Henry Steel Olcott Buddhistischer Katechismus

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Henry Steel Olcott
Buddhistischer
Katechismus
hrg
.
von
Hischam A.Hapatsch
LITTERA VERLA
Henry Steel Olcott
Buddhistischer
Katechismus
hrg
.
von
Hischam A.Hapatsch
LITTERA VERLAG
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
© 2007 dieser Ausgabe by littera Verlag Berlin
Satz + Digitalisierung: littera Redaktionsbüro
Verlag: littera Verlag Hischam A. Hapatsch
E-Mail-Adresse: [email protected]
All rights reserved
ISBN 978-3-933246-37-0
Approbiert und zum Gebrauch in Buddhistischen Schulen
empfohlen von H.SUMANGALA, Pradhâna Nâyaka Sthavira,
Hohempriester von Sripada und der westlichen Provinz und
Vorsteher des Vidyôdaya Parivêna.
Vorwort des Übersetzers.
Der Vorzug dieses, nunmehr in 35. Ausgabe erscheinenden (bisher in mehr als 20 verschiedene
Sprachen übersetzten) Buches vor anderen Darstellungen des Buddhismus liegt besonders darin,
dass hier ein zwar auch abendländisch gebildeter, aber seit einem Menschenalter in Indien
heimischer Bekenner und Lehrer des Buddhismus die Grundzüge dieses grossen Religions- und
Moralsystems genau so darstellt, wie sie heute in den buddhistischen Schulen des südlichen Indiens
praktisch gelehrt werden. Wir haben also einen originalen, autoritativen Auszug der
buddhistischen Lehre in Frage- und Antwort-Form vor uns. Bei dem grossen Interesse, das seit
Schopenhauer, Eduard von Hartmann u. a. auch in Deutschland dem Buddhismus entgegengebracht
wird, zu dem sich heute fast 40 % aller Erdenmenschen bekennen, dürfte dieses leichtverständliche
und anregende Werk als zuverlässigste Einführung in die wunderbare Gedankenwelt der BuddhaLehre willkommen sein, um so mehr, als es weder schminkt, noch schmält, sondern schlicht und
treu die Wahrheit spricht.
Für abendländische, des Sanskrit und Pâli unkundige Leser mussten manche des Verfassers
indischen Lesern geläufigen Vorstellungen und Tatsachen, sowie die im Urtext angeführten
Fachausdrücke und Citate erläutert werden. Ersteres geschieht in den „Anmerkungen“ hinter der
Übersetzung, letzteres in dem „Glossar“ am Schlusse. Beide mussten, dem Charakter des
,Katechismus’ entsprechend, auf das Notwendigste beschränkt werden. Die Übersetzung bildet
hoffentlich selbst den besten Kommentar. - Um den Text des Katechismus möglichst unberührt zu
lassen, wurden kleine Zusätze nur da eingeschaltet, wo es dringend zum Verständnis erforderlich
schien; sie stehen in [eckigen] Klammern. Dass ich so wörtlich wie möglich übersetzte, war
selbstverständlich.
Allen Lesern wird das Buch kulturhistorisch interessant, vielen wird es mehr als dies sein. Und so
möge es denn, zum zweiten Male in unserer Sprache, hinausgehen als ein Gruss der fernen
Lotusblume an die deutsche Linde, die eben jetzt, wie seit Jahrtausenden, auf’s neue wieder Blüten
treibt.
Leipzig, 17. Mai 1902.
Vorrede des Verfassers
zur 35. (2. deutschen) Ausgabe.
Seit die ersten Ausgaben dieses Katechismus 1881 in englischer und singhalesischer Sprache
erschienen, hat das Interesse an den Lehren des Gautama Buddha gar gewaltig durch die ganze Welt
hin zugenommen. Ein reicher Lichtstrom hat sich ergossen über das Problem seines Lebensganges,
seiner Lebenszeit und des Verhältnisses des buddhistischen indischen Kaisers Asoka II. zur
Ausgestaltung und Verbreitung der Religion, oder richtiger gesagt, der religiösen Philosophie, die
im Abendlande Buddhismus heisst, ihren morgenländischen Anhängern aber als ,Buddha Dharma’
bekannt ist Mein kleiner ,Katechismus’ ist ursprünglich in Ceylon verfasst worden, weil ich fand,
dass dort unter der singhalesischen Bevölkerung eine gar so grosse allgemeine Unwissenheit über
ihre Religion herrsche. Ihre Kinder, die allenthalben in den von christlichen Missionaren eröffneten
Schulen erzogen worden waren, fand ich bei meinen Reisen von Ort zu Ort bekannter mit den
Lehren des Christentums, als mit denen ihrer eigenen Religion. Da jedoch weder sie noch ihre
Eltern die geringste Neigung hatten, dem Buddhismus zu entsagen, um das Christentum
anzunehmen, bat ich die buddhistischen Geistlichen dringend, eine Darstellung des Buddhismus in
Katechismusform zu unternehmen; aber keiner von ihnen fühlte sich dazu befähigt, und so wurde
ich durch das Drängen der höheren Geistlichen fast gezwungen, dies selbst zu tun.
7
Es dürfte den Lesern der vorliegenden Ausgabe von Interesse sein, zu erfahren, dass dies die 35.
aller erschienenen Ausgaben ist und dass das Werk, indem es in einige zwanzig Sprachen übersetzt
wurde, seinen Lauf durch die ganze Welt genommen hat. Diese Tatsache bestätigt, denke ich, meine
obige Behauptung, dass das Interesse an der buddhistischen Lehre in den vergangenen zwanzig
Jahren sich ganz enorm ausgebreitet hat.
Ich bin mehr als erfreut darüber, dass eine zweite deutsche Ausgabe erforderlich geworden ist; denn
keiner weiss besser als ich, dass etwas, woran die deutsche gebildete Welt Anteil nimmt, unfehlbar
die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkt und das Interesse der ganzen denkenden
Öffentlichkeit erweckt.
Adyar (Madras), 17. Mai 1902.
H.S. OLCOTT.
Vorrede des Verfassers
zur 33. Ausgabe.
In Ausgestaltung meines ursprünglichen Planes habe ich jeder neuen englischen Ausgabe des
Katechismus eine Anzahl neuer Fragen und Antworten eingefügt, wobei ich es den Übersetzern
anheimstelle, sie in den Übertragungen in ihren betreffenden Sprachen wiederzugeben. Meine
bescheidene Absicht ist, einen so knappen und gleichwohl umfassenden Auszug der Buddhistischen
Geschichte, Ethik und Philosophie zu geben, dass die Anfänger in den Stand gesetzt werden, das
vom Buddha gelehrte hehre Ideal zu verstehen und zu würdigen, und es ihnen auf diese Weise
leichter zu machen, das Dharma [die Lehre] in seinen Einzelheiten zu ergründen. In der
gegenwärtigen Ausgabe ist eine grosse Anzahl neuer Fragen und Antworten eingeführt worden,
während der Stoff in 5 Gruppen eingeteilt ist, nämlich 1. das Leben Buddha’s, 2. die Lehre, 3. der
Sangha oder der Mönchsorden, 4. eine kurze Geschichte des Buddhismus, seiner Konzile und
Propaganda, 5. einige Berührungspunkte zwischen Buddhismus und Wissenschaft. Dies, glaube ich,
wird den Wert des Büchleins erheblich erhöhen und es noch geeigneter zum Gebrauch in
Buddhistischen Schulen machen - von denen in Ceylon über hundert bereits von der singhalesischen
Bevölkerung unter der Oberaufsicht der „Theosophischen Gesellschaft“ eröffnet worden sind. Bei
der Vorbereitung dieser Ausgabe genoss ich wertvolle Hilfe seitens einiger meiner ältesten und
befähigtsten singhalesischen Kollegen. Die Originalausgabe wurde mit mir Wort für Wort von dem
hervorragenden Gelehrten und Bhikku, H. Sumangala, Pradhâna Nâyaka, und dem stellvertretenden
Leiter seines Pâli-College zu Colombo Heyyantuduve Anunayaka Terunnanse durchgegangen; und
der Hohepriester [Sumangala] hat auch die gegenwärtige Bearbeitung freundlichst geprüft und mir
unschätzbare Beiträge geliefert. Das Buch hat daher den Vorzug, eine treue Darstellung des
Buddhismus der „südlichen Kirche“ zu sein, da es vornehmlich aus Quellen erster Hand geflossen
ist. Unser Katechismus ist in zwanzig Sprachen herausgegeben, hauptsächlich von Buddhisten für
Buddhisten.
Adyar (Madras), 17. Mai 1897.
H.S.O.
8
Approbation
für die erste Ausgabe.
Vidyôdaya College,
Colombo, 7. .Juli 1881
Hierdurch bescheinige ich, dass ich die von Colonel H. S. Olcott veranstaltete singhalesische
Übertragung des „Katechismus“ sorgfältig geprüft habe, und dass dieselbe sich in Übereinstimmung
mit dem Kanon der südlichen Buddhistenkirche befindet. Ich empfehle das Werk den Lehrern an
Buddhistischen Schulen und allen anderen, die Anfängern in den wesentlichen Grundzügen unserer
Religion Unterricht zu erteilen wünschen.
H. SUMANGALA,
Hoherpriester von Sripada & Galle, Vorsteher des Vidyôdaya Parivêna
[Für die 33. Ausgabe.]1
Vidyôdaya College, 7. April 1897.
Ich bin mit Hilfe von Dolmetschern die 33. (englische) Ausgabe des „Katechismus“ durchgegangen
und bestätige meine Empfehlung für ihre Benutzung in Buddhistischen Schulen.
H. SUMANGALA.
INHALT.
Der
Buddhistische Katechismus.
1. Teil. DAS LEBEN BUDDHA’S.
1. Welcher Religion2 gehörst Du an?
1
Nach dieser (neuesten) englischen Ausgabe ist die vorliegende 35. (deutsche) veranstaltet. Die 34. ist
burmesisch (Rangun 1899).
2
Das Wort „Religion“ lässt sich eigentlich auf den Buddhismus gar nicht anwenden, da dieser keine
Religion, sondern eine moralische Philosophie ist, wie ich weiter unten dargethan habe. Indessen im
gewöhnlichen Sprachgebrauch hat man es auf alle Gruppen von Leuten angewandt, die sich zu einer
besonderen moralischen Lehre bekennen, und so wird es auch von den Statistikern gebraucht. Die
singhalesischen Buddhisten haben gleichwohl niemals einen Begriff von dem gehabt, was die Europäer in
die etymologische Ableitung aus der lateinischen Wurzel dieses Ausdrucks [religio] legen. In ihrem Glauben
giebt es nichts Derartiges, wie das „Binden“ [Gebundensein] im christlichen Sinne, eine Unterwerfung des
Ich unter - oder ein Versenken in ein göttliches Wesen. Âgama ist ihr gewöhnliches Wort, um ihr Verhältnis
zum Buddhismus und zu Buddha auszudrücken. Es ist reines Sanskrit und bedeutet „nahen“ oder
„kommen“, und da Buddha“ = Erleuchtung ist, so würde das zusammengesetzte Wort, mit dem sie den
Buddhismus bezeichnen - Buddhâgama - eigentlich zu übersetzen sein als „Nahen oder Kommen zur
Erleuchtung“ oder vielleicht als Befolgung der Lehre des SAKYA MUNI. Die Missionare, welche âgama
als fertigen Begriff vorfanden, adoptierten ihn als Äquivalent für „Religion“ und nennen daher das
Christentum „Christianiâgama“ [Weg zu Christo], während es eigentlich „Christianibandhana“
[Gebundensein an Christum] heissen müsste; denn bandhana ist das etymologische Äquivalent für
„Religion“. - Der Name Vibhajja vada ---- „einer, der untersucht“ - ist eine andere Bezeichnung für einen
9
Der buddhistischen.
2. Was ist Buddhismus?
Es ist der Inbegriff der Lehren, die ein grosser Mann - bekannt als „der Buddha“ - verkündet hat.
3. Ist „Buddhismus“ der beste Name für diese Lehre?
Nein; dies ist nur ein abendländischer Ausdruck. Der beste Name dafür ist „Buddha Dharma“.
4. Würdest Du jemanden „Buddhist“ nennen, lediglich weil er von buddhistischen Eltern erzeugt
ist?
Gewiss nicht. Ein Buddhist ist jemand, der sich nicht nur zum Glauben an Buddha als den edelsten
der Lehrer, an die von ihm verkündete Lehre und an die Brüderschaft der Arahat’s bekennt, sondern
auch nach seinen Vorschriften im täglichen Leben handelt.
5. Wie wird ein männlicher buddhistischer Laie genannt?
Ein Upâsaka.
6. Wie ein weiblicher?
Eine Upâsikâ.
7. Wann wurde diese Lehre zuerst verkündet?
Es herrscht einige Meinungsverschiedenheit über das wirkliche Datum, indessen den
singhalesischen Schriften zufolge war es im Jahre 2513 der (gegenwärtigen) Kali -Yuga.
8. Gieb die wichtigen Daten über die letzte Geburt des Begründers [der Lehre] an!
Er war geboren unter der Konstellation Visâ an einem Dienstag im Mai des Jahres 2478 der KaliYuga; er zog sich in die Waldwildnis zurück im Jahre 2506, wurde Buddha 2513, und indem er
heraustrat aus dem Kreis der Wiedergeburten, trat er in Parinirvâna ein im Jahre 2558, achtzig Jahre
alt. Jedes dieser Ereignisse fiel auf einen Vollmondstag, weshalb alle zusammen in dem grossen
Vollmondsfeste des Monats Wesak (Vaisâkha) gefeiert werden, der dem Mai entspricht.
9. War Buddha Gott?
Nein! Buddha Dharma lehrt keine „göttliche“ Inkarnation.
10. War er ein Mensch?
Ja! Aber das weiseste, edelste und heiligste Wesen, das sich selbst im Laufe zahlloser Geburten
entwickelt hatte, über alle anderen Wesen hinaus, die vorhergehenden Buddha’s allein
ausgenommen.
11. Waren denn andere Buddha’s vor ihm da?
Ja, wie weiter unten entwickelt werden wird.
12. War „Buddha“ sein Name?
Nein. Es ist der Name eines Zustandes oder einer Verfassung des Geistes, nachdem dieser den
Höhepunkt der Entwicklung erreicht hat.
13. Was ist die Bedeutung von „Buddha“?
Buddhisten; eine dritte ist Advaya vadi. -- Unter diesem Vorbehalt wende ich im Sinne der gegebenen
Erläuterung weiterhin zur Bequemlichkeit des gewöhnlichen Lesers das übliche Wort (Religion) an, wenn
ich von Buddhistischer Philosophie rede.
10
„Erleuchtet“, oder „der; welcher die allervollendetste Weisheit besitzt“. Der Pâli-Ausdruck hierfür
ist Sabbaññu = der Eine, mit unendlichem [absolutem] Wissen Ausgestattete. Im Sanskrit heisst es
Sarvajna.
14. Wie war denn der wirkliche Name des Buddha?
Siddhartha war sein Königsname, Gautama oder Gôtama sein Familienname. Er war Prinz von
Kapilavastu und gehörte zu der berühmten Familie Okkâka, vom Sonnengeschlechte.
15. Wer waren sein Vater und seine Mutter?
König Suddhôdana und Königin Mâya, genannt Mahâ Mayâ.
16. Über welches Volk herrschte dieser König?
Über die Sâkyâs, einen Stamm der arischen Kshattriyâs.
17. Wo lag Kapilavastu?
In Indien, hundert Meilen nordöstlich von der Stadt Benares und etwa vierzig Meilen vom
Himalayagebirge entfernt. Es liegt in Nepâl Terai. Die Stadt liegt jetzt in Trümmern.
18. An welchem Flusse?
Am Rôhini, jetzt Kôhana genannt.
19. Gieb nochmals an, wann Prinz Siddhartha geboren war!
623 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung.
20. Ist die genaue Stelle [seines Geburtsorts] bekannt?
Sie ist jetzt zweifellos festgestellt. Ein im Dienste der indischen Regierung stehender Archäologe
hat vor kurzem in der Waldwildnis von Nepâl Terai eine steinerne Säule entdeckt, die von dem
mächtigen buddhistischen Fürsten Asôka errichtet worden ist, um die wahre Stelle zu bezeichnen.
Der Platz war zu jener Zeit bekannt als der Lumbini-Hain.
21. Besass der Prinz Überfluss und Herrlichkeiten gleich anderen Prinzen?
Allerdings; sein Vater, der König, baute ihm drei prächtige Paläste für die drei indischen
Jahreszeiten, mit neun, bzw. fünf und drei Stockwerken und reizender Ausstattung.
22. Wie waren sie gelegen?
Jeden Palast umgaben Gärten mit den schönsten und wohlriechendsten Blumen und plätschernden
Springbrunnen, mit Bäumen, von Singvögeln bevölkert, und Pfauen, die über den Rasen stolzierten.
23. Lebte er allein?
Nein! In seinem 16. Jahre wurde er mit der Prinzessin Yasôdharâ vermählt, der Tochter des Königs
Suprabuddha. Eine Schar reizender Mädchen, geübt in Tanz und Musik, war ebenfalls fortwährend
bedacht, ihn zu vergnügen.
24. Wie gewann er sein Weib?
Nach der alten Kshattriya oder Krieger Weise, indem er alle Rivalen in den Spielen und Übungen
der Gewandtheit und Tapferkeit überwand und dann Yasôdharâ aus allen jungen Prinzessinnen
erwählte, die von ihren Vätern zu diesem Turnier oder mela gebracht worden waren.
25. Wie konnte mitten in all diesem Luxus der Prinz allweise werden?
11
Er besass eine solche natürliche Klugheit, dass er bereits als Kind alle Künste und Wissenschaften
fast ohne Studium zu verstehen schien. Er hatte die besten Lehrer, aber sie konnten ihn nichts
lehren, was er nicht schon unmittelbar zu begreifen schien.
26. Wurde er zum Buddha in seinen glänzenden Palästen?
Nein! Nein, er verliess alles und ging einsam in die Waldwildnis.
27. Warum tat er dies?
Um die Ursache unserer Leiden zu erforschen und den Weg, ihnen zu entrinnen.
28. War es nicht Selbstsucht, die ihn dies tun liess?
Nein; es war grenzenlose Liebe zu allen Wesen, die ihn sich ihrem Wohle weihen liess.
29. Aber wie eignete er sich diese grenzenlose Liebe an?
Durch zahllose Geburten und Äonen von Jahren hindurch hatte er diese Liebe gepflegt, mit dem nie
wankenden Vorsatz, ein Buddha zu werden.
30. Was liess er damals zurück?
Seine herrlichen Paläste, seine Reichtümer, Kostbarkeiten und Vergnügungen, seine weichen
Betten, feinen Kleider und reiche Kost, und sein Königtum; er verliess sogar sein geliebtes Weib
und RâhuIa, seinen einzigen Sohn.
31. Opferte je ein anderer Mann so viel um unsertwillen?
Keiner in dieser gegenwärtigen Weltperiode; darum lieben ihn die Buddhisten so und versuchen
gute Buddhisten, ihm ähnlich zu werden.
32. Aber haben nicht viele Menschen alle irdischen Glücksguter und selbst ihr Leben um ihrer
Mitmenschen willen hingegeben?
Gewiss! Aber wir glauben, dass seine alles übertreffende Selbstlosigkeit und Liebe für die
Menschheit sich in seinem Verzichte auf die Seligkeit des Nirvâna zahllose Zeitalter vorher zeigten,
als er als der Brahmane Sumedha in der Zeit des Dîpankara Buddha geboren war; er hatte damals
(schon) den Grad erreicht, dass er in das Nirvâna hatte eintreten können, wenn er nicht das
Menschengeschlecht mehr als sich selbst geliebt hätte. Dieser Verzicht schloss sein freiwilliges
Erdulden des Jammers irdischer Daseinsformen in sich, bis er Buddha wurde, - um alle Wesen den
Weg zur Selbstbefreiung und zur Abkehr von der Welt zu lehren.
33. Wie alt war er, als er in die Waldeinsamkeit ging?
Er stand in seinem 29. Lebensjahre.
34. Was bestimmte ihn endgiltig, alles das fahren zu lassen, was die Menschen gewöhnlich so sehr
lieben, und in die Waldeinsamkeit zu gehen?
Ein deva3 erschien ihm, als er in seinem Kutschwagen ausfuhr, unter vier eindrucksvollen Gestalten
bei vier verschiedenen Gelegenheiten.
35. Welches waren diese vier verschiedenen Gestalten?
Die eines sehr alten, von den Jahren gebeugten Mannes, die eines siechen Mannes, die eines
verwesenden Leichnams und die eines würdigen Einsiedlers.
36. Sah nur er sie?
3
Vgl. die unten [384 f.] gegebene Definition der deva´s.
12
Nein, sein Bedienter Channa sah sie auch.
37. Warum sollten diese Gesichte, die jedermann so bekannt sind, ihn veranlasst haben, in die
Waldeinsamkeit zu gehen?
Wir sehen solche Dinge oft; da er sie aber noch nicht gesehen hatte, machten sie einen tiefen
Eindruck auf sein Gemüt.
38. Warum hatte er sie nicht auch schon gesehen?
Die brahmanischen Sterndeuter hatten bei seiner Geburt vorausgesagt, dass er eines Tages auf sein
Königtum verzichten und ein BUDDHA werden würde. Der König, sein Vater, der nicht wünschte,
einen Erben für sein Königtum zu verlieren, hatte sorgfältig seinen Augen jeden Anblick entrückt,
der ihn an menschliches Elend und Tod denken lassen könnte. Niemandem war gestattet, von
dergleichen zu dem Prinzen zu reden. Er war fast einem Gefangenen gleich in seinen lieblichen
Palästen und Blumengärten. Diese waren von hohen Mauern umgeben und innen war alles so schön
als möglich gemacht, so dass er nicht wünschen sollte, hinzugehen und die Sorge und Trübsal zu
sehen, die in der Welt sind.
39. War er so liebreich gesinnt, dass der König fürchtete, er möchte wirklich wünschen, alles zu
verlassen um der Welt willen?
Ja; er scheint für alle Wesen so starkes Mitleid und Liebe wie diese gefühlt zu haben.
40. Und wie erwartete er, die Ursache der Trübsal in der Waldeinsamkeit zu lernen?
Indem er sich weit weg von allem entfernte, was sein tiefes Nachdenken über die Ursachen der
Trübsal und die menschliche Natur hindern konnte.
41. Wie entrann er aus seinem Palaste?
Eines Nachts. als alles im Schlafe lag, stand er auf, warf einen letzten Blick auf sein schlafendes
Weib und seinen unmündigen Sohn, rief [seinen Diener] Channa, bestieg sein weisses Lieblingsross
Kanthaka und ritt zu den Ausgangsthoren des Palastes. Die deva’s hatten einen tiefen Schlaf auf des
Königs Leibwache fallen lassen, welche das Thor bewachte, sodass sie den Schall der Hufe des
Rosses nicht hören konnte.
42. Aber das Thor war ja doch verschlossen?
Jawohl; aber die deva’s bewirkten, dass es ohne das leiseste Geräusch sich öffnete, und er ritt hinaus
in die Finsternis.
43. Wohin begab er sich?
Zu dem Flusse Anômâ, eine weite Strecke von Kapilavastu entfernt.
44. Was tat er alsdann?
Er sprang von seinem Rosse, schnitt sein schönes Haar mit seinem Schwerte ab, legte das gelbe
Gewand eines Büssers an, und indem er dem Channa seinen Schmuck und sein Ross übergab,
befahl er ihm, beides zu seinem Vater, dem Könige, zurückzubringen.
45. Was dann?
Er ging zu Fusse nach Râjagriha, der Hauptstadt des Königs Bimbisâra von Magadha.
46. Wer besuchte ihn dort?
Der König mit seinem ganzen Hofstaat.4
4
Ein bemerkenswerter Bericht über diese Zusammenkunft bei Dr. Paul Carus, „Gospel of Buddha," S. 20ff.
13
47. Warum begab sich der Buddha dorthin?
In den Waldungen lebten dort Einsiedler, sehr weise Leute, deren Schüler er später wurde, in der
Hoffnung, die Erkenntnis zu finden, die er suchte.
48. Welcher Religion gehörten diese an?
Der Hindu-Religion; sie waren Brahmanen.5
49. Was lehrten diese?
Dass durch strenge Bussübungen und körperliche Kasteiung ein Mensch vollendete Weisheit
erlangen könne.
50. Fand der Prinz dies bestätigt?
Nein; er lernte ihre Systeme [Lehrmeinungen] und führte ihre Bussübungen aus, konnte aber auf
diese Weise nicht die Ursache der menschlichen Trübsal und den Weg der absoluten
Selbstbefreiung entdecken.
51. Was that er nun?
Er ging hinweg in den Wald, der nahe bei dem Orte lag, der Uruvêla heisst, nahe bei dem jetzigen
Mahâbôdhi-Tempel von Buddha Gâyâ, und verbrachte sieben Jahre in tiefem Nachdenken und in
Unterwerfung unter die härteste Zucht behufs Abtötung seines Körpers.
52. War er allein?
Nein; fünf Brahmanen leisteten ihm Gesellschaft.
53. Welches waren deren Namen?
Kondanya, Bhaddyia, Vappa, Mahânâma und Assaji.
54. Welchen Plan der Busszucht eignete er sich an, um seinen Geist für die Erkenntnis der ganzen
Wahrheit zu öffnen?
Er sass und sann, indem er seinen Geist auf die höheren Probleme des Lebens konzentrierte und sein
Sehen und Hören gegen alles absperrte, was geeignet war, seine inneren Betrachtungen zu
unterbrechen.
55. Fastete er?
Ja, während dieses ganzen Zeitraums. Er nahm immer weniger Speise und Trank. zu sich, bis er,
wie es hiess, kaum mehr als ein Reis- oder Sesamsamen-Korn täglich ass.
56. Verlieh ihm dies die ersehnte Weisheit?
Nein! Er wurde an Körper immer magerer und schwächer an Kraft, bis eines Tages, als er langsam
dahinschritt und nachdachte, ihn plötzlich seine Lebenskraft verliess und er bewusstlos zu Boden
fiel.
57. Was dachten seine Genossen dabei?
Sie glaubten, er sei tot; doch nach einiger Zeit kam er wieder zu sich.
58. Was dann?
5
Die Bezeichnung „Hindu", die einst so verächtlich war und von den Musulmanen auf die von ihnen
unterworfenen Sindh-Leute angewendet wurde, wird jetzt in kirchlicher Bedeutung gebraucht.
14
Es kam ihm der Gedanke, dass Weisheit nimmermehr durch blosses Fasten und leibliche Kasteiung
erreicht werden könne, sondern durch Erschliessung des Geistes gewonnen werden müsse. Er war
dem Tode durch freiwilliges Aushungern eben gerade noch entgangen, hatte jedoch die vollendete
Weisheit nicht erlangt. So entschloss er sich, zu essen, damit er wenigstens lange genug leben
könne, um weise zu werden.
59. Wer gab ihm Speise?
Er erhielt einige Speise von Sujâtâ, eines vornehmen Mannes Tochter, die ihn am Fusse eines
Nyagrodha- (Feigen-) Baumes sitzen sah. Darauf kam er wieder zu Kräften, stand auf, nahm seinen
Almosennapf, badete im Flusse Nêranjarâ, ass die Speise und begab sich in die Waldeinsamkeit.
60. Was tat er dort?
Als er nach diesen Erwägungen seinen Entschluss gefasst hatte, ging er am Abend zu dem Bôdhioder Asvattha-Baume, wo der jetzige Mahâbôdhi-Tempel steht.
61. Was tat er dort?
Er beschloss, den Platz nicht zu verlassen, bis er die vollendete Weisheit erlangt hätte.
62. An welcher Seite des Baumes setzte er sich nieder?
An der gen Osten schauenden Seite.6
63. Mit welchen anderen Ehren-Namen wird er bezeichnet?
Sâkyamuni (der Sâkya -Weise); Sâkya Simha (der Sâkya-Löwe); Sugâta (der Glückliche); Satthâ
(der Lehrer); Jina (der Sieger); Bhagavat (der Gesegnete); Lôka-nâtha (der Herr der Welt); Sarvajna
(der Allwissende); Dharmarâja (der König der Wahrheit); Tathâgata (das grosse Wesen) u. s. w.
64. Was empfing er in jener Nacht?
Die Kenntnis 1. seiner vorausgegangenen Geburten, 2. der Ursachen der Wiedergeburten, 3. des
Weges zur Auslöschung des Begehrens. Just bevor der nächste Tag anbrach, wurde sein Geist völlig
geöffnet, gleich der vollerblühten Lotusblume; das Licht höchster Erkenntnis, oder die ,vier
Wahrheiten’, ergoss sich über ihn. Er war BUDDHA geworden, der Erleuchtete, Allwissende, der
Sarvajna.
65. Hatte er schliesslich die Ursache menschlichen Elends entdeckt?
Schliesslich hatte er’s. Wie das Licht der Morgensonne die nächtliche Finsternis verjagt und dem
Blicke die Bäume, Felder, Berge, Seen, Flüsse, Tiere, Menschen und alle Dinge offenbart, so ging
das volle Licht der Erkenntnis in seinem Geiste auf, und er sah in einem Augenblick die Ursachen
menschlichen Leidens und den Weg, ihnen zu entrinnen.
66. Hatte er grosse Kampfe zu bestehen, ehe er diese vollendete Weisheit gewann?
Ja, mächtige und schreckliche Kämpfe. Er hatte in seinem Leibe alle jene natürlichen Fehler und
menschlichen Triebe und Begierden zu besiegen, die uns am Schauen der Wahrheit hindern. Er
hatte alle die schlimmen Einflüsse der ihn umgebenden sündhaften Welt zu überwinden. Gleich
6
Es wird in den kanonischen Büchern kein Grund für die Wahl dieser Seite des Baumes angegeben, obwohl
eine Erklärung in den populären Legenden zu finden ist, auf die sich die Bücher des Bischofs Bigandet und
anderer europäischer Erklärer gründen. Es giebt beständig gewisse Einflüsse, die sich auf uns von den vier
verschiedenen Himmelsgegenden äussern. Manchmal wird der von der einen, manchmal der von der anderen
Himmelsgegend der beste sein. - Aber der Buddha dachte, dass der vollkommene Mensch erhaben über alle
äusseren Einflüsse ist!
15
einem Krieger, der verzweifelt in der Schlacht wider zahlreiche Feinde ficht, stritt er; gleich einem
siegreichen Helden gewann er sein Ziel, und das Geheimnis des menschlichen Elends war entdeckt.
67. Welchen Gebrauch machte er von der so erworbenen Erkenntnis?
Zuerst schrak er davor zurück, sie weiteren Volkskreisen zu lehren.
68. Warum?
Wegen ihrer grundlegenden Wichtigkeit und Erhabenheit. Er fürchtete, dass wenige Leute sie
verstehen würden, und dass nur geistige Verwirrung entstehen möchte, wenn sie verkündet würde.
69. Was veranlasste ihn, seine Absicht zu andern ?7
Er erkannte, dass es seine Pflicht sei, das, was er gelernt habe, so klar und einfach wie möglich zu
lehren, und vertraute der Wahrheit, die sich von selbst dem gemeinen Verstande nach Massgabe des
individuellen Karma eines jeden einprägt. Es war der einzige Weg der Erlösung, und jedes Wesen
hatte ein gleiches Anrecht darauf, darin unterwiesen zu werden. So entschloss er sich denn, mit
seinen fünf ehemaligen Genossen zu beginnen, die ihn verlassen hatten, als er sein Fasten brach.
70. Wo fand er sie?
Im Wildpark zu Isipatana, bei Benares.
71. Kann die Stelle jetzt noch identifiziert werden?
Ja. Eine zum Teil eingestürzte stûpa oder dagoba steht noch an derselben Stelle.
72. Hörten jene fünf Genossen bereitwillig auf ihn?
Zuerst nicht; indessen so gross war die geistige Schönheit seiner Erscheinung, so mild und
überzeugend seine Lehre, dass sie alsbald ihr Verhalten änderten und ihm die gespannteste
Aufmerksamkeit schenkten.
73. Welche Wirkung hatte diese Unterredung auf sie?
Der bejahrte Kondanya, „der Gläubige“ (Anna), war der erste, der seine Vorurteile fallen liess, des
Buddha Lehre annahm, sein Jünger wurde und den Pfad einschlug, der zur Arahatschaft führt. Die
anderen vier folgten alsbald seinem Beispiel.
74. Wer waren die nächsten Bekehrten?
Ein reicher junger Laie, namens Yasa, und sein Vater, ein wohlhabender Kaufmann. Nach drei
Monaten betrug die Jüngerzahl 60 Personen.
75. Wer waren die ersten weiblichen Laienjünger?
Die Mutter und die Frau des Yasa.
76. Was tat der Buddha in dieser Zeit?8
Er versammelte sie, gab ihnen vollständige Anweisungen und sandte sie nach allen Richtungen aus,
um seine Lehre zu verkünden.
77. Was war deren wesentlicher Inhalt?
7
Die alte Erzählung besagt, dass der Gott Brahma selbst in ihn drang, die herrliche Wahrheit nicht
zurückzuhalten.
8
Da der Brahmanismus Nicht-Hindu’s nicht dargeboten wurde, ist mithin der Buddhismus die älteste
missionierende Religion in der Welt. Die ersten Missionare erduldeten jede Beschwerde, Grausamkeit und
Verfolgung mit nie wankendem Mute.
16
Dass der Weg der Selbstbefreiung in heiliger Lebensführung und Befolgung der dargelegten Regeln
bestehe.
78. Diese Regeln werden später erklärt werden; indessen berichte mir, welchen Namen er dieser
Lebensführung gab?
„Der edle achtfache Pfad.“
79. Wie wird sie in der Pâli-Sprache genannt?
Ariyo attahngiko maggo.
80. Wohin begab sich Buddha alsdann?
Nach Uruvêla
81. Was trug sich dort zu?
Er bekehrte einen Mann namens Kâshyapa, der durch seine Gelehrsamkeit berühmt und
Oberpriester der Jatilas war, einer grossen Sekte von Feueranbetern, die ebenfalls sämtlich seine
Anhänger wurden.
82. Wer war der nächste grosse Bekehrte?
König Bimbisâra von Magadha.
83. Welche zwei von Buddha’s gelehrtesten und geliebtesten Jüngern wurden ungefähr um diese
Zeit bekehrt?
Sâriputra und Moggallâna, ehedem Hauptjünger des Büssers Sanjaya.
84. Weswegen wurden sie berühmt?
Sâriputra wegen seiner tiefen Gelehrsamkeit (Prajna), Moggallâna wegen seiner ausserordentlichen
geistlichen [übersinnlichen] Kräfte (Iddhi).
85. Sind diese wunderwirkenden Kräfte übernatürlicher Art?
Nein, sondern in allen Menschen als natürliche Anlage vorhanden und der Entwicklung durch einen
bestimmten Ausbildungsgang fähig.
86. Hörte der Buddha noch etwas von seiner Familie, nachdem er sie verlassen hatte?
O ja, sieben Jahre später; als er zu Râjagriha lebte, sandte sein Vater, König Suddhôdana, Botschaft
zu ihm, um ihn aufzufordern, zu kommen und ihm noch einmal seinen Anblick zu gewähren, bevor
er stürbe.
87. Ging er hin?
Ja. Sein Vater empfing ihn mit grosser Freude und kam ihm mit allen seinen Verwandten und
Dienern entgegen.
88. Verstand er sich dazu, seinen alten Rang wieder einzunehmen?
Nein. Mit aller Sanftmut legte er seinem Vater dar, dass der Prinz Siddhârtha als solcher zu
existieren aufgehört habe und jetzt in den Zustand eines Buddha übergegangen sei, dem alle Wesen
gleich verwandt und gleich lieb seien. Anstatt über einen Stamm oder eine Nation zu herrschen, wie
ein irdischer König, wolle er durch sein Dharma [seine Lehre] alle Menschenherzen gewinnen, dass
sie ihm folgten.
89. Sah er Yasôdhara und seinen Sohn Râhula?
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Ja. Sein Weib, die um ihn in tiefster Liebe getrauert hatte, weinte bitterlich. Sie sandte auch Râhula,
dass er ihn bäte, ihm sein Erbe als Sohn eines Prinzen zu geben.
90. Was geschah?
Allen und jedem verkündete er das Dharma als Heilmittel für alle Trübsale. Sein Vater, Sohn, Weib,
ferner Ananda, sein Halbbruder, Dêvadatta, sein Vetter und Schwager - sie alle bekehrten sich und
wurden seine Jünger. Andere namhafte Bekehrte waren Anuruddha, ein grosser Metaphysiker, und
Upâli, ein Barbier. Beide gewannen grosses Ansehen.
91. Wer war der erste weibliche Jünger [aus höherem Stande, vgl. 75]?
Prajâpatî, die Tante und Pflegemutter des Prinzen Siddhârtha. Mit ihr wurden Yasôdharâ und viele
andere edle Frauen in den Orden der bhikkunî’s oder weiblichen Geweihten aufgenommen.
92. Welche Wirkung äusserte die Annahme der religiösen Lebensführung Seitens seiner Söhne
Siddhartha und Ananda, seines Neffen Dêvadatta, seiner Schwiegertochter Yasodharâ und seines
Enkels Râhula auf den alten König Suddhôdana?
Sie bekümmerte ihn sehr, und er klagte dem Buddha sein Leid, der es denn auch zur Ordensregel
machte, dass fortan kein Unmündiger ohne Erlaubnis seiner Eltern oder Vormünder in den Orden
aufgenommen werden solle.
93. Erzähle mir etwas über das Geschick Dêvadatta’s.
Er war ein Mann von grossem Scharfsinn und hatte reissende Fortschritte in der Kenntnis des
Dharma gemacht; aber da er auch äusserst ehrgeizig war, so begann er, den Buddha zu beneiden und
zu hassen, und gedachte schliesslich, ihn zu töten. Er beeinflusste auch Ajâtasatru, den Sohn des
Königs Bimbisâra, seinen edlen Vater zu töten und sein - Dêvadatta’s Jünger zu werden.
94. Tat er dem Buddha irgend ein Leid?
Nicht das mindeste, sondern das Unheil, das er gegen jenen geplant hatte, fiel auf ihn selbst zurück,
und er erlitt einen grässlichen Tod.
95. Wieviel Jahre war der Buddha mit Lehren beschäftigt?
Fünfundvierzig Jahre. Während dieser Zeit hielt er eine grosse Menge Vorträge. Seine und seiner
Jünger Gewohnheit war, während der acht regenlosen Monate zu reisen und zu predigen; dagegen
während der Was- (Regen-) Zeit pflegte er und sie zu rasten in den pannsâla’s und vihâra’s, die für
sie von verschiedenen Königen und anderen wohlhabenden Bekehrten erbaut worden waren.
96. Welches waren die berühmtesten dieser Bauten?
Jetavanârâma, Veluvanârâma, Pubbarâma, Nigrodârâma und Isipatanârâma.
97. Welche Art Leute wurden durch ihn und seine Jünger bekehrt?
Leute aller Rangstufen, Nationen und Kasten, Raja’s und Kuli’s, Reiche und Arme, Mächtige und
Niedrige, der Ungebildete und der Hochgelehrte. Seine Lehre war passend für alle.
98. Gieb einen kurzen Bericht über das Scheiden des Buddha von seinem Körper.
In der 45. Jahresfrist nach Erlangung seiner Buddhaschaft, an einem Vollmonde des Mai’s, kam er
im Bewusstsein seines nahen Endes am Abend nach Kusinâgâra, einem Orte etwa 120 Meilen von
Benares. In dem sâla-Haine der Mallas, der Uparvartana von Kusinâgâra, zwischen zwei sâlaBäumen, hatte er sein Lager bereitet, mit dem Kopfende nach Norden, dem alten Brauche gemäss.
Er lag darauf; und mit völlig klarem Geiste gab er seinen Jüngern seine letzten Anweisungen und
bot ihnen Lebewohl.
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99. Machte er auch in diesen letzten Stunden neue Bekehrte?
Ja, (sogar) einen sehr bedeutenden, (nämlich) einen grossen brahmanischen Pandit [Gelehrten],
namens Subhadra. Er predigte auch den Malliya-Fürsten und ihrem Gefolge.
100. Was geschah bei Tagesanbruch?
Er ging hinüber in den inneren Zustand des Samâdhi und dann in’s Nirvâna.
101. Was waren seine letzten Worte zu seinen Jüngern?
„Bettelmönche“, sprach er, „ich präge es euch jetzt ein: Die Teile (Glieder) und Kräfte des
Menschen müssen sich auflösen, aber die Wahrheit wird immerdar bleiben. Arbeitet an eurer
Erlösung mit Fleiss!“
102. Welchen überzeugenden Beweis haben wir, dass der Buddha, vordem Prinz Siddhartha, eine
geschichtliche Persönlichkeit gewesen ist?
Seine Existenz ist augenscheinlich so klar bewiesen wie die irgend eines anderen Charakters der
alten Geschichte.
103. Nenne mir einige Beweise!
1. Das Zeugnis derer, die ihn persönlich gekannt haben.
2. Die Entdeckung von Orten und die Überreste von Bauten, die in den Erzählungen seiner Zeit
erwähnt werden.
3. Die Felseninschriften, Säulen und dâgoba’s, die zu seinem Andenken von Fürsten geschaffen
worden sind, welche seiner Zeit nahe genug standen, um die Geschichte seines Lebens auf ihre
Wahrheit zu prüfen.
4. Die ungebrochene Existenz des Sangha, den er gegründet hat, und der in dessen Besitz
befindlichen Thatsachen seines Lebens, die von Anfang an von Geschlecht zu Geschlecht
überliefert worden sind.
5. Die Thatsache, dass in dem Jahre seines Todes und zu verschiedenen Zeiten in der Folge
Zusammenkünfte und Konzile der Sangha abgehalten worden sind zwecks authentischer
Feststellung der wirklichen Lehren des Begründers, und die fortlaufende Überlieferung dieser
festgestellten Lehren von Lehrer zu Jünger bis auf den heutigen Tag.
6. Nach seiner Verbrennung wurden seine Aschenreste unter acht Könige verteilt, und eine stûpa
ward über jeden dieser Teile errichtet. Den Teil, welchen der König Ajâtasatru erhalten und über
den er die stûpa von Râjagriha gebaut hatte, nahm weniger als zwei Jahrhunderte später der Kaiser
Asoka und verteilte ihn durch sein Reich hin (an verschiedene Stellen). Er hatte natürlich reichliche
Mittel, um zu erkennen, ob die Reliquien solche des Buddha seien oder nicht, da diese ja von
Anfang an sich in der Verwahrung des königlichen Hauses von Patna befunden hatten.
7. Viele von des Buddha Jüngern, die arahat’s waren und also Gewalt über ihre Lebenskräfte
besassen, müssen zu hohem Alter gelangt sein, und es hinderte daher nichts, dass zwei oder drei von
ihnen, einander folgend, die ganze Periode zwischen dem Tode des Buddha und der Herrschaft
Asoka’s ausgefüllt und so den letzteren in den Stand gesetzt haben, von seinem Zeitgenossen sich
jede gewünschte Bestätigung über die Thatsache von des Buddha Leben zu verschaffen.9
8. Das „Mâhavansa“, das bestbeglaubigte alte Geschichtswerk, das wir kennen, verzeichnet die
Ereignisse der singhalesischen Geschichte bis hinauf zur Regierung des Königs Vijaya, 543 v. Chr.
- ungefähr die Zeit des Buddha - und giebt sehr viel Einzelheiten aus seinem Leben sowie dem des
Kaisers Asoka und aller anderen zur buddhistischen Geschichte gehörigen Herrscher.
9
Am „zweiten Konzil" nahmen zwei Jünger Ananda's teil, die mithin hundert Jahre alt waren, während sich
auf Asoka's Konzil die Jünger dieser Jünger befanden.
19
104. Es giebt eine Volksmeinung, dass der Buddha ein Riese von 12 Ellen oder etwa 18 Fuss Höhe
gewesen sei; gründet sich dies auf historische Berichte?
Nein. Wir haben keinen alten Bericht über diesen Gegenstand. Wir lesen lediglich, dass er ein Mann
von ungemein schönem Wuchs und Gesichtsausdruck war, und dass er an seinem Körper gewisse
Merkmale hatte, von denen man sagt, dass sie am Körper eines jeden Buddha zu sehen sind.
105. Kannst du eine Stelle aus unseren Schriften anführen, welche die Vorstellung nahelegt, dass er
an Gestalt anderen Menschen ähnlich war?
Ja. In dem Anguttara Nikâya wird uns berichtet, dass ein Weib, welches dem Mahâ Kâshyapa
Almosen zu geben pflegte, dieses einst dem Buddha darreichte, indem sie ihn mit seinem Jünger
verwechselte. Wenn er ein Riese gewesen wäre, so hätte die Verwechselung überhaupt nicht
vorkommen können; denn Mahâ Kâshyapa war von gewöhnlicher Statur.
II. Teil. DAS „DHARMA“ ODER DIE LEHRE.
106. Was ist die Bedeutung des Wortes Buddha?
„Der Erleuchtete“ oder „der, welcher die vollkommene Weisheit besitzt“.
107. Du sagtest, dass es noch andere Buddha’s vor diesem einen gegeben habe?
Ja. Es ist unser Glaube, dass unter der Einwirkung ewiger Kausalität ein Buddha von Zeit zu Zeit
geboren wird, wenn die Menschheit durch Unwissenheit in Elend versenkt worden ist und der
Weisheit bedarf, die zu lehren der Beruf eines Buddha ist (vgl. auch Frage 11).
108. Wie entwickelt sich ein Buddha?
Eine Person, die einen der Buddha’s auf Erden sieht und hört, wird von dem Entschluss ergriffen, so
zu leben, dass sie zu irgend einer zukünftigen Zeit, wenn sie hierzu sich eignen wird, auch ein
Buddha sein wird, um die Menschheit aus dem Kreislauf des Wieder-Geborenwerdens
herauszuführen.
109. Wie verfährt er?
Während dieser und jeder folgenden Geburt [Daseinsperiode] bestrebt er sich, seine Leidenschaften
zu bezwingen, Weisheit durch Erfahrung zu gewinnen und seine höheren Fähigkeiten zu
entwickeln. Er wird dann von Stufe zu Stufe weiser, an Charakter edler und stärker an Tugend, bis
er endlich nach zahllosen Wiedergeburten den Standpunkt erreicht, wo er ein Vollkommener,
Erleuchteter, Allweiser, der ideale Lehrer des Menschengeschlechts werden kann.
110. Während diese stufenweise Entwickelung durch all’ diese Geburten vor sich geht, mit welchem
Namen bezeichnen wir ihn da?
Als „Bôdhisat“ oder „Bôdhisattva“. So war der Prinz Siddhârtha Gautama ein Bôdhisattva bis zu
dem Zeitpunkte, wo er, unter dem gesegneten Bôdhi-Baume zu Gaya, Buddha wurde.
111. Besitzen wir irgend eine Nachricht über seine verschiedenen Wiedergeburten als Bôdhisattva?
In dem Jâtakatthakathâ, einem Buche, das erläuterte Berichte über die Wiedereinkörperungen
[Seelenwanderungen] des Bôdhisattva enthält, befinden sich mehrere hundert Erzählungen dieser
Art.
112. Welche Lehre geben diese Berichte?
Dass ein Mensch durch eine lange Reihe von Wiederverkörperungen hindurch einen grossen, guten
Vorsatz bewahren kann, der ihn befähigt, schlechte Neigungen zu besiegen und tugendhafte zu
entwickeln.
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113. Können wir die Zahl der Wiedereinkörperungen fest bestimmen, durch welche ein Bôdhisattva
hindurchgehen muss, bevor er ein Buddha werden kann?
Selbstverständlich nicht! Das hängt ja von seinem natürlichen Charakter, dem Zustand der
Entwickelung, zu dem er gelangt war, als er den Entschluss fasste, ein Buddha zu werden, und von
anderen Dingen ab.
114. Besitzen wir ein Mittel, die Bôdhisattva’s in verschiedene Klassen einzuteilen. Wenn ja, so gieb
es an!
Die Bôdhisattva’s oder zukünftigen Buddha’s werden in drei Klassen geteilt.
115. Weiter! Wie heissen diese drei Klassen von Bhôdisats?
Prajnâdhika oder Udghatitagnya = „Der, welcher am wenigsten schnell erreicht“; Sraddhâdhika oder
Vipachitagnya = „Der, welcher minder schnell erreicht“; Viriyâdhika oder Gneyya = „Der, welcher
schnell erreicht.“ Die Prajnâdhika Bhôdisat’s gehen den Gang der Vernunft, die Sraddâdhika den
des Glaubens, die Viriyadhika den des energischen Handelns. Der erstere wird von der Vernunft
geleitet und eilt nicht; der zweite ist voll Glaubens und bekümmert sich nicht, die Führung der
Weisheit zu geniessen, und der dritte zögert niemals, zu tun, was gut ist. Ohne Rücksicht auf die
Folgen für ihn selbst, tut er es, wenn er sieht, dass es das Beste ist, was getan werden kann.
116. Als unser Bôdhisattva nun zum Buddha wurde, was erkannte er als die Ursache des
menschlichen Elends? Sag’s mir in einem Worte!
Die Unwissenheit (Avidyâ).
117. Kannst du mir das Heilmittel angeben?
Die Unwissenheit zu vertreiben und weise (Prajnâ) zu werden.
118. Warum verursacht Unwissenheit Leiden?
Weil sie uns veranlasst, zu schätzen, was nicht schätzenswert ist, uns um etwas zu härmen, worum
wir uns nicht härmen sollten, als wirklich anzusehen, was nicht wirklich, sondern lediglich
illusorisch [Produkt der Einbildung] ist und unsere Lebenszeiten in dem Jagen nach wertlosen
Dingen zu verbringen, unter Vernachlässigung dessen, was in Wirklichkeit höchst wertvoll ist.
119. Und was ist dieses höchst Wertvolle?
Das ganze Geheimnis der menschlichen Existenz und Bestimmung zu erkennen, sodass wir dieses
Leben und seine Verhältnisse nicht höher als zu seinem wirklichen Werte einschätzen, sodass wir
auf eine Weise zu leben vermögen, die uns und unseren Mitmenschen die grösste Glückseligkeit
und das wenigste Leid sichert.
120. Welches ist das Licht, das diese unsre Unwissenheit vertreiben und alle Trübsale entfernen
kann?
Die Erkenntnis der „vier edlen Wahrheiten“, wie BUDDHA sie genannt hat.
121. Nenne diese vier edlen Wahrheiten!
1. Das Elend des sich entwickelnden Daseins, bestehend in wiederholtem Geborenwerden und
Sterben, Leben auf Leben. 2. Die Entstehungsursache des Elends, welche in dem stets erneuten
selbstischen Begehren besteht, das eigene Ich zu befriedigen, ohne jemals die Erreichung des Ziels
verbürgen zu können.
3. Die Vernichtung dieses Begehrens oder das Sichabwenden von ihm. 4. Die Mittel, diese
Vernichtung des Begehrens zu erreichen.
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122. Nenne mir einige Dinge, die Trübsal verursachen.
Geborenwerden, Verfall, Krankheit, Tod; Entferntsein von Dingen, die wir lieben, Zusammensein
mit solchen, die uns zuwider sind, Verlangen nach Unerreichbarem.
123. Unterscheiden sich diese bei jedem Individuum?
Ja; aber alle Menschen leiden durch sie, nur in verschiedenem Grade.
124. Wie können wir den Leiden entrinnen, die aus unbefriedigten Begehrungen und unwissendem
Verlangen entspringen?
Durch völlige Überwindung und Vernichtung dieses heftigen Dursts nach dem Leben und seinen
Freuden, welche Trübsal verursachen.
125. Wie können wir solch’ einen Sieg gewinnen?
Indem wir den „edlen achtfachen Pfad“ verfolgen, den BUDDHA entdeckt und aufgezeigt hat
126. Was meinst du mit jenem Worte, was ist dieser „edle achtfache Pfad“? (Über dessen PaliNamen vgl. Frage 79.)
Die acht Teile dieses Pfades werden angas genannt; diese sind: 1. Rechter Glaube (in Bezug auf das
Kausalgesetz oder Karma). - 2. Rechtes Denken. - 3. Rechte Rede. - 4. Rechtes Handeln. - 5. Rechte
Lebensweise.- 6. Rechtes Streben. - 7. Rechtes Gedenken und Selbstzucht. - 8. Rechtes
Sichversenken. - Derjenige, welcher diese angas im Geiste festhält und sie befolgt, wird frei von
Trübsal sein und endlich zur Erlösung gelangen.
127. Kannst du für „Erlösung“ einen besseren Ausdruck angeben?
Ja! Selbstbefreiung!
128. Selbstbefreiung also wovon?
Selbstbefreiung von dem Elend des irdischen Daseins und der wiederholten Geburten, die alle der
Unwissenheit und den unreinen Lüsten und Begehrungen zuzuschreiben sind.
129. Und wenn diese Erlösung oder Selbstbefreiung erreicht ist, wozu gelangen wir dann?
Zum NIRVANA.
130. Was ist Nirvana?
Ein Zustand völligen Aufhörens aller Veränderungen, ein Zustand vollkommener Ruhe; ein Zustand
der Abwesenheit von Begehren, Wahn und Trübsal; ein Zustand völligen Ausgelöschtseins alles
dessen, was sonst den physischen Menschen ausmacht - ein Zustand, der nur unvollkommen als
asankhata (d. h. dem Kausalgesetze nicht unterworfen) beschrieben wird und völlig verständlich
nur der entwickelten Intuition des Arahat ist. In diesem Zustande hört das durch sinnliche
Wahrnehmung hervorgerufene Denken auf, weil seine Ursachen entfernt worden sind. Bevor er zum
NIRVANA kommt, wird der Mensch immer wieder auf’s neue geboren; wenn er zum NIRVANA
gelangt ist, wird er nicht mehr von neuem geboren.
131. Gieb den Begriff [des Nirvâna] noch anders wieder!
Ein Zustand absoluten Friedens, der durch den Geist des vollkommenen Menschen auf Erden
verwirklicht werden kann, der alle Vorstellungen des Dualismus, der sinnlichen Ergötzung und des
Egoismus vernichtet hat. Dieser Zustand schliesst die „völlige Auslieferung der Selbstheit an die
Wahrheit“ in sich. Der unbefreite Geist hat keine Ahnung von der Seligkeit des Nirvâna; dies liegt
jenseits der Bewusstseinssphäre der Götter und unerleuchteten Menschen. Die Trübsale des
organischen Lebens sind da vernichtet, und der Arahat weiss, dass er befreit ist und in
vollkommener Seligkeit lebt.
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132. Aber manche Leute bilden sich ein, Nirvâna sei eine Art himmlischen Ortes, ein Paradies.
Lehrt dies der Buddhismus?
Nein. Als Kûtadanta den Buddha fragte, wo Nirvâna sei, antwortete er, es sei „überall dort, wie den
Geboten gehorcht wird“.
133. Was ist der Grund, dass wir wiederum geboren werden?
Das ungestillte selbstische Verlangen (Sanskrit: trishnâ; Pali: tanhâ) nach Dingen, die den Zustand
persönlichen Daseins in der materiellen Welt betreffen. Dieser ungelöschte Durst nach physischem
Dasein (bhava) ist eine Macht und hat eine so starke schöpferische Kraft in sich, dass er das Wesen
in das Leben auf der Welt zurückzieht.
134. Sind unsere wiederholten Geburten irgendwie durch die Eigenart unserer selbstischen
Begierden beeinflusst?
Ja, und durch unsere individuellen Verdienste oder Verschuldungen.
135. Bestimmt unser Verdienst oder Verschulden den Zustand, die Lage oder Form, in der wir
wiederum geboren werden sollen?
Allerdings! Die allgemeine Regel ist, dass, wenn wir einen Überschuss an Verdienst besitzen, wir
gut und glücklich das nächste Mal geboren werden; bei einem Überschuss von Verschuldung wird
unsere nächste Geburt elend und voller Leiden sein.
136. Ein Grundpfeiler der buddhistischen Lehre ist also die Vorstellung, dass jede Wirkung das
Resultat einer wirkenden Ursache ist, nicht wahr?
So ist’s; entweder einer unmittelbaren oder entfernteren [mittelbaren] Ursache.
137. Wie nennen wir diese Ursächlichkeit?
Auf die Individuen bezogen, heisst sie KARMA, d. h. „Handlung“. Das will sagen, dass unsere
eigenen Handlungen oder Begehungen alle Freuden oder Trübsale über uns bringen, die wir
erfahren.
138. Kann ein böser Mensch den Wirkungen seines „Karma“ entrinnen?
Das „Dhammapada“ sagt, dass es keinen Fleck auf der Erde, oder im Himmel, oder im Meere giebt,
oder dass sich einer in den Bergesklüften findet, wo eine böse Tat (dem Täter) nicht Unheil bringt.
139. Kann ihm ein guter Mensch entrinnen?
Als Folge besonders verdienstvoller Taten vermag ein Mensch gewisse Vorteile in Bezug auf
Örtlichkeit, Körper, Umgebung und Belehrung für seine nächste Entwickelungsstufe zu erreichen Vorteile, welche die Wirkungen des schlechten Karma abhalten und seine höhere Entwickelung
unterstützen.
140. Wie werden diese genannt?
Gati Sampatti, Upadhi Sampatti, Kâla Sampatti und Payôga Sampatti.
141. Steht dies mit dem gesunden Menschenverstande und den Lehren der modernen Wissenschaft
in Einklang oder nicht?
Völlig in Einklang; das ist unzweifelhaft.
142. Können alle Menschen Buddha’s werden?
Es liegt nicht in der Natur irgend eines Menschen, so in einem Kalpa oder Weltperiode zu werden.
Ein Buddha wird, gemäss dem bestehenden Verlangen der Natur, eine Lücke auszufüllen, erst in
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langen Zeitpausen entwickelt, wenn der Zustand der Menschheit unbedingt solch’ einen Lehrer
fordert, um ihr den vergessenen Pfad zum NIRVANA zu zeigen.
143. Lehrt der Buddhismus, dass der Mensch lediglich auf unserer Erde von neuem geboren wird?
Der allgemeinen Regel nach würde dies der Fall sein, bis er sich über sein Ziel hinaus entwickelt
hätte; aber die bewohnten Welten sind zahllos. Die Welt, auf der jemand seine nächste Geburt
erfahren soll, wie auch die Beschaffenheit der neuen Geburt selbst wird durch das Überwiegen
seines individuellen Verdiensts oder Verschuldens bestimmt Mit anderen Worten, es wird dies
beeinflusst werden durch seine „Wahlverwandtschaft“, wie die Wissenschaft es bezeichnen würde,
oder durch sein Karma, wie wir Buddhisten sagen würden.
144. Gibt es Welten, die mehr, und andere, die minder vollkommen und entwickelt sind, als unsere
Erde?
Der Buddhismus lehrt, dass es ganze Sakwala’s oder Weltsysteme von verschiedener Art giebt,
höhere und niedere, und ebenso, dass die Bewohner einer jeden Welt deren Entwicklungsgrade
entsprechen.
145. Hat der Buddha nicht seine ganze Lehre in einem gâthâ oder Vers zusammengefasst?
Ja.
146. Sage ihn her!
Sabba pâpassa akaranam
Kusalassa upasampadâ
Sachitta pariyo dapanam
Etam Buddhânusâranam.
„Meiden aller Übeltaten,
„Erzeugung alles Guten,
„Sinnes Reinigung „Das ist der Buddha’s stetes Trachten.“
147. Enthalten die ersten drei von diesen Zeilen irgend etwas auffallend Charakteristisches?
Ja. Die erste Zeile verkörpert den ganzen Geist (Inhalt) des Vinaya Pitaka, die zweite den des Sutta,
die dritte den des Abhidhamma. Alle drei enthalten nur acht Paliworte, aber wie der Tautropfen die
Sterne wiederspiegelt, so funkeln sie mit dem Geiste des ganzen Buddha Dharma.
148. Zeigen diese Vorschriften den Buddhismus als aktive oder passive Religion?
„Meiden aller Übeltaten“ kann eine passive Eigenschaft genannt werden, aber „Erzeugung alles
Guten“ und „Sinnes Reinigung“ sind völlig aktive Eigenschaften. Buddha lehrte, dass wir nicht
allein nicht schlecht, sondern dass wir positiv gut sein sollen.
149. Wer oder was sind die „drei Führer“10, denen zu folgen ein Buddhist gehalten ist?
10
Saranam. Wijesinha Mudaliyar schreibt mir: „Dieses Wort ist bisher in sehr ungeeigneter und irrtümlicher
Weise von europäischen Pali-Gelehrten mit „Zuflucht" wiedergegeben und gedankenlos in dieser Bedeutung
von eingeborenen Pali-Gelehrten angenommen worden. Weder die Pali-Etymologie noch die buddhistische
Philosophie rechtfertigt diese Übersetzung. „Zuflucht" im Sinne von „sich flüchten" oder „schützender Ort"
ist [weil passiver Begriff] dem echten Buddhismus durchaus fremd, der vielmehr darauf besteht, dass jeder
Mensch seine Befreiung selber bewirke. Die Wurzel Sri im Sanskrit (Sara im Pali) bedeutet „bewegen,
gehen", sodass Saranam einen Bewegenden, oder den oder das, welcher oder welches vor oder mit einem
andern geht - einen FÜHRER, HELFER, bezeichnen würde. Ich konstruiere den Satz so: Gacchâmi = ich gehe,
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Sie sind kundgetan in der Formel, die Tisarana heisst: „Ich folge Buddha als meinem Führer, ich
folge dem Gesetz als meinem Führer, ich folge dem Orden als meinem Führer.“ - Diese drei sind
tatsächlich das Buddha Dharma.
150. Was meint man, wenn man diese Formel hersagt?
Man meint, dass man den Buddha als seinen allweisen Lehrer, Freund und Vorbild betrachtet; das
Gesetz oder die Lehre als den Inbegriff der wesentlichen und unveränderlichen Prinzipien der
Gerechtigkeit und Wahrheit, und als den Pfad, der zur Verwirklichung vollkommener Seelenruhe
auf Erden hinleitet; den Orden endlich als die Lehrer und Vorbilder des herrlichen, von Buddha
gelehrten Gesetzes.
151. Aber sind nicht manche von den Gliedern dieses Ordens geistig und sittlich minderwertige
Leute?
Ja; aber Buddha hat uns gelehrt, dass nur die, welche die Gebote aufmerksam befolgen, ihre Seelen
in Zucht halten und eine von den acht Stufen der Heiligkeit und Vollendung zu erreichen streben
oder erreicht haben, seinen ,Orden’ bilden. Es ist ausdrücklich festgestellt, dass der ,Orden’, auf den
das ,Tisarana’ [149] Bezug nimmt, sich auf die ,Attha Ariya Puggala’ bezieht, d. h. auf die Edlen,
welche eine von den acht Stufen der Vollendung erreicht haben. Das blosse Tragen gelber Kleider,
oder selbst die Ordination, macht an sich einen Menschen nicht rein, weise und der Verehrung
würdig.
152. Solche unwürdigen Bhikshu’s sind es also nicht, die ein wahrer Buddhist zu seinen Führern
nehmen würde?
Gewiss nicht.
153. Welches sind die fünf Observanzen oder allgemeinen Gebote, die „Pantscha Sila“ genannt,
welche dem Laienstande überhaupt auferlegt sind?
Sie sind in folgender Formel enthalten, welche die Buddhisten öffentlich in den Vihâra’s (Tempeln)
hersagen:
„Ich beobachte das Gebot, mich fernzuhalten von Vernichtung des Lebens von Geschöpfen.
„Ich beobachte das Gebot, mich fernzuhalten von Diebstahl.
„Ich beobachte das Gebot, mich zu enthalten unerlaubten geschlechtlichen Verkehrs.11
„Ich beobachte das Gebot, mich fernzuhalten von Lug und Trug.
„Ich beobachte das Gebot, mich zu enthalten des Genusses berauschender Mittel.“
154. Was fällt dem einsichtigen Leser dieser Sila’s sofort in die Augen?
Buddham = zu Buddha, Saranam = als meinem Führer. Die Übersetzung „Drei Zuflüchte" für Tisarana hat
Anlass zu vielem Missverständnis gegeben und ist von Anti-Buddhisten zu einem fruchtbaren Vorwande
genommen worden, den Buddhisten die Absurdität schuldzugeben, sie nähmen ihre Zuflucht zu Dingen, die
nicht vorhanden, und glaubten an solche, die nicht wirklich seien. Der Ausdruck „Zuflucht" ist eher noch
auf „Nirvâna" anwendbar, das übrigens mit Saranam gleichbedeutend ist." - Der Hohepriester macht mich
auch auf den Umstand aufmerksam, dass die Pali-Wurzel Sara die Nebenbedeutung „töten" oder
„vernichten" hat. „Buddham saranam gacchâmi" etc. könnte daher übersetzt werden: „Ich gehe zu Buddha,
dem Gesetze, dem Orden, als den Vernichtern meiner Ängste" - der erste (ist dies) durch seine Predigt, das
zweite durch seine Grundwahrheiten, der dritte durch sein wirksames Beispiel und seine (Ordens-) Regeln.
11
Diese besonders geartete Form bezieht sich natürlich nur auf Laien, welche lediglich erklären, fünf
Gebote zu halten. Ein Bhikshu muss völlige geschlechtliche Enthaltsamkeit beobachten. So muss auch der
Laie, welcher sich selbst verpflichtet, für bestimmte Zeit acht von den ganzen zehn Geboten zu beobachten,
während dieser Zeit jedem Geschlechtsgenusse entsagen. - Die obigen fünf Gebote wurden von Buddha für
alles Volk eingesetzt. Mag einer auch kein Buddhist sein, so können doch die fünf und acht Gebote von
allen mit Nutzen beobachtet werden. Erst die Annahme des Tisarana [149] macht einen zum Buddhisten.
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Dass einer, der sie genau beobachtet, von jeder wirkenden Ursache menschlichen Elends verschont
bleiben muss. Dieses hat, wie die Geschichte lehrt, stets seinen Ursprung in einer oder der anderen
dieser Ursachen gehabt.
155. In welchen Sila’s zeigt sich die weitblickende Weisheit des Buddha am deutlichsten?
Im ersten, dritten und fünften Gebot; denn die Gefährdung des [fremden] Lebens, die Sinnlichkeit
und der Genuss berauschender Getränke verursachen mindestens 95 % aller Leiden unter den
Menschen.
156. Welche wohltätigen Folgen hat für einen Menschen die Beobachtung dieser Gebote?
Es heisst, dass er mehr oder wenig Verdienst erwerbe, je nach der Art und Zeitdauer seiner
Beobachtung der Gebote und nach der beobachteten Anzahl derselben; d.h., wenn er nur eines der
Gebote befolgt, die übrigen vier aber verletzt, erwirbt er lediglich das Verdienst der Befolgung
dieses Gebots, und je länger er das Gebot hält, desto grösser wird sein Verdienst sein. Der, welcher
alle Gebote unverbrüchlich hält, wird sich selbst den Besitz eines höheren und glücklicheren
Daseins in der Zukunft verursachen.
157. Welches sind die anderen Gebote, deren freiwillig unternommene Befolgung als verdienstlich
für die Laienwelt als solche angesehen wird?
Das „Atthanga Sîla“ oder „achtfache Gebot“, welches die fünf oben [153] genannten (unter
Auslassung des Wortes „unerlaubt“ beim dritten) nebst drei zusätzlichen [Geboten] umfasst,
nämlich:
„Ich beobachte das Gebot, mich zu enthalten des Essens zu ungehöriger Zeit.
„Ich beobachte das Gebot, mich zu enthalten <des Tanzens, Singens, der Musik und
unanständiger Schauspiele, ferner>12 des Gebrauchs der Blumenkränze, Wohlgerüche,
Spezereien, Schönheitsmittel, Salben und Schmuckgegenstände.
„Ich beobachte das Gebot, mich zu enthalten der Benutzung hoher und breiter Betten.“Die Sitze und Ruhebetten, auf die hier angespielt wird, sind diejenigen, welche von den weltlich
Gesinnten um des Wohlbehagens und sinnlicher Ergötzung willen gebraucht werden. Der ehelose
Stand sollte diese meiden.
158. Wie würde ein Buddhist echtes Verdienst beschreiben?
Es liegt kein grosses Verdienst in irgend einer lediglich äusserlichen Handlung; alles hängt von dem
inneren Beweggrunde ab, der die Tat hervorruft
159. Gieb ein Beispiel!
Ein reicher Mann kann hunderttausende von Rupien aufwenden für den Bau von dâgoba’s oder
vihâra’s, für Errichtung von Buddha-Statuen, für Festfeiern und Prozessionen, für den Unterhalt von
Priestern, für Almosenspenden an die Armen, oder für Anpflanzung von Bäumen, Anlage von
Teichen oder Erbauung von Herbergen an der Strasse für Reisende und doch ein verhältnismässig
geringes Verdienst haben, wenn es geschieht, um sich sehen und von den Leuten loben zu lassen
oder aus irgendwelchen anderen selbstischen Beweggründen. Dagegen der, welcher das geringste
von diesen Dingen in edler Absicht tut, z.B. aus Liebe für seine Nächsten, erwirbt grosses
Verdienst. Eine gute Tat mit schlechtem Beweggrunde kommt wohl anderen zu gute, nicht aber
dem Täter. Einer, der über eine von einem anderen ausgeführte gute Tat Freude zeigt, nimmt am
Verdienste [derselben] teil, wenn seine Sympathie wirklich, nicht nur vorgegeben ist. Dieselbe
Regel gilt bei schlechten Taten.
160. Aber was gilt als die grösste aller verdienstlichen Handlungen?
12
[Vgl. unten 258. Hier zu tilgen!]
26
Das „Dhammapada“ erklärt, dass das Verdienst der Ausbreitung des „Dharma“, dieses Gesetzes der
Gerechtigkeit, grösser als das irgend eines anderen guten Werkes ist.
161. Welche Bücher enthalten die allerherrlichste Weisheit der Lehren Buddha’s?
Die drei Büchersammlungen, welche Tripitaka’s oder die drei Körbe genannt werden.
162. Welches sind die Namen dieser drei „Pitaka’s“ oder Büchergruppen?
Das „Vinaya Pitaka“, das „Sutta Pitaka“ und das „Abhidhamma Pitaka“.
163. Was enthält ein jedes von ihnen?
Das erste enthält alles, was sich auf die Sittlichkeit bezieht, sowie Disziplinar-Regeln für die
Leitung des Sangha oder Ordens; das zweite enthält belehrende Gespräche über Ethik, die auf alle
anwendbar sind; das dritte erläutert die psychologischen Lehren des Buddha, einschliesslich der
vierundzwanzig Gesetze, welche die Werke der Natur erklären.
164. Glauben die Buddhisten, dass diese Bücher inspiriert oder von einem göttlichen Wesen
offenbart seien?
Nein; aber sie verehren sie, da sie alle Teile dieses „Höchst trefflichen Gesetzes“ enthalten, kraft
dessen Kenntnis der Mensch die Bande des Samsara zu durchbrechen vermag.
165. Wie viele Worte finden sich im gesamten Texte der drei Pitaka’s?
Dr. Rhys-Davids schätzt sie auf 1 752 800.
166. Wann wurden die Pitaka’s zuerst schriftlich abgefasst?
88 - 76 v. Chr. unter dem singhalesischen Könige Wattagâmini, oder 330 Jahre nach dem
Parinirvana Buddha’s.
167. Haben wir Grund, zu glauben, dass alle Lehrvorträge Buddha’s uns bekannt sind?
Wahrscheinlich ist dies nicht der Fall. Während der fünfundvierzig Jahre seines öffentlichen Lebens
muss er viele hundert Lehrvorträge gehalten haben. Von diesen müssen in Zeiten des Krieges und
der Verfolgung viele verloren gegangen, viele nach entlegenen Gegenden zerstreut und viele
verstümmelt worden sein.
168. Betrachten die Buddhisten den Buddha als einen, der durch seine Kraft uns von den Folgen
unserer individuellen Sünden erlösen kann?
Ganz und gar nicht. Der Mensch muss sich selbst (davon) befreien. Bis er dies tut, wird er immer
wieder von neuem und nochmals und immer noch einmal geboren werden - das Opfer der
Unwissenheit und der Sklave ungestillter Leidenschaften.
169. Was war demnach der Buddha für uns und alle anderen Wesen?
Ein allsehender, allweiser Ratgeber; einer, der den sicheren Pfand entdeckte und kenntlich machte;
einer, der die Ursache und die einzige Heilungsart des menschlichen Leidens zeigte. Indem er uns
die Strasse wies und uns zeigte, wie Gefahren zu vermeiden seien, ward er unser Führer. Er ist für
uns wie einer, der einen blinden Mann eine schmale Brücke entlang über einen reissenden und
tiefen Strom leitet und so sein Leben bewahrt.
170. Wenn wir den ganzen Geist der Lehre des Buddha durch ein Wort wiederzugeben gedächten,
welches würden wir wählen?
Gerechtigkeit!
171. Warum?
27
Weil es lehrt, dass jedermann unter den Wirkungen des nie irrenden KARMA genau die Belohnung
oder Bestrafung empfängt, die er verdient hat, nicht mehr und nicht weniger. Keine gute oder
schlechte Tat - wie unbedeutend und wie heimlich begangen sie auch sei - entgeht den
gleichschwebenden Wagschalen des Karma.
172. Was ist „Karma“?13
Eine Ursächlichkeit (Kausalität), die sowohl auf das moralische, wie auf das physische und andere
Gebiete wirkt. Die Buddhisten sagen, es gebe kein Wunder in menschlichen Dingen; was ein
Mensch säet, das muss und wird er ernten.
173. Welche anderen treffenden Worte hat man angewandt, um das Wesen des Buddhismus
auszudrücken?
Selbsterziehung und allumfassende Liebe.
174. Welche Lehre adelt den Buddhismus und giebt ihm seinen erhöhten Platz unter den Religionen
der Welt?
Die des „Mitta“ oder „Maitreya“ - der mitfühlenden Güte. Die Wichtigkeit dieser Lehre wird
dadurch ganz besonders nachdrücklich hervorgehoben, dass man den Namen „Maitri“ (der
Mitfühlende) dem künftigen Buddha beilegt.
175. Wurden alle diese Punkte der Lehre, die du dargelegt hast, von dem Buddha [schon] bei dem
Bô-Baume überdacht?
Ja, diese und noch viel mehr, die man in den buddhistischen Schriftwerken lesen kann. Das ganze
System des Buddhismus kam in seinen Geist während der „grossen Erleuchtung“.
176. Wie lange blieb der Buddha bei dem Bô-Baume?
Neunundvierzig Tage.
177. Wie nennen wir den ersten von dem Buddha gehaltenen Lehrvortrag - den, welchen er an seine
früheren Genossen richtete?
Dhammacakka -ppavattana sutta - das Sûtra der Festlegung der Herrschaft des Gesetzes.14
178. Welche Gegenstände wurden von ihm in diesem Vortrage behandelt?
Die „Vier edlen Wahrheiten“ und der „Edle achtfache Pfad“. Er verurteilte die übermässige
leibliche Abtötung der Asketen einerseits und den Genuss sinnlicher Vergnügungen andererseits,
indem er den „Edlen achtfachen Pfad“ als den Mittelweg aufzeigte und empfahl.
179. Hielt der Buddha zum Bilderdienste?
13
„Karma" wird definiert als die Gesamtsumme der Handlungen eines Menschen. Das Gesetz von Ursache
und Wirkung wird das Paticca Sumuppâda Dhamma genannt. In dem Anguttara Nikâya lehrt der Buddha:
„Mein Handeln ist mein Besitz, mein Handeln ist der Mutterleib, der mich trägt, mein Handeln ist mein
Verwandter, mein Handeln ist meine Zuflucht."
14
Nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe (des Katechismus) erhielt ich von einem der fähigsten PaliGelehrten Ceylons, weiland Herrn L. Corneille Wijesinha, Mudaliyar zu Matale, eine Übersetzung von
Dhammacakka-ppavattana, die besser zu sein scheint, als die eine vorstehend gegebene. Er giebt es mit
„Aufrichtung der Herrschaft des Gesetzes" wieder. Professor Rhys-Davids zieht vor „Gründung des
Königreichs der Gerechtigkeit". Herr Wijesinha schrieb mir: „Sie können ,Königreich der Rechtschaffenheit'
auch gebrauchen; aber es schmeckt dies mehr nach theologischer Dogmatik, als nach philosophischer Ethik.
Dhammacakka-ppavattana suttam ist „der Lehrvortrag, betitelt: Aufrichtung der Herrschaft des Gesetzes." Nachdem ich dies dem Hohen Priester unterbreitet, bin ich glücklich, sagen zu dürfen, dass er Herrn
Wijesinha's Übertragung zustimmt.
28
Er tat es nicht, sondern war ein Gegner davon. Die Verehrung von Göttern, Dämonen, Bäumen
u.s.w. wurde vom Buddha verworfen. Äusserliche Verehrung ist eine Fessel, die man zu sprengen
hat, wenn man höher emporgelangen will.
180. Aber verbeugen sich die Buddhisten nicht vor der Statue des Buddha, seinen Reliquien und den
diese umschliessenden Bauten?
Ja, aber nicht mit der Gesinnung eines Bilderdieners.
181. Worin liegt der Unterschied?
Unser heidnischer Bruder sieht seine Götterbilder nicht nur als sichtbare Darstellung seiner
unsichtbaren Gottheit oder Gottheiten an, sondern der ausgemachte Bilderdiener ist bei seiner
Verehrung der Ansicht, dass das Bild in seiner Substanz einen Teil der alles durchdringenden
Gottheit enthält.
182. Was tut der Buddhist?
Der Buddhist verehrt des Buddha Statue und die anderen von dir genannten Dinge lediglich als
Erinnerungszeichen an den grössten, weisesten, gütigsten und mitfühlendsten Mann in dieser
Weltperiode (Kalpa). Alle Rassen und Völker bewahren, sammeln und schätzen die Reliquien und
Erinnerungszeichen von Männern und Frauen, die irgendwie für bedeutend erachtet wurden. Der
Buddha scheint uns, mehr als sonst irgend jemand, von jedem menschlichen Wesen, das Trübsal
kennt, verehrt und geliebt zu sein.
183. Hat uns der Buddha selbst über diesen Gegenstand etwas Bestimmtes angegeben?
Ganz gewiss! Im „Mahâ Pari-Nirvâna Sutta“ sagt er, dass Befreiung [vom Leiden] nur durch
Beobachtung des „Heiligen Lebens“ gemäss dem „Edlen achtfachen Pfad“ erreichbar sei, nicht
durch äusserliche Verehrung (âmisa pûjâ), noch durch Anbetung seiner [des Buddha] selbst, eines
anderen oder eines Bildnisses.
184. Wie schätzte der Buddha den Ceremoniendienst?
Von Anfang an verwarf er die Beobachtung von Ceremonien und anderem äusserlichen Werkdienst,
der allein dahin geht, unsere geistige Blindheit und unser Kleben an völlig leblosen Formen zu
vermehren.
185. Wie stellte er sich zur Erörterung von Streitfragen?
In zahlreichen Lehrvorträgen brandmarkte er diese Gepflogenheit als höchst verderblich. Er schrieb
Bussübungen für die Bhikku’s vor, die durch Streiten über Theorieen und metaphysische
Spitzfindigkeiten Zeit vergeuden und ihr höheres Beschauungsvermögen schwächen.
186. Bilden Zaubereien, Beschwörungen, die Beobachtung glücklicher Stunden und Teufelstanz
einen Teil des Buddhismus?
Sie widerstreiten seinen Fundamental-Prinzipien ganz und gar. Sie sind Überbleibsel des
Fetischismus und pantheistischer oder anderer fremder Religionen. Im „Brahmajâla Sutta“ hat der
Buddha in kategorischer Weise diese und andere Arten von Aberglauben als heidnisch, gemein und
falsch beschrieben.15
15
Die Vermischung dieser Künste und Praktiken mit dem Buddhismus ist ein Zeichen des Verfalls. Ihre
Tatsachen und Phänomene sind wirklich und wissenschaftlicher Erklärung fähig. Sie werden mit dem
Ausdruck „Magie“ umfasst; wenn man sie jedoch zu selbstischen Zwecken gebraucht, ziehen sie einem
schädliche Einflüsse zu und hindern den geistigen Fortschritt. Werden sie zu unschädlichen und wohltätigen
Zwecken angewandt, z. B. zur Heilung der Kranken, Rettung des Lebens u. s. w., so erlaubte Buddha ihren
Gebrauch.
29
187. Welche auffallenden Gegensätze bestehen zwischen dem Buddhismus und den „Religionen“,
die im eigentlichen Sinne so genannt werden können?
Unter anderen folgende: Der Buddhismus lehrt eine höchste Gottheit ohne [diese als] einen
schaffenden Gott [zu bezeichnen]; ferner eine ununterbrochene Dauer des Lebens, ohne sich aber
der abergläubischen und selbstischen Lehre von einer ewigen, übernatürlichen Seelensubstanz
anzuschliessen, die aus dem Körper gehe; eine Glückseligkeit ohne einen gegenständlich gedachten
Himmel; einen Vorgang der Erlösung ohne einen stellvertretenden Erlöser; eine Loskaufung durch
den Menschen selbst als seinen eigenen Heiland und ohne Kirchenbräuche, Gebete, Bussübungen,
Priester oder vermittelnde Heilige; endlich ein höchstes Gut, nämlich Nirvâna, das in diesem Leben
und dieser Welt erreichbar ist durch eine reine, selbstlose Lebensführung in Weisheit und Mitleid
mit allen Wesen.
188. Nenne genauer die beiden Hauptteile der „Betrachtung“, d.h. des Vorgangs, durch den man
die Leidenschaft auslöscht und die Erkenntnis erlangt!
Samâtha und Vidarsana: 1. Die Verringerung der Leidenschaft durch Beobachtung des „Heiligen
Lebens“ und durch fortgesetzte Anstrengung, die Sinne zu bezähmen; 2. das Erreichen
aussergewöhnlicher Weisheit durch innere Beschauung. Jeder dieser Teile hat zwanzig
„Richtungen“, doch brauche ich sie hier nicht einzeln zu nennen.
189. Welches sind die vier Pfade oder Stufen des Fortschritts, auf denen man dazu gelangen kann?
1. Sotâpatti - der Beginn oder Eintritt (zur Erkenntnis), der erfolgt, nachdem man die vier „Edlen
Wahrheiten“ klar erfasst hat; 2. Sakardâgâmi - der Pfad dessen, der Lust, Hass und Täuschung so
unterjocht hat, dass er nur noch einmal in diese Welt zurückzukehren braucht; 3. Anâgâmi - der
Pfad derer, welche ihr Ich so sehr besiegt haben, dass sie in diese Welt nicht mehr zurückzukehren
brauchen; 4. Arhat - der Pfad des heiligen und würdigen „Arahat“, der nicht nur frei von der
Notwendigkeit der nochmaligen Fleischwerdung ist, sondern sich selbst befähigt gemacht hat zum
Genusse vollkommener Weisheit, zu schrankenlosem Mitleid mit dem Unwissenden und Leidenden
und unermesslicher Liebe zu allen Wesen.
190. Enthält der populäre Buddhismus nichts, als Wahres und mit der Wissenschaft
Übereinstimmendes?
Gleich jeder anderen Religion, die viele Jahrhunderte existiert hat, enthält er allerdings jetzt
Unwahres mit Wahrem vermengt; selbst Gold findet sich mit Schlacken vermischt. Die dichterische
Phantasie, der Religionseifer oder die abergläubische Schwärmerei buddhistischer Überfrommer
haben verschiedentlich bewirkt, dass die edlen Prinzipien der Morallehre des Buddha mehr oder
weniger mit Dingen verbunden wurden, die nicht geeignet sein dürften, Nutzen zu bringen.
191. Wenn solche Verkehrtheiten entdeckt werden, was sollte da des echten Buddhisten ernster
Wunsch sein?
Der wahre Buddhist sollte stets bereit und besorgt sein, das Falsche vom Echten ausgeschieden zu
sehen und dabei zu helfen, falls er kann. Drei grosse Konzile des „Sangha“ wurden zu dem
ausdrücklichen Zwecke abgehalten, den Grundstock der Lehren von allen verfälschten
Einschiebseln zu reinigen.
192. Wann?
Das erste, in der Sattapanni-Höhle, gleich nach dem Tode des Buddha; das zweite im Valukarama
zu Patna; das dritte im Asokarama Vihâra zu Pataliputra, 218 Jahre nach des Buddha Hinscheiden.
193. In welcher Rede mahnt uns der Buddha selbst, diese Verkehrung der echten Lehre zu
erwarten?
30
Im Sanyutta Nikâya.
194. Giebt es irgend welche Dogmen im Buddhismus, die wir auf Treu’ und Glauben anzunehmen
gehalten sind?
Nein; wir sind vielmehr ernstlich angewiesen, überhaupt nichts auf blossen Glauben hin
anzunehmen, mag es in Büchern geschrieben stehen, oder von unseren Vorfahren überliefert oder
von den Weisen gelehrt sein.
195. Lehrte er selber wirklich diese edle Regel?
Ja. Der Buddha hat gesagt, dass wir an nichts, was gesagt ist, lediglich darum, weil es gesagt ist,
glauben sollen; noch auch an Traditionen darum, weil sie von alter Zeit her überliefert sind; noch
Gerüchten als solchen; noch Schriften der Weisen lediglich darum, weil sie von Weisen geschrieben
sind; noch an Ideen, die wir als vermutlich durch einen deva uns eingegeben betrachten können (d.
h. an vermutete übersinnliche Inspiration); noch auf Grund von Folgerungen, die wir aus einer von
uns auf gut Glück angenommenen Voraussetzung ziehen; noch infolge eines scheinbar notwendigen
Analogieschlusses; noch auf die blosse Autorität unserer eigenen Lehrer oder Herren hin.
196. Wann sollen wir demnach glauben?
Wir haben zu glauben, wenn die Schrift, Lehre oder Rede durch unsere eigene Vernunft und unser
Gewissen bekräftigt wird. „Denn dies“ sagt er (der Buddha) zum Schlusse, „lehrte ich euch nicht
lediglich darum zu glauben, weil ihr’s gehört habt, sondern, wenn ihr es auf Antrieb eures eigenen
Gewissens glaubtet, alsdann demgemäss und ausgiebig zu handeln.“ (Vgl. das Kâlâma Sutta des
Anguttara Nikâya und das Mahâ Pari-Nirvâna Sutta.)
197. Wie nennt sich der Buddha selbst?
Er sagt, dass er und die anderen Buddha’s nur „Prediger“ seien, die den Weg absteckten; wir selbst
müssen energisch handeln.
198. Wo ist das gesagt?
Im 20. Kapitel des Dhammapada.
199. Begünstigt der Buddhismus Heuchelei?
Das Dhammapada sagt: Gleich einer prächtigen farbenreichen Blume ohne Duft sind die schönen
Worte des, der nicht entsprechend handelt, fruchtlos.
200. Lehrt uns der Buddhismus, Böses mit Bösem zu vergelten?
Im Dhammapada sagt der Buddha : „Wenn ein Mensch mir törichterweise Unrecht tut, will ich ihm
vergelten mit dem Schutze meiner willfährigen Liebe; je mehr Böses von ihm kommt, desto mehr
Gutes soll von mir ausgehen.“ Dies ist der Pfad, den der Arahat16 geht. Böses mit Bösem zu
vergelten, ist im Buddhismus ausdrücklich verboten.
16
Ein buddhistischer Asket, der durch einen vorgeschriebenen Übungsgang zu einem höheren Zustande
geistlicher und intellektueller Entwickelung gelangt ist. Die „Arahat's" können in die 2 Hauptgruppen der
„SAMATHAYÂNIKA" und der „SUKKA VIPASSAKA" geteilt werden. Die ersteren haben ihre Leidenschaften
vernichtet und ihre intellektuelle Fähigkeit oder mystische Einsicht völlig entwickelt; die letzteren haben
ebenso die Leidenschaft besiegt, aber nicht die höheren geistigen Kräfte erlangt. Erstere können
Wundererscheinungen bewirken, letztere nicht. Der Arahat der ersteren Klasse ist, wenn völlig entwickelt,
nicht länger eine Beute der Sinnestäuschungen, noch auch der Sklave der Leidenschaft und moralischen
Schwäche. Er dringt zur Wurzel eines jeden Gegenstandes vor, dem sein Geist sich zuwendet, ohne die
langsamen Denkprozesse zu vollziehen. Seine Selbstbesiegung ist vollkommen, und statt wie der
gewöhnliche Mensch durch Erregung und Verlangen geplagt und durchzittert zu sein, wird er in einen
Zustand erhoben, der am besten mit „nirvânisch"' zu bezeichnen ist. - In Ceylon herrscht das weitverbreitete
31
201. Ermutigt er zur Grausamkeit?
Nein, wahrhaftig! In den „Fünf Geboten“ und in vielen seiner Reden lehrt uns der Buddha, allen
Lebewesen gegenüber barmherzig zu sein, sie glücklich zu machen zu suchen und glücklich zu
machen, sie sämtlich zu lieben, uns fernzuhalten vom Töten, von der Zustimmung dazu oder der
Ermunterung zu seiner Ausführung.
202. In welcher Rede ist dies festgesetzt?
Das Dhammika Sutta sagt : Lass ihn (den Hausvater) keinerlei Leben vernichten oder dessen
Vernichtung veranlassen oder die Handlungen derer, die so tun, gutheissen. Lass ihn sich fernhalten
auch vom Beschädigen irgend eines Geschöpfes17 u.s.w.
203. Billigt er die Trunksucht?
In seinem Dhammika Sutta werden wir gewarnt vor dem Trinken geistiger Getränke, vor dem
Veranlassen anderer dazu, sowie vor der Billigung solchen Trinkens.18
204. Was wird uns als Folge der Trunksucht berichtet?
Verschuldung, Verbrechen, Tollheit und Unwissenheit - welche die Hauptursache wiederholten
Geborenwerdens ist.
205. Was lehrt der Buddhismus über die Ehe?
Absolute Keuschheit, als eine Bedingung voller geistlicher Entwickelung, wird höchlichst
empfohlen; indessen wird die Ehe mit einer Frau und Treue zu dieser als eine Art von Keuschheit
anerkannt. Vielweiberei wurde von dem Buddha getadelt als Unwissenheit mit sich bringend und
Wollust befördernd.
206. In welcher Rede?
Anguttara Nikâya, Kap. IV, 55.
207. Was lehrt der Buddhismus betreffs der Pflicht der Eltern gegen die Kinder?
Sie sollen sie vom Laster fernhalten, in Tugend auferziehen, sie in Künsten und Wissenschaften
unterrichten lassen, sie mit standesgemässen Gattinnen und Gatten versehen und ihnen ihr Erbteil
aussetzen.
208. Was ist die Pflicht der Kinder?
Missverständnis, dass die Erreichung der Arahatschaft jetzt nicht mehr möglich sei, ja, dass der Buddha
selbst prophezeit habe, dies Vermögen werde in einem Jahrtausend nach seinem Tode aussterben. Dieses
Gerede und das gleichartige, welches man allenthalben in Indien hört, dass nämlich jetzt, während der Dauer
des dunklen Kali-Yuga-Cyclus, die Ausübung von „Yôga Vidyâ“ oder der erhabenen geistlichen
(übersinnlichen] Wissenschaft unmöglich sei - schreibe ich der Schlauheit jener zu, die so rein und (um
einen nichtbuddhistischen, aber sehr zutreffenden Ausdruck zu gebrauchen) seelisch weise sein sollten wie
ihre Vorgänger, es aber nicht sind, und die daher nach einer Entschuldigung suchen. Der Buddha lehrte
gerade die entgegengesetzte Vorstellung. Im Digha Nikâya sagt er: „Höre, Subhadra! Die Welt wird niemals
ohne Arahat's sein, wenn die Asketen (Bhikku's) in meinen Ordensgesellschaften trefflich und treulich
meine Gebote halten" (Imecha Subhadda bhikku samma vihareiyum asunño loko Arahantehiassa).
17
Kolb sagt in seiner „Geschichte der Kultur": „Der Buddhismus ist's, dem wir zu danken haben für die
Schonung der Kriegsgefangenen, die bis dahin erschlagen worden waren, ebenso für die Aufhebung des
Brauchs, die Einwohner eroberter Länder in die Gefangenschaft fortzuschleppen."
18
Die 5. Sila (s.o. 153) bezieht sich auf das blosse Einnehmen berauschender oder betäubender Substanzen,
die schliesslich zur Trunksucht, als dem Endergebnis, führen.
32
Die Eltern zu erhalten, wenn sie alt oder bedürftig sind, die ihnen obliegenden Familienpflichten zu
erfüllen, ihr Eigentum zu bewahren, sich selbst würdig zu machen, ihre Erben zu sein und, wenn sie
dahingegangen, ihr Andenken zu ehren.
209. Was ist die Pflicht der Schüler gegen den Lehrer?
Ihm Respekt zu zeigen, zu dienen, zu gehorchen, seine Bedürfnisse befriedigen, auf seine
Unterweisung zu achten.
210. Was ist die Pflicht eines Ehegatten gegen seine Frau?
Sie lieb zu haben, sie mit Achtung und Güte zu behandeln, ihr treu zu sein, darauf zu halten, dass
sie von anderen geehrt wird, sie mit standesgemässen Schmuck- und Kleidungsstücken zu versehen.
211. Was ist die Pflicht einer Frau gegen ihren Gatten?
Ihm Zuneigung zu zeigen, ihren Hausstand in Ordnung zu halten, gastfreundlich gegen Fremde zu
sein, keusch zu sein, haushälterisch zu sein, Geschick und Fleiss in allen Dingen zu zeigen.
212. Wo werden diese Vorschriften gelehrt?
Im Sigâlôvâda Sutta.
213. Verhelfen Reichtümer einem Menschen zu künftiger Glückseligkeit?
Das Dhammapada sagt: Die eine Strasse führt zur Wohlhabenheit, eine andre ist die, welche zum
Nirvâna führt.
214. Besagt dies, dass kein Reicher zum Nirvâna gelangen kann?
Das hängt davon ab, woran er am meisten Vergnügen findet. Wenn er seine Wolhhabenheit zum
Nutzen der Menschheit - zu Gunsten des Leidenden, Unterdrückten, Unwissenden anwendet, dann
hilft ihm sein Wohlstand Verdienst zu erwerben.
215. Aber im gegenteiligen Falle?
Wenn er jedoch das Gold liebt und gierig zusammenscharrt, um es zu besitzen, dann schwächt dies
sein sittliches Gefühl, treibt ihn zum Verbrechen und zieht ihm Flüche in diesem Leben zu, deren
Wirkungen sich in der nächsten Geburt [Daseinsperiode] fühlbar machen.
216. Was sagt das Dhammapada über Unwissenheit?
Dass sie ein Makel ist, schlimmer als alle Makel, die ein Mensch sich aufbürden kann.
217. Was sagt es über Lieblosigkeit gegen andre?
Dass der Fehler der anderen leicht bemerkt wird, der eigene dagegen schwer zu bemerken ist; ein
Mensch worfelt seines Nächsten Fehler wie Spreu, seine eigenen aber verbirgt er, wie ein Betrüger
den falschen Würfel vor seinem Mitspieler.
218. Welche Anweisung giebt uns der Buddha betreffs des Menschen Pflicht gegen den Armen?
Er sagt, eines Menschen reines Einkommen solle in vier Teile geteilt werden, von denen einer
wohltätigen Zwecken geweiht sein solle.
219. Welche fünf Beschäftigungen werden als gemein und niedrig bezeichnet?
Verkauf geistiger Getränke, Verkauf von Tieren zum Schlachten, Verkauf von Gift, Verkauf von
Mordwaffen und Sklavenhandel.
220. Wer wird als unfähig zu geistlicher Fortentwicklung bezeichnet?
33
Die Mörder von Vater, Mutter und heiligen Arahat’s; Bhikku’s, die Zwietracht im Orden säen; die,
welche die Person eines Buddha zu beleidigen wagen; die, welche völlig nihilistische Ansichten in
Bezug auf das zukünftige Dasein hegen; die, welche übermässig sinnlich sind.
221. Nennt der Buddhismus genauer einzelne Örtlichkeiten oder Zustände der Pein, in die eines
bösen Menschen Karma ihn bringt, wenn er aus diesem Leben scheidet?
Ja! Sie sind: Sanjîva, Kâlasûtra, Sanghâta, Raurava, Mahâ Raurava, Tâpa, Pratâpa, Avîchi.
222. Ist die Pein ewig?
Keineswegs. Ihre Dauer hängt von des Betreffenden Karma ab.
223. Erklärt der Buddhismus, dass die, welche nicht an Buddha glauben, notwendigerweise für
ihren Unglauben werden verdammt werden?
Nein. Durch gute Taten können sie eine begrenzte Frist von Glückseligkeit geniessen, bevor sie
durch ihr unerschöpftes tanhâ zu nochmaligem Geborenwerden gebracht werden. Um diesem zu
entgehen, MUSS man den „Edlen Achtfachen Pfad“ wandeln.
224. Welches ist die geistliche Stellung der Frauen unter den Buddhisten?
Nach unserer Religion stehen sie auf vollkommen gleichem Fusse mit den Männern. „Die Frauen“ sagt der Buddha im Chullavêdalla Sutta - „können den höchsten Grad der Heiligkeit erreichen,“ d.h. die Arahatschaft - „welcher dem Manne offen steht.“
225. Was sagt ein moderner Kritiker über die Wirkung des Buddhismus bezüglich der Frauen?
Dass „er mehr für das Glück und die Befreiung der Frauen getan hat, als irgend ein anderes
Glaubensbekenntnis.“ (Sir Lepel-Griffin.)
226. Was lehrte der Buddha über das Kastenwesen?
Angehöriger einer Kaste, sei es die niedrigste die der Paryah - oder die höchste - die der Brahmanen
- werde man nicht durch Geburt, sondern durch seine Taten. „Durch Taten,“ sagt Er, „wird man ein
Ausgestossener, durch Taten ein Brahmane.“ (Vgl. Vasala Sutta.)
227. Erzähle mir eine Geschichte, die dies erläutert!
Ananda kam bei einem Brunnen vorbei und war durstig. Da bat er Prakriti, ein Mädchen aus der
Mâtanga- oder Paryah-Kaste, ihm Wasser zu reichen. Sie sagte, sie sei aus einer so niedrigen Kaste,
dass er verunreinigt werden würde, wenn er Wasser von ihrer Hand nähme. Ananda jedoch
erwiderte: „Ich bitte nicht um Kaste, sondern um Wasser.“ Da ward des Matangamädchens Herz
froh, und sie gab ihm zu trinken. Der Buddha segnete sie dafür.
228. Was sagte der Buddha im „Vasala Sutta“ über einen Mann aus der Pariah-Sopâka-Kaste?
Dass er durch seine Verdienste den höchsten Ruhm erreicht habe; dass viele Khattiya’s
(Kshattriya’s) und Brâhmana’s ihm zu dienen gekommen seien, und dass er nach seinem Tode in
der Brahma-Welt geboren worden sei, während es viele Brâhmana’s gebe, die für ihre bösen Taten
in der Hölle geboren würden.
229. Lehrt der Buddhismus die Unsterblichkeit der Seele?
Er betrachtet „Seele“ als ein Wort, das von dem Unwissenden zum Ausdruck einer falschen
Vorstellung gebraucht werde. Wenn jegliches Ding dem Wechsel unterworfen ist, dann ist auch der
Mensch nicht frei davon, und jeder materielle Teil von ihm muss sich verändern. Das, was dem
34
Wechsel unterworfen ist, hat keinen dauernden Bestand; daher kann es für ein wechselvolles Ding
kein ewiges Fortleben geben.19
230. Was ist in diesem Worte „Seele“ so anfechtbar?
Die mit ihm verbundene Vorstellung, dass der Mensch ein von allen anderen Wesen und dem
Dasein des ganzen Weltalls abgesondertes Wesen sein könne. Diese Idee der Sonderexistenz ist
unvernünftig, durch Logik nicht beweisbar und durch die Wissenschaft nicht gestützt.
231. Dann giebt es also kein abgesondertes „Ich“ und wir können dies oder jenes nicht „mein“
nennen?
Genau so! Es giebt nur ein ALL , von dem wir und jegliches Wesen und Ding nur TEILE sind.
232. Wenn die Vorstellung einer besonderen menschlichen „Seele“ zu verwerfen ist, was im
Menschen giebt ihm den Eindruck, eine fortdauernde Persönlichkeit zu besitzen?
Tanhâ oder das ungestillte Verlangen nach Existenz. Je nachdem ein Lebewesen Taten vollbracht
hat, die in Zukunft belohnt oder bestraft werden müssen, und je nachdem es Tanhâ hat, wird es eine
Neugeburt durch den Einfluss des „Karma“ erleiden.
233. Was wird da geboren?
Eine neue Vereinigung von „Skandha’s“’ oder eine Persönlichkeit20, die durch den letzten
produktiven Gedanken der sterbenden Person verursacht wird.
Das hier kritisch beleuchtete Wort „Seele" ist gleichwertig mit dem griechischen ψυχη. Das Wort
„materiell" umfasst andere Zustände der Materie, als den des physischen Körpers.
20
Auf Grund reiflicher Überlegung habe ich „Persönlichkeit" gesetzt für „Individualität", wie in der ersten
Ausgabe stand. Die auf einander folgenden Erscheinungen auf einer oder vielen Erden oder das wiederholte
„Hinabsteigen in's Geborenwerden" seitens der tanhâ-mässig zusammenhängenden Teile (Skandha's) eines
bestimmten Lebewesens sind eine Aufeinanderfolge von Persönlichkeiten. In jeder Geburt [jedem
wiederholten Dasein] unterscheidet sich die Persönlichkeit von derjenigen der vorangehenden oder zunächst
folgenden Gebart. „Karma," dieser deux ex machina, verbirgt sich (oder sollen wir sagen : „spiegelt sich"?)
jetzt in der Persönlichkeit eines Weisen, darauf in der eines Künstlers, und so durch die Kette der Geburten
hindurch. Aber obwohl die Persönlichkeiten immer wechseln, läuft der eine Lebensfaden, auf dem sie wie
Perlen aneinandergereiht sind, ununterbrochen; es ist stets dieser besondere Faden, niemals ein anderer. Es
ist also etwas Individuelles - eine individuelle vitale Wellenbewegung - das in Nirvâna oder der subjektiven
Seite der Natur begonnen hat (wie die Wellenbewegung des Lichts oder der Wärme durch den Äther in ihrer
Kraftquelle begonnen hat), dann durch die objektive Seite der Natur unter dem Impuls des „Karma" und der
schöpferischen Leitung des „Tanhâ" läuft und durch viele Veränderungen in diesem Kreislaufe hindurch
zum Nirvâna zurückstrebt. Professor Rhys-Davids nennt das, was auf dieser individuellen Kette von einem
persönlichen Sein zum anderen übergeht, „Charakter" oder „Handeln". Da aber „Charakter" keine blosse
metaphysische Abstraktion, sondern die Summe der geistigen Eigenschaften und moralischen Neigungen
eines Menschen ist - würde es da zur Vermeidung dessen, was Prof. Rhys-Davids [Buddhism, S. 101] „den
verzweifelten Ausweg eines Mysteriums" nennt, nicht dienlich sein, wenn wir die Lebens-Wellenbewegung
als „Individualität" und jedes Glied in der Reihe ihrer Geburts-Erscheinungen als besondere
„Persönlichkeit" auffassten? Sozusagen das vollendete Individuum ist, um buddhistisch zu reden, ein
„Buddha"; denn ein Buddha ist nur die seltene Blüte MENSCHLICHEN Wesens, ohne die geringste
übernatürliche Beimischung. Und da zahllose Einkörperungen („vier asankheyya's und einhunderttausend
Cyklen" - Fausböll und Rhys-Davids' Buddist Birth Stories 13) erforderlich sind, um einen Menschen zum
Buddha zu entwickeln und „der eiserne Wille, einer zu werden, durch alle aufeinanderfolgenden Geburten
[Daseinsperioden] hindurch läuft", wie sollen wir da dasjenige nennen, das derart will und fortdauert?
Charakter? Oder vielmehr „Individualität"? Eine Individualität, die sich nur teilweise in einer Geburt
[Daseinsperiode] offenbart, aber sich aufbaut aus den Bruchteilen aller Geburten [einzelnen Lebenszeiten]?
Die Leugnung der „Seele" seitens Buddha's (vgl. Sanyutta Nikâya im Sutta Pitaka) richtet sich gegen den
herrschenden irreführenden Glauben an eine unabhängige, übertragbare Persönlichkeit, eine Wesenheit, die
19
35
234. Wie viele „Skandha’s“ giebt es?
Fünf.
235. Nenne die fünf Skandha’s!
Rûpa, Vêdanâ, Saññâ, Samkhârâ und Viññâna.
236. Erkläre kurz, was diese bedeuten!
„Rûpa“ = materielle Eigenschaften; „Vêdâna“ = Sinnesempfindungen; „Sañña“ = abstrakte
Vorstellungen; „Samkhara“ = Strebungen [Fähigkeiten] des Geistes; „Viññâna“ = Vernunftkräfte
oder Bewusstsein. Aus diesen bestehen wir, durch sie sind wir uns des Daseins bewusst, und durch
ihre Vermittelung haben wir Fühlung mit der Welt um uns.
237. Welcher Ursache müssen wir die Verschiedenheiten in der Zusammensetzung der „Fünf
Skandha’s“ zuschreiben, die jedes Individuum von jedem anderen abweichen lassen?
Dem Reifegrade des „Karma“ des Individuums in seinen vorhergegangenen Geburten.
238. Welches ist die Kraft oder Energie, welche unter Führung des Karma die Entstehung des
neuen Seins bewirkt?
„Tanhâ“ - der Wille zum Leben.21
239. Worauf ist die Lehre des wiederholten Geborenwerdens gegründet?
Auf den Gedanken, dass vollkommene Gerechtigkeit, Gleichgewicht und Ordnung dem gesamten
Natursystem unveräusserlich anhaften. Die Buddhisten glauben nicht, dass e i n Leben - selbst wenn
es sich bis zu hundert oder fünfhundert Jahren ausdehnte - lang genug sei, um eines Menschen
sich von Geburt zu Geburt unverändert fortzubewegen und zu einem Ort oder Zustand zu gelangen vermöge,
wo sie als solche Wesenheit ewiglich Wonne oder Leid erfahren könne. Was er [der Buddha] lehrt, ist, dass
das Bewusstsein „Ich bin Ich", sofern es die unveränderte Fortdauer betrifft, logisch unmöglich ist, da seine
elementaren Bestandteile beständig wechseln und das „Ich" der einen Geburt von dem „Ich" jeder anderen
Daseinsperiode verschieden ist. Alles jedoch, was ich im Buddhismus gefunden habe, stimmt zu der Theorie
einer stufenweisen Entwickelung des vollendeten Menschen - d. h. eines Buddha - durch Erfahren zahlloser
Geburten. Und in dem Bewusstsein dieses Individuums, das am Ende einer gegebenen Kette von Geburten
das Buddhatum erlangt, oder das den vierten Grad des „Dhyana" oder mystischer Selbstentwickelung in
einer dieser, der letzten Geburt vorangehenden, Geburten erreicht hat, sind die Ereignisse aller dieser sich an
einander reihenden Geburten wahrnehmbar. In den Jâtakatthavannanâ - die so trefflich von Professor RhysDavids übersetzt worden sind - kehrt ein Ausdruck beständig wieder, der meines Erachtens besonders solch
eine Vorstellung zu stützen scheint, nämlich : „Alsdann offenbarte der Gebenedeite einen Vorfall, der durch
den Wechsel der Geburt verborgen war," oder „das, was verborgen gewesen war durch etc." Der alte
Buddhismus hält also klärlich fest an einer Dauer der Erinnerungen im Akâsa und an der Möglichkeit der
Befähigung des Menschen, diese abzulesen, wenn er auf der Entwickelungsstufe echter individueller
Erleuchtung angelangt ist. Beim Tode, bei Verzückungen und in der Ekstase wird das javana chitta auf den
zuletzt durch das Verlangen erzeugten Gegenstand übertragen. Der Wille zum Leben bringt alle Gedanken
zu gegenständlichem Sein.
21
Der Student kann in diesem Zusammenhange mit Nutzen Schopenhauer zu Rate ziehen. Arthur
SCHOPENHAUER , ein neuerer deutscher Philosoph von ausgezeichnetsten Fähigkeiten, lehrte, dass das
Prinzip oder die Grundeigenschaft der Natur und aller anderen Objekte, den menschlichen Körper mit
eingeschlossen, in seinem innersten Wesen dasjenige sei, dessen wir uns in unserem eigenen Leibe am
meisten bewusst sind, nämlich Wille. Der Intellekt ist ein sekundäres Vermögen des primären Willens, eine
Funktion des Gehirns, worin dieser Wille sich selbst als Natur und Objekt und Körper wie in einem Spiegel
wiederstrahlt. - Der Intellekt ist sekundär, kann aber bei Heiligen zu einem vollkommenen Verzicht auf den
„Willen", soweit er zum „Leben" hindrängt, [zur völligen Verneinung des „Willens zum Leben“] führen und
ist dann ausgelöscht im Nirvâna. (L. A. Sanders im „Theosophist", Mai 1882, S. 213.)
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Taten zu belohnen oder zu bestrafen. Der grosse Kreislauf der wiederholten Geburten wird mehr
oder minder schnell durchlaufen werden, je nachdem in den einzelnen Daseinsperioden des
Individuums Reinheit oder Unreinheit überwiegt.
240. Ist diese neue Vereinigung von „Skandha’s“ - diese neue Persönlichkeit - dasselbe Wesen wie
das in der vorangehenden Daseinsperiode, dessen Tanhâ es zur [jetzigen] Existenz gebracht hat?
In einem Sinne ist es ein neues Wesen, in einem anderen nicht. Im Pâli heisst es : „Nacha so nacha
añño,“ d. h. „Nicht dasselbe, doch auch nicht ein anderes.“ Während dieses Lebens verändern sich
die Skandha’s beständig22, und während der Mann A. B. von 40 Jahren, was seine „Persönlichkeit“
betrifft, mit dem Jüngling A. B. von 18 Jahren identisch ist, so ist er doch wiederum, infolge der
fortwährenden Abnutzung und Erneuerung seines Körpers und der Veränderung seines Geistes und
Charakters, ein verschiedenes Wesen. Nichtsdestoweniger erntet der Mensch in seinem späteren
Alter genau den Lohn oder das Leid, die aus seinen Gedanken und Taten auf jeder vorhergehenden
Stufe seines Lebens folgen. So erntet auch das neue Wesen eines wiederum Geborenen - welches
dieselbe Individualität wie vorher ist, nur in einer veränderten Form oder neuen Gruppierung von
Skandha’s - genau die Folgen seiner Taten und Gedanken in der vorhergehenden Existenz.
241. Aber der bejahrte Mensch erinnert sich trotz der physischen und geistigen Umgestaltung
seines Wesens doch der Ereignisse seiner Jugend. Warum haben wir die Erinnerung unserer
vergangenen Lebenslaufe nicht aus der letzten Daseinsperiode in die gegenwärtige
herübergerettet?
Weil das Gedächtnis in den Skandha’s mit inbegriffen ist; da nun die Skandha’s sich mit der neuen
nochmaligen Inkarnation geändert haben, entwickelt sich ein neues Gedächtnis, das sich nur auf
jenes besondere Stück unsrer Existenz besinnt. Gleichwohl muss die Erinnerung oder
Wiederspiegelung all’ unsrer vergangenen Erdenleben noch weiter leben. Denn als der Prinz
Siddhârtha ein Buddha wurde, überschaute er die ganze Folge seiner vorhergegangenen
Daseinsformen. Wenn deren einzelne Ereignisse keine Spur hinterlassen hätten, hätte dies nicht so
sein können, da es dann nichts für ihn zu sehen gegeben hätte. Ein jeder aber, der den vierten
Zustand des Dhyâna (psychischer Beschauung) erreicht hat, kann auf diese Weise rückwärts
blickend die Strecke seiner Lebensläufe verfolgen.
242. Welches ist der Endpunkt, zu dem alle diese auf einander folgenden Veränderungen in der
Form hinstreben?
Nirvâna.
243. Lehrt der Buddhismus, dass wir Gutes tun sollen in der Absicht, Nirvâna zu erreichen?
Nein! Das würde eine ebenso absolute Selbstsucht sein, als wäre der dafür erhoffte Lohn Geld, ein
Thron oder irgend welcher andere sinnliche Genuss. Nirvâna kann auf diese Weise nicht erreicht
werden, und dem unweisen Spekulanten hierauf ist Enttäuschung von vorn herein sicher.
244. Erkläre dies, bitte, etwas deutlicher!
Nirvâna ist gleichbedeutend mit Selbstlosigkeit, der völligen Hingabe der Selbstheit an die
Wahrheit. Der unwissende Mensch strebt nach nirvânischer Glückseligkeit ohne die geringste Idee
von ihrer Natur. Abwesenheit der Selbstsucht ist Nirvâna! Gutes tun mit der Absicht, Erfolge zu
erzielen, oder das „Heilige Leben“ führen mit dem Zwecke, himmlische Seligkeit zu gewinnen, ist
nicht das „Edle Leben“, das der Buddha vorgeschrieben hat. Ohne Hoffnung auf Belohnung sollte
das „Edle Leben“ gelebt werden, und das ist das höchste Leben. Der nirvânische Zustand kann
schon während des Lebens auf dieser Erde erreicht werden.
22
Physiologisch gesprochen : Des Menschen Körper erfährt binnen je sieben Jahren eine völlige
Umgestaltung.
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245. Nenne die zehn grossen Hemmnisse des Fortschritts, welche Sanyojana’s, die Fesseln, genannt
werden!
SELBSTTÄUSCHUNG (Sakkâya-ditthi); ZWEIFEL (Vicikicchâ); Abhängigkeit von ABERGLÄUBISCHEN
BRÄUCHEN (Sîlabbata-parâmâsa); SINNLICHKEIT, leibliche Leidenschaften (Kâma); Hass,
ÜBELWOLLEN (Patigha); LIEBE ZUM LEBEN AUF DER ERDE (Rûparâga); SEHNSUCHT NACH DEM
LEBEN IN EINEM HIMMEL (Arûparâga); STOLZ (Mâna); SELBSTGERECHTIGKEIT (Uddhacca);
UNWISSENHEIT (Avijjâ).
246. Wie viele von diesen Fesseln muss man zerbrechen, um ein „Arahat“ zu werden?
Alle!
247. Welches sind die fünf Niwarâna’s oder Hindernisse?
Gier, Bosheit, Faulheit, Stolz und Zweifel.
248. Warum sehen wir diese minutiöse Einteilung der Empfindungen, Regungen, Geistestätigkeiten,
Hindernisse und Hilfsmittel für den Fortschritt so zahlreich in des Buddha Lehren angewandt? Es
ist für einen Anfänger sehr verwirrend!
Es geschieht, um uns zur Kenntnis von uns selbst zu verhelfen, indem wir unseren Geist üben, jeden
Gegenstand bis ins einzelne auszudenken. Bei Durchführung dieses Systems von Selbstprüfung
gelangen wir schliesslich dahin, Erkenntnis zu gewinnen und die Wahrheit so zu sehen, wie sie ist.
Dies ist der Lehrgang, welcher von jedem weisen Lehrer angewendet wird, um seines Schülers
Geist entwickeln zu helfen.
249. Wie viele von des Buddha Schülern waren wegen ihrer höheren Eigenschaften besonders
berühmt?
Achtzig waren so ausgezeichnet Sie heissen Asîti Mahâ Sâvakas.
250. Was umfasste des Buddha Weisheit?
Er kannte die Natur des Erkennbaren und des Unerkennbaren, des Möglichen und des Unmöglichen,
die Ursache von Verdienst und Verschuldung; er vermochte die Gedanken aller Wesen zu lesen; er
kannte die Gesetze der Natur, die Trugbilder der Sinne und die Mittel, Verlangen zu unterdrücken;
er konnte die Geburten und wiederholten Geburten der Individuen unterscheiden und andere Dinge.
251. Wie nennen wir das Grundprinzip, auf dem das Ganze der Lehre des Buddha aufgebaut ist?
Es heisst ,Paticca Samuppâda’.23
252. Ist es leicht fassbar?
Es ist sehr schwer; tatsächlich liegt sein voller Sinn und Umfang über das Fassungsvermögen
solcher hinaus, die nicht vollkommen entwickelt sind.
253. Was sagte der grosse Erklärer Buddha Ghôsa darüber?
23
Dieses Fundamental- oder Grund-Prinzip kann im Pali mit Nidâna bezeichnet werden, d. h. Kette der
Kausalität, oder wörtlich „Verursachung von Abhängigkeit". Zwölf Nidâna´s werden aufgeführt: Avijjâ =
Nichtwissen der Wahrheit der natürlichen Religion; Samkhârâ = ursächliches Handeln, „Karma"; Viññâna =
Bewusstsein der Persönlichkeit, das „Ich bin ich’"; Namâ Rûpa = Name und Form; Salayâtana = die sechs
Sinne; Phassâ = Berührung; Vedanâ = sinnliche Empfindung; Tanhâ = Verlangen nach Genuss; Upâdâna =
Hang; Bhava = individuelles Dasein; Jâti = Geburt, Kaste; Jarâ, mârana, sôkaparidêsa, dukkhâ, dâmanassâ
= Verfall, Tod, Schmerz, Klage, Verzweiflung.
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Dass er ebenso hilflos auf diesem gewaltigen Gedanken-Ozean sei, wie einer, der auf dem WasserOzean dahintreibt.
254. Wie könnte da also der Buddha im ,Parinibbana Sutta’ sagen, er „habe nicht so etwas wie die
geschlossene Faust eines Lehrers, der gewisse Dinge vorenthält“? Wenn seine ganze Lehre dem
Begriffsvermögen eines jeden zugänglich war, wie sollte da so ein grosser und gelehrter Mann wie
Buddha Ghôsa sie für so schwer verständlich erklären?
Der Buddha meinte offenbar, dass er alles rückhaltlos lehre; aber ebenso gewiss ist, dass die
wirkliche Grundlage des Dharma nur von DEM verstanden werden kann, der seine Verstandeskräfte
zur Vollkommenheit gebracht hat. Sie ist daher gewöhnlichen, unerleuchteten Personen verborgen
und unverständlich.
255. Wieso stützt die Lehre des Buddha diese Ansicht?
Er sprach Parabeln [Gleichnisse] und erzählte Geschichten für die unerleuchteten Massen, predigte
das Sutta Pitaka für die Fortgeschritteneren, gab das Vinaya Pitaka für die Bhikku’s und Upâsaka’s
und vollendete das Abhidhamma Pitaka, oder die philosophische und psychologische Lehre, für die
höchste Klasse der Geister.
III. Teil. DER SANGHA.
256. Wie unterscheiden sich die buddhistischen ,Bhikku’s’ von den Priestern anderer Religionen?
In anderen Religionen erheben die Priester den Anspruch, Vermittler zwischen den Menschen und
Gott zu sein, zur Erlangung der Sündenvergebung zu verhelfen; die buddhistischen Bhikku’s
erkennen keine göttliche Macht an, noch erwarten sie etwas von ihr.
257. Aber wieso war es dann der Mühe wert, diesen, von der Gesamtheit des Volkes abgesonderten
Orden - oder diese Bruderschaft oder Gesellschaft - zu schaffen, wenn seine Angehörigen nicht das
tun sollten, was die anderen religiösen Orden tun?
Der beabsichtigte Zweck war, die tugendhaftesten, intelligentesten, selbstlosesten und am meisten
geistlich gesinnten Leute einer Gegend zu veranlassen, sich den gesellschaftlichen Umgebungen zu
entziehen, in denen ihre sinnlichen und anderen selbstischen Begehrungen natürlicherweise neue
Nahrung fanden, ihr Leben der Erlangung höchster Weisheit zu weihen und sich zu befähigen,
andere zu belehren und sie von
dem angenehmen Pfade, der zum Elend führt, auf den rauheren Pfad zu leiten, der zu echter
Glückseligkeit und schliesslicher Erlösung führt.
258. Welche zwei zusätzlichen Observanzen sind ausser den „Acht“ [vgl. 157] für die Bhikkhu’s
obligatorisch?
„Ich halte das Gebot, mich fernzuhalten vom Tanzen, Singen und unanständigen
Aufführungen.
„Ich halte das Gebot, mich zu enthalten des Annehmens von Gold und Silber!“
Diese ganzen Dasa (oder Bhikku-) Sîla oder „ZEHN GEBOTE’’ sind bindend für alle Bikshu’s
(Ordensmönche) und Samanera’s oder Novizen, aber Gegenstand freier Wahl für besonders
fromme Laien.
Die Atthanga Sîla [157]24 sind für einen, der nach den höheren Stufen jenseits der himmlischen
Regionen strebt, für solche, die nach Nirvâna trachten.
24
Die Upâsaka und Upâsikâ [s. o. 5, 6] beobachten diese an den buddhistischen Upôsatha- (Sabbath-) Tagen
(im Sanskrit Upavasathâ). Diese sind der 8., 14. und 15. Tag jedes halben Mondmonats.
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259. Giebt es besondere Regeln und Vorschriften für die Leitung und Disziplin des Ordens?
Ja; es sind deren 250, die aber alle sich unter folgende vier Hauptgruppen zusammenfassen lassen:
1. Grundregeln der Disziplin (Pâtimokkha samvara sîla).
2. Observanzen für die Unterdrückung der Sinne (Indriya samvara sîla).
3. Vorschriften für richtige Beschaffung und Gebrauch von Speise, Unterhalt, Kleidung u.s.w.
(Paççaya sannissita sîla).
4. Anweisungen zur Führung eines untadeligen Lebens (Ajiva pâri-suddha sîla).
260. Zähle einige Verbrechen und Vergehen auf, deren Begehung den Bhikku’s insonderheit
verboten ist!
Wirkliche Bhikku’s halten sich fern von:
Vernichtung des Lebens von Geschöpfen;
Diebstahl;
Falscher Verwendung „geheimer’’ Kräfte, um irgend jemand zu täuschen;
Geschlechtlichem Verkehr;
Lug und Trug;
Genuss berauschender Getränke und Essen zu ungehörigen Zeiten;
Tanzen, Singen, unziemlichen Schauspielen;
Gebrauch von Blumenkränzen, Spezereien, Wohlgerüchen etc.;
Gebrauch von hohen und breiten Betten, Ruhepolstern oder Sitzen; Annahme von
Geschenken an Gold, Silber, ungekochtem Getreide oder Fleisch, Weibern und Mädchen,
Sklaven, Haustieren, Elefanten etc.;
Verleumdung;
Gebrauch einer barschen und beleidigenden Sprache;
Müssigem Geschwätz;
Lesen und Hörer erdichteter Geschichten und Erzählungen;
Botschaften von und zu Laien zu tragen;
Kaufen und Verkaufen;
Übervorteilung, Bestechung, Täuschung und Betrug;
Gefangensetzung, Plünderung und Bedrohung anderer und
Betreibung gewisser besonderer magischer Künste und Wissenschaften, wie Kartenlegen,
Wahrsagen aus den Sternen, aus der Hand, und anderer Geheimwissenschaften, die unter den
Begriff der Magie fallen. Eine jede von diesen würde nur den Fortschritt dessen aufhalten, der
nach der Erlangung von Nirvâna trachtet.
261. Was sind die Pflichten der Bikkhu’s gegen den Laien?
Im allgemeinen, ihnen ein Beispiel der höchsten Sittlichkeit zu geben; ferner, sie zu lehren und zu
unterweisen; das Gesetz zu predigen und auszulegen; die Paritta (tröstende Sprüche) dem Kranken,
sowie öffentlich in Zeiten öffentlichen Ungemachs vorzutragen, wenn dies von ihm verlangt wird;
endlich, unablässig die Leute zu tugendhaftem Handeln zu ermahnen. Sie sollen ihnen vom Laster
abraten; mitfühlend und weichherzig sein und das Wohl aller Wesen zu fördern suchen.
262. Welches sind die Bestimmungen für die Aufnahme in den Orden?
Der Bewerber wird selten vor seinem zehnten Jahre angenommen; er muss die Einwilligung seiner
Eltern haben; frei von Aussatz, Schwären, Auszehrung und Krämpfen sein; ein Freier sein; keine
Schulden haben; endlich kein Verbrecher, Verwachsener oder königlicher Bediensteter sein.
263. Wie wird er als Novize genannt?
40
Samanera oder Zögling.25
264. In welchem Alter kann ein „Samanera“ als „Sramana“ - Mönch - ordiniert werden?
Nicht vor seinem zwanzigsten Jahre.
265. Wenn er zur Ordination reif ist, was geschieht da?
In einer Versammlung der Bhikku’s wird er durch einen Bhikkhu als seinen Empfehler vorgestellt;
dieser berichtet, dass er geeignet sei, und der Kandidat sagt: „Ich bitte den Sangha, verehrte Herren,
um die Upasampada- (Ordinations-) Ceremonie“ u.s.w. Der, welcher ihn eingeführt hat, befürwortet
hierauf seine Zulassung. Alsdann wird er aufgenommen.
266. Was geschieht dann?
Er zieht die (Mönchs-) Kleider an und sagt die „Drei Führer“ [Tisarana, s.o. l49] und die „Zehn
Vorschriften“ [Dasa Sîla, s. o.258] her.
267. Welches sind die beiden Hauptdinge, welche beobachtet werden müssen?
ARMUT und KEUSCHHEIT. - Vor seiner Ordination muss ein Bhikku acht Dinge besitzen, nämlich:
seine Kleider, einen Gürtel für seine Lenden, einen Almosennapf, einen Wasserseiher, ein
Scheermesser, eine Nadel, einen Wedel, Sandalen. Unter den im „Vinâya“ genau verzeichneten
Einschränkungen kann er auch gewisse andere Dinge als Eigentum besitzen.
268. Wie verhält es sich mit dem öffentlichen Bekenntnis der Verfehlungen?
Einmal in je vierzehn Tagen wird eine Patimokkha(Entlastungs-) Feier begangen, bei welcher dann
jeder Bhikku der Versammlung diejenigen Verfehlungen, die er begangen hat, beichtet und die
Büssungen auf sich nimmt, welche dafür vorgeschrieben sind.
269. Wie muss seine tägliche Lebensweise beschaffen sein?
Er steht vor Tagesanbruch auf, wäscht sich, kehrt das vihâra aus, fegt auch rings um den Bô-Baum,
der bei jedem vihâra wächst, holt das für den Tag nötige Trinkwasser und seiht es durch. Dann zieht
er sich zum Nachdenken zurück. Darauf opfert er Blumen vor dem dâgoba oder Reliquienschreine,
oder auch vor dem Bô-Baume. Dann nimmt er seinen Almosennapf und geht von Haus zu Haus
Speise einsammeln, um die er aber nicht bitten, sondern sie nur empfangen darf, wenn die
Hausherren sie freiwillig geben. Er kehrt nun zurück, badet seine Füsse und isst, worauf er sein
Nachdenken wieder aufnimmt.
270. Sollen wir glauben, dass in dem Blumenopfer (Mala pûjâ), als einem Akte der Verehrung, kein
Verdienst liegt?
Der Akt selbst ist, als blosse Formalität, ohne Verdienst; wenn man aber eine Blume darbringt als
zartesten, reinsten Ausdruck tiefgefühlter Ehrfurcht für ein heiliges Wesen, dann allerdings ist das
Opfern ein Akt veredelnder Verehrung.
271. Was tut er weiter?
Er setzt seine Studien fort. Bei Sonnenuntergang fegt er wiederum die geheiligten Stätten, zündet
eine Lampe an, hört den Unterweisungen seines Oberen zu und beichtet ihm jeden Fehler, den er
etwa begangen hat.
272. Worauf sind seine vier „Ernsten Meditationen“ (Sati-patthânâ) gerichtet?
1. Auf den Körper (Kayânupassanâ).
2. Auf die Empfindungen (Vedânânupassanâ).
25
Sein Lehrer (Guru) wird Vater, Mutter, Familie und alles für ihn.
41
3. Auf den Geist (Chittanupassanâ).
4. Auf die Lehre (Dhammânupassanâ).
273. Was ist der Zweck der vier „Grossen Anstrengungen“ (Sammapadhânâ)?
Die tierischen Begehrungen zu unterdrücken und im Gutsein zu wachsen.
274. Wird für die Erkenntnis der höchsten Wahrheit durch den Bhikku Vernunft oder Intuition
(unmittelbares geistiges Schauen) als das beste erachtet?
Intuition - ein Geisteszustand, in dem jede gewünschte Wahrheit im Nu erfasst wird.
275. Und wann kann diese Entwickelung erreicht werden?
Wenn man durch die Ausübung des Jhâna [Dhyâna, s.o. 241] zu dessen viertem Entfaltungsstadium
gelangt.
276. Sollen wir glauben, dass in dem Endstadium des Jhâna und in dem „Samâdhi“ genannten
Zustande der Geist ein leeres Blatt und das Denken gehemmt sei?
Gerade das Gegenteil! Dann ist vielmehr das Bewusstsein des Betreffenden höchst intensiv tätig
und sein Vermögen, Erkenntnis zu erlangen, entsprechend gross.
277. Versuche, mir ein Gleichnis zu geben!
Im gewöhnlichen wachen Zustande ist das Gesichtsfeld des menschlichen Erkennens so beschränkt,
wie der Blick eines Menschen, der auf einer Strasse zwischen hohen Hügeln geht; in dem höheren
Bewusstsein des Jhâna und Samâdhi gleicht es dem Ausblick eines Adlers, ,der in dem oberen
Luftraum schwebt und eine ganze Gegend überschaut.
278. Was sagen unsere Bücher über den Gebrauch, welchen der Buddha von dieser Fähigkeit
machte?
Sie berichten uns, dass es sein Brauch war, jeden Morgen die Welt zu überblicken und durch seine
göttliche (helläugige) Sehkraft zu erschauen, wo es Leute gebe, die bereit seien, die Wahrheit zu
empfangen. Er pflegte es dann, falls es möglich war, zu veranstalten, dass sie (die Wahrheit) zu
ihnen gelangte. Wenn Leute ihn aufsuchten, pflegte er in ihre Seelen zu blicken, ihre geheimen
Beweggründe zu lesen und ihnen dann ihren Bedürfnissen entsprechend zu predigen.
IV. Teil. DIE ENTWICKELUNG UND AUSBREITUNG DES BUDDHISMUS.
279. Kann sich, was die Zahl seiner Anhänger betrifft, der Buddhismus heutzutage mit anderen
Hauptreligionen vergleichen?
Die Anhänger des „Buddha Dharma“ übertreffen an Zahl diejenigen jedes anderen religiösen
Lehrers.
280. Welches ist ihre schätzungsweise bestimmte Zahl?
Etwa fünfhundert Millionen (5000 Lak’s oder 500 Crore’s), d. h. fünf dreizehntel oder nicht ganz
die Hälfte der schätzungsweise bestimmten Bevölkerung des Erdballs.
281. Sind viele grosse Schlachten ausgefochten, viele Länder erobert, viel menschliches Blut
vergossen worden, um das ,Buddha Dharma’ auszubreiten?
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Die Geschichte erwähnt nicht eine einzige dieser Grausamkeiten und Freveltaten als begangen, um
unsere Religion zu verbreiten. Soviel wir wissen, hat sie keinen Anlass gegeben, auch nur einen
Tropfen Blut zu vergiessen.26
282. Worin liegt dann das Geheimnis seiner wunderbaren Ausbreitung?
Es kann in nichts anderem liegen, als in seiner inneren Vortrefflichkeit: seiner von selbst
einleuchtenden Wahrheitsbasis, seiner erhabenen Sittenlehre und seinem Ausreichen für alle
menschlichen Bedürfnisse.
283. Wie ist er verbreitet worden?
Der Buddha reiste, während der fünfundvierzig Jahre seines Lebens als Lehrer, weit in Indien umher
und predigte das Dharma. Er sandte seine weisesten und besten Schüler aus, um das gleiche durch
ganz Indien hin zu tun.
284. Wann sandte er seine Pionier-Missionare aus, und was sagte er ihnen?
Am Vollmondstage des Monats Wap (Oktober) rief er sie zusammen und sagte 285. Was sagte er?
„Geht hin, Bhikku’s, geht und predigt der Welt das Gesetz. Wirket für das Beste der anderen wie für
euer eigenes.... Bringet die freudige Botschaft zu jedermann. Es sollen nicht zwei von euch
denselben Weg einschlagen.“
286. Wie lange vor der christlichen Zeitrechnung geschah dies?
Etwa sechs Jahrhunderte vorher.
287. Welche Hilfe leisteten Könige?
Neben den niederen Klassen wurden grosse Könige, Râja’s und Mahârâja’s bekehrt und liehen der
Verbreitung der Religion ihren Einfluss.
288. Was ist über die Pilgrime zu sagen?
Gelehrte Pilgrime kamen in verschiedenen Jahrhunderten nach Indien und nahmen bei der Rückkehr
Bücher und Lehren mit sich in ihre Geburtsländer. So entsagten nach und nach ganze Nationen
ihrem [bisherigen] Glauben und wurden Buddhisten.
289. Wem ist die Welt mehr als irgend einem anderen für die dauernde Befestigung der Religion des
Buddha zu Dank verpflichtet?
Dem Kaiser Asoka, mit dem Beinamen „der Grosse’“, zuweilen auch Piyadâsi, zuweilen
Dharmâsoka genannt. Er war der Sohn des Bindusâra, Königs von Magadha, und Enkel des
Chandragupta, der die Griechen aus Indien vertrieb.
290. Wann regierte er?
Im dritten Jahrhundert v. Chr., etwa zwei Jahrhunderte nach des Buddha Zeit. Die Historiker sind
bezüglich des genauen Zeitpunkts uneinig, doch nicht in erheblichem Masse.
291. Was machte ihn gross?
Er war der mächtigste Monarch in der Geschichte Indiens, als Krieger wie als Staatsmann; seine
edelsten Charakterzüge jedoch waren seine Liebe zu Wahrheit und Recht, seine Duldsamkeit
gegenüber religiösen Meinungsverschiedenheiten, Unparteilichkeit im Regieren, Güte gegen den
Kranken, den Armen und gegen Tiere. Sein Name wird hochgeehrt von Sibirien bis Ceylon.
26
Vgl. oben Anmerkung zu 202.
43
292. War er als Buddhist geboren?
Nein; im zehnten Jahre nach seiner Salbung zum Könige wurde er durch Nigrodha Samanera, einen
Arahat, bekehrt.
293. Was hat er für den Buddhismus getan?
Er verjagte schlechte Bhikku’s, ermutigte gute, baute allenthalben Klöster und dagoba’s, richtete
Gärten ein, eröffnete Hospitäler für Menschen und Tiere, berief ein Konzil nach Patna, um das
Dharma zu revidieren und neu zu befestigen, förderte die weibliche religiöse Erziehung und
schickte Gesandtschaften an vier griechische Könige, die seine Verbündete waren, und an alle
Herrscher Indiens, um die Lehren des Buddha zu verkünden. Er war es, der die Gedächtnisbauten zu
Kapilavastu, Buddha Ghâya, Isipatana und Kusinârâ, unseren vier Haupt-Pilgerstätten, neben
tausend weiteren errichtete.
294. Welche unwiderleglichen Beweise giebt es für seinen edlen Charakter?
In neuerer Zeit sind in allen Teilen Indiens 14 Edikte von ihm aufgefunden worden, die auf
natürliche Felsen geschrieben sind, sowie 8 auf Säulen, die auf seinen Befehl errichtet wurden. Sie
beweisen vollauf, dass er einer der weisesten und hochgesinntesten Herrscher war, die je gelebt
haben.
295. Was für einen Charakter des Buddhismus lassen diese Inschriften erkennen?
Sie zeigen ihn als eine Religion von edler Duldsamkeit, allumfassender Brüderlichkeit,
Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit. Er ist durch keinen Makel von Selbstsucht, Sektengeist und
Unduldsamkeit entstellt. Sie [die Inschriften] haben mehr als sonst etwas dazu beigetragen, ihm die
Achtung zu gewinnen, in der er jetzt bei den grossen Pandits [Gelehrten] der westlichen Länder
steht.
296. Welches höchst kostbare Geschenk machte Dharmasoka dem Buddhismus?
Er übergab seinen geliebten Sohn, Mahinda, und seine Tochter, Sanghamitta, dem Orden und sandte
sie nach Ceylon, um dort die [buddhistische] Religion einzuführen.
297. Ist dieses Ereignis in der Geschichte Ceylons erwähnt?
O ja! Es ist dies alles im „Mahâvansa“ von den königlichen Chronisten erwähnt, welche damals
lebten und die Missionare sahen.
298. Giebt es einen noch jetzt sichtbaren Beweis von Sanghamitta’s Mission?
Ja; sie brachte mit sich nach Ceylon einen Zweig des ursprünglichen Bôdhi-Baumes, unter dem der
Buddha sass, als er „Erleuchteter“ wurde, und dieser [zweite Buddhabaum] ist jetzt noch grün und
frisch.
299. Wo befindet er sich?
Zu Anurâdhapura. Seine Geschichte ist bis auf die Gegenwart amtlich (geführt und) aufbewahrt
worden. Im Jahre 306 [nach Prof. Rhys-Davids 245] v. Chr. gepflanzt, ist er der älteste historische
Baum in der Welt.
300. Welcher Herrscher regierte damals (in Ceylon)?
Dêvanampiyatissa. Seine Gemahlin, die Königin Anulâ, hatte Sanghamitta eingeladen, zu kommen
und den Bhikkunî-[Nonnen-]Zweig des Ordens zu gründen.
301. Wer kam mit Sanghamitta?
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Viele andere Bhikkunî´s. Sie [Sanghamitta] nahm nach gehöriger Zeit die Königin und viele ihrer
Frauen, samt 500 Jungfrauen, in den Orden auf.
302. Können wir die Erfolge, welche Kaiser Asoka’s Missionare in fremden Ländern erzielten,
verfolgen?
Sein Sohn und seine Tochter führten den Buddhismus in Ceylon ein; seine Mönche brachten
denselben nach ganz Nord-Indien, zu vierzehn indischen Nationen ausserhalb von dessen Grenzen
und zu fünf griechischen Königen, Asoka’s Verbündeten, mit denen er Verträge schloss, dass sie
seine Religionsverkünder einliessen.
303. Kannst du die fünf nennen?
ANTIOCHUS von Syrien, PTOLEMÄUS von Ägypten, ANTIGONUS von Macedonien,
MARGAS von Cyrene und ALEXANDER von Epirus.
304. Woher wissen wir dies?
Aus den Edikten Asoka’s des Grossen selber, die er in Felsen und auf Steinsäulen eingraben liess,
und die noch da stehen und von jedermann gesehen werden können, der diese Stätten aufzusuchen
Lust hat.
305. Durch welche abendländischen religiösen Bruderschaften vermischte sich das BuddhaDharma mit der abendländischen Gedankenwelt?
Durch die Sekten der Therapeuten in Ägypten und der Essener in Palästina.
306. Wann wurden buddhistische Bücher zuerst in China eingeführt?
Bereits im zweiten oder dritten Jahrhundert v. Chr. Fünf von Dharmâsoka’s Mönchen sollen - nach
dem Samanta Pasâdikâ und dem Sârattha Dîpani, zwei Pâli-Büchern - nach den fünf Teilen
China’s gesandt worden sein.
307. Woher und wann kam der Buddhismus nach Korea?
Von China, im Jahre 372 n. Chr.
308. Woher und wann nach Japan?
Von Korea, 552 n. Chr.
309. Woher und wann kam er nach Cochinchina, Formosa, Java, der Mongolei, Yarkand, Balk,
Bokhara, Afghanistan und anderen Ländern Mittelasiens?
Augenscheinlich im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr.
310. Wohin und wann verbreitete er sich von Ceylon aus?
Nach Burma 450 n. Chr. und von da allmählich nach Arakan, Kambodsha und Pegu. Im 7.
Jahrhundert (638 n. Chr.) gelangte er nach Siam, wo er seitdem dauernd Staatsreligion war und
noch heute ist.
311. Wohin verbreitete er sich von Kashmir aus noch, ausser nach China?
Nach Nepâl und Tibet.
312. Warum ist der Buddhismus, der einst die vorherrschende Religion in ganz Indien war,
heutzutage daselbst fast erloschen?
Der Buddhismus war zuerst rein und edel, die wahre Lehre des Tathâgata; sein Sangha war
tugendhaft und beobachtete die Gebote; er gewann alle Herzen und verbreitete Freude über viele
Nationen, wie das Morgenlicht den Blumen neues Leben bringt. Aber einige Jahrhunderte später
45
erhielten schlechte Bhikku’s die Ordination (Upasampadâ), der Sangha wurde reich, träge und
sinnlich, das Dharma verfälscht, und die indischen Nationen verliessen es.
313. Ereignete sich um das 9. oder 10. Jahrhundert etwas, was seinen Niedergang beschleunigte?
Ja.
314. War dies noch etwas anderes, als der Verfall des geistlichen Sinnes, die Verderbnis des
Sangha und das Rücksinken der Bevölkerung von einem höheren Menschheitsideal zu
unverständigem Götzendienst?
Ja. Es wird berichtet, dass die Moslemin weite Strecken Indiens betraten, überfielen und eroberten,
wobei sie überall ihr möglichstes taten, unsere Religion zu zertreten.
315. Welche Grausamkeiten werden ihnen zur Last gelegt?
Sie verbrannten, schleiften oder zerstörten auf sonstige Art unsere vihâra’s, metzelten die Bhikku’s
nieder und vernichteten unsere heiligen Bücher durch Feuer.
316. Wurde unsere Literatur in Indien völlig vernichtet?
Viele Bhikku’s flohen durch die Grenzgebiete nach Tibet und anderen sicheren Zufluchtsstätten und
nahmen ihre Bücher mit sich.
317. Sind irgend welche Spuren dieser Bücher neuerdings entdeckt worden?
Ja. Rai Bahadur Sarat Chandra Dás, C. I. E., ein ausgezeichneter bengalischer Pandit [Gelehrter] sah
hunderte von ihnen in den Vihâra-Bibliotheken Tibets, brachte Kopien einiger der bedeutendsten
mit sich zurück und ist jetzt von der indischen Regierung mit ihrer Herausgabe und
Veröffentlichung beauftragt.
318. In welchem Lande sind, wie wir mit Recht annehmen dürfen, die heiligen Bücher des
ursprünglichen Buddhismus am besten erhalten und am wenigsten verderbt worden?
In Ceylon. Die ,Encyclopaedia Britannica“ sagt, dass auf dieser Insel aus besonderen Gründen der
Buddhismus ,bis auf die heutige Zeit fast seine alte Reinheit bewahrt hat’.
319. Ist in neueren Zeiten eine Revision des Textes der Pitaka’s veranstaltet worden?
Ja. Eine sorgfältige Revision des ganzen wurde 1875 zu Ceylon durch eine Vereinigung der
gelehrtesten Bhikku’s unter dem Vorsitz von H. Sumangala, dem Pradhana Sthavira’
vorgenommen.
320. Hat im Interesse des Buddhismus ein freundschaftlicher Verkehr zwischen den Angehörigen
der südlichen und denen der nördlichen buddhistischen Länder stattgefunden?
Im Jahre 1891 n. Chr. wurde ein erfolgreicher Versuch gemacht, die Pradhâna Nâyaka’s der zwei
grossen Richtungen dafür zu gewinnen, ihre Einwilligung zur Annahme von vierzehn Leitsätzen zu
geben, die als Inhalt der fundamentalen Glaubenslehren des Buddhismus von beiden Teilen
anerkannt und gelehrt werden sollten. Diese Vorschläge, von Colonel OLCOTT entworfen, wurden
sorgfältig ins Burmesische, Singhalesische und Japanische übersetzt, einzeln diskutiert, von den
obersten Mönchsgeistlichen einstimmig angenommen und unterzeichnet und im Januar 1892
veröffentlicht.27
321. Mit welchem guten Erfolge?
27
Vgl. den „Anhang“.
46
Der Erfolg des jetzt bestehenden guten Einverständnisses zeigte sich darin, dass eine Anzahl von
japanischen Bhikkus und Samanera’s [Novizen] nach Ceylon und Indien gesandt worden ist, um
Pali und Sanskrit zu studieren.
322. Giebt es Anzeichen dafür, dass das Buddha Dharma in nichtbuddhistischen Ländern an
Ansehen zunimmt?
Allerdings. Übertragungen unserer wertvollsten Bücher erscheinen, viele Artikel darüber werden in
Zeitschriften, Journalen und Zeitungen veröffentlicht, und treffliche Originalabhandlungen
ausgezeichneter Schriftsteller verlassen die Presse. Zudem halten buddhistische und
nichtbuddhistische Docenten in den Ländern des Westens vor zahlreichen Hörern Vorträge über den
Buddhismus.
323. Welche zwei von unseren leitenden Ideen haben sich hauptsächlich des abendländischen
Geistes bemächtigt?
Die des „KARMA“ und der WIEDEREINKÖRPERUNG. Die Schnelligkeit ihrer Annahme ist geradezu
überraschend.
324. Woraus ist dies zu erklären?
Aus ihrem Appell an den
Vernunftgemässheit.
natürlichen
Gerechtigkeitssinn
und
ihrer
augenfälligen
V. Teil. BUDDHISMUS UND WISSENSCHAFT.
325. Hat der Buddhismus ein Anrecht darauf, als eine wissenschaftliche Religion betrachtet zu
werden oder ist er zu den „geoffenbarten“ zu rechnen?
Mit grösstem Nachdruck ist zu betonen, dass er keine geoffenbarte Religion ist! Weder hat ihn der
Buddha als solche gepredigt, noch wird er so aufgefasst. Im Gegenteil! Er gab ihn als die
Aufstellung ewiger Wahrheiten aus, die seine Vorgänger gleich ihm gelehrt hätten.
326. Nenne nochmals den Namen des Sutta, in dem der Buddha uns sagt, dass wir nicht an eine
angebliche Offenbarung glauben sollen, ohne sie durch menschliche Vernunft oder Erfahrung
erhärten zu können!
Das Kâlâma Sutta im Anguttara Nikâya.
327. Erkennen die Buddhisten die Theorie an, dass jedes Ding aus nichts durch einen Schöpfer
hervorgebracht ist?
Der Buddha lehrte, dass zwei Dinge ewig seien, nämlich „Akâsa“ und Nirvâna“. Alles ist aus Akâsa
hervorgegangen, gemäss einem, diesem innewohnenden Gesetze der Bewegung, und nach einer
bestimmten Daseinsfrist vergeht es wieder. Nichts ist je aus nichts gekommen. Wir glauben nicht an
Wunder; deshalb leugnen wir eine Schöpfung und können uns keinen Schöpfer vorstellen, der etwas
aus nichts erschafft. Nichts Organisches ist ewig. Alles befindet sich in einem Zustande beständigen
Fliessens und Erleidens von Veränderung und Neugestaltung in ununterbrochener Folge, gemäss
dem Gesetze der Entwickelung.
328. Was sagte der Buddha zu dem ehrwürdigen Kâshyapa über die gemeinsame Quelle aller
Dinge?
Er sagte: ,Alle Dinge bestehen aus EINER Wesenheit (Swabhâva), jedoch sind die Dinge verschieden
nach den Formen, die sie unter verschiedenen Einflüssen annehmen.’
329. Wie nennt die Wissenschaft diese Hervorbringung aller Dinge aus der einen Wesenheit?
47
Evolution [Entwickelung].
330. Halten die Buddhisten die Materie für ewig?
In Bezug auf deren Wesenheit, ja. Wäre dies anders, so würde die Folge davon sein, dass wir an
eine wunderbare Erschaffung der Materie glauben müssten. Materie, wie wir sie verstehen, ist nur
eine Manifestation des Akâsa, und materielle Formen sind dessen wechselnde Modifikationen.
331. Ist der Buddhismus der Erziehung und dem Studium der Wissenschaft feindlich?
Ganz im Gegenteil! Im Sigâlovâda Sutta hat der Buddha gelegentlich einer von ihm gehaltenen
Rede es besonders als eine der Pflichten des Lehrers bezeichnet, dass er seinen Zöglingen
,Unterweisung in Wissenschaft und Gelahrtheit’ geben solle. Des Buddha höhere Lehren sind für
den Erleuchteten, den Weisen und den Gedankenvollen.
332. Kannst du eine fernere Bestätigung des Buddhismus durch die Wissenschaft angeben?
Die Lehre des Buddha sagt, dass es viele Urväter des Menschengeschlechts giebt, dass also ein
Prinzip der Differenzierung [Unterscheidung] unter den Menschen herrscht; bestimmte Individuen
besitzen eine grössere Befähigung zur schnellen Erlangung der Weisheit und Ankunft in Nirvâna,
als andere.
333. Noch eine andere Bestätigung?
Der Buddhismus bekräftigt die Lehre von der Unvernichtbarkeit [Erhaltung] der Kraft.
334. Soll man den Buddhismus eine Urkunde der Wissenschaft oder einen Kodex der Moral
nennen?
Genau genommen, eine reine Moralphilosophie, ein System der Ethik und transcendentalen
[erkenntnistheoretischen] Metaphysik. Er ist so eminent praktisch, dass der Buddha Stillschweigen
beobachtete, als Malunka über den Ursprung der Dinge fragte.
335. Warum tat er dies?
Weil er der Ansicht war, dass unser Hauptstreben sein solle, die Dinge so zu sehen, wie sie rings um
uns sind, und sie besser zu machen zu suchen, nicht aber, mit übersinnlichen Spekulationen Zeit zu
vergeuden.
336. Was ist nach Ansicht der Buddhisten der Grund davon, dass zuweilen sehr gute und weise
Kinder von schlechten Eltern und umgekehrt sehr schlechte von guten Eltern erzeugt werden?
Es geschieht dies zufolge der respektiven Karma’s der Kinder und Eltern; jedes von ihnen mag es
[in einem früheren Dasein] verdient haben, dass solche ungewöhnliche Verwandtschaft in der
gegenwärtigen Daseinsperiode sich bildete.
337. Ist etwas darüber gesagt, dass der Körper des Buddha ein glänzendes Licht ausstrahlte?
Ja; dies war ein göttlicher Glanz, der aus seinem Innern durch die Kraft seiner Heiligkeit ausgesandt
wurde.
338. Wie wird dies im Pâli genannt?
„Buddharansi“, die Buddha-Strahlen.
339. Wieviel Farben waren in ihnen sichtbar?
Sechs, paarweise vereinigt.
340. Ihre Namen?
Nila, Pita, Lohita, Avadata, Mangasta, Prabhasvara.
48
341. Strahlten auch andere Personen solch schimmerndes Licht aus?
Ja, alle Arahats; und tatsächlich schimmert das Licht, der geistlichen Entwickelung der Person
entsprechend, immer stärker und klarer.
342. Wo sehen wir jene Farben dargestellt?
In allen Vihâra’s, wo sich gemalte Darstellungen des Buddha befinden. Sie sind auch auf den
Streifen der buddhistischen Fahne zu sehen, die zuerst in Ceylon angefertigt wurde, jetzt aber weit
und breit durch die buddhistischen Länder hin angenommen worden ist.
343. In welcher Rede spricht der Buddha selbst von diesem Lichtglanze um ihn?
Im „Mahâ-Parinibbâna Sutra“. Zu Ananda, seinem Lieblingsschüler, der den grossen Glanz
bemerkte, welcher von seines Meisters Körper kam, sagte der Buddha, dass bei zwei Gelegenheiten
dieser ausserordentliche Lichtglanz sich zeige, nämlich (a) sobald ein Tathâgata die höchste
Einsicht erlangt und (b) in der Nacht, in der er endgiltig von hinnen scheidet.
344. Wo lesen wir, dass diese grosse Helligkeit von dem Körper eines anderen Buddha ausgestrahlt
ward?
In der Geschichte von Sumedha und Dipânkara Buddha, die sich im Nidânakathâ des JâtukaBuches oder der Geschichte der wiederholten Verkörperungen des Bodhisattva Siddartha Gautama
findet.
345. Wie wird sie beschrieben?
Als ein Lichthof von einer Klafter Durchmesser.
346. Wie nennen ihn die Hindu’s?
Tejas; seine sich ausbreitende Strahlung heissen sie Prakasha.
347. Wie nennen ihn die Europäer jetzt?
Die menschliche Ausstrahlung.
348. Welcher grosse Forscher hat die Existenz dieser Ausstrahlung durch sorgfältig geleitete
Experimente bewiesen?
Der Baron v. Reichenbach. Seine Experimente sind ausführlich in seinen „Untersuchungen“ veröffentlicht 1844/45 - beschrieben. Dr. Baraduc in Paris hat dieses Licht ganz kürzlich
photographiert.
349. Ist diese Lichtausstrahlung ein Wunder oder eine natürliche Erscheinung?
Natürlicher Art. Es ist erwiesen worden, dass nicht allein alle menschlichen Wesen, sondern auch
Tiere, Bäume, Pflanzen und selbst Steine sie aufweisen.
350. Welche besondere Eigenschaft hat sie bei einem Buddha oder Arahat?
Sie ist unermesslich heller und ausgedehnter als bei anderen Wesen und Gegenständen. Sie ist die
Veranschaulichung ihrer höheren Entwickelung in der Kraft des Iddhi. Man hat das Licht aus
dâgoba’s in Ceylon strahlen sehen, in denen Reliquien des Buddha eingeschlossen sein sollen.
351. Glauben die Angehörigen anderer Religionen ausser dem Buddhismus und Hinduismus auch
an dieses Licht?
Ja; auf allen Gemälden christlicher Künstler ist dies Licht dargestellt, wie es um die Körper ihrer
Heiligen schimmert. Derselbe Glaube hat sich auch in anderen Religionen vorgefunden.
49
352. Welches historische Ereignis bekräftigt die moderne Theorie hypnotischer Suggestion?
Die Geschichte des Chullapanthaka, wie sie im Pâli-Kommentar zum „Dhammapada“ erzählt wird.
353. Gieb mir die Tatsachen an!
Er [Chullapanthaka] war ein Bhikku, der ein Arahat geworden war. Am nämlichen Tage liess der
Buddha ihn durch einen Boten zu sich entbieten. Als der Mann zum Vihâra kam, sah er 300
Bhikku’s in einer Gruppe dastehen, die einander in jeder Beziehung gleich waren. Auf seine Frage,
welcher von ihnen Chullapanthaka sei, antwortete jeder der 300 Figuren: „Ich bin Chullapanthaka!“
354. Was tat der Bote?
In seiner Verwirrung kehrte er um und berichtete dies dem Buddha.
355. Was trug ihm da der Buddha auf?
Zum Vihâra zurückzukehren und, wenn dasselbe sich [nochmals] ereigne, die erste Figur, welche
sage, sie sei Chullapanthaka, beim Arme zu fassen und zu ihm her zu führen. Der Buddha merkte,
der neue Arahat wolle seine erworbene Kraft dadurch zeigen, dass er dem Boten täuschende
Ebenbilder seiner selbst vorspiegelte.
356. Wie wird dieses Illusions- [Vorspiegelungs-] Vermögen im Pali genannt?
Vikubbana Iddhi.
357. Waren die vorgespiegelten Abbilder der Person des Arahat leibhaftig? Waren sie aus
Substanzteilen zusammengesetzt und hätten sie von dem Boten befühlt und angepackt werden
können?
Nein; sie waren nur Scheinbilder, welche durch des Arahat’s Gedanken und ausgebildete
Willenskraft dem Geiste des Boten eingeprägt wurden.
358. Womit würdest du sie vergleichen?
Mit dem Spiegelbilde eines Menschen, das diesem ganz genau gleicht, aber körperlos ist
359. Was war nötig, um diese Illusion in des Boten Geiste zu erzeugen?
Dass Chullapanthaka in seinem eigenen Geiste sich seine äussere Erscheinung ganz genau vorstellte
und sie alsdann, mit so vielen Duplikaten oder Wiederholungen, als er wollte, dem empfänglichen
Gehirn des Boten einprägte.
360. Wie wird dieser Vorgang heutzutage genannt?
Hypnotische Suggestion.
361. Hätten auch dritte Personen diese vorgespiegelten Figuren sehen können?
Das würde von dem Willen des Arahat, oder Hypnotiseurs [in diesem Falle], abhängen.
362. Wie meinst du das?
Angenommen, dass fünfzig oder fünfhundert Personen statt einer zugegen waren, so konnte der
Arahat wollen, dass das Trugbild von ihnen allen gleichermassen gesehen würde, oder aber - falls er
es so wünschte - konnte er wollen, dass der Bote der einzige sei, der es sähe.
363. Ist dieser Zweig des Wissens in unseren Tagen wohl bekannt?
Sehr wohl bekannt; er ist allen geläufig, die sich mit Mesmerismus und Hypnotismus beschäftigen.
364. Inwiefern bekräftigt unsere moderne wissenschaftliche Anschauung die Theorie des ,Karma’,
wie sie sowohl im Hinduismus, als im Buddhismus gelehrt wird?
50
Moderne Forscher lehren, dass jede Menschen-Generation die Folgen der Tugenden und Laster der
vorhergehenden Generation erbt, und zwar nicht in ihrer Allgemeinheit als solche, sondern in jedem
individuellen Falle. Jeder einzelne von uns erhält nach dem Buddhismus eine Geburt
[Daseinsperiode], welche die Ursachen zum Ausdruck bringt, die er in einer vorhergehenden Geburt
erzeugt hat. Dies ist die Idee des ,Karma’.
365. Was sagt das „Vâsettha Sutta“ über die Kausalität in der Natur?
Es sagt: „Die Welt existiert durch Ursächlichkeit; alle Dinge existieren durch Ursächlichkeit; alle
Wesen sind durch Ursächlichkeit verbunden.“
366. Lehrt der Buddhismus die Unwandelbarkeit des sichtbaren Weltalls: unserer Erde, der Sonne,
des Mondes, der Sterne, der Mineralien, Pflanzen, Tiere und menschlichen Reiche?
Nein. Er lehrt, dass alles sich beständig verändert und alles im Laufe der Zeit verschwinden muss.
367. Um niemals wieder zu erscheinen?
So nicht wieder; das Prinzip der durch das „Karma“ geleiteten individuellen und GesamtEntwickelung wird ein anderes Weltall mit seinem Inhalt entwickeln, wie unser Weltall aus dem
Akâsa entwickelt worden ist.
368. Erkennt der Buddhismus an, dass der Mensch in seiner Natur irgendwelche verborgenen
Kräfte für die Hervorbringung von Erscheinungen hat, die gewöhnlich ,Wunder’ genannt werden?
Ja; aber sie sind natürlich, nicht übernatürlich. Sie können durch ein gewisses System entwickelt
werden, das in unseren heiligen Büchern niedergelegt ist, z. B. im „Visuddhi Mârga“.
369. Wie wird dieser Zweig der Wissenschaft genannt?
Der Pali-Name ist Iddhi-vidhañâna,
370. Wieviel Arten giebt es?
Zwei: „LAUKIKA“, d.h. eine, bei der die Kraft, welche die Erscheinungen bewirkt, zeitweise durch
asketische Übungen und auch durch Zuhilfenahme von Räucherwerk, das Hersagen von mantras
(Zaubersprüchen) oder andere äussere Mittel erlangt werden kann; zweitens „Lôkóttara“, die, bei
welcher die fragliche Kraft durch innere Selbstentfaltung erlangt wird und alles und (jedenfalls)
mehr umfasst, als die Erscheinungen des Laukika Iddhi.
371. Welche Klassen von Menschen erfreuen sich dieser Kräfte?
Sie entwickeln sich stufenweise in einem, der einen bestimmten Werdegang asketischer PRAXIS
durchmacht, der Dhyâna genannt wird.
372. Kann diese Iddhi-Kraft verloren gehen?28
Das Laukika kann verloren gehen, das Lôkóttara niemals, wenn es einmal erworben ist. Einmal
erlangte Lôkóttara-Kenntnis wird nie verloren, und ALLEIN durch diese Kenntnis wird der absolute
(freie) Zustand des Nirvâna von dem Arahat erkannt. Diese Kenntnis wird gewonnen, indem man
das edle Leben des „Achtfachen Pfades“ führt.
373. Hatte Buddha das Lôkóttara Iddhi?
28
Sumangala Stavira erklärt mir, dass diese übersinnlichen Kräfte dauernd nur von demjenigen besessen
werden, der alle Leidenschaften (Klêsa) unterjocht hat, mit anderen Worten, nur von einem Arahat. Die
Kräfte können allerdings auch von einem schlechten Menschen entwickelt und zu bösen Taten verwendet
werden, doch ist dann ihre Wirksamkeit nur kurz, die sich aufbäumenden Leidenschaften herrschen wieder
über den Zauberer, und er wird zuletzt ihr Opfer.
51
Ja, in vollkommener Weise.29
374. Und hatten es seine Schüler auch?
Ja, manche, doch nicht alle gleichmässig; die Fähigkeit, diese geheimen Kräfte zu erwerben, ist
nach den Individuen verschieden.
375. Gieb Beispiele!
Von allen Schülern des Buddha war Mogallâna derjenige, welcher sich im Besitze der
ausserordentlichsten Kräfte zur Ausführung von Erscheinungen befand, während Ananda keine
solche während der fünfundzwanzig Jahre hervorbringen konnte, in denen er der Leib- und
Lieblingsschüler des Buddha selber war. Später vermochte er’s, wie dies der Buddha von ihm
vorhergesagt hatte.
376. Erwirbt ein Mensch diese Kräfte plötzlich oder nach und nach?
Normalerweise entfalten sie sich allmählich, wenn der Schüler in einer Reihe von Geburten
[Daseinsperioden] immer mehr die Herrschaft über seine niedere Natur gewinnt. 30
377. Behauptet der Buddhismus, dass das Wunder der Totenerweckung möglich sei?
Nein. Der Buddha lehrt das Gegenteil in jener prächtigen Erzählung von Kisâ Gôtamî und den
Senfkörnern.
378. Gieb mir eine Vorstellung der auf einander folgenden Stadien der Entfaltung des Lôkóttara im
Iddhi!
Es giebt sechs Grade, die für Arahats erreichbar sind; was noch höher ist, als diese, kann allein von
einem Buddha erlangt werden.
379. Beschreibe die sechs Stadien oder Grade!
Wir können sie in zwei Gruppen teilen, jede mit drei Graden. Die ERSTE Gruppe umfasst: l.
Fortschreitenden Rückblick, d.h. eine allmählich erlangte Fähigkeit, rückwärts in der Zeit nach dem
Anfang der Dinge hin zu schauen; 2. Fortschreitendes Voraussehen, oder die Fähigkeit des
Weissagens; 3. Allmähliches Auslöschen der Begehrungen und der Anhänglichkeit an materielle
Dinge.
380. Was würde die zweite Gruppe umfassen?
Dieselben Fähigkeiten, nur ohne Schranken entwickelt. So besitzt der vollkommene Arahat
vollendeten Rückblick, vollendeten Vorausblick und hat völlig die letzte Spur von Begehren und
selbstischen Neigungen ausgelöscht.
381. Welches sind die vier Mittel, um das „Iddhi“ zu erlangen?
Der Wille, die Anstrengung, die geistige Entfaltung und die Unterscheidung zwischen Recht und
Unrecht.
382. Unsere Schriften berichten hunderte von Beispielen durch Arahats hervorgebrachter
Erscheinungen; wie sagtest du, dass der Name dieser Fähigkeit oder Kraft sei?
29
Die Weisheit und Macht des Buddha ist unendlich. Er wird der Sammâsambuddha genannt, weil er in der
Welt der Götter und Menschen als der Höchste angesehen wird.
30
Wenn diese Kräfte sich plötzlich zeigen, so lässt dies darauf schliessen, dass das Individuum schon in der
nächstvorhergehenden Daseinsperiode sich soweit entwickelt hatte. Wir glauben an keine ezcentrischen
Sprünge in der Natur.
52
Iddhi-vidha. Wer sie besitzt, kann durch Handhabung der Kräfte der Natur irgend eine
„wunderbare“ Erscheinung hervorbringen, d.h. jedes wissenschaftliche Experiment machen,
welches er will.
383. Ermunterte der Buddha zur öffentlichen Vorführung von Erscheinungen?
Nein; er riet ausdrücklich davon ab, da sie dazu angetan seien, Verwirrung in den Köpfen derer
hervorzurufen, welche mit den in Betracht kommenden Prinzipien nicht bekannt sind. Sie verleiten
auch ihre Besitzer, sie lediglich zur Befriedigung müssiger Neugier oder ihrer eigenen Eitelkeit
sehen zu lassen. Ausserdem können ähnliche Erscheinungen von Magiern und Zauberern zur Schau
gestellt werden, die im Laukika oder der niederen Form der Iddhi-Wissenschaft bewandert sind.
Alle Anmassung übernatürlicher Gaben durch Mönche gehört zu den unverzeihlichen Sünden.
(Tevijja Sutta.)
384. Du sprachst von einem ,deva’, der dem Prinzen Siddârtha unter verschiedenen Formen
erschienen sei. Was glauben die Buddhisten hinsichtlich gewisser Arten von unsichtbaren
elementarischen Wesen, welche Beziehungen zur Menschheit haben?
Sie glauben, dass es solche Wesen giebt, welche ihre eigenen Welten oder Sphären bewohnen. Die
buddhistische Lehre besagt, dass durch innere Selbstentwickelung und Sieg über seine niedere
Natur der Arahat auf eine höhere Stufe gelangt, als selbst der furchtbarste der deva’s, und deren
niedere Ordnungen sich unterwerfen und beherrschen kann.
385. Wie viele Arten von devas giebt es?
Drei: Kâmâvachara (die, welche noch unter der Herrschaft der Leidenschaften stehen);
Rûpâvachara (eine höhere Klasse, die noch eine individuelle Form bewahren); Arûpâvachara (die
dem Grade der Reinheit nach höchste Klasse, die frei von materiellen Formen sind).
386. Sollen wir irgend einen von ihnen fürchten?
Der, welcher reinen und mitfühlenden Herzens und mutigen Geistes ist, braucht nichts zu fürchten;
weder ein Mensch, noch ein Gott, Brahma rakshas, Dämon oder deva kann ihm ein Leid antun;
doch besitzen einige von ihnen die Macht, sowohl den Unreinen, wie diejenigen zu peinigen,
welche sie herbeirufen.
ANHANG.
Der folgende Text der „Vierzehn Glaubensartikel“, die als fundamentale Prinzipien in der südlichen
wie in der nördlichen Richtung des Buddhismus durch autoritative Ausschüsse angenommen
worden sind, denen sie von mir persönlich unterbreitet wurden, sind von so grosser historischer
Wichtigkeit, dass sie der 33. Ausgabe des „Buddhistischen Katechismus“ als Anhang beigegeben
worden sind. Ganz neuerdings ist mir von dem gelehrten russischen Orientalisten, Seiner Hoheit
dem Fürsten Ouchtomsky, mitgeteilt worden, dass, nachdem er ihnen das Schriftstück übersetzt, die
obersten Lamas der grossen mongolischen Buddhistenklöster ihm erklärt haben, sie nähmen jeden
einzelnen dieser Leitsätze so an, wie er abgefasst sei, mit der einzigen Ausnahme, dass sie die
Lebenszeit des Buddha mehrere tausend Jahre eher ansetzen, als sie von mir angegeben ist. Dieser
überraschende Umstand ist mir bisher nicht bekannt gewesen. Ist es etwa denkbar, dass der
mongolische Sangha die wirkliche Epoche des Sakya Muni mit der seines von der Tradition
angeführten nächsten Vorgängers verwechselt? Doch sei dem, wie ihm wolle, jedenfalls ist es eine
sehr ermutigende Tatsache, dass DIE GANZE BUDDHISTISCHE WELT SICH - wie man jetzt sagen darf WENIGSTENS AUF DEN INHALT DIESER VIERZEHN LEITSÄTZE GEEINIGT HAT.
53
H.S.O.
Buddhistische Glaubens-Grundsätze.
I. Den Buddhisten wird gelehrt, allen Menschen ohne Unterschied die gleiche Duldsamkeit,
Nachsicht und brüderliche Liebe, und allen Gliedern des Tierreichs eine unwandelbare Güte
entgegenzubringen.
II. Das Weltall hat sich entwickelt, ist nicht erschaffen worden, und in ihm waltet das Gesetz, nicht
irgend eines Gottes Willkür.
III. Die Wahrheiten, auf die sich der Buddhismus gründet, sind natürlicher Art. Sie sind, so glauben
wir, in auf einander folgenden Kalpa’s oder Weltperioden durch gewisse erleuchtete Wesen,
BUDDHA’S genannt, gelehrt worden; der Name BUDDHA bedeutet „Erleuchteter“.
IV. Der vierte Lehrer des gegenwärtigen Kalpa war Sâkya Muni oder Gautama Buddha, der vor
ungefähr 2500 Jahren in einer königlichen Familie Indiens geboren wurde. Er ist eine historische
Persönlichkeit, und sein Name war Siddhârtha Gautama.
V. Sâkya Muni lehrte, dass Unwissenheit Begehren erzeuge, unbefriedigtes Begehren die Ursache
wiederholter Geburt und diese die Ursache der Trübsal sei. Um daher Freiheit von Trübsal zu
erlangen, ist es nötig, der wiederholten Geburt zu entrinnen; um dieser zu entrinnen, ist es nötig, das
Begehren auszulöschen, und um das Begehren auszulöschen, ist es nötig, die Unwissenheit zu
beseitigen.
VI. Die Unwissenheit nährt den Glauben, dass wiederholte Geburt eine Notwendigkeit sei. Wenn
die Unwissenheit beseitigt ist, wird die Wertlosigkeit jeder solchen wiederholten Geburt - als
Selbstzweck betrachtet - ebenso klar erkannt, wie das hochgradige Bedürfnis, eine Lebensführung
anzunehmen, durch welche die Notwendigkeit solcher wiederholter nochmaligen Geburten
aufgehoben werden kann. Unwissenheit erzeugt auch die täuschende und unlogische Vorstellung,
dass es nur ein einziges Dasein für den Menschen gebe, sowie die andere Täuschung, dass auf
dieses eine Leben Zustände unwandelbarer Freude oder Qual folgten.
VII. Die Beseitigung all’ dieser Unwissenheit kann erreicht werden durch die beharrliche Ausübung
eines allumfassenden Altruismus im Betragen, Entwickelung der Einsicht, Weisheit im Denken und
Vernichtung des Begehrens nach den niederen persönlichen Freuden.
VIII. Da das Verlangen, zu leben, die Ursache wiederholter Geburt ist, hören die wiederholten
Geburten auf, wenn dieses Verlangen ausgelöscht ist, und das vollendete Einzelwesen erreicht
durch Meditation [tiefe Betrachtung] jenen höchsten Friedenszustand, der Nirvâna genannt wird.
IX. Sâkya Muni lehrte, dass Unwissenheit beseitigt und Trübsal entfernt werden könne durch die
Erkenntnis der vier „Edlen Wahrheiten“, welche umfassen:
1. Das Elend des Daseins.
2. Die Entstehungsursache des Elends, welche in dem stets erneuten Begehren besteht, sein
Ich zu befriedigen, ohne jemals imstande zu sein, die Erreichung dieses Ziels zu verbürgen.
3. Die Vernichtung dieses Begehrens oder das Sichabwenden von ihm.
4. Die Mittel zur Erreichung dieser Vernichtung des Begehrens. Die Mittel, auf die er hinwies,
heissen der „Edle Achtfache Pfad“, nämlich: Rechter Glaube; Rechtes Denken; Rechte Rede;
Rechtes Handeln; Rechte Lebensweise; Rechtes Streben; Rechtes Gedenken; Rechtes
Sichversenken.
X. Rechtes Sichversenken (Meditation) führt zu geistlicher Erleuchtung oder zur Entwickelung
jener buddhamässigen Fähigkeit, die in jedem Menschen schlummert.
XI. Das Wesen des Buddhismus, wie es vom Tathâgata (Buddha) selbst zusammengefasst wurde,
ist:
Von aller Sünde zu lassen,
Tugend zu erringen,
Das Herz zu reinigen.
54
XII. Das Weltall ist einer, als „Karma“ bekannten, Ursächlichkeit unterworfen. Die Verdienste und
Verschuldungen eines Wesens in früheren Daseinsformen bestimmen seinen Zustand in der
jetzigen. Jedermann hat daher die Ursachen der Wirkungen, die er jetzt erfährt, selbst vorher
bereitet.
XIII. Die Hindernisse für die Erreichung eines guten Karma können durch die Befolgung
nachstehender Vorschriften beseitigt werden, welche in dem buddhistischen Moralkodex
[Sittengesetz] enthalten sind, nämlich: 1. Töte nicht! - 2. Stiehl nicht! 3. Gieb dich nicht verbotenem
geschlechtlichen Genusse hin! -4. Lüge nicht! -5. Geniesse keine berauschenden oder betäubenden
Spezereien oder Getränke. - Fünf andere Gebote, die hier nicht aufgezählt zu werden brauchen,
sollen von denen beobachtet werden, welche schneller als der Durchschnittslaie zur Erlösung von
Elend und wiederholter Geburt gelangen wollen.
XIV. Der Buddhismus warnt vor abergläubischer Leichtgläubigkeit. Gautama Buddha lehrte, dass
es Pflicht der Eltern sei, ihre Kinder in Wissenschaft und Litteratur unterrichten zu lassen. Er lehrte
auch, dass niemand etwas glauben solle, was von irgend einem Weisen gesprochen, in irgend einem
Buche geschrieben oder durch Tradition bekräftigt sei, sofern es nicht mit der Vernunft in Einklang
stehe.
Ausgearbeitet als gemeinsame Grundlage, auf der alle Buddhisten sich einigen können.
H.S. OLCOTT,
Präsident der Theosophischen Gesellschaft.
APPROBATIONEN
Ehrerbietigst zur Approbation den Hohenpriestern der Nationen unterbreitet, die wir ein jeder
vertreten, in der zu Adyar, Madras, am 8., 9., 10., 11., 12. Januar 1891 (2434 nach Buddha)
abgehaltenen Buddhisten-Konferenz.
Für JAPAN
Kozen Gunaratana.
Chiezo Tokuzawa.
„ BURMAH
U. Hmoay Tha Aung.
„ CEYLON
Dhammapala Hevavitarana.
„ CHITTAGONG
Krishna Chandra Chowdry, durch seinen bestellten Vertreter Maung Tha
Dwe.
BURMAH.
Approbiert für die Buddhisten von Burmah, heute am 3. Februar 1891 (2434 n. B.):
Tha-tha-na-baing Sayadawgyi; Aung Myi Shwebôn Sayadaw; Me-ga-waddy Sayadaw; Hmat-Khaya
Sayadaw; Htî-lin Sayadaw Myadaung Sayadaw Hla-Htwe Sayadaw und sechzehn andere.
CEYLON.
Approbiert für die Buddhisten von Ceylon, heute am 25. Februar 1891 (2434 n. B.):
Mahanuwara upawsatha puspârâma vihârâdhipati HIPPOLA DHAMMA RAKKHITA SOBHITÂBHIDHÂNA
Mahâ Nâyaka Sthavirayanwahanse wamha. (Hippola Dhamma Rakkhita Sobhitâbhidhana,
Hoherpriester des Malwatta Vihâra zu Kandy.)
(gez.) Hippola.
Mahanuwara Asgiri vihârâdhipati YATAWATTÊ CHANDAJOTTYÂBHIDHÂNA Mahâ Nâyaka
Sthavirayan wahanse wamha. (Yatawattê Chandajottyâbhidhâna, Hoherpriester des Asgiri Vihâra zu
Kandy.)
(gez.) Yatawattê.
55
HIKKADUWE SRÎ SUMANGALA Sripâdasthâne saha Kolamba palate pradhâna Nâyaka Sthavirayo.
(Hikkaduwe Srî Sumangala, Hoherpriester von Adams Peak und dem Distrikt von Colombo.)
(gez.) H. Sumangala.
Maligâwe Prâchina Pustakâlâyâdhyakshaka SÛRIYAGODA SONUTTARA Sthavirayo. (Sûriyagoda
Sonuttara, Bibliothekar der Orientalischen Bibliothek im Tempel der Zahn-Reliquie zu Kandy.)
(gez.) S. Sonuttara.
Sugata Sâsanadhaja Vinayâ chariya Dhammalankârâbhidhâna Nâyaka Sthavira.
(gez.) Dhammalankâra.
Pawara neruttika chariya Maha Vibhavi Subhuti of Waskaduwa.
(gez.) W. Subhuti.
JAPAN.
Angenommen als enthalten im Lehrbegriff des nördlichen Buddhismus:
Shaku Genyu (Shin-Gon-Su-Sekte).
Fukuda Nichiyo (Nichiren-Sekte).
Sanada Seyko (Zen-Shu-Sekte).
Ito Quan Shyu (Zen-Shu-Sekte).
Takehana Hakuyo (Jodo-Sekte).
Kono Rioshin (Ji-Shu-Sekte).
Kira Ki-ko (Jodo-Seizan-Sekte).
Harutani Shinsho (Tendai-Sekte).
Manabe Shun-myo (Shingon-Shu-Sekte).
CHITTAGONG.
Angenommen für die Buddhisten von Chittagong:
Nagawa Parvata Vihâradhipati. Guna Megu Wini-Lankara.
Harbang, Chittagong (Bengalen).
LITTERATUR.
Der „Buddhistische Katechismus“ ist verfasst auf Grund persönlicher Studien in Ceylon und
teilweise unter Benutzung folgender Werke:
1. Vinaya Texts
2. Buddhist Literature in China
3. Catena of Buddhist Scriptures
4. Buddhaghosa’s Parables
5. Buddhist Birth Stories
Davids und Oldenberg.31
Beal.32
Beal.33
Rogers.34
Fausböll und Davids.35
31
Vinaya Texts. Translated by T. W. RHYS-DAVIDS and H. OLDENBERG. Oxford 1881ff.
Vgl. Trübner's American and Oriental literary record. London 1874, p. 12ff., ferner: The Buddhist
Tripitaka as it known in China and Japan. By SAMUEL BEAL. Devonport 1876.
33
A Catena etc. By SAMUEL BEAL. London 1871
34
Buddhaghosa's Parables, translated from Burmese. By Captain T. ROGERS. London 1870.
35
Buddhist Birth Stories or Jâtaka Tales, ed. by V. FAUSBÖLL, translated by T. W. RHYS-DAVIDS. London
1880f.
32
56
6. Legend of Gaudama
7. Chinese Buddhism
8. Kalpa Sutra and Nava Patva
9. Buddha and Early Buddhism
10. Sutta Nipâta
11. Nagananda
12. Kusa Jataka
13. Buddhism
14. Dhammapada
15. Romantic History of Buddha.
16. Udânavarga
17. Twelve Japanese Buddhist Sects
18. The Gospel of Buddha
19. The Dharma
20. Ancient India
21. The „Sacred Books of the East“
22. Encyclopaedia Britannica.
Bigandet.36
Edkins.
Stevenson.
Lillie.
Sir Coomara Swamy37
Boyd.38
Steele.39
Rhys-Davids.40
Fausböll u. Max Müller.41
Beal.42
Rockhill..
B. Nanjio.
Paul Carus.
Paul Carus.
R. C. Dutt.
Max Müller.43
Anmerkungen des Übersetzers.
Titel. ,NAMÔ TASSA’ etc. (Vgl. das Glossar!) Diese Devotionsformel findet sich z. B. auch am
Eingange des berühmten buddhistischen Moral-Lehrgedichts „Dhammapadam“.
Vorrede. ,IN 5 GRUPPEN.’ Die 3 ersten von diesen enthalten die 3 Hauptbestandteile (das
,Dreikleinod’ - Triratnam) des Buddhismus: Buddha, Dharma, Sangha.
2. ,DER BUDDHA.’ Da ,Buddha’ die Bedeutung ,Erleuchteter, Erweckter’ (13) hat und es nach der
buddhistischen Lehre bereits vor dem Gautama B. schon unzählige andere Buddha’s gegeben hat
(11, 107, 174), ist das Wort B. korrekterweise als Appellativum anzuwenden und daher auch in
Beziehung auf Gautama stets zu sagen ,der Buddha’. (Vgl. 38.)
8. ,2478 ´ = 623 v. Chr. (vgl. 19). Dies ist aber wahrscheinlich zu hoch gegriffen; heute nimmt man
557 v. Chr. als Geburtsjahr an (s. u. zu 98).
17. ,KAPILAVASTU.’ Ungefähr 27,50º nördlicher Breite und 83,10° östlicher Länge (von Greenwich).
20. ,VOR KURZEM.’ Vgl. den Bericht im Journal of the Royal Asiatic Society 1897. - Der
Gedenkstein wurde von Asoka 250 v. Chr. errichtet. (Über ASOKA s. u. zu 289ff.)
32. ,DIPANKARA B.’ Einer der früheren Buddha’s, nach gewöhnlicher Ansicht der
vierundzwanzigste Vorgänger des Gautama B.
45. ,RAJAGRIHA.’ Heute Rajgir im östlichen Ganges-Tale.
36
The life or legend of Gaudama, the Budha of the Burmese, with annotations. By the Revd. P. BIGANDET.
Rangoon 1866.
37
Sutta Nipâta, or Dialogues and Discourses of Gotama Buddha. Translated from the Pali .... by Sir
COOMÂRA SWÂMY. London 1874.
38
Nâgânanda or the joy of the snake world; a Buddhist Drama in five acts. Translated into english Prose ...
by PALMER BOYD. London 1872.
39
An eastern love story. Kusa Jâtakaya, a Buddhist legend.. Rendered .... by THOMAS STEELE. London 1871.
40
1. Aufl. London 1877; jetzt 17. Aufl.
41
Dhammapadam. Ex tribus codicibus Havniensibus Palice edidit, latine vertit ... V. FAUSBÖLL.
Kopenhagen 1855. - MAX MÜLLER'S engl. Übers. zuerst als Einl. zu Rogers (s. o.) Lond. 1870, dann Oxford
1881 (in „Sacred Books of the East" Xl). - Deutsche Übersetzung v. ALBR. WEBER, Ind. Streifen, Berlin
1868, S. 118ff.
42
The romantic legend of Sâkya Buddha; from the Chinese-Sanskrit. By SAMUEL BEAL. London 1875.
43
Oxford 1881 ff
57
48. ,HINDU-RELIGION’ der heutigen Bekenner des Brahmanismus. Letzterer Ausdruck ist vermieden,
da der Buddhismus den Ausdruck ,Brahmane’ für einen vollendeten Weisen verwandte (z. B. im
,Dhammapadam’ 383 ff.; Weber, Indische Streifen I, 178ff.).
59. ,NYAGRODHA’ (Ficus religiosa). Gewöhnlich Bô-Baum oder Bôdhi-Baum genannt. Ein
angeblicher Sprössling von ihm wächst noch heute an der Stelle. Über den berühmten
ceylonesischen Schössling des ursprünglichen Bôdhi-Baumes vgl. 298 f. (Almosennapf vgl. 267.)
64. ,DER WIEDERGEBURTEN.’ Des wiederholten Geborenwerdens. ,Geburt’ wird im Sinne von
Lebenszeit, Daseinsperiode gebraucht, deren ungemein viele zu durchlaufen sind, bis endlich die
völlige Erleuchtung und damit der endgiltige Übertritt in’s ,Nirvâna’ (,Auslöschung,’ s. u. 130)
erfolgt, worauf kein neues Körperleben mehr eintritt. (Vgl. vorn 106-255.) - ,VIER WAHRHEITEN’: s.
u. 120f. - Sachlich vgl. noch 175f.
66. ,KÄMPFE.’ Diese werden öfters allegorisch als Versuchungen durch einen sichtbaren Satan (den
Todesgott Mâra, vgl. den thalmudischen Sammaêl) dargestellt. (Vgl. vorn 69*.)
69. ,KARMA.’ Vgl. 137, 172.
70f. ,ISIPATANA.’ Heute Dhamek, wo noch Reste der von Asoka erbauten Stûpa vorhanden sind.
(Vgl. 293.)
79. ,DER . . . ACHTFACHE PFAD.’ Vgl. 126.
81. ,FEUERANBETER.’ Verehrer des Agni, des Gottes des heiligen Feuers.
82. Vgl. 45. Bimbisâra wies ihm den Bambushain (Veluvana) bei Râjagriha als Wohnort an.
83. ,MOGALLÂNA.’ Vgl. 375.
85. Vgl. 352-383.
95. ,WAS.’ Die Regenzeit dauerte vom Vollmond des Juli bis zu dem des November; während
dieser Zeit pflegen die indischen Landleute sich gesellig zu vereinen.
96. Das Vihâra im Jetavana-Haine bei Srâvasti in Nepal an der Grenze von Britisch-Indien, die
übrigen bei Râjagriha (s. o. 70f. und das Glossar!).
98. Der Tod des Buddha fällt nach Max Müller’s überzeugenden Ausführungen (Vorles. 154ff.) in
das Jahr 477 v. Chr.
103, 6. ,AJÂTASATRU,’ der erst den Devadatta begünstigt hatte (93), wurde nach dessen Tode ein
Anhänger des Buddha.
103, 6. ,PATNA.’ Die Residenz Asoka’s II. am Ganges.
103, 7*. Das ,erste Konzil’ wurde unter Ajâtasatru in der Sattapanni-Höhle bei Râjagriha (s. u. 192)
in der ersten Regenzeit nach Buddha’s Tode abgehalten (also 477). Das ,zweite Konzil’ fand zu
Vesâli (Vaisâli) etwa 377 statt. - Olcott’s Berechnungen stimmen gut zu der oben (98) angegebenen
Datierung der Lebenszeit des Buddha, nicht aber zu der von ihm (19) angeführten. Ananda war des
B. Lieblingsjünger (vgl. 343).
105. ,MAHÂ KÂSHYAPA.’ Der grosse K., vgl. 81.
Dharma. ,(Heilige) Lehre’ ist der adäquate Ausdruck für dieses Wort; ,Gesetz’ ist für diesen
Inbegriff moralisch-philosophischer Lehren noch minder passend, als für das hebr. ,Thorah’, und
nur etwa in dem Sinne zulässig, wie das Evangelium als ,neues Gesetz’ bezeichnet wird.
110. ,BÔDHI-BAUM.’ Vgl. 95.
115. Die gegebenen Übersetzungen beziehen sich jedesmal auf den zweiten der Doppel-Termini;
betr. der ersten vgl. das Lexikon.
121,4. ,DIE MITTEL,’ d. i. der „achtfache Pfad“ (126). Dieser und die „vier Wahrheiten“ bilden den
GRUNDSTOCK der buddhistischen Lehre.
130f. ,NIRVÂNA,’ d. i. ,Auslöschung’ (nämlich alles selbstischen, sinnlichen Begehrens, als der
Quelle des Elends) ist demnach ein schon auf Erden erreichbarer Zustand, ähnlich dem
,Vergottetsein’ der Mystiker (vgl. vorn 244). Dieser Zustand steigert sich zum ,PARINIRVÂNA,’ d. i.
der „völligen Auslöschung“ der physischen Existenz, zur endgiltigen Befreiung vom
Wiedergeborenwerden. Ob dies ein völliges Aufgehen im absoluten Nichts oder ein positiver
Zustand nicht zu schildernder übersinnlicher Seligkeit sei, diese Frage hat der ursprüngliche
58
Buddhismus, der metaphysische Spekulationen (185, 335) prinzipiell abwies, soweit sie nicht
direkten Bezug auf die praktische Ethik hatten, nicht ausdrücklich entschieden, scheint jedoch (vgl.
Weber, Ind. Str. I, 122) ebenso wie zumeist noch heute (vgl. 220) völlig nihilistische Vorstellungen
schon im ethischen Interesse verworfen zu haben.
132. ,ÜBERALL DORT.’ Vgl. die ähnliche Anschauung über das ,ewige Leben’ der Gläubigen schon
auf Erden Ev. Joh. 3,36. 5,24. 17,3.
137. ,KARMA.’ Der Buddhismus lehrt eine absolute Kausalität auf dem Gebiete des Sinnlichen in
jeder Beziehung; der intelligible Wille, der auf die höchste Sittlichkeit sich richtet (vgl. 108f.), ist
dagegen insofern frei, als er seine Kausalität in sich selbst trägt - ähnlich wie dies 2300 Jahre später
KANT sagt.
138. ,DHAMMAPADA(M).’ Vgl. Weber, Ind. Streifen I, 138f.:
127. Nicht in der Luft, nicht in des Meeres Mitte,
Nicht in der Berge Höhlen tief verborgen,
Nicht irgendwo giebt’s einen Fleck des Weltraums,
Woselbst man frei könnt’ werden seiner Böstat.
141. ,DIES.’ Dass nämlich sittliches Streben von der Kausalität des Naturmechanismus frei machen
kann.
147. Vgl. 161ff.
148. ,TISARANA’ - ,Drei Führer’. (Richtig verstanden, wäre sprachlich die Übersetzung ,Zuflucht’
durchaus zulässig. Am besten wäre vielleicht: ,Leitstern’; denn auch in ,Führer’ kommt die freie
Aktivität des sittlichen Wandels noch nicht ganz rein zum Ausdruck.)
151. ,GELBER KLEIDER.’ Dies ist die Tracht der buddhistischen Bhikshu’s oder Bettelmönche
(Mendikanten). - ,ORDINATION’ vgl. 264ff. (Vgl. ,Dhammapadam’ 256ff., Weber a.a. O. 159ff.)
157. ,ZU UNGEHÖRIGER ZEIT.’ Der buddhistische Mendikant soll nur einmal am Tage zu bestimmter
Zeit (vgl. 269) essen.
159. ,RUPIEN.’ Eine Goldrupie = 29,83 M., eine Silberrupie = 1,93 M. (Sachlich vgl. Matth. 6:1ff.;
1.Kor. 13:3.)
160. DHAMMAPADAM 354 (Weber a. a. O. 174).
161. Über die DREI PITAKA’S s. die Übersicht am Schlusse dieser Anmerkungen.
165. In seinem ,Buddhism’ Kap. I Ende. (In der deutschen Übersetzung von Dr. Arthur Pfungst S.
28, Anm.)
166. Da nach 19 der Buddha 623 geboren sein soll, hiernach aber etwa 418 v. Chr. gestorben wäre,
müsste er statt 80 Jahre (vgl. 8) deren 205 Jahre alt geworden sein. - Die Angabe, dass die drei
Pitaka’s 330 Jahre nach des Buddha Tode zuerst in Ceylon niedergeschrieben seien, stammt aus
alter Quelle (Dîpavansa XX, 19f.); Watta Gâmini besiegte angeblich um 88 v. Chr. die Dravida’s.
Demnach würde des Buddha Tod allerdings auf ca. 418 v. Chr. fallen. - Wer die Unzuverlässigkeit
orientalischer Chronologieen kennt, wird sich über diese Verschiedenheiten nicht wundern. Am
zuverlässigsten, weil inschriftlich bezeugt, ist 477 als Todesdatum des Buddha.
186*. Vgl. unten 368ff.
187. ,EINE HÖCHSTE GOTTHEIT.’ Als solche kann man im Buddhismus doch wohl höchstens (vgl.
256!) die Idee der sittlichen Weltordnung (vgl. 239) ansehen, die zu dem üblichen Begriffe der
Gottheit sich ungefähr ebenso verhält wie Spinoza’s „Deus sive natura (naturans).“
192. ,DAS ERSTE.’ Vgl. oben zu 103, 7. Das ZWEITE ,grosse’, welches hier erwähnt wird, ist nicht
das dort angeführte zu Vesâli, sondern das unter Asoka II. zu PATNA (s. o. 103, 6) abgehaltene
Konzil (um 250 v.Chr.); das DRITTE zu PATALIPUTRA würde nach Olcott (der es 218 Jahre nach dem
von ihm oben - Nr.166 - auf 418 angesetzten Tode des Buddha stattfinden lässt) auf 200 v. Chr.
fallen. Andere identifizieren dieses Konzil mit dem zu Patna und setzen es um 242 v. Chr. an,
indem sie als zweites ,ökumenisches’ Konzil das zu Vesâli von 377 v. Chr. rechnen (s. o. zu 103,
7).
198. DHAMMAPADAM 275f. (Weber a. a. O. 161f.):
59
Angesagt hab’ ich euch den Weg . . . .
An euch nun liegt’s, eifrig zu sein. Die Tathagata künden nur!
199. DHAMMAPADAM 51 (Weber 127):
Gleichwie ,ne strahlendschöne Blum’ , farbenreiche, doch duftlose,
So sind die schönen fruchtlosen Worte des, der danach nicht tut.
200. Dhammapadam 223, auch 406.
201. ,Fünf Geboten.’ Vgl. vorn 153.
213. DHAMMAPADAM 75. (,Strasse.’ Wörtlich: „Ein anderes ist das Niedersitzen [vor dem Lehrer =
die Lehre], das zum Gewinne, ein anderes, das zum Nibbana [= Nirvâna] führt.“) Vgl. auch Matth.
7:13.
214. Rigoroser klingt Matth. 19:23f.; 1. Tim. 6: 9f.
216. DHAMMAPADAM 243 (Weber a. a. O. 156):
Noch grössern Schmutz als diesen [schlechte Sitten] giebt’s:
Unwissenheit ist der grösste Schmutz.
217. DHAMMAPADAM 217 (Weber a. a. O. 158):
Leichtsichtbar andrer Mängel sind, doch schwersichtbar die eigenen;
Denn andrer Mängel pflegt wie Spreu zu worfeln man, so sehr man kann,
Verhüllt die eignen, wie der Schelm den ,Kali’ [schlechten Würfel] vor dem Spielgegner.
223. Vgl. 133, 232, 238.
226. ,KASTENWESEN.’ Bei den Indern bestanden bekanntlich 4 (5) Kasten: 1. Brahmanen, 2. Krieger
(s. o. 16), 3. Vaisja (Gewerbetreibende), 4. Sûdra (niedere Handwerker etc.), 5. die Kastenlosen,
Ausgestossenen (Pariah).
227. Vgl. die Erzählung von Jesus und der Samariterin, Joh. 4.
229. Diese buddhistische Polemik gegen die Substantialität der ,Seele’ ähnelt vielfach den
modernen Kritikern des Seelenbegriffs durch HUME, sowie durch WUNDT, und berührt sich auch mit
den Ansichten SPINOZA` s über die Modus-Qualität und das Zusammengesetztsein der Seele.
233*. Das schwierige Problem, mit dem sich der Verfasser hier beschäftigt, ist folgendes: a) Der
Buddhismus leugnet, dass es eine Seelensubstanz gebe, die den körperlichen Tod überdaure. Statt
der ,Seele’ nimmt er vielmehr nur ein Beieinander (Aggregat) psychischer Qualitäten
(Eigenschaften, Skandha’s) an, die beständigem Wechsel und mit dem Körper zugleich dem Tode
unterworfen sind. - b) Gleichwohl soll die Kausalität des ,Karma’ bewirken, dass der noch nicht
zum Buddha gewordene Mensch in einem folgenden Erdendasein einen neuen Leib und neue
Qualitäten (Skandha’s) erhält, die gemäss seinem Verhalten in der vorangegangenen Daseinsperiode
gestaltet sind. c) Nun fragt es sich : Wie lässt sich beweisen, dass dieses neue Wesen mit dem
abgestorbenen, dessen Erzeugnis oder Resultat es doch sein soll, irgendwie identisch ist, obwohl es
neuen Leib und neue Skandha’s besitzt? - Olcott löst dieses Problem durch die Unterscheidung von
,Individualität’ und ,Persönlichkeit’. Die ,Individualität’, d. h. die objektive Grundtendenz des
Wesens, bleibt und geht weiter, die ,Persönlichkeit’, d. h. die subjektive materielle Erscheinung
dieser Individualität auf Erden, wechselt, vergeht und gestaltet sich in jeder folgenden
Daseinsperiode auf Grund der früheren Taten des Betreffenden immer wieder neu, bis endlich sein
tanhâ oder Wille zum Leben und die Anhänglichkeit an’s Materielle soweit überwunden, seine
Erleuchtung derart vollkommen geworden ist, dass kein Grund zu nochmaliger materieller Existenz
mehr übrig bleibt. - Das angezogene physikalische Beispiel findet folgende Anwendung : Die von
dem Kraftcentrum aus sich nach allen Seiten durch den Raum (akâsa) hin verbreitenden
Ätherschwingungen (Strahlen) werden mit den ,INDIVIDUALITÄTEN’ verglichen. In jedem dieser
Strahlen ist eine Anzahl qualitativer Wirkungen der Möglichkeit nach vorhanden; diese treten bei
gegebener Gelegenheit als ein Aggregat von Qualitäten (z. B. Licht, Wärme, Elektrizität) in die
Erscheinung [dies entspricht der ,PERSÖNLICHKEIT’] und werden hierdurch mehr oder minder
neutralisiert, wodurch diese Erscheinung zu Ende ist. Die noch nicht verbrauchte Kraft des Strahls
geht weiter, um sich auf’s neue, ihrem jetzigen noch vorhandenen Vermögen entsprechend, zu
60
manifestieren [die ,Individualität’ entwickelt neue ,Persönlichkeiten’]], bis die in der noch nicht
verbrauchten Energie wirkende Kraft [das ,Karma’] infolge des fortschreitenden Energieverbrauchs
in den folgenden vielen Manifestationen immer schwächer wird, endlich die Ätherschwingung
völlig aufhört und damit die Möglichkeit zur Manifestation zu Ende ist; ohne Bild: bis die
,Individualität’, ohne neue ,Persönlichkeiten’ aus sich heraus zu bilden, in’s Nirvâna eingeht. - Die
Schwierigkeit für unser Vorstellungsvermögen liegt hier darin, dass für uns die Energie etwas
Positives, die Ruhe etwas Negatives, eine Hemmung bedeutet und der Zweck der Energie in ihren
Produkten liegt, während UMGEKEHRT in der buddhistischen Anschauung das Positive die Ruhe ist,
welche durch die Energie gestört wird, deren Produkte nur den Zweck haben, sie immer mehr zu
neutralisieren. Der Sinn der Energie ist hier nicht Daseinsentwickelung, sondern
Daseinsvernichtung!
238. Vgl. SCHOPENHAUER’s Hauptwerk: Die Welt als Wille und Vorstellung. 2 Bde. 1844.
239. ,AUF DEN GEDANKEN.’ Also ÄHNLICH wie bei KANT die Idee der Unsterblichkeit ein ,Postulat
der praktischen Vernunft’ ist. In der sinnlichen Welt, argumentiert Kant, entsprechen sich allerdings
Tugend und Glückseligkeit nicht, wohl aber in der übersinnlichen, wo beide in ihrer Vollendung
zusammenfallen. Dem Ideale vollendeter Tugend kann sich aber der Mensch nur in unendlichem
Progress nähern. Ein solcher ist aber nur in einer unendlichen Fortdauer der persönlichen Existenz
möglich. Zur Erreichung des höchsten Gutes muss also Unsterblichkeit vorausgesetzt werden.
241. ,DAS GEDÄCHTNIS.’ Dieses gehört zur 5. Gruppe (vgl. 236) der Skandha’s oder
Qualitätengruppen, zum Viññâna.
,DHYANA’ (Pâli: Jhâna). Mystische innere Entwickelung durch intensives Insichselbstversenken,
wodurch übersinnliche Kräfte (Iddhi’ s. 368ff.) erreicht werden können; in vier (doch vgl. 378!)
Stufen vor sich gehend : (1.) Reflexion und forschendes Sinnen über einen religiösen Gegenstand,
übergehend in (2.) übersinnliche Erkenntnis, die (3.) zur seligen Entzückung wird, welche (4.) in
andauernden religiösen Frieden voll Gleichmut und Erinnerung ohne Freude und Schmerz mündet. Dieser Zustand ist dem mit ,Samâdhi’ (Sammlung) bezeichneten ziemlich identisch (vgl. 100).
252. ,SEHR SCHWER.’ Die Schwierigkeit liegt vor allem darin, zu begreifen, dass der Mensch als
Sinnenwesen unter der absoluten Herrschaft der Kausalität steht, die seine sämtlichen
Entwickelungsstadien beherrscht und in ihrer Beschaffenheit bestimmt, dass er aber trotzdem als
übersinnliches Wesen aus eigener Kraft seine innere Entwickelung so beeinflussen könne, dass jene
Naturkausalität neutralisiert wird, kurz : in dem scheinbar widerspruchsvollen Begriffe der
„KAUSALITÄT ALS FREIHEIT“, den auch KANT nur insofern verdeutlichen kann, als er ihn als
theoretisch unbeweisbares, praktisch aber notwendiges ,Postulat der reinen Vernunft’ behandelt. Für den Buddhismus wird die Schwierigkeit um so grösser, als er keine Seelensubstanz, kein
beharrendes „Ich“ annimmt, sondern nur ein wechselvolles Aggregat von Eigenschaften, die
sinnlicher oder wenigstens nicht übersinnlicher Art sind und daher dem Kausalgesetze unterliegen! OLCOTT sucht (235, Anm.) dieser Schwierigkeit dadurch zu begegnen, dass er als SUBSTRAT
(Träger) jener wechselvollen Qualitätsmischungen oder der sich wandelnden ,Persönlichkeit’ eine
metaphysische sich gleich bleibende Grundtendenz, den Willen zum Nirvâna annimmt, wofür er die
Bezeichnung ,Individualität’ wählt. Diese übersinnliche, vom Willen zur höchsten Vollkommenheit
des Nirvâna durchdrungene ,Individualität’ ist (ebenso wie bei Kant der ,intelligible Wille’) frei von
der Naturkausalität, die vom ,Willen zum Leben’ durchdrungene ,Persönlichkeit’ ist ihr dagegen
unterworfen (gleich dem der Sinnenwelt angehörigen Willen bei Kant). Also Individualität = homo
Noûmenon, Persönlichkeit = homo Phaenomenon bei Kant. - Es ist interessant, dass Olcott, der
Kant schwerlich intimer kennen dürfte, zu einem ganz ähnlichen Lösungsversuche des schweren
Problems gelangt ist, wie jener.
253. ,BUDDHAGHÔSA.’ Der berühmte Kommentator der Lehren des Buddha. Zu Buddha Gâyâ (vgl.
51) geboren, kam er um 430 n. Chr. nach Ceylon, wo er seine grosse buddhistische Encyklopädie
,Visuddhi Magga’ (Pfad der Heiligkeit) schrieb und mit der Redaktion der bisher singhalesisch
abgefassten Kommentare beauftragt wurde (vgl. Rhys-Davids im ,Annual Report of the Philological
Society’ 1875).
61
267. ,ACHT DINGE.’ Die KLEIDER bestehen aus 2 Untergewändern und einem Oberkleide (Mantel),
das nur den rechten Arm freilässt; sie sind ans Baumwollenzeug von schmutzig-rotgelber Farbe
gefertigt. - Der WASSERSEIHER, mit dem der buddhistische Mönch alles, was er trinkt,
durchzuseihen hat, soll verhindern, dass er mit dem Getränk ein lebendes Wesen verschluckte und
so vernichte. - Das SCHEERMESSER dient zum vorgeschriebenen Abscheeren des Haupthaars. - Die
,GEWISSEN DINGE’, die er als Eigentum besitzen darf, sind z. B. religiöse Bücher. (Andere zählen. 13. Kleider; 4. Gürtel; 5. Schale; 6. Scheermesser; 7. Nadel; 8. Seiher.)
273. Genauer: 1. Schlechtes im Entstehen verhindern; 2. entstandenes Schlechtes beseitigen; 3.
Gutes hervorbringen; 4. vorhandenes Gutes vermehren.
286. Wohl richtiger: 5 Jahrhunderte (s. o. zu 98).
289. ,ASOKA’ (II.) 263-226 Zu seiner Würdigung dienen Rhys Davids’ schöne Worte (Buddhism,
Kap. IX): ,Sein Name wird überall hochgehalten, wohin des Buddha Lehren gedrungen sind, und er
wird von der Wolga bis Japan, von Ceylon und Siam bis an die Grenzen der Mongolei und Sibiriens
verehrt. Köppen sagt, wenn der Ruhm eines Menschen nach der Zahl der Herzen gemessen werden
könne, die sich in Verehrung seiner erinnern, und nach der Zahl der Lippen, die seinen Namen voll
Ehrerbietung ausgesprochen haben und noch aussprechen, so sei Asoka berühmter als Karl der
Grosse und Caesar.’ - CHANDRAGUPTA (,Der vom Monde Beschützte’), Asoka’s Grossvater, aus
niederer Klasse, kam 325 v. Chr. als vom Könige v. Magadha besiegter Rebell zu Alexander dem
Grossen an den Hyphasis; nach Alexanders Abzuge besiegte er, der sich unterdes zum Könige v.
Magadha gemacht hatte, um 310 v. Chr. den griechischen Regenten des Induslandes, Seleukos (von
dem er eine Tochter zur Frau hatte), und vertrieb sodann die Griechen aus Indien. Ihm folgte sein
Sohn BINDUSÂRA, der Amitrochates (Amitraghâta = Feindvernichter) der Griechen, diesem sein
Sohn ASOKA (II.) mit dem Beinamen Piadâsi (,der Wohlwollende’), der (s. vorn 292) zum
Buddhismus übertrat und wegen seiner Verdienste um diesen ,Dharmâsoka’ (,Asoka des Gesetzes’)
genannt wurde.
293. ,HAUPT-PILGERSTÄTTEN.’ Nach dem Grade ihres Ansehens: Buddha Ghaya (s. 51), Isipatana (s.
70), Kapilavastu (s. 17), Kusinârâ. - Über das Konzil zu Patna s. o. zu 192.
296. ,SANDTE SIE.’ Dies geschah gleich nach dem Konzil zu Patna. Mahinda war schon 12 Jahre
vorher in den Mönchsorden (Sangha) eingetreten. Seine Schwester SANGHAMITTA, die gleichzeitig
mit ihm sich dem Orden geweiht hatte, liess M. erst nachkommen, damit sie mit einer Anzahl von
Mit-Nonnen (s. v. 301) den von vielen Ceylonesinnen ersehnten (s. v. 300) Nonnenorden daselbst
einrichte.
300. ,DÊVÂNAMPIYATISSA.’ (Devânam Piya Tissa = Tissa, die Wonne der Götter), König von
Ceylon 250 - 230 v.Chr. Hieraus ergiebt sich die Richtigkeit des von Rhys Davids bestimmten
Datums (s. 299) für die Pflanzung des Bôdhi-Baum-Zweiges.
303.305. Es wäre interessant, diesen frühen buddhistischen Spuren im Abendlande genauer
nachzugehen und so Asoka’s Angaben wie die in 350 geäusserten Vermutungen zu bestätigen;
vielleicht fiele dabei auf die zweifelhafte Existenz der Therapeuten ein neues Licht. Über den
Einfluss indischer (allerdings mehr brahmanischer) Lehren von der Präexistenz und
Seelenwanderung auf griechische Philosophen hat FELIX LAUDOWICZ in seinem interessanten
Buche: ,Wesen und Ursprung der Lehre von der Präexistenz der Seele und von der
Seelenwanderung in der griechischen Philosophie’ (Leipzig, G. Fock’ 1898) viel Zutreffendes
gesagt.
314. Im 9. und 10. Jahrhundert n.Chr. fanden grausame Verfolgungen nach Art der (315)
geschilderten durch die HINDU’S statt; die Invasion der MOSLEMIN (Muhammedaner) geschah erst
im 12. Jahrhundert, wo der Buddhismus in Indien selbst schon fast erloschen war.
322. Vgl. z. B. die Literaturübersicht oben S. 56f.
323.324. Das ,vernunftgemässe’ Karma als Kausalitätsgesetz; über die Aufnahme der den
,natürlichen Gerechtigkeitssinn’ befriedigenden (s. vorn 239) Metempsychosen-Lehre vgl. das zu
62
303 genannte sowie das 1899 erschienene Buch von LAUDOWICZ: ,De animarum praeexistentia et
metempsychosi im Judaeorum et Christianorum theologia’. (Leipzig, Fock.)
325. ,SEINE VORGÄNGER.’ Rhys Davids (Buddhism, Kap. II; dtsch. Übers. S. 41) sagt treffend: ,Das
aber steht fest, dass die Brahmanen lange vor Gautama’s Zeit den tiefsten Fragen der Metaphysik
und Ethik grosse Aufmerksamkeit gewidmet hatten, und dass sie in verschiedene Schulen geteilt
waren, worunter sich auch solche befanden, in denen die meisten metaphysischen Lehren
Gautama’s schon gelehrt worden waren. DIE URSPRÜNGLICHKEIT, die für ihn in Anspruch
genommen werden kann, entspringt mehr aus der Bedeutung, welche er der MORALISCHEN
ERZIEHUNG (gegenüber den Ritualien, der Metaphysik oder auch der Selbstpeinigung) einräumte,
sowie aus der SYSTEMATISCHEN FORM, in der er Ideen darstellte, die aus solchen verschiedener
Vorläufer abgeleitet waren.’
326. Vgl. vorn 194-198.
327. Vgl. oben zu 233; vgl. auch 187 Text.
330. Ähnlich sind bei Spinoza die Körper nur Modifikationen der ,Ausdehnung’, die wieder ein
,Attribut’ der allumfassenden ,Substanz’ ist.
333. ,ERHALTUNG DER KRAFT.’ Diese moderne Lehre (dass die Energie nur scheinbar verschwinde
und sich vielmehr nur in eine andere Art von Energie verwandle) ist nur scheinbar ganz identisch
mit der Karma-Lehre, da ja nach dieser endlich die Energie ganz „verweht, auslöscht“ (Nirvâna).
334. ,TRANSCENDENTAL.’ So ist auch die moderne wissenschaftliche ,Metaphysik’ seit Kant
transcendental, d.h. (nach Vaihinger’s bekanntem grossen Kommentar zur Kritik der reinen
Vernunft) wesentlich erkenntnistheoretischer Natur. Übrigens enthält der Buddhismus gerade in
seinen Hauptlehren vom Karma und von der ,Wiedereinkörperung’ (Metempsychose) sowie auch
sonst noch ziemlich viel transcendente (d.h. in Kant’s Sinne: über jede mögliche sichere Erkenntnis
hinausgehende) Metaphysik.
347f. Der Verfasser spielt hier auf die bekannte Lehre vom ,Od’ an, die der Baron v. Reichenbach in
den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts in einer Reihe von Schriften verfocht.
349. ,Unsichtbare’ Strahlen, die von den verschiedenartigsten Körpern ausgehen, werden allerdings
in unseren Tagen in immer weiterem Umfange entdeckt.
351. Vgl. das Glänzen des Angesichts Mosis (2. Mose 34:29ff.), das Leuchten des Angesichts und
der Kleider Christi bei der ,Verklärung’ (Matth. 17:2, Marc. 9:3, Luc. 9:29), der Engelsgestalt am
Auferstehungsmorgen (Matth. 28:3).
359. ,IN SEINEM EIGENEN GEISTE.’ Das Zustandekommen hypnotischer Suggestion hängt tatsächlich
von der Geistes- und Willenskonzentration des Suggerierenden und der Schärfe und Energie seiner
Vorstellungen ab.
364. Die moderne Vererbungstheorie hat ähnlich wie die Lehre von der Erhaltung der Energie (333)
nur eine bedingte Ähnlichkeit mit der Karma-Lehre. Bei letzterer handelt es sich doch immer um
dieselbe ,Individualität’‘ (233), die sozusagen ihr eigener Erbe ist, bei der Vererbungstheorie aber
um verschiedene Individuen, Erzeuger und Erzeugte. - Die Ähnlichkeit besteht darin, dass beidemal
gewisse Qualitätengruppen sich fortpflanzen.
371. Vgl. oben zu 241.
377. ,KISÂGOTAMI UND DIE SENFKÖRNER.’ Es ist dies die zehnte von Buddaghôsa’s (s. o. 253)
Parabeln (übers. v. Rogers), folgenden Inhalts: Die junge Frau Kisâgôtami, der ihr Söhnlein
gestorben ist, bittet den Buddha um ein Mittel, den kleinen Leichnam wieder zu beleben. Jener
sagte, sie solle ihm zu diesem Zwecke nur einige Senfkörner bringen, die sie sich in einem Hause
geben lassen müsse, in welchem bisher weder Kind, noch Gatte, Vater, Mutter oder Sklave
gestorben sei. So weit sie auch geht, findet sie kein solches Haus. Da beginnt ihr ein Licht
aufzugehen; sie begräbt ihr Kind und kehrt zu Buddha zurück, der ihr die Vergänglichkeit aller
Dinge zu Gemüte führt, und dessen Schülerin sie wird.
382. Vgl. 369. (Die Ausdrücke sind identisch.)
63
384. ,DEVA.’ Vgl. oben 34, sowie 143f. - Das Eingehen auf diese Dämonologie ebenso wie auf die
,Buddha-Strahlen’ (337ff.) und die ,wissenschaftliche Magie’ (369ff.), die nur schwer mit dem
rationalistischen Grundprinzip des Buddhismus vereinbar sind, und auf die wir ohne Schmerz und
ohne Schaden für die Sache verzichten würden, ist ein Beweis dafür, wie treu Olcott die
vorhandenen Anschauungen wiedergiebt, ohne zu retouchieren. - In den XIV ,GlaubensGrundsätzen’ des ANHANGS ist dergleichen mit Recht ausgeschieden.
ÜBERBLICK über den buddhistischen Kanon.
TRIPITAKA,
die ,Drei Körbe’ oder die drei Hauptsammlungen buddhistischer Religionsschriften (in PâliSprache).
I. Vinaya Pitaka.
(Die Ordens - Disziplin.)
1. SUTTA VIBHANGA: Enthält das PÂTIMOKKHA (die Beichtliturgie) nebst Erläuterungen und
Beispielen.
2. KANDHAKA: Enthält zwei Hauptteile: Mahâvagga und Kullavagga. (Geschichte des Buddha und
der zwei ersten Konzilien.)
3. Parivâra-pâtha.
II. Sutta Pitaka.
(Laien-Predigten.)
1. DÎGHA-NIKÂYA. Enthält vierunddreissig grosse Traktate (Suttas, Sutras), deren hauptsächlichster
das Mahâ Parinibbâna-Sutta (,Der grosse Traktat von der völligen Auslöschung’ [des Buddha], oder
,Das grosse Todesevangelium’) ist.
2. MAJJHIMA-NIKÂYA. Eine Sammlung von 152 Traktaten mässigen Umfangs.
3. SANYUTTA-NIKÂYA. Zusammenhängende Traktate.
4. ANGUTTARA-NIKÂYA. Umfangreiche Sammlung vermischter Traktate.
5. KHUDDAKA-NIKÂYA. Sammlung kurzer Abhandlungen. Enthält:
a) KHUDDAKA-PÂTHA. „Kurze Stellen.“
b) DHAMMAPADA „Lehrsprüche.“ Ein moralisches Lehrgedicht. (,Spruchevangelium.’)
c) UDÂNA. „Freudengesänge“ des Buddha. Kurze Dichtungen lyrischen Charakters.
d) ITI-VUTTAKA. „So sprach.“ Hundertzehn Auszüge aus Reden des Buddha.
e) SUTTA-NIPÂTA. Sammlung von 70 Lehrgedichten.
f) VIMÂNA-VATTHU. Über die himmlischen Wohnungen.
g) PETAVATTHU. Über körperlose Geister.
h) THERÂ-GÂTHÂ. Lieder von Mönchen.
i) THERI-GÂTHÂ. Lieder von Nonnen.
k) JÂTAKA. Legenden von den verschiedenen „Geburten“ [Daseinsperioden] des Buddha.
1) NIDDESSA. Kommentar zu e).
m) PATISAMBHIDÂ. Über die übernatürlichen Kräfte der Arahat’s (vgl. Glossar).
n) APADÂNA. Legenden über verschiedene Arahats.
64
o) BUDDHA-VANSA. Geschichte der Buddha’s. Kurze Biographien der 24 Buddha’s vor
Gautâma.
p) CARIYÂ-PITAKA. Kurze poëtische Übertragung einiger Stücke ans den Jâtaka’s über des
Buddha Tugenden in seinen früheren Daseinsperioden.
III. Abhidhamma.
(,Nebengesetz’, Metaphysik.)
1. DHAMMA-SANGANI. Lehre von den sinnlichen Qualitäten. (Vgl. oben 234f.)
2. VIBHANGA. Achtzehn Abhandlungen verschiedenen Inhalts.
3. KATHÂ-VATHU. Über Streitfragen.
4. PUGGALA-PAÑÑATTI. Erläuterungen über allgemeine persönliche Eigenschaften.
5. DHÂTU-KATHÂ. Über elementare Charaktereigenschaften.
6. YAMAKA. „Paare“: Widersprüche und Gegensätze.
7. PATTHÂNA. „Ursprünge.“ (Origines.) Über die Ursachen des Seins usw.
GLOSSAR.44
(c, ch = tsch; j = dsch; sh = sch. - S: Sanskritform; P: Pâliform.)
Abhidharma (S), Abhidhamma (P): Nebengesetz; les lois manifestées, c’est â dire la
metaphysique (B).
advayavadi: Monist.
âgama: das Kommen, der Weg, οδος.
akâsa: der Raum (als Schauplatz materiellen Geschehens).
âmisa pûjâ: äusserliche, sinnliche Verehrung.
anagâmi: der nicht (mehr) Wiederkehrende, der von nochmaligem Erdendasein Befreite.
anga: Glied, Teil, Attribut.
anna: gläubig, der Glaubende.
arahat: Würdiger, Ehrwürdiger, Heiliger.
ariyo atttangiko maggo: der edle achtfache Pfad.
arûparâga: Sehnsucht nach körperloser Fortdauer; Sehnsucht nach dem Leben in einem Himmel.
arûpâvachara: frei von materieller Form.
asankhata: dem Kausalgesetze nicht unterworfen.
ashiti mahâ sâvakas: die achtzig grossen Hörer (Schüler, nämlich des Buddha).
attha ariya puggala: die Edlen (welche eine) der acht (Stufen der Vollendung erreicht haben).
atthanga sîla: das ,Achtgebot’, die acht Gebote.
avadata: weiss.
avidyâ (S), avijja (P): Unwissenheit, Nichterkennen.
Bhagavat: der Gebenedeite (Beiname des Buddha).
bhava: physisches, individuelles Dasein . (,Werden’ O.)
bhikshu (S), bhikku (P): Bettelmönch, Mendikant.
bhikshuni (S), bhikkunî (P): Nonne.
bô: Weisheit, Erkenntnis.
44
Die Erklärungen mancher verschieden deutbarer Worte sind nach Burnouf (B). Lefmann (T.), Oldenberg
(O), Rhys Davids (R) und Weber (W) gegeben.
65
bôdhi: Erleuchtung, Erwachung.
bôdhisattva (S), bhôdisatto. bhôdisat (P): „dessen Wesen (sattva) Erleuchtung (bôdhi) ist“ - einer,
der demnächst ein Buddha (s. d.) wird - Anwärter auf die höchste, vollkommene Erkenntnis oder
Erleuchtung (L).
brâhma raksha: Brahmabeschützter.
Brahmajâha Sutta: ein Traktat, zu der Abteilung ,Digha Nikâya’ gehörig (s. o. S. 64 ,Überblick’ II,
1).
Buddha: der Erleuchtete, Erwachte.
Buddha Dharma: die (heilige) Lehre des Buddha.
Chitta: Geist, Gedanke, Denken.
chittânupassanâ: Meditationen über den Geist.
Dâgoba: (starker, tempelartiger) Reliquienschrein (für eine Reliquie des Buddha).
dasa sîla: Zehngebot, die zehn Gebote.
deva: (ein) Gott, Gottheit.
Dhamma-cakka-ppavattana Sutta: der ,Traktat vom Einherrollenlassen des Königsrades der
Wahrheit’; oder: der Traktat von der Aufrichtung des Gesetzes.
dhammânupassanâ: Meditation über die Lehre.
Dhammapada(m): Lehrsprüche, Gesetzesverse.
Dhammika Sutta: Traktat der Abteilung Sutta Nipata (s. o. S. 64 ,Überblick’ II, 5 e).
dharma: (heilige) Lehre, Gesetz, Wahrheit, Recht.
dharma-râja: König der Wahrheit, der Gerechtigkeit.
Dharmâsoka: Asoka (der Hüter) der (heiligen) Lehre.
dhyâna (S), jhâna (P): andächtige Selbstbeschauung, Andacht, innere Vertiefung, mystisches
Insichselbstversenken.
dômanassa: Verzweiflung.
dukkha: Klage, Leid, Schmerz.
Gâthâ: Lied, Verse, Sangstrophe(n).
gati: Weg, Wandel.
guru: Lehrer.
Iddhi: übersinnliche (aber nicht übernatürliche) Kräfte, transcendentales Vermögen.
iddhi vidha, iddhi vidhañâna: das Vermögen, übersinnliche Erscheinungen hervorzubringen,
Suggestivkraft.
Jarâ: Verfall.
jâtaka: Geburt, Daseinsperiode, Erdenleben.
Jâtakattakathâ: Traktat über die früheren Wiedereinkörperungen, Daseinsperioden des späteren
Buddha Gautâma; s. o. S.64.
Jâtakattavannanâ: (dasselbe).
jâti: Geburt, Geburtsrang, Kaste.
Jetavana: Jetahain, Lustpark des Prinzen Jeta.
jhâna: s. dhyâna.
jnâna: Kenntnis, Erkenntnis, Wissen.
Kala: Zeit.
Kalâma Sutta: Traktat der Sammlung Anguttara Nikâya (s.o. S.64, II, 4).
kalpa: Weltalter, Weltperiode.
66
kama: Gelüst (L), körperliche Leidenschaften, Sinnlichkeit.
kâmavachara: den sinnlichen Leidenschaften unterworfen.
karma (S), kamma (P): Handlung, Aktivität; Werktätigkeitskraft (L); sittlich-kosmisches
Aktivitäts- und Kausalprinzip.
karuna: Mitleid, Erbarmen.
kayânupassanâ: Meditationen über den Körper.
klêsa: Elend (der Leidenschaften), Leiden.
kshattriya (S), khattiya (P): Angehöriger der Kriegerkaste.
Laukika: niedere Magie, Zauberei.
lohita: rot.
lôkôttara: übersinnliche, höhere Magie.
lôka-nâtha: Weltherrscher, Herr der Welt.
Mahâ: gross (Ehrentitel).
mahâbôdhi: die grosse Erleuchtung.
Mahâ Parinibbâna (P), Mahâ Parinirvâna (S): die „grosse völlige Auslöschung“ (des
Erdendaseins), d. h. das definitive Eingehen des Buddha in’s Nirvâna, der Tod des Buddha.
Mahâ-Parinibbâna-Sutta: s. o. S.64, II, I.
Mahâ Vagga: s. o. S.64, I, 2.
Mahâvansa: ,Die grosse Geschichte’, das älteste Buddhistische Geschichtswerk.
Mâitrêya, Mâitri: ,Der Milfühlende’ - ,Der Liebevolle’ (L). (Name des nächsten, künftigen Buddha
nach Gautâma.)
Mâitrêya, Mitta: Mitgefühl, freundliches Wohlwollen.
mala pûjâ: Blumenopfer.
mâna: Stolz, Hochmut.
mangasta: grün.
mârana: Tod, Sterben.
mâtanga: der (abgesondert von der Herde lebende) Elefant [W.]; dann eine Abteilung der PariahKaste.
mela: Kampfspiel.
muni: der Mönch; der Weise (L), der Eremit (B).
munigâthâ: Verse, Strophen des Eremiten. (Nach W. Bezeichnung des Dhammapada s. o. S.64, II,
5b.)
Nâma rûpa: Name und Form.
Namô: Verneigung, Gruss, Verehrung, Reverenz, Devotion.
Namô Tassa Bhagavatô Arahatô Sammâ Sambuddhassa: Verehrung jenem Gebenedeiten,
Ehrwürdigen, völlig Erleuchteten [d.h. dem Buddha]i
nibbâna (P): s. nirvâna.
nidâna: Verkettung (von Ursachen), Kausalnexus des Daseins (L), Kausalitätskette,
Kausalitätsgesetz.
nikâya: Sammlung.
nila: (indigo-)blau.
nirvâna: Auslöschung (der Sinnlichkeit).
niwarâna: Hindernis.
Pandit: Gelehrter, besonders: buddhistischer G
pancha sîla: das ,Fünfgebot’, die fünf Gebote.
pannsala: Hütte, Unterkunft.
67
pariah: die unterste Kaste.
parinibbâna (P), parinirvâna (S): Hingelangen zum Nirvâna, völlige Auslöschung; Aufhören der
individuellen Existenz (W), Hinscheiden, Tod.
paticca samuppâda dhamma: Kausalitätsgesetz.
patigha: Übelwollen, Hass.
pâtimokkha (P), prâtimôksha (S): ,Entlastung’, Beichte; sodann die Beichtliturgie, s.o.S.64 I, 1.
phassa: Berührung.
pita: gelb.
pitaka: Korb; Sammlung.
Piyadâsi: der Wohlwollende. (Beiname Asoka’s II.)
prabhasvara: Gold, golden.
prajnâ: Weisheit, Verstand, Vernunft.
prajnâdhika: weise, vernunftgemäss handelnd.
prajnâ pâramitâ: Weisheit die an’s jenseitige Ufer gelangt ist, vollendete Weisheit;
Wissensvollkommenheit (O).
Pratyêka Buddha: einer der als Eremit (oder als einzelner, nicht im Orden) Erleuchtung erstrebt;
autodidaktischer Buddha (L).
Râja: König, Fürst.
Rohîni: Rotwasser.
rûpa: Form, materielle Bestimmtheit die Summe der 28 körperlichen, materiellen Qualitäten (4
Elemente, 5 Sinnesorgane, 5 diesen entsprechende Qualitäten der Materie, die 2 Geschlechter usw.);
rûpa ist wieder ein Bestandteil der skandha’s (s. u.).
rûparâga: Liebe zum irdischen Leben.
rûpâvachara: materieller Form teilhaftig.
Sabbanññu (P): s. u. sarvajna.
sakadâgâmi (P), sakrid âgâmin (S): ,einmal [nur noch] zurückkehrend’ (in die Erdenwelt).
sakkâya-ditthi: Täuschung des Selbstbewusstseins.
sakvala: Weltsystem.
Sâkya-muni: der Weise aus dem S.-Stamme.
Sâkya-sinha: der Löwe aus dem S.-Stamme.
sâla: der Sâl-Baum (Shorea robusta).
salayâtana: die 6 Sinnesempfindungen (vedanâ), nämlich Sehen, Hören, Riechen, Schmecken,
Fühlen und allgemeines Wahrnehmen.
samâdhi (P), samatha (S): innere Sammlung (L), Gemütssammlung, Selbstkonzentration;
Gemütsruhe (L).
Samanera (P): einer, der Sramana (s. o.) werden will, Novize, Ordenszögling.
samâtha: s. o. samâdhi.
samâthayânika: Gesammelter, Arahat höherer Ordnung.
sammâ sambuddhassa: der völlig Erleuchtete.
sammappadhânâ: die (vier) grossen Anstrengungen.
sampatti: Erfassung, Begreifen, Meditation.
samyutta: s. u. sanyutta.
sangha: die Gemeinschaft, Kongregation, der (buddhistische Mönchs-) Orden.
sanyojana: Fessel, Hindernis.
sanjîva, kâlasûtra, sanghâta, raurava, mahâ raurava, tâpa, pratâpa, avîchi: Arten der
Höllenpein.
sankhârâ: Strebungen, Neigungen, Fähigkeiten, (auch) Wahrnehmungen (oder Vorstellungen) des
Geistes; Gestaltungen (O).
68
sañña: abstrakte Begriffe, Vorstellungen.
sansâra: Kreislauf; Weltkreislauf (L), Kreislauf der Geburten oder Daseinsperioden (B);
Sinnenwelt.
sanyojana: s. o. sangyojana.
Sanyutta Nikâya: s. o. S.64, II 3.
sarana(m): Führer, Leitstern.
sarvaja(m): allwissend, allweise.
sati-patthâna: die (vier) ernsten Meditationen.
satthâ: der Lehrer.
sâvaka (P): s. u. srâvaka.
Siddhârtha: ,sein Vorhaben erreichend’, Eigenname des Gautâma Buddha.
Sigâlovâda Sutta: Prosatraktat über die Pflichten das täglichen Lebens.
sîla: ,Observanz’, daher einerseits: Sitte, Brauch; andererseits: Gebot, Vorschrift.
sîlabbata-parâmâsa: Vertrauen auf äussere Bräuche.
skandha: Qualität, sinnliche Eigenschaft; im Plural: Qualitäten-Aggregat; Attribute (L), Elemente
des individuellen Bewusstseins (L).
sôkaparidêsa: Schmerz.
sôtâpatti (P), srôta âpatti (S): das ,Eingehen in die Strömung’, das Eintreten in den Strom der
Bekehrung (L); un être qui est sorti du courant universel des créatures, pour entrer dans celui qui
conduit à la délivrance (B).
sraddhâ (S), saddha (P): Glauben.
sraddhâdika: der im Glauben Handelnde.
sramana: der Energievolle, der sich Beherrschende (qui dompte ses sens: B); der Ordensmönch.
sâvaka (P), srâvaka (S): der Hörer, Schüler, Jünger.
sthavira (S): der Alte (,Senior’ oder ,Pater’, als Ehrentitel für die Geistlichen); im Pâli: thera (s. u.).
stûpa: (buddhistischer) Reliquienturm.
sugâta: der zum Heile, glückbringend Kommende; der ,Willkommene’ (well-come).
sukka vipassaka: Arahat niederer Ordnung.
sutra (S), sutta (P): Diskurs, Rede, Predigt, Lehrvertrag; (für die sutta’s als Literaturprodukte wohl
am besten) TRAKTAT.
svabhâvâ: Wesen, Wesenheit, Essenz.
Tanhâ: s. u. trishnâ.
Tathâgata: ,Der so [zum Nirvâna] Gekommene’, der Höchstvollendete. (Ehrenname des Gautâma
Buddha.)
thera (P): Mönch, Pater.
therî: Nonne.
tisarana(m): die ,drei Führer’ (Leitsterne).
tripitaka (S), tipitika (P): die ,drei Körbe’ d. h. die drei Sammlungen der kanonischen
Religionsbücher.
triratnam: das ,Dreikleinod’, die drei Kleinodien oder Hauptstücke des Buddhismus (Buddha,
dharma, sangha).
trishnâ (S), tanhâ (P): der Durst (nach materieller Existenz), sinnliches Verlangen; der ,Wille zum
Leben’.
Udhacca: Selbstgerechtigkeit, Anmaassung.
upadâna: das ,Greifen’, der Hang. das Verlangen; das Haften an der Existenz (O).
upâdhi: der ,Umlauf’, die Individualität.
upâsaka: ,Verehrer’ (O), der (männliche) Laie.
upâsikâ: ,Verehrerin’ (O), der weibliche Laie, die Laienfrau.
69
uparvartana: der Adlige, Fürst, Herrscher.
upasampadâ: Ordination, Aufnahme in den Orden.
upavasathâ (S), upôsatha (P): Sabbathtage.
Vasala Sutta, Vâsettha Sutta: Namen von Traktaten.
vêdâna: Empfindung, sinnliche Empfindungen (s. o. salayâtana).
vêdânânupassanâ: Meditationen über die s. E.
veluvana: Bambushain (vana: Hain).
vibhajja vada: ,einer der untersucht’.
vicikiccha: Zweifel.
vidarsana: weise Einsicht, Scharfsicht.
vidyâ: Wissenschaft.
vihâra: ,Refectorium’, Klause, Kloster, Tempel. (Wohnung des oder der Mendikanten, bhîkku’s.)
vikubbana iddhi: das Vermögen, Illusionen hervorzurufen; suggestive Kraft.
vinaya: Disziplin, Moraldisziplin.
viññâna: Vernunftkräfte, Ideen, Bewusstsein.
viriya: ,virtus’, Kraftanstrengung, Energie.
viriyâdhika: energisch handelnd.
visuddhi magga (P), visuddhi marga (S): Heiligkeitspfad. (Titel der Encyklopädie des
Buddhaghôsa.)
Wahanse: verehrungswürdig; (als Titel buddhistischer Geistlicher) Ehrwürden.
was (P), varsha (S): Regenzeit.
wap: ein Monat (unser Oktober).
70
Inhaltsverzeichnis
Vorwort des Übersetzers. 7
Vorrede des Verfassers 7
Vorrede des Verfassers 8
Approbation 9
1. Teil. DAS LEBEN BUDDHA’S. 9
II. Teil. DAS „DHARMA“ ODER DIE LEHRE. 20
III. Teil. DER SANGHA. 39
IV. Teil. DIE ENTWICKELUNG UND AUSBREITUNG DES BUDDHISMUS. 42
V. Teil. BUDDHISMUS UND WISSENSCHAFT. 47
ANHANG. 53
Buddhistische Glaubens-Grundsätze. 54
APPROBATIONEN 55
LITTERATUR. 56
Anmerkungen des Übersetzers. 57
ÜBERBLICK über den buddhistischen Kanon. 64
TRIPITAKA, 64
I. Vinaya Pitaka. 64
II. Sutta Pitaka. 64
III. Abhidhamma. 65
GLOSSAR. 65
71
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