Von informellen Überlegungen zu einem mathematischen Satz

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Helmut Linneweber-Lammerskitten
Von informellen Überlegungen zu einem mathematischen Satz
Für ein besseres Verständnis und eine bessere Lesbarkeit mathematischer Texte ist es
manchmal sinnvoll, zunächst durch informelle Überlegungen zu einem mathematischen Satz hinzuführen und dann erst den Satz formell zu formulieren und zu beweisen. Dazu das folgende Beispiel.
√2 ist keine rationale Zahl, √4 ist hingegen eine natürliche Zahl und damit
insbesondere eine rationale Zahl. Liegt es daran, dass 2 eine Primzahl, 4 hingegen
keine Primzahl ist? Zumindest ist es eine Überlegung wert, zu prüfen, ob die Quadratwurzel aus einer Primzahl rational sein kann. Sicherlich ist die Wurzel aus einer
Primzahl x keine natürliche Zahl y, denn das würde ja bedeuten, dass x=y2 ist, folglich gäbe es eine nicht-triviale Primfaktorzerlegung von x und damit wäre x keine
Primzahl. Aber vielleicht gibt es ja eine positive rationale Zahl y mit y=√x.
Berechnen wir einige Beispiele mit dem Taschenrechner, um vielleicht durch
eine erkennbare Periodenstruktur eine Vermutung zu bekommen:
√3 ≈ 1.7320508075688772935274463415059
√5 ≈ 2.2360679774997896964091736687313
In beiden Fällen ist keine Periode erkennbar, aber das beweist noch nichts. Aber
kann es überhaupt sein, dass ein endlicher oder ein periodischer Dezimalbruch mit
sich selbst multipliziert eine ganze Zahl ergibt? Da es etwas schwierig ist, periodische Dezimalbrüche zu multiplizieren, stellen wir uns lieber die gleiche Frage bei
den gewöhnlichen Brüchen. Gibt es zwei natürliche Zahlen p und q, so dass (p/q)2
eine natürliche Zahl ergibt? Ja, aber das setzt voraus, dass entweder q2 =1 ist oder p2
durch q2 teilbar ist. Das erinnert an den Widerspruchsbeweis zur Irrationalität von
√2, bei dem ja vorausgesetzt wurde, dass p und q teilerfremd sind. Versuchen wir
also in ähnlicher Weise die Vermutung, dass √x irrational ist, wenn x eine Primzahl
ist, mit einem indirekten Verfahren zu beweisen.
Satz: Sei x eine Primzahl, so ist √x keine rationale Zahl.
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Beweis: (indirekt): Sei x eine Primzahl. Annahme: √x ist rational. Dann gibt es natürliche Zahlen p und q mit √x = (p/q). Mehr noch, wir dürfen voraussetzen, dass p
und q teilerfremd sind. Also gilt x = (p2/q2), wobei p2 und q2 ebenfalls teilerfremd
sein müssen, sonst wären p und q nicht teilerfremd (das müsste man gegebenenfalls
noch getrennt beweisen). Nun kann x aber nur eine natürliche Zahl sein, wenn q2
entweder ein echter Teiler von p2 ist oder gleich 1 ist. Da das erste gemäß Annahme
ausgeschlossen ist, muss q2 =1 und somit q = 1 sein. Das heißt aber, es müsste eine
natürliche Zahl p geben mit √x = p und somit x = p2. Das steht aber im Widerspruch
zur Primzahleigenschaft von x. Also ist die Annahme √x sei rational, falsch.
q.e.d.
31.03.14 Helmut Linneweber-Lammerskitten
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