Organische Chemie für MST 2 Lienkamp / Prucker / Rühe Inhalt 2 Funktionelle Gruppen in MST-Materialien (2) Halogenalkane nucleophile Subsitution (SN1, SN2, nucleophile Substitution im Photoresist) Eliminierungsreaktionen (E1, E2) Organometallverbindungen aus Halogenalkanen, GrignardReaktion Homologe Reihen – Alkane Nomenklatur, physikalische Eigenschaften, lineare, verzweigte und cyclische Alkane, Konformations-isomere und Konstitutionsisomere, radikalische Chlorierung, Radikale. Übung: Funktionelle Gruppen in MST-Materialien (7) • Poly(sulfon): PSU • Poly(ethersulfon): PES Übung: Funktionelle Gruppen in MST-Materialien (8) • Poly(tetrafluoroethylen): Teflon, PTFE, „vollfluoriertes (Polyethylen)“ • Perfluoralkoxy-Polymere: Perfluoriertes Alkoxy-Copolymer von PTFE, Teflon-PFA, PFA Übung: Funktionelle Gruppen in MST-Materialien (9) • Poly(etheretherketon): PEEK • Poly(imid): PI, Kapton Übung: Funktionelle Gruppen in MST-Materialien (9) • Poly(siloxan): Silicon • sulfoniertes PTFE: Nafion Übung: Funktionelle Gruppen in MST-Materialien (10) • Acrylnitril/Butadien/Styrol-Copolymer: ABS • ZEONEX: Amorphes Polyolefin zeonex.com Halogenalkane • Nomenklatur: CH3X = Fluor-, Chlor-, Brombzw. Iod-Methan • Wichtig für Nomenklatur: Halogen = Substituent ohne Priorität • Herstellung durch – radikalische Substitution aus Alkanen (s. Alkane) – Addition an Doppelbindungen von Alkenen (s. Alkene) – Nucleophile Substitution aus Alkoholen (s.u.) Nomenklatur für Halogenalkane, Ether, Alkohole und Amine aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Eigenschaften der Halogenalkane • Lipophil • Einfach oder mehrfachhalogeniert • Höhere Siedetemperatur als analoge Alkane aufgrund der polaren Atombindung • Stabil, inert gegenüber vielen Reagentien • z.T. sehr gute Lösungsmittel (Chloroform, Dichlormethan) Die Kohlenstoff-Halogen-Bindung aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Vollhalogenierte Kohlenwasserstoffe • FCKWs vs FKWs: FCKWs sind ozonschichtabbauend • Treibhausgase Nukleophile Substitution an Halogenalkanen (Vgl. Praktikumsversuch „Ethersynthese“) • Zwei Möglichkeiten − Stufenweise = 2 Schritte = unimolekular = SN1 − Synchron = 1 Schritt = bimolekular = SN2 (s. u.) http://chemwiki.ucdavis.edu/@api/deki/files/5649/=sn2.gif SN2-Reaktion im Detail (1) • Beispiel: Halogenalkan aus primärem Alkohol – Umwandlung von OH in eine gute Abgangsgruppe – Angriff des Nucleophils, Synchroner Austritt der Abgangsgruppe – Stereochemische Besonderheit: Rückseitenangriff, Inversion am Kohlenstoffatom Energieschemata: Welche Größen sind aufgetragen? • Energien: exotherm, endotherm, Aktivierungsenergie, Reaktionsenthalpie • Reaktionskoordinate, Energiehyperfläche • Zwischenstufe (Intermediat), Übergangszustand http://lmom.epfl.ch/index.php?page=organicreactions&subpage=1 SN2-Reaktion im Detail (2) • Energetische Betrachtung: aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 SN2-Reaktion im Detail (3) aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Orbitalbeteiligung bei der Nucleophilen Subsitution • SN2: SN1-Reaktion im Detail (1) • Beispiel: Halogenalkan aus tertiärem Alkohol – Umwandlung von OH in eine gute Abgangsgruppe – erst Austritt der Abgangsgruppe – dann Eintritt des Nucleophils – Stereochemische Besonderheit: Racemisierung (Bildung verschiedener Stereoisomere) SN1-Reaktion im Detail (2) • Energetische Betrachtung: SN1-Reaktion im Detail (2) aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Einfluß der Struktur auf nukleophile Substitutionen • Nucleophile – Geladene Nu sind stärker nucleophil als ungeladene: NH2> NH3 – Je basischer, desto nucleophiler: NH2- > OH- • Abgangsgruppen – Je leichter eine negative Ladung stabilisiert werden kann (= je schwächer basisch die Abgangsgruppe ist), desto besser das Austrittsvermögen: I- > Br- > Cl- > F- • Substrat – Primär SN2: primäres Carbokation ist instabil – Tertiär SN1: tertiäres Carbokation ist resonanzstabilisiert SN1 vs. SN2: Substrateffekte aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 SN1 vs. SN2: Zusammenfassung aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 http://sandpaw.weblogs.anu.edu.au/files/2011/07/Rami-Ibo-Chemistry-Cartoon-20111.jpg Wozu nukleophile Subsitution? ⇒ SU8-Photolack SU8-Komponenten: • Lösungsmittel γButyrolacton (1Oxacyclopentanon) oder Cyclopentanon • EPON Epoxidharz • Triarylsulfoniumhe xafluoroantimonat (Photoacid Generator) Wie funktioniert der SU8-Photolack? • Photoacid Generation (Belichten) hv Wie funktioniert der SU8-Photolack? • Reaktion des Protons mit dem Epoxidharz ermöglicht den nukleophilen Angriff eines Epoxids auf die protonierte Stelle (kationische Polymerisation), dadurch Vernetzung an den belichteten Stellen (Negativ-Resist). Nebenreaktionen der nukleophilen Substitution: Eliminierungsreaktionen • Bimolekulare Eliminierung (E2) Orbitale im Edukt sind „antiperiplanar“ zueinander orientiert Eliminierungsreaktionen • Unimolekulare Eliminierung (E1) Nukleophile Substitution vs. Eliminierung • Struktur des Substrats SN2 oder E2 SN2 oder E2 SN1 oder E1 • Starke Basen: eher Eliminierung • Polare Lösungsmittel: eher SN1/E1, da Carbokation stabilisiert wird. • Hohe Temperatur: eher Eliminierung • Sayzeff-Regel: Es wird das höher substituierte Alken gebildet. SN1 oder E1 aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Nukleophile Substitution vs. Eliminierung (2) aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Organometallverbindungen • Kohlenstoff bekommt durch Bindung zu einem Metallatom eine negative Partialladung („Umpolung“ des Kohlenstoffs)! • Wichtig für C-C-Bindungsknüpfungen • Wichtige Beispiele: – Lithiumorganyle: – Magnesiumorganyle: Grignard-Reaktion Reaktion von Magnesium-Organylen mit Carbonylen und anderen Kohlenstoffzentren mit positiver Partialladung • 1.Schritt: Bildung des Grignard-Reagenz • 2. Schritt: Reaktion mit einem δ+ Kohlenstoff • 3. Schritt: wässrige Aufarbeitung Übung • Brommethan reagiert mit a) Natriumiodid, b) Kaliumfluorid, c) Lithiumchlorid – Bei welcher Reaktion findet eine nukleophile Substitution statt? Warum bei den anderen beiden nicht? – Schreiben Sie den detaillierten Reaktionsmechanismus. – Welcher Substitutionstyp liegt vor? Übung • 2-Iodpropan reagiert bei 100°C in einem polaren Lösungsmittel in der Gegenwart mit NaOH. – Welche Reaktion findet am wahrscheinlichsten statt? – Nach welchem Mechanismus läuft diese Reaktion ab? – Schreiben die die Gesamtreaktionsgleichung (keine Details). Homologe Reihen • 19 Millionen organische Verbindungen – muß man die alle lernen?? • Klassifizierung von Molekülen in homologe Reihen: Stofffamilie aus Molekülen, die sich um eine CH2Gruppe (Methyleneinheit) von einander unterscheiden; ähnliche chemische und physikalische Eigenschaften http://www.comedy central.com/ aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Alkane • • • • Allgemeine Formel: CnH2n+2 Methan, Ethan, Propan… Reste: Methyl, Ethyl, Propyl… Strukturformeln linearer Alkane (Beispiel Hexan): • „Ball-and-stick“- Modell http://www.chemieseite.de/organisch/img/alkanzickzack.png Alkane • Unpolar • Wechselwirkungen zwischen den Molekülen: vander Waals-Kräfte – Schwach – ungerichtet – Entstehen durch e--Verteilung: spontane und induzierte Dipole, die sich anziehen (≠ elektrostatische WW, da viel schwächer und nicht permanent) – Stärke proportional zur Moleküloberfläche Moleküloberfläche in Alkanen • Alkane: je längerkettiger, desto größer die Oberfläche, linear > verzweigt http://www.biokurs.de/chemkurs/skripten/bilder/vdwbut.jpg Van-der-Waals-Kräfte • Schwach, aber nicht zu vernachlässigen! • Gecko: viele Härchen = große Oberfläche http://de.wikipedia.org/wiki/Van-der-Waals-Kr%C3%A4fte Nomenklatur von Alkanen • Benennung nach Anzahl der C-Atome der längsten Kette (= Hauptkette) • Seitengruppen nach Anzahl der C-Atome, dann alphabetisch sortieren • Vorsilben di-, tri-, tetra-,… • Durchnummerieren, so daß kleinstmögliche Zahlenwerte erhalten werden Nomenklatur von Alkanen (2) http://upload.wikimedia.org/wikipedia/co mmons/thumb/6/6c/3-ethyl-2,4dimethylhexane.svg/330px-3-ethyl-2,4dimethylhexane.svg.png aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 http://www.scimathmn.org/ Konformationsisomere http://masterorganicchemistry.com/ Konformation von linearen Alkanen • Gleiche Summenformel, aber räumliche und strukturelle Unterschiede = Isomere • Durch Rotation ineinander überführbar = Konformationsisomere http://chemwiki.ucdavis.edu/@api/deki/files/3826/=Ethane_conformation.gif aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Konformationsisomere Newmanprojektion http://masterorganicchemistry.com/ Lineare Alkane: Physikalische Eigenschaften aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Alkane: Physikalische Eigenschaften • Dichte: nimmt mit der C-Anzahl zu • Viskosität: nimmt mit der C-Anzahl zu Schmiermittel in Motoren • Löslichkeit: „Gleiches löst Gleiches!“ – Alkane = unpolar, hydrophob (Wasser = polar, hydrophil) – Löslich/mischbar untereinander – Nicht Wasserlöslich/mischbar • Brennbar: CnH2n+2 + (3/2 n+1/2) O2 -> n CO2 + (n+1) H2O Verzweigte Alkane – Isomere von Butan, Pentan und Hexan Verzweigte Alkane • Gleiche Summenformel, aber räumliche und strukturelle Unterschiede = Isomere • Verschiedene Abfolge der Bindungen = Konstitutionsisomere • Unterschiedliche physikalische Eigenschaften im Vergleich zu den linearen Alkanen http://masterorganicchemistry.com/ Verzweigte Alkane: Warum unterschiedliche physikalische Eigenschaften? • Unterschiede in der Moleküloberfläche • Verzweigt = „kugeliger“ als linear ⇒ geringere van-der-Waals-WW http://www.chm.bris.ac.uk/motm/thalidomide/structuraliso.html Vorsicht, „Pseudoisomere“! • Moleküle, die man durch Rotation ineinander überführen kann, sind keine Konstitutionsisomere = http://masterorganicchemistry.com/ Cycloalkane • Allgemeine Formel CnH2n • Cyclopropan, Cyclobutan… • Nomenklatur: richtet sich nach dem Ring, cis- und trans- für Substituenten • Ringspannung & Stabilität http://www2.chemistry.msu.edu/faculty/reusch/VirtTxtJml/Images/cycalkan.gif Cyclohexan • 3D – Struktur von Hexan • Sessel- und Wannenform, Twistform • Axiale und äquatoriale Positionen der Substituenten • Je mehr Substituenten in äquatorialer Position, desto stabiler http://www.compuchem.de/ultradem/image14.gif aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Cyclopropan • „Bananenbindungen“: Bindungswinkel nur 104° • Konsequenz: Stabilität, Reaktivität aus: Paula Bruice, Organische Chemie – Studieren kompakt, 5. Aufl, Pearson Verlag, 2010 Fossile Brennstoffe http://www.biokurs.de/chemkurs/skripten/bilder/raffin2.gif Chlorierung von Alkanen – radikalische Substitution Chlorierung von Alkanen – radikalische Substitution (2) • Kettenreaktion als „Kreislauf“ dargestellt Stabilität von Radikalen • Kohlenstoff is sp2-hybridisiert, einzelnes Elektron sitzt im pOrbital • Stabilität: Tertiär > sekundär > primär • Regioselektivität: Es wird so halogeniert, daß das entstehende C-Radikal möglichst stabil (=möglichst hoch substituiert) ist Stabilität von Radikalen (2) • Induktiver Effekt: Stabilisierung durch die σBindungern der R-Gruppen Induktiver Effekt • Hyperkonjugation: Überlappung des Radikalorbitals mit den p-Orbitalen der Nachbarbindungen Warum interessieren uns Radikale für die MST? • Viele Polymere werden durch radikalische Polymerisation erzeugt (Vergl. Praktikumsversuch Polymerisation von Styrol → Vorlesungskapitel Alkene) • Bei vielen MST-Prozessen werden Radikale erzeugt (Plasma-Reinigen, UV-Belichten). Beim Umgang mit organischen Materialien/Lösungsmitteln müssen Sie daher wissen, ob diese das „aushalten“ oder sie sich dabei verändern. Praktische Konsequenzen www.labinitio.com