Pocken, Variola

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Aus gegebenem Anlass:
Pocken, Variola
Großtierpraxis 4:03, 30-34 (2003)
D
ie Pocken, auch als Blattern
bezeichnet, sind eine hochgradig ansteckende, lebensgefährliche Infektionskrankheit, die
durch Viren verursacht wird. Sie sind
durch einen typischen Krankheitsverlauf mit charakteristischen Hautveränderungen gekennzeichnet, wobei
zwei Formen der Erkrankung unterschieden werden: die gefährlicheren
echten Pocken und die harmloseren
weißen Pocken. Die Behandlung der
Patienten erfolgt ausschließlich symptomatisch. Die beste Behandlung besteht in einer Vermeidung der Erkrankung durch eine Schutzimpfung, die
auf Beschluss der Weltgesundheitsorganisation 1967 weltweit zur Pflicht
wurde. Dank dieser Maßnahme trat
1977 weltweit der letzte Pockenfall
auf. Leider werden aber nach dem 11.
September 2001 die Sorgen größer,
dass Pockenviren durch Terroristen als
biologische Waffe verwendet werden
können, zumal in der ehemaligen Sowjetunion bis in die 90er Jahre des 20.
Jahrhunderts große Mengen von in
Hühnereiern gezüchteten Viren hergestellt und gelagert wurden.
Allgemeines
Die Pocken sind eine durch Viren hervorgerufene, hochgradig ansteckende,
lebensgefährliche Infektionskrankheit, die zu typischen Hautveränderungen führt. Auf Grund des hohen
Ansteckungspotentials breiteten sich
die Pocken in einer ungeschützten Bevölkerung sehr rasch aus. Die Folge
waren Pockenepidemien. Als Epide-
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mie bezeichnet man das räumlich und
zeitlich gehäufte Auftreten einer Erkrankung. Noch im Jahre 1967 wurden von der WHO weltweit bis zu 15
Millionen Pockenerkrankungen registriert. Die Pocken gehörten zu den
quarantänepflichtigen Erkrankungen, wie heute noch Pest, Gelbfieber,
Ebola und Cholera. Unter Quarantäne
versteht man die auf die Inkubationszeit einer Erkrankung befristete strenge Isolierung von Personen, Gebieten
und Gegenständen zur Vermeidung
einer Ausbreitung der Erkrankung.
Die Dauer der Quarantäne betrug bei
Pocken 14 Tage. Sie ist heute nicht
mehr von praktischer Bedeutung, da
die Pocken als ausgerottet gelten. In
Deutschland ereignete sich der letzte
Fall einer Pockeninfektion im Jahre
1972. Der letzte Pockenfall weltweit
trat im Oktober 1977 in Somalia auf.
Am 8. Mai 1980 wurde die Welt von
der WHO für „pockenfrei“ erklärt.
Historisches
Die ersten Pockenepidemien waren
bereits 1000 v. Chr. in China, auf dem
indischen Subkontinent und auf der
arabischen Halbinsel bekannt. Aus
Arabien kommend wurden die Pocken
dann, vor allem durch Teilnehmer an
den Kreuzzügen, in Europa verbreitet.
Die erste historisch belegte Pockenepidemie in Europa herrschte im 6. Jahrhundert. Weitere Epidemien traten im
13. Jahrhundert in England sowie im
15. Jahrhundert in Deutschland auf.
Mit den spanischen Eroberern kamen
die Pocken nach Amerika und spiel-
ten wahrscheinlich eine wesentliche
Rolle beim Untergang der alten Indianerkulturen der Inka und Azteken,
mit über 3 Millionen Toten. Die sicherlich prominenteste Person, die an
den Pocken erkrankte, war die österreichische Kaiserin Maria Theresia
(1717 — 1780), die 1768 im Alter von
50 Jahren erkrankte und die Erkrankung überlebte.
Erste Erkenntnisse über eine mögliche
Schutzimpfung gegen Pocken waren
in China bereits vor dem 10. Jahrhundert. Schon damals hatte man beobachtet, dass das Einbringen von Sekret
aus den Hautveränderungen von Pokkenkranken auf die Nasenschleimhaut
bzw. in die Haut gesunder Personen zu
einer weniger starken Pockenerkrankung führte. Diese Form der Schutzimpfung bezeichnete man als Variolation. Sie wurde 1674 auch in Europa
eingeführt, nach Westeuropa gelangte
sie 1721 durch den Schottischen Arzt
Maitland. Allerdings traten dennoch
bei den so geimpften Personen häufig
tödlich verlaufende Pockenerkrankungen auf, so dass dieses Verfahren wieder verlassen wurde.
1796 gelang dem Engländer Edward
Jenner eine wirksame Schutzimpfung
gegen die Pocken. Er beobachtete die
Pockenerkrankung bei Rindern und
verwendete die aus den Kuhpockenblasen gewonnene Flüssigkeit zur
Impfung. Die Entdeckung Jenners bildete die Grundlage für die heute erreichte Ausrottung der Pocken. Die erste weltweit öffentliche Impfstation,
vor allem gegen die Pocken, wurde im
Jahr 1802 in Berlin durch den preußischen König Friedrich Wilhelm III.
und seine Frau Luise unter dem Namen „Königlich-Preußisches Schutzblattern-Impfinstitut“ eröffnet. Der
König ließ zu diesem Anlass seinen
jüngsten Sohn Wilhelm gegen die
Pocken impfen. Am 8. April des Jahres
1874 wurde die Impfung gegen Pocken im damaligen Deutschen Reich
durch das Reichsimpfgesetz zur
Pflichtimpfung erklärt. Dieses Gesetz
wurde durch das Gesetz über die Pockenschutzimpfung vom 18. Mai 1976
abgelöst. Erst am 1. Juli 1983 wurde
die Pflichtimpfung gegen die Pocken
gesetzlich endgültig beendet. Im Jahre
1977 fanden in der Bundesrepublik die
letzten größeren Massenimpfungen
statt. In Bayern wurden zum Test eines
besser verträglichen Impfstoffs jedoch
noch ca. 150.000 Menschen bis Anfang der 80er Jahre geimpft. Die Ergebnisse dieses Tests waren aber wissenschaftlich nicht verwertbar, da ca.
50.000 der geimpften Personen bereits
vorher mit dem alten Impfstoff geimpft
worden waren.
Erreger
Der Erreger der Pocken sind Viren der
Familie Poxviridae. Zu den Poxviridae
gehören die Gattungen Orthopoxvirus
und Parapoxvirus. Die Erreger der
Pocken beim Menschen sowie die Erreger der Kuhpocken gehören zur
Gattung Orthopoxvirus. Bei der Pockenerkrankung des Menschen kann
man zwischen den echten Pocken und
den ungefährlicheren weißen Pocken
unterscheiden. Der Erreger der echten
Pocken ist Orthopoxvirus variola, der
Erreger der weißen Pocken Orthopoxvirus alastrim.
Die Pockenviren sind die größten Viren, die beim Menschen Erkrankungen auslösen können. Sie haben eine
ziegel- bzw. backsteinartige Form mit
einer Kantenlänge bis zu 400 nm und
liegen damit unter der Auflösungsgrenze eines Lichtmikroskops. Pokkenviren sind hoch komplexe Viren,
die DNA enthalten und von einer verhältnismäßig resistenten Eiweißhülle
umgeben sind.
Übertragung
Der wichtigste Übertragungsweg der
Pockenviren ist die Tröpfcheninfektion.
Darunter versteht man die Übertragung der Erreger über feinste Sekrettröpfchen mit der Luft, z.B. beim Sprechen, Niesen oder Husten. Die Erkrankung kann aber auch als Schmierinfektion, also über Gegenstände wie z.B.
Kleider oder Türklinken übertragen
werden. Die Infektiosität einer Person
beginnt mit den ers-ten Symptomen
und endet ca. 3 Wochen später mit dem
Abheilen des Ausschlags.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt 8 bis 14
Tage.
Häufigkeit
Seit 1977 sind keine Personen mehr
an Pocken erkrankt.
Symptome
Hinsichtlich der Beschwerden der Patienten muss man zwischen den echten Pocken und den weißen Pocken
unterscheiden.
Echte Pocken
Die echten Pocken werden auch als
Variola vera oder Variola major bezeichnet. Die Pocken führen zu typischen Hautveränderungen, die mehrere Stadien durchlaufen können. Die
Bezeichnung Variola geht auf das lateinische Wort varia für verschieden
oder bunt zurück und dürfte durch die
vielgestaltigen Hautveränderungen
entstanden sein.
POCKEN
Die Erkrankung beginnt mit einigen
uncharakteristischen Beschwerden,
wie z.B. Fieber, Kreuz- und Gliederschmerzen sowie einer Entzündung
der Atemwege, die ca. 2 bis 4 Tage
anhalten. In diesem Stadium tritt bereits ein vorübergehender Hautausschlag auf. Nach einem kurzfristigen
Abfall des Fiebers kommt es zu den
typischen Hauterscheinungen. Sie
treten in der Reihenfolge: Flecken,
Knoten, Blasen, Pustel, Krusten auf.
Zuerst bilden sich blass-rote, juckende
Flecken, die dann in Knoten übergehen. Aus diesen Knoten entstehen
flüssigkeitsgefüllte Bläschen, die sich
zu Pusteln, also mit Eiter gefüllten
Bläschen, umwandeln. Diese Pusteln
trocknen dann unter Bildung einer
Kruste bzw. eines Schorfes ein. Die
Abstoßung dieser Krusten ist mit einem starkem Juckreiz verbunden. Besonders im Gesicht bleiben daher häufig Narben (Pocken-Narben) zurück.
Die Hautveränderungen treten zuerst
am Kopf auf und breiten sich dann
über den gesamten Körper aus. Lediglich die Achselhöhlen sowie die Innenseite der Oberschenkel bleiben frei.
Während dieser Zeit leiden die Patienten unter hohem, treppenförmig ansteigendem Fieber mit Verwirrtheit,
Desorientierung und Wahnvorstellungen. Rund 40 % der Patienten versterben während dieser Krankheitsphase. Wer die Pocken überlebt, ist
dann jedoch lebenslang vor einer erneuten Erkrankung geschützt.
Als Schwarze Blattern oder Variola
haemorrhagica bezeichnet man eine
besondere Verlaufsform der Pocken.
Bei ihr ist die Inkubationszeit verkürzt.
Innerhalb weniger Tage kommt es zu
ausgedehnten schweren Blutungen
der Haut, der Schleimhäute sowie innerer Organe. Die Patienten versterben
bereits in der ersten ErkrankungswoGROSSTIERPRAXIS 03/2003
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Weiße Pocken
pesviren, wirksame Medikamente,
wie z.B. Aciclovir. Die Behandlung
beschränkt sich daher auf symptomatische Maßnahmen, wie Bettruhe,
Gabe fiebersenkender Medikamente,
Flüssigkeitszufuhr, kalorienreiche
aber leichtverdauliche Nahrung.
Die weißen Pocken oder Variola minor
stellen eine weniger gefährliche Erkrankung als die echten Pocken dar.
Allerdings kann man auch an den
weißen Pocken versterben. Die Sterblichkeitsrate liegt nur bei 1 bis 5 %. Es
ist wichtig zu wissen: Wer an den weißen Pocken erkrankt war, besitzt keinen Schutz vor einer Infektion mit
dem Erreger der echten Pocken.
Um eine weitere Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern, müssen die
Patienten, das betreuende medizinische Personal sowie Kontaktpersonen
strikt isoliert werden (Quarantäne).
Wohnräume, Kleidungsstücke und
Gebrauchsgegenstände der Patienten
müssen außerdem desinfiziert werden,
um eine weitere Ausbreitung der Erkrankung zu verhindern.
Diagnose
Komplikationen
Die Diagnose ist beim Auftreten der
typischen Hautsymptome in Zusammenhang mit hohem Fieber bereits
klinisch zu stellen. Der Nachweis der
Pockenviren ist auf verschiedene Art
und Weise möglich. Die Pockenviren
können in Material, das aus den Bläschen und Pusteln gewonnen wurde,
mit dem Elektronenmikroskop sichtbar gemacht werden. Eine Anzucht
der Viren ist in Hühnerembryonen
möglich. Es können aber auch serologische Verfahren angewendet werden,
die spezifische Antikörper gegen die
Pockenviren nachweisen. Zur Zeit
finden in vielen Ländern und auch in
Deutschland wegen der Sorge eines
terroristischen Anschlags intensive
Schulungen von Ärzten statt, um ihr
Wissen über die Pocken zu erweitern
bzw. aufzufrischen.
Die Schwarzen Blattern stellen eine
gefürchtete Komplikation der Pocken
dar. Im Rahmen einer Erkrankung an
diesen Pocken kann es auch zur Beteiligung innerer Organe, z.B. der Leber
und des Herzens, aber auch des Gehirns und Rückenmarks kommen.
POCKEN
che, häufig schon während der ersten
48 Stunden.
Therapie
Eine ursächliche Behandlung, also
eine Bekämpfung des Pockenvirus
im menschlichen Körper, ist nicht
möglich. Antibiotika sind nur gegen
Bakterien aber nicht gegenüber Viren wirksam. Bisher existieren nur
gegen wenige Viren, z.B. gegen Her-
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Sterblichkeit
Wie bereits erwähnt liegt die Sterblichkeit bei den echten Pocken bei
etwa 40 %, bei den weißen Pocken immerhin noch bei 1 bis 5 %. Die
Schwarzen Blattern verlaufen zu annähernd 100 % tödlich.
Man kann davon ausgehen, dass
durch das erstmalige Auftreten von
Pocken in einer ungeimpften Bevölkerungsgruppe diese Gruppe auf ca. ein
Drittel ihrer Ausgangsgröße reduziert
wird.
Prophylaxe, Impfungen
Ein erfolgreicher Schutz vor einer
Ansteckung mit Pocken kann nur
durch eine Schutzimpfung erreicht
werden. Die Pocken sind das bisher
einzige Beispiel für die Ausrottung ei-
ner Erkrankung durch konsequente
Durchimpfung der Bevölkerung weltweit. Dies war nur möglich, da lediglich Menschen und keine Wildtiere
von Pockenviren infiziert werden
können. In geimpften Personen kann
sich das Virus nicht vermehren und
stirbt ab. Die letzten größeren Pockenimpfungen fanden in Deutschland im
Jahr 1977 statt, weltweit wurden sie im
Jahr 1980 ausgesetzt. Ein Impfschutz
durch Impfungen aus dieser Zeit ist
wahrscheinlich nicht mehr vorhanden,
da die Impfungen alle 5 — 10 Jahre
aufgefrischt werden müssen. Daher
müssten sich auch diese Menschen im
Falle eines Terroranschlags mit Pokkenviren erneut impfen lassen. Es ist
jedoch möglich, dass der Verlauf einer
Pockenerkrankung dieses Personenkreises ohne eine erneute Impfung einen milderen Verlauf nimmt als für
ungeimpfte Menschen.
Für die Impfung wird das Vacciniavirus verwendet. Die Herkunft dieses Virus ist nicht endgültig geklärt. Es handelt sich um ein Virus, das seine Aktivität zwar erhalten hat, jedoch von
sehr geringer Pathogenität ist. Unter
Pathogenität versteht man die Fähigkeit eines Erregers, Krankheitserscheinungen auszulösen. Nach einer Impfung mit dem Vacciniavirus kommt es
nach 3 — 4 Tagen an der Impfstelle zu
einer Hautreaktion mit einer juckenden roten bzw. rötlichen Beulenbildung, die in eine eitrige Pustel oder
Blase übergeht und nach 2 — 3 Wochen einen Schorf bildet, der dann
unter Bildung einer kleinen bleibenden Narbe abheilt. Während der Dauer der Beule bzw. Pustel ist die geimpfte Person bei einem direkten Kontakt
an der Impfstelle für andere Personen
infektiös. Aber auch bei einem eigenen Kontakt, z.B. mit den Händen, an
der Impfstelle kann es zu einer durchaus folgenschweren Infektion an anderen Körperstellen, wie z.B. den Augen (Erblindung) kommen. Daher
sind im Falle eines derartigen Kontakts die Hände, sofern kein geeignetes
Desinfektionsmittel zur Verfügung
steht, gründlich mit Wasser und Seife
zu waschen. Die meisten der heute
über 25-Jährigen haben am rechten
oder linken Oberarm eine solche Narbe. Geimpft wurde einmal vor Vollendung des 2. Lebensjahres und ein
zweites Mal im 12. Lebensjahr. Seit der
Ausrottung der Pocken ist die Impfpflicht aufgehoben. Es gibt in
Deutschland keinen zugelassenen
Impfstoff mehr bzw. noch nicht wieder. Sollte ein Arzt dennoch impfen,
z.B. mit einem aus dem Ausland erhaltenen Impfstoff, so geht er im Falle
von Impfschäden das Risiko ein,
Schadenersatz leisten zu müssen und
eventuell sogar mit einer Anklage wegen Körperverletzung rechnen zu
müssen! Es gibt in Deutschland einen
neu entwickelten Impfstoff, der erheblich nebenwirkungsärmer ist als der
alte. Aber im Zuge der Terrorismusprophylaxe wird dieser Impfstoff nicht
verwendet, da seine Wirksamkeit im
Falle einer Pockenepidemie noch nicht
hinreichend getestet wurde.
Die Gefahr eines tödlichen Impfzwischenfalls liegt bei den derzeit verfügbaren Impfstoffen etwa bei 1-2 pro
1.000.000 geimpfter Menschen. Das
würde bedeuten, dass bei einer Impfung aller Bundesbürger, also von
rund 80 Millionen Menschen, mit
etwa 80 bis 160 tödlichen Zwischenfällen zu rechen wäre. Schwerere
Impfschäden, wie z.B. Hirnhautentzündungen, sind etwas häufiger, dabei müsste bei 80 Millionen geimpften
Menschen mit einigen Hundert schweren Impfschäden gerechnet werden.
Weltweit existieren offiziell nur noch
zwei Laboratorien, wo Pockenviren
aufbewahrt werden:
• Center of Disease Control and Prevention in Atlanta, Georgia/USA
• Russisches Forschungszentrum für
Virologie und Biotechnologie (Vektor) in Koltsovo bei Novosibirsk/
Russland.
Prognose
Die Prognose der Pocken ist insgesamt
schlecht, wobei ca. 40 % der Infizierten versterben und die Überlebenden
meistens lebenslang durch schwere
Narben stark verunstaltet sind.
Bedeutung als Biowaffe
Es ist leider nicht mehr auszuschließen, dass Terroristen in den Besitz ausreichender Mengen an Pockenviren
gelangen können, obwohl die Viren
offiziell weltweit nur noch in 2 Laboratorien vorhanden sein sollen. Aber
erfahrene Biologen könnten sich die
Viren sicherlich besorgen, zumal Tausende von Menschen in der Vergangenheit mit der Erforschung biologischer Waffen befasst waren. Besonders die ehemalige Sowjetunion hat
bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts große Mengen von in Hühnereiern gezüchteten Pockenviren hergestellt und gelagert. Ihr Verbleib ist bis
heute nicht eindeutig geklärt. Geheime Tests der Sowjetunion im Jahre
1971 auf einer Insel im Aralsee hatten
gezeigt, wie wirkungsvoll das Virus
als biologische Waffe eingesetzt werden kann. Der Versuch war damals
außer Kontrolle geraten. Die Viren
hatten sich über ein Gebiet von vielen
Quadratkilometern ausgebreitet und
vielen Menschen das Leben gekostet.
Besorgnis erregend ist die Tatsache,
dass die Viren relativ stabil sind; so
bleiben sie bei einer Lagerung bei -20
°C über Jahrzehnte infektiös, bei
Raumtemperatur immerhin noch über
Wochen oder sogar Monate. Ein Versprühen z.B. aus einem Sportflugzeug
oder mit Hilfe von normalen Sprühdosen läge daher durchaus im Bereich
des Möglichen. Allerdings ist die Gefahr durch bewusst infizierte Selbstmordattentäter, die sich dazu an zahlreichen belebten Orten aufhalten
würden, vernachlässigbar gering. Der
Grund ist, dass eine infizierte Person
POCKEN
erst nach der Bildung der ersten Pokkenbläschen auf der Haut ansteckend
wird. Dann aber ist ein Betroffener bereits so krank, dass er kaum noch in
der Lage wäre umherzulaufen, um
andere Menschen zu infizieren. Außerdem würde eine derart erkrankte
Person sofort auffällig werden. Sollte
es dennoch zu Pockeninfektionen
kommen, könnte die Entstehung einer
Pockenepidemie durch sofortige Massenimpfungen stark begrenzt bzw.
ganz verhindert werden. Das ist möglich, da eine Impfung noch bis zu
etwa 4 Tagen nach einer Infektion mit
dem Erreger verabreicht werden kann
und dann noch einen sicheren Schutz
vor einer Infektion gewährt.
Ende Februar 2003 wurde bekannt gegeben, dass die Anzahl der auf Vorrat
gehaltenen Impfeinheiten in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit bei
ca. 50 Millionen liegt und so schnell
wie möglich, spätestens bis Ende September 2003, auf rund 100 Millionen
aufgestockt werden soll. Die Bundesregierung empfiehlt aber generelle vorbeugenden Impfungen für die Bevölkerung weiterhin nicht. Das Robert
Koch-Institut in Berlin rät jedoch, alle
Personen, die mit möglicherweise infizierten Personen in Kontakt treten
müssten, wie Impfärzte, Ärzte und sonstiges Personal auf Infektionsstationen,
bereits jetzt vorbeugend zu impfen. Das
Serum soll ansonsten, vor allem wegen
seiner nicht unbeträchtlichen Nebenwirkungen, nur für den Fall eines Anschlags mit dem Virus zur sofortigen
Impfung großer Teile der Bevölkerung
zur Verfügung stehen. Im Falle eines
Anschlags mit Pocken ist nach dem
Infektionsschutzgesetz eine Zwangsimpfung von Teilen der Bevölkerung
oder falls erforderlich sogar der gesamten Bevölkerung möglich. Die
Impfstoffe werden bei der Fa. Bavarian Nordic Martinsried bei München
hergestellt.
GROSSTIERPRAXIS 03/2003
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POCKEN
toimmunerkrankungen, außerdem
• bei bestehender Schwangerschaft.
Am 13. Dezember 2002 erklärte der
Präsident der USA, George Bush,
dass alle Angehörigen der USStreitkräfte gegen das Pockenvirus
geimpft würden, zuerst natürlich
alle in der Golfregion stationierten
Soldaten und sonstige Militärangehörige. Sehr medienwirksam ließ
sich der Präsident bei der Ankündigung selber vor laufenden TV-Kameras gegen die Pocken impfen. All
diese Maßnahmen zeigen, wie ernst
ein möglicher Terroranschlag mit
Pockenviren mittlerweile von den
politisch Verantwortlichen genommen wird.
Kinder unter 2 Jahren
Gegenanzeigen
Personen mit folgenden Erkrankungen sollten möglichst nicht geimpft
werden, es sei denn, es besteht eine
große Wahrscheinlichkeit für eine Infektion:
• bei bekannten Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffes
• bei schweren allergischen Reaktionen, wie z. B. Empfindlichkeitsreaktionen nach einer früheren Pockenimpfung
• bei einer Immunschwäche verschiedener Ursache, z.B. durch eine HIVInfektion
• bei Ekzemen, Neurodermitis
• bei einer Reihe von Hauterkrankungen, wie z. B. Verbrennungen bis
zum Abklingen der Symptome
• bei akuten behandlungsbedürftigen
Erkrankungen, wie fiebrigen Infekten
• bei chronischen ZNS-Erkrankungen, wie z. B. Epilepsie oder Lähmungen
• bei akuten entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems
• bei therapeutisch nicht beherrschten
Organerkrankungen, wie z. B. Diabetes, Asthma, schweren HerzKreislauf-Erkrankungen oder Au-
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Kinder unter 2 Jahren sind besonders
stark in Gefahr, an Nebenwirkungen einer Impfung zu erkranken. Nach Aussagen des Berliner Robert Koch- Instituts
ist daher im Fall des Auftretens der Pokken eine sehr genaue Risikoabwägung
zwischen der Gefahr einer Pockeninfektion mit den daraus erwachsenden Folgen und den möglichen Risiken einer
Impfung vorzunehmen. Eine generelle
Empfehlung wird jedoch nicht gegeben.
Wichtig für derartige Entscheidungen
ist sicherlich u.a. die Tatsache, ob ein
Kind mit einer infizierten Person in
Kontakt gekommen ist und wie groß
insgesamt das Ausmaß einer möglichen
Epidemie im konkreten Fall ist.
Meschede, den 14. Jan. 1970
Die letzte Pockenerkrankung in
Deutschland mit vier Toten liegt erst
33 Jahre zurück. Der arme Teufel,
der die Blattern aus Pakistan mitbrachte, überlebte, war aber dem
Hass einer ganzen Region ausgesetzt, wie u. a. ein Leserbrief an die
Westfalenpost zeigt:
„Die Pockenhippies: Sie ziehen
durch die Lande, ganz frei und ungeniert. / Die Haare bis zum Rumpfe, voll Läuse, unrasiert. / Und in
den Taschen Rauschgift, die Pest
und Cholera. / Und auf dem Balg
die Pocken, Moral, für sie Skandal.
Am Ende steht: »So langsam, aber
sicher geht uns der Ofen aus! / Wir
Steuerzahler fordern, BRINGT SIE
INS ARBEITSHAUS!“
Das EU-Tiermehlverbot soll gelockert werden
In Brüssel mehren sich die Anzeichen
für eine schrittweise Lockerung des
EU-Tiermehlverbots. Die Verfütterung
von Fischmehl an Wiederkäuer könnte
schon bis zum Ende dieses Jahres erlaubt werden, und in den kommenden
Jahren könnten zunächst die Verfütterung von Geflügelmehl an Schweine
und später auch die Verwertung von
Fleisch- und Knochenmehlen anderer
Säugetiere Über den Futtertrog gestattet
werden, skizzierte ein Beamter der Europäischen Kommission im Anschluss
an eine Sitzung der EU-Chefveterinäre
das weitere Vorgehen. Die Mehrheit der
Mitgliedstaaten habe diese Strategie
unterstützt, versicherte der Beamte.
Selbst Deutschland und Frankreich
hätten für dieses Vorhaben überraschend viel Sympathie gezeigt - auch
wenn sie mit Blick auf die Reaktionen
der Öffentlichkeit für ein vorsichtiges
Vorgehen plädiert hätten; den größten
Widerstand habe Italien geleistet.
Im Bundeslandwirtschaftsministerium sieht man die Dinge etwas anders.
Deutschland habe auf der Sitzung
deutlich gemacht, dass es von einer
Lockerung des Tiermehlverbots nichts
halte. Zum einen wolle man die Verbraucher nicht verunsichern und zum
anderen habe man Zweifel, dass die
Trennung der Futter- und Knochenmehle verschiedener Tierarten in der
Praxis funktioniere.
Die Kommission will mit einem entsprechenden Vorschlag warten, bis das
Eiweiß verschiedener Tierarten sicher
unterschieden werden kann und die
Sicherheitsmaßnahmen gegen BSE
zuverlässig umgesetzt werden. Die Verfütterung von, Säugetiermehl an Wiederkäuer soll nach dem Willen von
Mitgliedstaaten und Kommission hingegen dauerhaft verboten bleiben. Die
Wiederzulassung der Tiermehlverfütterung an Wiederkäuer sei auf absehbare Zeit kein Thema, hieß es aus der
Kommission. Eine Ausnahme sei allerdings die von Großbritannien geforderte Verwertung von Fischmehl in
Wiederkäuerfutter. (AgE)
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