hr2-kultur – Feature sonntags, 18:05 bis 19:00 Uhr Redaktion: Dorothee Meyer-Kahrweg Programmübersicht April bis Juni 2016 3. April Juliane Möcklinghoff Die Wand erzählt mir alles - Der blinde Bergsteiger Andy Holzer NDR 2015 Sechs der höchsten Berge aller Kontinente hat er bereits bestiegen, nur einer fehlt noch: der Mount Everest. Doch sehen wird er ihn niemals, genauso wenig wie all die anderen Gebirgszüge. Denn Andy Holzer ist von Geburt an blind. In einem österreichischen 800-Seelen-Dorf wächst er auf. Die Eltern wollen ein normales Leben für ihren blinden Sohn, nehmen ihn im Alter von neun Jahren mit zu einer Klettertour. Sein Schlüsselerlebnis: Nicht nur, dass er sich, je steiler es wird, vorwärts tastend auf allen Vieren besser zurecht findet als Sehende, am Gipfel des Spitzkofels erfährt er zum erste Mal seine spätere Leidenschaft: "Über mir war nur noch Himmel - das war ein ergreifendes Gefühl", sagt Holzer 40 Jahre später. Seitdem hat er unzählige Bergtouren hinter sich - auch alleine. Andy Holzer ertastet sich die Berge, hört mögliche Hindernisse am Hall seiner Schritte. In seiner Philosophie ist Unabhängigkeit "der größte Schwachsinn, den die Menschheit erfunden hat". 10. April 2016 Bettina Mittelstraß Lamento! Ein Ausflug ins Tal des Jammerns DLF 2015 Was ist dran am Jammern, Mäkeln und Maulen? Ist es eine bewährte Methode zur psychischen Entlastung oder einfach nur das Geheule bedauernswerter Jammerlappen? Ist das klägliche Jammern eine gleichermaßen menschliche und tierische Kommunikationsform mit bestimmten akustischen Merkmalen? Warum wird aus Kummer, Verzweiflung und Ärger gejammert? Oder hat das Jammern einfach Methode? Wer neigt eigentlich zum Jammern und wer perfektioniert es und wie? Eine neugierige Reise durch Jammertäler und andere Jämmerlichkeiten. 17. April 2016 Bettina Rühl Libyen - Eine Reise in den Abgrund DLF/SWR 2016 In Libyen verhalfen die NATO und einige arabische Staaten vor vier Jahren bewaffneten Milizen zu einem Sieg über den langjährigen Diktator Muammar al-Gaddafi. Doch was ein Systemwechsel werden sollte, führte zu permanentem Bürgerkrieg und zum Kollaps von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft. Das Land ist zerfallen, zwei Regierungen ringen um die Vorherrschaft. Konkurrierende Milizen, darunter der 'Islamische Staat', kämpfen um Einflussgebiete. Ökonomische, ethnische und ideologische Interessen sind dabei kaum unterscheidbar. Für die Bevölkerung wird das Leben immer schwieriger, Lebensmittel und Benzin werden in dem ölreichen Land immer knapper, Medikamente und medizinische Behandlungen zum Luxus. Was ein Kampf für Demokratie werden sollte, stellt sich heute für viele als Kampf ums pure Überleben dar. Wie bewältigen sie überhaupt noch ihren Alltag in einem kollabierten Staat, einer kollabierten Wirtschaft? Wen machen sie für das Chaos verantwortlich, von wem erhoffen sie sich Hilfe? 24. April 2016 ARD-radiofeature Jens Schellhass Flucht.Bewegung Ein Feature über das Geschäft mit den Illegalen Radio Bremen 2016 Bis zu einer Million illegale Einwanderer leben in Deutschland, vielleicht auch mehr, keiner weiß das. Es sind Menschen ohne gültige Papiere. Die meisten von ihnen kommen aus Westafrika und den Balkanstaaten. Sie sind vor Hunger und Armut geflohen, um ihre Familien in den Heimatländern zu ernähren. Oder ihre „falsche“ Einstellung zu Religion oder Politik trieb sie in die Flucht. In Deutschland arbeiten „Illegale“ schwarz und prekär in Umzugsoder Putzfirmen, der Nahrungsmittelindustrie, der Gastronomie oder als Haushaltshilfen. Ihr Leben gleicht einer Schattenwelt. Angelockt vom großen Geld arbeiten sie weit unter Mindestlohn. Oft gibt es letztlich keinen Cent. Wer krank wird, fliegt raus und krankenversichert ist keiner von ihnen. Die „Illegalen“ leben in ständiger Angst aufzufliegen und abgeschoben zu werden, davon profitieren viele deutsche Arbeitgeber. 1. Mai 2016 Roman Grafe Zur Vermeidung weiterer Provokationen. Die kurze Lebensgeschichte des Michael Gartenschläger SWR, SR 2003 Die DDR verkaufte die Grenze zur BRD als Schutzwall gegen den Imperialismus. Doch nicht alle DDR-Bürger gaben sich damit zufrieden. Der 17-jährige Michael Gartenschläger hatte schon 1961 in der DDR zusammen mit Freunden gegen den Mauerbau in Berlin protestiert. Er wurde festgenommen und zu lebenslanger Haft verurteilt. 1971, nach zehn Jahren Haft, wurde er von der Bundesrepublik freigekauft. Daraufhin agierte er von Hamburg aus gegen die DDR und engagierte sich als Fluchthelfer. Da die DDR den Einsatz von Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze bestritt, baute er im März und April 1976 zwei dieser Anlagen aus und präsentierte sie im Westen. Vor vierzig Jahren, am 30. April 1976, startete er einen weiteren Versuch, eine Anlage an der Grenze zwischen SchleswigHolstein und Mecklenburg auszubauen. Dabei wurde Gartenschläger von DDR-Grenzsoldaten überrascht und angeschossen. Er starb noch an der Grenze am 30. April 1976, um 23:45 Uhr. Im März 2000 und April 2003 wurden Offiziere und Soldaten der Stasi und NVA in Rostock bzw. Berlin wegen Verdacht des Totschlags freigesprochen. 8. Mai 2016 Muttertag Holger Janssen My Fair Lady aus der Schweiz Die Geschichte des Nähmädchens Elise Egloff aus Tägerwilen Radio Bremen 2014 George Bernard Shaws Theaterstück "Pygmalion" ist eines der bekanntesten Werke des irischen Dramatikers, nicht zuletzt auch durch die Musicalversion "My Fair Lady." Für die deutschsprachige Uraufführung vor hundert Jahren übersetzte Shaw selbst seine Geschichte vom ungebildeten Blumenmädchen Eliza Doolittle, das von einem Phonetikprofessor zu einer feinen Dame gedrillt wird. Auf dem Theater kann sich das Mädchen emanzipieren. Seinem leibhaftigen Vorbild war dies, gut fünfzig Jahre zuvor, nicht vergönnt gewesen. Die Näherin Elise Egloff aus Tägerwilen in der Schweiz heiratete 1846 den deutschen Anatomieprofessor Jacob Henle. Der schickte seine treuherzige Gattin in ein Internat, um sie in seinen gutbürgerlichen Kreisen als standesgemäße Ehefrau einführen zu können. Das Experiment ging nicht gut aus für Elise Egloff. Geschwächt durch die andauernde Überforderung starb sie 1848 an Tuberkulose. Shaws Eliza ist heute weltberühmt, die wahre Elise hingegen vergessen, obwohl ihr Schicksal schon zu ihren Lebzeiten gegen den Willen ihres Mannes literarisch ausgeschlachtet wurde. Radio Bremen 2014 15. Mai 2016 fällt aus 16. Mai 2016 Pfingstmontag Achtung: 14:05 bis 15 Uhr Christiane Seiler Der Kopf der Herde DLR 2013 Noch 2000 Berufsschäfer soll es in Deutschland geben, aber es werden immer weniger. Auch der Schafbestand geht zurück. Sollten Hirten mit ihren Tieren in unserer durch moderne Agrarindustrie und Flächenverbrauch gezeichneten Landschaft keinen Platz mehr finden? Die Autorin hat mit drei Schäfern auf Wiesen und Deichen Schafe und Lämmer gehütet und sich vom Alltag, den Träumen und Schwierigkeiten dieser Individualisten erzählen lassen. Sie traf Knut Kucznik, der an der Wanderschäferei festhält; Klaus Seebürger, Herr über fünf Herden mit je tausend Tieren und Josephine Hermühlen, Leiterin einer kleinen Ökoschäferei in Mecklenburg. 22. Mai 2016 Christiane Kreiner Djihad im Klassenzimmer? Wie Schüler und Lehrer mit Radikalisierung umgehen hr 2016 Wenn der Terror des so genannten „IS“ im Klassenzimmer ankommt, sind alle überfordert. Auch in Hessen machen derzeit Schüler und Lehrer die Erfahrung, dass sich Mitschüler radikalisieren. Einige sind sogar nach Syrien ausgereist, um für den IS zu kämpfen. Deshalb hat das Land eine eigene Beratungsstelle zum Thema „islamistische Radikalisierung“ eingerichtet. Die Berater, oft mit muslimischem Hintergrund, sind Sozialarbeiter und Islamwissenschaftler. Sie versuchen Radikalisierungsprozesse aufzuhalten, beraten anonym Betroffene und deren Eltern, und bieten Aufklärungsworkshops in Schulen an. Darüber hinaus gibt es auch SchulInitiativen gegen „islamistischen Extremismus“, wie die einer 10. Klasse aus Wiesbaden. Unter dem Motto „Schüler klären Schüler auf“ lassen sich die Jugendlichen von Verfassungsschützern und einer Islamwissenschaftlerin zu Schülerexperten ausbilden. 29. Mai 2016 ARD-radiofeature Ralf Homann Flucht.Bewegung Ein Feature über die Profiteure der europäischen Grenzsicherung Bayerischer Rundfunk / Hörbild und Feature 2016 Trotz Flüchtlingskrise und deutscher Willkommenskultur kommt Europas Migrations-politik nicht voran. Zu stark scheinen die Widerstände einzelner Mitgliedsstaaten. Doch welche Rolle spielen dabei organisierte LobbyInteressen, zum Beispiel die der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie? Über zwei Milliarden Euro pumpt die EU in Aufrüstung und technische Entwicklung einer „intelligenten“ Außengrenze. Drohnen und Datenbanken, Biometrie, Satellitensysteme und Echtzeitapplikationen. Die sind nicht nur für Europa gedacht: Erklärtes EU-Ziel ist die weltweite Vermarktung der neuartigen High-Tech-Produkte. Das ruft nun Wissenschaftler aus München und Kiel auf den Plan. Gegen die Militarisierung der Grenzen setzt die Gruppe ihre „militante Forschung” und kämpft sich durch das Dickicht aus Politikberatung und Brüsseler Lobbyismus. Immer auf der Suche, wo die Profiteure der Grenzsicherung eine humane Migrationspolitik ausbremsen. 5. Juni 2016 Hanne Kulessa Blaue Stunden- Auf den Spuren des Schriftstellers Hans Frick hr 2016 näheres folgt 12. Juni 2016 Heinz Sommer Die Entstehung des „Siddhartha“ von Hermann Hesse hr 2016 Hermann Hesses große Erzählung »Siddhartha. Eine indische Dichtung« ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern ein Kultbuch geworden. Der Hessische Rundfunk (hr2-kultur) hat das Werk über den jungen Sohn eines Brahmanen, der sich auf die Suche nach Erkenntnis begibt, nun erstmals als Hörspiel umgesetzt. hr2-kultur sendet es am 12., 19. und 26. Juni jeweils um 14.05 Uhr. In diesem Feature zum Hörspiel erzählt Heinz Sommer, der auch für die Hörspielbearbeitung verantwortlich ist, von der Entstehungsgeschichte der Erzählung. Hermann Hesse schrieb „Siddharta“ in fast drei Jahren. Allein zwischen dem ersten und dem zweiten Teil lag eine Pause von fast eineinhalb Jahren, in denen sich Hesse noch einmal intensiv mit dem fernöstlichen Denken auseinandersetzte. In seiner Feature-Collage dokumentiert Heinz Sommer mit Texten von Hesse selbst und von seinen Zeitgenossen, wie die Idee für »Siddhartha« entstand und schließlich 1922 zu einem Buch wurde. 19. Juni 2016 Joachim Kalka Der Mond ist aufgegangen. Die niemals endenden Geschichten vom Gefährten der Erde DLR 2015 Anton Tschechow warnt seinen Bruder 1886 vor einer zu ausführlichen Beschreibung des Mondes in seiner Literatur. Er soll ihn auf keinen Fall groß am Himmel stehen lassen, es genügt, meint Tschechow, wenn eine Flaschenscherbe am Mühlenwehr in der Nacht aufblinkt, da hat man schon die Magie des Mondscheins. Denn der Mond ist längst ein gefährlich abgenutztes Requisit der Landschaftsromantik geworden. Aber er darf auch nicht fehlen. Erst recht nicht in Comics. Hund Snoopy ist in Charles M. Schulz "Peanuts" noch vor der Nasa zum Mond gereist und auch Tim und Struppi sind bereits Mitte der 1950er Jahre auf diesem Planeten gelandet. In alten Zeiten ist der Mond eine kühl-liebliche Göttin oder eine der sieben gravitätisch-schicksalhaften Figuren des großen Planetenballetts. Erst die wissenschaftlichen Fortschritte lassen evident werden, dass er leblos ist, leer, unheimlich. Von da an ist das leichenhaft Fahle, das beunruhigend Stumme des Mondes das andere große Register neben seiner schimmernden erotischen Verlockung - das Totenhafte widerspricht dem Eros. Ein Feature am Vorabend des Vollmonds. 26. Juni 2016 ARD-radiofeature Bettina Rühl Flucht.Bewegung Ein Feature über Eritrea und die Finanzierung einer Diktatur WDR 2016 Sie wollen von Afrika über das Mittelmeer nach Europa, zur Not mit Fischeroder Schlauchboot. Oft endet ihre Flucht in einer Tragödie und die meisten Opfer stammen aus Eritrea. Das Land gilt als das „Nordkorea“ Afrikas. Zehntausende fliehen jährlich aus ihrer Heimat, Tausende wollen nach Deutschland, wo inzwischen eine der größten eritreischen Gemeinden Europas lebt. Schlepper führen die Menschen den gefährlichen Weg über den Sudan, die Sahara, an die 2000 km entfernte Mittelmeerküste nach Libyen. Und es werden immer mehr. Die EU will die Regierung mit Millionenbeträgen unterstützen, um den Exodus zu stoppen. Aber das Regime profitiert selbst von der Massenflucht und die eigenen Militärs betätigen sich angeblich als Schlepper und Schmuggler. Warum finanziert Europa eine Diktatur?