Kapitel 2 3. Kräfte auf der Erdoberfläche Geo-Basics Zum Unterschied von den Vorgängen im Erdinneren gehören die Veränderungen auf der Erdoberfläche zu unseren alltäglichen Erfahrungen. Wasser, Eis und Wind verursachen diesen ewigen Wandel der Landschaften. Exogene Kräfte: außenbürtige Kräfte, die von außen auf die Erdoberfläche wirken: Wasser, Eis und Wind. 1 Verwitterung: Aufbereitung des Gesteins durch exogene Kräfte. Man unterscheidet zwischen physikalischer und chemischer Verwitterung. Verwitterung und Erosion Erosion: die Abtragung von Material auf der Erdoberfläche durch fließendes Wasser, durch das Eis des Gletschers und durch Wind. Die Erdoberfläche befindet sich im Prozess einer dauernden Umwandlung. Wasser, Eis und Wind sind dafür verantwortlich, dass die Erde ihr Gesicht ständig verändert. Die Wärme der Sonne und die ☞Gravitation der Erde sind dabei die treibenden Kräfte. Abb. 23.2: Höhlenforscher in einer Tropfsteinhöhle im slowenischen Karst Das Gestein der Erdkruste wird durch physikalische und chemische Prozesse zersetzt: • Physikalische Verwitterung: Sie bewirkt die mechanische Zerkleinerung des Gesteins; dabei entsteht Schutt. Dieser Vorgang läuft vor allem in der Wüste und im Hochgebirge ab. In der Wüste wird das Gestein durch den starken Temperaturwechsel zwischen Tag und Nacht aufbereitet, im Hochgebirge durch Frostverwitterung: Wasser dringt in die Ritzen des Gesteins ein; wenn es zu Eis gefriert, vergrößert sich sein Volumen und sprengt das Gestein. Helmut Wagner, Mautern • Chemische Verwitterung: Das Wasser und die darin gelösten Substanzen (Säuren, Salze) zersetzen das Gestein. Diese Form der Verwitterung hat einen großen Einfluss auf die Bodenbildung und damit auf das Gedeihen von Pflanzen. Das verwitterte Material wird von Wasser, Eis und Wind abtransportiert. Die vielfältigen Vorgänge der Abtragung werden unter dem Begriff Erosion zusammengefasst. Abb. 23.1: Erst die Verwitterung ermöglicht die Bodenbildung – und damit das Gedeihen von Pflanzen (Island). Abb. 23.3: Formenschatz einer Karstlandschaft �������� ��������� ������������� ������������ ������������ ������������� � � � � � Helmut Wagner, Mautern � � � Höhlen im Karst – Ergebnis der chemischen Verwitterung i Kalkhältiges Gestein ist wasserlöslich, wodurch das in den Boden eindringende Niederschlagswasser allmählich Klüfte und unterirdische Höhlensysteme entstehen lässt. Dort werden die gelösten Stoffe wieder abgelagert und bilden oft beeindruckende Tropfsteine (☞Stalaktiten und ☞Stalagmiten). Überhaupt zeichnen sich solche ☞Karstlandschaften durch einen außerordentlichen Formenreichtum aus: Trichterförmige Dolinen und rillenförmige Karren sind die häufigsten Karsterscheinungen. Zu 1: A 1: Welche Gebiete der österreichischen Alpen sind aus Kalk aufgebaut? A 2: Wo liegt der Karst – jene Landschaft, die den Karsterscheinungen ihren Namen gibt? A 3: Wie kann unangepasste Landnutzung Karsterscheinungen auslösen und verstärken? 23 EINBLICKE IN DIE STRUKTUR DER ERDE Geo-Basics: Sedimente 2 Ablagerungen (Schotter, Schutt, Sand und Lehm), die durch die Verwitterung aufbereitet und von Wasser, Eis und Wind abtransportiert werden. A 1: Bestimmen Sie Flusstäler in der Nähe Ihres Schulortes nach ihrer Form (Kerbtal, Sohlental, Muldental, Schlucht). Von der Quelle bis zur Mündung transportiert jeder Fluss eine Menge Sedimente. Dabei überwiegt im Oberlauf wegen des meist stärkeren Gefälles die Erosion; es entstehen Kerbtäler und Schluchten. Denn jeder Fluss ist bestrebt, eine ☞Normalgefällskurve zu erreichen. Im Unterlauf verlangsamt sich die Strömung, die mitgeführten Sedimente werden in breiten Mulden- und Sohlentälern abgelagert. Viele große Flüsse bilden bei der Mündung ins Meer ein ☞Delta; dort sammeln sich die im Lauf der Jahrtausende abgelagerten feinen Sedimente. Solche Mündungsgebiete sind oft von Überschwemmungen bedroht. A 2: Suchen Sie im Atlas Flüsse, die Deltamündungen bilden. ➲ S. 55: Ein Jahrhundert der Katastrophen? Abb. 24.1: Erosion durch einen Gebirgsfluss (Liechtensteinklamm/ Salzburg) Abb. 24.2: Durch Flüsse entstandene Talformen �������� ������������ ����������� � � ��������� Helmut Wagner, Mautern Zu 2: Helmut Wagner, Mautern Die Transportkraft des Wassers Abb. 24.3: Schotterablagerungen im Unterlauf eines Flusses (Lechtal, Tirol) 3 Gletscher – Eismassen in Bewegung Wo ganzjährig mehr Schnee fällt, als im Sommer abschmelzen kann, bilden sich Gletscher. Das ist im Hochgebirge und in der polaren Zone der Fall. Oberhalb der Schneegrenze (im „Nährgebiet“ des Gletschers) bleibt der Schnee das ganze Jahr liegen. Darunter (im „Zehrgebiet“) verwandelt sich der Schnee in körnigen Firn. Unter dem Einfluss der Schwerkraft fließen die Eismassen allmählich zu Tal. Da die Fließgeschwindigkeit des Gletschers nicht überall gleich ist, kommt es zu Spannungen – es bilden sich Gletscherspalten. Die Eismassen transportieren große Mengen an Schutt und Sand und schaffen eine Vielfalt ☞glazialer Formen: • Im Nährgebiet des Gletschers entstehen durch Erosion Kare: steilwandige Nischen und Mulden, die in der Form an ein Amphitheater erinnern. ��������� • Die typische Talform, die ein abgeschmolzener Gletscher zurücklässt, ist das Trogtal; es ist durch seinen U-förmigen Querschnitt gekennzeichnet. Die meisten Täler in den Alpen sind in der Eiszeit als Trogtäler entstanden. • Der Schutt, den der Gletscher mit sich führt und am Boden, an seinem Rand und an seinem Ende (der „Gletscherzunge“) ablagert, wird als Moräne bezeichnet. 24 Kapitel 2 � ���������� � ���������������� � ������������ � ������������ � ����������� Helmut Wagner, Mautern � � �������������� � � � � ��������� � � � � � � Abb. 25.1: Gornergletscher bei Zermatt (Walliser Alpen, Schweiz) Abb. 25.2: Schema eines alpinen Gletschers Tab. 25.3: Exogene Formen im Überblick Fließendes Wasser schafft Fließendes Eis schafft Wind schafft durch Erosion durch Ablagerung Kerbtal, Schlucht, Muldental, Sohlental Kar, Trogtal – Delta Moräne Löss Seen und Löss – das Erbe der Eiszeit am Rand der Alpen i Während des Eiszeitalters, das vor 2 Mio. Jahren begann und durch einen raschen Wechsel von Kalt- und Warmzeiten geprägt war, reichten viele Alpengletscher bis ins Vorland des Gebirges und bildeten gewaltige Gletscherzungen. Als sich das Eis vor 10 000 Jahren dann allmählich auf seinen heutigen Stand zurückzog, ließen die Gletscher hinter der Endmoräne aufgestaute Wassermassen in ihren Zungenbecken zurück: die Alpenseen. Die feinen Sedimente, die sich am Rande der eiszeitlichen Gletscher ablagerten, wurden während der Kaltzeiten über weite Strecken ausgeweht. Heute werden diese gelblichen Schichten als Löss bezeichnet. In weiten Teilen Mitteleuropas bilden die sandigen Ablagerungen eine gute Grundlage für einen fruchtbaren Boden. Die einzelnen Lösskörner sind klein genug, dass sich die Wurzeln der Pflanzen durchbohren können, und groß genug, um die Feuchtigkeit zu speichern. Zu 3: A 1: Welche Gebirgszüge der österreichischen Alpen sind vergletschert? A 2: Nennen Sie Beispiele für Alpenseen, die während der eiszeitlichen Vergletscherung entstanden sind: in Österreich und in anderen Alpenländern. A 3: Welcher große See in Österreich ist nicht im Zuge der alpinen Vergletscherung entstanden? A 4: Welche Gebiete in Österreich (in Mitteleuropa) sind mit Löss bedeckt? A 5: Suchen Sie die einzelnen glazialen Formen in Abb. 25.1. Abb. 25.4: Lössablagerungen in Mitteleuropa ������������������� ���������������� ���� ������������ Überprüfen Sie Ihr Wissen: 1. Beschreiben Sie die verschiedenen Arten der Verwitterung. 2. Was versteht man unter Erosion? Welche exogenen Formen werden dadurch geschaffen? 3. Beschreiben Sie die Formenwelt, die durch den Gletscher geschaffen wird. 4. Wie entstanden die heutigen Alpenseen? Geben Sie einige Beispiele in Österreich an. 25