Kurs: Bildungsmarketing Dozent: Prof. Barz Sommersemester 2012 Do. 14:30 – 16:00 Uhr Heinrich Heine Universität Düsseldorf Inhaltliche Vertiefung für das ePortfolio: Experteninterview mit Alexander Malek, Leiter Hochschulmarketing an der Hochschule Fresenius Köln Lara Budde BA Sozialwissenschaften, 4. Semester Matrikel-Nummer: 1946671 Frankfurter Straße 75, 51065 Köln E-Mail: [email protected] Experteninterview mit Alexander Malek Im Rahmen meines Hauptkurses „Bildungsmarketing“ und meiner Abschlussarbeit in Form eines ePortfolios, habe ich als inhaltliche Vertiefung ein Interview durchgeführt. In Anlehnung an den Inhalt der Veranstaltung wollte ich ein Gespräch mit jemandem führen, der Bildungsmarketing ganz praktisch und jeden Tag in seinem Beruf ausführt. Alexander Malek arbeitet bei der Hochschule Fresenius in Köln, einer privaten Bildungseinrichtung, mit hohem Bekanntheitsgrad. Er hat dort die Position des Abteilungsleiters Hochschulmarketing inne und beschäftigt sich so tagtäglich mit der Umsetzung von Bildungsmarketing. Insgesamt sind in der privaten Hochschule Fresenius in Köln sieben Mitarbeiter in der Abteilung Hochschulmarketing tätig. Durch das Interview möchte ich versuchen im Unterricht angesprochene theoretische Inhalte mit praxisbezogenem Wissen zu ergänzen und zu erfragen, ob die angesprochenen Modelle Umsetzung erfahren. Methodik Bei einem Interview handelt es sich um eine qualitative Methode der Befragung, wobei es sich noch weiter differenzieren lässt. In dem hier vorliegenden Fall handelt es sich um ein Experteninterview, da eine Person mir Spezialwissen zum Thema Bildungsmarketing interviewt wurde (vgl. Nohl (2009): S.20). Das Experteninterview nimmt eine prominente Stellung in der Datenerhebung ein, wobei es besonders bei soziologischen, politologischen und pädagogischen Fragestellungen eingesetzt wird (vgl. Bogner/Menz (2005): S.33). Das übergeordnete Ziel eines jeden Experteninterview ist es, dass Wissen des Experten zu einem ganz bestimmten Thema zu erschließen (vgl. Gläser/Landel (2009): S.12). Es zielt folglich auf die Rekonstruktion von Expertenwissen ab. Der Begriff „Experte“ bedarf bei seiner Verwendung einer genaueren Klärung. Ein Experte zeichnet sich in diesem Zusammenhang nicht durch seine gesellschaftlich exponierte Stellung aus, sondern lediglich durch sein Wissen. Hierbei kann ein Experte auch eine Person sein, die über ihr eigenes Handlungsfeld berichtet (vgl. Nohl (2009): S.20). In meinem Fall ein Mitarbeiter der Hochschule Fresenius, der im Bereich des Hochschulmarketings tätig ist und dadurch über ein besonderes Wissen über die praktische Umsetzung von Bildungsmarketing verfügt. Das Wort „Experte beschreibt die spezifische Rolle des Interviewpartners als Quelle von Spezialwissen über die zu erforschenden sozialen Sachverhalte“ (Gläser/Landel (2009): S.12). Der von mir zu untersuchende Sachverhalt beinhaltet die Umsetzung von der im Kurs gelernten Theorie in den praktischen Berufsalltag. Ein Mitarbeiter des Hochschulmarketings erfüllt diese Funktion sehr gut, da er über das von mir benötigte Spezialwissen verfügt und folglich ein Experte ist. 2 Wie häufig in Experteninterviews wurde auch hier mit der Hilfe eines Leitfadens gearbeitet. Im Vergleich zu einem rein narrativen Interview, in dem der Interviewer nur die Themenstellung vorgibt ohne den inhaltlichen Erzählfluss zu beeinflussen, wirkt der Interviewer durch den Leitfaden aktiv auf die Erzählungen ein (vgl. Diekmann (2010): S.542). Der Gesprächsverlauf kann jedoch stets flexible angepasst werden, weshalb ein Leitfaden keineswegs als standardisiertes Element betrachtet werden kann (vgl. Nohl (2009): S. 21). In einem Leitfaden werden vorab Fragen formuliert, wobei man diese als Richtschnur betrachten muss. Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Laufe des Interviews Nachfragen entstehen, die zur vollständigen Beantwortung der Frage dienen. Solche können jeder Zeit gestellt werden und auch die Reihenfolge ist nicht vorab festgelegt, sondern situationsspezifisch anpassbar (vgl. Gläser/Landel (2009): S.42). Geht ein Interviewpartner bereits von sich aus auf ein Thema, zu dem später eine Frage folgen sollte, ein, so ist es sinnvoll selbige vorzuziehen und den Interviewten nicht künstlich wieder davon abzubringen. Ein Leitfaden unterstützt folglich das freie Erzählen, doch gerade wenn in einem Interview mehrere Themengebiete oder spezielle Fragen angesprochen werden sollen hilft ein Leitfaden dies zu realisieren (vgl. Nohl (2009): S. 22). Eine weitere wichtige Funktion, die ein Leitfaden erfüllt, ist die Garantie des Vorwissens durch den Interviewer. Bei dem Gespräch mit dem Experten wird der Interviewer zu einem „Quasi-Experten“ (Pfadenhauer (2005): S.120), da er sich ebenfalls intensiv mit dem Thema auseinander setzten muss. Ein vor dem Gespräch erstellter Leitfaden stellt sicher, dass auch während des Interviews die Fragen thematisch fundiert bleiben und der Interviewer seinem Gesprächspartner auf Augenhöhe begegnet (vgl. Pfadenhauer (2005): S.119). Was die Gesprächsführung belangt, so geht es beim „Experteninterview darum, den Gesprächspartner weder in eine verhör-ähnlichen noch in eine künstlich `non-direktive´ (…) Kommunikationssituation zu versetzten“ (Pfadenhauer (2005): S.118). Am besten gibt man dem Gespräch den Charakter einer normalen Unterhaltung. Vorbereitung Nach der Sichtung der methodischen Literatur liefen zwei Schritte der Vorbereitung für das Interview parallel ab. Auf der einen Seite stand die Ausarbeitung der Fragen, die während des Interviews als Leitfaden dienen sollten, während auf der anderen Seite die Kontaktaufnahme mit möglichen Interviewpartnern wichtig war. Zu Beginn des Interviews sollten ein paar einleitende Fragen über die Bildungseinrichtung und deren Abteilung für Hochschulmarketing stehen. Einen thematischen Punkt, der auch bei uns im Kurs zum Bereich Hochschulmarketing mehrfach angesprochen wurde, sollten einige Fragen zu Messeaktivitäten darstellen, ebenso wie die zunehmende Präsentation von Hochschulen auf dem 3 digitalen Markt (vgl. Interview). Selbstverständlich habe ich versucht noch weitere im Kurs behandelte Themenfelder einzubinden. Mit Frage 9 und 12 habe ich letztlich die in einer Sitzung besprochenen, bzw. entstandenen Fragen an den Experten weitergegeben. Zum Abschluss des Interviews sollte ein Ausblick auf die Entwicklung des Hochschulmarketing in den nächsten Jahren das Gespräch abrunden (vgl. Interview). Ohne den konkreten Gesprächspartner zu kennen bildete der Leitfaden jedoch lediglich ein Grundgerüst, dass erst nach der Zusage von Alexander Malek von der Hochschule Fresenius vervollständigt wurde. Die detaillierte Homepage der Hochschule Fresenius half enorm dabei die Fragen auf konkrete Aktivitäten zu fokussieren, wie beispielsweise in Frage 7. Neben der Hochschule Fresenius habe ich auch bei der Universität zu Köln angefragt, ob jemand aus dem Bereich Hochschulmarketing für ein Interview zur Verfügung stehen würde. Leider sagte man mir dort mit der Begründung des Zeitmangels ab. Über die Zusage von Herrn Malek war ich hoch erfreut, auch weil die Hochschule Fresenius eine recht bekannte private Bildungseinrichtung in Deutschland darstellt. Der dort für Marketing betriebene Aufwand ist verhältnismäßig hoch, weshalb ich mir ein vielversprechendes Interview erhoffte. Nach einer Terminabsprache und dem Ausleihen eines Aufnahmegerätes im Supprt-Center Qualitative Sozialforschung der Heinrich-Heine Universität konnte der aktive Teil des Interviews beginnen. Durchführung Das Interview wurde auf dem Gelände der Hochschule Fresenius in Köln geführt. In der Literatur wurde immer wieder erwähnt, dass der Interviewer für eine ungezwungene, angenehme Atmosphäre sorgen soll, die einen schlichten Gespräch gleicht (vgl. Diekmann (2010): S.532). Genau eine solche Atmosphäre hat sich bei der Kommunikation bereits von Anfang an eingestellt. Das Aufnahmegerät hat dafür gesorgt, dass auch ich mich vollkommen auf das Interview konzentrieren konnte und nicht durch mitschreiben abgelenkt war, was dem Eindruck eines normalen Gespräches deutlich widersprochen hätte. Die Einstiegsfrage, seit wann die Hochschule Fresenius bereits Marketing vortreibt, erwies sich als sehr geeignet, da Herr Malek durch sie direkt ins Reden kam und die Entwicklung des Hochschulmarketings an der Hochschule Fresenius darstellte. Der von mir entwickelte Leitfaden umfasste insgesamt zwanzig Fragen, wobei sehr schnell klar wurde, dass im Laufe des Interviews Antworten auf noch nicht gestellte Fragen bereits gegeben wurden. Diese sind folglich entfallen, da der Leitfaden während des Gespräches jeder Zeit flexibel angepasst werden kann (vgl. Diekmann (2010): S. 524). Insgesamt sind fünf Fragen bereits vorab beantwortet worden und mussten von mir nicht mehr gestellt werden. Auch die vorab überlegte Struktur habe ich während dem Interview verändert und besser an den Gesprächsverlauf angepasst. 4 Im Anschluss an das Interview entwickelte sich noch ein Gespräch über meinen Studienverlauf, sowie über die Vor- und Nachteile einer privaten Hochschule im Vergleich zu einer staatlichen Universität. Leider war hier das Aufnahmegerät bereits abgeschaltet, denn inhaltlich war dies noch einmal sehr interessant. Herr Malek, der selbst an der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf Informationswissenschaften und Romanistik studiert hat, vertrat eine sehr reflektierte Position zu diesem Thema. Vorteile einer privaten Hochschule seien für ihn die Übersichtlichkeit und der stets vorhandene Ansprechpartner. Auch die individuellere Betreuung, sowie die kleinen Gruppengrößen und der bessere Dozentenschlüssel stellen für ihn positive Aspekte einer privaten Hochschule dar. Als Stärken der staatlichen Universitäten sieht er jedoch die besseren Möglichkeiten für die Forschung, sowie die Angebotsvielfalt, die es Studenten erlaubt über die Grenzen ihres eigenen Studiengangs hinaus zu blicken. Auswertung Die Hochschule Fresenius stellt mit ihrem seit 2003 professionell betriebenen Hochschulmarketing mit Sicherheit einer der Vorreiter auf dem deutschen Markt dar. Als private Hochschule muss sie sich besonders gut präsentieren um Bewerber zu gewinnen. Genau dies ist der Punkt, weshalb laut Malek für private Hochschulen Marketing unabdingbar, für staatliche Universitäten jedoch verzichtbar ist. Nach seinen Einschätzungen wird sich langfristig an jeder Universität oder Fachhochschule eine Abteilung für Marketing etablieren, man könne jedoch nicht wirklich davon sprechen, dass die privaten den staatlichen vorausgeeilt wären. Die Notwendigkeit sei eine gänzlich andere. An Staatliche Hochschulen studiert der größte Teil der Studenten und das nahezu ohne Kostenaufwand von Seiten der Studierenden. Private Hochschulen stehen nun in der Erklärungsschuld, welche Vorteile ein Studium bei ihnen birgt, dass es sich lohnt hohe Studiengebühren dafür zu bezahlen. Wer mehr fordert (Gebühren) muss auch mehr bieten. Diesen Ansatz fand ich sehr schlüssig. Für die allgemeine Durchsetzung von Hochschulmarketing an allen Bildungseinrichtungen sieht Malek einen ganz anderen Grund. In den kommenden Jahren wird sich im Zuge des demografischen Wandels der Wettbewerb deutlich verstärken. Der Markt für Bildungseinrichtungen ist aktuell gesättigt, doch durch die hohe Anzahl an Bewerbern, die durch Doppeljahrgänge und Wehrpflichtaussetzung zu Stande kommt, existiert genug Nachfrage. Nimmt nun jedoch in den nächsten zehn Jahren die Anzahl an potenziellen Bewerbern stetig ab, wird es für die zahlreichen Hochschulen umso wichtiger akkurates Marketing zu betreiben. In den nächsten Jahren müsse man sich definitiv auf eine verstärkte Wettbewerbssituation einstellen. Ausgesprochen interessant fand ich Maleks Einschätzung dazu, wer die Kunden, bzw. die Zielgruppe des Marketings darstellt. Offen äußerte Malek, dass die Studenten der Hochschule selbst für das Marketing uninteressant seien, da sie bereits vor Ort studieren würde und nicht mehr geworben 5 werden müssen. Einzig und alleine um sie für einen Master oder eine berufliche Weiterbildung im Anschluss an ihr Studium zu gewinnen, seien sie für das Marketing relevant. Im Mittelpunkt des Interesses stehen vor allem potenzielle Studenten, die dazu gebracht werden sollen sich zu Bewerben. Er selbst nennt dies „einen Interessenten zu einem Bewerber zu konvertieren“ (vgl. Interview). Auf die Frage, ob man Bildung wie ein herkömmliches Produkt vermarkten kann, die wir auch bei uns im Kurs diskutiert haben, gibt Malek eine klare Antwort. Ja. Bildung lasse sich letztlich genauso vermarkten, wie jede andere Dienstleistung auch. Er wählt einen Vergleich mit einem Onlinekredit, der vom Prinzip her genauso beworben werden kann, wie ein Studienplatz. Genauer auf die Mechanismen des Marketings geht er hier leider nicht ein. Hochschulmarketing kann also eine Branche betrachtet werden, deren Bedeutung in Zukunft noch zunehmen wird. Bereits jetzt kümmern sich zahlreiche Hochschulen um eine solche Abteilung, jedoch ist dies in Deutschland noch verhältnismäßig gering ausgeprägt. Hochschulmarketing umfasst viele Dinge, von der Gestaltung der Onlineangebote, über die Präsenz auf Messen bis hin zu Eventgestaltung. Die wichtigste Aufgabe, der sich die Abteilung Hochschulmarketing der Fresenius Hochschule in Köln widmet fasst dies alles zusammen und lässt sich als Inszenierung der Marke betiteln. Genau dies ist es, was herkömmliches Marketing ebenfalls macht, nur eben nicht mit Bildungsangeboten. 6 Literaturangaben Bogner, Alexander/ Menz, Wolfgang (2005): Das theoriegenerierende Experteninterview. Erkenntnisinteresse, Wissensformen, Interaktion, In: Das Experteninterview, Bogener, Alexander/ Littig, Beate/ Menz, Wolfgang (Hrsg.), 2.Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, S.3370 Diekmann, Andreas (2010): Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 4.Auflage Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg Gläser, Jochen/ Laudel, Grit (2009): Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse. 3.Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden Nohl, Arnd-Michal (2009): Interview und dokumentarische Methode, Anleitungen für die Forschungspraxis. 3.Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden Pfadenhauer, Michaela (2005): Auf gleicher Augenhöhe reden. Das Experteninterview – ein Gespräch zwischen Experte und Quasi-Experte, In: Das Experteninterview, Bogener, Alexander/ Littig, Beate/ Menz, Wolfgang (Hrsg.), 2.Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, S. 113 - 130 7