Atom-Licht-Wechselwirkung

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Kapitel I
Atom-Licht-Wechselwirkung
Die Bewegung von Elektronen und Kerne, die elementare Bestandteile der Materie auf der
atomaren Skala, ist von der elektromagnetischen Wechselwirkung bestimmt. Aus diesem Grund
ist ein tiefes Verständnis der Wechselwirkungsmechanismen zwischen dem elektromagnetischen
Feld und diesen Teilchen nötig, um Phänomene in der Atom- und Molekülphysik richtig zu interpretieren. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist auch die grundlegende Ursache für AtomAtom Wechselwirkungen und für Lichtemission und -absorbtion in Atomen und Molekülen.
Wiederum, das von Atomen emittiertes oder absorbiertes Licht trägt in sich wichtige Informationen über die atomaren Struktur und Dynamik, und bietet Untersuchungsmöglichkeiten
an. Schlussendlich kann man Photonen benutzen um die internen und externen Freiheitsgrade
von Atomen zu kontrollieren, und die Atomen in Zuständen bringen, die weit von dem thermodynamischen Gleichgewicht sind. Solche atomare Systeme sind auch die Grundlage für die
Emission von “verstärktem” Licht—der Laser.
Die Licht-Atom und speziell die Laser-Atom Wechselwirkung sind das Thema dieser Vorlesung, die sowohl theoretische als auch experimentelle Aspekte beinhaltet. Der experimentelle
Teil bezieht sich auf das aktuelle und spannende Gebiet der Laserspektroskopie und der LaserAtom-Wechselwirkung in Teilchenfallen und die immer bedeutendere Rolle von Kühl- und Speichertechniken. Einige theoretischen Aspekten der Atom-Laser Wechselwirkung werden in dem
Theorie-Teil dargestellt. Dabei fangen wir mit der Theorie an: dieses Kapitel möchte eine theoretische Einführung in die Physik der Atome und Photonen geben, und die Grundlagen ihrer
Wechselwirkung erläutern.
I.1
Photonen und Atome
Einer der wichtigsten Erkenntnisse des zwanzigsten Jahrhunderts ist die Quantisierung des
Lichts. Schon in 1900, scheinte das Problem der Hohlraumstrahlung anhand klassischer Physik
nicht lösbar zu sein. In Dezember 1900 kam Max Planck mit der revoltionären Hypothese, dass
die Energie eines Oszillators mit Frequenz ν keine beliebige Werte nehmen darf, sondern nur
diskrete Werte nε, wobei n eine positive ganze Zahl ist, und ε ein Energiequant ist, welches von
der Frequenz abhängen kann. Obwohl diese Hypothese nicht gleich von der ganzen Physikgemeinschaft akzeptiert wurde, konnte sie bald nachher benutzt werden, um andere Phänomene
zu erläutern, unter anderem in 1905 von Einstein, der mit der Einführung eines Lichtquants das
Photoeffekt erklären konnte. Die Quantisierung des Lichtes öffnete eine andere Perspektive auch
in der Frage des Atoms, so dass in 1913 Niels Bohr eine Quantisierung der atomaren Energieniveaus aufrufen konnte, die die Linienspektren endgültig erklärt hat. Die Quantenmechanik,
die neue Theorie geeignet für die Beschreibung der mikroskopische atomare Welt, entwickelte
1
2
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
sich nicht zuletzt aus dem Versuch, atomare Spektren zu verstehen. Dabei spielte der “Quantum” Begriff eine wichtige Rolle, sowohl für das elektromagnetische Feld, als auch für die Atome
selbst. Wie Max Planck zu der Quantisierung kam, wie Einstein diesen neuen Begriff auch für
Licht benutzte und was die Energieniveaus der Atome laut Bohr sind, werden in den folgenden
Abschnitten einzeln angesprochen.
I.1.1
Eine klassische Beschreibung des Lichts: Maxwell’sche Gleichungen,
Potentiale und Eichtranformationen
Newton, einer der Pioniere in dem Bereich der Optik, war fest davon überzeugt, Licht solle
man als Teilchen beschreiben. Später, mit der von Maxwell erreichten, so schönen Vereinigung
von Elektrizität und Magnetismus, wurde aber klar, dass man Licht als propagierende elektromagnetische Welle verstehen soll. Die klassichen Maxwell’schen Gleichungen beschreiben das
~ r , t) und magnetische
elektromagnetische Feld im freien Raum, und setzen elektrische Feld E(~
~ r , t) in Beziehung zu einander,
Feld B(~
~ = 0,
∇E
~ = 0,
∇B
~
~ = − ∂B ,
∇×E
∂t
~
~ = 1 ∂E ,
∇×B
c2 ∂t
(I.1)
(I.2)
wo c die Lichtgeschwindichkeit im Vakuum ist. Die Maxwell’schen Gleichungen bilden ein gekoppeltes System partieller Differentialgleichungen erster Ordnung für die Komponenten der elektrischen und magnetischen Felder. In einfachen Fällen lassen sie sich zuweilen direkt lösen.
Zum Beispiel, für das elektromagnetische Feld in freiem Raum kann man die Wellengleichung
schreiben,
2~
~ − 1 ∂ E = 0.
(I.3)
∇2 E
c2 ∂t2
Doch in vielen anderen Fällen, wenn es im Raum auch geladene Teilchen befinden, dessen
~ r , t) die Maxwell’schen Gleichungen betreten, ist es
Ladungsdichte ρ(~r) und Strom J(~
zweckmäßig, Potentiale einzuführen, die die vier Differentialgleichungen auf nur zwei solcher
Gleichungen, wenn auch zweiter Ordnung, zurückführen, und die homogenen Maxwell’schen
Gleichungen identisch erfüllen. Dafür benutzt man das skalare Potential Φ(~r, t) und das
~ r , t), definiert durch
Vektorpotential A(~
~ = ∇A
~,
B
~
~ = − ∂ A − ∇Φ .
E
∂t
(I.4)
(I.5)
Die jetzt nur zwei Maxwell’schen Gleichungen lassen sich in folgender Weise durch die Potentiale
ausdrücken,
∂
~ = −ρ ,
∇2 Φ + (∇ · A)
∂t
ε0
2
~
~ − 1 ∂ A −∇ ∇·A
~ + 1 ∂Φ
∇2 A
= −µ0 J~ .
c2 ∂t2
c2 ∂t
(I.6)
(I.7)
3
I.1. PHOTONEN UND ATOME
Dabei sind ε0 und µ0 die elektrische, bzw. magnetische Feldkonstante, mit ε0 µ0 c2 = 1. Um
diese zwei Differentialgleichungen zu entkoppeln, bedienen wir uns die Tatsache, dass wir in der
~ und B
~
Definition der Potentiale noch über eine gewisse Freiheit verfügen. Während die Felder E
durch die Maxwell’sche Gleichungen festgelegte und experimentell messbare Werte haben, sind
~ und B
~ bei der Tranformation
die Potentiale noch willkürlich, weil E
~ → A
~′ = A
~ + ∇Λ ,
A
∂Λ
,
Φ → Φ′ = Φ −
∂t
(I.8)
(I.9)
~ B}
~ ↔ {A,
~ Φ} ist also nicht eindeutig, so lange man nicht
ungeändert bleiben. Die Äquivalenz {E,
weitere Bedingungen für die Potentiale festlegt. Die Transformation (I.9) heissen Eichtranformationen, und die Invarianz der Felder unter solchen Transformationen nennt man Eichinvarianz.
~ Φ}, die die Lorenz-Bedingung
Wählt man Potentiale {A,
~ + 1 ∂Φ = 0
∇·A
c2 ∂t
(I.10)
erfüllen, so gehören sie zur Lorenz-Eichung. Ein weiteres Beispiel ist die Coulomb-Eichung,
wofür die Bedingung
~ = 0,
∇·A
(I.11)
gilt. In diesem Kapitel wird meistens die Coulomb-Gleichung benutzt. Da die Feldobservablen
~ und B
~ sind, müssen sie immer Eichinvariant sein. Die Eichinvarianz
direkt verbunden zu E
ist deswegen oft als Test der berechneten Größen benutzt: ist der theoretische Erwartungswert
richtig berechnet, muss er auch in einer anderen Eichung gleich bleiben.
I.1.2
Die Strahlung eines schwarzen Körpers und das Planck’sche Quant
Nach Ende des neunzehnten Jahrhunderts sammelten sich die Beweise, dass die klassiche Physik,
bzw. die Newton’sche Gesetze und die Maxwell’sche Gleichungen, nicht in der Lage sind, atomare
Prozesse zu beschreiben. Die ersten Hinweise für die neue Physik kamen von der Untersuchung
von durch heisse Körper emittierter Strahlung. Wie jeder weiss, emittieren heisse Körper elektromagnetische Energie in der Form von Wärme. Das passiert bei jeder Temperatur, und dabei wird
Licht mit allen Wellenlängen emittiert. Die Verteilung von den Wellenlängen, Spektralverteilung
gennant, hängt aber von der Temperatur ab. Bei niedriger Temperatur, z.B., ist die meiste
gestrahlte Energie in Infrarot, und die Frequenz der Strahlung wächst mit der Temperatur so
dass bei ungefähr 500◦ C sichtbares Licht emittiert wird.
Strahlung, die auf einen Körper zukommt, wird in der Regel zum Teil reflektiert und zum
Teil absorbiert. Dunkle Flächen, z.B., absorbieren mehr von der auftreffenden Strahlung als
helle Flächen. Als schwarzer Körper definiert man dann der Körper, der die ganze auftreffende
Strahlung (von beliebiger Frequenz) komplett absorbiert. Wenn der Körper in thermodynamischen Gleichgewicht mit seiner Umgebung ist, und damit bei einer konstanten Temperatur bleibt,
absorbiert und emittiert er dieselbe Menge von Energie in der Zeit, denn sonst wurde die Temperatur nicht konstant sein (eine solche Strahlung, die bei konstanter Temperatur absorbiert
oder emittiert ist, nennt man thermische Strahlung). Das bedeutet, dass je besser eine Fläche
absorbiert, desto besser strahlt sie auch. Schwarze Flächen absorbieren dann nicht nur am
besten, sie strahlen auch am meisten. Damit ist der schwarze Körper der effizienteste Strahler
von elektromagnetischer Energie, dessen Spektralverteilung nur von der Temperatur abhängt.
Da diese Verteilung von ganz allgemeiner Natur ist und nicht von dem Körper abhängt, müss
4
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
man in der Lage sein, ihre Form aus grundlegenden Prinzipien herzuleiten. Deswegen wurde die
Strahlung des schwarzen Körpers als sehr wichtige Frage der Physik betrachtet.
Selbst berusste rauhe Flächen oder schwarzer Samt erfüllen die Bedingung von totaler Absorbtion nur unvollkommen. Am besten tut dies ein kleines Loch in einem Hohlkörper, der
bei konstanter Temperatur gehalten ist und wessen innere Wände schwarz sind. Strahlung, die
von aussen durch das Loch eintritt, wird im Inneren vielfach reflektiert oder gestreut und dabei
jedes Mal zum Teil absorbiert; der Bruchteil, der aus dem Loch wieder herauskommt, ist daher
winzig. Die Strahlung aus dem Loch des Hohlraums, die erst bei hoher Temperatur dem Auge
sichtbar wird, ist also identisch mit der Strahlung eines schwarzen Körpers gleicher Temperatur.
Das ist der Grund, warum die schwarze Strahlung oder die Strahlung des schwarzen Körpers
(auf englisch black body radiation) auf deutsch auch Hohlraumstrahlung heisst. Diese Strahlung
wurde als Funktion von Temperatur untersucht und die Spektralverteilung wurde für mehreren
Temperaturen in dem Experiment von O. Lummer und E. Pringsheim in 1899 aufgenommen.
Die Form der Spektralverteilung ist in Abb. I.1 gezeigt. Dabei ist die Spektralfunktion R(λ) als
Gesamtleistung der emittierten Strahlung von Wellenlänge λ per Flächeeinheit definiert.
Abb. I.1: Spektrale Intensitätsverteilung der schwarzen Strahlung. Die Spektralfunktion R(λ)
ist als Funktion der Wellenlänge λ für einige Temperaturen abgebildet.
Für eine bestimmte Wellenlänge, wächst R(λ) mit der Temperatur T , und bei jeder Temperatur, gibt es eine Wellenlänge λ wofür R(λ) ein Maximum hat. Die Position dieses Maximums ist
laut Wien-Verschiebungsgesetz invers proportional zur Temperatur, λT = 2.898 × 10−3 mK.
Dieses Gesetz wurde von W. Wien in 1893 aus allgemeinen thermodynamischen Prinzipien
hergeleitet. Das Gesetz von Rayleigh und Jeans, welches die spektrale Energiedichte ρ(ν, T )
in dem Hohlraum ergibt,
8πν 2
(I.12)
ρ(ν, T ) = 3 kB T ,
c
(kB ist hier die Boltzmann-Konstante) kann nur die rote Seite des Spektrums (grosse
Wellenlängen) gut beschreiben.
Für kleine Wellenlängen aber, wird die Energiedichte
unendlich, was unter der Bezeichnung Ultraviolett-Katastrophe bekannt ist.
Mit Hilfe der klassichen Physik kann man diese Probleme nicht lösen. Nachdem alle Versuche
zur Erklärung des Spektrums der schwarzen Strahlung aus den bekannten thermodynamischen
5
I.1. PHOTONEN UND ATOME
und elektrodynamischen Gesetzen gescheitert waren, erkannte Max Planck in 1900, dass man
hier eine der klassichen Physik grundsätzlich fremde Annahme einführen muss, nämlich die
Quantenhypothese. Danach kann ein strahlendes System mit einem Strahlungsfeld nicht beliebige
Energieportionen austauschen, sondern nur ganzzahlige Vielfache des Energiequantums hν, wo
h eine neue Naturkonstante ist, h = 6.626 × 10−34 J s. Die klassiche Elektrodynamik kennt
keine derartige Beschränkung für den Energieaustausch zwischen einem Ladungssystem und
einer electromagnetischen Welle. Die Quantenhypothese rechtfertigte sich durch ihren Erfolg,
und lieferte exakt die gemessene Energieverteilung ρ(ν, T ) der schwarzen Strahlung,
ρ(ν, T ) =
1
8πhν 3
.
c3 ehν/(kB T ) − 1
(I.13)
Die Rayleigh-Jeans und Wien Gesetze erwiesen sich als einfache Grenzfälle des Planck-Gesetzes.
Ein Vergleich der Planck und Rayleigh-Jeans spektralen Energiedichteverteilung mit experimentellen Daten ist in Abb. I.2 zu sehen.
Abb. I.2: Experimentell gemessene spektrale Verteilung (Punkten) im Vergleich zu dem
Planckschen und Rayleigh-Jeans Gesetze für eine Temperatur von 1600 K.
Planck selbst wäre nicht so weit gegangen, das Licht zu quantisieren. Er lehnte ursprunglich
die einsteinsche Hypothese der Lichtquanten ab, als Einstein 1905 das photoelektrischen Effekt
damit erklärte. Die formale Quantentheorie des Lichtes wurde erst seit 1925 beginnend mit
Arbeiten von Max Born, Pascual Jordan und Werner Heisenberg entwickelt. Die bis heute
gültige Theorie der elektromagnetischen Strahlung, welche auch die Lichtquanten beschreibt,
die Quantenelektrodynamik (QED), geht in ihren Anfängen auf eine Arbeit von Paul Dirac im
Jahr 1927 zurück, in der er die Wechselwirkung von quantisierter elektromagnetischer Strahlung
mit einem Atom beschreibt. Die QED wurde in den 1940er Jahren entwickelt und 1965 mit der
Verleihung des Nobelpreises fr Physik an Richard P. Feynman, Julian Schwinger und Shin’ichirō
Tomonaga gewürdigt. Wir geben hier nur eine kurze Einführung in der Quantisierung des freien
Feldes und erläutern dabei einige grundlegenden Begriffe, die in der Laserphysik eine wichtige
Rolle spielen.
6
I.1.3
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
Das elektromagnetische Feld wird quantisiert
Wie kann man eine Welle überhaupt quantisieren? Tatsächlich ist der Interpretation von den
~ und B
~ als gewöhnliche Felder klassicher Natur, und diese Felder sind nur als
früher erwähnten E
einen klassichen Limes einer quantenmechanischen Beschreibungsweise durch reelle oder virtuelle
Photonen1 zu betrachten. Wie kommt man aber von den Feldern zu dem Photon?
Um das Feld zu quantisieren, führt man eine Entwicklung des Feldes nach seinen Normalmoden. Dafür muss man das Feld in einem Hohlraum betrachten, oder den Raum in
Würfel zerglegen, die periodischen Randbedingungen erfüllen, und in jedem Würfel nach den
Normalmoden suchen. Betrachten wir zuerst das elektrische Feld (linear polarisiert in der xRichtung) in einem eindimensionalen Hohlraum von Länge L, siehe Abb. I.3. Jede beliebige
Schwingung des Feldes in dem Hohlraum kann als eine Superposition von unendlich vielen
Grundschwingungen, die die stehenden Wellen in dem Hohlraum entsprechen - die Normalmoden
oder Eigenmoden des Hohlraums. Für das Beispiel in Abb. I.3, lautet dann das elektrische Feld
X
Ex (z, t) =
Aj qj (t) sin(kj z) .
(I.14)
j
Dabei hat jede Mode die Frequenz νj , mit kj = 2πνj /c = 2πj/L, und qj sind die zeitabhängigen
Normalmodeamplituden, j = 1, 2, 3, . . ., mit den Entwicklungskoeffizienten Aj . Von den
Maxwell’schen Gleichungen erfährt man auch das magnetische Feld, in die y Richtung orientiert,
X
q̇j (t)ε0
cos(kj z) .
(I.15)
By (z, t) =
µ0 Aj
kj
j
Die klassische Hamiltonfunktion für das Feld ist gegeben durch
Z
1 2
1
3
2
d r ε0 Ex + By ,
H=
2
µ0
(I.16)
V
wo V das Hohlraumvolumen bezeichnet. Da die Eigenmoden des Hohlraums orthogonal zu
einander sind, hat die Hamilton-Funktion die Gestalt der Hamiltonfunktion eines eindimensionalen harmonischen Oszillatores,
H=
1X
mj (ωj2 qj2 + q̇j2 ) ,
2
(I.17)
j
mit mj eine modeabhängige Konstante (hier der Analogie zuliebe mit m wie Masse bezeichnet)
und ωj = 2πνj . Jede Feldmode ist also in ihrer Dynamik äquivalent zu einem mechanischen
harmonischen Oszillatoren, so dass man die erhaltene Entwicklung als Entwichlung des Feldes
nach Oszillatoren bezeichnet. Die Normalmodenamplituden qj und die entsprechenden Impulsen
pj = mj q̇j stehen für die kanonischen Variablen, die man quantisieren kann.
Die Quantisierung erfolgt dann durch die Einführung der Operatoren q̂j und p̂j , die die
Vertauschungsrelationen
q̂j , p̂j ′ = i~δjj ′ ,
q̂j , q̂j ′ = p̂j , p̂j ′ = 0 ,
(I.18)
1
Übrigens ist der Name Photon nicht von Einstein eingeführt worden. Einstein nannte das Photon
“Lichtquant”. Der Begriff Photon wurde 1926 durch den Chemiker Gilbert Newton Lewis in einem Aufsatz
in der Zeitschrift Nature für die elementare Anregung des quantisierten elektromagnetischen Feldes eingeführt.
7
I.1. PHOTONEN UND ATOME
Abb. I.3: Elektromagnetisches Feld von Frequenz ν und Polarisation in der x-Richtung in einem
Hohlraum.
erfüllen. Für den weiteren Ablauf ist es geschickter andere Operatoren statt q̂j und p̂j zu
benutzen, und zwar, definieren wir
1
(mj ωj q̂j + ip̂j ) ,
2mj ~ωj
1
p
(mj ωj q̂j − ip̂j ) .
2mj ~ωj
âj e−iνj t =
p
â†j eiνj t =
(I.19)
Mit Hilfe dieser Operatoren kann man den Hamiltonoperator für das Feld (laut Gleichung I.17)
als
X
1
†
Ĥ =
~ωj âj âj +
(I.20)
2
j
schreiben. Die neue Operatoren, âj und â†j erfüllen die Vertauschungsrelationen
h
i
âj , â†j ′ = δjj ′ ,
h
i
âj , âj ′ = â†j , â†j ′ = 0
(I.21)
und sind under den Namen Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren bekannt, weil ihre Wirkung
die Vernichtung, bzw. Erzeugung von Photonen einer Mode j ist, wie demnächst erläutert.
Die elektrische und magnetische Felder lassen sich mit den neu eingeführten Operatoren wie
folgt ausdrücken
X
Êx (z, t) =
Ej (âj e−iνj t + â†j eiνj t ) sin(kj z) ,
j
B̂y (z, t) = −
iX
Ej (âj e−iνj t − â†j eiνj t ) cos(kj z) ,
c
(I.22)
j
mit
Ej =
~ωj
ε0 L
1/2
.
(I.23)
Damit hat man das Feld in dem eindimensionalen Fall quantisiert. In einer ähnlichen Art und
Weise kann man das dreidimensionalem Raum quantisieren. Man betrachtet das Feld in einem
grossen, aber endlichen Volumen V = L3 , wo L die Kantenlänge des Wurfels bezeichnet. Ein
8
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
Feld in einem endlichen Volumen kann nach fortschreitenden ebenen Wellen entwickelt werden,
so dass die elektrische und magnetische Komponente lauten
~ r , t) =
E(~
X
~k
~ r , t) =
B(~
~
~ǫ~k E~k α~k e−iνk t+ik·~r + c.c. ,
X ~k × ~ǫ~
k
ωk
~k
~
E~k α~k e−iνk t+ik·~r + c.c. .
(I.24)
wobei die Summe über eine diskrete unendliche Menge von Werten des Vektors ~k = (kx , ky , kz )
läuft, ~ǫ~k der Polarisationseinheitsvektor ist und α~k dimensionlose Amplituden dastellen. Wie in
dem eindimensionalen Fall gilt
~ωk 1/2
E~k =
.
(I.25)
ε0 V
Die Wellen in unseren Würfeln von Kantenlänge L müssen periodische Randbedingungen
~
erfüllen, das heisst, die Funktion eik·~r muss auf der Eingangsfläche und der Ausgangsfläche
gleich sein. Diese Bedingungen ergeben bestimmte diskrete Werte für ~k,
kx =
2πnx
,
L
ky =
2πny
,
L
kz =
2πnz
,
L
(I.26)
mit den Ganzzahlen nx , ny und nz (0, ±1, ±2, . . . ). Eine elektromagnetische Mode ist dabei
durch die drei Zahlen (nx , ny , nz ) definiert. Aus den Maxwell’schen Gleichungen, die ~k · ~ǫ~k = 0
verlangen, ergibt sich die Polarisation des Feldes, mit zwei mögliche Polarisationsrichtungen ~ǫ~k
für jeden ~k.
Die Quantisierung eines solchen dreidimensionalen Feldes ist möglich, indem man die dimensionlosen Amplituden α~k und α~∗ als die harmonischen Oszillatoren Operatoren â~k und â~† , mit
k
k
i
h
†
â~k , â~ = 1 identifiziert. Damit kommt man zu der quantisierten Form der Felder,
k
X
~
~ˆ r , t) =
E(~
~ǫ~k E~k â~k e−iνk t+ik·~r + h.c. ,
~k
X ~k × ~ǫ~
~
k
~ˆ r, t) =
B(~
E~k â~k e−iνk t+ik·~r + h.c. .
ωk
(I.27)
~k
In vielen Fällen sind die Feldanteile mir positiver und negativer Frequenz getrennt betrachtet,
also das elektrische Feld schreibt man als
~ˆ r , t) = E
~ˆ (+) (~r, t) + E
~ˆ (−) (~r, t) ,
E(~
(I.28)
mit
X
~
~ˆ (+) (~r, t) =
E
~ǫ~k E~k â~k e−iνk t+ik·~r ,
~k
~ˆ (−) (~r, t) =
E
X
~k
~
~ǫ~∗k E~k â~† eiνk t−ik·~r .
k
(I.29)
~ˆ (+) (~r, t) nur Vernichtungsoperatoren und E
~ˆ (−) (~r, t) nur Erzeugunsoperatoren.
Dabei beinhaltet E
I.1. PHOTONEN UND ATOME
9
Wieviele Moden gibt es in dem
wieviele P
3-Tupel (nx , ny , nz ), bzw.
Summe ~k 1 berechnen, was auch
Frequenzbereich (ω, ω + dω)? Dafür brauchen wir zu wissen,
~k Vektoren, es in dem Frequenzintervall gibt. Lass uns die
als Integral dargestellt werden kann,
X
1=2
~k
L
2π
3 Z
d3 k .
(I.30)
Dabei steht der Faktor 2 für die zwei mögliche Polarisationswerte für jeden ~k. Das Volumenelement in dem ~k-Raum kann man in Kugelkoordinaten schreiben,
d3 k = k2 dk sin θdθdφ =
ω2
dω sin θdθdφ .
c3
(I.31)
Die Anzahl von Moden im Volumen L3 mit Frequenzen zwischen ω und ω + dω ist dann
dN = 2
I.1.4
L
2π
3
ω2
dω
c3
Zπ
0
sin θdθ
Z2π
dφ =
L3 ω 2
dω .
π 2 c3
(I.32)
0
Fock Zustände oder Anzahl von Photonen
Lass uns demnächst den Hamiltonoperator des freien Feldes betrachten. Als Vereinfachung sei
es der Hamiltonoperator eines unimodalen Feldes mit Frequenz ω,
1
†
.
(I.33)
Ĥ = ~ω â â +
2
Die Bestimmung der Eigenwerte dieses Hamiltonoperators stellt keine besondere Schwierigkeiten
dar, da sie auf das bekannte Problem der Energieniveaus harmonischer Oszillatoren
zurückgeführt werden kann. Nehmen wir die Eigenwerte En , die den Eigenzuständen |ni
ensprechen,
1
†
|ni = En |ni .
(I.34)
Ĥ|ni = ~ω â â +
2
Wenn wir jetzt den Operator â von links anwenden, ergibt sich
1
†
âĤ|ni = ~ω ââ â + â |ni = En â|ni ,
2
(I.35)
was nach der Anwendung der Vertauschungsrelation dazu führt, dass
Ĥâ|ni = (En − ~ω)â|ni .
(I.36)
Der Zustand â|ni ist also bis zu einer Konstante, die man aus der Normierungsbedingung erfahren kann, auch ein Eigenzustand von dem Hamiltonoperator, zu dem Eigenwert (En − ~ω).
Genau so kann man zeigen, dass ↠|ni Eigenzustand des Hamiltonoperators ist für den Eigenwert (En + ~ω). Die Erzeugungs-, bzw. Vernichtungsoperatoren erhöhen, bzw. reduzieren die
Energie des Feldes mit einem Quantum ~ω, erzeugen oder vernichten also ein Photon. Dabei
entspricht n die Besetzungszahl, und â|ni = cn |n − 1i. Wendet man den Vernichtungsoperator
n Mal an, so steigt man auf die Energieleiter in ~ω Schritte ab bis
Ĥâ|0i = (E0 − ~ω)â|0i ,
(I.37)
10
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
wo E0 die Grundzustandsenergie ~ω/2 ist. Da die Energie nicht kleiner werden kann als die
Grundzustandsenergie, muss man rückschliessen, dass â|0i = 0 ist. Der |0i Zustand, wovon man
keine weitere Photonen vernichten kann, ist dann der Vakuum-Zustand. Die Energie-Eigenwerte
lassen sich genau wie bei dem harmonischen Oszillator durch
1
En = n +
~ω
(I.38)
2
beschreiben. Es lässt sich leicht zeigen, dass |ni auch einen Eigenzustand von dem Operator ↠â
ist,
↠â|ni = n|ni .
(I.39)
Dabei nennt man den Operator N = ↠â der Besetzungszahloperator. Die Normierungskonstanten cn , meistens als reelle Zahlen angenommen, kann man relativ einfach aus der Normierungsbedingung
n
n
1
hn|↠â|ni =
hn|ni =
=1
(I.40)
hn − 1|n − 1i =
2
2
|cn |
|cn |
|cn |2
√
rechnen, was cn = n ergibt. Ähnlich kann man auch die Wirkung der Erzeugungsoperatoren
↠und die entsprechende Normierungskonstante finden, mit der Zusammenfassung
√
â|ni =
n|n − 1i ,
√
†
â |ni =
n + 1|n + 1i .
(I.41)
Ganz anschaulich ist es die Energie-Eigenwerte (I.38) als die Anwesenheit von n Quanta oder
Photonen von Energie ~ω zu betrachten. Daher auch der Begriff Besetzungszahlen. Die Eigenzuständen |ni sind auch Fock Zuständen oder Besetzungszahlzuständen des Photonenfeldes
genannt. Eine schematische Abbildung der Energieniveaus ist in Abb. I.4 dargestellt. Die
Fock Zuständen stellen ein vollständiges System dar, so dass
∞
X
n=0
|nihn| = 1 .
(I.42)
Die Energie-Eigenwerte sind nach der Quantisierung diskret, im Gegensatz zu der klassichen
Theorie, wo die Energie beliebige Werte annehmen kann. Die Energie-Erwartungswert kann
aber in der Tat beliebige Werte annehmen, da der Zustandsvektor meistens eine Superposition
der Eigenzustände ist,
X
|Ψi =
bn |ni .
(I.43)
n
Aus der Eigenschaften der Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren ergibt sich die Erwartungswert von einem linear polarisierten Feld mit nur einer Mode,
~
hn|E|ni
= 0.
~ 2 ) nicht null,
Überrachenderweise sind die Feldfluktuationen (Erwartungswert von E
1
2
2
~
.
hn|E |ni = 2|E| n +
2
(I.44)
(I.45)
Besonders merkürdig ist es, dass die Feldfluktuationen sogar für den Vakuumzustand nicht
null sind, was eine Reihe von interessanten Phänomenen in der Quantenoptik verursacht, siehe
die Diskussion um die spontante Emission später. Es ist auch zu beachten, dass wir hier den
I.1. PHOTONEN UND ATOME
11
Abb. I.4: Energieniveaus des harmonischen Oszillators, der zu dem quantisierten elektromagnetischen Feld asoziiert wird. Der Erzeugungsoperator ↠addiert ein Energie-Quantum ~ω,
während ein Vernichtunsoperator â dieselbe Menge Energie abzieht.
vereinfachten Fall eines Feldes mit nur einer Mode betrachtet haben—in der Wirklichkeit sind es
eine unendliche Menge von Moden, was sowohl die Fluktuationen, als auch die Nullpunktenergie
des Feldes E0 dann unendlich machen. Während man die Nullpunktenergie mit irgendeiner
formaler Subtraktion vermeiden kann, bleibt das Problem der unendlichen Fluktuationen erstmal
nicht gelöst.
Die klassische Ausdrücke für das elektromagnetische Feld als Überlagerung ebener Wellen
in der Quantentheorie sind als Operatorausdrücke anzusehen. Der physikalische Sinn dieser
Operatoren ist jedoch sehr beschränkt. Ein physikalisch sinnvoller Feldoperator müsste für den
Zustand des Photonenvakuums die Werte Null für das Feld ergeben, was aber wie schon erwähnt
nicht der Fall ist.
I.1.5
Klassisch oder quantenmechanisch?
~ und B
~ beschreiben, quanKlassisch kann man also das Licht mit den gewöhnlichen Feldern E
tenmechanisch spricht man von Photonen. Bei makroskopischen und sogar manchen atomaren
Phänomenen kann man die Diskretheit der Photons ignorieren. Siehe das Beispiel von dem
bekannten Jackson-Buch [Jack2006]: das mittlere elektrische Feld einer 100 Watt-Glühbirne in
1 Meter Entfernung von ihr hat die Grössenordnung von 50 V/m, und es befinden sich dort
ungefähr 1015 Photonen/cm2 ×s. Normalerweise spricht ein Gerät nicht auf die individuellen
Photonen an, sondern es ist der kumulative Effekt vieler emittierter oder absorbierter Photonen, der als kontinuierliche, makroskopisch beobachtbare Wirkung erscheint. In diesem Fall
ist eine rein klassische Beschreibungsweise durch die Maxwell’schen Gleichungen erlaubt und
angemessen.
Wie kann man aber entscheiden, wann die klassische Beschreibungsweise des elektromagnetischen Feldes adäquat ist? Das folgende Kriterium ist meistens ausreichend: Kann die Zahl
der Photonen als groß betrachtet werden, ist aber der Impuls eines einzelnen Photons im Vergleich zu dem des Materiesystem, mit dem er wechselwirkt, klein, so lässt sich die Reaktion des
Materiesystems in adäquater Weise aus einer klassichen Beschreibung des elektromagnetischen
12
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
Feldes gewinnen. Die Streuung von Licht an einem freien Elektron, z.B., kann bei niedrigen
Frequenzen durch die klassiche Thomson-Formel beschrieben werden, jedoch durch die Gesetze
des Compton-Effektes, sobald der Impuls ~ω/c eines einzelnen Photons gegenüber mc groß wird.
Der photoelektrische Effekt ist für das Materiesystem nichtklassicher Natur, da die quasifreien
Elektronen im Metall ihre Einzelenergien um Beträge ändern, die denen der absorbiertern Photonen entsprechen. Jedoch kann der photoelektrische Strom der Elektronen quantenmechanisch
berechnet werden, unter Zugrundelegung einer klassichen Beschreibung des elektromagnetischen
Feldes.
Die Quantennatur des elektromagnetischen Feldes muss dagegen berücksichtigt werden bei
der spontanen Emission von Strahlung durch Atome oder andere Systeme, wenn nämlich zu
Beginn überhaupt keine Photonen vorhanden sind und auch nach Abschluss des Prozesses nur
sehr wenige. Allerdings kann man auch hier im zeitlichen Mittel das elektromagnetische Feld in
Wesentlichen immer noch klassich beschrieben werden. Dabei fügt man die Quanteneffekte wie
die spontane Emission per Hand ein. Ein solches Beispiel ist im nächsten Abschnitt dargestellt,
wo wir die Wechselwirkung zwischen Atomen und einem unimodalen Feld semiklassich betrachten.
I.2
Wechselwirkung zwischen Atom und Strahlung
Bevor man die grundlegende Prozessen beschreibt, die zwischen Atomen und Photonen stattfinden können, muss man eine kurze Einführung in der Welt der Atome geben. Der Begriff Atom
gibt es eigentlich schon seit der Antike. Griechische Philosophen, vor allen Demokrit, hatten
schon die Vorstellung, die Welt sei aus leeren Raum und Atomen, die kleinsten unteilbaren
Einheiten, zusammengesetzt. Es gab allerdings auch Gegner dieser Hypothese, unter anderen
Aristoteles. Nach weiteren mehr als zwei Tausend Jahren Gedankenpause und einer langen Debatte zwischen Chemikern und Physikern, war am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die
Existenz der Atome jedem klar.
Unsere Kenntnis von der Struktur und vom Aufbau der Atome wurde entscheidend durch
die Untersuchung der optischen Spektren vermittelt. Nachdem Kirchhoff und Bunsen um 1860
gezeigt hatten, dass die optischen Spektren charakteristisch für die chemischen Elemente sind, die
das Licht emittieren oder absorbieren, wurde eine erste gesetzmässige Ordnung in die Spektren
der Atome durch Balmer (1885) mit der nach ihm benannten Formel für die von WasserstoffAtomen emittierten Spektrallinien gebracht. Zu der Zeit war aber die Ursache der Spektrallinien
noch nicht bekannt. Die Entdeckung der Radioactivität rief viele weiteren Fragen zu der inneren
Struktur des Atoms hervor. Ein Atommodel musste entwickeln werden, welches sowohl die schon
bekannte Anwesenheit der Elektronen in dem Atom als auch die Ladungs- und Masseverteilung
erklären kann.
I.2.1
Das Bohrsche Modell des Wasserstoff-Atoms
Der entscheidende Ansatz stammt von Bohr (1913). Er nahm entsprechend dem Rutherfordschen
Atommmodell an, dass sich die Elektronen um den Kern ähnlich wie die Planeten um die Sonne
auf Kreisbahnen bewegen. Das Problem bei dem Rutherford Modell war aber, dass sich die
Emission und Absorbtion von Licht mit den bekannten Gesetzen der klassischen Elektrodynamik
nicht zu verstehen lassen. Klassisch sollten Bahnen mit beliebigem Radius und damit eine
kontinuierliche Folge von Energiewerten für das Elektron in dem Feld des Kerns möglich sein.
Würde man die in den Spektralserien in Erscheinung tretenden Energieniveaus jedoch als Werte
für die Energie des Elektrons ansehen, so müsste man annehmen, dass nur diskrete Energiewerte
möglich sind. Weiterhin sind Elektronen auf Kreisbahnen beschleunigte Ladungen und sollten als
I.2.
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG
13
solche elektromagnetische Strahlung abstrahlen, dadurch Energie verlieren und instabile Bahnen
haben.
Um diese Diskrepanz zu den Gesetzen der klassichen Physik zu vermeiden, stellte Bohr in
Form von drei Postulaten Forderungen für von den Gesetzen der klassischen Physik abweichendes
Verhalten der Elektronen im Atom auf. Diese Postulate erwiesen sich als ein äusserst wichtiger
Schritt zur Quantenmechanik:
• die klassische Bewegungsgleichungen sollen für die Elektronen in Atomen zwar gelten. Es
sollen aber nur bestimmte, diskrete Bahnen mit den Energien En erlaubt sein!
• Die Bewegung der Elektronen auf diesen gequantelten Bahnen erfolgt strahlungslos. Ein
Elektron kann von einer Bahn mit höherer Energie En unter Emission von Strahlung auf
eine Bahn mit geringerer Energie En′ übergehen. Die Frequenz der dabei emittierten
Strahlung ergibt sich aus En − En′ = ~ω. Bei Absorption von Licht erfolgt der umgekehrte
Prozess.
• Zu Berechnung der Energien aus atomaren Größen benutzte Bohr den Vergleich der Umlauffrequenz der Elektronen auf den Bahnen mit der Frequenz der emittierten oder absorbierten Strahlung. Für kleine Bahnradien trifft dies überhaupt nicht zu. Es war allerdings erwartet, dass mit wachsendem Bahnradius r die Gesezte der quantisierten Atomphysik in diejenigen der klassichen Physik übergehen sollen, und damit dieser Vergleich
gerechtfertigt wird.
Ob Linien zugleich in Absorption oder Emission beobachtbar sind, ist eine Frage der Besetzung der Energiezustände. Absorption aus einem Energiezustand setzt voraus, dass dieser
Zustand mit einem Elektron besetzt ist. Bei Emissions-Übergängen fällt ein Elektron von einem
höheren Zustand in einem unbesetzten tieferen. Das Elektron muss vorher durch einen Anregungsprozess, also durch Energiezufuhr, in den höheren Zustand gehoben worden sein.
Damit ist das Problem des Wasserstoffatoms noch nicht erledigt, da das Bohrsche Modell
nur eine qualitative Aussage hat. Wichtig für die Zeit war aber die Erkenntnis, dass man die von
Planck eingeführen Quantisierung auch für die Atome benutzen muss und damit in die Welt der
Quantenmechanik eintrifft. Eine genaue beschreibung der Atome und deren Spektren erfolgt
über die Lösung der Schrödinger Gleichung und, mit Berücksichtigung des Elektronenspins,
der Dirac Gleichung. Die Dirac Gleichung für das Wasserstoffatom wird erstmal in Kapitel III
erläutert. Für die Grundlagen der Atom-Licht Wechselwirkung beschrenken wir uns zunächst
auf einem einfachen Bohr Modell mit quantisierten Energieniveaus.
I.2.2
Strahlungsgesetze nach Einstein
Ein Atom mit zwei Energiezuständen E1 , E2 kann nach Einstein auf drei verschiedene Arten mit
elektromagnetischer Strahlung in Wichselwirkung treten [Eins1917], siehe auch die schematische
Darstellung in Abb. I.5:
• Absorption eines Lichtquantums bringt das Atom aus dem tieferen Zustand E1 in den
energetisch höheren Zustand E2 . Dabei verschwindet ein Lichtquantum der Energie E =
E2 − E1 = ~ω aus dem Strahlungsfeld.
• Emission erfolgt aus dem Zustand E2 spontan mit einer Zeitkonstanten, die man als
natürliche Lebensdauer dieses Zustandes bezeichnet. Dabei wird ein Lichtquant der Energie E an das Strahlungsfeld abgegeben. Die spontane Emission hängt nicht vom der
Strahlungsdichte ab, bzw. die ist unabhängig von der Zahl der vorhandenen Photonen,
14
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
sonder nur proportional zur Zahl der angeregten Atome. Quantenmechanik untersagt
spontane Übergänge, und spontane Emission kann nur im Rahmen der QED betrachtet werden, d.h., sie kann anhand einer klassichen Beschreibung des Feldes nicht erklärt
werden.
• Ebenso wie Lichtquanten absorbiert werden können, können Lichtquanten aus dem
Strahlungsfeld auch Emission erzwingen, wenn das Atom sich in höheren Zustand E2
befindet. Für diese erzwungene oder induzierte Emission sind also primär Lichtquanten
erforderlich. Zu den vorher verhandenen Photonen tritt bei der Emission noch ein weiteres
hinzu.
Bemerkung. Die richtige Erklärung der spontanen Emission entsteht im Rahmen der QED und
ist jenseits des Umfangs dieser Vorlesung. Ganz anschaulich soll man sich die spontane Emission
als eine von den Vakuumfluktuationen induzierte Emission vorstellen. Vakuumfluktuationen gibt
es gar nicht in der klassichen Elektrodynamik, sondern sie entstehen bei der Quantisierung des
Feldes, wie man schon im Abschnitt I.1.4 gesehen hat.
Abb. I.5: Absorption, spontane und induzierte Emission von Strahlung der Quantenenergie hν
zwischen zwei Energieniveaus E1 und E2 .
Anhand der drei Prozesse konnte Einstein die Plancksche Formel sehr anschaulich ableiten.
Die Strahlungsdichte ρ(ν, T ) ist was uns interessiert. Die folgenden Übergänge sind dann
möglich:
Absorption von 1 nach 2. Die Anzahl der Prozesse je Zeiteinheit ist der Besatzungszahl N1 (s.
Abb. I.6) und der Strahlungsdichte ρ(ν, T ) proportional,
dN12 = B12 ρ(ν, T )N1 dt .
(I.46)
Der Proportionalitätfaktor B12 heisst Einstein-Koeffizient und misst die Warscheinlichkeit eines
Übergangs je Zeit- und Strahlungsdichte-Einheit.
Der Übergang von 2 nach 1 setzt sich nach Abb. I.6 aus 2 Prozessen zusammen: aus der
spontane Emission von 2 nach 1. Die Zahl dieser Prozesse je Zeiteinheit ist der Besetzungszahl
N2 proportional. Es gilt
′
dN21
= A21 N2 dt ,
(I.47)
wo A21 ebenfalls ein Einstein-Koeffizient ist, der die Warscheinlichkeit eines Übergangs je Zeiteinheit misst. Der zweite Zerfallsprozess ist die induzierte Emission von 2 nach 1. Sie ist in
I.2.
15
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG
Abb. I.6: Zur Ableitung der Planckschen Gleichung: zwei Energieniveaus E1 und E2 mit den
Besetzungszahlen N1 und N2 sind durch Übergänge mit den Warscheinlichkeiten B12 , B21 und
A21 verbunden.
Analogie zu (I.46) ebenfalls der Besatzungszahl N2 und der Strahlungsdichte ρ(ν, T ) proportional,
′′
dN21
= B21 ρ(ν, T )N2 dt ,
(I.48)
wo B21 ein Einstein-Koeffizient analog zu B12 ist.
Im Gleichgewicht erfolgen gleich viele Übergänge in beiden Richtungen. Es muss daher
′′
′
+ dN21
dN12 = dN21
(I.49)
geben, was weiter laut (I.46),(I.47) und (I.48) bedeutet
B12 ρ(ν, T )
N2
=
.
N1
A21 + B21 ρ(ν, T )
(I.50)
Da thermisches Gleichgewicht besteht, kann das Verhältnis der Besetzungszahlen der
Energiestufen aber gemäss der Boltzmann-Verteilung berechnet werden,
N2
e−E2 /(kB T )
= −E /(k T ) .
N1
e 1 B
(I.51)
B12 ρ(ν, T )
e−E2 /(kB T )
= −E /(k T ) ,
A21 + B21 ρ(ν)
e 1 B
(I.52)
Daraus folgt
und
ρ(ν, T ) =
B12
A21
hν/(k
BT )
e
− B21
.
(I.53)
Zur Bestimmung der Koeffizienten A und B benutzt man jetzt die Grenzbedingung, dass für
T → ∞ die Strahlungsdichte ρ(ν) auch gegen ∞ gehen muss, das heisst, der Nenner in der
obigen Gleichung muss gegen Null gehen, was B12 = B21 ergibt. Ausserdem muss für kleine
Frequenzen hν ≪ kB T das experimentell bestätigte Rayleigh-Jeans Gesetz gelten,
ρ(ν, T ) =
8πν 2
kB T .
c3
(I.54)
16
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
Mit der Reihenentwicklung exp[hν/(kB T )] = 1 + hν/(kB T ) + . . . folgt dann
ρ(ν, T ) =
B12
A21
hν/(k
BT )
[e
− 1]
=
A21 kB T
,
B12 hν
(I.55)
was durch Vergleich mit dem Rayleigh-Jeans Gesetz zu
8πhν 3
A21
=
B12
c3
(I.56)
führt. Damit haben wir schliesslich die Plancksche Formel erhalten,
ρ(ν, T ) =
8πhν 3
8πν 2
1
1
=
.
hν hν/k T
B
c3 ehν/kB T − 1
c3
e
−1
(I.57)
Diese Aufteilung der Planckschen Formel in die drei Faktoren wie oben lässt deutlich ihre Struktur erkennen: der erste Faktor ist die Zustandsdichte, die man aus dem Anzahl von Moden in
(I.32) berechnen kann, der zweite das Energiequant eines jeden Zustands, und der dritte die
Anzahl der Quanten, mit denen jeder Zustand im statistischen Mittel besetzt ist. Zwischen den
Einstein-Koeffizienten für die Übergänge zwischen 1 und 2 gilt
A21 =
8πhν 3
B12
c3
(I.58)
was dem Kirschhoffschen Gesetz entspricht, wonach die Warscheinlichkeit für spontane Emission
und Absorption einander proportional sind.
I.2.3
Die induzierte Emission und der Laser
Das Wort Laser ist ein Kunstwort, das aus den Anfangsbuchstaben von Light Amplification
by Stimulated Emission of Radiation besteht. Wie kommt man aber zu “verstärkter”
Strahlung? Von den drei Prozessen, die in dem letzen Abschnitt als Atom-Licht Wechselwirkungsmöglichkeiten beschrieben wurden, kann lediglich nur die induzierte Emission die
Strahlung verstärken. Nur in diesem Prozess vermehren sich die Photonen.
In der Tat, under bestimmten Bedingungen kann induzierte Emission ein physikalisches
Mechanismus für optische Verstärkung darstellen. Das Laser Licht ist eine durch induzierte
Emission hervorgerufene kollektive Ausstrahlung. Kohärente2 induzierte Emission von vielen
Atomen ist dann nicht nur verstärktes Licht, sondern auch Licht mit besonderen Eigenschaften:
eine besonders hohe Monochromasie, mit Linienbreiten von der Großenordnung eines Hertz,
eine sehr starke Bündelung des Lichts, die praktisch nur durch Beugungseffekte am Austrittsfenster des Lasers begrenzt ist, und eine hohe Strahlungsintensität (insgesamt also eine sehr
hohe Photonenflussdichte in einem sehr engen Spetktralbereich) in ultrakurzen Lichtpulsen.
Allerdings ist die kollektive Ausstrahlung des Lasers nicht so einfach zu erzeugen, da die
induzierte Emission normalerweise viel schwacher als die Absorption (die auch stattfinden kann
wenn ein Photon vorbei kommt) ist, was man an die übliche größere Besetzung des unteren
Niveaus zurückführen kann. Für ein Gas von 2-Niveau Systeme im thermischen Gleichgewicht
ist aber laut (I.51) das Verhältnis gleich
N2
= e−(E2 −E1 )/(kB T ) < 1.
N1
2
siehe die Diskussion über den Begriff Kohärenz am Ende des Kapitels
(I.59)
I.2.
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG
17
Ein thermisches Gas schwächt also in jedem Fall die einfallende Welle. Um eine Verstärkung
zu erlangen, muss eine Inversion der Besetzungszahlen vorliegen, derart, dass das betrachtete
Verhältnis
N2
>1
(I.60)
N1
wird. Die obige Inversionsbedingung ist zwar notwendig, aber keineswegs hinreichend für den
Lasereinsatz. Vielmehr muss sich die stimulierte Emission nicht nur gegen die Absorption, sondern auch gegen die Konkurrenz der spontanen Emission durchsetzen. Hierzu wird ein gewisser,
minimaler Schwellenwert der Inversion verlangt, der im einzelnen erst im nächsten Kapitel, im
Abschnitt zur Schawlow-Townes-Schwellenbedingung abgeleitet wird.
Die weitere Diskussion über den Laser und sein Funktionsprinzip wird für das folgende
Kapitel gelassen, welches vorüberwiegend experimentelle Aspekte beinhaltet. An dieser Stelle
wollen wir weiter die Wechselwirkung zwischen Atome und Licht untersuchen. Der Laser ist
ein fast einmodales Feld, der zugrunde einen atomaren Übergang hat. Dementsprechend hat
das Laser Licht die geeignete Energie, resonant mit Atomen zu wechselwirken und atomare
Übergänge zu treiben. Einer der einfachsten aber nicht trivialen Aufgaben zum Thema AtomStrahlung Wechselwirkung ist die Kopplung von einem zwei-Niveau Atom an einem einmodalen
elektromagnetischen Feld, welche in dem nächsten Abschnitt erläutert wird.
I.2.4
Semiklassiche Atom-Feld Wechselwirkung
Sei es ein Feld mit einer einzigen Mode - also ein monochromatisches Feld, der mit einem Atom
wechselwirkt. Der Laser ist so ein (fast) monochromatisches Feld. Man kann das Atom als ein
zwei-Niveau System betrachten, wenn die zwei Niveaus resonant oder fast resonant mit dem Feld
sind, während alle andere atomare Niveaus deutlich vestimmt sind. Unter einigen realistischen
Näherungen ist es möglich, diese Aufgabe zu lösen. Wir betrachten demnächst diese Aufgabe
under der semiklassichen Annahme, demnach zufolge das Atom ein quantenmechanisches zweiNiveau System sei, das Feld dagegen ein klassisches Feld. Das System erlebt von dem Feld
getriebenen Oszillationen zwischen den zwei Zuständen, auch Rabi Oszillationen gennant.
Um die Dynamik des Systems zu beschreiben, starten wir von einem Atom-Feld Wechselwirkung Hamiltonoperator, was die minimale Atom-Strahlung Kopplung entspricht,
i2
1 h
~ r , t) + eΦ(~r, t) + V (r) .
p~ − eA(~
(I.61)
H=
2m
~ r , t) und Φ(~r, t) sind die zwei Potentiale, die das
Hier ist p~ der kanonische Impulsoperator, A(~
Feld beschreiben, und V (r) ist das elektrostatische Bindungspotential im Atom. Wir verzichten
hier auf die Operatorzeichen ˆ. Mit diesem Hamiltonoperator schreiben wir die Schrödinger
Gleichung,
∂Ψ
.
(I.62)
HΨ = i~
∂t
Hier beschreibt die Wellenfunktion Ψ die Elektronen im Atom, bzw. den atomaren Zustand.
~ r , t) und Φ(~r, t) beschrieben. Wir nehmen an, dass
Das Feld wird über die zwei Potentiale A(~
das Elektron an einen Kern gebunden ist, und sei es ~r0 die Kernkoordinate. Das Atom befindet
~ r0 + ~r, t) beschriebenen elektromagnetischen
sich in einer ebenen durch den Vektorpotential A(~
Welle. Wenn die Wellenlänge des Feldes viel grösser ist, als die Größe des Atoms, ~k · ~r ≪ 1,
kann man die Dipol-Näherung benutzen. Dadurch wird der Vektorpotential
i~k·(~
r0 +~
r)
~ r0 + ~r, t) = A(t)e
~
A(~
i~k·~
r0
~
= A(t)e
(1 + i~k · ~r + . . .)
i~k·~
r0
~
≃ A(t)e
.
(I.63)
18
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
Bemerkung. Man kann immer das Feld entweder nach ebenen Wellen oder nach Kugelwellen
entwickeln. Bei einer ebenen Welle ist die Propagationsrichtung ~k und die Polarization ~ǫ~k
bekannt, die Kugelwellen dagegen haben bestimmten Drehimpuls l und Multipolarität λ. Für
l = 1 spricht man von elektrische (E1) oder magnetische (M 1) Dipolstrahlung, l = 2 bedeutet Quadrupolstrahlung, usw. Eine ebene Welle ist eine unendliche Summe von aller Multipolstrahlung elektrischer und magnetischer Multipolarität mit l = 1, 2, . . .. Da die atomaren
Übergänge einen bestimmten Drehimpuls und bestimmte Multipolarität haben, ist es wichtig, bei
der Atom-Strahlung Wechselwirkung die Entwicklung nach Kugelwellen (auch Multipolentwicklung genannt) zu berücksichtigen.
Die oben benutzte Näherung exp(i~k · ~r) = 1 bedeutet, dass man alle Terme ausser E1, (elektrische Dipolstrahlung) in der Multipolentwicklung vernachlässigt. Man berücksichtigt dadurch
nur die elektrisch-Dipol Übergänge, die aber tatsächlich in der Atomphysik die wesentliche Rolle
spielen. Dies liegt daran, dass die Wahrscheinlichkeit für einen atomaren E1 Übergang in der optischen Frequenz etwa 6 Großenordnungen größer ist als für Multipolstrahlung der nächsthöheren
Ordnung. Die elektrisch-Dipol Übergänge sind auch als erlaubte Übergänge bekannt, während
die restlichen M 1, E2, usw. verboten genannt werden. Natürlich sind diese Übergänge
eigentlich nicht verboten, und der Begriff bezieht sich nur auf die Tatsache, dass diese Übergänge
stark unterdrückt sind.
Zurück zu unserem Atom-Strahung Wechselwirkung Hamiltonoperator, mit Hilfe der DipolNäherung kann man jetzt die Schrödinger Gleichung schreiben,
)
(
2
∂Ψ(~r, t)
ie ~
~2
.
(I.64)
∇ − A(~r0 , t) + V (r) Ψ(~r, t) = i~
−
2m
~
∂t
In der Coulomb Eichung, und unter der Annahme,
ie ~
A(~r0 , t) φ(~r, t) ,
Ψ(~r, t) = exp
~
kommt man nach einigen einfachen Schritten zu dem Ausdruck
h
i
~ r0 , t) φ(~r, t) ,
i~φ̇(~r, t) = H0 − e~r · E(~
(I.65)
(I.66)
mit dem ungestörten Hamiltonoperator-Anteil
H0 =
p2
+ V (r) .
2m
(I.67)
~ r0 , t) ist auf dieser Art und Weise
Der gesamt-Hamilton-Operator H = H0 +H1 , mit H1 = −e~r·E(~
~
mit Hilfe des eichinvarianten Feldes E ausgedruckt. Der Anteil H1 stellt hier die Wechselwirkung
zwischen dem Atom und dem Strahlungsfeld dar. Eine andere häufig benutzte Form benutzt
~ einen p~ · A
~ Term. Die zwei Formulierungen sind äquivalent, siehe Ref. [Scul1997].
statt ~r · E
Mit Hilfe der Schrödinger Gleichung wollen wir demnächst die Dynamik des zwei-Niveau
Systems in dem elektromagnetischen Feld mit nur einer Mode bestimmen. Dafür gibt es zwei
Methoden, die wir eine nach der anderen ansprechen werden.
I.2.4.1
Die Berechnung der Warscheinlichkeitsamplitude
Sei es |ai und |bi die zwei atomaren Zustände, wie dargestellt in Abb. I.7, beide Eigenzusände
des ungestörten Hamiltonian-Operators H0 . Die dazugeörenden Eigenwerte sind ~ωa und ~ωb .
Die Wellenfunktion des Systems kann man als
|Ψ(t)i = Ca (t)|ai + Cb (t)|bi
(I.68)
I.2.
19
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG
Abb. I.7: Wechlsewirklung zwischen einem zwei-Niveau atomaren System und einem unimodalen
Feld.
ausdrücken, wobei Ca (t) und Cb (t) die Warscheinlichkeitsamplituden sind, dass das Atom sich
im Zustand |ai, bzw. in Zustand |bi befindet. Lass uns jetzt damit die Schrödinger Gleichung
schreiben,
i
ih
~
Ψ(t) .
(I.69)
|Ψ̇(t)i = − H0 − e~r · E(t)
~
Mit Hilfe der Vollständligkeitsrelation |aiha| + |bihb| = 1 kann man die zwei HamiltonoperatorAnteile anders ausdrücken,
H0 = (|aiha| + |bihb|)H0 (|aiha| + |bihb|)
= ~ωa |aiha| + ~ωb |bihb| ,
(I.70)
~
H1 = −e~r · E(t)
= −e(|aiha| + |bihb|)~r · ~ǫ (|aiha| + |bihb|)E(t)
= −(Pab |aihb| + Pba |biha|)E(t) .
(I.71)
∗ =
~
Dabei ist ~ǫ der Polarisationsvektor des elektrischen Feldes, mit E(t)
= ~ǫ E(t) und Pab = Pba
eha|~r ·~ǫ |bi ist das Matrixelement des elektrischen Dipolmoments. Da wir das elektromagnetische
Feld klassisch betrachten, beinhaltet keiner von dem obigen Hamiltonoperatoren die spontante
Emission. In dem semiklassichen Formalismus muss die spontane Emission per Hand eingeführt
werden, indem man annimmt, dass der oberen Zustand |ai exponentiell zerfällt. In diesem
Abschnitt werden wir die spontane Emission vernachlässigen, und erst im nächsten Abschnitt
eine phenomenologische Zerfallsrate im Rahmen des Dichtemastrixformalismus einbauen.
Nehmen wir jetzt an, dass das elektrische Feld linear polarisiert ist in der x-Richtung, so dass
∗ = eha|x|bi. Die Bewegungsgleichungen
~
E(t)
= ~ǫx E cos ωt, mit ω die Feldfrequenz, und Pab = Pba
für die zwei Warscheinlichkeitsamplituden lauten dann
Ċa = −iωa Ca + iΩR e−iφ cos(ωt)Cb ,
Ċb = −iωb Cb + iΩR eiφ cos(ωt)Ca ,
(I.72)
wo φ die Phase von dem Dipolmatrixelement ist, Pab = |Pab |eiφ , und die Rabi Frequenz ΩR
ΩR =
|Pab |E
~
(I.73)
20
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
definiert ist. Die zwei gekoppelte Gleichungen lassen sich in der Form nicht so einfach lösen.
Wir definieren erstmal andere Amplituden, die sich nur langsam mit der Zeit ändern,
ca = Ca eiωa t ,
cb = Cb eiωb t .
(I.74)
Damit können wir die Gleichungen (I.72), bei Vernachlässigung der schnellen oszillierenden
Termen mit exp [±i(ωab + ω)] umschreiben,
ΩR −iφ i(ωab −ω)t
e cb e
,
2
ΩR iφ −i(ωab −ω)t
e ca e
,
= i
2
ċa = i
ċb
(I.75)
wobei wir die Notation ωab = ωa − ωb benutzt haben. Die Übergangsenergie ist damit ~ωab . Die
Vernachlässigung der schnellen oszillierenden oder gegenläufigen Termen ist under der rotating
wave approximation bekannt.
Die Lösungen für dieses System von zwei gekoppelten Gleichungen haben die Form
ca (t) =
a1 eiΩt/2 + a2 e−iΩt/2 ei∆t/2 ,
(I.76)
cb (t) =
b1 eiΩt/2 + b2 e−iΩt/2 e−i∆t/2 ,
q
wobei ∆ = ωab − ω die Verstimmung (auf englisch detuning) ist, und Ω = Ω2R + ∆2 . Die
Konstanten a1 , a2 , b1 und b2 werden durch die Anfangsbedingungen bestimmt,
a1 =
a2 =
b1 =
b2 =
Damit ist unsere Lösung
i
1 h
(Ω − ∆)ca (0) + ΩR e−iφ cb (0) ,
2Ω
i
1 h
(Ω + ∆)ca (0) − ΩR e−iφ cb (0) ,
2Ω
i
1 h
(Ω + ∆)cb (0) + ΩR eiφ ca (0) ,
2Ω
i
1 h
(Ω − ∆)cb (0) − ΩR eiφ ca (0) .
2Ω
Ωt
Ωt
i∆
ca (t) =
ca (0) cos
sin
−
2
Ω
2
ΩR −iφ
Ωt
+i
e cb (0) sin
ei∆t/2 ,
Ω
2
Ωt
Ωt
i∆
cb (t) =
cb (0) cos
sin
+
2
Ω
2
ΩR iφ
Ωt
+i
e ca (0) sin
e−i∆t/2 .
Ω
2
(I.77)
(I.78)
Es ist einfach zu prüfen, dass
|ca (t)|2 + |cb (t)|2 = 1 ,
(I.79)
was die Warscheinlichkeitserhaltung entspricht, da das Atom sich entweder in Zustand |ai oder
Zustand |bi befindet.
I.2.
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG
21
Befindet sich das Atom ursprunglich in Zustand |ai, sind dann die Koeffizienten am t = 0
ca (0) = 1 und cb (0) = 0. Die Warscheinlichkeiten, dass das Atom sich später im Zustand |ai
oder Zustand |bi befindet, sind von |ca (t)|2 und |cb (t)|2 bestimmt. Die Besetzungsinversion ist
damit geben durch
2
∆ − Ω2R
2
2
2 Ωt
2 Ωt
W (t) = |ca (t)| − |cb (t)| =
sin
+ cos
.
(I.80)
Ω
2
2
Dementsprechend induziert das Feld ein Dipolmoment zwischen den zwei atomaren Niveaus.
Das Dipolmoment ist durch den Erwartungswert des Dipolmomentoperators gegeben,
P (t) = ehΨ(t)|r|Ψ(t)i = Ca∗ Cb Pab + c.c = c∗a cb eiωab t + c.c .
(I.81)
Mit Hilfe des Koeffizientensausdrucks (I.78) erhalten wir für ein Atom, welches sich ursprunglich
in dem oberen Zustand befindet,
Ωt
Ωt
iΩR
Ωt iφ iωt
i∆
Pab cos
sin
P (t) = 2Re
+
sin
e e
.
(I.82)
Ω
2
Ω
2
2
Das Dipolmoment oszilliert also mit der Frequenz des Feldes. Für den Spezialfall, dass das Feld
und das Atom resonant sind (ωab = ω und damit ∆ = 0), haben wir ΩR = Ω und W (t) =
cos(ΩR t). Die Besatzungsinversion oszilliert also zwischen -1 und 1 mit der Frequenz ΩR , wie
in Abb. I.8 dargestellt.
Wieso aber tragen diese Oszillationen den Namen des amerikanischen Physikers Rabi? In
1937 betrachtete Rabi das Problem eines Spin-1/2 magnetischen Dipols, welches in einem Magnetfeld eine Kreiselbewegung macht. Dabei berechnete er die Warscheinlichkeit, dass der Spin
sich under der Wirkung eines Radio-Frequenz magnetischen Feldes von Spin-Up zu Spin-Down
oder umgekehrt umdreht (spin flipping). In unserem Fall, unterzieht das Atom Rabi Oszillationen (Rabi flopping) zwischen dem unteren und oberen Niveau under der Wirkung des elektromagnetischen Feldes genau so wie die Spins in dem ursprunglichen Problem von Rabi.
I.2.4.2
Dichtematrix für ein zwei-Niveau System
Für jedes physikalisches System gibt es die Wellenfunktion oder Zustandsvektor |Ψi, welcher
die gesamte Information über das ganze System beinhaltet. Aus der Wellenfunktion kann man
spezifische Informationen über das System gewinnen, indem man den Erwartungswert für den
entsprechenden Operator O berechnet,
hOi = hΨ|O|Ψi .
(I.83)
Es gibt aber Situationen und Aufgaben, wenn Ψ nicht bekannt ist, sondern vielleicht nur die
Warscheinlichkeit PΨ dass das System sich in Zustand |Ψi befindet. In so einer Situation
genügt es nicht, den quantenmechanischen Erwartungswert zu berechnen. Man muss dabei auch
einen Ensemble-Durchschnitt über viele identische und gleich preparierte physikalische Systeme
durchführen. Statt (I.83) haben wir
hOiEnsemble = Spur(Oρ) ,
mit dem Dichtematrixoperator definiert durch
X
ρ=
PΨ |ΨihΨ| .
Ψ
(I.84)
(I.85)
22
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
Abb. I.8: Rabi Oszillationen der Besetzungsinversion W (t) als Funktion der Zeit.
Es ist offentsichtlich dass Spur(Oρ) = Spur(ρO). In dem Sonderfall wenn alle PΨ Null sind,
mit der Ausnahme von einem Zustand Ψ0 , ist der Dichtematrixoperator
ρ = |Ψ0 ihΨ0 | .
(I.86)
Der Zustand Ψ0 nennt sich dann einen reinen Zustand. Aus Warscheinlichkeitserhaltung ergibt
sich für den reinen Zustand Spur(ρ) = 1 und damit auch Spur(ρ2 ) = 1.
Die Bewegungsgleichung für die Dichtematrix ist durch die Schrödinger Gleichung gegeben,
i
|Ψ̇i = − H|Ψi .
~
(I.87)
Die Zeitableitung von ρ ergibt
ρ̇ =
X
Ψ
PΨ (|Ψ̇ihΨ| + |ΨihΨ̇|) ,
(I.88)
wobei PΨ zeitunabhängig ist. Die zwei obigen Gleichungen ergeben dann
i
ρ̇ = − [H, ρ] .
~
(I.89)
Die Gleichung (I.89) ist under den Namen Liouville oder von Neumann Bewegungsgleichung für
die Dichtematrix bekannt. In einem gewissen Sinne ist die von Neumann Gleichung allgemeiner
als die Schrödinger Gleichung, da sie den Dichtematrixoperator und nicht die Wellenfunktion
beinhaltet, was dann nicht nur quantenmechanischen sondern auch statistischen Wert hat.
Genau wie in der Berechnung der Warscheinlichkeitsamplitude, beinhaltet die Gleichung
(I.89) keine spontane Emission Terme. Die Beschreibung der spontanen Emission erfolgt nur
im Rahmen der QED und wird in der semiklassichen Theorie phenomenologisch eingeführt. Die
spontane Emission führt zu einer endlichen Lebensdauer des angeregten Zustands |ai und damit
I.2.
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG
23
zu einer endlichen Energiebreite, d.h. der Zustand ist nicht “scharf”. Zusätzlich zur spontanen
Emission können auch andere Mechanismen dazu führen, dass die Linienbreite sich ändert, z.B.
Stöße mit anderen Atomen oder andere Phänomene. In Rahmen der semiklassichen Theorie
werden alle diese Prozesse einfach per Hand über eine Relaxationsmatrix eingeführt, die die
phenomenologischen Zerfallsraten beinhalten,
hn|Γ|mi = γn δnm .
(I.90)
Hier entsprechen |mi und |ni die Zustände des Systems (in unserem Fall |ai und |bi) und γn die
natürliche Zerfallsrate von |mi nach |ni. Die von Neumann Gleichung mit dem Relaxationsterm
lautet
1
i
(I.91)
ρ̇ = − [H, ρ] − {Γ, ρ} ,
~
2
wobei {Γ, ρ} = Γρ + ρΓ ist.
Für unser zwei-Niveau System mit den Zuständen |ai und |bi und |Ψ(t)i = Ca (t)|ai+Cb (t)|bi
sieht der Dichtematrix-Operator folgendermassen aus
ρ = |ΨihΨ| = [|Ca (t)|ai + Cb (t)|bi][Ca∗ (t)ha| + Cb∗ (t)hb|]
|Ca |2 |aiha| + Ca Cb∗ |aihb| + Cb Ca∗ |biha| + |Cb |2 |bihb| .
(I.92)
Die Matrixelemente von ρ sind
ρaa = ha|ρ|ai = |Ca (t)|2 ,
ρab = ha|ρ|bi = Ca (t)Cb∗ (t) ,
ρba = hb|ρ|ai = ρ∗ab ,
ρbb = hb|ρ|bi = |Cb (t)|2 .
(I.93)
Dabei sind ρaa und ρbb die Warscheinlichkeiten, dass das Atom sich in dem oberen, bzw. unterem Zustand befindet. Die nichtdiagonalen Matrixelementen Ca (t)Cb∗ (t) und Ca∗ (t)Cb (t), auch
Kohärenzterme genannt, bestimmen die atomare Polarisation, wie man von (I.81) sehen kann.
Im Matrixform lautet die Dichtematrix
! !
ρaa ρab
|Ca |2 Ca Cb∗
Ca
∗
∗
ρ=
=
(Ca Cb ) =
.
(I.94)
Cb
ρba ρbb
Cb Ca∗ |Cb |2
Die Bewegungsgleichungen für die Dichtematrixelementen ergeben sich aus der Gleichung (I.91)
mit dem Hamiltonoperator H = H0 + H1 in (I.70) und (I.71),
i
ρ̇aa = −γa ρaa + [Pab Eρba − c.c.] ,
~
i
ρ̇aa = −γb ρbb − [Pab Eρba − c.c.] ,
~
γa + γb
i
ρ̇ab = − iωab +
ρab − Pab E(ρaa − ρbb ) .
2
~
(I.95)
Diese Gleichungen sind unter dem Namen Bloch Gleichungen genannt und beschreiben die
Dynamik des zwei-Niveau-Systems. Die im voherigen Abschnitt angeprochene Besetzungsinversion W (t) berechnet man als ρaa − ρbb . Abgesehen von der spontanten Emission, die nur
in dem Dichtematrixformalismus per Hand eingeführt worden ist (was man aber auch in der
Berechnung der Warscheinlichkeitsamplitude machen konnte, indem man den exponentiellen
24
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
Zerfall des oberen Zustandes einführt), sind die zwei Beschreibungen des zwei-Niveau Systems
äquivalent. Beide Methoden liefern die Zeitentwicklung des atomaren zwei-Niveau Systems
unter der Wirkung eines unimodalen Feldes. Vernachlässigen wir die spontane Emission, indem
wir γa = γb = 0 setzen, erhalten wir die Rabi Oszillationen vom Abb. I.8. Die einfache und
vorteilhafte Darstellung im Rahmen des Dichtematrixformalismus macht die Dichtematrix in
der Quantenoptik sehr beliebt—die meisten Aufgaben werden damit gelöst.
Referenzen
Dieses Kapitel wurde mit Hilfe verschiedenen Bücher und Artikel zusammengebastelt, dessen
Lektüre ich nur emphehlen kann:
M. O. Scully and M. S. Zubairy, Quantum Optics, (Cambridge University Press, 1997)
B. H. Brandsen and C. J. Joachain, Physics of Atoms and Molecules, (Pearson Education,
Harlow, 2003)
P. A. M. Dirac, Proc. Roy. Soc. A 114, 243 (1927)
E. Fermi, Rev. Mod. Phys. 4, 87 (1932)
J. D. Jackson, Klassische Elektrodynamik, (Walter de Gruyter, Berlin, 2006)
L. D. Landau und E. M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik IV: Quantenelektrodynamik, (Akademie-Verlag, Berlin, 1986)
A. I. Achieser und W. B. Berestezki, Quantenelektrodynamik, (Harri Deutsch, Frankfurt am
Main, 1962)
W. Heitler, The Quantum Theory of Radiation, (Clarendon Press, Oxford, 1960)
H. Haken und H. C. Wolf, Atom- und Quantenphysik, (Springer, Berlin, 1996)
Fußnote zur Kohärenz
Der Begriff “Kohärenz” wird oft und gerne benutzt als Substantiv und Adjektiv in verschiedenen
Bereiche der Physik. Dabei ist est vielleicht nicht immer klar, was genau gemeint ist. Hier eine
kurze Zusammenfassung von verschiedenen Bedeutungen.
• Kohärenz bezeichnet eine Eigenschaft von Wellen, die stationäre (zeitlich und räumlich unveränderliche) Interferenzerscheinungen ermöglicht. Allgemeiner beschreibt die Kohärenz
die Gesamtheit der Korrelationseigenschaften zwischen Größen eines Wellenfeldes.
• Youngs Doppelspaltexperiment. Eine der Bedingungen für Interferenz in diesem Experiment ist, dass das Licht “kohärent” sein muss. Dabei ist es gemeint, dass die zwei Wellen,
die miteinander interferieren sollen, eine feste Phasenbeziehung zueinander haben. Es muss
nicht unbedingt die feste Phasenbeziehung zwischen zwei verschiedenen Wellen sein. Die
selbe Welle kann zu einem späteren Zeitpunkt oder an einer anderen Stelle mit sich selbst
konfrontiert werden, siehe hier zeitliche und räumliche Kohärenz. Man kann natürlich nur
von einer monochromatischen Welle Kohärenz verlangen. Da die in der Natur erzeugten
Wellen mehr oder weniger zufällig aus verschiedenen Frequenzanteilen zusammengesetzt
sein, muss man die Teilwellen getrennt betrachten. Der Laser ist die einzige Quelle von
monochromatischem und kohärentem Licht.
• Die Korrelationsfunktion. Die Kohärenz von Wellen kann anhand der Korrelationsfunktion
quantifiziert werden. Diese Funktion liefert ein Maß für die Ähnlichkeit des zeitlichen
Verlaufs zweier in Verbindung gebrachten Wellenamplituden.
I.2.
WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG
25
Die Korrelationsfunktion für die Wellen am Zeitpunkt t1 , bzw. t1 und Ort ~r1 , bzw. ~r2
lautet
G(~r1 ; ~r2 , t1 , t2 ) = Spur[ρE (−) (~r1 , t1 )E (+) (~r2 , t2 )] = hE (−) (~r1 , t1 )E (+) (~r2 , t2 )i .
(I.96)
Dabei haben wir die bereits eingeführte Notation für das Feld (I.29) benutzt, und ρ bezeichnet die Dichtematrix. Für statistisch stationäre Felder hängt die Korrelationsfunktion
nur von τ = t2 − t1 ab. Die beiden Amplituden werden an den Ortspunkten ~r1 und ~r2
der Wellen und bei einem Zeitunterschied von τ herausgegriffen und als Funktion der Zeit
verglichen. Wenn man die Korrelation einer einzigen Welle mit sich selbst am anderen
Ort oder Zeitpunkt untersucht, spricht man von Autokorrelationsfunktion. Die normierte
Korrelationsfunktion
G(~r1 , ~r2 ; τ )
(I.97)
|g(~r1 , ~r2 ; τ )| = p
G(~r1 , ~r1 ; 0)G(~r2 , ~r2 ; 0) liefert nun direkt die Stärke der Kohärenz als Wert zwischen 0 (vollständige Inkohärenz)
und 1 (vollständige Kohärenz). Werte zwischen 0 und 1 bedeuten partielle Kohärenz.
Physikalsisch kann man |g(~r1 , ~r2 ; τ )| als Maß für die Sichbarkeit des Interferenzmusters
in einem Doppelspaltexperiment mit zwei Spalten P1 und P2 mit Koordinaten ~r1 und ~r2
betrachten. Sind die zwei Wellen am ~r1 und ~r2 perkeft kohärent (|g(~r1 , ~r2 ; τ )| = 1), sieht
man ein ganz scharfes Interferenzmuster.
• Zeitliche Kohärenz gibt das Maß der Korrelation zwischen den Amplituden einer Welle
an zwei beliebigen Zeitpunkten, die durch die Verzögerung τ getrennt sind. Im Grunde
genommen zeigt die zeitliche Kohärenz wie monochromatisch eine Welle ist. Wenn eine
Welle monochromatisch ist, kann sie mit sich selbst zu jeder beliebigen Zeit interferieren.
Zeitliche Kohärenz ist dann nötig, wenn die Welle zu einer zeitlich verschobenen Kopie
ihrer selbst kohärent sein soll. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn in einem
Michelson-Interferometer die Weglängen im Objekt- und Referenzarm unterschiedliche
Längen aufweisen. Die Zeit, nach der sich relativ die Phasenlage oder Amplitude signifikant verändert hat (so dass die Korrelation in entscheidendem Maße abnimmt) ist als
die Kohärenzzeit τc definiert. Bei τ = 0 ist die Kohärenz noch perfekt, sie hat sich
aber nach der Zeit τ = τc entscheidend verringert. Die Kohärenzlänge lc ist als die
Entfernung definiert, die die Welle innerhalb der Kohärenzzeit zurücklegt. Mehr über
Kohärenzzeit, und Korrelationsfunktionen und die Laser-Monochromasie und -Kohärenz
wird im nächsten Kapitel erläutert.
• Räumliche Kohärenz einer Welle ist von der Korrelation zwischen den Amplituden in
zwei räumlich getrennten Ortspunkten für beliebige Zeiten gegeben. Soll die Welle mit
einer räumlich verschobenen Kopie ihrer Selbst interferieren, ist räumliche Kohärenz nötig.
Dieses ist beispielsweise im youngschen Doppelspaltversuch der Fall: Hier werden durch
die beiden Spalte zwei Punkte aus der einfallenden Welle herausgegriffen, und zur Interferenz gebracht. Wie weit diese beiden Punkte auseinander liegen dürfen, beschreibt die
Ausdehnung des Gebiets der räumlichen Kohärenz.
• Kohärenter Zustand ist ein Begriff, welcher zuerst von Schrödinger in 1926 eingeführt
wurde [E. Schrödinger, Naturwissenschaften, 14 (1926) 664]. Nachdem die Quantentheorie der Strahlung entwickelt wurde, haben die quantisierten Feldzustände, die am nächsten
ein klassisches elektromagnetisches Feld beschreiben, besondere Aufmerksamkeit auf sich
26
KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG
gezogen. Ein Beispiel für solche “klassischen” Zustände ist das von einem klassischen
monochromatischen Strom erzeugte Feld. Kohärente Zustände kommen klassischen elektromagnetischen Wellen sehr nahe, weil der Erwartungswert der elektrischen Feldstärke die
Form einer klassischen elektromagnetischen Welle hat, unabhängig vom Erwartungswert
der Teilchenzahl. Wie R. J. Glauber 1963 [R. J. Glauber, Phys. Rev. 130 (1963) 2529]
zeigte, lässt sich die elektromagnetische Welle einer Laser-Mode am besten durch kohärente
Zustände beschreiben.
• Kohärente Superposition gibt es auch. Dabei spielt die rein quantenmechanische Eigenschaft, dass ein System sich gleichzeitig in mehreren Zuständen befinden kann, die
wesentliche Rolle. Die Wellenfunktion des Systems ist dann eine Überlagerung aus allen
möglichen Zuständen 1 . . . n, also eine “kohärente” Summe
|Ψi =
n
X
i=1
cn |ψn i .
(I.98)
Der quantenmechanische Erwartungswert einer Messgröße A, die durch einen Operator Â
repräsentiert wird, hΨ|Â|Ψi, kann, solange |ψi i keine Eigenwerte von  sind, auch nichtdiagonale Terme enthalten. Dabei sind die Phasen zwischen den Termen in der Summe
wichtig.
Dagegen taucht die inkohärente Superposition in der statistischen Physik auf, wo die Mittelung von vornherein inkohärent gerechnet wird. Hier wird mit Wahrscheinlichkeiten pi
angenommen, dass sich der quantenmechanische Zustand des Systems im Zustand |ψi i
befindet. Die statistischen Erwartungswerte sind dementsprechend
X
Ā =
pi hψi |Â|ψi i ,
(I.99)
i
P
mit pi ≥ 0 und i pi = 1. Es werden also dabei eigentlich nicht die Zustände, sondern
die Erwartungswerte selbst überlagert, und Nichtdiagonalelemente treten dann nicht auf.
Ganz vereinfacht ist also der Unterschied zwischen kohärenter und inkohärenter Superposition die Wahl zwischen |a + b|2 und |a|2 + |b|2 .
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