bestimmten Clustergrösse maximal ist;
zum anderen wird sich herausstellen, daß der Effekt von R crit auch im Experiment beobachtet
werden kann, wenn die im Rahmen unserer numerischen Simulation gegebene Möglichkeit
des Einfrierens der Kernbewegung nicht mehr gegeben ist.
5.1
Enhanced ionization bei festgehaltenen Kernen
Wir wollen untersuchen, inwieweit sich der mittlere Kernabstand in einem kleinen Edelgascluster auf dessen Verhalten in einem kurzen, intensiven Laserpuls auswirkt. Zu diesem
Zweck skalieren wir die Grundzustandspositionen der N Atome gemäss
{~r1, ~r2 , . . . , ~rN } → {λ~r1 , λ~r2 , . . . , λ~rN } , 0.5 ≤ λ ≤ 5.0
(5.1)
und untersuchen dann Energieabsorption sowie Ionisation des Clusters bei verschiedenen,
aber jeweils festen Clusterradien. Als zum Kernabstand in einem diatomaren Molekül äquivalente Grösse verwenden wir in diesem Zusammenhang den in (3.13) definierten mittleren
Abstand R zwischen zwei Clusteratomen. Den Gleichgewichtsabstand bezeichnen wir dabei
mit R0 .
5.1.1
Verschiedene Elemente
Abgesehen von Heliumclustern, die sich aufgrund ihrer niedrigen Elektronenzahl von vornherein nicht zur Untersuchung der Entstehung hochgeladener Ionen im Laserfeld eignen,
werden wir uns im folgenden mit Neon-, Argon-, Krypton- und Xenonclustern beschäftigen.
Die für unser Modell wichtigen Elementeigenschaften sind in Tab. 5.1 aufgeführt.
30
5
Element
Atommasse
Elektronen
Erstes IP [eV]
Zweites IP [eV]
Drittes IP [eV]
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
Ne
20.18
10
21.56
40.96
63.45
Ar
39.99
18
15.76
27.63
40.74
Kr
83.80
36
14.0
24.36
36.95
Xe
131.3
54
12.13
21.21
32.12
Tabelle 5.1: Elementeigenschaften: Ne,Ar,Kr,Xe
40
Clusterladung
ω = 0.055 a.u.
ω = 0.11 a.u.
ω = 0.075 a.u.
30
20
PSfrag replacements
10
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.1: Ne16: Clusterladung als Funktion von R, normiert auf R 0 =5.6 a.u. Puls wie
in (3.11) mit F = 0.16 a.u., ω = 0.055, T = 20 2π
ω
Man beachte, wie die Energieniveaus von Neon über Argon und Krypton zu Xenon
immer höher liegen. Damit ist zu erwarten, daß die Ionisationsausbeuten mit der Atommasse
ansteigen.
Ne16
Ne16 hat ein R0 von ca. 5.6. a.u. In Abb. 5.1 ist gezeigt, wie die Ladung des skalierten
Clusters nach Einwirkung eines kurzen, intensiven Pulses von dessen mittlerem Kernabstand
abhängt.1 Dabei wurden drei verschiedene Frequenzen untersucht.
Es zeigt sich ein deutliches Maximum bei Rcrit > R0, und zwar bei allen drei Frequenzen.
Wichtig für den weiteren Verlauf dieser Arbeit wird sein, daß . . .
• a). . . sich die Lage des Maximums von Frequenz zu Frequenz kaum unterscheidet; dies
ist insbesondere wichtig, um einen eventuellen Plasmaeffekt ausschliessen zu können.
1
In dieser und allen folgenden Rechnungen wurde, soweit nicht anders angegeben, über ein Ensemble von
20 Clustern gemittelt.
5.1 Enhanced ionization bei festgehaltenen Kernen
31
4000
ω = 0.055 a.u.
ω = 0.11 a.u.
ω = 0.075 a.u.
abs. Energie [eV]
3000
PSfrag replacements
2000
1000
0
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.2: Absorbierte Energie als Funktion von R: Ne 16
Wir werden darauf später noch eingehen
• b). . . Rcrit grösser ist als R0 ; dadurch kann in einem Experiment, in dessen Verlauf der
Cluster fragmentiert, Rcrit auch tatsächlich durchlaufen werden. Wäre Rcrit < R0 , so
könnten dessen Auswirkungen nie experimentell beobachtet werden. 2
Die Ionisation des Clusters steigt mit der Frequenz an; das liegt daran, daß die bereits aus
dem Cluster befreiten Elektronen bei niedrigeren Frequenzen schneller die Umgebung des
Clusters verlassen als bei höheren Frequenzen. Die lässt sich aus der Bewegungsgleichung
eines freien Elektrons im Laserfeld f(t) ∼ sin(ωt) begründen:
mẍ = − sin(ωt)
1
1
sin(ωt) + (p(0) − )t + x(0)
→ x(t) =
2
mω
ω
(5.2)
(5.3)
Die Amplitude der Oszillationen des Elektrons im Feld ist also proportional zu ω12 . Somit
werden sich in höheren Frequenzen die bereits ionisierten Elektronen im Mittel länger in der
Clusterumgebung aufhalten und für erhöhte Feldionisationsraten sorgen.
W
Für R → ∞ wird der Limes isolierter Atome erreicht; ein Ne-Atom kann bei 10 15 cm
2 also praktisch nur einfach ionisiert werden; In der Tat ist aus entsprechenden Experimenten
bekannt, daß die Doppelionisationswahrscheinlichkeit von Neon bei dieser Intensität um
Grössenordnungen unterhalb der Einfachionisationswahrscheinlichkeit liegt. Es wird hier also noch einmal deutlich, wie die benachbarten Ladungsträger im Cluster Einfluss auf die
Ionisationswahrscheinlichkeiten nehmen.
Insgesamt wirkt sich allerdings der bereits erwähnte Lawineneffekt“ auf Ne16 noch nicht
”
so stark aus; insbesondere liegen die berechneten Clusterladungen noch weit unterhalb der
2
Zumindest ist uns keine Möglichkeit bekannt, einen Cluster kontrolliert kontraktieren zu können.
32
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
80
Clusterladung
ω = 0.055 a.u.
ω = 0.11 a.u.
ω = 0.075 a.u.
60
40
PSfrag replacements
20
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.3: Clusterladung als Funktion von R: Ar 16. Pulsparameter wie in Abb. 5.1
experimentellen Resultate, wie sie beispielsweise für grosse Xenoncluster erzielt wurden.
Dafür gibt es zwei Gründe: zum einen liegen die Energieniveaus in Neon deutlich höher als
in den schwereren Edelgasen, so daß also der Lawineneffekt schwerer in Gang zu setzen ist.
Zum anderen wird sich für grössere Cluster der Einfluss kooperativer Effekte verstärken,
bis schliesslich, für bereits sehr festkörperartige“ Cluster von einigen zehntausend Atomen,
”
sogar kollektive Effekte wie Plasmaresonanz eine Rolle spielen werden.
In Abb. 5.2 ist anstatt der Clusterladung die insgesamt vom Cluster absorbierte Energie
gezeigt (bei ansonstem identischem Setting). Ladung und absorbierte Energie zeigen also
im wesentlichen dasselbe Verhalten, nämlich einen optimalen Clusterradius Rcrit . Ein Unterschied besteht lediglich darin, daß Rcrit für die Energieaufnahme etwas kleiner ist als Rcrit
für die Clusterladung (bei ω = 0.11 a.u. fällt Rcrit sogar mit dem Gleichgewichtsabstand zusammen). Der Grund dafür ist in der Definition der insgesamt absorbierten Energie (3.12)
zu finden, in die auch die Coulombabstossung der Kerne eingeht, was für einen Shift zu
kleineren Clustergrössen hin sorgt.
Ar16
Das nächstschwerere Edelgas ist Argon; hier liegt R0 bereits bei 7.0 a.u., es stellt sich also
die Frage, ob durch die im Vergleich zu Neon durchweg höher liegenden Energieniveaus und
den somit zu erwartenden höheren Ionisationsgrad die Lage von Rcrit günstigstenfalls so
verändert wird, daß wieder Rcrit. >R0 gilt. Dies ist in der Tat der Fall, wie Abb. 5.3 entnommen werden kann. Man beachte, daß die Ergebnisse von Abb. 5.1 und Abb. 5.3 mit denselben
Laserparametern erhalten wurden. Für Argon kommt jetzt allerdings der Lawineneffekt voll
zum Tragen: obwohl im Falle isolierter Atome Argon nur etwa ein Elektron mehr verlieren
würde als Neon, liegt die durchschnittliche Ladung der Clusterionen für Argon für R=Rcrit.
und ω = 0.11 a.u. bei fast fünf, bei Neon jedoch nur knapp über zwei. Durch eine relativ
5.1 Enhanced ionization bei festgehaltenen Kernen
80
100
70
a)
b)
80
Clusterladung
Clusterladung
33
60
50
60
40
40
frag replacements
PSfrag replacements
30
0
1
2
3
4
5
20
R/R0
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.4: Clusterionisation bei festgehaltenen Kernen und ω = 0.055 a.u.: a)Kr 16;
b)Xe16
geringe Veränderung der Ausgangslage kann sich also der Ionisationsprozess in eine völlig
andere Richtung entwickeln. Weiterhin bestätigt sich auch für den Argoncluster der Trend,
daß bei höheren Frequenzen stärker absorbiert wird.
Kr16 und Xe16
Abbildung 5.4 zeigt die Clusterladung für Krypton bzw. Xenon bei festgehaltenen Kernen,
wieder dargestellt als Funktion des auf den Gleichgewichtszustands normierten mittleren
interatomaren Abstands. Der bereits für Argon zu sehende Trend setzt sich für die noch
schwereren und damit noch leichter zu ionisierenden Edelgase weiter fort: die Vergrösserung
des Gleichgewichtsabstandes wird mehr als wettgemacht durch die Verschiebung von R crit.
Die Ionisationsausbeute steigt mit der Atommasse weiter an, für Xe16 wird schliesslich ein
Clusteratom im Schnitt sechsfach ionisiert.
5.1.2
Unterschiedliche Clustergrössen
Nach der Untersuchung von enhanced ionization für verschiedene Edelgase wollen wir nun
eventuelle Auswirkungen der Clustergrösse auf den Mechanismus studieren.
Grössere Cluster: Ne20 , Ne25, Ne30
Wie im Fall von Ne16 haben wir auch für die grösseren Cluster den Ladungszustand und die
absorbierte Energie als Funktion des auf den Gleichgewichtsabstand normierten mittleren
Kernabstandes untersucht. Dieser Gleichgewichtsabstand ändert sich mit der Clustergrösse
nur sehr wenig: er variiert lediglich um 0.01 a.u. und liegt in allen untersuchten Neonclustern
bei etwa 5.7. a.u. Es wurde derselbe Puls wie bisher verwendet.
Wie Abb. 5.5 entnommen werden kann, zeigen die etwas grösseren Cluster Ne20, Ne25
und Ne30 kaum einen Unterschied zu Ne16, wenn die relevanten Observablen auf die Zahl der
Clusteratome normiert werden. Von einem Übergang zu wirklich kollektivem Verhalten ist
bei diesen Clustergrössen offenbar noch nichts zu sehen. Das war auch nicht unbedingt zu
34
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
PSfrag replacements
Ladung pro Atom
2
Ne16
Ne20
Ne25
Ne30
1.5
1
0.5
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.5: Durchschnittlicher Ladungszustand eines Clusteratoms für vier verschiedene
Clustergrössen: Neon
PSfrag replacements
abs. Energie pro Atom [eV]
300
Ne16
Ne20
Ne25
Ne30
200
100
0
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.6: Absorbierte Energie pro Clusteratom für vier verschiedene Clustergrössen:
Neon
5.1 Enhanced ionization bei festgehaltenen Kernen
35
erwarten: schliesslich ist aus klassischen Plasmasimulationen bekannt, daß für eine kollektive klassische Plasmaschwingung 3 grössenordnungsmässig mehr als hundert Atome benötigt
werden. Wenn wir uns also die Clusterphysik als Übergangsbereich zwischen Atom- und
Festkörperphysik vorstellen, befinden wir uns mit den hier betrachteten Clustergrössen noch
deutlich auf der atomaren Seite“.
”
Daß die Aufladung pro Atom bei den hier betrachteten Clustergrössen praktisch unabhängig
von der Zahl der Clusteratome ist4 , lässt den Schluss zu, daß am enhanced-ionizationMechanismus im wesentlichen nur die jeweils nächsten Nachbarn beteiligt sind; ansonsten
sollte sich die Effektivität des Ionisationsprozesses mit der Clustergrösse ändern. Die absorbierte Energie pro Atom hingegen hängt offenbar von der Clustergrösse ab. Dieser Effekt
lässt sich leicht erklären, wenn man sich überlegt, wie sich die potentielle Energie U eines
Clusters aus N Ionen mit einer Ladung pro Atom Z und einem Radius R ändert, wenn
ein weiteres Ion, ebenfalls mit Ladung Z, zum Cluster hinzugefügt wird. Wenn man dabei
annimmt, daß das neu hinzukommende Ion am Rand des Clusters angebaut“wird, so ist
”
NZ2
(5.4)
UN +1 = UN +
R
Ist 4/3πrs3 das Volumen pro Atom, so gilt R = N 1/3 rs und somit
N 2/3 Z 2
(5.5)
rs
Fasst man nun N als kontinuierliche Variable auf, so lässt sich obige Gleichung in eine
Differentialgleichung umschreiben:
UN +1 = UN +
dU
N 2/3Z 2
=
,
dN
rs
(5.6)
so daß schliesslich
U(N ) =
3 N 5/3 Z 2
5 rs
(5.7)
wird. Die potentielle Energie pro Atom muss also mit N 2/3 ansteigen, selbst wenn die Ladung
pro Atom unabhängig von N ist.
Geht man von Neon- zu Argonclustern über und untersucht wieder die Abhängigkeit der
durchschnittlichen Ladung und Energieabsorption pro Atom (Abb. 5.7 und 5.8), findet man
ebenfalls, daß sich die Effektivität des Ionisationsmechanismus im Bereich von Rcrit mit der
Clustergrösse kaum ändert; die pro Atom absorbierte Energie steigt hingegen aus den eben
dargelegten Gründen, wie bereits im Fall der Neoncluster gesehen, an. Während allerdings
die Neoncluster nur eine geringe Verschiebung des kritischen Clusterradius als Funktion
der Clustergrösse zeigten, wächst das Verhältnis von Rcrit zu R0 bei den Argonclustern
mit der Anzahl der Atome etwas stärker an. Dies liegt höchstwahrscheinlich daran, daß
die Energieniveaus eines Clusteratoms umso stärker abgesenkt werden, je mehr Ladung
in seiner Umgebung vorhanden ist. Wie man sich anhand von Abb. 4.1 leicht klarmacht,
führt eine Absenkung des Energieniveaus aber zu einer Vergrösserung von Rcrit . Bei den
höhergeladenen Argonatomen fällt dieser Effekt natürlich stärker ins Gewicht.
3
nicht zu verwechseln mit der Plasmonschwingung, die bereits für Metallcluster aus wenigen Atomen
auftreten kann; dazu später mehr
4
Für R → 0 konzentrieren sich allerdings die ionischen Ladungen letzlich in einem Punkt, so daß die
Ionisation grösserer Cluster in diesem Limes erschwert ist
36
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
PSfrag replacements
Ladung pro Atom
4
Ar16
Ar20
Ar25
Ar30
3
2
1
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.7: Durchschnittlicher Ladungszustand eines Clusteratoms für vier verschiedene
Clustergrössen: Argon
PSfrag replacements
abs. Energie pro Atom [eV]
800
Ar16
Ar20
Ar25
Ar30
600
400
200
0
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.8: Absorbierte Energie pro Clusteratom für vier verschiedene Clustergrössen:
Argon
5.1 Enhanced ionization bei festgehaltenen Kernen
37
Ne16
Ar16
50
100
PSfrag replacements
I1
I2
40
Clusterladung
Clusterladung
I1
I2
PSfrag replacements
30
20
10
0
1
2
3
4
R/R0
Ne16
5
80
60
40
20
0
1
2
Kr16
4
5
4
5
120
I1
I2
I1
I2
100
80
Clusterladung
Clusterladung
3
Xe16
100
PSfrag replacements
R/R0
PSfrag replacements
60
40
80
60
40
20
0
1
2
R/R0
3
4
Kr16
5
20
0
1
2
R/R0
3
Abbildung 5.9: Intensitätsabhängigkeit der statischen Ionisationsausbeute: I 1 = 8.99 ·
1014 W/cm2 , I2 = 2.19 · 1015 W/cm2. Die durchgezogenen Linien dienen der besseren Orientierung.
5.1.3
Veränderung der Laserintensität
Eine Veränderung der Laserintensität I im H+
2 -Fall, wenn nur ein Elektron zur Verfügung
steht, hat zur Folge, daß sich Rcrit vergrössert, wenn I kleiner wird, und verkleinert, wenn I
grösser wird (siehe Kapitel 4). Für Cluster wird die Situation allerdings dadurch verkompliziert, daß mit grösserem I tieferliegende Energieniveaus ionisiert werden können. Es ist also
a priori nicht klar, in welcher Weise (wenn überhaupt) sich die Lage von Rcrit verschieben
wird. Da wir uns im Laufe dieser Arbeit noch mit der Clusterexpansion aus dem Gleichgewichtszustand heraus beschäftigen werden, wäre es natürlich wünschenswert, wenn auch für
grössere Intensitäten Rcrit > R0 gelten würde.
Abb. 5.9 zeigt für Ne16, Ar16, Kr16 und Xe16 die statischen Ionisationsausbeuten bei der
bisher betrachteten Intensität von I1 = 8.99 · 1014 W/cm2, verglichen mit dem Resultat einer
Rechnung mit I2 = 2.19 · 1015 W/cm2 (in beiden Fällen wurde ein Puls der Form (3.11) mit
ω = 0.055 a.u. und 20 Zyklen Länge verwendet). In allen vier Fällen ist Rcrit > R0 , kann
also durch Expansion der Kerne erreicht werden. Die Lage von R crit verschiebt sich, wenn
38
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
Abbildung 5.10: N2 in kurzen, intensiven Laserpulsen: Abhängigkeit der Dissoziation von
der Elliptizität des Laser (aus [BKM99]
überhaupt, dann nur leicht zu kleineren Werten; durch die grosse Anzahl von Elektronen
ist offenbar die Geometrie des Problems nicht so sensitiv auf die Feldstärke des Lasers wie
im H+
2 -Fall.
5.1.4
Zirkulare Polarisation
In den bisher gezeigten Beispielen war der eingestrahlte Laserpuls linear polarisiert. Für zirkular polarisiertes Licht ist die einfache Erklärung von enhanced ionization anhand von Abb.
4.1 nicht direkt übertragbar, und in der Tat findet man experimentell für diatomare Moleküle
in zirkular polarisiertem Licht eine deutliche Abschwächung des Effekts gegenüber dem linear polarisierten Fall ([BKM99], siehe auch Abb. 5.10) Die hier beobachtete Verringerung der
Ionenausbeute lässt sich dadurch erklären, daß für ein lineares Molekül die Laserpolarisation
parallel zur Molekülachse liegen muss, um den enhanced-ionization-Mechanismus optimal
auszunutzen. Der Grad der Barrierenabsenkung in Laserrichtung wird schliesslich umso geringer, je grösser der Winkel zwischen Molekülachse und Laserfeld ist (demzufolge sollte der
Effekt bei linearer Polarisation senkrecht zur Molekülachse gänzlich verschwinden, wie auch
in [BR99] gezeigt wurde). Im Cluster existiert nun zunächst einmal keine Vorzugsrichtung,
jedenfalls dann nicht, wenn man in erster Näherung von sphärischer Symmetrie ausgeht.
Daher sollte sich der Ionisationsgrad beim Übergang von linearer zu zirkularer Polarisation,
wenn überhaupt, dann nur sehr wenig ändern.
Um diese Hypothese zu überprüfen, haben wir die Rechnungen des vorhergehenden Abschnitts noch einmal für zirkulare Polarisation durchgeführt. Dabei wurde die Feldstärke
des Lasers so gewählt, daß der Energiegehalt des Pulses beim Übergang von linearer zu
zirkularer Polarisation gleich blieb; wenn also
f(t) = F0 sin2 (π/T t) sin(ωt)
(5.8)
für den linearen Fall gilt, so ist
1
1
f(t) = F0 sin (π/T t) √ sin(ωt) + √ cos(ωt)
2
2
2
(5.9)
für den zirkular polarisierten Laser. Diese Definition entspricht auch der experimentellen
Vorgehensweise, bei der ein λ/2-Plättchen im Strahl eines linear polarisierten Lasers positioniert wird, um zirkular polarisiertes Licht zu erhalten. Dadurch wird die Feldstärke um
5.1 Enhanced ionization bei festgehaltenen Kernen
30
39
60
linear
zirkular
linear
zirkular
Sfrag replacements
50
Clusterladung
Clusterladung
25
20
PSfrag replacements
15
10
0
1
2
3
4
40
30
20
5
0
1
R/R0
4
5
100
linear
zirkular
linear
zirkular
Clusterladung
70
Clusterladung
3
R/R0
80
Sfrag replacements
2
60
50
40
PSfrag replacements
80
60
40
30
20
0
1
2
3
R/R0
4
5
20
0
1
2
3
4
5
R/R0
Abbildung 5.11: Vergleich der Clusterionisation in linear bzw. zirkular polarisierten Pulsen:
a) Ne16, b) Ar16, c) Kr16 und d) Xe16. Die durchgezogenen Linien dienen der besseren
Orientierung.
40
5
Prozess: Elektronbewegung
Zeitskala:
1 a.u.
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
Laserperiode
102 a.u.
Pulsdauer Kernexpansion
103 a.u.
103 a.u.
Tabelle 5.2: Verschiedene Zeitskalen bei der Laser-Cluster-Wechselwirkung
√
2 verringert.
In Abb. 5.11 ist die Clusterionisation in einem linear polarisierten Laserpuls im Vergleich
zu der in einem zirkular polarisierten Laserpuls für die vier Edelgascluster Ne16, Ar16, Kr16
und Xe16 gezeigt. In allen vier Fällen wird deutlich, daß im Clusterbereich“, d.h. für Kern”
abstände, welche kleiner sind als ca. der doppelte Gleichgewichtsabstand, in der Tat kaum
ein Unterschied in der Effektivität des linear polarisierten gegenüber dem zirkular polarisierten Licht besteht. Unsere These, daß sich in den in erster Näherung sphärisch symmetrischen
Clustern durch das Fehlen einer Vorzugsrichtung die Elliptizität des Lichtes nicht auswirken
sollte, ist also bestätigt worden. Im kritischen Bereich scheint darüberhinaus nicht so sehr
die Feldstärke, sondern vielmehr die Pulsenergie den Ionisationsgrad zu bestimmen. Für
grössere Ionenabstände nähern wir uns hingegen schon dem Limes getrennter Atome; hier
ist zu sehen, daß der linear polarisierte Laserstrahl zu stärkerer Ionisation führt als der zirkular polarisierte Strahl. Für einzelne Atome macht sich also die geringere Maximalfeldstärke
durchaus bemerkbar.
5.2
Enhanced ionization“ bei freier Kernexpansion
”
Bisher haben wir im Verlaufe des Laserpulses die Kerne festgehalten, um zunächst einmal
zu sehen, ob enhanced ionization“ für Cluster überhaupt existiert. Nun wollen wir uns die
”
Tatsache zunutze machen, daß für alle untersuchten Elemente und unter allen betrachteten
Bedingungen (Intensität, Clustergrösse etc.) R0 > Rcrit. galt, so daß der Mechanismus also
auch bei freier Kernexpansion eine Rolle spielen sollte. Schliesslich kann aufgrund der im
Vergleich zur elektronischen Bewegung viel grösseren Zeitskala der Kernexpansion davon
ausgegangen werden, daß eine adiabatische Betrachtung gerechtfertigt ist und ein Cluster
dann am besten ionisiert werden kann, wenn er sich im Verlaufe seiner Expansion gerade
bei Rcrit. befindet (in Abb. 5.2 ist das Verhältnis der relevanten Zeitskalen gezeigt).
Es stellt sich nun die Frage, wie das Wirken des Mechanismus bei freier Kernexpansion,
möglichst in experimentell nachvollziehbarer Weise, sichtbar gemacht werden kann. Da im
Prinzip der Einfluss der Kernbewegung auf die Ionisation untersucht werden soll, liegt es
nahe, über Veränderungen der Pulsdauer die Kernbewegung abzutasten; schliesslich liegen
Pulslänge und Kernexpansion auf der selben Zeitskala. In der Molekülphysik werden zur
Untersuchung von Einflüssen der Kernbewegung häufig sogenannte pump-probe-Pulse verwendet; dabei regt ein erster Puls die Dissoziation an, ein in variablem zeitlichem Abstand
folgender zweiter Puls frägt dann die zu untersuchende Moleküleigenschaft als Funktion des
Kernabstandes ab. In der vorliegenden Arbeit werden wir dagegen nur einen einzigen Puls
mit variabler Länge verwenden und die aufgenommene Energie sowie den Ionisationsgrad
als Funktion der Pulslänge und somit der Radialexpansion untersuchen.
Die verwendeten Pulse sollen allerdings energienormiert sein, daß heisst der Energiegehalt
5.2
Enhanced ionization“ bei freier Kernexpansion
”
41
zweier verschieden langer Pulse, definiert durch
E(T ) :=
Z
T
f 2 (t) dt
(5.10)
0
soll jeweils gleich sein. In der vorliegenden Arbeit verwenden wir durchgehend Pulse der
Form 3.11; deren Energiegehalt ist, bei maximaler Feldstärke F und Pulslänge T , gerade
E(T ) =
3F 2 T
,
16
(5.11)
ist also insbesondere nicht frequenzabhängig. Für den Referenzpuls wählten wir die bereits
für die stationären Rechnungen verwendeten Parameter: F = 0.16 a.u., ω = 0.055 a.u.,
T = 2284 a.u. (20 Zyklen). Kürzere Pulse haben also dementsprechend eine höhere maximale
Feldstärke, während längere Pulse über geringere Intensität verfügen.
5.2.1
Verschiedene Elemente
Ne16
Die Resultate für einen Ne16-Cluster sind in Abbildung 5.12 gezeigt5. Es wurden, wie schon
im statischen Fall, die absorbierte Energie und die Clusterladung als Observable gewählt.
Aufgetragen ist die Abhängigkeit dieser Grössen von der Pulslänge der energienormierten
Pulse.
Für den Neoncluster zeigen die Kurven noch keinen expliziten Hinweis auf die Wirkung von
enhanced ionization bei freier Kernexpansion. Die absorbierte Energie fällt mit steigender
Pulslänge monoton ab; die Clusterladung zeigt zwar ein Plateau zwischen T =2000 a.u. und
T =4000 a.u., von einer klaren Signatur von enhanced ionization kann jedoch nicht die Rede
sein. Da das Maximum in Abb. 5.2 und 5.1 allerdings auch nicht sehr stark ausgeprägt ist,
kann man schon vermuten, daß der Effekt erst für die schwereren Edelgase sichtbar werden
wird.
Ar16
Die Situation ändert sich bereits beim Übergang von Neon zu Argon, wie Abb. 5.13 entnommen werden kann: sowohl die absorbierte Energie als auch die Clusterladung zeigen
ein Maximum bei T ≈ 4000 a.u.; dabei ist das Maximum in der Clusterladung deutlich
stärker ausgeprägt. Das Auftreten eines Maximums in diesen Murven ist mittels enhanced
ionization wie folgt zu verstehen:
• Ist der Laserpuls sehr kurz, so hat der Cluster praktisch keine Zeit, sich auszudehnen,
wodurch Effekte der Radialexpansion noch nicht sichtbar werden können. Daraus resultiert ein Absinken der Ladung, wie sie auch ein einzelnes Atom in energienormierten
Laserpulsen zeigt (wir werden die Unterschiede zwischen Atom einerseits und Cluster
andererseits noch ausführlicher untersuchen).
5
In dieser und allen folgenden Abbildungen dienen die durchgezogenen Linien der besseren Orientierung;
die Ergebnisse unserer Rechnungen sind immer in diskreter Darstellung aufgetragen
42
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
50
40
15000
Clusterladung
abs. Energie [eV]
20000
10000
5000
PSfrag replacements
30
20
10
g replacements
0
0
2000
4000
abs.
6000
T [a.u.]
Energie
[eV]
8000
10000
0
0
2000
4000
6000
8000
10000
T [a.u.]
Abbildung 5.12: Energieaufnahme und Clusterladung von Ne 16 für energienormierte Pulse
variabler Länge
• In den immer länger werdenden Pulsen wird der Cluster dann nach und nach in den
Bereich des kritischen Radius hinein expandieren, bis für eine bestimmte Pulslänge
das Maximum des Pulses und das Erreichen von Rcrit. in etwa zusammenfallen. Diese
Situation führt zu optimaler Absorption.
• Für noch längere Pulse wird Rcrit zwar immer erreicht, aber mit immer schwächerer
Intensität. Dies erklärt den (langsamen) Abfall zu längeren Pulsen hin. Dabei muss
allerdings beachtet werden, daß durch den langsameren Intensitätsanstieg der langen
Pulse der Ionisationsprozess und somit auch die Clusterexpansion langsamer verläuft
als in den kürzeren Pulsen. Es kann somit einen ganzen Bereich von Pulslängen geben,
für die Pulsmaximum und Erreichen von Rcrit ungefähr zusammentreffen. Dadurch
eklärt sich die assymetrische Form des Maximums.
Das Maximum in der absobierten Energie ist aus zwei Gründen schwächer ausgeprägt
als das Maximum in der Clusterladung: zum einen fällt die Coulombabstossung der Kerne
bei kürzeren Pulsen stärker ins Gewicht als bei längeren, da bei letzteren die Kernabstände
zum Ende des Pulses grösser sind als bei ersteren. Zum anderen erhalten die Elektronen,
die aus dem Cluster heraus ionisiert worden sind, bei kürzeren Pulsen durch die aus der
Energienormierung resultierenden höheren Laserintensität mehr kinetische Energie als bei
längeren Pulsen.
Kr16
In Abb. 5.14 ist die Energieabsorption sowie die Clusterladung von Kr 16 zu sehen, unter ansonsten unveränderten Bedingungen. Wie aufgrund der schwächer gebundenen Elektronen
zu erwarten war, ergibt sich eine im Vergleich zum Ar16-Cluster wiederum erhöhte Aufladung. Dennoch ist die optimale Pulslänge mit ca. 7000 a.u. deutlich grösser als im Fall von
Ar16 (4000 a.u.), so daß offenbar die höhere Aufladung durch das grössere Atomgewicht
überkompensiert wird, was die Geschwindigkeit der Expansion betrifft. Die Abhängigkeit
der Expansionsgeschwindigkeit von diesen Clustergrössen wird in Abschnitt 5.3 noch näher
untersucht werden.
5.2
Enhanced ionization“ bei freier Kernexpansion
”
75
30000
Clusterladung
abs. Energie [eV]
40000
43
20000
10000
70
65
PSfrag replacements
60
abs. Energie
[eV]
15000
20000
55
PSfrag replacements
0
0
5000
10000
T [a.u.]
0
5000
10000
T [a.u.]
15000
20000
Abbildung 5.13: Energieaufnahme und Clusterladung von Ar 16 für energienormierte Pulse
variabler Länge
50000
40000
90
Clusterladung
absorbierte Energie [eV]
100
30000
20000
80
70
10000
PSfrag replacements
g replacements
0
0
10000
absorbierte
T[a.u]
20000 [eV]
Energie
60
0
10000
20000
T[a.u]
Abbildung 5.14: Energieaufnahme und Clusterladung von Kr 16 für energienormierte Pulse
variabler Länge
44
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
60000
110
40000
Clusterladung
absorbierte Energie [eV]
120
20000
PSfrag replacements
100
90
80
g replacements
0
0
10000
absorbierte
T[a.u]
20000 [eV]
Energie
70
0
10000
20000
T[a.u]
Abbildung 5.15: Energieaufnahme und Clusterladung von Xe 16 für energienormierte Pulse
variabler Länge
Xe16
Noch deutlicher wird der Effekt bei dem in Abbildung 5.15 abgebildeten Xe 16-Cluster. Der
Kontrast zwischen Minimum und Maximum der Clusteraufladung beträgt jetzt schon beinahe 40 Elektronen, was einem Unterschied von ∆Z = 2.5 pro Atom entspricht. Die dementsprechend höhere Coulombexplosionsenergie sorgt somit jetzt auch für ein deutlicher ausgeprägtes Maximum in der absorbierten Energie.
5.2.2
Unterschiedliche Clustergrössen
In Abschnitt 5.1.2 wurde bereits gezeigt, daß der enhanced-ionization-Mechanismus bei festgehaltenen Atomkernen auch für etwas grössere Cluster unverändert funktioniert. Wir wollen
nun auch für diese Cluster die freie Kernexpansion untersuchen.
Ne20,Ne25 und Ne30
Abb. 5.16 zeigt die Ergebnisse für Ne20, Ne25 und Ne30 (Gesamtclusterladung und Ladung
pro Atom); zum Vergleich ist auch der bereits vorgestellte Ne 16-Cluster noch einmal mit
aufgeführt. In der Gesamtclusterladung scheint sich bei den grösseren Clustern aus dem
Plateau ein Maximum zu entwickeln; dies ist jedoch teilweise durch den besseren Kontrast
aufgrund der höheren Anzahl an Atomen bedingt. Betrachtet man den Ionisationsgrad eines
einzelnen Clusteratoms, so ist das Verhalten, was die erreichten Ionisationsgrade angeht,
beinahe unabhängig von der Grösse des Clusters.
Allerdings wird die maximale Ionisation mit steigender Clustergrösse bei gerinfügig längeren
Pulsen erreicht. Da sich die Verhältnisse bei festgehaltenen Kernen als unabhängig von
der Clustergrösse erwiesen haben, muss also die Expansion der grösseren Cluster etwas
langsamer erfolgen als die der kleineren Cluster. Auf diesen Aspekt werden wir gleich noch
eingehen, wenn wir mittels eines einfachen Modells der Clusterexpansion genauere Aussagen
5.2
Enhanced ionization“ bei freier Kernexpansion
”
45
80
Ne16
Ne20
Ne25
Ne30
Clusterladung
60
40
20
PSfrag replacements
0
0
2000
4000
6000
8000
10000
T[a.u]
3
PSfrag replacements
Ladung pro Atom
Ne16
Ne20
Ne25
Ne30
2
1
Clusterladung
0
0
2000
4000
6000
8000
10000
T[a.u]
Abbildung 5.16: Clusterladung und Ladung pro Atom für Ne16, Ne20, Ne25 und Ne30
46
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
über den Zusammenhang zwischen der Expansionszeit und Grössen wie Clusterladung, masse und -grösse treffen können.
Ar20,Ar25 und Ar30
Das eben beschriebene Bild ändert sich auch nicht wesentlich, wenn wir grössere Argoncluster betrachten. In Abbildung 5.17 sind Gesamtladung sowie die Ladung pro Atom für
Ar20, Ar25, Ar30 und den bereits vorgestellten Ar16-Cluster gezeigt. Wieder zeigt sich, daß
die Ladung pro Atom im Bereich des enhanced-ionization-Maximums unabhängig von der
Clustergrösse ist; ebenso wie bei den Neonclustern steigt allerdings die optimale Pulslänge
mit der Clustergrösse an. Neu ist nun, daß im Bereich des Minimums die Aufladung pro
Atom mit der Clustergrösse abnimmt. Dies lässt sich wieder auf den Raumladungseffekt
zurückführen, der ja mit abnehmendem Clusterradius und zunehmender Clustergrösse an
Bedeutung gewinnt. So muß beispielsweise zur Ionisation eines weiteren Elektrons aus einem
Ar30-Cluster, dessen Atome im Schnitt bereits dreifach positiv geladen sind, eine höhere Barriere überwunden werden als bei der Ionisation aus einem Ar 16-Cluster mit durchschnittlich
vierfacher Atomladung.
Die mit abnehmender Clustergrösse zunehmende Aufladung in einem Bereich, in dem der
Cluster sich im gesamten Verlauf des Pulses praktisch noch in der Gleichgewichtskonfiguration befindet, lässt zusätzlich den Schluss zu, daß auch bei längeren Pulsen die Aufladung pro
Atom in der frühen Phase des Pulses für kleinere Cluster grösser sein wird als für grössere.
Dies trägt zusätzlich dazu bei, daß der kritische Radius von kleinen Cluster früher erreicht
wird als von grossen.
5.2.3
Veränderung der Energienormierung
In Abschnitt 5.1.3 haben wir gesehen, daß sich mit festgehaltenen Kernen bei höherer Pulsintensität wohl die Höhe, nicht aber die Position des enhanced-ionization-Peaks ändert
(zumindest nicht nennenswert). Wie wird sich nun eine Veränderung der Pulsnormierung
auf die Situation bei freier Kernexpansion auswirken?
Abb. 5.18 zeigt den Vergleich der Ionisationsausbeute bei zwei verschiedenen Energienormierungen. Während natürlich, wie im statischen Fall, eine höhere Pulsintensität generell
eine stärkere Ionisation zur Folge hat, ist zusätzlich die Position des Maximums (bzw. im
Fall von Ne16 des Plateaus) zu kürzeren Pulslängen hin verschoben. Dieses Verhalten ist
konsistent mit unserem Bild des Ionisationsprozesses: die höhere Aufladung bewirkt eine
schnellere Expansion, so daß Rcrit bereits mit kürzeren Pulsen in etwa im Pulsmaximum
erreicht werden kann. Die Struktur der Kurven bleibt aber, davon abgesehen, dieselbe.
5.2.4
Zirkulare Polarisation
Nachdem wir in Abschnitt 5.1.4 bereits gezeigt haben, daß der enhanced-ionization-Mechanismus bei festgehaltenen Kernen, anders als bei linearen Molekülen, relativ unabhängig von
der verwendeten Polarisation des Laserpulses ist, sollten sich bei freier Kernexpansion auch
bei der Ionisation durch einen zirkular polarisierten Puls ähnliche Resultate wie im vorangegangenen Abschnitt ergeben. Die Abbildung 5.19 zeigt den Vergleich zwischen den Rechnungen mit linearer Polarisation aus dem vorigen Abschnitt und den Resultaten, die sich
bei zirkularer Polarisation in Pulsen mit dem selben Energiegehalt ergeben (das bedeutet,
5.2
Enhanced ionization“ bei freier Kernexpansion
”
47
Ar16
140
Ar20
Ar25
Ar30
Clusterladung
120
100
80
PSfrag replacements
60
40
0
5000
10000
15000
10000
15000
T[a.u]
5
Ar16
Ar20
Ar25
PSfrag replacements
Ladung pro Atom
4.5
Ar30
4
3.5
Clusterladung
3
0
5000
T[a.u]
Abbildung 5.17: Clusterladung und Ladung pro Atom für Ar16, Ar20, Ar25 und Ar30
48
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
Ne16
Ar16
PSfrag replacements
120
I1
I2
60
Clusterladung
Clusterladung
80
I1
I2
100
PSfrag replacements
40
20
0
0
2000
4000
6000
8000
Ne
16
10000
80
60
40
0
5000
T
15000
20000
T
Xe16
Kr16
140
120
130
Clusterladung
I1
I2
Clusterladung
10000
100
PSfrag replacements
PSfrag replacements
80
I1
I2
120
110
100
90
80
70
60
0
5000
10000
T
15000
Kr
16
20000
60
0
5000
10000
15000
20000
T
Abbildung 5.18: Abhängigkeit der Ionisationsausbeute von der Pulsnormierung: I 1 = 8.99 ·
1014 W/cm2 , I2 = 2.19 · 1015 W/cm2 , jeweils bei 20 Zyklen Pulslänge und ω = 0.055 a.u.
5.2
Enhanced ionization“ bei freier Kernexpansion
”
50
49
80
linear
zirkular
Ne16
linear
zirkular
Ar16
40
g replacements
Clusterladung
Clusterladung
70
30
20
PSfrag replacements
10
0
0
2000
4000
6000
8000
60
50
40
10000
0
5000
T [a.u.]
10000
15000
T [a.u.]
130
100
linear
zirkular
Kr16
linear
zirkular
Xe16
120
Clusterladung
Clusterladung
90
80
70
g replacements
PSfrag replacements
110
100
90
80
60
70
50
0
5000
10000
T [a.u.]
15000
60
0
5000
10000
15000
T [a.u.]
Abbildung 5.19: Clusteraufladung in energienormierten Pulsen: Vergleich zwischen linearer
und zirkularer Polarisation
daß wie in Abschnitt
√ 5.1.4 die Peakfeldstärke bei gleicher Pulslänge im zirkularen Fall um
einen Faktor von 2 im Vergleich zum linearen Fall erniedrigt ist).
Wie nicht anders zu erwarten, ergibt sich qualitativ das gleiche Bild, wenn von linearer zu
zirkularer Polarisation übergegangen wird. Für Ne16 reicht der Kontrast für ein Maximum
wiederum nicht aus; der enhanced-ionization-Mechanismus wird von den Auswirkungen der
Energienormierung überlagert. Durch die niedrigere Peakintensität wird für zirkulare Polarisation nun schon für Pulslängen von etwa 6000 a.u. der Bereich erreicht, in dem die
Mehrzahl der Cluster in einem Monte-Carlo-Ensemble überhaupt nicht mehr ionisiert wird.
Für den Ar16-Cluster zeigt sich ein ähnlicher Effekt: auch wenn die durchschnittliche Atomladung bei einer Pulslänge von T = 12500 a.u. immer noch grösser als zwei ist, so ist doch
bereits deutlich zu erkennen, daß die Triggerfunktion des Lasers bei zirkularer Polarisation
ab etwa T = 10000 a.u. durch die schwächer werdende Intensität an Wirkung verliert. Kr16
und Xe16 hingegen werden, bedingt durch die höherliegenden Bindungsniveaus, auch bei den
längsten betrachteten Pulslängen bei zirkularer Polarisation immer noch beinahe genauso
stark ionisiert wie bei linearer Polarisation. Insgesamt lässt sich für alle vier betrachteten
Cluster sagen, daß der Unterschied in der Ionisationsausbeute beim Übergang von linearer
zu zirkularer Polarisation auch bei freier Kernexpansion deutlich geringer ausfällt als im
50
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
molekularen Fall [BKM99]. Wie bereits in Abschnitt 5.1.4 diskutiert, ist der Grund dafür
in der fehlenden Vorzugsrichtung im Cluster im Vergleich zum linearen Molekül zu suchen.
5.3
Ein einfaches Modell zur Clusterexpansion
In diesem Abschnitt wollen wir die Coulombexplosion kleiner Cluster mittels eines stark
vereinfachten Expansionsmodells beschreiben. Dadurch werden wir in der Lage sein, die
Abhängigkeit der optimalen Pulslänge von der Atommasse, der Clusteraufladung und der
Clustergrösse anzugeben.
Zu diesem Zweck muss zunächst der Expansionsprozess in zwei Abschnitte aufgeteilt werden: der erste Abschnitt ist die Zeitspanne vom Beginn des Pulses, also t = 0, bis zur
Innerionisation des ersten Elektrons. Wir wollen diesen Zeitpunkt im folgenden mit T 0 bezeichnen. Da unmittelbar nach der ersten Innerionisation auch die ersten Elektronen den
Cluster verlassen, kann T0 als Startzeitpunkt der Expansion angesehen werden. Die zweite
Phase beinhaltet dann die Expansion von T0 bis zum Erreichen des kritischen Clusterradius.
Diesen Zeitpunkt bezeichnen wir mit Tcrit, die reine Expansionszeit mit Texp . Es gilt also:
Tcrit = T0 + Texp
(5.12)
Der Zeitpunkt der ersten Ionisation hängt von der Pulslänge und vom betrachteten Element ab. Für ein einzelnes Atom ergibt sich die zeitabhängige Wahrscheinlichkeit, daß das
äusserste Elektron zum Zeitpunkt t noch nicht ionisiert ist, aus der feld- und energieniveauabhängigen Rate w(f(t), E1 ) als
Z t
0
0
Pneutral(t) = exp −
w(f(t ), E1 ) dt
(5.13)
0
Die Wahrscheinlichkeit, daß in einem Cluster aus N Atomen zum Zeitpunkt t noch kein
Elektron ionisiert worden ist, ist demzufolge
Cluster
Pneutral
(t) = [Pneutral (t)]N
(5.14)
Cluster
(t) = 21 ist. Durch
Für den Zeitpunkt T0 haben wir nun die Zeit t gewählt, für die Pneutral
Cluster
(t) praktisch eine Stufenfunktion, so daß
die exponentielle Abhängigkeit von N ist Pneutral
die explizite Wahl der Schwellenwahrscheinlichkeit unkritisch ist.
Mit t = T0 beginnt dann die Clusterexpansion, begleitet von einer Aufladung des Clusters
von Z = 0 auf Z = Zfinal. Wir nehmen nun an, daß die Ausdehnung vom Clusterradius
αZf inal
R = R0 zu R = Rcrit mit einer mittleren Ladung pro Atom von Z̄ = N
erfolgt (α gibt
damit also indirekt an, wie effektiv der enhanced-ionization-Mechanismus ist). Weiterhin
soll diese Expansion alleine durch die Coulombwechselwirkung der Kerne verursacht werden;
damit werden sowohl der Einfluss des Laserfeldes als auch der Elektronendynamik auf die
Kernexpansion vernachlässigt. Damit können wir also schreiben
N
X
1
i=1
2
MVi2 +
N
X
Z̄ 2
=E
~
~
R
−
R
j
(i6=j)=1 i
(5.15)
5.3 Ein einfaches Modell zur Clusterexpansion
51
Als weitere Näherung nehmen wir nun an, daß die Clusterexpansion homogen und isotrop
~ i (t) =
erfolgt und durch einen allen Ionen gemeinsamen Expansionsparameter λ(t) mit R
~ i (0) beschrieben werden kann. Man erhält somit
λ(t)R
N
X
1
i=1
2
M Vi2 (t)
+
N
X
Z̄ 2
2
N
X
1
= λ̇ (t)
~
2
~
R
(t)
−
R
(t)
i=1
i
j
(i6=j)=1
=
Definiert man nun
T0 :=
N
X
1
i=1
2
M R2i (0)
M R2i (0)
N
X
N
Z̄ 2
1 X
+
~
λ(t)
~
R
(0)
−
R
(0)
i
j
(i6=j)=1
Z̄ 2
~
~
(i6=j)=1 Ri (0) − Rj (0)
und V0 :=
N
X
Z̄ 2
~
~
R
(0)
−
R
(0)
i
j
(i6=j)=1
(5.16)
(5.17)
so ergibt sich die folgende Differentialgleichung für λ(t):
dλ(t)
=
dt
1/2
1
V0
,
1−
λ(t) T0
(5.18)
die durch Trennung der Variablen gelöst werden kann und einen Ausdruck für Texp ergibt:
r h
√
√ iλ
T0 p
Texp =
x(x − 1) + log x − 1 + x
(5.19)
V0
x=1
Das Verhältnis T0/V0 stellt dabei so etwas wie eine Zeitskala eines Clusters für die Expansion
dar. Ersetzt man in der Summe über die Potentialterme in V0 die Abstände zweier Ionen
~ i (0) − R
~ j (0)| näherungsweise durch den Clusterradius R6 , so lässt sich angeben, wie diese
|R
Zeitskala von den Kenngrössen“ eines Clusters abhängt:
”
M R3
T0
(5.20)
≈
V0
(N − 1)Z̄ 2
Daraus lässt sich nun beispielsweise ablesen, wie sich der Expansionsprozess ändert, wenn,
bei gleicher Atomsorte, die Anzahl N der Atome eines CLusters verändert wird: ist VAtom =
4
πrs3 das Volumen, das ein Atom im Cluster einnimmt, so gilt R3 = Nrs3 . Die Zeitskala der
3
Expansion wird somit durch den Faktor N/(N −1) bestimmt, hängt also nur schwach von N
ab. Daß, wie in Abb. 5.17 zu sehen, die optimale Pulslänge dennoch mit der Clustergrösse
zunimmt, liegt also nicht am Expansionsprozess, sondern daran, daß das Verhältnis von
optimalem zu Gleichgewichtsradius für grössere Cluster ansteigt (siehe Abb. 5.7).
5.3.1
Skalierung der optimalen Pulslänge
Mittels Gl. (5.19) lässt sich nun eine Beziehung zwischen den optimalen Pulslängen für
verschiedene Cluster aufstellen, wenn man zusätzlich zu den bereits gemachten Näherungen
noch die folgenden Annahmen macht: der Faktor α, der das Verhältnis der mittleren Ladung
6
Diese Näherung wäre exakt, wenn sich die Ionen alle an der Oberfläche des Clusters befinden würden
52
5
Ar16
Ar20
Ar25
Ar40
Kr16
Xe16
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
λ
1.25
1.3
1.35
1.4
1.35
1.4
Zf inal
75
95
115
140
90
110
Tabelle 5.3: Expansionsparameter und Clusteraufladung zur Berechnung der optimalen
Pulslänge
pro Atom vor Erreichen des kritischen Radius (Z̄) und der Atomladung nach Abklingen des
Pulses (Zf inal /N) darstellt, ist für alle betrachteten Cluster derselbe. Falls diese Hypothese
zuträfe, würde 1 − α also so etwas wie einen universellen Wirkungsgrad des enhancedionization-Mechanismus darstellen. Ausserdem soll die optimale Pulslänge Tmax dadurch
definiert sein, daß der kritische Radius Rcrit gerade im Pulsmaximum erreicht wird. Es gilt
also Tcrit = Tmax/2.
Zur Überprüfung dieser Annahme stellen wir Gl. (5.19) wie folgt um:
s
T0
N f(λ)
(5.21)
Texp = Tcrit − T0 =
αZf inal V0 (Z = 1)
mit
f(λ) :=
hp
x(x − 1) + log
√
√ iλ
x−1+ x
x=1
(5.22)
Ist α nun für alle Cluster gleich, so muss es also nur einmal aus den abgelesenen Daten
eines Referenzclusters bestimmt werden und sollte dann Vorhersagen über den Wert der
kritischen Pulslänge für alle anderen Cluster machen. Wir haben Ar16 als diesen Referenzcluster gewählt und erhielten anhand der Daten aus den Abb. 5.3 und 5.13 einen Wert von
α = 0.36 (siehe Tab. 5.3). Daraus wurden dann gemäß Gl. (5.21) die optimalen Pulslängen
für fünf andere Cluster berechnet. Das Ergebnis ist in Abb. 5.20 dargestellt, zusammen mit
den bereits in den Abschnitten 5.2.1 und 5.2.2 gezeigten Resultaten. Zur besseren Vergleichbarkeit der Kurven wurden dabei die y-Achse für Kr16 und Xe16 um einen konstanten Faktor
geshiftet.
Die Lagen der Maxima für die anderen Cluster werden offenbar durch dieses einfache Coulombexplosionsmodell gut wiedergegeben. Die von uns gemachten Näherungen können damit
als sinnvoll angesehen werden; insbesondere ist α in der Tat clusterunabhängig. Somit haben
wir mit Gl. (5.21) einen allgemeinen analytischen Ausdruck zur Hand, der angibt, welche
Faktoren in die Expansion eines kleinen Edelgasclusters eingehen und wie diese Faktoren
miteinander in Beziehung stehen.
5.4
Pulslängenvariationen mit kleinen Metallclustern
Wir haben in den letzten Abschnitten gezeigt, wie sich für kleine Edelgascluster das Auftreten einer optimalen Pulslänge (bei energienormierten Pulsen) mit der Existenz eines kritischen Clusterradius in Verbindung bringen lässt. Interessanterweise wurde ein zu unseren
5.4 Pulslängenvariationen mit kleinen Metallclustern
53
Clusterladung (arb. units)
200
PSfrag replacements
150
100
50
0
5000
10000
15000
T (a.u.)
Abbildung 5.20: Vorhersagen von Gl. (5.21) im Vergleich mit den numerischen Resultaten
(von unten nach oben: Ar16, Ar20, Ar25, Ar30, Kr16, Xe16; schräg vertikal verlaufende Linie:
Vorhersage der Lage von Tmax gemäß Gl. (5.21))
numerischen Experimenten beinahe völlig analoges reales Experiment bereits durchgeführt,
allerdings nicht mit Edelgas-, sondern mit Metallclustern [KSK + 99]. Auch die erhaltenen
Resultate sind den unseren sehr ähnlich, allerdings wird zu ihrer Interpretation ein völlig
anderes Modell herangezogen: die Plasmontheorie. Im folgenden werden wir das Experiment
zunächst kurz erläutern und dann die vorgeschlagene Erklärung der Resultate einer näheren
Untersuchung unterziehen.
5.4.1
Experimentelle Resultate
Bei dem Experiment von Koeller et. al. [KSK+ 99] wurden kleine Platincluster intensiven
Laserpulsen unterschiedlicher Länge ausgesetzt. Die verwendete Clusterquelle lässt keine
genaue Massenselektion zu; man kann lediglich eine ungefähre Grössenverteilung der Cluster angeben, deren Maximum bei ungefähr 20 Atomen liegt und die, laut Koeller et.al.,
nicht über 100 Atome hinaus reichen soll. Das verwendete Ti:sapphire-Lasersystem arbeitet
bei einer Wellenlänge von 800 nm, was einer Frequenz von ω = 0.057 a.u. entspricht. Die
Pulslänge lässt sich von ca. 140 fs bis etwa 1 ps
wobei der Gesamtenergiegehalt
R variieren,
2
der Pulse immer gleich bleibt (es ist also auch f (t) dt = const.).
Mittels eines time-of-flight-Massenspektrometers konnten die entstehenden Fragmente hinsichtlich Ladung und Masse analysiert werden. Dabei konnte zunächst eine stark verbesserte
Energieabsorption der Cluster im Vergleich zum Einzelatom beobachtet werden: während
ein einzelnes Pt-Atom in einem 600-fs-Puls mit I = 2 × 10 15 W/cm2 maximal vierfach ionisiert werden konnte, wurden im Clusterexperiment bis zu zwanzigfach geladene Pt-Ionen
gemessen. Eine Veränderung der Pulslänge ergab dann das in Abb. 5.21 gezeigte Resul-
54
5
Enhanced ionization“ in kleinen Edelgasclustern
”
Abbildung 5.21: Die maximalen beobachteten Ladungszustände von PtN + -Ionen in
Abhängigkeit von Pulsenergie und -dauer (aus [KSK + 99])
tat: für alle verwendeten Pulsenergien erhielt man maximale Ionisation bei einer Pulslänge
von ca. 600 fs. Dieser experimentelle Befund stimmt qualitativ völlig mit unseren Ergebnissen an kleinen Edelgasclustern überein; leider können unsere Resultate aber aus dem
folgenden Grund nicht direkt auf Metallcluster übertragen werden: in unserem Modell wird
davon ausgegangen, daß die noch gebundenen Elektronen gut bei ihren jeweiligen Atomen
lokalisiert sind. Dies ist für die Valenzelektronen eines Metallclusters nicht mehr der Fall.
Dichtefunktionalrechnungen zeigen vielmehr, daß sich diese Elektronen im Metallcluster vor
dem Hintergrund einer homogenen positiven Ladungsverteilung quasifrei bewegen können.
Dies führt zu einer kollektiven Resonanz der Clusterelektronen, der sogenannten Plasmonresonanz [dH93, Bra93]. Sie liegt für einen Cluster aus N Atomen mit Radius R bei
s
N
ωP lasmon =
,
(5.23)
(R + δ)3
wobei das Auftreten von δ der Tatsache Rechnung trägt, daß die Schwingung der Elektronen
etwas über den eigentlich Clusterradius hinausführen kann. Die Plasmonfrequenz liegt, je
nach Clustergrösse und Metallsorte, bei ca. 3 − 5 eV; sie bestimmt für Laser mit geringer
Intensität das Absorptionsverhalten eines Metallclusters fast vollständig.
Dieses Absorptionsverhalten wird durch Dichtefunktionalrechnungen (DFT), welche nur die
Valenzelektronen explizit berücksichtigen, für Intensitäten I < 1013 W/cm2 gut reproduziert (einige Beispiele finden sich in [dH93, Bra93, Hab94]). Bei grösseren Intensitäten sind
die schwach gebundenen Valenzelektronen praktisch sofort ionisiert, und die Innerschalenelektronen müssten berücksichtigt werden, was momentan in einer DFT-Rechnung noch zu
aufwändig ist.
Dennoch wird in [KSK+ 99] das Auftreten einer optimalen Pulslänge mit der Plasmonresonanz erklärt. Abb. 5.22 zeigt, wie sich ωP lasmon durch die Expansion des Clusters rotver-
5.4 Pulslängenvariationen mit kleinen Metallclustern
55
Abbildung 5.22: Zeitabhängige Plasmonresonanz, aus [KSK+ 99]
schieben und nach einer gewissen Zeit mit der eingestrahlten Laserfrequenz zusammenfallen
würde. Dadurch wird ebenfalls ein Rcrit definiert, und ein Puls, dessen Maximum ungefähr
mit dem Erreichen der kritischen Clustergrösse zusammenfallt, sorgt dann für erhöhte Ionisation, völlig analog zu unseren Rechnungen für die Edelgascluster.
Diese Argumentation weist allerdings unserer Ansicht nach den folgenden Fehler auf: für das
Vorhandensein einer Plasmonresonanz dürfen die Valenzelektronen den Cluster noch nicht
verlassen haben. Andererseits müssen aber die Valenzelektronen ionisiert werden, um die
Expansion des Clusters und damit das Erreichen der Plasmonresonanz überhaupt erst zu
ermöglichen. Dies wird bei den verwendeten Intensitäten von I > 1015 W/cm2 auch bereits
in der ansteigenden Flanke des Pulses passieren. Sind die Valenzelektronen aber erst einmal
ionisiert, sollte sich ein Metallcluster nicht mehr wesentlich von einem Edelgascluster unterscheiden, so daß die Erklärung der experimentellen Resultate mittels enhanced ionization
schlüssig erscheint.7
7
Daß der in [KSK+ 99] vorgeschlagene Mechanismus prinzipiell funktioniert, wurde übrigens in [RS01]
in einer DFT-Rechnung für einen Na+
9 -Cluster gezeigt; allerdings betrug die Laserintensität dort lediglich
1011W/cm2 , also 4 Grössenordnungen weniger als in [KSK+ 99].
Teil II
Anwendungen Bohmscher Mechanik
in der Atomphysik
6
Einführung
Im zweiten Teil dieser Arbeit beschäftigen wir uns mit der Anwendung der Bohmschen
Mechanik auf die Untersuchung atomphysikalischer Prozesse. Wir werden zeigen, wie diese
alternative Formulierung der Quantenmechanik benutzt werden kann, um Reaktionsmechanismen detailliert zu beleuchten.
Die Bohmsche Mechanik wurde 1952 von David Bohm formuliert [Boh52a, Boh52b], in mathematischer Ausarbeitung einer physikalischen Idee, die bereits 1927 von Louis de Broglie
vorgebracht wurde ( de Brogliesche Führungswellen“). Es handelt sich bei ihr um eine alter”
native Formulierung der Quantenmechanik, die deren statistische Vorhersagen unverändert
lässt, aber auf dem individuellen Niveau durchaus Unterschiede zur orthodoxen Interpretation Kopenhagener Schule aufweist. Ziel der Bohmschen Mechanik (BM) war es ursprünglich,
der üblichen Ansicht, daß Resultate erst durch Messungen erzeugt werden und von daher
die Annahme einer physikalischen Welt unabhängig vom Beobachter sinnlos ist, eine Alternative entgegenzustellen. In der BM haben quantenmechanisch zu behandelnde Teilchen
wie z.B. Elektronen zu jedem Zeitpunkt einen genau definierten Ort und Impuls; Messungen
ändern zwar die Teilchentrajektorien, doch man muss nicht erst eine Messung vornehmen,
um einem Teilchen einen definitiven Ort zusprechen zu können. Sämtliche quantenmechanischen Effekte werden durch ein sogenanntes Quantenpotential verursacht, welches durch
die Form der Wellenfunktion hervorgerufen wird. Die Wellenfunktion hat in der BM also
nicht die überragende Bedeutung wie in der üblichen QM-Formulierung in dem Sinn, daß
in ihr alle Information enthalten ist, die man prinzipiell über ein System erlangen kann;
stattdessen wird sie zu einer physikalisch agierenden Grösse, die, ähnlich wie beispielsweise
ein elektromagnetisches Feld, die Trajektorien der betrachteten Teilchen beeinflusst und so
zu Effekten wie Interferenz, Tunneln, Nichtlokalität etc. führt.
Es braucht wohl nicht erwähnt zu werden, daß sich die Diskussion über die Bohmsche Mechanik, so sie denn überhaupt stattfand, bisher hauptsächlich mit eher philosophischen Fragen
befasste. In dieser Arbeit wollen wir weitere Beiträge zu diesem Thema soweit als möglich
vermeiden und statt dessen zeigen, wie die BM als Werkzeug verwendet werden kann, um
mit ihrer Hilfe Aussagen über physikalische Prozesse zu machen. Es sei an dieser Stelle
ausdrücklich betont, daß alle erlangten Resultate unabhängig davon sind, ob die BM nun
richtig“oder falsch“in interpretatorischer Hinsicht ist. Wir verwenden die BM lediglich
”
”
als mathematisch zum üblichen Schrödingerformalismus absolut äquivalente Theorie, die es,
im Gegensatz zur üblichen Betrachtung der Wellenfunktion als Ganzes, erlaubt, den Weg
einzelner Bestandteile der Wellenfunktion in der zeitlichen Entwicklung beobachten und
somit verfolgen zu können, in welcher Weise sich die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen
eines bestimmten Endresultates im Laufe der Zeit aufbaut. Dieser eher pragmatische Zugang zur BM ist erst in jüngster Zeit etwas häufiger gewählt worden [NW01, Wya99, LW99],
dort unter dem Gesichtspunkt einer Alternative zu bereits existierenden Techniken, um die
zeitabhängige Schrödingergleichung zu lösen. Hierin liegt sicherlich ein grosses Potential der
60
6 Einführung
BM: während sich beispielsweise die Untersuchung differentieller Querschnitte in Mehrelektronensystemen mit konventionellen Methoden mangels Vorhandensein der exakten Endzustandswellenfunktionen im Allgemeinen schwierig gestaltet, könnten mit einer effektiven
BM-Propagationstechnik, ganz analog zur experimentellen Situation, einfach die Anzahl an
Bohmschen Teilchen gezählt werden, die beispielsweise in ein bestimmtes Raumwinkelelement mit einer gewissen Energie gestreut werden. Hier sind, weitere Fortschritte auf der
algorithmischen wie auf der Computerhardwareseite vorausgesetzt, sicherlich interessante
Entwicklungen zu erwarten.
Wir werden in den anschliessenden Kapiteln nun zunächst eine kurze Einführung in die
Bohmsche Mechanik geben, um anschliessend deren Anwendung auf zwei quantenmechanische Modellsysteme zu untersuchen. Die Einführung ist weitestgehend in knapper Form
gehalten; für weitergehende Ausführungen zu den eher formalen Aspekten sei der Leser z.B.
auf [Hol93] oder [Due01] verwiesen. Grundlegende Überlegungen zur Interpretation der BM
bzw. QM finden sich in [Boh93] und [Bel87].
7
Kurze Einführung in die Bohmsche
Mechanik
In diesem Kapitel wollen wir in aller Kürze in die Bohmsche Formulierung der nichtrelativistischen Quantenmechanik einführen. Wie bereits erwähnt, wollen wir uns dabei aller
philosophischen Fragen weitestgehend enthalten und unser Augenmerk rein auf die formalmathematischen Gesichtspunkte richten. Die Grundlagen der Hamilton-Jacobi-Theorie, die
zum Verständnis der Bohmschen Theorie benötigt werden, sind in Anhang A zusammengestellt.
7.1
7.1.1
Die Bohmschen Bewegungsgleichungen
Der Einteilchenfall
Wir gehen aus von der nichtrelativistischen Schrödingergleichung1
∂Ψ(~r)
h̄2
ih̄
= −
∆ + V (~r ) Ψ(~r)
∂t
2m
(7.1)
Dabei interessiert uns zunächst nur der Einteilchenfall; die Mehrteilchentheorie ergibt sich
daraus ohne weitere Komplikationen.
Schreibt man die Wellenfunktion Ψ in der Form
Ψ = R exp(iS/h̄)
(7.2)
und setzt (7.2) in (7.1) ein, erhält man nach der Aufspaltung in Real- und Imaginärteil das
folgende gekoppelte Paar von Gleichungen:
~ 2
~ 2R
h̄2 ∇
∂S (∇S)
+
−
+V =0
∂t
2m
2m R
!
~
∂R2 ~
R2 ∇S
+∇·
=0
∂t
m
(7.3)
(7.4)
Gl. (7.3) und (7.4) sind die Bohmschen Gleichungen für die Amplitude R und die Phase
S. Man erkennt leicht, daß Gl. (7.3) von der Form (A.18), also einer Hamilton-JacobiGleichung, und Gl. (7.4) von der Form (A.22), also der einer Kontinuitätsgleichung, ist. Der
1
In diesem Abschnitt werden h̄ und m in der Notation berücksichtigt, um auch auf den Übergang zur
klassischen Mechanik (bewerkstelligt durch h̄ → 0) eingehen zu können.
62
7 Kurze Einführung in die Bohmsche Mechanik
einzige Unterschied besteht im Auftreten eines zusätzlichen Terms
Q=−
~ 2R
h̄2 ∇
2m R
(7.5)
in Gleichung (7.3). Die Bewegungsgleichungen für eine einzelne Trajektorie erhält man,
~ auf (7.3) anwendet. Das ergibt
indem man zunächst den Operator ∇
~ · ∇]
~ ∇S
~ = −∇(V
~
[∂/∂t + (1/m)∇S
+ Q)
(7.6)
~
~ resultiert schliesslich
Wegen ~r˙ = ∇S/m
und d/dt = ∂/∂t + ~r˙ · ∇
d
~
(m~r˙) = −∇(V
+ Q).
dt
(7.7)
Es liegt nun nahe, Q als Zusatzpotential aufzufassen, welches zusätzlich zum klassischen
Potential V (~r) wirkt. Von Bohm wurde für Q der Begriff Quantenpotential“ geprägt. Da
”
das Auftreten dieses Potentials der einzige Unterschied zwischen den klassischen HamiltonJacobi-Gleichungen und deren quantenmechanischem Gegenstück ist, muss es offenbar für
alle Quanteneffekte, die in der nichtrelativistischen Theorie auftreten, verantwortlich sein
(Interferenz, Energiequantisierung, Unschärferelation etc.). Es würde den Rahmen dieser
Arbeit bei weitem sprengen, auf diese natürlich hochinteressanten Aspekte einzugehen; der
Leser sei hier einmal mehr auf die Literatur verwiesen, insbesondere auf das Buch von P.
Holland, The quantum theory of motion“ [Hol93].
”
Die Bohmsche Theorie sieht also, im Gegensatz zur orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik, die vollständige Kenntnis der Wellenfunktion eines Systems nicht als die maximale
Information, die man über dieses System erlangen kann, an; sie ermöglicht es, von Trajektorien zu sprechen, die völlig deterministischen Bewegungsgleichungen folgen (wohingegen
in anderen mikroskopischen Ansätzen wie z.B. der Nelsonschen Stochastischen Mechanik
[Nel66] ein nichtdeterministischer Term in den Bewegungsgleichungen auftritt). Sie ist somit eine hidden variable theory2; gleichzeitig aber trifft sie exakt die gleichen statistischen
Aussagen wie die orthodoxe Quantenmechanik, da die Dichteverteilung ja in beiden Fällen
identisch ist. Es ist eine immer noch weit verbreitete Fehlinformation, daß eine solche Theorie nach einem Theorem von J. von Neumann [vN32] prinzipiell unmöglich sei; dies ist
offenbar nicht der Fall, wie durch die Existenz der Bohm-Theorie gezeigt ist. Vielmehr verwendete von Neumann für seinen Beweis die Annahme, daß für zwei Operatoren  und B̂
die Eigenwerte additiv sind, d.h., wenn a Eigenwert zu  und b Eigenwert zu B̂ ist, soll auch
a + b Eigenwert zu Ĉ = Â + B̂ sein. Dies ist jedoch nur für kommutierende Operatoren mit
[Â, B̂] = 0 der Fall; von Neumann hat somit (erstaunlicherweise) einen ganz wesentlichen
Grundzug der Quantenmechanik in seinem Beweis nicht berücksichtigt.
Auch die Bellschen Ungleichungen [Bel87] besagen nicht, daß eine hidden variable theory
nicht existieren kann; durch ihre experimentelle Verifikation wurde lediglich gezeigt, daß die
Quantenmechanik nicht durch eine lokale hidden variable theory beschrieben werden kann.
Die Bohmsche Theorie ist aber nichtlokal, wie wir bei der Behandlung des Mehrteilchenfalls
gleich sehen werden.
2
Wenngleich J.S. Bell mit dem folgenden Satz sicherlich nicht unrecht hat: The most hidden of all
variables in the pilot wave picture is the wavefunction, which manifests itself only by its influence on the
complementary variables (aus: J.S. Bell, Speakable and unspeakable in quantum mechanics, S. 202)
7.1 Die Bohmschen Bewegungsgleichungen
63
Unterschiede zwischen der orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik und der Bohmschen Version treten allerdings auf, wenn man die Vorhersagen bezüglich individueller Ereignisse, z.B. hinsichtlich der Korrelationen zweier verschränkter Elektronen in speziell angeordneten Experimenten, miteinander vergleicht. So wurde beispielsweise ein modifiziertes
Doppelspaltexperiment mit einem Elektronenpaar vorgeschlagen [GA01], in welchem Unterschiede zur Standard-QM auf der individuellen Ebene“ auftreten sollten. Von daher wird
”
wohl schon bald experimentell entschieden werden können, ob den Bohmschen Teilchen
tatsächlich eine reale Existenz zugebilligt werden kann oder ob sie als bloße mathematische
Konstrukte zu betrachten sind.
Eigenschaften der Bohmschen Bewegungsgleichungen
Wir wollen kurz die für die Anwendung wichtigsten Eigenschaften der Bohmschen Gleichungen (7.3,7.4) zusammenfassen:
• Ein physikalisches System besteht aus den entsprechenden klassischen Teilchen und der
Wellenfunktion, die über das Quantenpotential Einfluss auf die zeitliche Entwicklung
des Systems nimmt. Somit wird der Welle-Teilchen-Dualismus aufgelöst.
• Die Bohmschen Gleichungen sind, im Gegensatz zu den Newtonschen Bewegungsgleichungen, von erster Ordnung in der Zeitvariablen. Von daher können sich zwei
Bohmsche Teilchen nicht gleichzeitig am selben Ort befinden, d.h. ihre Trajektorien
dürfen sich nicht schneiden.
• Über das Quantenpotential findet eine Wechselwirkung zwischen den Ensemblemitgliedern statt; eine Eigenschaft, welche die klassische (Liouvillesche) Ensembleformulierung nicht aufweist.
• Q hängt nicht vom Betrag der Wellenfunktion ab, sondern nur von deren Krümmung
(es ist invariant unter der Transformation Ψ → λΨ)
• Formal besitzt Q eine Singularität bei R = 0; für die praktische Anwendung der
Bohmschen Theorie ist diese Singularität jedoch nicht wesentlich, da ja die Wahrscheinlichkeit, ein Ensemblemitglied dort zu finden, gleich null ist.
• Der klassische Grenzfall h̄ → 0, für den in der Standardinterpretation ein nicht unerheblicher Aufwand betrieben werden muss, ergibt sich in der Bohmschen Theorie in
völlig zwangloser Weise: falls h̄ vernachlässigt werden kann, kann, wegen Q ∼ h̄2 ,
auch Q vernachlässigt werden, und wir erhalten die klassischen Hamilton-JacobiGleichungen.
Als exemplarisches Beispiel sei im Folgenden einmal kurz illustriert, wie der Grundzustand
des Wasserstoffatoms in der Bohmschen Sichtweise betrachtet wird.
Der Wasserstoffgrundzustand
Der Grundzustand zum Wasserstoffhamiltonoperator (in atomaren Einheiten)
1
1
H =− ∆−
2
|~r|
(7.8)
64
7 Kurze Einführung in die Bohmsche Mechanik
ist bekanntermassen
Ψ(~r ) ∼ e−|~r|
(7.9)
Schreibt man nun Ψ = ReiS , so ist offenbar R = Ψ und S ≡ 0, so daß sich für das
Grundzustandsensemble das folgende Bild ergibt:
• Die Ensemblemitglieder sind gemäß ρ(~r ) = |Ψ|2 im Ortsraum verteilt, und . . .
~ ≡ 0)!
• . . . ihr Impuls ist, unabhängig vom Aufenthaltsort, identisch Null (wegen ∇S
• Jedes Ensemblemitglied hat somit null kinetische Energie und eine potentielle Energie
von U(~r) = V (~r ) + Q(~r) = −1/r + 1/r − 1/2 = −1/2.
Die zweite Eigenschaft ist sicher kontraintuitiv, wenn man sich unter einer mikroskopischen
Theorie vorstellt, daß das Elektron in irgendeiner Weise einer mehr oder weniger klassischen
Trajektorie folgt. Sie tritt immer dann auf, wenn der Grundzustand eines Potentials keinen
Imaginärteil hat (also praktisch immer). Interessanterweise wird jedoch gerade durch die
Bewegungslosigkeit des Elektrons das Problem der Stabilität der Materie bzgl. strahlendem
Zerfall auf simpelste Art und Weise gelöst (keine Beschleunigung→ keine Abstrahlung).
Darüber hinaus besteht natürlich a priori kein Grund, warum das Elektron nicht stillstehen
sollte.
7.1.2
Der Mehrteilchenfall
Wie angekündigt, ergibt sich der Mehrteilchenfall völlig analog zum Einteilchenfall: wir
gehen aus von der Schrödingergleichung für n Teilchen,
" n
#
X
∂Ψ
ih̄
=
(−h̄2 /2mi )∆i + V (~r1 , ~r2 , . . . , ~rn ; t) Ψ,
(7.10)
∂t
i=1
und schreiben wieder Ψ = ReiSh̄ , wobei jetzt R = R(~r1 , ~r2 , . . . , ~rn ) und S = S(~r1, ~r2 , . . . , ~rn )
ist. Wie beim Einteilchenfall erhalten wir dann
n
~ iS)2
∂S X (∇
+
+Q+V =0
(7.11)
∂t
2mi
i=1
!
n
~
∂R2 X ~
2 ∇i S
+
∇i · R
=0
(7.12)
∂t
mi
i=1
mit
Q=
n
X
i=1
−
~ 2i R
h̄2∇
,
2mi R
(7.13)
dem Mehrteilchen-Quantenpotential. Die Gleichungen (7.11) und (7.12) bestimmen die zeitlichen Entwicklung eines Mehrteilchenensembles; komplementär dazu erhält man wieder,
~ i S und Anwendung von ∇
~ i auf (7.11), die Gleichungen für
nach Identifikation von p~i mit ∇
die Einzeltrajektorien,
d
˙i = −∇
~ i(Q + V ),
(m~r)
dt
(7.14)
7.1 Die Bohmschen Bewegungsgleichungen
65
d.h. Q kann ebenfalls wieder als zusätzliches Quantenpotential aufgefasst werden.
Zusätzlich zu den bereits für den Einteilchenfall abgehandelten Eigenschaften von Q sind
für Mehrteilchensysteme noch die folgenden Punkte erwähnenswert:
• Wie in der klassischen Mechanik auch, erfolgt die Wechselwirkung zwischen den Teilchen durch ein Potential, welches zunächst einmal von allen Teilchenpositionen abhängt:
statt V (~r1 , ~r2, . . . , ~rn ) ist es jetzt eben Q(~r1, ~r2 , . . . , ~rn ) + V (~r1, ~r2 , . . . , ~rn ). Allerdings
wird dieses Potential nicht bereits durch die Angabe der Teilchenart völlig spezifiziert (wie z.B. ein Proton und zwei Elektronen“), sondern erst durch die zusätzliche
”
Festlegung der Wellenfunktion Ψ(~r1 , ~r2 , . . . , ~rn ) des Systems.
• Die Bewegung eines Teilchens hängt ab von den Koordinaten aller anderen Teilchen;
soweit ist die Situation die gleiche wie in der klassischen Mechanik. Während dort
aber alle Wechselwirkungen mit zunehmendem Teilchenabstand gegen Null gehen, ist
dies in der Bohmschen Mechanik nicht der Fall: vielmehr kann, da Q vom Betrag
der Wellenfunktion unabhängig ist, auch zwischen zwei sehr weit entfernten Teilchen
noch eine starke Wechselwirkung statt finden. Diese Nichtlokalität der Bohmschen Mechanik (und somit der Quantenmechanik) wurde in jüngster Zeit mehrfach durch die
Verschränkung eines Photonenpaares über grosse Entfernungen hinweg eindrucksvoll
bestätigt (siehe z.B. [WJS+ 98]
8
Bohmsche Mechanik als
Reaktionsmikroskop“
”
Der Begriff Reaktionsmikroskop“ wurde erstmals 1997 in [MUK+ 97] verwendet und
”
bezeichnete dort eine bestimmte experimentelle Technik zur Durchführung kinematisch
vollständiger Experimente, welche es erlaubt, die komplette Impulsinformation aller im
Endzustand eines Stoss- oder Laserexperimentes auftretenden Fragmente aufzuzeichnen.
Dadurch lassen sich oft Rückschlüsse auf den Reaktionsmechanismus ziehen, z.B. auf die
Art und Weise, in der Ladungsaustausch beim Beschuss von neutralen Atomen mit Ionen
stattfindet. Da in einem solchen Experiment z.B. für ein ionisiertes Elektron der Impulsbetrag sowie der Raumwinkel, unter dem es auf den Detektor trifft, im Rahmen der Detektorauflösung exakt gemessen werden können, liegt es nahe, sich dieses Elektron bereits
vor dem Auftreffen auf den Detektor als klassisches Teilchen vorzustellen. Dementsprechend
finden sich in den Publikationen auch Sätze wie The second or more electrons are ionized
”
when the first electron revisits the parent ion“ [MFS + 00] oder From then on both electrons
”
will be accelerated, one starting with zero momentum, the other with the left-over energy from
the excitation process“ [WHC+ 01]. In der orthodoxen Interpretation der Quantenmechanik
sind solche Formulierungen ohne Bedeutung; alle derartigen anschaulichen Vorstellungen
müssten strenggenommen erst in die Wellenfunktionssprache“ übersetzt werden, wodurch
”
sie in den meisten Fällen völlig unverständlich würden. Die Bohmsche Mechanik hingegen
erlaubt es ohne weiteres, von Dingen wie dem ersten Elektron“ oder der Reihenfolge von
”
Ionisationsereignissen zu sprechen; sie bietet somit eine sehr gute Möglichkeit zum intuitiven Verständnis physikalischer Mechanismen, ohne dabei auf semiklassische Näherungen
zurückgreifen zu müssen.
In diesem Kapitel wollen wir exemplarisch zeigen, wie mittels Bohmscher Mechanik quantenmechanische Prozesse unter die Lupe“ genommen werden können. Dabei werden zunächst
”
einige technische Details erläutert, anschliessend werden wir uns mit einem bereits in Kapitel
4 vorgestellten System, nämlich dem H+
2 -Ion im starken Laserfeld, sowie der Doppelionisation von Helium, ebenfalls durch ein starkes Laserfeld, beschäftigen.
8.1
Numerische Implementation
Zur numerischen Realisierung der Bohmschen Mechanik bestehen prinzipiell zwei Möglichkeiten: man kann entweder versuchen, die Bohmschen Gleichungen nur durch ein Ensemble Bohmscher Teilchen zu lösen, aus deren Propagation sich dann die quantenmechanische
Dichte R2 ({~ri }, t) sowie die Phase S({~ri }, t) ergeben, oder aber den Umweg über die Wellenfunktion gehen, d.h. mittels eines geeigneten Propagationsverfahrens ψ({~r i}, t) berechnen,
so daß durch die Kenntnis von S({~ri }, t) die Zeitentwicklung eines Bohmschen Ensembles
68
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
~ i S({~ri }, t)) ermöglicht wird. Zur ersten Möglichkeit wurde ein der Hydro(mittels ~r˙i = ∇
dynamik entlehnter Algorithmus entwickelt [LW99, Wya99] und zeigte erste ermutigende
Resultate; insbesondere die Bildung der Ableitungen der Teilchendichte bereitet in diesem
Ansatz aber noch immer grosse Schwierigkeiten, so daß wir uns in dieser Arbeit für die
zweite Möglichkeit entschieden haben.
Der Hamiltonoperator der von uns betrachteten Systeme ist jeweils von der Form Ĥ =
Ĥ0 + Ô(t), wobei Ĥ0 der ungestörte Hamiltonoperator ist und Ô(t) die Kopplung an das
Laserfeld beschreibt. Alle Rechnungen gingen vom Grundzustand ψ 0 des ungestörten Systems aus; es musste also zunächst ψ0(r) berechnet werden1 und davon ausgehend dann die
zeitabhängige Schrödingergleichung
i
∂ψ(r, t)
= Hψ(r, t) mit ψ(r, 0) = ψ0
∂t
(8.1)
gelöst werden. Dies geschah mit Hilfe der split-operator-Methode (siehe Anhang B).
Parallel dazu wurde ein Ensemble von Bohmschen Teilchen zur Zeit t = 0 mit einer Dichteverteilung von ρ0 (r) = |ψ0(r)|2 im Konfigurationsraum verteilt; vor Beginn des Laserpulses
haben dabei alle Ensemblemitglieder einen Impuls von Null, da die Grundzustandswellenfunktion ψ0 jeweils rein reell ist. Die Propagation der Bohmschen Teilchen erfolgt dann
direkt über
∂S(r, t)
, d.h.
∂r
∂S(r, t)
r(t + ∆t) = r(t) +
∆t
∂r
ṙ =
(8.2)
(8.3)
Dieses Verfahren erwies sich bei einem Zeitschritt von ∆t = 0.05 a.u. als genügend
genau; als
RP
δ(r
−
ri(t)) dr,
Mass für die Genauigkeit kann dabei der Unterschied zwischen ρ̃(r, t) =
i
also der Dichteverteilung der Bohmschen Teilchen, und der wahren“ Verteilung ρ(r, t) =
”
|ψ(r)|2 verwendet werden.
Der Gradient der Phase S wurde aus der Wellenfunktion ψ in analoger Weise zur splitoperator-Methode bestimmt: da
Z
∂ψ(r)
= ip ψ̃(p) eipr dp
(8.4)
∂r
gilt, lässt sich die Ableitung einer Funktion mit hoher Genauigkeit über deren Fouriertransformierte berechnen. Für die Zeitpropagation muss die Fouriertransformation sowieso durchgeführt werden, so daß diese Methode der Gradientenbestimmung für unsere Zwecke
die öko
∂S(r,t)
.
nomischste darstellt. Die Ableitung der Phase ergibt sich dann aus ∂r = Im ∂ψ(r,t)/∂r
ψ(r,t)
Wie bereits früher erwähnt, bereitet eine Singularität an einem Ort rS mit ψ(rS ) = 0 keine
Probleme, da die Aufenthaltswahrscheinlichkeit bei r = r S dann auch gleich Null ist.
8.2
Beispiel 1: H+
2 im starken Laserfeld
Der erste Mechanismus, den wir mittels Bohmscher Mechanik genauer untersuchen wollen,
ist das bereits aus dem ersten Teil dieser Arbeit bekannte enhanced ionization, jetzt aber
1
wir fassen die Raumkoordinaten wieder einfach mit r zusammen
8.2 Beispiel 1: H2 im starken Laserfeld
69
r
R
Abbildung 8.1: Koordinaten für 1D-H+
2
nicht mehr für einen Cluster, sondern für das Original“ H+
2 . Wir haben dazu ein eindimen”
+
sionales Modell des H2 -Ions verwendet, allerdings mit voll quantenmechanischer Behandlung
sowohl der Elektron- als auch der Kernkoordinate. Nach Abspaltung der Schwerpunktsbewegung lautet der Hamiltonoperator dieses Systems:
H=
1 ∂2
1
1
1
−1 ∂ 2
p
p
−
−
−
+
+ r · f (t)
2M̃ ∂R2 2 ∂r2
(r − R/2)2 + a
(r + R/2)2 + a R
(8.5)
mit der Kernrelativkoordinate R, der Elektronkoordinate r (siehe Abb. 8.1) und der reduzierten Kernmasse M̃ = M2 . Der in unseren Rechnungen verwendete Softcoreparameter
betrug a = 1.5; für die Kern-Kern-Wechselwirkung wurde das reine Coulombpotential verwendet. Die Grundzustandsenergie beträgt mit diesen Parametern E0 ≈ −0.64 a.u.. Der
eingestrahlte Laserpuls hatte eine Frequenz von ω = 0.11 a.u.. Es wurden Pulse unterschiedlicher Länge und Feldstärke verwendet.
Die quasiklassische Vorstellung von enhanced ionization, wie sie z.B. in [SYC95, PFGC95]
beschrieben wird, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
• Das H+
2 -Molekül wird zu Beginn des Laserpulses in einen dissoziativen Zustand angeregt; demzufolge driften die Kerne auseinander.
• Bei Erreichen eines kritischen Kernabstandes Rcrit erfolgt die Ionisation des Elektrons.
Aus diesem Grund ist die Coulombexplosionsenergie der Kerne gerade 1/R crit .
In diesem Bild stellt man sich die Kerne als klassische Teilchen vor, was sie sowohl in der
Natur als auch in dem verwendeten Hamiltonian (8.5) natürlich nicht sind. Vielmehr hat
die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Kernabstandes R, gegeben durch
Z
P (R) = |ψ(r, R)|2 dr,
(8.6)
eine endliche Breite (siehe Abb. 8.2). (Gezeigt ist R 1 − R2, daher ist die Verteilung symmetrisch um den Ursprung). Mit einer voll quantenmechanischen Beschreibung ist also die
Vorstellung, daß bei einem bestimmten Kernabstand bevorzugt ionisiert wird, nicht ohne
weiteres aufrechtzuerhalten, da die Breite der Kernabstandsverteilung bereits im Grundzustand zu gross ist, um noch von einem gut definierten Kernabstand sprechen zu können.
In der Bohmschen Mechanik ist diese Möglichkeit prinzipiell gegeben; dabei stellt sich allerdings die Frage, ob und wie beispielsweise der für den Fall klassischer Kerne entwickelte
enhanced-ionization-Mechanismus auf die Bohmschen Ensemblemitglieder übertragbar ist,
70
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
0.5
0.4
P(R)
0.3
0.2
0.1
PSfrag replacements
0
−10 −8
−6
−4
−2
0
R
2
4
6
8
10
Abbildung 8.2: Wahrscheinlichkeitsverteilung des Kernabstandes für den Grundzustand von
Hamiltonian (8.5)
d.h.: kann man sich die Kerne der Bohmschen Mechanik (zumindest näherungsweise) als ein
Ensemble von klassischen Kernen vorstellen und somit erwarten, daß auch das Bohm-H +
2
bei einem bestimmten R bevorzugt ionisiert wird? Zur Klärung dieser Frage muss offenbar
untersucht werden, ob die Bohmsche Mechanik eine Entkopplung zweier Koordinaten r und
R erlaubt, wenn R als klassische“ Koordinate betrachtet werden kann. Ein entsprechender
”
Ansatz wurde in [GMB00] entwickelt; er soll hier kurz vorgestellt werden. Dabei werden wir
vorübergehend von dem Koordinatenpaar (r, R) zu (x, X) übergehen, um Verwechslungen
mit der Amplitude von ψ = R exp(iS) zu vermeiden.
8.2.1
Entkopplung klassischer und quantenmechanischer
Freiheitsgrade in der Bohm-Theorie
Die Wellenfunktion eines Systems mit einem quantenmechanischen“ Freiheitsgrad x und
”
einem klassischen“Freiheitsgrad X mit den zugehörigen Massen m und M , wobei M m
”
gelten soll, sei gegeben durch ψ(x, X) = R(x, X) exp(iS(x, X)). Einsetzen in die Schrödingergleichung liefert zu (7.11) und (7.12) analoge Ausdrücke, die sich nach kurzer Umstellung
folgendermassen schreiben lassen:
∂R2
+
∂t
1 ∂S
m ∂x
∂R2
+
∂x
1 ∂S
M ∂X
∂R2
= −R2
∂X
1 ∂ 2S
1 ∂ 2S
+
m ∂x2 M ∂X 2
(8.7)
8.2 Beispiel 1: H2 im starken Laserfeld
und
∂
∂t
∂S
∂x
+
1 ∂S
m ∂x
∂ 2S
∂x2
71
+
1 ∂S
M ∂X
∂ 2S
∂x∂X
=−
∂
(V + Q)
∂x
(8.8)
wobei
1 1 ∂ 2R
1 1 ∂ 2R
−
(8.9)
2m R ∂x2
2M R ∂X 2
wieder das Quantenpotential ist. Die Näherung für die klassische Koordinate X besteht nun
darin, die Dispersion in X-Richtung zu vernachlässigen. Dazu müssen der Term M1 (∂ 2S/∂X 2 )
in (8.7) sowie der zweite Term des Quantenpotentials (8.9) weggelassen werden. Die verbleibenden Ausdrücke, die proportional zu M1 sind, beschreiben die dispersionsfreie Bewegung
in X-Richtung [Hol93]; diese soll ja durchaus in der Beschreibung enthalten bleiben.
Wenn nun X = X(t) als zeitabhängiger Parameter aufgefasst wird und die Zeitentwicklung
entlang der Trajektorie X(t) betrachtet wird, so ist die totale Zeitableitung einer Funktion
f(x, X(t), t) gegeben durch df/dt = ∂f/∂t + Ẋ∂f/∂X (analog zur konvektiven Ableitung
in der Hydrodynamik). Es ergeben sich dann die folgenden Gleichungen für die genäherte
Amplitude R̃ und Phase S̃:
!
dR̃2
1
∂
∂
S̃
=0
(8.10)
R̃2
+
dt
∂x
m ∂x
Q(x, X, t) = −
und
d
dt
∂ S̃
∂x
!
+
1 ∂ S̃
m ∂x
!
∂ 2S̃
∂
=
−
(V + Q).
∂x2
∂x
(8.11)
Die Gleichungen (8.10) und (8.11) entsprechen aber umgekehrt wieder einer Schrödingergleichung für eine genäherte Wellenfunktion ψ̃(x, X(t), t):
1 ∂2
dψ̃
= −
+ V (x, X(T )) ψ̃
(8.12)
i
dt
2m ∂x2
Für x(t) und X(t) findet man:
ẋ =
1 ∂
S̃(x, X) |x=x(t),X=X(t)
m ∂x
(8.13)
sowie
1 ∂(V (x, X) + Q̃(x, X))
|x=x(t),X=X(t)
(8.14)
M
∂X
In dieser Näherung ist jeder Trajektorie Xi (t) eine eigene Wellenfunktion ψi (x, X(t), t) zugeordnet; die quantenmechanische Koordinate x wird also, abhängig vom Wert der klassischen
Koordinate X, von unterschiedlichen Quantenpotentialen beeinflusst. Jede der einzelnen
Wellenfunktionen wird sich aber nun im H2+ -Fall genauso verhalten wie die Wellenfunktion
eines Elektrons unter dem Einfluss zweier klassischer Kerne, d.h. es wird bei Einkopplung
eines intensiven Lasers auch einen kritischen Kernabstand geben, der zu enhanced ionization führt. Da die X(t) aber eine gute Näherung für die wahren Bohmschen Trajektorien
sein sollen, ist es in der Tat sinnvoll, das für klassische Kerne entwickelte Konzept auf die
Bohmschen Kerne zu übertragen.
Ẍ = −
72
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
Zusammenhang mit der Born-Oppenheimer-Näherung
Wir wollen noch kurz darauf eingehen, in welchem Verhältnis die eben vorgestellte approximative Separation von klassischen und quantenmechanischen Koordinaten zur BornOppenheimer-Näherung für den Grundzustand eines Moleküls steht.
Die Born-Oppenheimer-Näherung für den Grundzustand eines molekularen Systems mit
dem allgemein formulierten Hamiltonian
H = Te + TK + Vee + VeK + VKK
X p2
X P2
K
i
Te =
, TK =
2m
2M
i
K
mit
(die Terme bezeichnen die kinetische Energie der Elektronen bzw. Kerne sowie die ElektronElektron, Elektron-Kern und Kern-Kern-Wechselwirkung) besteht darin, zunächst die Kern~ als eingefroren gegenüber den elektronischen Koordinaten ~x anzusehen und
koordinaten X
~ als parametrisch abhängig von den Kernlagen X
~
die elektronische Wellenfunktion ψ(~x| X)
anzusehen. Die Grundzustandswellenfunktion bestimmt sich dann aus
(Te + Vee + VeK + VKK )ψ(x|X) = (X)ψ(x|X).
(8.15)
Die Wellenfunktion des gesamten Moleküls wird dann als
Ψ(x) = ψ(x|X)Φ(X)
(8.16)
angesetzt. Für die Kernwellenfunktion Φ(X) findet man die Born-Oppenheimer-Gleichung
(TK + (X))Φ(X) = EΦ(X)
(8.17)
Bei festgehaltenen Kernen ist Gl. (8.15) äquivalent zu der zeitunabhängigen Schrödingergleichung, die man aus Gl. (8.13) erhalten würde. Schreibt man nun Φ(X) als Φ(X) =
R(X) exp(i/h̄S(X)) und betrachtet die Kernwellenfunktion im Bohmschen Bild, so erhält
man
Ẍ = −
1 ∂((X) + QΦ (X))
M
∂X
(8.18)
mit
QΦ (X) = −
h̄2 1 ∂ 2R(X)
,
2M R(X) ∂X 2
(8.19)
dem durch die Kernwellenfunktion gebildeten Quantenpotential. Dieser Term soll, analog
zu Gl. (8.9), vernachlässigt werden.
Im Grundzustand der elektronischen Wellenfunktion ψ(X) ist aber nun in der Bohmschen
Sichtweise gerade (X) = V (x, X) + Qψ (x, X) für alle x, wenn wir in V (x, X) = Vee + VeK +
VKK alle Potentialterme zusammenfassen. Damit ist Gl. (8.18) äquivalent zu Gl. (8.14). Für
den Grundzustand eines Moleküls sind der Born-Oppenheimer-Ansatz und die Näherung
aus [GMB00] also identisch; letztere muss allerdings nicht auf die adiabatische Situation
beschränkt bleiben, sondern ist allgemein anwendbar.
8.2 Beispiel 1: H2 im starken Laserfeld
73
1
1
I= 1.26 · 10
14
W/cm
2
0.8
0.8
0.6
PSfrag replacements
0.4
0.2
2.84 · 1014 W/cm2
5.05 · 1014 W/cm2
7.9 · 1014 W/cm2
0
2
4
1
Pstat(R)
frag replacements
Pstat (R)
I= 2.84 · 1014 W/cm2
0.6
0.4
I= 1.26 · 1014 W/cm2
0.2
2
I=6 5.05 · 10814 W/cm
10
R I=
[a.u.]7.9 · 1014 W/cm2
0
2
4
6
8
10
R [a.u.]
1
0.8
0.8
1.26 · 1014 W/cm2
2.84 · 1014 W/cm2
7.9 · 10
14
W/cm
2
0.6
PSfrag replacements
0.4
0.2
0
2
4
I= 1.26 · 1014 W/cm2
I= 2.84 · 1014 W/cm2
2
I=6 5.05 · 10814 W/cm
10
R [a.u.]
Pstat(R)
frag replacements
Pstat (R)
I= 5.05 · 1014 W/cm2
I= 7.9 · 1014 W/cm
2
0.6
0.4
0.2
2
4
6
8
10
R [a.u.]
Abbildung 8.3: Statische Ionisationswahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit des Kernabstandes R (ω = 0.1 a.u., Pulslänge 10 Zyklen)
8.2.2
Der Einfluss der Kernbewegung im Bohm-Bild
Wir haben nun für verschiedene Pulslängen sowie unterschiedliche Kernmassen untersucht,
inwieweit die Bewegung der Bohmschen Kerne während eines Laserpulses Einfluss auf die
Ionisationsdynamik hat; insbesondere wurde die Frage untersucht, wie sich Ionisationswahrscheinlichkeiten, die mit festgehaltenen Kernen berechnet wurden, auf die Ionisationsdynamik bei freier Kernbewegung auswirken. Zunächst haben wir eine Kernmasse von M = 1836
a.u. verwendet; der Laserpuls hatte eine Frequenz von ω = 0.1 a.u. und eine Dauer von 10
Zyklen. Die Einhüllende des Pulses war dabei wieder von der Form sin 2 πt
. Die IonisaT
tionswahrscheinlichkeiten bei festgehaltenen Kernen bei Verwendung dieses Pulses sind für
vier verschiedene Intensitäten in Abb. 8.3 gezeigt. Hier befinden wir uns lediglich bei der
niedrigsten Intensität, I = 1.26 · 1014 W/cm2, noch im enhanced-ionization-Regime. Der kritische Kernabstandsbereich erstreckt sich jedoch bereits von R = 4.4 a.u. bis R = 7.4 a.u.
(in diesem Bereich kann das 1σ + -Regime oberhalb der inneren wie auch der äusseren Barriere, siehe Kap. 4). Bei den höheren Intensitäten steigt die Ionisationswahrscheinlichkeit zwar
zunächst mit dem Kernabstand an, um dann aber bei R = 4 − 5 a.u. stationär zu werden.
Das Ansteigen liegt an der mit wachsendem Kernabstand schwächer werdenden Bindung
74
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
Bindungsenergie [a.u.]
−0.6
−0.8
−1
−1.2
PSfrag replacements
−1.4
0
5
10
15
20
R [a.u.]
Abbildung 8.4: Elektronische Bindungsenergie des H +
2 -Modells (4.1) (a = 1.5 a.u.) in
Abhängigkeit des Kernabstandes R
des Elektrons: in Abb. 8.4 ist die kernabstandsabhängige elektronische Bindungsenergie im
Grundzustand für den Hamiltonoperator (4.1) mit a = 1.5 gezeigt.
Der Limes der Bindungsenergie für R → ∞ beträgt -0.565 a.u.; für die drei höchsten
gezeigten Intensitäten kann dieses Niveau jeweils over-the-barrier ionisiert werden. Dies ist
auch noch für einen ganzen Bereich endlicher Kernabstände der Fall, und zwar gerade für
den Bereich, in dem die Ionisationswahrscheinlichkeiten für die drei höchsten Intensitäten
in Abb. 8.3 praktisch stationär ist. Das Umknicken bei niedrigeren Kernabständen markiert
dann den Übergang vom over-the-barrier- zum Tunnelregime.
Der enhanced-ionization-Peak kann also spätestens dann nicht mehr gesehen werden, wenn
die Laserintensität ausreicht, um die Grundzustandsniveaus der separierten Atome über die
Schwelle zu heben. Dann kann nur noch der Einfluss der kernabhängigen Bindungsenergie
beobachtet werden, aber nicht mehr der Einfluss der geometrischen Struktur des Moleküls.
In der voll zeitabhängigen Rechnung, d.h. mit freier Kernexpansion, wurde nun für jedes
ionisierte Elektron der Kernabstand R zu dem Zeitpunkt t 0 aufgezeichnet, zu dem es zum
letzten Mal einen der beiden Kerne überquert hat. In den in 8.5 verwendeten Koordinaten
lautet dieses Kriterium
R(t0 ) R(t) und |r(t)| > |r(t0 )| = (8.20)
2 für t > t0
2 Die Verteilung dieser Kernabstände für vier verschiedene Pulsintensitäten ist in Abb. 8.5 zu
sehen. Es zeigt sich, daß, beinahe unabhängig von der Intensität, die meisten Ionisationsereignisse bei etwas weniger als 4 a.u. stattfinden, obwohl sich in den statischen Rechnungen
( Abb. 8.3) die Ionisationswahrscheinlichkeiten zwischen 4 und 8 a.u. kaum ändern. Das
liegt natürlich daran, daß in der zeitlichen Entwicklung die kleineren Kernabstände vor
den grösseren liegen: ist Γ(R, f(t)) die Ionisationsrate bei festem Kernabstand R und der
momentanen Feldstärke f(t) sowie P (R; t) die Verteilung der Kernabstände zur Zeit t, so
ist
Z T
w(R) =
P (R; t) Γ(R, f(t)) dt
(8.21)
0
8.2 Beispiel 1: H2 im starken Laserfeld
75
300
5000
I= 1.26 · 1014 W/cm2
4000
I= 2.84 · 1014 W/cm2
PSfrag replacements
counts
frag replacements
counts
200
3000
2000
100
counts
counts
I= 1.26 · 1014 W/cm2
2
2.84 · 10 W/cm
5.05 · 1014 W/cm2
7.9 · 1014 W/cm2
0
0
2
4
10000
frag replacements
counts
8000
1000
2
14
I= 5.05
6 · 10 8 W/cm
10
2
RI=
[a.u.]
7.9 · 1014 W/cm
0
PSfrag replacements
2
4
6
8
10
R [a.u.]
15000
I= 5.05 · 1014 W/cm2
6000
0
I= 7.9 · 1014 W/cm2
10000
counts
14
4000
5000
1.26 · 1014
2.84 · 1014
7.9 · 10
14
counts
W/cm2
W/cm2
2000
0
W/cm
2
0
2
counts
I= 1.26 · 1014 W/cm2
I= 2.84 · 1014 W/cm2
2
I=
5.056 · 10148 W/cm
4
10
R [a.u.]
0
0
2
4
6
8
10
R [a.u.]
Abbildung 8.5: Verteilung der Kernabstände bei der Ionisation durch einen 10-Zyklen-Puls
(siehe Text)
76
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
3000
6000
I= 2.84 · 1014 W/cm2
I= 1.26 · 1014 W/cm2
PSfrag replacements
counts
1000
I= 2.84 · 1014 W/cm2
I= 5.05 · 1014 W/cm2
I= 7.9 · 1014 W/cm2
0
counts
I= 1.26 · 1014 W/cm2
0
2
8000
2
I=4 5.05 6· 1014 8W/cm
10
R [a.u.]
I=
7.9 · 1014 W/cm2
I= 5.05 · 1014 W/cm
counts
I= 1.26 · 1014 W/cm2
I= 2.84 · 1014 W/cm2
I= 7.9 · 10
14
W/cm
2
0
0
2
4
6
R [a.u.]
8
10
10000
I= 7.9 · 1014 W/cm2
8000
6000
PSfrag replacements
4000
counts
2000
0
2000
2
counts
counts
PSfrag replacements
4000
counts
2000
counts
PSfrag replacements
0
2
I= 1.26 · 1014 W/cm2
I= 2.84 · 1014 W/cm2
2
I=4 5.05 6· 1014 8W/cm
10
R [a.u.]
6000
4000
2000
0
0
2
4
6
R [a.u.]
8
10
Abbildung 8.6: Verteilung der Kernabstände bei der Ionisation durch einen 20-Zyklen-Puls
(siehe Text)
die über die Dauer des Pulses summierte Wahrscheinlichkeit, bei R zu ionisieren. P (R; 0)
ist dabei gerade die in Abb. 8.2 gezeigte Grundzustandsverteilung, die auf den Bereich zwischen zwei und vier a.u. konzentriert ist. Die Bohmschen Moleküle werden also grösstenteils
bereits in der ansteigenden Flanke der Kurven aus Abb. 8.3 ionisiert und haben somit gar
nicht mehr die Möglichkeit, als Ganzes zu grösseren Kernabständen vorzudringen.
Was wird nun passieren, wenn, bei gleicher Peakintensität, die Pulslänge verdoppelt wird?
Es ist zu erwarten, daß die Kerne mehr Zeit haben, sich auseinanderzubewegen, bevor die Intensität für die Ionisation ausreicht. Die Peaks sollten also etwas zu grösseren Kernabständen
hin verschoben sein.
Abbildung 8.6 zeigt die Ergebnisse einer Rechnung mit 20 Zyklen. Der Hauptpeak ist
in der Tat etwas zu grösseren Kernabständen hin verschoben; auffallend ist aber vor allem
die Ausbildung mehrerer Seitenpeaks“. Diese lassen sich wieder auf die zeitliche Reihen”
folge des Erreichens der verschiedenen Kernabstände zurückführen: die meisten Bohmschen
Moleküle werden zwar bereits bei etwa 4 a.u. ionisiert, einige aber gelangen zu grösseren
Kernabständen, allerdings bereits in einer späteren Phase des Pulses, wenn die Intensität
schon wieder abklingt. Abb. 8.8 zeigt, wie stark sich die Ionisationswahrscheinlichkeiten
bei festgehaltenen Kernen ändern, wenn die Pulsintensität absinkt. Während bei einer Intensität von I = 2.84 · 1014 W/cm2 über einen breiten Bereich von Kernabständen (zwischen 4 und 10 a.u.) eine Ionisationswahrscheinlichkeit von nahezu eins besteht, spalten die
entsprechenden Kurven bei niedrigeren Intensitäten in Unterpeaks auf, die dem enhanced-
8.2 Beispiel 1: H2 im starken Laserfeld
77
−0.1
Energie [a.u.]
−0.3
PSfrag replacements
−0.5
−0.7
E0
E1
E2
E3
−0.9
−1.1
−1.3
−1.5
2
4
6
8
10
R [a.u.]
Abbildung 8.7: Abhängigkeit der untersten vier H+
2 -Niveaus vom Kernabstand R sowie Resonanzen mit der Laserfrequenz ω = 0.1 a.u.
ionization-Mechanismus sowie Multiphotonprozessen zugeordnet werden können.
Wir haben zur Untermauerung dieser Hypothese die vier untersten Energieniveaus des
Hamiltonian (8.5) als Funktion des Kernabstandes R berechnet. Dazu wurde die Autokorrelationsfunktion einer zur Zeit t = 0 in der Gegend um die Kerne lokalisierten Wellenfunktion
berechnet:
c(t) = hψ(0) | ψ(t)i
Entwickelt man ψ(0) nach den Eigenzuständen des Hamiltonians,
X
ψ(0) =
bn φn
(8.22)
(8.23)
n
mit
Ĥφn = En φn ,
(8.24)
so ist
c(t) =
X
bn e−iEn t .
(8.25)
n
Die Fouriertransformierte liefert dann die Eigenwerte von Ĥ:
Z
σ(ω) = c(t)eiωt
X
=
bn δ(ω − En )
n
(8.26)
(8.27)
78
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
0
10
I = 3.51 · 1012 W/cm2
I = 7.9 · 1012 W/cm2
I = 1.404 · 1013 W/cm2
I = 2.84 · 1014 W/cm2
−2
10
c)
Ionisationswsk.
b)
c)
−4
10
b)
a)
c)
a)
PSfrag replacements
−6
10
b)
a)
−8
10
2
4
6
8
10
R [a.u.]
Abbildung 8.8: Ionisationswahrscheinlichkeiten in einem 20-Zyklen-Puls bei festgehaltenen
Kernen und verschiedenen Intensitäten. Peaks a) und b): Multiphotonresonanzen (siehe
Abb. 8.7); Peak c): enhanced ionization
Die so errechneten Kurven (in Abhängigkeit von R) sind in Abb. 8.7 gezeigt; eingezeichnet
sind ausserdem die Einphotonresonanz zwischen E 0 und E1 bei R ≈ 4.5 a.u. sowie die
Multi-Multiphotonresonanz“ bei R ≈ 7.6 a.u, wo E 2 bzw. E3 von E0 aus mit drei bzw. vier
”
Photonen erreicht werden können. Diese beiden Resonanzen entsprechen den Peaks a) und b)
in Abb. 8.8; die genaue Lage der Resonanzpositionen ist dabei durch die Starkverschiebung
der Niveaus noch etwas von der Feldstärke abhängig. Diese Resonanzen, wenn sie in der
bereits wieder abklingenden Phase des Pulses erreicht werden, sind nun dafür verantwortlich,
daß beispielsweise das Histogramm der Kernabstände bei I = 2.84 · 1014 W/cm2 viel mehr
Struktur zeigt als die statische Ionisationswahrscheinlichkeit bei gleicher Intensität aus Abb.
8.8.
Neben der Pulslänge spielt als weitere kritische Grösse sicher die Kernmasse eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, wie weit die Kerne während der Dauer des Pulses in den
kritischen Kernabstandsbereich vordringen können. In Abb. 8.9 ist die Verteilung der Kernabstände im Moment der Ionisation gezeigt, wenn die Kernmasse von M = 1836 a.u. auf
M = 5 · 1836 a.u. erhöht wird. Dabei wurde jetzt wieder eine Pulslänge von 10 Zyklen
verwendet. Wie erwartet, ist die Ionisationsausbeute unter diesen Bedingungen geringer als
bei den beiden vorher betrachteten Beispielen. Aus Abb. 8.9 lassen sich zwei Gründe dafür
ablesen: zum einen findet, sowohl durch die jetzt wieder kürzere Pulslänge wie auch durch
die höhere Kernmasse, keine Ionisation bei Kernabständen R > 5 a.u. statt, wie dies in
Abb. 8.5 und insbesondere in Abb. 8.6 noch der Fall war. Zum anderen weist die Verteilung
der Kernabstände im Grundzustand durch die höheren Massen eine geringere Breite auf, so
daß bereits ohne jegliche Dynamik der Überlapp mit den für die Ionisation besser geeigneten, grösseren Kernabständen für M = 5 · 1836 a.u. kleiner ist als für M = 1836 a.u. Die
8.2 Beispiel 1: H2 im starken Laserfeld
79
15
I= 1.26 · 1014 W/cm
3000
2
I= 2.84 · 1014 W/cm2
10
PSfrag replacements
counts
counts
frag replacements
2000
5
1000
I= 1.26 · 1014 W/cm2
2.84 · 1014 W/cm2
5.05 · 1014 W/cm2
7.9 · 1014 W/cm2
0
0
2
4
15000
2
14
I= 5.05
6 · 10 8 W/cm
10
R I=
[a.u.]7.9 · 1014 W/cm2
I= 5.05 · 10
14
W/cm
0
0
2
4
6
8
10
R [a.u.]
20000
I= 7.9 · 1014 W/cm2
2
15000
PSfrag replacements
counts
frag replacements
counts
10000
10000
5000
1.26 · 1014 W/cm2
2.84 · 1014 W/cm2
7.9 · 1014 W/cm
2
0
0
2
5000
I= 1.26 · 1014 W/cm2
I= 2.84 · 1014 W/cm2
2
I=
5.056 · 10148 W/cm
4
10
0
R [a.u.]
0
2
4
6
8
10
R [a.u.]
Abbildung 8.9: Verteilung der Kernabstände bei der Ionisation durch einen 10-Zyklen-Puls
mit einer Kernmasse von M = 5 · 1836 a.u.
Kernmasse kann somit bereits einen Einfluss auf die Ionisationsdynamik haben, ohne daß
die Kerne sich überhaupt nennenswert bewegen müssen.
8.2.3
Coulomb Explosion Imaging
Experimentell kann der Kernabstand eines Moleküls im Moment der Ionisation nur indirekt bestimmt werden. Dazu wird angenommen, daß sich die Kerne mit vernachlässigbarer
kinetischer Energie zu R = Rcrit bewegt haben, wo die Ionisation des Elektrons erfolgt.
Die Kerne werden sich dann durch Coulombexplosion auseinanderbewegen; die potentielle
Energie, die dabei zur Verfügung steht, ist, im Falle von H+
2 , gerade
0
Epot
=
1
Rc
(8.28)
Diese potentielle Energie geht in kinetische Energie der Kerne über, die experimentell gemessen werden kann [WMS+ 00]. Bei Energieerhaltung muss für den zum Kernabstand R
konjugierten Relativimpuls P gelten:
P2
0
= Epot
,
M
(8.29)
80
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
so daß aus den gemessenen kinetischen Energien auf den Kernabstand zum Zeitpunkt der
Ionisation zurückgeschlossen werden kann.2
Wie verhalten sich nun in unseren Rechnungen die Impulse der Kerne lange Zeit nach der
Ionisation zu den gezeigten Kernabständen zum Zeitpunkt der Ionisation? Dazu muss die
Impulsverteilung der Kerne
Z
w(P ) = |ψ̃(p, P )|2 dp
(8.30)
mit der fouriertransformierten Wellenfunktion ψ̃(p, P ) nach Abklingen des Pulses untersucht
werden. Die Wellenfunktion ist dabei so lange zu propagieren, bis w(P ) konvergiert ist, d.h.
die Kerne quasifrei sind. Bei einer Rechnung auf einem numerischen Gitter, wie sie von
uns durchgeführt wurde, ist dies strenggenommen nie der Fall; der begrenzende Faktor
ist dabei nicht die Gittergrösse in R−Richtung, sondern die in r-Richtung: ein ionisiertes
Elektron bewegt sich weitaus schneller als die coulombexplodierenden Kerne. Daher wird
die Gesamtenergie der Kerne neben ihrer kinetischen Energie immer auch noch aus einem
Rest an potentieller Energie bestehen:
P2
f
0
+ Epot
= Epot
.
M
(8.31)
Diese potentielle Energie lässt sich wie folgt abschätzen: die mittlere Driftenergie eines
Elektrons im Laserfeld, die ponderomotive Energie (siehe auch Gl. (5.2)), beträgt
F2
4ω 2
(8.32)
p
F
2Edrif t = √
2ω
(8.33)
Lr
2vdrif t
(8.34)
Epond =
Dies ergibt eine mittlere Geschwindigkeit von
vdrif t =
Ist Lr die Gittergrösse in r-Richtung, so ist
tdrif t =
die Zeit, die zum Erreichen des Gitterrandes benötigt wird.
Der Relativimpuls P hingegen kann höchstens (im Limes t → ∞)
p
P = M Epot
betragen; die Vergrösserung des Kernabstandes, ∆R, in der Zeit tdrif t muss also
r
r
Epot
Epot Lr
∆R <
tdrif t =
M
M 2vdrif t
r
Epot Lr ω
√
=
M 2F
(8.35)
(8.36)
(8.37)
2
Man beachte, daß dieses halbklassische Bild des Ionisationsvorganges strenggenommen wieder nur im
Rahmen der Bohmschen Mechanik ausgedrückt werden kann.
8.2 Beispiel 1: H2 im starken Laserfeld
81
erfüllen. Bei der von uns verwendeten Gittergrösse in r-Richtung von Lr = 512 a.u. lässt
f
sich so abschätzen, daß ∆R nicht grösser als 10 a.u. sein sollte, so daß Epot
etwa 10% von
0
Epot beträgt. Dies bedeutet auch eine Unsicherheit von ca. 10% in der Bestimmung des
Kernabstandes aus der Impulswellenfunktion der Kerne.
Nach diesen Vorbemerkungen kann nun die Verteilung der Kernabstände bei der Ionisation,
analog zur experimentellen Situation, aus der Verteilung der Kernimpulse nach dem Puls
berechnet werden. Wir gehen aus von Gl. (8.29) und erhalten
Rcrit =
M
P2
(8.38)
Um die Verteilung der Kernabstände aus der Impulsverteilung (8.30) zu berechnen, wird
w(Rcrit ) dRcrit = w(P ) dP
(8.39)
verwendet, so daß
w(Rcrit ) =
√
M
2R3/2
crit
w(P [Rcrit ])
(8.40)
gilt. Die so berechneten Verteilungen sind in Abb. 8.10 gezeigt, zusammen mit den Kernverteilungen aus Abb. 8.5, die mittels Bohmscher Mechanik erhalten wurden. Die Anzahl
von Trajektorien in einem Bin der Breite ∆R = 0.1 a.u. aus Abb. 8.5 wurde dabei über die
Anzahl der Gesamttrajektorien (N = 100000) in Wahrscheinlichkeiten umgerechnet.
Für die beiden niedrigsten Intensitäten ist die Übereinstimmung zwischen den über das
Coulombexplosionsmodell berechneten Kurven und den Histogrammen aus der Bohmschen
Rechnung eher schlecht; mit steigender Intensität nähern sich aber die Resultate der beiden
Rechnungen immer mehr an. Bei der höchsten Intensität unterscheiden sich sowohl die
Peakpositionen als auch die Formen der Kurven nur noch wenig voneinander. Dies ist zu
verstehen, wenn man die möglich Gründe für die Unterschiede noch einmal betrachtet:
• Wie diskutiert, können sich Abweichungen durch die endliche Gittergrösse ergeben.
Diese sollten aber mit der Intensität zunehmen, da das Elektron mit steigender Feldstärke
mehr Driftenergie aus dem Feld aufnehmen kann und somit schneller zum Gitterrand
gelangt (siehe Gl. (8.36)). Wir beobachten aber gerade den umgekehrten Trend.
• Ein weiterer Grund für Abweichungen liegt in der Ungenauigkeit der Modellannahme,
daß die Kerne sofort nach der Ionisation nicht mehr mit dem Elektron wechselwirken
(und insbesondere nicht mehr abgeschirmt werden), sondern nur noch über ihre reine
Coulombwechselwirkung auseinandergetrieben werden. Dies ist im Prinzip eine sudden
approximation, ähnlich wie beispielsweise der Shake-Off-Prozess in der Photodoppelionisation von Atomen, der gleich noch diskutiert werden wird (siehe Abschnitt 8.3.1).
Diese Näherung ist aber eigentlich nur gültig, wenn der Ionisationsprozess sehr schnell
verläuft; sie sollte also gerade mit steigender Intensität immer besser werden.
Wir interpretieren die Unterschiede bei geringen Intensitäten und ihr graduelles Verschwinden bei höheren Feldstärken also dahingehend, daß die Modellannahme, die hinter dem
Coulomb Explosion Imaging steckt, erst bei höheren Intensitäten gerechtfertigt wird. Die
restlichen Abweichungen bei I3 und I4 schliesslich liegen noch im Bereich der Unsicherheit,
82
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
0.4
I1 = 1.26 · 1014 W/cm2
Wahrscheinlichkeit
Wahrscheinlichkeit
0.02
0.01
frag replacements
I2 = 2.84 · 1014 W/cm2
0.2
PSfrag replacements
0
0
2
4
6
R [a.u.]
8
0
10
2
4
6
R [a.u.]
8
10
0.8
I3 = 5.05 · 1014 W/cm2
Wahrscheinlichkeit
Wahrscheinlichkeit
0.6
0
0.4
0.2
frag replacements
I4 = 7.9 · 1014 W/cm2
0.6
0.4
0.2
PSfrag replacements
0
0
2
4
6
R [a.u.]
8
10
0
0
2
4
6
8
10
R [a.u.]
Abbildung 8.10: Verteilung der Kernabstände zum Zeitpunkt der Ionisation für den Puls aus
Abb. 8.5: Vergleich zwischen Bohmscher Mechanik (Histogramme) und Coulomb Explosion
Imaging
Abbildung 8.11: Verteilung der Kernabstände bei der Ionisation: Vergleich von Experimenten (•, 4) mit Rechnungen von Zuo und Bandrauk (aus [WMS + 00])
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
83
f
die durch die endliche Gittergrösse und damit das Restpotential Epot
gegeben ist.
Eine experimentelle Arbeit, in der die Methode des Coulomb Explosion Imaging angewendet
wurde, um den Anschluss an theoretische Vorhersagen bezüglich der Ionisationsraten von H+
2
bei festen Kernabständen herzustellen, ist [WMS+ 00]. Das zentrale Resultat dieser Veröffentlichung ist in Abb. 8.11 gezeigt. Die verwendete Intensität betrug dabei I = 3 · 1015 W/cm2 ,
die Wellenlänge des Lasers betrug λ = 790 nm, was in atomaren Einheiten einer Frequenz
von ω = 0.058 a.u. entspricht.
Während in der theoretischen Arbeit von Zuo und Bandrauk [ZB95] bei festgehaltenen
Kernen zwei Peaks vorhergesagt werden (bei 7 a.u. und bei 10 a.u.), wird experimentell
lediglich ein Maximum bei 7 a.u. beobachtet. In [WMS + 00] wurde diese Diskrepanz auf
mögliche statistische Schwankungen zurückgeführt; nach den in den vorangegangenen Abschnitten gewonnenen Erkenntnissen scheint uns der Grund für dieses Verhalten allerdings,
wie beim Vergleich der statischen Wahrscheinlichkeiten aus Abb. 8.3 mit den Kernabständen
aus den dynamischen Rechnungen (Abb. 8.5), wieder in der zeitlichen Reihenfolge zu liegen, in der die beiden theoretisch vorhergesagten Peakpositionen von den expandierenden
Kernen erreicht werden: die aus den experimentell erhaltenen Ionenenergien rückgeschlossenen Kernabstände, bei denen Ionisation erfolgte, werden ihren Hauptpeak immer bei den
kleinsten Kernabständen haben, bei denen mit festgehaltenen Kernen nennenswerte Ionisationswahrscheinlichkeiten erreicht werden können. Dies führte in unseren Rechnungen sogar
dazu, daß selbst bei Intensitäten, bei denen die statische kernabstandsabhängige Ionisationswahrscheinlichkeit über einen weiten Bereich praktisch konstant ist (wie bei den höheren
Intensitäten in Abb. 8.3), dennoch ein deutlich ausgeprägter Peak gesehen werden kann,
wenn die Verteilung der Kernabstände berechnet wird, bei denen die Ionisationsereignisse
mit frei beweglichen Kernen tatsächlich passieren (z.B. Abb. 8.5).
8.3
Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken
Laserfeld
Ein System, welches bereits seit einiger Zeit Gegenstand intensiver Untersuchungen ist, ist
die Ionisation des Grundzustandes von Helium im starken Laserfeld. Während die Einfachionisation dabei relativ gut verstanden ist, wirft die Doppelionisation einige Fragen auf, die bis
heute nicht endgültig geklärt werden konnten. Wir wollen zunächst eine kurze Einführung in
den aktuellen Stand der Forschung geben und anschliessend an einem Helium-Modellatom
die Doppelionisation mittels Bohmscher Mechanik untersuchen.
8.3.1
Bisherige Arbeiten
Bis gegen Ende der siebziger Jahre wurde die Wechselwirkung von Laserlicht mit einzelnen
Atomen hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Einfachionisation untersucht. Bei Ionisation aus dem Grundzustand heraus befand man sich mit Intensitäten von I < 1013 W/cm2
normalerweise im Multiphotonbereich3, d.h. die Ionisation erfolgt im Feld der Frequenz ω
3
Man unterscheidet in der Laser-Atom-Wechselwirkung den√ Multiphotonbereich vom Tunnelbereich. Entscheidender Parameter ist dabei der Keldysh-Parameter γ = ω F2E , der für ein Elektron mit Bindungsenergie
E im Feld der Stärke F und Frequenz ω das Verhältnis von Tunnelzeit zu Laserperiode angibt. Ist γ < 1,
befindet man sich im Tunnelregime, für γ > 1 hingegen im Multiphotonregime [Kel65].
84
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
durch die Absorption einer genügend grossen Anzahl von Photonen N, so daß die insgesamt
aufgenommene Energie N ω (wir verwenden nach wie vor atomare Einheiten) grösser ist als
der Betrag der Bindungsenergie Ebind. Die theoretische Beschreibung des Ionisationsprozesses erfolgt dann in N -ter Ordnung der Störungstheorie und liefert für die Intensitätsabhängigkeit der Ionisationsrate den Ausdruck
w+ ∼ I N .
(8.41)
Zu dieser einfachen Grundregel exisieren allerdings einige Ausnahmen; so ändert sich z.B. die
I-Abhängigkeit, wenn resonant ionisiert wird, d.h. über einen Zwischenzustand mit Energie
Eres < 0, so daß Eres − Ebind = N 0 ω gilt. Mit wachsender Feldstärke muss in langen Pulsen
ausserdem das sog. ponderomotive Potential eines ionisierten Elektrons im Laserfeld berücksichtigt werden. Dieses trägt der Tatsache Rechnung, daß ein Elektron, welches dem Atom
entkommen ist, immer noch das oszillierende Laserfeld spürt und daher eine periodengemittelte kinetische Energie von Upond = 4ωI 2 besitzt, welche ihm zusätzlich zur Bindungsenergie
zugeführt werden muss (die Ionisationsgrenze wird also um Epond verschoben). Tiefergehende Darstellungen dieser Problemgebiete finden sich z.B. in [DK99].
Ab etwa einer Laserintensität von 1012 (für Alkalimetalle) bis 1013 W/cm2 (für Edelgase)
kann ein Atom von einem Laser mit einer Frequenz im optischen bis infraroten Bereich
nicht nur einfach, sondern zwei- oder sogar mehrfach ionisiert werden. Für die theoretische
Beschreibung dieser Prozesse bieten sich, wenn man die für die Einfachionisation erfolgreiche
Multiphoton-Störungsrechnung beibehalten will, die folgenden beiden Möglichkeiten:
• Sequentielle Ionisation: ein Elektron absorbiert eine genügende Anzahl N1 von Photonen, um die erste Bindungsenergie E1 zu überwinden. Zurück bleibt ein Ion mit
der Bindungsenergie E2, welches nun durch die Absorption von N2 weiteren Photonen ebenfalls ionisiert wird. Die Raten für diese beiden Prozesse sind, sofern keine
Sättigung der Einfachionisation eintritt, voneinander unabhängig; daher sollte gelten
++
∼ I N1 +N2 .
wseq
(8.42)
• Simultane Ionisation: Beide Elektronen werden aus dem Grundzustand mit Gesamtbindungsenergie E0 = E1 +E2 direkt ins Kontinuum gehoben; dazu müssen N > E0 /ω
Photonen absorbiert werden. Die Ionisationsrate ist dann
++
wsim
∼ IN
(8.43)
Man beachte dabei, daß nicht unbedingt N = N 1 +N2 gelten muss, obwohl E0 = E1 +E2 ist.
Abbildung 8.12 zeigt exemplarisch die intensitätsabhängige Ionenausbeute nach der Bestrahlung von Xenonatomen mit einem Laserpuls von 50 ps Dauer und einer Wellenlänge
von λ = 1064 nm (entspricht ω = 0.043 a.u.). Da die Ionisierungsenergie von Xenon 12.1
eV beträgt, sind 11 Photonen notwendig, um das erste Elektron zu ionisieren. Die Ionenausbeute für die Einfachionisation sollte im doppelt logarithmischen Plot also eine Steigung
von 11 aufweisen. Dies ist in der Tat der Fall, wie in Abb. 8.12 durch die durchgezogene
Linie angedeutet wird. Die vertikale gestrichelte Linie markiert die Sättigugsintensität Isat
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
85
Abbildung 8.12: Mehrfachionisation von Xenon in einem 50-ps-Puls bei λ = 1064 nm (aus
[LLMM83]). Durchgezogene Linie: 11-Photonen-Absorption; gestrichelte Linie: Sättigungsintensität für Einfachionisation (siehe Text)
86
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
der Einfachionisation. Bei dieser Intensität hat die Wahrscheinlichkeit für Einfachionisation im Fokus des Lasers 100 Prozent erreicht; die weiter steigende Ionenausbeute geschieht
dann lediglich durch die Aufweitung des Laserfokus mit weiter steigender Intensität, was zu
einer I 3/2-Abhängigkeit für I > Isat führt. Es ist deutlich zu sehen, daß die Zweifachionisation bei I = Isat ebenfalls abknickt. Dieses Verhalten ist sowohl mit dem sequentiellen als
auch mit dem simultanen Mechanismus kompatibel: im ersten Fall werden die einfach ionisierten Xenonatome als Vorstufe für die Doppelionisation benötigt, so daß eine Sättigung
in der Einfachionisation direkt auf die Doppelionisation durchschlagen muss; im zweiten
Fall hingegen werden neutrale Xenonatome benötigt, die aber ab der Sättigung nur noch
durch die Aufweitung des Laserfokus zur Verfügung gestellt werden. Auch die Steigung der
Doppelionisationskurve liefert bei der hier vorliegenden experimentellen Genauigkeit keinen
Aufschluss darüber, ob es sich um einen 29-Photonen-Prozess (simultaner Mechanismus)
oder um einen 30-Photonen-Prozess (sequentieller Mechanismus) handelt.
Mit weiter steigender Laserintensität bricht schliesslich das störungstheoretische Bild zusammen, und man kommt in einen Bereich, in dem (zumindest für die Einfachionisation)
die Feldstärke des Lasers von der selben Grössenordnung ist wie das Coulombfeld des Kerns.
Der Keldyshparameter ist dann (bei optischen Frequenzen) für die erste Ionisierungsenergie
auch nicht mehr grösser als 1, so daß die Einfachionisation über einen Tunnelmechanismus
geschieht. Das wohl bekannteste Experiment in diesem Regime wurde 1994 von Walker et.
al. durchgeführt [WSD+ 94]. Abb 8.13 zeigt die über einen Bereich von 12 Grössenordnungen
gemessenen Einfach- und Doppelionisationsausbeute von Helium in einem linear polarisierten 160-fs-Puls mit λ = 780nm (ω = 0.058 a.u.) im Intensitätsbereich von 5 · 1013 W/cm2
bis 2 · 1016 W/cm2. Die durchgezogenen Linien wurden mittels ADK-Tunnelraten berechnet
[ADK86]; dabei wurde ein rein sequentielles Ratenmodell für die zeitliche Änderung der Anzahl von neutralen (N0 ), einfach ionisierten (N1 ) und doppelt ionisierten (N2 ) Heliumatomen
angenommen:
dN0
= −N0 · wADK (f(t), E1)
dt
dN1
= N0 · wADK (f(t), E1 ) − N1 · wADK (f(t), E2)
dt
dN2
= N1 · wADK (f(t), E2 )
dt
(8.44)
(8.45)
(8.46)
Während die Einfachionisation über einen grossen Intensitätsbereich gut durch die ADKRate beschrieben wird4 , wird die Doppelionisation für Intensitäten I < 4 · 1015 W/cm2 um
Grössenordnungen unterschätzt. Dieses Abweichen von der sequentiellen Vorhersage wurde
bereits in einem früheren Experiment von Fittinghoff et.al. [FBCK92] gefunden, wobei allerdings nicht über so viele Grössenordnungen hinweg gemessen wurde. Bei einem solchen
Verhalten spricht man von nichtsequentieller Doppelionisation“. Seiner charakteristischen
”
Form wegen wird die Doppelionisationskurve häufig auch als Knie“ bezeichnet.
”
Die Kniestruktur wurde seither auch an anderen Elementen experimentell gesehen (z.B.
[LTC98, TCL+ 97]), so daß der zugrundeliegende Mechanismus weitestgehend unabhängig
von der detaillierten Atomstruktur sein muss (insbesondere ist die Rolle von etwaigen Multiphotonresonanzen wohl zu vernachlässigen). Weiterhin zeigte sich z.B. bei Messungen an
4
her
Die Abweichungen für kleinere Intensitäten rühren vom Übergang vom Multiphoton- zum Tunnelregime
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
87
Abbildung 8.13: Einfach- und Doppelionisation von Helium, aus [WSD + 94] (siehe Text).
Xenon [LTC98], daß die Kniestruktur nicht auf die Doppelionisation beschränkt ist, sondern bis zur Sechsfachionisation hin beobachtet und somit als universelles Phänomen in der
Laser-Atom-Wechselwirkung angesehen werden kann.
Theoretische Modelle
Zur Erklärung der nichtsequentiellen Doppelionisation wurde eine ganze Reihe von theoretischen Modellen vorgeschlagen, von denen die wichtigsten im folgenden erläutert werden
sollen.
a) Das Shake-Off-Modell:
In [FBCK92] wurde der von der Ein-Photonen-Doppelionisation her bereits bekannte Shake-Off-Mechanismus [KS57, BJ67, Åbe70, DS92] auf die Tunnelionisation in
starken Feldern übertragen. In diesem Modell wird davon ausgegangen, daß (bei der
Doppelionisation) eines der beiden Elekronen ionisiert wird und den Kern so schnell
verlässt, daß sich das andere Elektron durch die plötzliche Änderung des Gesamtpotentials mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einem Kontinuumszustand des
einfach ionisierten Atoms befindet (sudden approximation). Im Falle der Ein-PhotonIonisation lautet die mathematische Formulierung des Shake-Off-Prozesses wie folgt:
88
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
ist ψ(~r1, ~r2 ) die Grundzustandswellenfunktion, so ist in dieser Näherung die Wahrscheinlichkeit für (o.B.d.A.) Elektron 1, sich in einem Zustand φn (~r1 ) wiederzufinden,
nachdem Elektron 2 praktisch instantan in eine ebene Welle mit Impulsvektor ~k übergegangen ist, proportional zu
D
E2
~
(8.47)
σ(n, k) ∼ φn | ψ̃ mit
1
ψ̃ =
(2π)3/2
Z
~
ψ(~r1, ~r2)eik~r2 d~r2
(8.48)
In [FBCK92] wurde nun angenommen, daß oberhalb einer kritischen Intensität Ic die
Shake-Off-Voraussetzungen erfüllt sind (schnelles erstes Elektron)5; die Projektion des
zweiten Elektrons auf ionische Kontinuumszustände wurde dadurch simuliert, daß in
die Ratengleichungen (8.44) für Intensitäten I > Ic ein direkter Übergang vom neutralen zum zweifach ionisierten Atom eingebaut wurde. Damit konnten die in [FBCK92]
aufgeführten experimentellen Daten gut reproduziert werden.
Bereits die Messung von Walker et. al. [WSD+ 94], die sich über weitaus mehr Grössenordnungen erstreckte, zeigte jedoch keine Anzeichen einer kritischen Intensität Ic .
Selbst bei Intensitäten von nur knapp über 1014 W/cm2, bei denen sicher von einer instantanen Einfachionisation nicht mehr die Rede sein kann, bleibt das nichtsequentielle
Doppelionisationssignal unverändert mehrere Grössenordnungen über der sequentiellen ADK-Rechnung. Dies war das erste Indiz dafür, daß der Shake-Off-Mechanismus
wahrscheinlich nicht den dominierenden Beitrag liefert. Ein weiteres Argument gegen
das Shake-Off-Modell ist die falsche Polarisationsabhängigkeit: bereits kurz nach der
Vorstellung des Shake-Off-Modells wurde in [WMY + 93] eine deutliche Unterdrückung
der Helium-Kniestruktur gemessen, wenn anstatt eines linear polarisierten Lasers ein
zirkular polarisierter Laser verwendet wurde. Im Rahmen der damals möglichen experimentellen Genauigkeit lag bei Verwendung von zirkular polarisiertem Licht die
Doppelionisationsausbeute exakt auf der sequentiellen Vorhersage. Jüngste Messungen an Magnesium [GWW01] zeigen zwar auch für zirkulare Polarisation eine im
Vergleich zum sequentiellen Modell leicht erhöhte Ausbeute; der Effekt ist aber gegenüber der Messung mit linear polarisiertem Licht deutlich reduziert. Im Rahmen
des Shake-Off-Modells ist dieses Verhalten nicht zu erklären, denn strenggenommen
wird für die Ionisation des zweiten Elektrons überhaupt kein Feld mehr benötigt, da
die Doppelionisation einzig und allein durch die Projektion auf die ionischen Kontinuumszustände erfolgt. Der Laser wird zwar sicherlich eine Rolle spielen, wenn es
darum geht, den Anteil an Elektronen, die nicht im Kontinuum, aber in hochangeregten Zuständen landen, zu ionisieren; dabei sollte aber die Polarisation des Lichtes
ebenfalls keine allzugrosse Rolle spielen. Insgesamt kann also davon ausgegangen werden, daß der Shake-Off-Mechanismus als dominanter Beitrag zur nichtsequentiellen
Doppelionisation auszuschliessen ist.
b) Kollektives Tunneln
Unter kollektivem Tunneln versteht man die simultane Tunnelionisation von N Elektronen. Der Mechanismus wurde sowohl in einer recht elaborierten Rechnung von B.
5
Die kinetische Energie ionisierter Elektronen skaliert mit der ponderomotiven Energie E pond = I/4ω2 ,
ist also proportional zur Intensität
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
89
Zon untersucht [Zon99] als auch in einem eher einfachen Modell [EDM + 00] durchgerechnet. Beide Veröffentlichungen kommen zum gleichen Ergebnis.
Das Prinzip wird deutlich, wenn man sich die Struktur der ADK-Formel für die Tunnelrate eines einzelnen Elektrons mit Bindungsenergie E i im quasistatischen Feld der
Stärke F [ADK86] anschaut:
!
p
2 2m|Ei |3
w(F, Ei ) ∼ exp −
(8.49)
3eF
Dabei sind m und e Masse und Ladung des Elektrons. Beim kollektiven Tunneln stellt
man sich nun die N Elektronen
als Quasiteilchen mit Masse Nm, Ladung Ne und
P
Bindungsenergie Etot = i Ei vor. Damit ergibt sich
!
p
2 2m|Etot |3/N
wcoll (F, Etot) ∼ exp −
(8.50)
3eF
Leider liegen die Vorhersagen für die Mehrfachionisation, die man mittels der Rate
(8.50) erhält, teilweise noch unterhalb der sequentiellen Vorhersage und somit natürlich
auch um mehrere Grössenordnungen unterhalb der experimentellen Resultate. Der
Grund, warum der Mechanismus des kollektiven Tunnelns trotzdem noch eine gewisse
Rolle in der aktuellen Diskussion spielt, liegt in einem in [EDM + 00] gemachten empirischen Befund begründet: verwendet man nämlich nicht die Rate (8.50), sondern ersetzt
in der Rate (8.49) einfach Ei durch Eef f := Etot/N, so erhält man in praktisch allen
Fällen eine erstaunlich gute Übereinstimmung mit dem Experiment. Dies gilt sowohl
bei der Verwendung unterschiedlichster Atomsorten als auch für die Beschreibung von
Drei- oder Vierfachionisationsausbeuten! Der Grund für dieses Verhalten ist bis heute
unklar; die N Elektronen scheinen nicht als Quasiteilchen zu tunneln, sondern so, als
müsste nur eines von ihnen die Tunnelbarriere überwinden, um simultan alle anderen
mit freizusetzen.
c) Das Rückstreumodell
Das Rückstreumodell wurde von Corkum [Cor93] als genereller Mechanismus in der
Laser-Atom-Wechselwirkung vorgeschlagen. Es kann nicht nur auf die Doppelionisation, sondern auch auf die Erzeugung höherer Harmonischer angewendet werden. Das
physikalische Bild hinter dem Rückstreuprozess lässt sich in einem Dreistufenprozess
zusammenfassen:
i) Das äussere Elektron des Atoms wird durch Tunnelionisation freigesetzt. Die
Tunnelwahrscheinlichkeit pro Zeitschritt dt kann wieder über eine Tunnelrate
w(f(t), E) berechnet werden: P = w dt.
ii) Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt im Verlauf einer Laserperiode das Elektron
freigesetzt wird, wird es das Atom zunächst nicht gleich verlassen, sondern beim
Vorzeichenwechsel des Laserfeldes einen Streuprozess am zurückbleibenden Ion
ausführen.
iii) Bei diesem Streuprozess kann ein weiteres Elektron ionisiert werden (e − 2eProzess) und/oder durch die Beschleunigung, die das zurückgetriebene Elektron
im Feld des Kernes erfährt, hohe Harmonische erzeugt werden.
90
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
PSfrag replacements
PSfrag replacements
PSfrag replacements
-10 -8
-6
-4
-2
-10 -8
-6
-4
-2
PSfrag replacements
0
2
4
6
8
10 -10 -8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
10
0
2
4
6
8
10 -10 -8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
10
Abbildung 8.14: Schematische Darstellung des Rückstreuprozesses
Der Rückstreuprozess ist in Abb. 8.14 schematisch dargestellt. Mit diesem Modell
kann die Polarisationsabhängigkeit der nichtsequentiellen Mehrfachionisation einfach
erklärt werden: im zirkular polarisierten Laserfeld wird das erste Elektron nicht zum
Ion zurück, sondern in seitlicher Richtung wegbeschleunigt, so daß ein e − 2e-Prozess
nicht stattfinden kann.
Im Rahmen einer S-Matrix-Theorie von Becker und Faisal [BF99a, BF99b, BDM94,
BF96] gelang es, den Wirkungsquerschnitt für die Doppelionisation in eine Reihe von Elementarprozessen (Feynmandiagrammen) zu entwickeln. Es konnte gezeigt werden, daß die
Berücksichtigung von nur zweien dieser Diagramme die experimentellen Resultate bereits
sehr gut reproduziert: zum einen die Wechselwirkung eines Elektrons mit dem Laserfeld,
zum anderen die Coulombwechselwirkung dieses Elektrons mit dem anderen Elektron. Dies
sind aber genau die Terme, die mathematisch das Rückstreumodell beschreiben. Weiterhin
wurden in COLTRIMS-Experimenten die Impulse der bei der Mehrfachionisation von Neon
entstehenden Rückstossionen vermessen [MFS+ 00, MFLU+ 02]. Eine qualitative Analyse der
Impulsbilanz beim Rückstreuprozess ergab, daß im Gegensatz zur Einfach- oder sequentiellen Doppelionisation die Ionenimpulse eine Doppelpeakstruktur aufweisen sollten. Genau
diese Doppelpeakstruktur wurde experimentell nachgewiesen (siehe Abb. 8.15).
Bei Laserwellenlängen von λ ≈ 800 nm und linear polarisierten Laserstrahlen, wie sie
in den eben erwähnten theoretischen und experimentellen Arbeiten verwendet wurden, darf
also inzwischen davon gesprochen werden, daß der Rückstreumechanismus als dominanter
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
91
Abbildung 8.15: Impulsverteilung der Rückstossionen bei der Doppel- und Dreifachionisation
von Neon (aus [MFS+00]).
92
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
Prozess in der nichtsequentiellen Doppelionisation eindeutig identifiziert ist. Noch nicht
geklärt ist hingegen der Mechanismus in zirkular polarisierten Lasern [GWW01] sowie in
Pulsen höherer Frequenz [Bau97, LEHG99, LvL98]. Diesen zweiten Fall werden wir im
nächsten Abschnitt näher untersuchen.
8.3.2
Doppelionisation eines Helium-Modellatoms
In diesem Abschnitt stellen wir Resultate vor, die mittels eines eindimensionalen HeliumModellatoms berechnet worden sind. Dabei wird die Einfach- und Doppelionisation dieses
Systems wieder unter dem Gesichtspunkt der Bohmschen Mechanik untersucht.
Eindimensionale Heliummodelle wurden bereits mehrfach in der Literatur untersucht [DvL01,
EDM+ 00, WSL+ 97, PGB91, PRG97, Bau97, LGE00, LEHG99, LvL98]. Der Grund dafür
liegt natürlich in dem im Vergleich zu vollen 3D-Rechnungen relativ geringen numerischen
Aufwand, der dabei zu betreiben ist. Zudem sollten alle im vorigen Abschnitt vorgestellten Mechanismen der nichtsequentiellen Doppelionisation auch für eindimensionales Helium
funktionieren; lediglich die Polarisationsabhängigkeit kann nicht untersucht werden. Und in
der Tat beobachtet man auch in den eingangs erwähnten Publikationen ausnahmslos die
Kniestruktur in der Doppelionisationsausbeute. Auch die bereits angesprochene Impulsverteilung der Rückstossionen konnte in [LGE00] reproduziert werden. Es scheint also, als ob
die wesentlichen Features der atomaren Doppelionisation in einem solchen dimensionsreduzierten Modell enthalten sind.
Technisches
Das im folgenden verwendete Heliummodell wird beschrieben durch den Hamiltonoperator
Ĥ(x, y) = −
1 ∂2
2
2
1 ∂2
−
−√ 2
−p
2
2
2
2 ∂x
2 ∂y
x +1
y +1
1
+ (x + y) · f(t)
+p
(x − y)2 + 1
(8.51)
Man erhält eine Grundzustandsenergie von E0 =-2.237 a.u.; das erste Ionisationspotential
beträgt |E1|=0.754 a.u.
Der Laserpuls ist von der Form (3.11), die Frequenz ω betrug 0.1837 a.u., die Pulsdauer T
6 Laserzyklen.
Parallel zur Propagation der Wellenfunktion wurden 10 6 Bohm-Trajektorien mitberechnet.
Nach Abklingen des Pulses wurde die Zeitentwicklung noch für Tadd = 500 a.u. weitergeführt. Die Wahrscheinlichkeiten für die Einfach- und die Doppelionisation wurden nach
dem folgenden Kriterium berechnet:
P + = P (|x| > 10 a.u. ∧ |y| < 10 a.u.) + (x ↔ y)
P ++ = P (|x| > 10 a.u. ∧ |y| > 10 a.u.)
(8.52)
Die Ionisationsgrenze bei 10 a.u. wurde dabei so festgesetzt, daß bezüglich weiterer Vergrösserung Konvergenz vorlag.
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
93
1e+00
Ionisationswsk.
1e−01
1e−02
einfach
doppelt
He+ → He++
1e−03
1e−04
PSfrag replacements
1e−05
1e−06
1e+14
1e+15
2
1e+16
Intensität [W/cm ]
Abbildung 8.16: Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeit bei einem 6-Zyklen-Puls
der Frequenz ω = 0.1837 a.u.
Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeit
Für einen Laserpuls der Frequenz ω = 0.1837 a.u. und einer Länge von 6 Zyklen (' 205.2
a.u.) wurden die Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeiten berechnet. Das Resultat ist in Abb. 8.16 dargestellt, zusammen mit der Ionisationswahrscheinlichkeit von He +. Es
ist deutlich eine Kniestruktur in der Doppelionisationskurve zu erkennen, mit einem Sattel
bei ca. 7·1014 W/cm2 , wo die Kurve in die sequentielle Vorhersage übergeht. Bei der gleichen
Intensität findet sich bei genauem Hinsehen auch eine leichte Delle“ in der Einfachionisa”
tionskurve, so daß die Vermutung nahe liegt, daß diese beiden Strukturen eine gemeinsame
Ursache haben könnten. Dies ist in der Tat der Fall, wie wir gleich sehen werden.
Wie bereit angesprochen, sollte der Rückstreuprozess bei den hier verwendeten Pulsparametern keine Rolle spielen: wenn man sich klarmacht, daß zur Ionisation von He + in
unserem Modell eine Energie von E1 =0.75 a.u. benötigt würde, die von der ponderomotiven Energie Epond = I/4ω 2 des rückstreuenden Elektrons aufzubringen wäre, so müsste
I = 3.51 · 1015 W/cm2 betragen, also im Vergleich zur verwendeten Intensität eine ganze
Grössenordnung höher sein. In unserem Fall muss also ein anderer Mechanismus für die
nichtsequentielle Doppelionisation verantwortlich sein.
Abhängigkeit des Ionisationsereignisses vom Anfangsort
Prinzipiell stünden uns die Orte und Impulse aller Bohmschen Elektronen (im folgenden
kurz BEs genannt) zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung. Diese Menge an Information muss
nun in möglichst wenigen, dabei aber auch möglichst aussagekräftigen Observablen kondensiert werden, um etwas über den Verlauf des Einfach- und Doppelionisationsprozesses
herausfinden zu können. Wir haben uns in dieser Arbeit dafür entschieden, die Anfangsorte
der BEs als eine solche Observable zu verwenden. Die Fragestellung lautete also: welche
94
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
400
400
b)
a)
300
Counts
Counts
300
200
200
100
100
PSfrag replacements
0
−7.5
−2.5
2.5
x0 [a.u.]
7.5
0
−7.5
−2.5
2.5
7.5
x0 [a.u.]
Abbildung 8.17: Histogramm der Anfangskoordinaten ionisierter BEs in einem 1DWasserstoff-Modell [Intensität in a): I = 8.77 · 1013 W/cm2,, in b): I = 3.51 · 1014 W/cm2 ].
Zum Vergleich ist die entsprechend normierte Grundzustandswahrscheinlichkeit eingezeichnet (durchgezogene Linie).
Anfangskoordinaten (x, y) führen zur Einfach-, welche zur Doppelionisation?
Zur Einführung wollen wir zunächst die gleiche Fragestellung an einem eindimensionalen
Wasserstoffmodell mit dem Hamiltonoperator
Ĥ = −
1
1 ∂2
−√
+ x · f(t)
2
2 ∂x
x2 + 1
(8.53)
untersuchen. Dazu wurde die Grundzustandswellenfunktion von (8.53) zusammen mit 10000
BEs unter Einwirkung des in Abb. 8.16 verwendeten Laserpulses propagiert und die Anfangsorte der ionisierten Teilchen in Bins von ∆x = 0.1 a.u. aufgezeichnet. Das Ergebnis für zwei
verschiedene Intensitäten ist in Abb. 8.17 dargestellt, zusammen mit der durch die Grundzustandswellenfunktion gegebenen Aufenthaltsverteilung N(x; ∆x) = |ψ(x)|2 · 10000 · ∆x.
Offenbar erfolgt die Ionisation in diesem einfachen Modell auf beinahe triviale Weise: die
BEs werden einfach nacheinander vom Rand der Wellenfunktion her abgesaugt. Daß der
Ionisationsprozess in einer Dimension nur so verlaufen kann, folgt aus der in Kapitel 7
bereits angesprochenen Eigenschaft der Bohmschen Trajektorien, sich im Ortsraum nicht
überschneiden zu können, da die Bohmsche Bewegungsgleichung mẋ = ∇S(x) von erster
Ordnung in der Zeit ist. Deshalb müssen zur Ionisation eines BE mit Anfangskoordinaten x0 zuerst alle BEs mit Anfangskoordinate x > x0 ionisiert werden. Aus dem gleichen
Grund wird auch ein BE mit Anfangskoordinate x0 > 0 (< 0) ausser bei den allergrössten
Feldstärken immer zu positiven (negativen) x-Werten hin ionisiert werden, da dann die Anzahl der vorher zu ionisierenden BEs viel geringer sein wird. Mit steigender Intensität wird
schliesslich das Loch“in der Verteilung, welches gerade den nicht ionisierten BEs entspricht,
”
immer mehr aufgefüllt, da die Ionisationswahrscheinlichkeit für I → ∞ gegen 1 geht.
Obwohl diese Befunde im Prinzip sofort aus den Bohmschen Bewegungsgleichungen folgen,
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
e2
e1
Kernort
y [a.u.]
Kernort
5
4
3
2
1
0
−1
−2
−3
−4
−5
95
e1
e2
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x [a.u.]
Abbildung 8.18: Verteilung der Anfangskonfigurationen, die bei I = 2.25 · 10 14 W/cm2 zu
Einfachionisation führen (logarithmische Skala, normiert auf den Maximalwert)
sind sie dennoch zunächst ein Stück weit kontraintuitiv und von daher zumindest erwähnenswert. Natürlich schlägt die Tatsache, daß sich zwei Bohmsche Trajektorien im Raum nicht
schneiden dürfen, in einer eindimensionalen Rechnung voll zu Buche und sorgt für eine relativ uninteressante Ionisationsdynamik. In zwei Dimensionen ist die topologische Situation
eine ganz andere; dennoch werden wir sehen, daß gewisse Strukturen aus der eindimensionalen Rechung erhalten bleiben, wenn die Ionisation in guter Näherung auf eindimensionalen
Untermannigfaltigkeiten stattfindet.
Für den Fall des zweidimensionalen Heliums besteht die Abb. 8.17 entsprechende Darstellung nun aus zwei zweidimensionalen Histogrammen, getrennt nach Einfach- und Doppelionisation. Ein Beispiel für diese Art der Auftragung ist in Abb. 8.18 zu sehen. Gezeigt
ist die Häufigkeitsverteilung aller Anfangsorte von BE-Paaren, die bei einer Pulsintensität
von I = 2.25 · 1014 W/cm2 zur Einfachionisation führen (Frequenz und Pulsdauer wie oben
beschrieben). Zur Farbcodierung wurde eine logarithmische Skala verwendet.
Es sind deutlich vier Häufungspunkte zu erkennen; die Konfigurationen zu zweien dieser
vier Häufungspunkte sind schematisch mit eingezeichnet, die der anderen beiden Häufungspunkte erhält man einfach durch Vertauschen der Elektronen. Zum besseren Verständnis ist
in Abb. 8.19 zusätzlich die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Grundzustandes gezeigt.
Das zweite auffallende Feature an Abb. 8.18 ist der nahezu quadratische Bereich in
der Mitte, aus dem keine Einfachionisationsereignisse stammen. Es ist offensichtlich, daß
Längsschnitte entlang einer der beiden Koordinaten ein zu Abb. 8.17 analoges Bild ergeben
würden. Man kann also jetzt schon die These aufstellen, daß die Einfachionisation bei dieser
Intensität im wesentlichen auf einen eindimensionalen Prozess reduziert werden kann, mit
96
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
8
6
4
2
0
−2
−4
−6
−8
−8 −6−4 −2 0 2 4 6 8
Abbildung 8.19: Der Grundzustand von Hamiltonian (8.51) in logarithmischer Darstellung,
normiert auf den Maximalwert
einem aktiven“ Elektron, welches ionisiert wird, während das zweite Elektron eher eine
”
Zuschauerrolle einnimmt. Von daher erscheinen auch die Positionen der Häufungspunkte
logisch: wenn nur relativ wenig Intensität zur Verfügung steht, werden zunächst diejenigen
BE-Anfangskoordinaten zur Einfachionisation führen, die dem angestrebten Endzustand
schon bei Pulsbeginn möglichst nahe sind. Das sind aber gerade solche Konfigurationen, bei
denen sich ein Elektron nahe am Kern und das andere möglichst weit entfernt vom Kern
befindet (die also grösstmögliche Asymmetrie aufweisen). Mit steigender Intensität können
dann auch symmetrischere und insgesamt näher am Kern liegende Konfigurationen einfachionisiert werden.
Somit sollte man also erwarten, daß die Doppelionisation bei niedrigen Intensitäten bevorzugt von möglichst symmetrischen Konfigurationen aus passiert. Diese Erwartung wird
durch Abb. 8.20 voll bestätigt: hier sind, in analoger Weise zur Einfachionisation, die Anfangskonfigurationen gezeigt, die bei der selben Intensität zur Doppelionisation führen. Abgesehen davon, daß insgesamt sehr viel weniger Doppel- als Einfachionisationsereignisse
gesehen werden: die Beiträge kommen praktisch ausschliesslich aus den symmetrischen bzw.
antisymmetrischen Konfigurationen, die in der Abbildung zur Orientierung schematisch mit
dargestellt sind.
Dieses Resultat erinnert stark an die Wannier-Theorie [Wan53, Pat98] über den vollständigen Mehrteilchenaufbruch: die Idee dabei ist, daß zur kompletten Fragmentation eines Systems an der Schwelle, wenn also gerade genug Energie vorhanden ist, um völlige Fragmentation zu ermöglichen, die vorhandene Überschussenergie ε nicht zur internen Umordnung
des Systemsp
verschwendet werden darf, sondern vollständig zur Vergrösserung des Hyper2
radius R = r12 + r22 + . . . + rN
benutzt werden muss. Daher können im Limes ε → 0 nur
die völlig symmetrischen Anfangskonfigurationen (in der Wannier-Theorie allerdings in einem klassischen Konfigurationsraum) zur vollständigen Fragmentation beitragen; jegliche
Asymmetrie würde zum Zurückbleiben“ eines oder mehrerer Teilchen führen und somit
”
nicht mehr zur kompletten Fragmentation. Diese Argumentation lässt sich im Prinzip auf
den von uns betrachteten Fall übertragen: bei relativ geringer Laserintensität scheint es auch
hier für die Doppelionisation am günstigsten zu sein, die absorbierte Laserenergie lediglich
in die Vergrösserung des Hyperradius zu stecken und den Hyperwinkel α = arctan xy
möglichst konstant zu halten.
Wie sehen nun die Bohmschen Trajektorien, die aus den symmetrischen bzw. assymetrischen
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
Kernort
y [a.u.]
Kernort
5
4
3
2
1
0
−1
−2
−3
−4
−5
97
Kernort
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x [a.u.]
Abbildung 8.20: Verteilung der Anfangskonfigurationen, die bei I = 2.25 · 10 14 W/cm2 zu
Doppelionisation führen (logarithmische Skala, normiert auf den Maximalwert)
Gebieten stammen, typischerweise aus? Zwei generische Beispiele sind in Abb. 8.21 gezeigt.
In beiden Fällen findet die Doppelionisation offenbar ohne jegliche dynamische Interaktion zwischen den beiden BEs statt. Insbesondere findet man in diesen (und in allen weiteren
von uns untersuchten) Beispielen wie erwartet keine Anzeichen für einen Rückstreuprozess.
Die statische Wechselwirkung zwischen den beiden Elektronen spielt aber sicherlich eine
wichtige Rolle: schliesslich ist die Bindungsenergie jedes einzelnen Elektrons im Vergleich
zum He+ -Fall erniedrigt, so daß die Ionisation durch die Anwesenheit des jeweils anderen
Elektrons erleichtert wird. Der Doppelionisationsprozess, so wie er sich in den in Abb.8.21
gezeigten exemplarischen Trajektorien darstellt, scheint aber dennoch so zu verlaufen, als
verhielten sich die beiden BEs im wesentlichen unabhängig voneinander. Es lässt sich also
vermuten, daß ein Modell unabhängiger, äquivalenter“ Elektronen mit
”
ψ(x, y) = φ(x)φ(y)
(8.54)
in dem hier betrachteten Intensitätsbereich eine gute Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse bieten könnte. Wir werden auf diesen Aspekt gleich noch eingehen.
Besonders bemerkenswert ist darüber hinaus sicherlich das Verhalten der symmetrischen
Trajektorie: hier sitzen die BEs praktisch aufeinander und verlassen als Quasiteilchen“ den
”
Kern. Dies ist exakt die Situation, wie sie im Modell des kollektiven Tunnelns ([EDM + 00],
siehe auch S. 88) angenommen wird. Und auch in unserem Modell finden wir, daß der
Beitrag dieses kollektiven Mechanismus sehr gering ist (man beachte die logarithmische
Auftragung in Abb. 8.20). Die Möglichkeit, daß sich zwei BEs gleichzeitig an einem Ort
aufhalten können, liegt in unserem Modell an der Verwendung eines Softcorepotentials auch
zur Beschreibung der Elektron-Elektron-Wechselwirkung. Dadurch wird der Effekt des Fehlens zweier Raumdimensionen teilweise wieder kompensiert.
In den Abbildungen 8.22 und 8.23 sind die zu Einfach- bzw. Doppelionisation führenden
Anfangsbedingungen nun systematisch als Funktion der Intensität gezeigt. Während dabei
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
60
0
40
−10
x,y [a.u.]
x,y [a.u.]
98
20
0
−20
−20
−30
−40
frag replacements
PSfrag replacements
−40
0
50
t [a.u.]
100
150
−50
0
50
100
t [a.u.]
150
200
Abbildung 8.21: Generische Trajektorien mit antisymmetrischen bzw. symmetrischen Anfangsbedingungen, die zur Doppelionisation führen
für die niedrigsten betrachteten Intensitäten die Einfach- und die Doppelionisationsereignisse noch deutlich aus unterschiedlichen Bereichen kommen, vermischen sich die Strukturen
mit steigender Intenstität immer mehr; für I > 1015 W/cm2 liegen schliesslich die Regionen,
die bevorzugt zu Doppelionisation führen, eng verzahnt mit den Regionen, die bevorzugt
zu Einfachionisation führen. Die dabei auftretenden komplexen Formen konnten leider im
Rahmen dieser Arbeit nicht mehr interpretiert werden. Angesichts der Tatsache, daß man
sich mit I > 1015 W/cm2 bereits im sequentiellen Bereich befindet, hätte man u.U. eine
einfachere Struktur der Anfangsbedingungen erwartet, bzw. eine grössere Ähnlichkeit zwischen den Einfach- und den Doppelionisationsergebnissen (wenn man sich den sequentiellen
Prozess als zwei praktisch unabhängig voneinander erfolgende Ionisationsereignisse vorstellt,
deren einziger Unterschied in der höheren Kernladung bei der zweiten im Vergleich zur ersten Ionisation besteht). Dies scheint offensichtlich nicht der Fall zu sein, muss aber, wie
gesagt, Gegenstand zukünftiger Untersuchungen bleiben.
Das Verhalten bei niedrigen Intensitäten kann hingegen, wie bereits angedeutet, durch die
Verwendung eines Hartree-Ansatzes mit zwei äquivalenten Elektronen und der Wellenfunktion
ψ̃(x, y; t) = φ(x; t)φ(y; t)
(8.55)
mit der zeitlichen Entwicklung
Z
∂
1 ∂2
+ VKern (x) + Vel−Las + Vel−el (x, y) |φ(y)|2 dy
i φ(x; t) = −
2
∂t
2 ∂x
i
h
= Ĥ0 (x) + x · f(t) + VW W (x) φ(x)
=: Ĥ1 (x) φ(x)
(8.56)
(8.57)
(8.58)
(sowie einer analogen Gleichung mit x ↔ y) erklärt werden. Gl. (8.56) folgt aus dem Variationsansatz
Z
δ
φ∗ (x; t)φ∗(y; t)[i∂/∂t − Ĥ]φ(x; t)φ(y; t) dx dy
(8.59)
δφ(x; t)
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
Doppelionisation
Einfachionisation
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
I = 2.25 · 1014
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
I = 5.05 · 1014
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
I = 8.99 · 1014
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
99
5
4
3
W
2
cm2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
W
2
cm2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
W
2
cm2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
Abbildung 8.22: Verteilung der Anfangskonfigurationen, die zu Einfach- bzw. Doppelionisation in einem 6-Zyklen-Puls führen (Teil 1)
100
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
Doppelionisation
Einfachionisation
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
I = 1.7 · 1015
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
I = 3.16 · 1015
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
I = 7.11 · 1015
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
5
4
3
W
2
cm2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
W
2
cm2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
5
4
3
W
2
cm2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
Abbildung 8.23: Verteilung der Anfangskonfigurationen, die zu Einfach- bzw. Doppelionisation in einem 6-Zyklen-Puls führen (Teil 2)
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
101
mit der Nebenbedingung hφ | φi x,y = 1 [BJWM00]. Die Gesamtenergie des Grundzustandes,
definiert durch
Ẽ0 =< Ĥ1 >0 + < Ĥ2 >0 − < VW W >0 ,
(8.60)
beträgt, wenn, wie in 8.51, ein Softcoreparameter von a = 1 sowohl für die Kern-Elektron
als auch für die Elektron-Elektron-Wechselwirkung verwendet wird, Ẽ0 = −2.22 a.u. und
liegt somit sehr nahe an der exakten Grundzustandsenergie des verwendeten Modells von
E0 = −2.237 a.u.. Die Einteilchenenergie 0 =< Ĥ1 >0 + < VW W >0 liegt bei -0.749 a.u.,
liegt also betragsmässig in der Grössenordnung der ersten Ionisierungsenergie des vollen
Hamiltonians (8.51).
Die symmetrische Struktur von ψ̃(x, y) mit den identischen Orbitalen für die beiden Elektronen erzwingt nun gerade die Struktur für die Anfangsbedingungen der Einfach- bzw.
Doppelionisation, wie wir sie im voll korrelierten Fall bei niedrigen Intensitäten auch beobachten (ein Beispiel für die Anfangsbedingungen bei Verwendung von identischen Orbitalen
ist in Abb. 8.24 gezeigt). Anders ausgedrückt: das Auftreten einer Struktur wie in Abb. 8.18
und 8.20 lässt den Schluss zu, daß die Einfach- und Doppelionisation in diesem Intensitätsbereich bereits wie in (8.56) durch die Verwendung eines und desselben Orbitals für beide
Elektronen beschrieben werden kann. Es muss also nur noch die zeitliche Entwicklung einer
eindimensionalen Wellenfunktion φ(x) berechnet werden; ist diese mit einer Wahrscheinlichkeit p ionisiert, so gilt für die Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeiten P + und
P ++ von ψ̃(x, y) = φ(x)φ(y):
P + = 2p(1 − p)
P ++ = p2
(8.61)
Bei näherer Betrachtung von Gl. (8.61) erkennt man leicht, daß diese Art der Beschreibung
ab einer gewissen Intensität auf jeden Fall zusammenbrechen wird: es gilt immer P + ≤ 50%.
Für Intensitäten, die in einer wesentlich geringeren Einfachionisationswahrscheinlichkeit resultieren, liefert dieses einfache Modell jedoch eine recht gute Beschreibung der Einfachund Doppelionisationswahrscheinlichkeiten, wie in Abb. 8.25 gezeigt ist.
Damit steht aber ein weiterer Mechanismus zur nichtsequentiellen Doppelionisation zur
Verfügung; wir wollen ihn, da er auf der Verwendung des Modells äquivalenter Elektronen
basiert, den Mechanismus äquivalenter Elektronen nennen. Die höhere Ionisationsausbeute
basiert hier darauf, daß das Einteilchenorbital φ(x, t) mit seiner effektiven Bindungsenergie 0, die betragsmässig in der Grössenordnung des ersten Ionisierungspotentials im voll
korrelierten Modell liegt, für die Doppelionisation praktisch zweimal ionisiert werden muss
(wg. P ++ = p2 )6 . Beim sequentiellen Prozess muss hingegen zunächst ein äusseres Orbital
mit Bindungsenergie E1 ≈ 0 und anschliessend ein inneres Orbital mit Bindungsenergie
E2 < E1 ionisiert werden, was zu einer im Vergleich zu P ++ geringeren Doppelionisationswahrscheinlichkeit führt.
Beim Betrachten von Abb. 8.25 fällt nun zunächst auf, daß die Kniestruktur bereits in
der Ionisationswahrscheinlichkeit des Einteilchenorbitals auftritt (Abb. 8.25 a)). Es handelt
sich dabei um den Übergang von einem 4-Photonen- zu einem 5-Photonenprozess. Die ungestörte Grundzustandsenergie des Einteilchenorbitals beträgt 0 = −0.749 a.u.. Die zentrale
6
Es sei noch einmal extra angemerkt, daß es sich bei 0 um eine Pseudoenergie handelt, die a priori keine
physikalische Bedeutung hat.
102
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
5
4
3
2
1
y 0
−1
−2
−3
−4
−5
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
−5−4−3−2−1 0 1 2 3 4 5
x
Abbildung 8.24: Verteilung der Anfangskonfigurationen, die zu Einfach- bzw. Doppelionisation führen: Hartree-Rechnung, I = 2.25 · 1014 W/cm2
I[1015 W/cm2 ]
0.0
|˜0| [a.u.]
0.749
Epond [a.u.]
0
|˜0| + Epond [a.u.] 0.749
0.0219
0.751
0.0046
0.756
0.0878
0.754
0.0185
0.7725
0.197
0.761
0.042
0.803
0.351
0.77
0.074
0.844
0.548
0.784
0.116
0.9
Tabelle 8.1: Verschiebung des Grundzustands durch Starkshift und ponderomotives Potential (siehe Text)
Frequenz des verwendeten Pulses ist ω = 0.1837 a.u., somit ist ω = | 0|/4.07. Zieht man die
Verbreiterung des Pulsfrequenzspektrums durch die kurze Pulsdauer in Betracht, kann das
Einteilchenorbital also durch die Absorption von 4 Photonen ionisiert werden (Abb. 8.26
zeigt die Fouriertransformierte, also das Frequenzspektrum, des verwendeten Pulses). Mit
steigender Intensität I wird nun zum einen die Grundzustandsenergie durch den Starkshift
abgesenkt, zum anderen durch das ponderomotive Potential E pond = I/4ω 2 die Schwellenenergie angehoben. Die Addition dieser beiden Effekte führt, wie aus Tab. 8.1 ersichtlich ist,
bereits bei einer Intensität von 3.51 · 1014 W/cm2 zu einer Gesamtabsenkung von 0 = 0.749
a.u. auf ˜0 = 0.844 a.u., so daß für eine 4-Photonen-Ionisation bereits eine Frequenz von
˜
ω̃ = 0.211 a.u. benötigt würde, deren Beitrag in der Fouriertransformierten f(ω)
in Abb.
8.26 bereits deutlich geringer ist als der der zentralen Frequenz. Eine weitere Steigerung
der Intensität auf 5.48 · 1014 W/cm2 , womit wir uns gerade im abknickenden Bereich des
Knies befinden, erfordert für eine 4-Photonen-Ionisation ein ω̃ von 0.225 a.u., mit einem
˜
noch geringeren Anteil in f(ω).
14
Obwohl bei I ≈ 5 · 10 W/cm2 die Meanfieldbeschreibung bereits keine gute Näherung
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
10
103
0
a)
PSfrag replacements
Ionisationswsk.
10
−1
10
−2
10
einfach
doppelt
He+ → He++
2p(1 − p)
p2
−3
10
−4
10
14
15
10
Intensität [W/cm2 ]
10
16
1e+00
PSfrag replacements
Ionisationswsk.
1e−01
b)
1e−02
einfach
doppelt
He+ → He++
2p(1 − p)
p2
1e−03
1e−04
1e−05
1e−06
1e+14
1e+15
1e+16
2
Intensität [W/cm ]
Abbildung 8.25: Ionisationswahrscheinlichkeit p des Einteilchenorbitals φ (a) sowie die daraus resultierenden Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeiten im Vergleich mit der
voll korrelierten Rechnung (b)
104
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
50
40
f˜(ω)
30
20
10
PSfrag replacements
0
0
0.1
0.2
0.3
0.4
ω [a.u.]
Abbildung 8.26: Fouriertransformierte eines 6-Zyklen-Pulses der Form (3.11) mit ω = 0.1837
a.u.
mehr darstellt, ist dieser Übergang dennoch in den Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeiten des voll korrelierten Heliums zu sehen. Er sorgt, zusätzlich zum Mechanismus der äquivalenten Elektronen, für eine noch stärkere Ausprägung der Kniestruktur.
Insgesamt lässt sich sagen, daß die Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeiten in
unseren Rechnungen bis zu einer Intensität von I ≈ 3 · 1014 W/cm2 durch den Ansatz äquivalenter Elektronen gut erklärt werden können7 . Dies wurde bereits in [LvL98] beobachtet,
wobei in der erwähnten Arbeit neben ω = 0.1837 a.u. auch ω = 0.057 a.u. verwendet wurde. Bei der niedrigeren Frequenz war die Übereinstimmung zwischen der voll korrelierten
Rechnung und dem Hartree-Ansatz deutlich schlechter als bei der hohen Frequenz, was mit
der zunehmenden Bedeutung des rescattering-Mechanismus mit kleiner werdender Frequenz
erklärt werden kann. Für die Übereinstimmung bei ω = 0.1836 konnte in [LvL98] keine Begründung gefunden werden; wir können nun anhand von Abb. 8.18 und 8.20 sehen, daß die
Einfach- und Doppelionisation im niedrigen Intensitätsbereich in der Tat über ein effektives
Einteilchenorbital verläuft; die gute Beschreibbarkeit durch den Hartree-Ansatz in diesem
Bereich ist also nicht nur Zufall.
Wir wollen den Gang der Argumentation noch einmal zusammenfassen:
• Aus den Strukturen in Abb. 8.18 und 8.20 ist ersichtlich, daß die Einfach- und Doppelionisation bei niedrigen Intensitäten durch einen Produktansatz beschrieben werden
kann.
• Die bestmögliche Beschreibung eines Systems mit dem Hamiltonoperator Ĥ durch
einen Produktansatz
Ψ(x, y) ≈ φ(x) φ(y)
erfolgt durch Variation von
Z
φ∗ (x)φ∗(y)|i∂/∂t − Ĥ|φ(x)φ(y) dx dy
(8.62)
(8.63)
7
Dieser Bereich niedriger Intensitäten ist es auch gerade, der im Rahmen eines Rückstreumodells bei der
hier verwendeten Frequenz am schlechtesten nachvollzogen werden könnte.
8.3 Beispiel 2: Doppelionisation von Helium im starken Laserfeld
105
Abbildung 8.27: Die Grundzustandsorbitale des EHF-Modells (8.65) (aus [DvL01])
nach dem Einteilchenorbital φ. Daraus ergibt sich die Meanfieldgleichung (8.56)
• Für die Überhöhung der Doppelionisationsausbeute im Vergleich zur sequentiellen Vorhersage sind in diesem Fall zwei Mechanismen verantwortlich: zum einen die Tatsache,
daß die beiden Elektronen bei niedrigen Intensitäten durch äquivalente Einteilchenorbitale beschrieben werden können, deren effektive Bindungsenergien durch die statische Coulombwechselwirkung für beide Elektronen in der Grössenordnung der ersten
Ionisierungsenergie liegen; eine simultane Ionisation ist also gegenüber dem sequentiellen Mechanismus erleichtert. Zum anderen weist die Ionisationswahrscheinlichkeit
dieses Einteilchenorbitals zusätzlich gerade im Bereich des Knies einen Knick durch
den Übergang von einer 4-Photonen- zu einer 5-Photonenionisation des Einteilchenorbitals auf.
Der letztgenannte Prozess kann auch bei der Ionisation des dreidimensionalen Heliums eine
Rolle spielen, wenn man sich von den Laserparametern her im Multiphotonbereich befindet
und beispielsweise der Grundzustand bei niedrigen Intensitäten mit N Photonen, bei höheren Intensitäten aber erst mit N + 1 Photonen ionisiert werden kann. So können knieartige
Strukturen auftreten, die gar nichts mit nichtsequentieller Mehrfachionisation zu tun haben.
In unserem Modell ist das allerdings nicht so, da die Resonanz bereits bei der Ionisation
eines effektiven Einteilchenorbitals auftritt. Die Tatsache aber, daß sich der Ionisationsvorgang in einem gewissen Intensitätsbereich durch ein effektives Einteilchenorbital beschreiben
lässt, sorgt aber bereits für sich genommen für eine Erhöhung der Doppelionisationsrate im
Vergleich zum sequentiellen Modell. Allerdings ist die Beschreibbarkeit durch ein effektives
Einteilchenorbital eine spezielle Eigenschaft der eindimensionalen Beschreibung, die somit
für einen Mechanismus zur nichtsequentiellen Doppelionisation sorgt, der zumindest nicht
ohne weiteres auf den dreidimensionalen Fall übertragbar ist: geht man nämlich in einer
Dimension von der auf ein beiden Elektronen gemeinsames Orbital eingeschränkten Har-
106
8 Bohmsche Mechanik als Reaktionsmikroskop“
”
treenäherung
Ψ(x, y) = φ(x)φ(y)
(8.64)
1
Ψ(x, y) = √ (φ1 (x)φ2(y) + φ2(x)φ1(y)),
2
(8.65)
einen Schritt weiter zu
(unrestricted Hartree-Fock), so erhält man für den Grundzustand in dieser Näherung zwei
nach wie vor sehr symmetrische Orbitale φ1 und φ2 (siehe Abb. 8.27). Setzt man hingegen
für das dreidimensionale Helium mit Hamiltonian
1
1
2
2
1
Ĥ = − ∆1 − ∆2 −
−
+
2
2
|~r1 | |~r2 | |~r1 − ~r2 |
(8.66)
für den Grundzustand eine analoge Kombination wasserstoffartiger Orbitale an:
Ψ3D (~r1, ~r2 ) ∼ exp (−a|~r1|) exp (−b|~r2|) + exp (−b|~r1|) exp (−a|~r2|)
(8.67)
und variiert den Energieerwartungswert
E=
D
E
Ψ3D Ĥ Ψ3D
hΨ3D | Ψ3D i
(8.68)
nach den Parametern a und b, so erhält man a = 1.1885 und b = 2.1832 [Eck30, Tol99].
Während das 1D-Helium also in der EHF-Näherung aus einem linken“ und einem rechten“
”
”
Orbital mit gleicher Einteilchenbindungsenergie besteht, ist das dreidimensionale Helium aus
einem inneren“ und einem äusseren“ Orbital zusammengesetzt. Dies ist ein fundamentaler
”
”
Unterschied zwischen dem 3D-Helium und einfachen Modellen wie (8.51), der dazu führt,
daß eine Beschreibung der Mehrfachionisation mit äquivalenten Elektronen in drei Dimensionen nicht angebracht ist.
Wir müssen also zu dem Schluss kommen, daß die näherungsweise Beschreibung der Doppelionisation von Helium in starken Laserfeldern durch eindimensionale Modelle nicht unproblematisch ist, da in einer Dimension ein Mechanismus zur nichtsequentiellen Doppelionisation vorhanden ist, der so in drei Dimensionen nicht existiert. Die in diesem Abschnitt
erzielten Resultate haben also, was die Vergleichbarkeit mit experimentellen Daten angeht,
eher akademischen Charakter. Die Methode der Anwendung der Bohmschen Mechanik zur
mikroskopischen Untersuchung atomarer Prozesse hat sich aber dennoch bewährt, da die
Identifikation des Mechanismus, der in dem (nicht nur) in dieser Arbeit verwendeten Modell
zur nichtsequentiellen Doppelionisation führt, gelungen ist.
9
Zusammenfassung und Ausblick
Im ersten Teil dieser Arbeit wurde zunächst ein Modell zur Beschreibung kleiner Edelgascuster in intensiven Laserpulsen vorgestellt, welches klassische Dynamik mit der Möglichkeit des Tunnelns verbindet. Dieses Modell wurde dann verwendet, um das Ionisationsverhalten solcher Cluster in starken Feldern zu untersuchen. Dazu wurden zunächst für eine
Vielzahl verschiedener Cluster und bei unterschiedlichen Laserparametern die Ionisation in
Abhängigkeit des Clusterradius bei festgehaltenen Kernen untersucht. Wir haben gesehen,
wie sich die Ionisationsausbeuten bei einem solchen zusammengesetzten System durch die
Anwesenheit benachbarter Ladungsträger im Vergleich zum einzelnen Atom ändern können.
Der Ionisationsprozess besteht dabei aus dem Zusammenspiel zwischen innerer und äusserer
Ionisation, dessen Optimierung zur Existenz eines für die Ionisation optimalen Clusterradius
Rcrit führt. Es konnte gezeigt werden, daß es sich dabei um die Verallgemeinerung des an
linearen diatomaren Molekülen entdeckten enhanced-ionization-Mechanismus handelt.
Anschliessend wurden die Auswirkungen von enhanced ionization bei freier Kernexpansion
untersucht. Bei Verwendung energienomierter Pulse ergab sich eine bezüglich der Clusterionisation optimale Pulslänge, die durch das Zusammenfallen des Pulsmaximums mit dem
Erreichen des kritischen Radius Rcrit bestimmt wird. Qualitativ bleibt die Situation dabei
dieselbe, wenn man die Energienormierung des Pulses ändert oder von linearer zu zirkularer Laserpolarisation übergeht. Letzteres bildet einen wichtigen Unterschied im Vergleich
zu linearen Molekülen: das Fehlen einer Vorzugsrichtung in den näherungsweise sphärisch
symmetrischen Clustern lässt den Wirkungsgrad des Ionisationsmechanismus unabhängig
von der Art der Polarisation werden.
Unter der Annahme eines einfachen Coulombexplosionsszenarios konnte eine analytische
Formel angegeben werden, die das Verhältnis der jeweils optimalen Pulslängen bei der Verwendung unterschiedlicher Clustergrössen oder Atomsorten angibt. Die Vorhersagen aus
diesem einfachen Modell stimmen mit unseren numerischen Resultaten gut überein; der
Mechanismus der Ionisation in kleinen Edelgasclustern kann damit auch quantitativ als verstanden angesehen werden.
Schliesslich wurde Bezug genommen auf ein Experiment, in welchem ebenfalls intensive,
energienormierte Laserpulse, statt Edelgas- allerdings Metallcluster verwendet wurden. Dabei wurde die von experimenteller Seite gegebene Erklärung für die unseren Resultaten sehr
ähnlichen Messergebnisse in Frage gestellt; vielmehr sollte auch für Metallcluster im Bereich
starker Intensitäten der enhanced-ionization-Mechanismus für die Existenz einer optimalen
Pulslänge verantwortlich sein.
In diesem Bereich liegt sicher eine der Möglichkeiten für zukünftige Weiterentwicklungen
des Modells: es wäre von grossem Interesse, die Möglichkeit delokalisierter Valenzelektronen
mit einzubauen, so daß bei niedrigen Intensitäten beispielsweise die Plasmonresonanz reproduziert werden kann, ohne jedoch bei hohen Intensitäten die energetisch tieferliegenden
Elektronen zu vernachlässigen. Weiterhin sollte durch eine Implementation von Vielteilchen-
108
9 Zusammenfassung und Ausblick
propagationsverfahren wie z.B. dem tree coding [BH86] die Untersuchung grösserer Cluster
aus mehreren hundert Atomen ermöglicht werden. Interessant wäre in diesem Zusammenhang ein zu erwartender Übergang zu kollektivem, plasmaartigem Verhalten (dies jedoch auf
rein klassischer Basis), welches bei den in dieser Arbeit verwendeten Clustergrössen noch
nicht zu beobachten war.
Darüber hinaus wurde das in dieser Arbeit entwickelte Modell bereits auf Kollisionen hochgeladener Ionen mit atomaren und molekularen Targets angewendet. [Zar]. Auch in diesem
Bereich ist mit weiteren Ergebnissen und Entwicklungen zu rechnen.
Der zweite Teil dieser Arbeit befasste sich mit der Anwendung der Bohmschen Mechanik
(BM) auf zwei Systeme der Atom- und Molekülphysik. Dabei haben wir uns die Möglichkeit
zunutze gemacht, mittels BM die zeitliche Entwicklung von Wellenfunktionen auf mikroskopischer Ebene quasi unter die Lupe“ nehmen zu können.
”
Nach einer knapp gehaltenen Einführung in die Bohmsche Mechanik wurde ein eindimensionales H+
2 -Modell in kurzen, intensiven Laserpulsen untersucht. Wie im ersten Teil der Arbeit,
haben wir uns auch in diesem Fall wieder die Frage gestellt, inwieweit sich die Kernbewegung während der Wechselwirkung mit dem Laserpuls auf die Ionisationswahrscheinlichkeiten auswirkt (dabei wurden die Kerne jetzt allerdings voll quantenmechanisch behandelt).
Durch die Verwendung von BM konnte der Kernabstand zum Zeitpunkt der Ionisation angegeben werden. Wir konnten zeigen, daß sich die Verteilung dieser Kernabstände stark von
den Verteilungen unterscheiden kann, die man anhand von Ionisationswahrscheinlichkeiten bei festgehaltenen Kernabständen zunächst erwarten würde. Der Einfluss der Pulslänge
sowie der Kernmasse wurde untersucht; da letztere auch die Verteilung der Kernorte im
Grundzustand beeinflusst, hat sie bereits ohne jegliche Kernexpansion einen Einfluss auf
die Ionisationsdynamik.
Der Anschluss an die experimentell zugänglichen kinetischen Energien der Kerne wurde hergestellt. Dabei stellte sich heraus, daß die Kernabstände, die aus den Impulsen der Kerne
weit nach Ende des Pulses aus einem einfachen Coulombexplosionsmodells rückgerechnet
werden können, erst im Limes hoher Feldstärken, wenn die Ionisation des Elektrons sehr
schnell erfolgt, gut mit den tatsächlichen Kernabständen zum Zeitpunkt der Ionisation übereinstimmen.
Der zweite Themenkreis in diesem Teil der Arbeit war die Doppelionisation eines (ebenfalls
eindimensionalen) Heliummodells im starken Laserfeld. Hier wurde die Abhängigkeit der Ionisationsereignisse vom Anfangsort der Bohmschen Elektronen benutzt, um den in diesem
Fall für das Auftreten nichtsequentieller Doppelionisation verantwortlichen Mechanismus
zu identifizieren. Anhand der Verteilung dieser Anfangsorte konnte gezeigt werden, daß sich
die Einfach- und Doppelionisationswahrscheinlichkeiten bei niedrigen Intensitäten, d.h. über
einen grossen Teil des nichtsequentiellen Bereiches, durch die Annahme äquivalenter Elektronen und damit durch die Verwendung eines effektiven Einteilchenorbitals beschreiben
lassen. Aufgrund der unterschiedlichen topologischen Situation in drei Dimensionen lässt
sich dieses Resultat allerdings nicht ohne weiteres auf die Interpretation experimenteller
Resultate anwenden.
Wir sind der Ansicht, das Potential, das in der Verwendung der BM zur Untersuchung solcher
Prozesse liegt, demonstriert zu haben. In beiden von uns untersuchten Systemen erlaubte es
die BM, die Prozesse unter einem Blickwinkel zu betrachten, der in der üblichen quantenmechanischen Behandlung nicht zugänglich gewesen wäre. Von daher ist zu hoffen, daß sich
109
die BM als alternatives Werkzeug“ in der Atomphysik weiter durchsetzt. Dazu wäre insbe”
sondere die Verbesserung der bisher existierenden standalone-Methoden [LW99, Wya99], die
ein Bohmsches Ensemble ohne die parallele Berechnung der zeitabhängigen Wellenfunktion
propagieren können, wünschenswert.
Anhang A
Die klassische
Hamilton-Jacobi-Theorie
In der Bohmschen Mechanik wird die Verbindung zwischen der klassischen und der quantenmechanischen Welt formal über den Hamilton-Jacobi-Formalismus hergestellt. Im folgenden wollen wir in aller Kürze die Grundelemente dieser Theorie wiederholen; für ausführlichere Darstellungen sei auf die entsprechenden Lehrbücher der klassischen Mechanik verwiesen.
A.1
Kanonische Transformationen
Wir beschreiben in diesem Abschnitt ein völlig allgemeines klassisches System mit N Freiheitsgraden; die konjugierten Koordinaten q 1 , q2, . . . , qN und p1 , p2 , . . . , pN werden wir, sofern
nicht anders vermerkt, einfach unter q und p zusammenfassen.
Bekanntlich ergeben sich die Bewegungsgleichungen eines solchen klassischen Systems aus
der Variation der Wirkung
Z t
I(q, t; q0, 0) =
L(q, q̇, t) dt
(A.1)
0
über alle möglichen Pfade, die die bei der Variation festgehaltenen Bahnendpunkte q 0 = q(0)
und q(t) in einer Zeit t miteinander verbinden. L(q, q̇, t) ist dabei die zum System gehörige
Lagrangefunktion. Die Forderung lautet also
δI = 0,
(A.2)
d ∂L ∂L
−
=0
dt ∂ q˙i ∂qi
(A.3)
was auf die Euler-Lagrange-Gleichungen
führt. Alternativ zur Lagrangetheorie lässt sich nach Einführung der zu den qi konjugierten
Impulse
pi :=
∂L
∂ q̇i
(A.4)
pi qi − L(q, q̇, t)
(A.5)
und der Hamiltonfunktion
H(q, p, t) =
X
i
112
Anhang A Die klassische Hamilton-Jacobi-Theorie
die Wirkung I auch schreiben als
I=
Z
X
i
pi q̇i − H
!
dt.
(A.6)
Variation nach den qi und den pi liefert dann die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen
q̇i =
H
∂H
und ṗi = − .
∂pi
∂qi
(A.7)
Zur Lösung der Bewegungsgleichungen wird es oft zweckmässig sein, eine Koordinatentransformation auf neue Koordinaten
Q = Q(q, p, t) und P = P (q, p, t)
(A.8)
vorzunehmen. Die Transformation (A.8) bezeichnet man als kanonisch, wenn die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen dabei forminvariant bleiben: wenn also K = K(Q, P, t) die
Hamiltonfunktion in den neuen Koordinaten ist, soll
Q̇i =
∂K
∂K
sowie Ṗi = −
∂Pi
∂Qi
(A.9)
gelten. Die Bewegungsgleichungen (A.9) lassen sich dann natürlich wieder aus der Variation
einer neuen Wirkungsfunktion I˜ mit
!
Z X
I˜ =
Pi Q̇i − K dt
(A.10)
i
herleiten, die sich von I, der alten Wirkungsfunktion, um höchstens eine Konstante unterscheiden kann. Damit unterscheiden sich die Integranden in (A.6) und (A.10) um die totale
Zeitableitung einer Funktion F :
X
i
Pi Q̇i − K =
X
i
pi q̇i − H −
dF
.
dt
(A.11)
F kann dabei zunächst in beliebiger Weise von q, p, Q, P und t abhängen; durch die Beziehungen (A.8) lässt sich F dann z.B. in die Form F = F (q, Q, t) bringen. In diesem Fall
erhält man aus (A.11):
∂F
,
∂qi
∂F
Pi = −
,
∂Qi
∂F
K=H+
∂t
pi =
(A.12)
(A.13)
(A.14)
Analoge Ausdrücke lassen sich für die Fälle F = F (q, P, t), F = F (p, Q, t) und F = F (p, P, t)
herleiten. Die Funktion F wird als Erzeugendenfunktion der Transformation (q, p) → (Q, P )
bezeichnet. Sie stellt ein wertvolles Hilfmittel dar, um Koordinatentransformationen von
einem Satz kanonischer Koordinaten auf einen anderen Satz durchzuführen. Möchte man
A.2 Zeitentwicklung als kanonische Transformation
113
beispielsweise eine reine Ortskoordinatentransformation der Form Q = Q(q) durchführen
und den zu Q konjugierten Impuls bestimmen, so wird man die Erzeugendenfunktion F (q, P )
verwenden. Die (A.12) entsprechenden Relationen lauten dann
pi =
∂F
∂F
und Qi =
;
∂qi
∂Pi
(A.15)
damit ergibt sich aus der zweiten Gleichung F (q, P ) = Q(q)P ; durch die Umkehrung der
ersten Gleichung lässt sich dann P als Funktion von p und q bestimmen.
Die Bewegungsgleichungen (A.7) sind auf jeden Fall dann vollständig gelöst, wenn die Transformation auf neue Koordinaten Q und P gelingt, so daß Q̇ = Ṗ ≡ 0 gilt. Mit Blick auf
(A.9) lässt sich dieses Ziel z.B. dann erreichen, wenn K(Q, P ) ≡ 0 ist. Für die entsprechende
Erzeugendenfunktion F muss dann gelten:
∂F
+ H(q, p, t) = 0
(A.16)
∂t
Für den Fall, daß F eine Funktion von q und Q ist, gilt also dann unter Ausnutzung von
(A.15) (es ist üblich, diese spezielle Erzeugendenfunktion mit S(q, Q, t) zu bezeichnen):
∂S(q, Q, t)
∂S(q, Q, t)
+ H q,
, t = 0.
(A.17)
∂t
∂q
Gleichung (A.17) ist die Hamilton-Jacobi-Gleichung der klassischen Mechanik. Ihre Lösung
beinhaltet N Konstanten, nämlich gerade die neuen Koordinaten Qi . Die konstanten Impulse
ergeben sich aus Pi = ∂S(q, Q, t)/∂Qi; damit lassen sich dann durch Umkehrung (zumindest
formal) die qi (t) und über pi = ∂S(q, Q, t)/∂qi auch die konjugierten Impulse als Funktion
der Zeit bestimmen, so daß (A.7) vollständig gelöst ist.
p2
~
+ V (~r ) lautet die Hamilton-Jacob-Gleichung somit
Für den generischen Fall H(q, p) = 2m
∂S(q, Q, t) (∇S)2
+
+ V (~r) = 0.
∂t
2m
A.2
(A.18)
Zeitentwicklung als kanonische Transformation
Gegeben sei eine Menge von Anfangsbedingungen {q(0), p(0)}, welche man sich als Ausgangspunkte für einen Schwarm von Trajektorien im Phasenraum vorstellen kann, sowie
eine Hamiltonfunktion H(q, p), die die Zeitentwicklung dieser Trajektorien gemäss (A.7)
bestimmt. Schreibt man nun die klassische Wirkung als
Z q
S(q, t; q0) = S(q0) +
p dq 0
(A.19)
q0
wobei S(q0) durch die Forderung p(0) =
∂S(q0 )
∂q0
festgelegt ist, so lässt sich leicht sehen, daß
) und die zugehörige kaS(q, t; q0) eine spezielle Erzeugendenfunktion (wg. p(t) = ∂S(q(t))
∂q(t)
nonische Transformation gerade die Zeitentwicklung von {q(0), p(0)} nach {q(t), p(t)} ist.
Die klassische Wirkungsfunktion erfüllt somit auch die Hamilton-Jacobi-Gleichung (A.17).
Man kann sich die klassische Zeitentwicklung eines Hamiltonschen Systems also auch so
vorstellen, daß der Teilchenschwarm gewissermassen von der überall im Ortsraum gegebenen Funktion S(q, t; q0) geleitet“ wird. Diese Art der Anschauung tritt in der Bohmschen
”
Mechanik noch stärker in den Vordergrund.
114
A.3
Anhang A Die klassische Hamilton-Jacobi-Theorie
Beschreibung eines klassischen Ensembles durch eine
Dichteverteilung
Wie eben kurz dargelegt, legt die Hamilton-Jacobi-Theorie eine Ensemblebeschreibung eines
klassischen mechanischen Systems nahe. Ein solches Ensemble kann entweder durch die
Verfolgung aller Trajektorien seiner Mitglieder beschrieben werden oder aber, auf elegantere
Weise, durch die Einführung
einer Verteilungsfunktion f(~q, p~) im Phasenraum (üblicherweise
R
wird dabei f(~q, p~) auf f(~q, p~) d~q d~p = 1 normiert). Die zeitliche Entwicklung einer solchen
Verteilungsfunktion ist dann bekanntermassen durch die Liouville-Gleichung
∂f(q, p)
~ qf ∇
~ pH − ∇
~ pf ∇
~ qH
= {f, H} = ∇
∂t
(A.20)
Rgegeben. Eine weniger detaillierte Beschreibung erfolgt durch die Dichte im Ortsraum ρ(~q) =
f(~q, p~) d~p. Im Sinne der Hamilton-Jacobi-Theorie könnte man sich z.B. vorstellen, daß
durch die Vorgabe einer Lösung der Hamilton-Jacobi-Gleichung die Impulse der Ensemblemitglieder bereits für alle Zeiten festgelegt sind und die einzige Freiheit in der Auswahl der
Dichte im Ortsraum zur Zeit t = 0 besteht. Für ρ(~q, t) gilt dann natürlich ebenfalls eine
Bewegungsgleichung, die sogenannte Kontinuitätsgleichung, welche sich relativ einfach aus
der Forderung nach Wahrscheinlichkeitserhaltung ergibt (siehe z.B. [Arn88]). Sie lautet
∂ρ ~
+ ∇ · (ρ~v ) = 0
∂t
~ q)/m,
bzw., mit ~v = p~/m = ∇S(~
∂ρ ~
+∇·
∂t
~
ρ∇S
m
!
=0
(A.21)
(A.22)
Erst die Verbindung von Gl. (A.22) mit Gl. (A.17) ermöglicht die vollständige Beschreibung
eines klassischen Ensembles im Rahmen der Hamilton-Jacobi-Theorie.
Anhang B
Split-Operator-Methode
zur
Wellenpaketpropagation
Die Split-Operator-Methode wurde von Feit und Fleck entwickelt [FFS82]; sie bietet eine einfach zu implementierende Möglichkeit, die zeitabhängige Schrödingergleichung numerisch zu lösen, falls der Hamiltonoperator keine Mischterme in Orts- und Impulskoordinaten
enthält.
Das Prinzip beruht auf einer Näherung der Zeitentwicklung für einen kurzen Zeitschritt ∆t.
Es gilt zunächst
ψ(t + ∆t) = exp(−iĤ∆t)ψ(t)
(B.1)
mit dem Hamiltonoperator Ĥ = T̂ + V̂ . Für kleine ∆t lässt sich die Zeitentwickung wie folgt
aufspalten:
1
1
ψ(t + ∆t) = exp(−i V̂ ∆t) exp(−iT̂∆t) exp(−i V̂ ∆t)ψ(t) + O(∆t3)
(B.2)
2
2
Falls nun V̂ nur orts- und T̂ nur impulsabhängige Terme enthält, entspricht die Anwendung
von exp(−i 21 V̂ ∆t) gerade einer einfachen Multiplikation im Ortsraum, die Anwendung von
exp(−iT̂ ∆t) hingegen einer Multiplikation im Impulsraum, denn
Z
Z
∂
∂
ipx
˜
f(x) =
f(x)e
dp = ipf˜(x) dp
(B.3)
∂x
∂x
Der Wechsel zwischen Orts- und Impulsraum erfolgt dabei zweckmässigerweise über eine
schnelle Fouriertransformation (FFT).
Das obige Propagationsschema lässt sich problemlos auf mehrere Dimensionen erweitern.
Allerdings wächst der numerische Aufwand (wie bei allen exakten“ quantenmechanischen
”
Propagationsverfahren) exponentiell mit der Anzahl der Dimensionen an.
Die Splitoperatormethode lässt sich auch zur Berechnung der Grundzustandswellenfunktion eines zeitunabhängigen Hamiltonoperators Ĥ verwenden: dazu wird zu einer komplexen
Zeitvariablen übergegangen (τ = it). Dann wird die Propagation in der komplexen Zeitrichtung mit einer beliebigen Startwellenfunktion ψ(x; 0) gestartet. Entwickelt man ψ(x; 0) nach
den Eigenfunktion φi (x) von Ĥ (mit Ĥφi (x) = Ei φi (x)), so lautet die Zeitentwicklung von
ψ(x; τ )
X
ψ(x; τ ) =
ci φi (x)e−Ei τ .
(B.4)
i
Nach einiger Zeit wird das φi (x) mit dem niedrigsten Eigenwert übrigbleiben; das ist aber
gerade (bis auf Normierung) der Grundzustand von Ĥ.
Literaturverzeichnis
[Åbe70]
T. Åberg. Phys. Rev. A 2, 1726 (1970).
[ADK86]
M. Ammosov, N. Delone und V. Krainov. JETP 64, 1191 (1986).
[Arn88]
V. Arnold. Mathematical methods of classical mechanics (Springer, 1988).
[Bau97]
D. Bauer. Phys. Rev. A 56, 3028 (1997).
[BDM94]
W. Becker, L. Davidovich und J. McIver. Phys. Rev. A 49, 1131 (1994).
[Bel87]
J. Bell. Speakable and unspeakable in quantum mechanics (Cambridge University Press, 1987).
[BF96]
A. Becker und F. Faisal. J. Phys. B 29, L197 (1996).
[BF99a]
A. Becker und F. Faisal. J. Phys. B 32, L335 (1999).
[BF99b]
A. Becker und F. Faisal. Phys. Rev. A 59, R3182 (1999).
[BH86]
J. Barnes und P. Hut. Nature 324, 446 (1986).
[BJ67]
F. Byron und C. Joachain. Phys. Rev. 164, 1 (1967).
[BJWM00] M. Beck, A. Jackle, G. Worth und H. Meyer. Physics Reports 324, 1 (2000).
[BKM99]
S. Banerjee, G. R. Kumar und D. Mathur. Phys. Rev. A 60, R25 (1999).
[BM99]
D. Bauer und P. Mulser. Phys. Rev. A 59, 569 (1999).
[Boh52a]
D. Bohm. Phys. Rev. 85, 166 (1952).
[Boh52b]
D. Bohm. Phys. Rev. 85, 180 (1952).
[Boh93]
D. Bohm. The undivided universe (Routledge, 1993).
[BR99]
A. Bandrauk und J. Ruel. Phys. Rev. A 59, 2153 (1999).
[Bra93]
M. Brack. Rev. Mod. Phys. 65, 677 (1993).
[Cor93]
P. Corkum. Phys. Rev. Lett. 71, 1994 (1993).
[CRSU00]
F. Calvayrac, P. Reinhard, E. Suraud und C. Ullrich. Physics Reports 337,
493 (2000).
[CS90]
P. Channell und C. Scovel. Nonlinearity 3, 231 (1990).
118
Literaturverzeichnis
[DG90]
R. Dreizler und E. Gross. Density Functional Theory: an approach to the
quantum many body problem (Springer, 1990).
[dH93]
W. de Heer. Rev. Mod. Phys. 65, 611 (1993).
[Dit98]
T. Ditmire. Phys. Rev. A 57, R4094 (1998).
[DK99]
N. Delone und V. Krainov. Multiphoton Processes in Atoms (Springer, 1999).
[DS92]
A. Dalgarno und H. Sadeghpour. Phys. Rev. A 46, R3591 (1992).
[DST+ 98]
T. Ditmire, E. Springate, J. Tisch, Y. Shao, M. Mason, N. Hay, J. Marangos
und M. Hutchinson. Phys. Rev. A 57, 369 (1998).
[Due01]
D. Duerr. Bohmsche Mechanik als Grundlage der Quantenmechanik (Springer,
2001).
[DvL01]
N. Dahlen und R. van Leeuwen. PRA 64, 023405 (2001).
[DZY+99]
T. Ditmire, J. Zweiback, V. Yanovsky, T. Cowan, G. Hays und K. Wharton.
Nature 398, 489 (1999).
[Eck30]
C. Eckart. Phys. Rev. 36, 878 (1930).
[EDM+ 00]
U. Eichmann, M. Dörr, H. Maeda, W. Becker und W. Sandner. Phys. Rev.
Lett. 84, 3550 (2000).
[Eka84]
W. Ekardt. PRL 52, 1925 (1984).
[FBCK92]
D. Fittinghoff, P. Bolton, B. Chang und K. Kulander. Phys. Rev. Lett. 69,
2642 (1992).
[FCH+87]
L. Frasinski, K. Codling, P. Hatherly, J. Barr, I. Ross und W. Toner. Phys.
Rev. Lett. 58, 2424 (1987).
[FFS82]
M. Feit, J. Fleck und A. Steiger. Journal of Computational Physics 47, 412
(1982).
[Fra97]
O. Frank. Photoionisation von Clustern. Dissertation, Universität Freiburg
(1997).
[GA01]
M. Golshani und O. Akhavan. JPA 34, 5259 (2001).
[GGKS01]
R. Gutierrez, F. Grossmann, O. Knospe und R. Schmidt. Phys. Rev. A 64,
013202 (2001).
[GMB00]
E. Gindensperger, C. Meier und J. Beswick. J. Chem. Phys. 113, 9369 (2000).
[Gro97]
D. Gross. Physics Reports 279, 119 (1997).
[GWW01]
G. Gillen, M. Walker und L. V. Woerkom. Phys. Rev. A 64, 043413 (2001).
[Hab94]
H. Haberland, Herausgeber. Clusters of Atoms and Molecules 1 (Springer,
1994).
119
[Hol93]
P. Holland. The quantum theory of motion (Cambridge University Press, 1993).
[IB00]
K. Ishikawa und T. Blenski. Phys. Rev. A 62, 063204 (2000).
[Kel65]
L. Keldysh. JETP 20, 1307 (1965).
[KFK91]
V. Koutecky, P. Fantucci und J. Koutecky. Chem. Rev. 91, 1035 (1991).
[KKB01]
I. Kawata, H. Kono und A. Bandrauk. PRA 64, 043411 (2001).
[Kli00]
B. Klipp. Deposition massenselektierter Aluminiumcluster. Dissertation, Universität Konstanz (2000).
[KS57]
P. Kabir und E. Salpeter. Phys. Rev. 108, 1256 (1957).
[KS65]
P. Kustaanheimo und E. Stiefel. Comt. Rend. 260, 805 (1965).
[KSK+ 99]
L. Köller, M. Schumacher, J. Köhn, S. Teuber, J. Tiggesbäumker und
K. Meiwes-Broer. Phys. Rev. Lett. 82, 3783 (1999).
[LEHG99]
W. Liu, J. Eberly, S. Haan und R. Grobe. Phys. Rev. Lett. 83, 520 (1999).
[LGE00]
M. Lein, E. Gross und V. Engel. Phys. Rev. Lett. 85, 4707 (2000).
[LL60]
Landau und Lifshitz. Quantenmechanik (Akademie-Verlag Berlin, 1960).
[LLMM83] A. L’Huillier, L. Lompré, G. Mainfray und C. Manus. JPB 16, 1363 (1983).
[LTC98]
S. Larochelle, A. Talebpour und S. Chin. J. Phys. B 31, 1201 (1998).
[LvL98]
D. Lappas und R. van Leeuwen. J. Phys. B 31, L249 (1998).
[LW99]
C. Lopreore und R. Wyatt. Phys. Rev. Lett. 82, 5190 (1999).
[MFLU+02] R. Moshammer, B. Feuerstein, J. C. Lopez-Urrutia, J. Deipenwisch, A. Dorn,
D. Fischer, C. Höhr, P. Neumayer, C. Schröter, J. Ullrich, L. Armstrong,
H. Rottke, C. Trump, M. Wittmann, G. Korn und W. Sandner. PRA 65,
035401 (2002).
[MFS+00]
R. Moshammer, B. Feuerstein, W. Schmitt, A. Dorn, C. Schröter, J. Ullrich,
H. Rottke, C. Trump, M. Wittmann, G. Korn, K. Hoffmann und W. Sandner.
PRL 84, 447 (2000).
[MUK+97] R. Moshammer, J. Ullrich, H. Kollmus, W. Schmitt, M. Unverzagt, H. SchmidtBöcking, C. Wood und R. Olson. PRA 56, 1351 (1997).
[Nel66]
E. Nelson. Physical Review 150, 1079 (1966).
[NW01]
K. Na und R. Wyatt. International Journal of Quantum Chemistry 81, 206
(2001).
[Pat98]
T. Pattard. Klassische Mechanik und Fragmentationsprozesse in atomaren und
molekularen Systemen. Dissertation, Universität Freiburg (1998).
120
Literaturverzeichnis
[PFGC95]
J. Posthumus, L. Frasinski, A. Giles und K. Codling. J. Phys. B 28, L349
(1995).
[PGB91]
M. Pindzola, D. Griffin und C. Bottcher. Phys. Rev. Lett. 66, 2305 (1991).
[PRG97]
M. Pindzola, F. Robicheaux und P. Gavras. Phys. Rev. A 55, 1307 (1997).
[RPSWB97] C. Rose-Petruck, K. Schafer, K. Wilson und C. Barthy. Phys. Rev. A 55, 1182
(1997).
[RS01]
P. Reinhard und E. Suraud. Laser Physics 11, 566 (2001).
[SBDC92]
D. Strickland, Y. Beaudoin, P. Dietrich und P. Corkum. Phys. Rev. Lett. 68,
2755 (1992).
[Sch88]
F. Schwabl. Quantenmechanik (Springer, 1988).
[SKH+01]
M. Schmidt, R. Kusche, T. Hippler, J. Donges, W. Kronmüller, B. von Issendorff und H. Haberland. Phys. Rev. Lett. 86, 1191 (2001).
[SvIH98]
M. Schmidt, R. K. B. von Issendorff und H. Haberland. Nature 393, 238 (1998).
[SYC95]
T. Seideman, M. Yvanov und P. Corkum. Phys. Rev. Lett. 75, 2819 (1995).
[TCL+ 97]
A. Talebpour, C. Chien, Y. Liang, S. Larochelle und S. Chin. J. Phys. B 30,
1721 (1997).
[Tol99]
A. Tolley. JPB 32, 3449 (1999).
[TQH+00]
S. Tsang, J. Qiu, P. Harris, Q. Fu und N. Zhang. Chem. Phys. Lett. 322, 553
(2000).
[vN32]
J. von Neumann. Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik (SpringerVerlag, 1932).
[Wan53]
G. Wannier. Phys. Rev. 90, 817 (1953).
[WHC+ 01] M. Weckenbrock, M. Hattass, A. Czasch, O. Jagutzki, L. Schmidt, T. Weber,
H. Roskos, T. Löffler, M. Thomson und R. Dörner. JPB 34, L449 (2001).
[Wil99]
L. Wilson. Electrochemical Society Interface 8, 24 (1999).
[WJS+ 98]
G. Weins, T. Jennewein, C. Simon, H. Weinfurter und A. Zeilinger. Phys. Rev.
Lett. 81, 5039 (1998).
[WMS+ 00] I. Williams, P. McKenna, B. Srigengan, I. Johnston, W. Bryan, J. Sanderson,
A. El-Zein, T. Goodworth, W. Newell, P. Taday und A. Langley. J. Phys. B
33, 2743 (2000).
[WMY+93] B. Walker, E. Mevel, B. Yang, P. Breger, J. Chambaret, A. Antonetti, L. DiMauro und P. Agostini. Phys. Rev. A 48, R894 (1993).
[WSD+ 94]
B. Walker, B. Sheehy, L. DiMauro, P. Agostini, K. Schafer und K. Kulander.
Phys. Rev. Lett. 73, 1227 (1994).
121
[WSL+ 97]
J. Watson, A. Sanpera, D. Lappas, P. Knight und K. Burnett. Phys. Rev. Lett.
78, 1884 (1997).
[Wya99]
R. E. Wyatt. J. Chem. Phys. 111, 4406 (1999).
[YB97]
H. Yu und A. Bandrauk. Phys. Rev. A 56, 685 (1997).
[Zar]
B. Zarour. Private Mitteilung.
[ZB95]
T. Zuo und A. Bandrauk. Phys. Rev. A 52, R2511 (1995).
[Zon99]
B. Zon. JETP 89, 219 (1999).
Danksagung
Bedanken möchte ich mich zuallererst bei meinem Betreuer Jan-Michael Rost. Seine unkonventionellen Ideen, sein stetes Interesse ( Was gibt’s Neues?“...) und sein persönlicher
”
Einsatz haben einen wesentlichen Teil zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.
Den Herren Pattard und Saalmann gebührt grosser Dank für das kritische Korrekturlesen,
das weit über das einfache Korrigieren von Rechtschreib- und Grammatikfehlern hinausging.
Etliche Diskussionen mit Andreas Becker haben das Niveau dieser Arbeit positiv beeinflusst. . .
Zu Dank verpflichtet bin ich weiterhin all denjenigen, die die Zeit in Dresden auf die ein oder
andere Weise geprägt haben, insbesondere bei den getreuen Mensabegleitern Tobias Schneider, Ivo Häring und Peter Chocian, bei Andreas Buchleitner, Thomas Wellens und allen
anderen Buchis“, bei meiner letzten und liebsten Zimmerkollegin Martina Hentschel, bei
”
Gabriele Makolies, bei den Fussballern vom MPIPKS und MPICPfS sowie bei den Freunden
des Badmintonsports Frank Grossmann, Markus Porto, Juyeon Yi et. al. ...
Zuguterletzt ein grosses Dankeschön an meine Freunde und vor allem meine Familie, ohne
die diese Arbeit wohl niemals vollendet worden wäre.
Versicherung
Hiermit versichere ich, daß ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und
ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden
Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht.
Die Arbeit wurde bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form
einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Die Arbeit wurde am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in der Abteilung
Endliche Systeme“ angefertigt und von Prof. Dr. Jan-Michael Rost betreut.
”
Ich erkenne die Promotionsordnung der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften der
Technischen Universität Dresden vom 20. März 2000 an.
Herunterladen