3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 1 von 26 Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler’sche Gesetze – die unterschiedliche Länge der Jahreszeiten erkunden Manfred Vogel, Hiddenhausen Was hat es mit den unterschiedlich langen Jahreszeiten auf sich? Gehen Sie dieser Frage in einem problemorientierten Physikunterricht nach: Ihre Schüler stellen Hypothesen auf. Sie ergründen die Ursache für die unterschiedliche Länge der Jahreszeiten, indem sie Schlussfolgerungen aus den Kepler’schen Gesetzen ziehen. Anschließend vollziehen sie mithilfe des Gravitationsgesetzes auch rechnerisch nach, warum die Jahreszeiten unterschiedlich lang sind. © NASA/courtesy of nasaimages.org Jedes Jahr umrundet die Erde als ein treuer Begleiter die Sonne. Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter wechseln in diesem Zeitraum einander ab und bestimmen unser Leben. Manchem vergeht dabei eine bestimmte Jahreszeit nicht schnell genug – er hat den Eindruck, sie dauere länger als die anderen. Und so falsch ist dieser Eindruck auch nicht, denn Frühling und Sommer sind auf der Nordhalbkugel tatsächlich länger als Herbst und Winter. T H C I S N A R O V Die Erde bewegt sich in 365 Tagen, 5 Stunden und 49 Minuten einmal um die Sonne und dabei wechseln sich vier Jahreszeiten einander ab. Doch warum sind diese unterschiedlich lang? Ein problemorientiertes Unterrichtskonzept Der Beitrag im Überblick Klasse: 10 (G8) / 11 Inhalt Dauer: 4 Stunden · Die Kepler’schen Gesetze kennenlernen und aus ihnen Schlüsse ziehen Ihr Plus üTipp- und Lösungskarten für einen differenzierten Unterricht üMaterialien für einen fächerüberübergreifenden Unterricht und für Projekte · Eine naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweise üben · Die Ursachen für die Entstehung der Jahreszeiten und deren unterschiedliche Länge erarbeiten · Berechnungen zu Geschwindigkeiten von Himmelskörpern (Erde, Satelliten) anstellen 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G 2 von 26 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze Fachliche und didaktisch-methodische Hinweise Nutzen Sie das Thema Jahreszeiten als Rahmen für einen spannenden Unterricht In den gemäßigten Breiten sind die Jahreszeiten deutlich ausgeprägt. Der Wandel der Jahreszeiten stellt damit eine wichtige Alltagserfahrung der Schüler dar. Vielfach bestimmen die Jahreszeiten auch die Freizeitgestaltung der Schüler. So vergnügen sie sich im Winter auf Skiern oder auf dem Snowboard, während im Sommer das Meer oder Badeseen locken. Die Frage nach der Entstehung der Jahreszeiten und ihrer Länge bildet den Ausgangspunkt und Rahmen dieser Unterrichtseinheit. Aus fachdidaktischer Sicht ist dieses Thema hervorragend geeignet, den Schülern auf eine interessante Weise die Kepler’schen Gesetze und das Gravitationsgesetz zu vermitteln sowie die Gesetzmäßigkeiten, denen die Zentripetalkraft folgt, zu wiederholen. Anhand der Frage, warum die Jahreszeiten unterschiedlich lang sind, lässt sich der Unterricht problemorientiert gestalten. Ein solcher ist besonders geeignet, die naturwissenschaftliche Denkweise der Schüler zu trainieren (siehe problemorientierter Unterricht). Die Materialien sind systematisch aufgebaut. Schritt für Schritt werden die Schüler zur Antwort auf die Frage nach der unterschiedlichen Länge der Jahreszeiten geführt. Die einzelnen Arbeitsblätter sind so gestaltet, dass die Schüler – zumeist in Gruppen – weitgehend selbstständig arbeiten können. Deshalb eignet sich die Arbeitseinheit nicht nur für den regulären Unterricht, sondern kann auch gut für Projektarbeit und Schlechtwetterphasen bei Schullandheimaufenthalten eingesetzt werden. Zudem lässt sich der Beitrag auch für einen fächerübergreifenden Unterricht mit Geografie nutzen. I S N Lernvoraussetzungen – was Ihre Schüler mitbringen müssen I/G T H C Die Schüler sollten souverän mit dem Taschenrechner umgehen können. Das trifft insbesondere auf das Rechnen mit Wurzeln, Brüchen und Zehnerpotenzen zu. Zudem ist Voraussetzung, dass die Zentripetalkraft bereits behandelt wurde. A R O Der problemorientierte Unterricht – vermitteln Sie Ihren Schülern naturwissenschaftliches Denken! V Was zeichnet den problemorientierten Unterricht aus? Diese Unterrichtsmethode ist besonders gut geeignet, die Schüler an eine naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweise heranzuführen. Dabei bildet die Problemfrage, warum die Jahreszeiten unterschiedlich lang sind, den Rahmen für die gesamte Unterrichtseinheit. Bevor sich die Schüler mit der eigentlichen Problemfrage auseinandersetzen, ist es unerlässlich, dass sie verstehen, wie es überhaupt zur Entstehung der Jahreszeiten kommt. Verwenden Sie – nachdem sich die Schüler in der Aufgabe 1 und Aufgabe 2a in M 1 mit dem geozentrischen und dem heliozentrischen Weltbild beschäftigt haben – als Einstieg für diesen Unterrichtsabschnitt die Abbildung 1 auf der Folie M 5 (Foto einer Herbstlandschaft). Kommen Sie anhand des Fotos auf die Jahreszeiten zu sprechen und stellen Sie die Frage nach ihrer Entstehung. Anschließend gehen Ihre Schüler dann dieser Frage auf den Grund. Dazu erhalten sie in M 1 eine Informationskarte, auf der die Bahn der Erde um die Sonne im Jahreslauf dargestellt ist. Damit und gegebenenfalls mithilfe einer Tippkarte erschließen sich die Schüler selbstständig in Gruppenarbeit die Entstehung der Jahreszeiten, prägen sich wichtige Begriffe ein und erhalten einen Überblick über die Bewegung der Erde um die Sonne und die Konstellation Erde – Sonne. Diese Kenntnisse sind wichtig, wenn später Überlegungen zur Länge der Jahreszeiten angestellt werden. Ihre Ergebnisse kontrollieren die Schüler selbstständig in der Gruppe mithilfe der Lösungskarten. Zeigen Sie am Ende dieses Unterrichtsabschnittes die Abbildung 2 auf der Folie M 5 (Bahn der Erde um die Sonne im Jahresverlauf). Lassen Sie daran einen Schüler im 22 RAAbits Physik Februar 2011 4 von 26 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze Mediothek Literatur Meyers Lexikonredaktion (Hrsg.): Meyers Lexikon der Naturwissenschaften: Biologie, Chemie, Physik und Technik. Meyers Lexikonverlag, Mannheim 2008. Naturwissenschaftliches Nachschlagewerk mit über 1000 Seiten. Es beinhaltet alle wichtigen Fakten und Zahlen sowie die Zusammenhänge und die dazugehörigen Wissenschaftler. Feulner, Georg: Astronomie. Compact Verlag, München 2006. Ein chronologisches Nachschlagewerk über die Astronomie von den Hochkulturen (bereits um 3000 v. Chr.) bis zur Gegenwart. Übersichtlich und leicht verständlich mit vielen farbigen Abbildungen wird der Wandel des Weltbildes, der Endeckungen und Geschehnisse interessant dargestellt. Besonders hervorzuheben sind die Informationskästen „Schon gewusst?“, die das Thema lebendig und faszinierend machen. T H C Filme I S N Gravitation – die Urkraft des Universums (DVD): 2003, Spieldauer: 90 min. I/G Dieser Film zeigt einen leicht verständlichen und dennoch umfassenden geschichtlichen Ablauf der Gravitationstheorien. Begonnen bei den ersten Beschreibungen der Gravitation Aristoteles’ über Galileo Galilei, mit seinen Erkenntnissen zum freien Fall bis zu Newtons Gravitationsgesetz, liefert dieser Film einen interessanten Einblick, was Gravitation bedeutet. Erst Einstein macht deutlich, dass die Gravitation nur eine Scheinkraft ist. Als Film im Schulunterricht geeignet. A R O V Internet http://www.erkenntnishorizont.de/raumfahrt/raumfahrt.c.php?screen=800 Auf dieser Homepage erhalten Sie Informationen zur Raumfahrt und auch ein wenig zur Astronomie. Die Homepage ist schülergerecht aufbereitet und leicht verständlich gestaltet. Unter der Rubrik Bahnmanöver finden Sie Fakten und Erklärungen rund um die Raumflugbahnen, Bahngeschwindigkeiten und eine Simulation von Bahnänderungen. http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-11/ Dies ist die offizielle Homepage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Unter der Rubrik Weltraum finden Sie aktuelle Artikel zu Missionen, zum Parabelflug und zu Satelliten und Planeten. 22 RAAbits Physik Februar 2011 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 5 von 26 Materialübersicht · V = Vorbereitungszeit · D = Durchführungszeit SV = Schülerversuch LV = Lehrerversuch Ab = Arbeitsblatt/Informationsblatt Fo = Folie GA = Gruppenarbeit M1 Ab Aristoteles, Kopernikus & Co. – die Entwicklung vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild M 2 Ab Warum sind die Jahreszeiten unterschiedlich lang? M3 Ab Was haben die Kepler’schen Gesetze mit der Bahngeschwindigkeit der Erde zu tun? M4 Ab Wie schnell bewegt sich die Erde? – Die Bahngeschwindigkeit rechnerisch ermitteln M5 Fo Folie mit Fotos zu verschiedenen Arbeitsblättern M6 Ab Wie schnell muss ein Satellit sein? T H C Die Erläuterungen und Lösungen zu den Materialien finden Sie ab der Seite 23. I S N A R O V 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G 6 von 26 Aristoteles, Kopernikus & Co. – die Entwicklung vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild © Carsten Przygoda, pixelio.de M1 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze Unsere Galaxie umfasst etwa 300 Milliarden Sterne. Eine Galaxie ist eine Ansammlung von Sternen, Planeten und sonstigen Objekten. Mit einer Entfernung von 4,34 Lichtjahren, das sind circa 41,2 · 1012 km, ist das aus zwei Sternen bestehende Sternensystem Alpha Centauri unserer Sonne am nächsten. I S N A R O Bis ins späte Mittelalter galt die von Aristoteles von Chalkidike (384–322 v. Chr.) aufgestellte Theorie, wonach die Erde die Gestalt einer Kugel haben und im Zentrum des Universums liegen sollte. Aristoteles zufolge kreisen Sonne, Mond und alle Planeten um die Erde. Dieses Weltbild, bei dem die Erde im Mittelpunkt des Universums steht, wird als geozentrisches Weltbild bezeichnet. Der Begriff geozentrisch stammt von dem griechischen Wort geokentrikó (= „erdzentriert“). Doch viele Erscheinungen am Himmel sind mit diesem Weltbild nicht oder nur unzureichend zu erklären. So lassen sich die Schleifenbewegungen, die die Planeten am Himmel vollziehen, mit dieser Theorie nicht erklären. Ebenso bleibt unklar, warum die Jahreszeiten ungleich lang sind. V © Jastrow I/G T H C Blicken wir abends zum Himmel empor, so übt dieser mit seinen Milliarden leuchtenden Sternen auch heute noch eine große Faszination auf uns aus. Die Menschen in der Antike und im Mittelalter empfanden ähnlich. Zudem ging für sie vom Sternenhimmel ein großes Geheimnis aus: Sie sahen Sterne auf- und untergehen und bemerkten, dass je nach Jahreszeit unterschiedliche Sterne am Firmament zu sehen sind. Um dieses Geheimnis sowie die Entstehung der Jahreszeiten und die Bewegung der Sonne am Himmel im Tagesverlauf zu erklären, entwickelten sie Theorien über den Aufbau des Universums. Vollziehen Sie einige dieser wichtigen Theorien nach. Römische Büste des Aristoteles 22 RAAbits Physik Februar 2011 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 7 von 26 Erst Nikolaus Kopernikus (1473–1543), Domherr, Mathematiker und Astronom, rüttelte an der Lehrmeinung des Aristoteles. Er widerlegte bereits 1514 in seiner Schrift De hypothesibus motuum coelestium commentariolus einige Annahmen, auf denen das geozentrische System basiert, und entwarf ein heliozentrisches Weltbild (von griechisch helios (= „Sonne“) und kentron (= „Mittelpunkt“). Bei diesem Weltbild steht die Sonne im Mittelpunkt und die Erde und die anderen Planeten bewegen sich in Kreisbahnen um sie. Doch erst in dem kurz vor seinem Tode 1543 erschienenen und später indizierten Werk De revolutionibus orbium coelestium („Von den Umdrehungen der Himmelskörper“) veröffentlichte er Belege, mit denen er das heliozentrische Weltbild untermauern konnte. In dem folgenden Auszug aus der Schrift (Band I, Kapitel X) entwickelt er eine genaue Vorstellung davon, welche Position die Sonne und die Planeten einnehmen: „Die erste und oberste von allen Sphären ist die der Fixsterne, die sich selbst und alles andere enthält […]. Es folgt als erster Planet Saturn, der in dreißig Jahren seinen Umlauf vollendet. Hierauf Jupiter mit seinem zwölfjährigen Umlauf. Dann Mars, der in zwei Jahren seine Bahn durchläuft. Den vierten Platz in der Reihe nimmt der jährliche Kreislauf ein, in dem, wie wir gesagt haben, die Erde mit der Mondbahn als Enzykel enthalten ist. An fünfter Stelle kreist Venus in neun Monaten. Die sechste Stelle schließlich nimmt Merkur ein, der in einem Zeitraum von achtzig Tagen seinen Umlauf vollendet. In der Mitte von allen aber hat die Sonne ihren Sitz.“ T H C I S N A R O V Seite aus der Schrift De revolutionibus orbium coelestium, in der Kopernikus sein Weltbild beschreibt 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 9 von 26 Informationskarte zur Entstehung der Jahreszeiten (zu M 1) I S N Tipp- und Lösungskarten zu M 1 Tipp zu Aufgabe 2b T H C A R O Der sich im Verlauf eines Jahres leicht verändernde Abstand der Erde von der Sonne übt einen geringen Einfluss auf die Entstehung der Jahreszeiten aus. Er sorgt nur dafür, dass die Winter auf der Südhalbkugel etwas strenger als diejenigen auf der Nordhalbkugel ausfallen. Der Neigung der Erdachse kommt hingegen eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Jahreszeiten zu. Überlegen Sie sich, warum das so ist. V Tipp zur Zusatzaufgabe für Experten Überlegen Sie sich, warum es Schaltjahre gibt. Lösungskarte zu M 1 – Aufgabe 1 Ein geozentrisches Bild vom Universum bestand in der Antike und herrschte bis in das späte Mittelalter vor. Der Begriff leitet sich von dem griechischen Wort geokentrikó „erdzentriert“ ab. Dabei liegt die Erde im Mittelpunkt des Universums und die Sonne, der Mond und die Sterne kreisen um die Erde. Dieses Weltbild wurde insbesondere von Aristoteles (384–322 v. Chr.) begründet. 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G 10 von 26 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze Lösungskarte zu M 1 – Aufgabe 2 a) Kopernikus entwirft ein heliozentrisches Weltbild vom Universum, d.h. dass die Sonne im Zentrum steht. Für ihn besteht das Universum aus verschiedenen Sphären. In der obersten Sphäre befinden sich die Sterne. Dann folgen die Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Erde, Venus und Merkur. Im Gegensatz zu dem geozentrischen Weltbild des Aristoteles nimmt die Erde also keine zentrale Stellung im Universum mehr ein, sondern ist nur einer von mehreren Planeten, welche die Sonne umkreisen. Der Planet Uranus wird von Kopernikus nicht erwähnt, da er zu seiner Zeit noch nicht bekannt war. b) Die Entstehung der Jahreszeiten hängt damit zusammen, dass die Rotationsachse der Erde gegenüber dem Lot auf die Erdbahn um 23,5° geneigt ist. Aufgrund dieser Neigung treffen im Winter die Sonnenstrahlen flacher auf die Erdoberfläche auf, als das im Sommer der Fall ist. Zudem sind die Tage im Winter kürzer als im Sommer, d.h., die Erdoberfläche wird weniger lang von der Sonne beschienen. Aufgrund des flacheren Auftreffens der Sonnenstrahlen im Winter und der kürzeren täglichen Sonnenscheindauer kommt es zu einer geringeren Erwärmung der Erdoberfläche und entsprechend kühleren Temperaturen als im Sommer. T H C Auf der Nord- und auf der Südhalbkugel finden die Jahreszeiten dementsprechend zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Ist der Nordpol der Erde in Richtung Sonne geneigt, so treffen die Sonnenstrahlen auf der Nordhalbkugel steil auf der Erdoberfläche auf. Zudem sind dann dort die Tage lang, sodass die Erdoberfläche länger beschienen wird. Auf der Nordhalbkugel ist dann Sommer und auf der Südhalbkugel entsprechend Winter. Demgegenüber ist auf der Südhalbkugel Sommer, wenn im Nordwinter der Südpol in Richtung Sonne geneigt ist. I/G I S N A R O Lösungskarte zu M 1 – Aufgabe für Experten Der astronomische Frühlingsbeginn liegt um den 20./21. März, Sommerbeginn ist am 20./21. Juni, Herbstbeginn am 22./23. September und astronomischer Winterbeginn am 21./22. Dezember. V Der unterschiedliche Beginn der Jahreszeiten hängt damit zusammen, dass die Erde für einen kompletten Umlauf um die Sonne mehr als 365 Tage benötigt – genau sind es 365 Tage, 5 Stunden und 49 Minuten. Damit verschiebt sich der Beginn der jeweiligen Jahreszeiten entsprechend. Zum Ausgleich findet alle vier Jahre ein Schaltjahr statt. Doch damit noch nicht genug: Da es keine 6 Stunden pro Jahr auszugleichen gilt, sondern nur 5 Stunden und 49 Minuten, wird in drei von vier Jahrhunderten auf das Schaltjahr verzichtet. Das nächste Mal wird das im Jahr 2100 der Fall sein. 22 RAAbits Physik Februar 2011 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze Warum sind die Jahreszeiten unterschiedlich lang? © Susanne und Giovanni Romano, pixelio.de M2 11 von 26 T H C I S N Die Jahreszeiten wie hier der Winter sind in den gemäßigten Breiten sehr unterschiedlich A R O Im Frühling wird es in Mitteleuropa deutlich wärmer. Nach einer längeren Winterpause blüht die Natur auf. Den Sommer genießen viele Menschen am Badesee, der Herbst beeindruckt durch buntes Laub. Im Winter lockt der Schnee viele zum Skifahren. Die Jahreszeiten mit ihren Vorzügen und Nachteilen erleben wir ganz bewusst. Je nach Vorliebe vergeht für uns eine bestimmte Jahreszeit nicht schnell genug und wir wünschen uns eine andere Jahreszeit herbei. Doch kaum jemandem ist dabei klar, dass es tatsächlich Unterschiede in der Länge der Jahreszeiten gibt. V So haben Frühling und Sommer auf der Nordhalbkugel zusammen eine Länge von 186 Tagen und 10 Stunden, während die Länge von Herbst und Winter nur 178 Tage und 20 Stunden beträgt. Doch warum ist das so? Gehen Sie im Folgenden diesem Phänomen auf den Grund. Aufgaben 1. Stellen Sie in Ihrer Gruppe Hypothesen darüber an, warum die Jahreszeiten unterschiedlich lang sind. 2. Diskutieren Sie über Ihre Vermutungen und schreiben Sie sie auf. 3. Entscheiden Sie sich für eine Hypothese, die Sie für am wahrscheinlichsten halten. Diese Hypothese trägt dann ein Gruppenmitglied im Plenum vor. 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 13 von 26 Informationskarte zu den Kepler’schen Gesetzen 1. Kepler’sches Gesetz Die Planeten bewegen sich nicht auf einer Kreisbahn, sondern auf Ellipsenbahnen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. T H C Abbildung 1: Bewegung der Planeten um die Sonne I S N 2. Kepler’sches Gesetz Die Verbindungslinie vom Mittelpunkt der Sonne zum Mittelpunkt des Planeten (der sogenannte Fahrstrahl) überstreicht in der gleichen Zeit gleich große Flächen. A R O V Abbildung 2: Die Flächen A1, A2 und A3 sind gleich groß. Nach dem 2. Kepler’schen Gesetz ist die Zeit, in der der Planet von P1 nach P2 läuft, genauso groß wie die Zeit, in der er von P3 nach P4 bzw. von P5 nach P6 läuft. 3. Kepler’sches Gesetz Die Quadrate der Umlaufzeiten T1 und T2 zweier beliebiger Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen a1 und a2 ihrer Bahnen. T2 a 3 Es gilt also: 12 = 13 . T2 a2 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 15 von 26 Lösungskarten zu M 3 Lösungskarte zu M 3 – Aufgabe 1 c) 1. Kepler’sches Gesetz Würden sich die Planeten, wie von Kopernikus angenommen, auf Kreisbahnen bewegen, dann wäre ihr Abstand zur Sonne stets gleich. Bei der Bewegung der Planeten auf einer elliptischen Bahn um die Sonne hingegen ändert sich ihr Abstand zur Sonne ständig. Der sonnenfernste Punkt eines Planeten wird als Aphel und der sonnennächste Punkt als Perihel bezeichnet. 2. Kepler’sches Gesetz Da in der gleichen Zeit gleich große Flächen von der Verbindungslinie Sonne – Planet überstrichen werden, sind die Bogenstücke, welche die Planeten in Sonnennähe zurücklegen, größer als diejenigen, die sie in der gleichen Zeit in Sonnenferne zurücklegen. Daraus ergibt sich, dass sich die Planeten in Sonnennähe schneller bewegen als in Sonnenferne. 3. Kepler’sches Gesetz T H C I S N Bei diesem Gesetz geht es um einen Vergleich zwischen zwei Planeten, die unterschiedlich weit von der Sonne entfernt sind. Dabei weist derjenige Planet, der weiter von der Sonne entfernt liegt, eine deutlich längere Umlaufzeit und damit auch eine geringere Bahngeschwindigkeit auf. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang T12 a13 . = T22 a23 A R O V Lösungskarte zu M 3 – Aufgabe 2 Aufgabe 2 Das zweite Kepler’sche Gesetz liefert eine Erklärung für die unterschiedliche Länge der Jahreszeiten. Aus ihm ergibt sich, dass die Planeten in Sonnennähe eine größere Geschwindigkeit haben. Das gilt entsprechend auch für die Erde. Sie erreicht ihre sonnennächste Position um den 3. Januar und ist dann circa 147 Millionen km von der Sonne entfernt. Zu diesem Zeitpunkt ist auf der Nordhalbkugel Winter. Und dann hat die Erde gemäß dem zweiten Kepler’schen Gesetz aufgrund ihrer Sonnennähe auch die höchste Bahngeschwindigkeit. Nach diesem Zeitraum nimmt die Entfernung der Erde von der Sonne wieder zu, sodass ihre Bahngeschwindigkeit abnimmt. Um den 5. Juli hat sie dann mit einer Entfernung von 152 Millionen km ihren sonnenfernsten Punkt und damit ihre geringste Bahngeschwindigkeit erreicht. Die Bahngeschwindigkeit der Erde ist also im Nordherbst und Nordwinter größer als im Nordfrühjahr und Nordsommer. Dementsprechend fallen die beiden erstgenannten Jahreszeiten kürzer aus als die beiden letztgenannten. Aber nicht nur die verschiedenen Bahngeschwindigkeiten der Erde sind für die unterschiedliche Länge der Jahreszeiten verantwortlich. Gemäß dem ersten Kepler’schen Gesetz steht die Sonne in dem Brennpunkt der Ellipse. Dementsprechend ist der Kreisbogen im Nordherbst und Nordwinter kleiner als derjenige im Nordfrühling und Nordsommer. 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 18 von 26 Tippkarten zu M 4 Tipp zu Aufgabe 1b Ein Körper erfährt auf der Erde eine Gewichtskraft FG. Diese Kraft ist gleich der Gravitationskraft. Es gilt also: FG = m1 ⋅ g = G ⋅ m1 ⋅ mErde . r2 Nehmen Sie diese Gleichung als Ausgangspunkt für Ihre Berechnungen. Tipp zu Aufgabe 2a Sie können sich die Kraft, um die es hier geht, anschaulich vorstellen: Wenn Sie eine Kugel an einer Schnur befestigen und diese mithilfe der Schnur in eine Kreisbewegung versetzen, dann müssen Sie eine Kraft aufbringen, damit die Kugel auf der Kreisbahn bleibt. Überlegen Sie sich, von welchen Größen diese Kraft abhängt, und beschreiben Sie sie mit einer Formel. T H C Sollten Sie überhaupt nicht mehr wissen, um was für eine Kraft es hier im Zusammenhang mit Kreisbewegungen geht, und Sie daher nicht weiterkommen, dann lesen Sie sich die Lösungskarte in dem Umschlag gründlich durch. Das in der Lösungskarte enthaltene Wissen ist für spätere Berechnungen sehr wichtig. I/G A R O I S N Tipp zu Aufgabe 3 Wenn sich ein Körper auf einer Kreisbahn bewegt, dann wirkt die Zentripetalkraft (Radialkraft) Fr in Richtung des Zentrums der Kreisbewegung. Bei der Bewegung der Erde um die Sonne ist die Gravitationskraft Fa die Radialkraft Fr. Nutzen Sie diesen Zusammenhang für Ihre Berechnung aus. V 22 RAAbits Physik Februar 2011 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 21 von 26 © picture alliance / Photoshot Abbildung 4 Abbildung 2 T H C I S N A R O I/G © Peter Hebgen, pixelio.de © www.pixelio.de Abbildung 3 Abbildung 1 M5 V 22 RAAbits Physik Februar 2011 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 22 von 26 Wie schnell muss ein Satellit sein? © picture alliance / Photoshot M6 Der Umweltsatellit Envisat ist 26 x 10 x 5 m groß. Er liefert wichtige Daten zum Klima, den Ozeanen sowie dem gesamten Ökosystem der Erde. Seine Energie gewinnt er durch Solarzellen (Leistung: 6500 Watt). Satelliten haben ganz unterschiedliche Aufgaben. Sie werden für Wetterbeobachtungen, Radio- und Fernsehübertragungen und auch zur Erforschung des Weltalls eingesetzt. Jahrelang umkreisen solche Satelliten die Erde. Doch wie wird ein Satellit am besten in eine Umlaufbahn um die Erde gebracht und welche Geschwindigkeit muss er haben, damit er die Erde umkreist? Stellen Sie im Folgenden Rechnungen dazu an. Das Rüstzeug dafür haben Sie sich bereits in den vorangegangenen Stunden erarbeitet. I S N Für Ihre Berechnungen benötigen Sie die folgenden Werte: I/G T H C Gravitationskonstante G = 6,673 ⋅ 10−11 A R O m3 kg ⋅ s2 Radius der Erde am Äquator: 6378 km Masse der Erde: 5,97 × 1024 kg V Aufgabe 1 Um einen Satelliten auf eine Umlaufbahn zu bringen ist eine Mindestgeschwindigkeit notwendig. Berechnen Sie diese Geschwindigkeit. Aufgabe 2 a) Der Umweltsatellit Envisat der ESA umkreist die Erde in einer Höhe von 790 km. Berechnen Sie die 1. kosmische Geschwindigkeit von Envisat. Das ist die Geschwindigkeit, die der Satellit mindestens haben muss, damit er auf seiner Kreisbahn um die Erde bleibt und nicht auf die Erde stürzt. b) Die 2. kosmische Geschwindigkeit (Fluchtgeschwindigkeit) ist die Geschwindigkeit, die zum Verlassen des Gravitationsfeldes der Erde nötig ist. Sie berechnet sich nach der folgenden Formel: VFlucht = 2 ⋅ G ⋅ mErde r (r: Entfernung zwischen dem Satelliten und dem Erdmittelpunkt) Berechnen Sie, welche Geschwindigkeit Envisat beim Start haben muss, um das Gravitationsfeld der Erde zu verlassen. Für Experten Überlegen Sie sich, warum der Start von Raketen immer in Richtung Osten erfolgt. 22 RAAbits Physik Februar 2011 3. Gravitation, Zentripetalkraft und Kepler‘sche Gesetze 23 von 26 Erläuterungen und Lösungen Erläuterung (M 1, M 3 und M 4) Was sich Ihre Schüler mithilfe der Arbeitsblätter erarbeiten Mithilfe der Arbeitsblätter M 1, M 3 und M 4 erarbeiten sich die Schüler wichtige Sachverhalte, die zur Klärung der Problemfrage nach der Ursache der unterschiedlichen Länge der Jahreszeiten wichtig sind. In M 1 beschäftigen sie sich mit der Entstehung der Jahreszeiten und verschiedenen Weltbildern, in M 3 lernen sie die Kepler’schen Gesetze kennen. Mithilfe dieser Gesetze finden sie heraus, dass die unterschiedliche Bahngeschwindigkeit der Erde die Ursache für die unterschiedliche Länge der Jahreszeiten ist. In M 4 erbringen Ihre Schüler schließlich den rechnerischen Nachweis für die unterschiedliche Geschwindigkeit der Erde im Jahresverlauf. So setzen Sie die Arbeitsblätter in Ihrem Unterricht ein Ein wichtiger Bestandteil der Arbeitsblätter sind die Tipp- und Lösungskarten. Die Tippkarten dienen der Differenzierung. Auf ihnen bekommen die Schüler Hinweise, die zur Lösung der jeweiligen Aufgabe beitragen. Mithilfe der Lösungskarten kontrollieren die Schüler selbstständig ihre Lösungen. T H C Alle oben genannten Arbeitsblätter werden im Rahmen einer Gruppenarbeit eingesetzt. Sehen Sie dabei für jedes Arbeitsblatt eine Schulstunde vor. Je nach Klassenstärke setzen sich die Gruppen aus 4–6 Schülern zusammen. Jede Gruppe erhält jeweils einen Umschlag mit Tippkarten und einen Umschlag mit Lösungskarten. Kopieren Sie dazu vor Ihrem Unterricht die Tipp- und Lösungskarten in der erforderlichen Anzahl, laminieren Sie sie und schneiden Sie die Karten aus. Bereiten Sie für jeden Gruppentisch zwei Umschläge vor. Den einen versehen Sie mit der Beschriftung Tippkarten, den anderen mit der Beschriftung Lösungskarten. In diese Umschläge geben Sie dann die Tipp- und Lösungskarten, die für die jeweilige Stunde benötigt werden. Für die folgenden Stunden verwenden Sie dann die Umschläge wieder – Sie müssen dann die Tipp- und Lösungskarten einfach nur austauschen. I S N A R O V M 1 Aristoteles, Kopernikus & Co. – die Entwicklung vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild In M 1 erhalten die Schüler zusätzlich zu Tipp- und Lösungskarten noch eine Informationskarte, auf der die Bahnbewegung der Erde im Jahreslauf dargestellt ist. Laminieren Sie diese Karte ebenfalls und legen Sie sie offen auf den Gruppentischen aus. Machen Sie Ihren Schülern aber zuvor klar, dass die Bahn der Erde in der Grafik zur Veranschaulichung der Ellipsenbahn der Erde übertrieben dargestellt ist. Die Erde bewegt sich zwar auf einer Ellipse um die Sonne, diese ist aber nahezu kreisförmig. So beträgt die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne ca. 149,6 Millionen km. Dabei weichen die beiden Extremwerte Aphel (sonnenfernster Punkt) und Perihel (sonnennächster Punkt) nur um 1,67 % von diesem Mittelwert ab. Dazu, wie Sie M 1 und die anderen Arbeitsblätter in den gesamten Unterrichtskontext einbetten, finden Sie eine ausführliche Beschreibung im Theorieteil. Dort ist das gesamte Unterrichtskonzept beschrieben. Lösungen (M 1, M 3 und M 4) Bei den Arbeitsblättern M 1, M 3 und M 4 werden Lösungskarten eingesetzt, anhand derer die Schüler ihre Lösungen selbstständig kontrollieren können. Diese Lösungskarten finden Sie dementsprechend bei den entsprechenden Arbeitsblättern. 22 RAAbits Physik Februar 2011 I/G