Aus der Abteilung für Anatomie und Molekulare Embryologie der Ruhr-Universität Bochum Leitung: Prof. Dr. Beate Brand-Saberi Der Einfluss des Transkriptionsfaktors Atoh8 auf die Embryonalentwicklung des Zebrafisches – Analyse der Skelett- & Herzmuskelentwicklung Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Kevin Bockholt aus Dorsten 2014 Dekan: Prof. Dr. Klaus Überla Referent: Prof. Dr. Beate Brand-Saberi Korreferent: Prof. Dr. Ruijin Huang Tag der Mündlichen Prüfung: 11.12.2014 Abstract Kevin Bockholt Der Einfluss des Transkriptionsfaktors Atoh8 auf die Embryonalentwicklung des Zebrafisches – Analyse der Skelett- & Herzmuskelentwicklung Problem: Einige Studien haben bereits nachgewiesen, dass der bHLH Transkriptionsfaktor atoh8 an der embryonalen Entwicklung von Retina, Skelett- und Herzmuskulatur sowie an der Neurogenese wesentlich beteiligt ist. In der vorliegenden Dissertation wurde der Einfluss dieses Transkriptionsfaktors insbesondere auf die Myogenese und Kardiogenese des Zebrafisches experimentell untersucht. Es wurden spezifische Knockdown-Experimente an Zebrafischembryonen durchgeführt, um Defekte in den beobachteten muskulären sowie kardialen Strukturen während der Embryogenese nachzuweisen, die in Abhängigkeit zum atoh8-Mangel auftreten. Methode: Im Rahmen der artgerechten Tierhaltung wurden die zur Beobachtung und Analyse genutzten Zebrafischembryonen gewonnen. In den atoh8- Knockdown-Versuchsreihen erfolgte eine Aufteilung der Embryonen in drei Testgruppen unterschiedlicher Bedingungen (Morpholinoinjektion, Kontrollsubstanz-Injektion, keine Injektion). Die Injektionen erfolgten als Mikroinjektionen in Embryonen im Ein- bis Zwei-Zell-Stadium. Neben der anschließenden Beobachtung der Entwicklung wurden Embryonen verschiedener Stadien zur Durchführung von whole mount in-situ-Hybridisierungen vorbereitet. Die in-situ-Hybridisierungen erfolgten mittels spezifischer Marker zur Darstellung entsprechender Strukturen. Die Expressionsmuster der drei Testgruppen wurden jeweils verglichen und ausgewertet. Schnittbildpräparate dienen der detaillierten, vergleichenden Beobachtung und Analyse der Testgruppen. Ergebnis: In dieser Studie konnte der ausgeprägte Einfluss von atoh8 auf die Embryonalentwicklung der Skelettmuskulatur dargestellt werden. Dabei gelang erstmalig der Nachweis, dass die direkte myodGenexpression selbst nicht beeinflusst wird. Aufgrund beobachteter Störungen der Ausprägung horizontaler Myosepten bei atoh8-Knockdown innerhalb der Somiten scheint die Differenzierung myogener pioneer cells einem Einfluss von atoh8 zu unterliegen. Darüber hinaus wurde eine prägnante, bei Knockdown häufig letal endende Beeinflussung der kardialen Embryogenese gezeigt. Beobachtungen an Morphanten weisen auf eine eingeschränkte kardiale Kontraktilität hin; assoziiert mit einer erstmals beschriebenen Abhängigkeit einiger Schlüsselgene der Herzentwicklung von atoh8 mit Auswirkung auf die vmhc-Genexpression. Neben dem Einfluss auf die Entwicklung kardialer Strukturen, wie der Ausbildung von atrioventrikulären Grenzen und der Ausbildung tubulärer Vorläuferstrukturen, scheint ebenfalls eine Abhängigkeit der kardialen Fusion von atoh8 zu bestehen. Diskussion: Hinsichtlich der Beeinflussung der embryonalen Entwicklung der Skelettmuskulatur durch atoh8 geben sowohl mit der Entwicklung der pioneer cells assoziierte Differenzierungsstörungen als auch daraus resultierende Myopathien langsamer Muskelfasern Anlass zur weiteren Forschung. Zudem stellen die von atoh8 beeinflusste Regulation der vmhc-Genexpression und mit dessen Defekten assoziierte Kardiomyopathien, wichtige Themen weiterer Analysen dar. Auch die Beeinflussung der frühen kardialen Prägung tubulärer Systeme, deren Fusionsprozesse sowie mögliche Auswirkungen auf die Ausbildung atrioventrikulärer Übergänge repräsentieren weitere Schwerpunkte anschließender Forschungsprojekte. Für meine Familie Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1.1 Danio rerio 7 7 1.1.1 Allgemeines 7 1.1.2 Verwendung in der Forschung 7 1.1.3 Embryogenese 8 1.1.4 Somito- & Myogenese 12 1.1.5 Herzentwicklung 14 1.2 Atonal homolog 8 (atoh8) 16 1.3 Marker zur Analyse der Myo- & Kardiogenese 17 1.3.1 Pax3a 18 1.3.2 Myod 19 1.3.3 Ventricular myosin heavy chain (vmhc) 20 1.3.4 Natrium-Calcium-Austauscher (ncx-1) 21 1.4 Entwicklung der Methodik 22 1.4.1 In-situ-Hybridisierung 22 1.4.2 Morpholinos 23 1.4.3 Mikroinjektion 24 2. Zielsetzung 26 3. Material & Methoden 27 3.0 Materialien 27 3.1 Danio rerio Aquaristik 29 3.1.1 Tierhaltung 29 3.1.2 Fütterung 31 3.1.3 Nach- & Aufzucht 31 3.2 Mikroinjektion 32 3.2.1 Agarose-Gel Platten 32 3.2.2 Injektionsnadeln 33 3.2.3 Morpholino 33 3.2.4 Etablierung der Anlage/ Setting 34 1 3.2.5 Mikroinjektionsvorgang 34 3.2.6 Nachbehandlung 35 3.3 Dechorionation 35 3.4 In-situ-Hybridisierung 36 3.4.1 Primer-Design 36 3.4.2 Sondenherstellung 37 3.4.3 Ablauf der in-situ-Hybridisierung 37 3.5 Herstellung von Schnittpräparaten 42 3.5.1 Semi- & Ultradünnschnittpräparate 42 3.5.2 Kryoschnittpräparate 43 3.6 Mikroskopie 43 3.7 Auswertung 44 4. Ergebnisse 45 4.1 Atoh8-Expression in Herz- & Skelettmuskulatur 45 4.2 Morpholino-Mikroinjektion 46 4.2.1 4.3 Morphologisch- anatomische Unterschiede Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung 47 48 4.3.1 In-situ-Hybridisierung mit pax3a-Marker 48 4.3.2 In-situ-Hybridisierung mit myod-Marker 50 4.3.3 Kein myod-Nachweis im 48 hpf-Stadium 54 4.3.4 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung, 4.3.5 4.4 jedoch nicht die myod-Genexpression 55 Atoh8 beeinflusst adaxiale Zellpopulationen 55 Beeinflussung der kardialen Embryogenese 4.4.1 59 Darstellung der kardialen Strukturen mittels vmhc-Marker 59 4.4.2 Funktion der Doppel-in-situ-Hybridisierung 62 4.4.3 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Beobachtungen 4.4.4 4.4.5 64 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Analyse der vmhc-in-situ-Hybridisierung 65 Atoh8 beeinflusst die vmhc-Genexpression 70 2 4.4.6 4.4.7 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Analyse der ncx-1-in-situ-Hybridisierung 72 Kein direkter Einfluss auf die ncx-1-Genexpression 78 5. Diskussion 81 5.1 Etablierung der Mikroinjektion 81 5.2 In-situ-Hybridisierung 83 5.3 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung 84 5.3.1 Pax3a-Analysen 85 5.3.2 Myod-Analysen 87 5.4 Atoh8 beeinflusst die kardiale Entwicklung 90 5.4.1 Vmhc-Analysen 91 5.4.2 Ncx-1-Analysen 94 5.4.3 Embryonen in späteren Entwicklungsstadien 98 6. Zusammenfassung 101 7. Literaturverzeichnis 104 8. Anhang 112 3 Abkürzungsverzeichnis atoh8 atonal homolog 8 bHLH Basic helix-loop-helix Bmp Bone morphogenetic protein cmlc1 cardiac myosin light chain 1 cmlc2 cardiac myosin light chain 2 Eng Engrailed GFP grün fluoreszierendes Protein hpf hours post fertilisation ISH in-situ-Hybridisierung KI Konfidenzintervall mil miles apart-Gen MO Morpholino MOmis mismatch Morpholino MRF myogenic regulatory factor mRNA messenger RNA myf5 myogener Faktor 5 myod myogener Faktor 3 myog myogener Faktor 4 (myogenin) ncx-1 Natrium-Calcium-Austauscher N.N. non nomine Nodal Protein der TGF-beta Superfamilie o.O. ohne Ortsangabe OR Odds Ratio pan pandora-Gen pax3 paired box Transkriptionsfaktor 3 PFA Paraformaldehyd smhc slow muscle heavy chain vmhc ventricular muscle heavy chain 4 Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Schema der frühen embryonalen Entwicklungsstadien 10 Abb. 2 Schema der Embryonalentwicklung nach 24 hpf 11 Abb. 3 Agarose- Gel Platte 33 Abb. 4 Prinzip der in-situ-Hybridisierung 39 Abb. 5 ISH mit atoh8-Sonde 45 Abb. 6 Fluoreszenz der Morpholino- Injektion 47 Abb. 7 Pax3a-in-situ-Hybridisierung 50 Abb. 8 Myod-in-situ-Hybridisierung 52 Abb. 9 Statistische Auswertung der myod-ISH 53 Abb. 10 Myod/vmhc-ISH, 48 hpf 54 Abb. 11 Dünnschnittpräparate 56 Abb. 12 Dünnschnittpräparate nach myod-ISH 57 Abb. 13 Schematischer distaler Schnitt eines Zebrafisches 58 Abb. 14 Vmhc-ISH verschiedener Stadien 60 Abb. 15 Vmhc-ISH späterer Stadien 61 Abb. 16 Vmhc-ISH nach 30 hpf 62 Abb. 17 Vmhc/myod-ISH 24 hpf 66 Abb. 18 Vmhc/myod-ISH 48 hpf 68 Abb. 19 Statistische Auswertung der vmhc-ISH 70 Abb. 20 Erweiterte statistische Auswertung der vmhc-ISH 72 Abb. 21 Ncx-1-ISH 75 Abb. 22 Statistische Auswertung der ncx-1-ISH 77 Abb. 23 Schritte der kardialen Embryogenese 98 Abb. A1 Stand-Alone-Unit 112 Abb. A2 Chemische Strukturformeln von Morpholino und DNA im Vergleich 112 Abb. A3 Injektionsvorbereitungen 113 Abb. A4 Schematische Darstellung einer Vier-Felder-Tafel 113 5 Tabellenverzeichnis 1. Chemikalien 27 2. Geräte & Hilfsmittel 28 3. sonstige Verbrauchsmaterialien 29 4. Wasserwerte 30 5. E3-Medium 32 6. Injektionsparameter 34 7. 4% PFA in PBS 35 8. PBS (20x) 35 9. Primersequenzen 36 10. PBST (20x) 39 11. DEPC-Wasser 39 12. Proteinase K Verdau 39 13. Hybridisierungslösung nach Patel (1000ml) 39 14. 20X SSC (1000ml) 40 15. CHAPS 40 16. 2X SSC (50ml) 40 17. 0,2X SSC mit CHAPS (1:50) 40 18. Blockinglösung 40 19. Maleinsäure-Puffer 41 20. Anti-DIG-AK-Lösung 41 21. 10X KTBT-Puffer (1000ml) 41 22. Tris-Lösung 1M, pH 7,4 41 23. Tris-Lösung 1M, pH 9,5 41 24. alkalische Phosphatase-Puffer (NTMT) 100ml 41 25. Färbelösung (NBT/BCIP) 42 26. “Durcupan Microscopy Sciences“ACM von Electron 42 27. Methylenblau-Färbelösung 43 6 1. Einleitung 1.1 Danio rerio 1.1.1 Allgemeines Der Zebrabärbling, Danio rerio (früher Brachydanio rerio) (Hamilton, 1822), gehört zur Familie der karpfenartigen Fische, Cyprinidae (Nüsslein-Volhard and Dahm, 2002). Beheimatet ist diese Fischart ursprünglich in den langsam fließenden Gewässern Asiens und Indiens. Diese Bärblingart besitzt einen langen, stromlinienförmigen Körper mit weißgelblicher Grundfarbe. Vom Kiemendeckel bis zur Schwanzflosse erstrecken sich horizontal verlaufende, bläulich- schwarz irisierende Banden, während die übrigen Brust- sowie Bauchflossen farblos schimmern. Die Gesamtwirbelzahl der Zebrabärblinge liegt bei 31-32. Während die Männchen in ihrer Zeichnung kräftiger schimmern, weisen Weibchen einen fülligeren Körperbau auf und werden etwas größer, wobei die streifige Zeichnung blasser erscheint (Nüsslein-Volhard and Dahm, 2002; Baensch and Riehl, 1997). 1.1.2 Verwendung in der Forschung Der Zebrabärbling dient aufgrund vieler Charakteristika als Modellorganismus in der Genetik, Biologie und Anatomie (Nüsslein-Volhard and Dahm, 2002; Kimmel et al., 1995). Durch sein diploides Genom mit 25 Chromosomen und einer, im Vergleich zum Menschen, geringen Größe von 1,7 Gigabasen eignet sich D. rerio insbesondere zur genetischen Analytik. Mutanten können experimentell etabliert werden oder die Möglichkeit zu Knockoutexperimenten einzelner Gene besteht. Der enorme Vorteil liegt in der vollständigen extramaternalen Entwicklung der abgelaichten Eier vom Ein-Zell-Stadium an. Zudem haben die Eier bereits im frühesten Stadium eine entsprechende Größe für die Durchführung von Mikroinjektionen und sind darüber hinaus während der gesamten Embryogenese durchsichtig, sodass Beobachtungen bis zum Schlüpfen erfolgen und morphologische Unterschiede erkannt werden können. 7 Ein weiterer Vorteil der experimentellen Nutzung von Zebrafischen liegt in der Tierhaltung, da D. rerio keine hohen Ansprüche an ihre Umgebung stellen. Dank ihrer geringen Größe und der vergleichbar einfachen Wasseransprüche ist die Haltung eine kostengünstige Variante im Vergleich zur Haltung von Mäusen. Nach etwa drei bis vier Monaten sind die Fische geschlechtsreif und können wöchentlich bis zu mehreren Hundert Eiern produzieren. Somit besteht aufgrund der im Vergleich zu Hühnern oder Mäusen kurzen Regenerationsdauer die Möglichkeit, kurzfristig gezielt Embryonen zur experimentellen Nutzung zu gewinnen. 1.1.3 Embryogenese Eine sehr detaillierte Beschreibung und Aufschlüsselung der embryonalen Entwicklung von D. rerio wurde von Kimmel et. al vorgenommen (Kimmel et al., 1995). Die Einteilung der Embryogenese erfolgt demnach in verschiedene charakteristische Stadien, die nachfolgend dargestellt werden. Nach der Fertilisation liegt etwa 45 Minuten später das Stadium der Zygote vor, welche die Komplettierung des ersten zygotischen Zellzyklusses beschreibt. Die Zygote weist einen Durchmesser von etwa 0,7mm auf. Es schließt sich die Furchungsperiode an, welche die Entstehung der Blastomeren durch Zellteilung umfasst. Die Zellteilungen erfolgen durchschnittlich im 10-15 Minuten Rhythmus (s. Abb. 1A). Dieses Stadium dauert etwa zwei Stunden an, die Embryonen befinden sich anschließend im 64- Zell- Stadium mit dreireihig angeordneten Blastomeren. Die sich mit dem Embryonalentwicklung 128-Zell-Stadium wird von anschließende Kimmel und Kollegen Phase als der Blastula beschrieben (Kimmel et al., 1995). Die Blastomeren teilen sich asynchron und formen die Keimscheibe. Der animale Pol erhält zunächst einen sphärischen Charakter mit flacher Grenze zum Dottersack (s. Abb. 1B). Zwischen dem Dottersack und dem animalen Pol beginnt sich eine dünne Membran (yolk syncytial layer) zu entwickeln. Mit zunehmender Zellmasse des animalen Pols wird der Begriff des Blastoderm geprägt, welcher aus der Keimscheibe durch eine frühe Morphogenese hervorgeht. Am Ende des Blastulastadiums, etwa 4,5 Stunden nach Fertilisation (hpf), liegt das 8 Blastoderm als uniforme Schicht vor. Der Dotter wird zu dem Zeitpunkt bis zu 30% vom Blastoderm umwachsen (30% Epibolie). Die sich an die Blastulation anschließende Gastrulation (5-10 hpf) ist zunächst durch das voran schreitende Umschließen des Dottersackes (50% Epibolie) geprägt. Mit weiterem Umwachsen bildet sich eine Verdickung (embryonic shield), welche die Dorsalseite des Embryos vermuten lässt. Mit fortschreitender Entwicklung formen sich erste Strukturen des Kopfes aus dem früheren animalen Pol, weiterhin entsteht über das 75% Epibolie- das 100% Epiboliestadium. Einerseits ist der Epiblast, aus welchem sich alle drei Keimblätter entwickeln, erkennbar, andererseits ist der Hypoblast, aus welchem sowohl der Dottersack als auch die Prächordalplatte hervorgehen, abgrenzbar. Von der mesodermalen Chorda dorsalis, welche sich als elastischer Stab zwischen Neuralrohr und späterem Darm befindet und während der Entwicklung Festigkeit verleiht, lässt sich zunehmend die Segmentplatte, welche dem paraxialen Mesoderm entspringt und aus noch undifferenziertem Gewebe besteht, abgrenzen. Die sich später aus der Segmentplatte formenden Somiten nutzen die Chorda dorsalis zur Befestigung. Nach ungefähr zehn Stunden ist schließlich ein prominenter Schwanzbereich sichtbar und die Hirnstrukturen sowie das zentrale Nervensystem des Neuralrohres treten deutlicher hervor (Mendelson, 1986). In der darauf folgenden Segmentierungsperiode (10 bis 24 hpf) erstreckt sich die größte Vielfalt der embryonaler Entwicklungsschritte (s. Abb. 1D). Die Ausbildung der Somiten, welche später Myotome, Sklerotome und Dermatome bilden, aus der Segmentplatte von kranial nach kaudal beginnt mit einer Frequenz von zwei Somitenpaaren pro Stunde, der Embryo elongiert. Zudem werden die Organanlagen deutlich sichtbar. Die Hirnstrukturen entwickeln sich etwa im 5-Somiten-Stadium weiter, es entsteht die Gehöranlage aus dem optischen Vesikel die Anlage des Auges. Auch die Herzanlage, welche bereits in der Gastrulation ihren Ursprung nahm, wird ventral des Dottersackes zunehmend deutlich. Im 20-Somiten-Stadium sind erste Muskelkontraktionen der Somiten oder frühen Myotome im Schwanzbereich wahrnehmbar (s. Abb. 1D). Die Bildung der kaudalen Somiten erfolgt mit einer geringeren Frequenz. 24 hpf befindet sich der 9 Embryo im 26-Somiten-Stadium bei einer Länge von etwa 1,6mm (s. Abb. 2A). Während der nächsten 24 Stunden beginnt neben der weiteren Reifung der Organe die Pigmentierung der Retina und in den dorsolateralen Melanophoren der Haut. Dieses Entwicklungsstadium wird von Kimmel et. al als Pharyngula-Periode, zuerst von W. Ballard beschrieben (Ballard, 1981), bezeichnet. Die Anlagen der Flossen werden deutlich. Zudem sind am Rande des Dottersackes erste Blutzellen in den Blutinseln erkennbar. Die zunächst paarig angelegten Herztuben nähern sich bis zur Vereinigung an. Mit der Entwicklung des Gefäßsystems entsteht nach ca. 30 hpf eine schwache Zirkulation bei erkennbarem Herzschlag. Durch die voran schreitende embryonale Ausbildung einer einstämmigen Aorta, der Gefäßversorgung der kaudalen Körperregionen und eines suffizienten Venensystems entsteht ab der 36. hpf ein starker Blutkreislauf mit Teilung in Atrium und Ventrikel des Herzens. Die Größe des Dottersackes verringert sich mit zunehmender Extension nach kaudal. Nach 42-48 hpf hat bereits eine deutliche Differenzierung der Sinnesorgane sowie des Intestinums stattgefunden, sodass der Embryo bei einer Länge von 2,9mm in die Schlüpfphase eintreten kann (s. Abb. 2B). Abbildung 1. Schema der frühen embryonalen Entwicklungsstadien Entwickelt nach den Vorgaben von Kimmel und Kollegen (Kimmel et al., 1995) A) 4-Zell-Stadium; die Keimscheibe beginnt sich zu formen. B) Sphären- Stadium während der Blastulation nach dem 128-Zell-Stadium. C) 1-Somiten-Stadium zu Beginn der Segmentation nach etwa 10hpf. D) 19-Somiten-Stadium nach etwa 20hpf. Die v-förmig angeordneten Somiten sind bis in die Schwanzregion erkennbar, die Extension des Dottersackes nach kaudal beginnt, die Anlage der Augen ist sichtbar. 10 Abbildung 2. Schema der Embryonalentwicklung nach 24 hpf Entwickelt nach den Vorgaben von Kimmel und Kollegen (Kimmel et al., 1995) A) Embryo 24hpf im 26-Somiten-Stadium. B) B) Embryo 48hpf, kurz vor dem Schlüpfen. Die von Kimmel und Kollegen bis zur 72. hpf dauernde „Hatching-Period“ ist geprägt durch die Komplettierung der Organogenese (Kimmel et al., 1995). Bezeichnend für diese Phase sind einerseits die reifenden Flossen und die Aushärtung des Skeletts, andererseits die vollständige Ausbildung aller Kopfstrukturen aus den Kiemenbögen. Durch den schrumpfenden Dottersack gewinnt das Herz mehr Prominenz. Nach etwa drei Tagen ist die embryonale Entwicklung soweit abgeschlossen, dass die Larve schlüpfen kann. Der Dottersack ist nach seiner Elongation nur noch rudimentär sichtbar. Das Darmrohr verlagert sich nach ventral und tritt mehr in Erscheinung, die Pigmentierung der Haut ist mit der lateralen Streifung nahezu 11 abgeschlossen, allerdings gewinnen die Streifen mit zunehmendem Wachstum des Fisches an Prominenz. Mit dem Schlüpfen nach dem 3. Tag nach der Befruchtung beginnen die aktive Bewegung sowie die aktive, orale Nahrungsaufnahme. Die Länge der Tiere in der Phase beträgt etwa 3, 6mm. In der sich anschließenden Lebensphase ist das wichtigste Element das Körperwachstum des Fisches. 1.1.4 Somito- & Myogenese In der embryonalen Periode der Gastrulation werden neben vielen weiteren embryonalen Prozessen auch die Keimblätter gebildet. Während das Endoderm beispielsweise zur Bildung der gastrointestinalen Organe beiträgt und aus dem Ektoderm Nervensystem und Haut entstehen, ist das Mesoderm für die Bildung des Gefäß- & Blutsystems, der Muskulatur und des Skelettsystems unerlässlich. Tritt der Embryo in die Phase der Segmentation ein, entstehen aus dem paraxialen Mesoderm von kranial nach kaudal sequentiell Somiten (Kimmel et al., 1995). Die ersten Somitenpaare entstehen dabei aus ungeklärter Ursache mit einer höheren Frequenz als die kaudalen Somiten. Nach vollständiger Ausbildung der Somiten erscheinen diese differenziert oval. Die überwiegende Mehrheit der medial in den Somiten befindlichen Zellen wird in die Myogenese eintreten und sich zu Myotomen, den späteren Muskelsegmenten, entwickeln (Kimmel et al., 1995), der lateral gelegene Teil bildet Sklerotome. Anhand der Transkription von myf5 und myod wurde nachgewiesen, dass bereits während der Gastrulation die Myogenese einiger muskulärer Vorläuferzellen beginnt (Weinberg et al., 1996). Am medialen Rand der Somiten gelegen, lateral der Chorda dorsalis, befindet sich eine Region, die als adaxiale Region bezeichnet wird (Thisse et al., 1993). Sowohl in den adaxialen Somiten als auch dorsoventral mittig der Somiten befinden sich Zellen, als „muscle pioneer cells“ bezeichnet, welche zu den ersten sich ausprägenden Muskelfasern zählen (Felsenfeld et al., 1991) und sich im Verlauf zu langsamen Muskelfasern differenzieren (Devoto et al., 1996). Die adaxialen muskulären Vorläuferzellen bilden eine pseudoepitheliare Schicht, welche die Pionierzellen (pioneer cells) in hoher Anzahl enthält (Devoto et al., 1996). Durch die Migration und Elongation eines Teiles 12 der sich zu langsamen Muskelfasern differenzierenden Pionierzellen an den äußeren Rand der Somiten erhalten die Myotome ihre chevron-artige (vförmige) Form, wobei der Apex nach anterior weist (van Eeden et al., 1996). Entlang des Verlaufes der Pionierzellen bildet sich im Verlauf das horizontale Myoseptum aus, welches die Myotome in dorsal des Septums liegende epaxiale und ventral liegende hypaxiale Muskelmassen unterteilt (Kimmel et al., 1995). Die lateral gelegenen, nicht adaxialen Vorläuferzellen bilden die Vorläufer der schnellen Muskelfasern (Devoto et al., 1996). Somit können bereits während der embryonalen Entwicklung verschiedene Muskelzellpopulationen aufgrund ihrer unterschiedlichen Lokalisation im Myotom unterschieden werden (Hirsinger et al., 2004). Während die Vorläuferzellen der langsamen (roten) Muskelfasern im adulten Fisch in den superfiziellen Schichten unter der Haut angelegt sind, bilden die schnellen (weißen) Muskelfasern später die tieferen Skelettmuskelschichten aus (Ochi and Westerfield, 2007). Die Pionierzellen exprimieren neben dem für langsame Muskelfasern typischen Protein smhc auch spezifisch Mitglieder der Engrailed (Eng) Homeobox Protein Familie (Hatta et al., 1991). Während der Somitenentwicklung fällt eine sich wolkenförmig lateral an die adaxialen Pionierzellen anlagernde Zellpopulation auf, die eine geringere Expression von Eng aufweist, jedoch kein smhc exprimiert. Diese als „mittelschnelle Muskelfaserzellen“ oder „Eng positive fast muscle cells“ klassifizierte Zellgruppe ist bislang unklarer Funktion (Hatta et al., 1991). Am Ende der Periode der Segmentierung liegt zwischen den lateral befindlichen langsamen Muskelfasern und der Dermis eine als von Devoto und Kollegen „external cells“ bezeichnete Zellschicht, die im Rahmen einer Determinierung zwar pax3, pax7, myf5 und myog exprimiert, jedoch kein Myosin, welches eine abgeschlossene Zellentwicklung erkennen ließe (Devoto et al., 1996). Es wird angenommen, dass diese Zellschicht muskuläre Vorläuferzellen beinhaltet, die sich in anderen Körperregionen im Verlauf zu Muskelzellen differenzieren können (Ochi and Westerfield, 2007). 13 1.1.5 Herzentwicklung Myokardiale Progenitorzellen zählen zu den sich zuerst differenzierenden Zellen des Mesoderms während der frühen Gastrulation und sind ursprünglich lokalisiert im ventrolateralen Randbereich der Blastula im 512Zell-Stadium (Yelon, 2001). Bereits im 8-Somiten-Stadium ist die Migration zur embryonalen Achse in den kranialen Teil des Embryos erfolgt (Warga and Kimmel, 1990). Die sich zu Myokardiozyten differenzierenden Progenitorzellen beginnen mit der Expression von Sarcomer-Protein kodierenden Genen wie cmlc1 und cmlc2 (Reiter et al., 1999). Bis zum 15-Somiten-Stadium bilden die myokardialen Progenitorzellen im flachen Mesoderm zwei tubuläre Primordiale, die sich vom kaudalen Ende des trigeminalen Ganglions rostral bis zum otischen Vesikel kaudal erstrecken und dabei dem Dottersack direkt aufzuliegen scheinen, wobei den Primordialen dorsomedial je eine dünne endodermale Zellschicht aufliegt (Stainier et al., 1993). Im 21-Somiten-Stadium wird die Migration beider ausgebildeten Tuben nach medial aufeinander zu deutlich, wobei sich mittig beider tubulären Konstrukte eine Zellpopulation, erstmals von Swaen beschrieben (Swaen and Brachet, 1899), befindet, die für die Ausbildung des Endokards verantwortlich ist (Stainier et al., 1993). Nach etwa 24 hpf erfolgt die kardiale Fusion beider primitiver tubulärer Vorläufer zum tubulären Herzen mit kegelförmiger Ausprägung, dessen Basis dem Dottersack aufliegt und mit dem Perikard in Verbindung steht. Das venöse System wird später Anschluss an die Basis erhalten, das zukünftige arterielle Ende bildet die Kegelspitze; die Migration der endokardialen Vorläuferzellen scheint dabei von der Spitze in Richtung Basis entlang der anterioren und posterioren Seite zu erfolgen (Stainier et al., 1993). Die kardiale Fusion ist bislang nur unvollständig verstanden. Eine Reihe von Genen wie beispielsweise der bHLH Transkriptionsfaktor hand2 (Yelon et al., 2000) oder das miles apart-Gen (mil), welches für einen Lysosphingolipid GProtein-gekoppelten Rezeptor kodiert (Kupperman et al., 2000), scheinen an der Migration der tubulären Systeme nach medial beteiligt zu sein. Ebenfalls an der Fusion beteiligt zu sein scheinen die mit den Myokardiozyten in Kontakt stehenden endodermalen Zellen, welche ebenso zeitlich koordiniert 14 nach medial wandern um die anterioren Anteile des Magen-DarmSchlauches zu bilden (Yelon, 2001), denn Genmutationen, die die endodermale Differenzierung inhibieren, wie zum Beispiel casanova, bonnie and clyde oder fau, verursachen ebenfalls kongenitale Herzanomalien (Alexander et al., 1999; Yelon, 2001; Kikuchi et al., 2000). Durch mhc-Gen Expressionsmuster konnte die Ausprägung der einzelnen Kammern ab dem 26-Somiten-Stadium nachgewiesen werden (Stainier et al., 1993). Dabei können atriale von ventrikulären, myokardialen Subpopulationen anhand des Expressionsmusters von vmhc unterschieden werden, welches für die Ventrikel-spezifische schwere Myosinkette kodiert (Yelon et al., 1999). Bereits im 22-Somiten-Stadium sind erste myokardiale Kontraktionen erkennbar, nach 24 hpf ist eine koordinierte Herzfrequenz von etwa 90 Schlägen/ Minute messbar. Man erkennt wellenförmige Kontraktionen, beginnend am Sinus venosus bis zum Ausflusstrakt (Nguyen et al., 2008). In dieser Phase der Entwicklung ist die beginnende Blutzirkulation nachweisbar (Stainier et al., 1993). Etwa 30 hpf ist eine Herzfrequenz von etwa 140 Schlägen/ Minute messbar, zudem wird die Windung des Herzens auf die rechte Körperhälfte des Embryos deutlich, welche 36 hpf abgeschlossen ist. Neuste Studien haben darüber hinaus gezeigt, dass insbesondere die Signale des Proteins Nodal und dessen inhibierende Wirkung auf Bmp die Migration myokardialer Vorläuferzellen beeinflussen und wesentlich an der links-rechts Asymmetrie des Herzens sowie dessen Lateralisation beteiligt sind (Veerkamp et al., 2013). Das Herz schlägt nun mit 180 Schlägen/ Minute, eine deutliche Zirkulation bis in den Schwanzbereich ist erkennbar. Die Ausbildung der einzelnen Herzhöhlen beginnt mit der Induktion von Subtypen myo- & endokardialer Kommunikation Zellen an beider der atrioventrikulären Zellpopulationen Grenze. entsteht ein Durch die epithelialer- mesenchymaler Übergang, welcher zur Bildung atrioventrikulärer Kissen führt, die sich im Verlauf zu den atrioventrikulären Klappen entwickeln (Eisenberg and Markwald, 1995). Wesentlich beteiligt an der Ausprägung der Kissen und der Ausbildung der atrioventrikulären Herzklappen ist nach Walsh das jekll-Gen (Walsh and Stainier, 2001). 15 Nach etwa 48 hpf differenzieren am atrioventrikulären Übergang gelegene Kardiomyozyten zu langsam leitenden Zellen, d. h. elektrische Impulse werden mit Verzögerung auf den Ventrikel übergeleitet, sodass aus der peristaltischen Kontraktion eine koordinierte Kontraktion entsteht (Chi et al., 2008; Milan et al., 2006). Mit Zunahme der Myokarddicke entwickelt sich innerhalb des ventrikulären Myokards ein Trabekelwerk, welches eine schnelle Reizweiterleitung vom Apex zur Basis ermöglicht (Sedmera et al., 2003; Nguyen et al., 2008). Nach abgeschlossener Embryogenese befindet sich das Herzatrium mehr linksseitig, der Ventrikel liegt mehr rechtsseitig. Dem Vorhof schließt sich eine kleine Kammer, der Sinus venosus, an, dem Ventrikel der Bulbus arteriosus als Ausflusstrakt (Stainier et al., 1993). Eine Übersicht über die Beeinflussung einiger Schritte der kardialen Entwicklung gibt Abbildung 23. 1.2 Atonal homolog 8 (atoh8) Basic Helix Loop Helix (bHLH) Transkriptionsfaktoren werden eine große Bedeutung in der embryonalen Entwicklung diverser Organsysteme, sowie der Myo- & Neurogenese zugeschrieben (Wang et al., 2009). Anhand phylogenetischer Beziehungen und biochemischer Eigenschaften lassen sich bHLH Transkriptionsfaktoren in 6 Klassen (A, B, C, D, E, F) gliedern. Atoh8, welches math6 der Säugetiere entspricht (Yao et al., 2010), gehört zur Gruppe der A-bHLH Transkriptionsfaktoren (Simionato et al., 2007) und lässt sich spezifisch zur NET-Familie innerhalb der atonal Superfamilie zuweisen, welcher ebenfalls Familien von Atonal, Neurogenin, NeuroD, Oligo, Beta3, Dellilah und Mist angehören (Ledent et al., 2002). Menschliches atoh8 (math6) besteht aus 321 Aminosäuren, besitzt eine bHLH-Domäne und ist auf Chromosom 2p11.2 lokalisiert (Yao et al., 2010); es ist ein Fusionsprodukt aus zwei orthologen Chromosomen nicht menschlicher Primaten (Chen et al., 2011). Während Proteine der atonal Familie allgemein durch jeweils ein einzelnes Exon kodiert werden und hauptsächlich an der Neurogenese beteiligt sind, wird atoh8 durch drei Exons kodiert und beeinflusst nach seiner spatiotemporalen Expression diverse Organsysteme während der Embryogenese (Inoue et al., 2001). 16 Unterschiede in der atoh8 Gensequenz und dessen regulatorischen Einheiten wie beispielsweise die Häufigkeitsverteilungen von TATA-Boxen und CpG-Inseln verdeutlichen einerseits die Spezies-abhängigen Unterschiede im Expressionsmuster, andererseits die Feinregulierung in der Expression und somit Wirkung auf die verschiedenen Organe und Gewebe (Chen et al., 2011). Es ist beispielsweise nachgewiesen, dass atoh8 durch die Induzierung der Neurogenese bei Inhibierung der Gliogenese entscheidenden Einfluss auf die sich entwickelnde Retina der Maus nimmt (Inoue et al., 2001). Ebenso scheint in der Embryogenese der Maus eine Beteiligung an der Differenzierung der Podozyten während der Nierenentwicklung vorzuliegen (Ross et al., 2006). Auch die Entwicklung des endokrinen Pankreas unterliegt Einflüssen von atoh8, sodass ein Knockout des atoh8-Gens in Mäusen aufgrund der dramatischen Fehlentwicklung diverser Organsysteme letal endet (Lynn et al., 2008). Jüngste Studien an Mäusen haben gezeigt, dass atoh8 eine entscheidende Rolle bei der Kompartimentierung hypaxialer Myotome während der Somitogenese spielt und demnach entscheidend an der Regulierung der Myogenese beteiligt ist (Balakrishnan-Renuka et al., 2013). Auch im Zebrafisch weist das atoh8- Expressionsmuster in Retina, Somiten und Herz insbesondere auf eine Beteiligung von Neurogenese, Myogenese und Herzentwicklung hin (Yao et al., 2010). Eine Beteiligung an muskulären sowie kardialen, embryonal determinierten Erkrankungen kann demnach vermutet werden. Forschungen an neurologischen Patienten konnten darüber hinaus eine erhöhte atoh8-Expressionsbereitschaft bei an Oligodendrogliomen leidenden Patienten nachweisen (Ducray et al., 2008), Ähnliches wurde bei Glioblastoma multiforme Patienten nachgewiesen (Freire et al., 2008). 1.3 Marker zur Analyse der Myo- & Kardiogenese Um eine Darstellung der Skelettmuskulatur und des Herzens während der Embryogenese mittels in-situ-Hybridisierung zu erreichen, erfolgte die Auswahl und der Einsatz verschiedener, jeweils speziell geeigneter, analytischer Marker. 17 Zu Beginn der Versuchsreihe wurde eine atoh8-Sonde eingesetzt, um das atoh8-Expressionsmuster insbesondere in den Somiten und der Herzanlage des Zebrafisches während der Embryogenese darzustellen. Spezifische myod- & pax3a-Sonden wurden genutzt, um die Skelettmuskulatur in verschiedenen Stadien der embryonalen Entwicklung nachzuvollziehen. Pax3a determiniert dabei die ersten Differenzierungsprozesse der frühen Myogenese, daran anschließend dominieren die muskulären Regulatoren wie myf5, myod, myog und mrf4 die myogene Differenzierung (Yokoyama and Asahara, 2011). Zur Analyse der kardialen Entwicklung wurden in der in-situ-Hybridisierung spezifische Marker eingesetzt, die einerseits kardiale Strukturen zur Darstellung bringen, andererseits bei Veränderung in deren Expressionsmuster Hinweise auf verschiedene kardiale Funktion geben können. Dabei beleuchtet vmhc die Expression eines Teiles des Strukturproteins Myosin und ncx-1 die Expression eines kardialen CalciumKanals (Yelon et al., 1999; Langenbacher et al., 2005). 1.3.1 Pax3a Pax3a zählt als Transkriptionsfaktor zur Familie der paired box Proteine und dient als wichtiger Marker der frühen muskulären Stammzellen in den Dermomyotomen der lateralen Somiten (Hammond et al., 2007). Neben pax3a existiert eine weitere Isoform pax3b, beide Formen entstehen durch den Vorgang des alternativen Splicings (Tsukamoto et al., 1994). Es ist neben der Skelettmuskelentwicklung von großer Bedeutung für die Entwicklung der dorsalen Zellen des Nervensystems und des Neuralrohres (Epstein et al., 1991; Goulding et al., 1994). Nahezu alle myogenen Vorläuferzellen des Dermomyotomes exprimieren pax3a. Mit dem Beginn der Myogenese sinkt die pax3a Expression kontinuierlich ab, die Expression der bHLH Transkriptionsfaktoren, bekannt als muskuläre Regulationsfaktoren (MRFs), steigt signifikant an (Yusuf and Brand-Saberi, 2006), aus den Progenitorzellen entstehen Myoblasten (Yokoyama and Asahara, 2011). Somit ist pax3a entscheidend an der Induktion und Regulation der Expression der MRF-Muster, insbesondere von myf5 und myod, beteiligt. Es konnte einerseits gezeigt werden, dass eine 18 Überexpression von pax3a eine gesteigerte Myogenese zur Folge hat (Maroto et al., 1997; Hammond et al., 2007), andererseits wurde nachgewiesen, dass ein myod-Knockout eine Hochregulation der pax3a Expression in den anterioren Somiten verursacht, ein gleichzeitiger Knockout von myod und myf5 führte bei kontinuierlicher pax3a Expression zur Apoptose betroffener Zellen (Hammond et al., 2007). Veränderungen im pax3a Expressionsmuster können zu kongenitalen Erkrankungen wie dem Waardenburg Syndrom führen (Moase and Trasler, 1992). 1.3.2 Myod Myod, erstmals 1986 von Weintraub beschrieben (Lassar et al., 1986), zählt zu den bHLH Transkriptionsfaktoren und ist Teil der Gruppe der MRFs. Es ist während der Myogenese wesentlich beteiligt an der Differenzierung von Fibro- zu Myoblasten (Tapscott, 2005), dabei reicht die Anwesenheit von myod allein zur Induktion funktionsfähiger Skelettmuskelzellen aus, ein gleichzeitiger Knockout von myf5 und myod jedoch hat eine fehlende Muskelbildung zur Folge (Rudnicki et al., 1993; Kassar-Duchossoy et al., 2004). Myod dient somit als spezifischer Marker der frühen Myogenese durch Expression in den Satellitenzellen, den Vorläuferzellen der Myoblasten (Kadi et al., 2005). Wie zuvor beschrieben existieren Zusammenhänge zwischen der Expression von pax3a und den MRFs. Mit dem Beginn der Myogenese und Expression der MRFs findet eine Herunterregulation der pax3a Expression in den Progenitorzellen statt (Rudnicki et al., 1993), beispielsweise durch eine Suppression durch myod über FGF8-Signalwege (Hammond et al., 2007). Während myod deutlich in den hypaxialen Muskelmassen exprimiert wird, findet sich myf5 zu großen Teilen in den epaxialen Muskelmassen (Yokoyama and Asahara, 2011), dadurch besitzt myod im Verlauf eine Schlüsselfunktion an der Entwicklung der Extremitätenmuskulatur und Kiemenbögen, während myf5 an der Entwicklung der paraspinalen und interkostalen Muskulatur beteiligt ist (Kablar et al., 1997). Die Expression von myf5 geht dabei der myod Expression leicht voraus (Mok and Sweetman, 2011). Obwohl die Faktoren, welche die myod Expression induzieren, 19 weitgehend unbekannt sind, existieren Signalwege wie Mef2 und p38Kinase, ausgelöst durch myod, welche die myod Expression der sich differenzierenden Myoblasten aufrecht halten um die dauerhafte Proteinproduktion dieser Zellen zur Differenzierung zu verändern (Tapscott, 2005). 1.3.3 Ventricular myosin heavy chain (vmhc) Ventricular myosin heavy chain (vmhc) stellt neben einer Anzahl variabler leichter Ketten ein zum Motorprotein Myosin gehörendes, spezifisch kardiales Protein dar. Dabei besitzt es eine katalytische Kopfdomäne mit ATPase-Funktionalität und ist wesentlich an der Kontraktilität der Muskelfasern beteiligt (Alberts et al., 2002). Die vmhc Expression kann dabei als Marker der frühen Kardiogenese genutzt werden. In der frühen embryonalen Entwicklung des Herzens lassen sich zwei Zellpopulationen anhand ihrer Expression von vmhc oder cmlc2 (cardiac myosin light chain) unterscheiden, wobei vmhc spezifisch in den sich zu ventrikulären Myokardiozyten entwickelnden Zellen exprimiert wird (Yelon et al., 1999). Während der Embryogenese der kardialen Strukturen findet eine kardiale Fusion statt. Durch einige Mutationsversuche konnten beispielsweise bei der Mutation des cas-Gens (casanova) zwei parallel schlagende Herzen, bezeichnet als cardia bifida, nachgewiesen werden (Alexander et al., 1999; Chen et al., 1996; Stainier et al., 1996). Diese Fusion ist jedoch für die Expression bzw. spätere Funktionsfähigkeit des Myosins nicht von Bedeutung (Yelon et al., 1999). Bei der Initialisierung der myokardialen Vorläuferzellen scheint das PandoraGen (pan) eine wichtige Rolle zu spielen, wie durch Mutationsversuche ebenfalls gezeigt werden konnte (Stainier et al., 1996). Yelon wies nach, dass neben der verzögerten Differenzierung und Fusion der myokardialen Vorläuferzellen durch induzierte pan-Defekte eine essentielle Abhängigkeit der frühen vmhc-Expression von der pan-Aktivität besteht (Yelon et al., 1999). Weiterhin übernehmen Transkriptionsfaktoren wie hand2 (Yelon et al., 2000), gata5 und fgf8 (Reiter et al., 1999) bei der Induktion der vmhcExpression und Differenzierung der Myokardiozyten ebenso wichtige Funktionen, die bislang nicht vollständig geklärt sind. Promotoranalysen von 20 vmhc zeigten, dass den Transkriptionsfaktoren gata4 und gata6 ebenfalls Schlüsselfunktionen in der Induktion der vmhc- Genexpression zukommen (Park et al., 2009). Das Homeobox-Protein nkx2.5, ein Transkriptionsfaktor und Marker des präkardialen Mesoderms (Chen et al., 1996; Evans, 1999), gilt als einer der frühesten zur Differenzierung der kardialen Zellen erforderlichen Proteine, da eine Abwesenheit der nkx2.5-Expression zur vollständig fehlenden Differenzierung führt (Yelon, 2001). Das vmhc-Gen selbst wird dabei über diverse, nur unvollständig geklärte Mechanismen reguliert. Es besitzt beispielsweise eine Bindestelle für gata und zwei Bindestellen für den Transkriptionsfaktor nkx2.5, wobei nkx2.5 für die selektive Expression von vmhc in ventrikulären Zellen verantwortlich zu sein scheint, da Deletionsversuche nachwiesen, dass unter Abwesenheit von nkx2.5 ektopes vmhc in atrialen Zellen exprimiert wurde (Jin et al., 2009). 1.3.4 Natrium-Calcium-Austauscher 1 (ncx-1) Kardiomyozyten des Herzens verfügen über ein fein reguliertes System an Ionenkanälen für verschiedene Mineralien, um eine koordinierte Kontraktilität über das gesamte Organ zu erreichen. Dabei spielt die CalciumHomöostase eine übergeordnete Rolle (Langenbacher et al., 2005). Während für die Einleitung der Kontraktion spannungsabhängige L-TypCalciumkanäle, die zu einem Anstieg der intrazellulären Calciumkonzentration führen, verantwortlich sind, sorgt eine Reihe von Kanälen für den Ausstrom von Calciumionen und somit zu einer sinkenden intrazellulären Konzentration. Dazu zählen einerseits die Calcium-ATPase2 (SERCA2) des endoplasmatischen Reticulums, welche Calciumionen zur Speicherung zurück in das endoplasmatische Reticulum pumpt, andererseits die Plasmamembran-Calcium-ATPase (PMCA) und der Natrium-CalciumAustauscher-1 (ncx-1), welche zu einem Ausstrom aus der Zelle führen (Langenbacher et al., 2005). Durch die Fehlfunktion insbesondere der SERCA2 und des ncx-1 wurden kardiale Erkrankungen, die mit Fibrillationen und Arrhythmien bis zum plötzlichen Herztod durch eine unzureichende Regulation des Calciumhaushaltes einhergehen, assoziiert (Pogwizd et al., 1999; Hasenfuss et al., 1999). Durch Knockout-Versuche an Mäusen konnte dies bestätigt 21 werden, da durch die Abwesenheit von ncx-1 schwere kardiale, arrhythmische Defekte mit sehr schwacher Kontraktilität erzeugt wurden (Wakimoto et al., 2003). Zudem haben genetische Studien nachgewiesen, dass die ncx-1 Aktivität eine essentielle Rolle in der embryonalen kardialen Entwicklung spielt (Rottbauer et al., 2001). Langenbacher wies durch Knockdown-Versuche am Zebrafisch nach, dass die Genexpression des herzspezifischen ncx-1-Gens ebenfalls für die kardiale Rhythmizität des Zebrabärblings von essentieller Bedeutung ist (Langenbacher et al., 2005). Somit dient ncx-1 als hilfreicher Marker, da durch das ncx-1 Genexpressionsmuster im Zebrafisch die Embryogenese des Herzens verfolgt werden kann, wobei Veränderungen in der Expression hinweisend für die Entstehung von Arrhythmien sein können. 1.4 Entwicklung der Methodik Zur Detektion und Analyse embryonaler Prozesse stehen diverse Methoden zur Verfügung. Dabei eignet sich die whole mount in-situ- Hybridisierung sehr gut zur Darstellung einzelner Genexpressionsmuster auf der Ebene der mRNA Expression. Gefärbte Schnittbilder erlauben ebenfalls die Detektion und Differenzierung anatomischer Strukturen. Immunhistochemische Antikörperfärbungen weisen translatierte Proteine spezifisch nach. Zur Untersuchung der Funktion einzelner Gene, wie in dieser Arbeit atoh8, auf den Organismus werden zusätzlich Knockdown-Experimente eingesetzt. Eine gute Möglichkeit bietet die Mikroinjektion von Morpholinosubstanzen in den Embryo. 1.4.1 In-situ-Hybridisierung Gene, die für Proteine kodieren, besitzen in den meisten Fällen spezifische Expressionsmuster, da die entstehenden Proteine Funktionen in spezifischen Geweben nachgehen und nicht von jeder Zelle produziert werden. Im Laufe der embryonalen Entwicklung kann es einerseits zu Veränderungen im Expressionsmuster eines Gens kommen, andererseits werden einige Gene beispielsweise nur in der frühen embryonalen Phase exprimiert, sodass in späteren Stadien keine Expression mehr nachweisbar ist. Auch genetische 22 Defekte oder Knockdown-Experimente erzeugen veränderte Expressionsmuster im Organismus. Durch die Methode der whole mount in-situ-Hybridisierung, zuerst von Gall und Pardue im Jahre 1969 beschrieben (Gall and Pardue, 1969), können Expressionsmuster einzelner Gene durch die Erzeugung von DNA-/RNAoder RNA-/RNA-Hybriden mittels spezifischer, markierter Sonden nachgewiesen werden. Meist kommt zur Markierung Digoxigenin an den Uracilbasen oder ein Fluoreszenzmittel zum Einsatz, an den spezifische, meist mit alkalischer Phosphatase beladene Antikörper binden. Durch Zugabe einer Lösung, beispielsweise NBT/BCIP, mit welcher die alkalische Phosphatase reagiert, entsteht eine Färbung im Embryo ausschließlich an den Stellen, an denen Hybride entstanden sind. Nach erfolgreicher Anfärbung können die Embryonen fixiert werden und es besteht die Möglichkeit, Schnitte zur gezielten Analyse verschiedener anatomischer Strukturen anzufertigen. Durch die Schnittbilder können feine Expressionsmuster differenziert werden und insbesondere in Körpermitte gelegene Strukturen sind voneinander abgrenzbar analysierbar. Im besonderen Fall des Umgangs mit Zebrafischeiern ist die Dechorionation der Embryonen unerlässlich um ein Eindringen der Substanzen zu gewährleisten. Zudem muss während der gesamten Versuchsanordnung streng RNase-frei gearbeitet werden, um Abbauprozessen und somit Ergebnisverfälschungen vorzubeugen. 1.4.2 Morpholinos In Knockdown-Experimenten werden spezifische Gene durch verschiedene Mechanismen der Blockierung der Transkription oder Translation herunterreguliert. Um beispielsweise die Funktion eines Gens wie atoh8 auf die Embryonalentwicklung oder Auswirkungen eines atoh8-Mangels auf den Organismus zu erforschen, können derartige Experimente genutzt werden. Eine Variante stellt die Mikroinjektion von Morpholinos in den Embryo dar. Molekularbiologisch sind Morpholinos, entwickelt von Summerton im Jahre 1997 (Summerton and Weller, 1997), synthetisierte Nukleinsäure-Analoga, meist bestehend aus 25 Basen mit Strukturveränderungen im Grundgerüst. Anstelle des Ribose-Zuckers der RNA verbindet die Basen ein 23 heterozyklischer Morpholinring (s. Anhang A1). Die strukturellen Veränderungen schaffen im Vergleich zur RNA eine erhöhte Stabilität, da kein RNase-Verdau stattfindet (Corey and Abrams, 2001). Spezifische Morpholinos binden komplementäre mRNA in antisense-Richtung und verhindern dadurch entweder die Translation oder das Splicing der prämRNA, wobei das Startcodon des Genabschnittes in der MorpholinoSequenz enthalten sein muss, um einen spezifischen Knockdown zu gewährleisten, da keine Bindung des ribosomalen Translationskomplexes an die Hybride im Bereich des Startcodons erfolgen kann (Corey and Abrams, 2001). Für den Zebrabärbling existieren zwei verschiedene, spezifische atoh8-Morpholinos, wobei atoh8-MO1 die Translation blockiert und atoh8MO2 das Splicing blockiert (Yao et al., 2010). In dieser Versuchsreihe wurde mit den Translations-blockierenden Morpholinos gearbeitet. Meist werden Morpholinos mit einem Fluoreszenzfarbstoff wie GFP markiert, um nach Mikroinjektion die erfolgreiche Diffusion in die Zielzelle mikroskopisch nachweisen zu können (Yuan and Sun, 2009). Der Unterschied zu Knockout-Experimenten besteht darin, dass der Effekt von der injizierten Morpholino-Konzentration abhängig ist und sich diese mit der Größenzunahme des Embryos proportional verringert. Somit wird in den Endstadien der Embryonalentwicklung durchaus in einer Vielzahl der Zellen atoh8 translatiert. Um auszuschließen, Veränderungen Manipulation dass während am Embryo mögliche der beobachtbare, morphologische Embryonalentwicklung während des allein Vorgangs der auf die Injektion zurückzuführen sind, wurde in allen Versuchsreihen neben der nicht injizierten Kontrollgruppe auch eine Kontrollgruppe gebildet, welche mit einer funktionslosen Morpholino-Kontrollsubstanz injiziert wurde. 1.4.3 Mikroinjektion Die Technik der Mikroinjektion wird genutzt, um eine Substanz, wie in dieser Versuchsreihe atoh8-MO1 und atoh8-MO1mis, in einen lebenden Organismus zu injizieren, ohne für die embryonale Entwicklung bedeutsame Verletzungen und anatomische Fehlbildungen hervorzurufen. Nachdem eine feine Kapillare mit der jeweils zur Testgruppe zugehörigen Substanz befüllt 24 wurde, erfolgt unter mikroskopischer Sicht die manuelle Injektion des Zebrabärblingembyros. Dabei wird zunächst die Eihülle, das Chorion, durchstochen, anschließend wird die Kapillarspitze in den Dottersack eingebracht und möglichst nah an den Zellpol herangeführt; dort erfolgt die Injektion der Substanz, welche im Verlauf der weiteren Entwicklung in die sich teilenden, embryonalen Zellen diffundiert (Yuan and Sun, 2009). Der Embryo befindet sich zum Zeitpunkt der Injektion im Ein- bis Zwei-ZellStadium, um eine Diffusion in nahezu alle embryonalen Zellen zu gewähren und einen früh beginnenden Effekt über einen möglichst langen Zeitraum der Embryonalentwicklung in Stadien der Determinierung zu erzielen. Würde die Injektion zu späteren Zeitpunkten erfolgen, bestünde die Gefahr der weitgehenden Ausdifferenzierung einiger embryonaler Zellen, auf die ein Knockdown des untersuchten Transkriptionsfaktors dann möglicherweise keinen Einfluss mehr haben würde. 25 2. Zielsetzung Viele Studien haben bereits gezeigt, dass der Transkriptionsfaktor atoh8 während der Embryonalentwicklung in diversen Organsystemen, darunter auch in der Skelettmuskulatur und im Herzen, nachgewiesen werden kann und die Entwicklung durch atoh8 beeinflusst wird, jedoch sind bislang nur Teile der genauen Interaktionen verstanden. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Effekt dieses Transkriptionsfaktors auf die Differenzierung der Skelettmuskulatur, mit den Teilstrukturen der Skelettmuskulatur, die durch einen atoh8-Knockdown vermutlich betroffen sind, und mit den Interaktionen der betroffenen Faktoren untereinander, die zu den beobachtbaren muskulären Defekten nach Knockdown-Experimenten führen können. Darüber hinaus wird die Entwicklung des Herzens unter dem Einfluss eines atoh8-Knockdowns beleuchtet. Neben der Analyse der erkennbaren Defekte kardialer Strukturen während der Embryogenese werden zwei unterschiedliche kardiale Funktionsbereiche (Kontraktilität und Rhythmik) durch die Betrachtung jeweils spezifischer, analytischer Marker bezüglich einer jeweils individuellen Beeinflussung untersucht. Dabei werden deren Veränderungen gegenübergestellt und gewertet, Bezüge zu bereits bekannten Auswirkungen hergestellt und Korrelationen zu klinisch relevanten Erkrankungen erhoben. 26 3. Material & Methoden 3.0 Materialien Alle genutzten Chemikalien sind von analytischem Reinheitsgrad. Tabelle 1. Chemikalien Aceton J.T. Baker, Griesheim Agarose Sigma Aldrich, Hannover Anti-DIG AK/ Lamb Serum Invitrogen, Darmstadt Anti-DIG AP, Fab-Fragments Roche, Mannheim Atoh8-MO1 Gene-Tools LLC Atoh8-MO1mis Gene-Tools LLC Basisches Fuchsin Merck, Darmstadt BCIP Roche, Mannheim Blocking Reagent Roche, Mannheim CaCl2 Riedel de Haen, Seelze CHAPS Applichem, Darmstadt Diethylpyrocarbonat Sigma Aldrich, Hannover Durcupan ACM I & II Fluka, Hannover EDTA Sigma Aldrich, Hannover Ethanol Sigma Aldrich, Hannover Formamide VWR Prolabo, Darmstadt Glutaraldehyd Fluka, Hannover Glycin Sigma Aldrich, Hannover HCl Merck, Darmstadt Heparin Roth, Karlsruhe KCl Merck, Darmstadt KH2PO4 Sigma Aldrich, Hannover Maleinsäure Sigma Aldrich, Hannover Methanol Sigma Aldrich, Hannover Methylenblau Merck, Darmstadt MgCl2 Merck, Darmstadt MgSO4 Merck, Darmstadt Na-Citrat Sigma Aldrich, Hannover 27 Na2HPO4 Merck, Darmstadt NaCl J.T.Baker, Griesheim NaOH Riedel de Haen, Seelze NBT Roche, Mannheim Osmium Riedel de Haen, Seelze Paraformaldehyd VWR Prolabo, Darmstadt Phosphorwolframsäure Riedel de Haen, Seelze Propylenoxid Fluka, Hannover Proteinase K Roche, Mannheim RNA (DIG labeling Mix) Roche, Mannheim spezifische Sonden siehe 3.4.2 Sucrose J.T. Baker, Griesheim Tissue Tek O. C. T. Compound Weckert, Kitzingen Tris Base Roth, Karlsruhe Tris HCl Roth, Karlsruhe Triton-x-100 Sigma Aldrich, Hannover TWEEN 20 Sigma Aldrich, Hannover Uranylacetat Merck, Darmstadt Aufgelistet sind Hilfsmittel, die von den in Laboratorien genutzten Standardausrüstungen abweichen. Tabelle 2. Geräte & Hilfsmittel Ablaichgitter Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen Cryotom Leica CM3050S Eppendorf-Aufsätze GELoader Tips Fischanlage Stand-Alone Unit V30 & PP-Modul inkl. 500L Tanksystem Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen Fischboxen Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen Fluoreszenmikroskop Leica M165FC Glaskapillaren TW 100F-4, WPI Lichtmikroskop Olympus SZX7 mit ACH 1X Obj, 28 Lichtquelle Olympus KL1500 compact Mikroinjektionspumpe PV820 Pneumatic Picopump, WPI Mikroskop-Kamera Leica D420 Bachofer Laboratoriumsdiagnostik Needle-Puller Reutlingen Objektträger (Cryo) Superfrost Plus Menzel-Gläser Pasteurpipetten 3ml graduiert VWR International Petrischalen 15mm Durchm. Becton Dickinson Labward Ultracut mit Diamantmesser Reichert-Jung Tabelle 3. Sonstige Verbrauchsmaterialien Agar-Platten siehe 3.2.1 AquaCon Plus u.a. Regulatoren der Wassergüte Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen Silver Star Artemia Brine Shrimp Eggs Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen pyramidenförmiges Gefäß Eigenkonstrukt Red Sea Coral Pro Salt Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen TetraMin Baby Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen TetraMin Pro Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen Wassergüte-Testset Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen 3.1 Danio rerio Aquaristik 3.1.1 Tierhaltung Der durchschnittliche Tierbestand lag bei etwa 20-25 Tieren/ 5 Liter Box und einer Boxenanzahl von 15-20 Boxen. Die in dieser Arbeit eingesetzten Zebrabärblinge (Danio rerio) entstammen einer Münsteraner Anzucht (Wildtyp L87 AB, L89 AB, L52 AB2). Die Boxen waren Teil einer Großanlage (s. Anhang A2), welche sowohl eine kontinuierliche Wasserzirkulation als auch die Filterfunktion des Wassers gewährleistet und darüber hinaus einen automatischen Austausch von bis zu 1/3 des Wasservolumens über 24h bei konstanten Wasserwerten ermöglicht, 29 um das Zirkulationsvermögen aufrecht halten zu können (Aquarien-Bau Schwarz aus Göttingen, Stand-Alone Unit V30 & PP-Modul mit 500 Liter Tanksystem). Um eine bestmögliche Imitation des natürlichen Lebensraumes des Zebrafisches zu erreichen, wurde eine konstante Raumtemperatur von 28,5°C ermöglicht. Auch ein Tag-/Nachtrhythmus wurde durch eine Zeitschaltuhr am Licht der Großanlage (Tagesbeginn 09:00 Uhr) künstlich erzeugt, sodass ein 14 Stunden-Tag-/ 10 Stunden-Nacht-Zyklus vorlag (Nüsslein-Volhard and Dahm, 2002; Westerfield, 1995). Zudem erfolgte eine tägliche Kontrolle der optimalen Wasserwerte, ggf. wurde durch Zusätze eine optimale Wasserqualität gewährleistet. Tabelle 4. Wasserwerte Gesamthärte 4-6°d pH-Wert 6,8- 7,5 Karbonhärte 3°d Phosphat <0,4mg/L Ammoniak <0,2mg/L Nitrit <0,2mg/L Nitrat <50mg/L Leitfähigkeit 180-350µS Die komplette Reinigung der Anlage erfolgte ein Mal wöchentlich. Die Reinigung der Boxen erfolgte zwei bis drei Mal wöchentlich. Futterüberstände wurden abgesaugt und die Filterfunktion der Großanlage wurde kontrolliert. Geringe Verschmutzungen wie z.B. Futterablagerungen im Strömungsgitter, wurden täglich nach der Fütterung mit einer Pipette bereinigt. Der Tierbestand wurde regelmäßig kontrolliert und die Tiere wurden täglich auf äußerlich sichtbare Erkrankungen untersucht. Die Tierhaltung erfolgte nach den Maßgaben der tierschutzgesetzlichen Richtlinien. 30 3.1.2 Fütterung Die Fütterung der Fische erfolgte täglich morgens nach Anschalten des Lichtes. Gefüttert wurde ein Trocken-Fischfutter (Tetra Pro). Zwei bis drei Mal pro Woche haben die Fische als Zusatzfutter Artemien (Silver Star Artemia Brine Shrimp Eggs) erhalten. Die Artemienanzucht erfolgte in einer dazu angefertigten Vorrichtung. Ein kontinuierlich belüftetes, pyramidenförmiges Gefäß wurde mit Wasser unter Zugabe von 30g/L Salz (Red Sea Coral Pro Salt) befüllt. Hinzu gegeben wurden etwa 5 Löffel Artemien-Eier. Der Vorteil des Gefäßes ist die Isolation der lebenden Artemien, da nach etwa zwei Tagen ungeschlüpfte Eier zu Boden sinken und über einen Hahn abgelassen werden können, die lebenden Artemien sich in der Gefäßmitte aufhalten und die Eihüllen an der Oberfläche schwimmen. So besteht die Möglichkeit der Fütterung von ausschließlich lebenden Organismen, sodass keine salzigen Überstände in das Süßwassersystem gelangen. Zu hohe Salzkonzentrationen wirken für D. rerio letal. Daher wurden auch die zugefütterten Artemien vor der Fütterung mehrfach gespült. Die Jungtiere erhielten spezielles Fischfutter (Tetra Min Baby). 3.1.3 Nach- & Aufzucht Zur Erweiterung des Tierbestandes und um permanent Tiere im fortpflanzungsfähigen bzw. brutfähigen Alter (im Alter von 7-18 Monaten) im Bestand zu halten, erfolgte ebenfalls eigens die Nachzucht von Jungtieren (Nüsslein-Volhard et al., 1995). Tiere einer Box wurden vor Beginn des Tagesrhythmus am Morgen zur Paarung in eine Ablaichbox gesetzt, in welcher sich ein engmaschiges Gitter ca. 3 cm über dem Boden befand. Die Ablaichbox wurde zurück in die Großanlage gestellt, sodass Anschluss an die Filterversorgung gewährleistet war. Die etwa ein bis zwei Stunden nach Paarung abgelaichten Eier glitten durch das Gitter auf den Boden, sodass diese von den Tieren nicht gefressen werden konnten. Im Anschluss wurden die Tiere zurückgesetzt und die Eier zur weiteren Nutzung abgeschöpft. Zur Nachzucht wurden abgelaichte Fischeier zunächst für 5 Tage in eine mit E3-Medium (non nominatur 2011) befüllte Schale gegeben. Täglich wurden abgestorbene Embryonen ausgelesen (erkennbar an der Eintrübung). Anschließend 31 wurden geschlüpfte Fische in eine Jungtierbox, außerhalb der Großanlage, gesetzt. Durch die Zirkulationsströmung innerhalb der Anlage würden die Embryonen andernfalls in das System gespült. Nach etwa drei Wochen haben die Jungtiere die Größe erreicht um in eine Box der Großanlage umgesetzt werden zu können. Nach dem 5. dpf (days post fertilisation) wurde mit der Fütterung zwei Mal täglich begonnen. Ab dem 16. dpf wurden Artemien gefüttert und nach etwa einem Monat erhielten die Jungtiere Trocken-Fischfutter. Die Tierhaltung und Tieraufzucht erfolgte nach den Protokollen von Westerfield und Nüsslein-Volhard (Nüsslein-Volhard and Dahm, 2002; Westerfield, 1995). Die zur Mikroinjektion genutzten Fischeier wurden nach dem Abschöpfen ebenfalls in E3-Medium gegeben. Tabelle 5. E3-Medium NaCl 5mM KCl 0,17mM CaCl2 0,33mM MgSO4 0,33mM Methylenblau 20µl von 0,03M/L 3.2 Mikroinjektion 3.2.1 Agarose-Gel Platten Zur gezielten Mikroinjektion wurden Zebrafischeier auf einer konstruierten Agarose-Gel Platte linear angeordnet (1,5% Agar gelöst in Aqua dest.). Agarose-Gel wurde in eine flache Petri-Schale (100x15 mm) gegeben. Auf das flüssige Gel wurde eine Plastikform mit feinen Lamellen gelegt, sodass das Negativ der Lammelen in dem trocknenden Agarose-Gel abgebildet wurde. In den so entstandenen Einkerbungen im Agarose-Gel konnten die Zebrafisch-Eier fixiert angeordnet werden (siehe Abbildung 3). 32 Abbildung 3. Agarose-Gel Platte. Embryonen werden zur Vorbereitung der Mikroinjektion auf der Agarose-Gel Platte ausgerichtet. 3.2.2 Injektionsnadeln Die Injektionsnadeln (WPI TW100F-4 Glaskapillaren aus Sodaglas, 100mm Länge, äußerer Durchmesser 1,0mm) wurden mit einem Needle-Puller (Bachofer Laboratoriumsdiagnostik Reutlingen) gezogen, sodass der Durchmesser an der Nadelspitze bei etwa 0,15mm lag und entstehende Injektionstropfen bei gegebenem Druck einen Durchmesser von etwa 0,14 0,16mm aufwiesen (Yuan and Sun, 2009). 3.2.3 Morpholino Die zur Mikroinjektion an den Zebrafischen genutzten Translationsblockierenden antisense Morpholino Oligonukleotide (Atoh8-MO1, 5`TGTTTAGATGTGGGTTCTTCATTTG-3`) und nicht blockierenden mismatch Morpholino Oligonukleotide (Atoh8-MO1mis, 5`- TGATTACATGTGGCTTCTTGATATC-3`) wurden von Gene-Tools LLC designed und synthetisiert. Die mismatch Morpholino Oligonukleotide wurden zur Kontrollinjektion genutzt. Sie sind unspezifisch, binden keine mRNA und sind daher im Versuch funktionslos. Sowohl Morpholino als auch mismatch Morpholino sind mit 3`Carboxyfluoreszin markiert. Die Injektion erfolgte in unverdünnter Lösung mit 8,33ng/nl. Die Lagerung der Morpholinos erfolgte abgedunkelt bei Raumtemperatur. 33 3.2.4 Etablierung der Anlage/ Setting Die Injektionsnadel wurde mit einer Eppendorf Pipette mit etwa 1 µl Injektionslösung befüllt. Unter mikroskopischer Sicht wurden bis zu 1,5mm der Nadelspitze mit einem Skalpell abgetrennt um die Durchlässigkeit der Nadel zu gewährleisten. Die Kapillare wurde an einen dünnen Gummischlauch angeschlossen, sodass die zuvor eingefüllte Lösung durch Luftzufuhr bis an die Nadelspitze gebracht werden konnte. Anschließend erfolgte die Befestigung der Nadel an dem Teflon Tubing Aufsatz des Injektorschlauches der Injektionspumpe. Durch das Setting konnten Injektionstropfen von annähernd 2nl erzeugt werden, sodass etwa 16ng Substanz injiziert wurden. Tabelle 6. Injektionsparameter Injektionspumpe PV 820 Pneumatic Picopump WPI Zeitintervall/Injektion 120ms Haltedruck „Vent“, ohne Vakuumbetrieb Injektionsdruck „Vent“, Justierung 8psi Injektionsvolumen 1/5 eines Zellvolumens (~2nL) 3.2.5 Mikroinjektionsvorgang Es erfolgte die Ausrichtung der vorbereiteten Agarose-Gel Platten. Mit einer Pasteur-Pipette wurden Zebrafischeier im Ein- bis Zwei-Zell-Stadium (Alter <30 Minuten) aus dem E3-Medium aufgenommen und auf die Agarose-Gel Platte aufgetragen, sodass eine Anordnung der Eier entlang der Einkerbungen vorlag (s. Abb. 3). Unter mikroskopischer Sicht (Olympus SZX7 Mikroskop mit KL1500compact Lichtquelle) erfolgte die manuelle Injektion der Eier etwa im 45° Winkel durch das Chorion in den Dottersack (Mullins, 2010). Dabei sollte die Injektionslösung möglichst nah an den animalen Zellpol gebracht werden, um eine erleichterte Diffusion in die Zellen zu gewährleisten (s. Anhang A3). Durch eine Ausrichtung des Zellpols nach unten ist dabei der Vorstoß der Injektionsnadel bei kontralateralem Einstich durch den Dottersack am besten kontrollierbar. 34 3.2.6 Nachbehandlung Nach erfolgter Injektion wurden die injizierten Eier mit E3-Medium von der Agarose-Gel Platte in jeweils beschriftete Petrischalen gespült und unter der gegebenen Raumtemperatur von 28,5°C inkubiert. Etwa 5 Stunden nach Injektion fand eine erste Selektion der abgestorbenen Embryonen statt um eine bakterielle Kontamination und lebensbedrohliche Nitritgehalte durch Zersetzungsprozesse möglichst zu vermeiden. Je nach gefordertem Entwicklungsstand wurden die zur in-situ-Hybridisierung bestimmten Zebrafischembryonen anschließend zur Fixation in 4% PFA in PBS gegeben. Zur Schnittbildanfertigung wurden Embryonen direkt in 2,5% Glutaraldehyd fixiert. Tabelle 7. 4% PFA in PBS Paraformaldehyd Pulver 40g PBS 1000ml 1N NaOH Titration zur klaren Lösung Gelöstes HCl pH-Wert Feineinstellung auf ~7,1 Tabelle 8. PBS (20x) H2O, Diethylpyrocarbonat beh. NaCl 160g KCl 4g Na2HPO4 KH2PO4 pH 7,4 3.3 1000ml 28,8g 4,8g mit 1n NaOH & 1n HCl titriert Dechorionation Nach den Protokollen von Chen und Westerfield (Westerfield, 1995; J. Chen, 2011) dient die Dechorionation der Embryonen als wichtige Vorbereitung für nachfolgende Behandlungen wie die in-situ-Hybridisierung. Frühestens 24 Stunden nach Fixation erfolgte die Entnahme der Embryonen aus der 4% PFA in PBS-Lösung. Unter mikroskopischer Sicht wurde das Chorion der Embryonen mit zwei anatomischen Pinzetten vorsichtig abgetragen. 35 Anschließend wurden die dechorionisierten Embryonen zur Lagerung in eine aufsteigende Methanolreihe überführt und schließlich in 100% Methanol bei -20°C bis zur weiteren Nutzung gelagert. 3.4 In-situ-Hybridisierung 3.4.1 Primer-Design Zur Analyse anatomisch-morphologischer Einflüsse der Morpholinoinjektion auf die Entwicklung von Skelett- & Herzmuskel wurde das Expressionsmuster verschiedener für bestimmte Proteine kodierende mRNA Sequenzen untersucht. Für diese Untersuchung mittels in-situ-Hybridisierung wurden spezifische mRNA Markersonden benötigt, die mit Hilfe entsprechender Primer synthetisiert wurden. Atoh8 (Yao et al., 2010) Sonden wurden hybridisiert, um durch die in-situHybridisierung den Nachweis zu erbringen, dass atoh8 in den untersuchten Geweben exprimiert wird und die Expression durch den MO1- Morpholino inhibiert wurde. Zur Analyse der Skelettmuskulatur wurden für myod (Weinberg et al., 1996), und für pax3a, zuerst beschrieben von Seo et al. 1998, Primer erzeugt. Zur Analyse der Herzmuskulatur wurden für vmhc (Yelon et al., 1999) und ncx-1 (Langenbacher et al., 2005) Primer zur Sondenherstellung erzeugt. Das Design der genannten Primer, außer myod, erfolgte mittels Primer Blast (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/tools/primer-blast/) durch Dr. V. Chankiewitz. Die Synthese der kreierten Primer erfolgte durch die Firma Eurofins MWG/Operon (http://www.eurofinsdna.com/de/home.html). Die lineare myoD-DNA stammt aus dem Bestand von Dr. M. Hammerschmidt, MPI für Immunbiologie, Freiburg nach den Vorgaben von Weinberg et al. 1996. Tabelle 9. Primersequenzen atoh8 FW 5´- GAAACGGAAAGCACGAGAGC-3´ RW 5´- GACAGTCTTTTCGGAGACGGA-3´ myod* FW 5´- GCTCGAGCAA(A/G)GTIAA(T/C)GA(G/A)GCITT(T/C)GA-3´ RW 5´-TGGAAGCTTTCIAT(A/G)TAICG(T/G/A)ATIGC(G/A)TT-3´ 36 FW 5´-AGCGACGGTTTGACTTCTGA-3´ pax3a RW 5´-ACGTCAGGAGTTGTGCTCTG3´ FW 5´- CTGCCTCCGCACTTGGTGCA-3´ vmhc RW 5´- ACCTTCACGACTGACGATTGAAGC-3´ FW 5´- AGCTCACGCCAGTCATTGCAGG-3´ ncx-1 RW 5´- CCGCAGGTGCTTGACCTTCCG-3´ *die myod-Sequenz stammt von Weinberg et al. 1996, erhalten von Dr. M. Hammerschmidt 3.4.2 Sondenherstellung Die Herstellung der zur in-situ-Hybridisierung genutzten Sonden erfolgte durch Dr. V. Chankiewitz mittels der oben genannten Primersequenzen. Es wurden die Primersequenzen in der Polymerase-Kettenreaktion zur Amplifizierung entsprechender DNA-Fragmente eingesetzt, welche nach Aufreinigung über pDrive Vektoren in E. coli Zellen eingebracht und kloniert wurden. Mittels Sequenzierung wurden die klonierten Produkte überprüft. Die durch die anschließende Isolierung, Aufreinigung und Lineralisation mittels der Restriktionsendonukleasen BamH1 oder Sal1 entstandenen DNA- Abschnitte konnten zur in-vitro-Transkription der mRNA Sonden genutzt werden. Die entstandenen mRNA Sonden sind zur späteren Detektion in der in-situ-Hybridisierung an den Uracilbasen Digoxigenin-markiert. 3.4.3 Ablauf der in-situ-Hybridisierung Die einzelnen Testgruppen bestanden jeweils aus Morpholinoinjektion, Kontrollinjektion und nicht injizierten Embryonen, welche in separaten Kammern hybridisiert wurden. Eine in-situ-Platte beinhaltet 24 Einzelkammern. Die Experimente wurden mit atoh8, myod, pax3a, vmhc und ncx-1 Sonden separat durchgeführt. Zusätzlich wurden Experimente mit Einsatz von zwei Sonden simultan (myod und vmhc) durchgeführt. Der Ablauf des Experiments richtet sich nach einer Modifizierung des Protokolls von Westerfield (Westerfield, 1995) und wurde mit freundlicher Unterstützung von S. Wulf durchgeführt. Wie zuvor beschrieben liegen die dechorionierten Embryonen in dehydrierter Form bei -20°C vor. Somit stellt die Rehydrierung zu je 10 Minuten in 50% 37 und 30% Methanol in PBST sowie in reinem PBST einen wichtigen Schritt vor Start des Experimentes dar. Daran anschließend wurden die Embryonen für 20 Minuten erneut in 4%PFA/PBS nachfixiert und für drei mal 15 Minuten in PBST gewaschen. Es folgte die Inkubation mit Proteinase K Verdau (10µg/ml in PBST) für 5-12 Minuten bei Raumtemperatur. Gestoppt wurde die Reaktion in 0,2% Glycin in PBS für 1 Minute bei Raumtemperatur. Für weitere 20 Minuten erfolgte die Nachfixation in 4%PFA/PBS und erneutes Waschen für 15 Minuten in PBST. Der nachfolgende Schritt beinhaltet die Prähybridisierung mittels Hybridisierungslösung nach Patel für 1-2 Stunden bei 60°C. Danach wurde die Lösung gewechselt und die Embryonen über Nacht bei 60°C inkubiert. Am Folgetag wurden die jeweils entsprechenden mRNA Sonden in die Lösung zu den Embryonen gegeben und erneut bei 60°C für 24 Stunden belassen, sodass eine Bindung der komplementären, im Embryo exprimierten mRNA erfolgen kann. Am 3. Tag wurden die Embryonen zunächst mit 50% Formamide in 2X SSC und 0,1% Tween 20 für zwei Mal 20 Minuten bei 60°C gewaschen. Im Folgenden wurden die Waschvorgänge ohne Formamide in ähnlicher Lösung bei absteigender SSC-Konzentration (2X SSC, dann 0,2 X SSC) je zwei Mal 20 Minuten unter gleichen Bedingungen wiederholt. Mittels Blockinglösung (Rezept Intavis) wurden weitere Reaktionen verhindert. Zur Blockinglösung wurde eine Anti-Digoxigenin-Antikörperlösung 1:5000 gegeben und bei 4°C über Nacht inkubiert. Am folgenden Tag wurden die Antikörper beladenen Embryonen für vier Mal 25 Minuten in KTBT Puffer gegeben und anschließend im alkalische Phophatase Puffer (NTMT) drei Mal 15 Minuten gewaschen, um nicht gebundene Antikörper auszuwaschen. Die Anfärbung der mit alkalischer Phosphatase beladenen Antikörper, welche die mRNA Hybride spezifisch am Digoxigenin gebunden haben, erfolgte mittels NBT/BCIP-Lösung. Die Fixierung der Embryonen in den Platten erfolgte durch Waschen in KTBT-Puffer für zwei Mal 10 Minuten, ein Mal für 10 Minuten Waschen in PBS und anschließender Überführung in 4%PFA/PBS. 38 Abbildung 4. Prinzip der in-situ-Hybridisierung. Anti-DIG-AK lagern sich an die mit Digoxigenin beladenen Uracil-Basen der mRNA-Sonden an. Da die AKs mit alkalischer Phosphatase beladen sind, wird durch Zugabe von NBT/BCIP-Lösung eine Farbreaktion an den Stellen ausgelöst, an den die Sonden gebunden haben. Überschüssige mRNA wurde bereits ausgewaschen. Tabelle 10. PBST (20X) 20X PBS 0,1% Triton-x-100 1000ml 10ml Tabelle 11. DEPC-Wasser 0,1% DEPC 1ml/1000ml dest. Wasser Sterilisierung durch Autoklavieren Tabelle 12. Proteinase K Verdau DEPC-Wasser 25ml Proteinase K 12,5µl Tabelle 13. Hybridisierungslösung nach Patel (1000ml) Blocking Reagent 20g Formamide 500ml 20X SSC 250ml 39 CHAPS 5g 10 % Triton-x-100 10ml EDTA (0,5M, pH 8,0) 10ml DEPC-Wasser Auffüllen auf 1000ml 2h Inkubation mit Rührfisch Wasserbad bei 65°C Heparin 600µl RNA (1mg/ml) 1g Tabelle 14. 20X SSC (1000ml) NaCl Na-Citrat 175,3g 88,2g H2O 800ml 10N NaOH oder HCl Titration auf pH 7,0 H2O Auffüllen auf 1000ml DEPC 1:1000 Tabelle 15. CHAPS 10g CHAPS Zu 10% in H2O lösen Tabelle 16. 2X SSC (50ml) 20X SSC Lösung 5ml DEPC-Wasser 45ml Tabelle 17. 0,2X SSC mit CHAPS (1:50) 20X SSC Lösung DEPC-Wasser CHAPS Lösung (10%) 1ml 97ml 2ml Tabelle 18. Blockinglösung Blocking Reagent in Maleinsäure- Endkonzentration 10% Puffer 40 Tabelle 19. Maleinsäure-Puffer Maleinsäure 100mM NaCl 150mM NaOH pH 7,5 titriert Tabelle 20. Anti-DIG-AK-Lösung Anti-DIG Antikörper 25µl KTBT 45ml Tabelle 21. 10X KTBT-Puffer (1000ml) Dest. Wasser 740ml NaCl 88g KCl 1,5g TWEEN 20 10ml Tris (pH 7,4) 250ml Tabelle 22. Tris-Lösung 1M, pH 7,4 Tris Base 121,1g Konz. HCl 70ml DEPC-Wasser 800ml Tabelle 23. Tris-Lösung 1M, pH 9,5 Tris Base 237,5g Tris HCl 12,5g DEPC-Wasser 250ml Tabelle 24. alkalische Phosphatase Puffer (NTMT) 100ml NaCl (5M) 2ml MgCl2 (1M) 5ml Tris (1M), pH 9,5 10ml 10% Triton-x-100 1ml Aqua dest. Auffüllen auf 100ml 41 Tabelle 25. Färbelösung (NBT/BCIP) NBT 180µl BCIP 140µl NTMT-AP-Puffer 40ml 3.5 Herstellung von Schnittpräparaten 3.5.1 Semi- & Ultradünnschnittpräparate Die für die Herstellung von Schnittpräparaten genutzten Embryonen wurden nach der vorgesehenen Inkubationszeit in 2,5% Glutaraldehydlösung fixiert. Mit Unterstützung von Frau U. Ritenberg wurden zur Herstellung schnittfähiger Blöcke die fixierten Embryonen nach etwa 24 Stunden zunächst etwa 2Stunden in PBS gewaschen, anschließend für weitere 1,5h in 1% Osmiumlösung in PBS gegeben und erneut 2 Stunden in PBS gewaschen. Zur Entwässerung wurden die Embryonen in eine aufsteigende Acetonreihe (30%, 50%, 70%, je 30 Minuten) überführt. Bei 4°C wurden die Embryonen zur Stückkontrastierung in mit 1% Uranylacetat und 1% Phosphorwolframsäure versetzte 70% Acetonlösung inkubiert. Daran anschließend erfolgte die Überführung in die aufsteigende Acetonreihe (je 2 x 20 Minuten in 80%, 90%, 95% und abs. Aceton). Bei 4°C wurden die Embryonen für 1h in Propylenoxid gegeben und im Anschluss für je 1h bei 4°C in Propylenoxid-Durcupan in den Verhältnissen 3:1, 1:1 und zuletzt 1:3 (über Nacht) überführt. Am Folgetag erfolgte die Inkubation mit Durcupan ACM I für 24 Stunden bei 40°C, anschließend die Überführung in Durcupan ACM II für 1 Stunde bei 40°C und zuletzt die Einbettung bei 70°C für 3-4 Tage. Tabelle 26. Durcupan Microscopy Sciences“ACM von „Electron DURCUPAN ACM I DURCUPAN ACM II 10ml Epoxy resin 10ml Epoxy resin 10ml 964 Aushärter 10ml 964 Aushärter 0,2ml Dibutylphthalat 0,4ml 964 Beschleuniger / 0,2ml Dibutylphthalat 42 Die erzeugten Blöcke wurden mittels eines Ultra-Diamantmessers des Ultracut (Reichert-Jung) geschnitten. Dazu wurden etwa 14µm dicke Schnitte erzeugt, welche über ein Wasserbad auf einen Objektträger aufgetragen wurden. Die auf diese Weise hergestellten Dünnschnittpräparate wurden in einer Methylenblau-Färbelösung für einige Minuten inkubiert. Tabelle 27. Methylenblau-Färbelösung Methylenblau 0,13% wässrg. Lsg. 12ml Basisches Fuchsin 0,13% wässrg. Lsg. 12ml Ethanol 95% 15ml PBS 21ml 3.5.2 Kryoschnittpräparate Zur Anfertigung von Kryoschnittpräparaten aus PFA-fixierten Embryonen nach in-situ-Hybridisierung eignet sich insbesondere die Methode des Sucrose geschützten Einfrierens von Gewebe. Diese Methode wurde zu weiterführenden und bestätigenden Untersuchungen von Maximilian Breuer durchgeführt (s. Abb. 12). Dazu wurden die zuvor mindestens 12 Stunden in 4%PFA befindlichen Embryonen für 10 Minuten in 15% Sucrose in PBS, anschließend in 30% Sucrose in PBS überführt, bis sie im Medium sanken. Anschließend wurden die Embryonen in Cryo-Medium (Tissue-Tek) eingebettet, dazu dienten geformte Würfel aus Aluminiumfolie, und mittels Stickstoff gefroren. Bei etwa -23°C wurden die gefrorenen Würfel mit einem Cryotom (Leica CM3050S) in etwa 10µm dünne Slides geschnitten. Die Dünnschnittpräparate wurden mit speziell beschichteten Objektträgern (Superfrost Plus Menzel-Gläser) aufgenommen. 3.6 Mikroskopie Die Präparate der in-situ-Hybridisierung wurden mit einem Fluoreszenzmikroskop (Leica M165FC) untersucht, analysiert und nach den Vorgaben von Devoto et al. und Kimmel et al. ausgewertet. Dazu wurden die Embryonen auf Agarose-Gel Platten ausgerichtet. Für sagittale Aufnahmen 43 wurden in die Gel-Platten Kerben geschnitten, sodass die Embryonen in den Einkerbungen ausgerichtet werden konnten. Bilder wurden mit einer Leica D420 Kamera und der zugehörigen Leica Software aufgenommen. Zur Anfertigung von Fluoreszenzaufnahmen wurde ein einschiebbarer GFP-Filter genutzt. Von Schnittpräparaten wurden lichtmikroskopische Aufnahmen mit entsprechender Software erzeugt. 3.7 Auswertung Nach Auszählung aller Embryonen der drei verschiedenen Testgruppen bezüglich der jeweils untersuchten Merkmalsausprägungen erfolgte eine prozentuale Angabe in Diagrammendarstellung. Zur statistischen Auswertung wurden jeweils spezifische Vierfeldertafeln angelegt (s. Anhang A4) und zunächst zur Klärung von signifikanten Abhängigkeiten der beobachteten Ergebnisse Chi-Quadrat-Testungen durchgeführt. Um eine Darstellung von Chancenverteilungen bei nachgewiesen signifikanten Ergebnissen zu erhalten, wurden Odds Ratio-Berechnungen mit entsprechenden 95%-Konfidenzintervallen (KI) für errechnete Chancen durchgeführt. 44 4. Ergebnisse 4.1 Atoh8-Expression in Herz- & Skelettmuskulatur Diverse Untersuchungen haben sich bereits mit dem Expressionsmuster des atoh8-Gens beschäftigt und gezeigt, dass neben einer Vielzahl innerer Organe eine Expression in den Somitenanlagen stattfindet. Auch in der Herzanlage wurde eine atoh8-Expression beobachtet. Zu Beginn dieser Versuchsreihe wurde jedoch zunächst eine bestätigende atoh8-in-situHybridisierung an 24 hpf Zebrabärblingembryonen durchgeführt, um den erneuten Nachweis einer Genexpression sowohl in den Somiten, der Anlage der sich differenzierenden Skelettmuskulatur, als auch in der Herzmuskelanlage zu erbringen (Abb. 5). Abbildung 5. In-situ-Hybridisierung mit atoh8-Sonde In-situ-Hybridisierung mit atoh8-Marker an 24 hpf, 4% PFA fixiertem Zebrafisch-Embryo. Deutliche Anfärbung der durch vertikale Septierung klar voneinander abgrenzbaren Somiten mit Unterscheidung einzelner Muskelmassenanteile (schwarzer Pfeil). Anfärbung der Herzanlage als länglich-ovale Struktur im oberen Rumpfbereich (roter Pfeil). Deutlich erkennbar ist die Anfärbung der atoh8-mRNA-Hybride in klar kompartimentierten Somiten bis in die Schwanzspitze, epaxiale und hypaxiale Muskelmassen bilden dabei eine v-förmige Ausprägung. Einzelne Somitenpaare sind eindeutig voneinander abgrenzbar. 45 Eine dunkel gefärbte, länglich bis ovale Struktur im oberen Rumpfbereich, dem Dottersack aufliegend, weist die atoh8-Expression in der kardialen Anlage nach. Darüber hinaus ist ein schwaches Muster sowohl in neuralen Strukturen, dorsal der Augenanlage entlang des proximalen Rumpfes in den Rhombomeren und dem Diencephalon, als auch in der embryonalen Augenanlage nachweisbar. Ein Nachweis der Genexpression in den verschiedensten Geweben lässt vermuten, dass atoh8 eine wichtige Aufgabe in der Entwicklung zuteil wird. 4.2 Morpholino-Mikroinjektion Zur Analyse der Funktionalität und Einflüsse des atoh8-Gens wurden Knockdown-Experimente Zebrafischembryonen durch durchgeführt. Morpholino-Mikroinjektionen Da die Morpholinos mit in dem Fluoreszenzfarbstoff (grün fluoreszierendes Protein) GFP markiert sind, kann zunächst eine erfolgreich platzierte Mikroinjektion überprüft werden. Darüber hinaus wird die Diffusion und Verteilung der Substanz innerhalb des Embryos verfolgt. Abbildung 6 veranschaulicht den Unterschied von nicht injizierten Embryonen im Vergleich zu injizierten Embryonen. Neben der starken Fluoreszenz des Dottersacks, in welchen die Substanz zu Beginn eingebracht wird, ist eine deutliche Fluoreszenzzunahme im Gegensatz zum nicht injizierten Embryo im gesamten Körper bis in die kaudalen Körperregionen erkennbar (vgl. Abb. 6B). Etwa 48 hpf, folglich etwa 48 Stunden nach Injektion, verblasst die Fluoreszenz im Körper im Rahmen der Verdünnungsprozesse durch die Größenzunahme des Körpers (vgl. Abb. 6C), wobei für alle Versuche ein fest definiertes Injektionsvolumen von ~2nl genutzt wurde. Durch die Verdünnungsprozesse wird der nachlassende Knockout-Effekt nach einer gewissen Zeit erklärt. 46 Abbildung 6. Fluoreszenz der Morpholino-Injektion A) Zebrafischembryo, 20 hpf, Morpholinoinjektion. Die Substanz wurde in den Dottersack injiziert und ist in den Zellpol diffundiert. Durch Zellteilungen und Größenzunahme im Rahmen der Entwicklung hat sich die Substanz im gesamten Organismus verteilt, sichtbar durch die deutliche Fluoreszenz. B) Zebrafischembryo, 48 hpf, Kontrollsubstanzinjektion. Eine umschriebene Fluoreszenzzunahme ist wolkenförmig im Dottersack erkennbar. Die Fluoreszenz des Körpers verringert sich, ist jedoch noch sichtbar. C) Zebrafischembryo, 48 hpf, nicht injiziert. Der Dottersack weist keine umschriebene Fluoreszenzzunahme auf, sondern eine leichte Eigenfluoreszenz. Im Körper des Fisches sind keine Fluoreszenzanreicherungen erkennbar. 4.2.1 Morphologisch-anatomische Unterschiede In der Embryogenese des Zebrabärblings findet neben einer Vielzahl von Entwicklungen auch die Elongation des Rumpfes und Ausprägung des Schwanzbereiches statt. Während sich der sich verlängernde Rumpfbereich des Fisches in den ersten 24 Stunden leicht wölbt, findet in folgenden Stadien mit der Entwicklung des muskulären Systems eine Begradigung der kaudalen Körperabschnitte statt (vgl. Abb. 6B). Darüber hinaus verjüngt sich der Schwanzbereich nach distal, der Rumpfbereich erscheint schlank und ausdifferenziert mit erkennbarer Mittellinie. Analog zur physiologischen Embryogenese weisen Morphanten in hohem Maße Anomalien in der muskulären Entwicklung auf. Der Schwanz scheint sich mit zunehmender Elongation deutlich abzuknicken (vgl. Abb. 6A) und erhält eine Asymmetrie, da die schlanke Stromlinienform fehlt. Proximale 47 Rumpfanteile, die zunächst dem noch großen Dottersack anliegen, weisen eine dauerhaft gekrümmte Form auf (vgl. Abb. 8). Bei Betrachtung der embryonalen Körperbewegungen noch in der Eihülle fällt sowohl eine Verlangsamung als auch eine Verminderung der Bewegung auf, während sich die nicht injizierten Embryonen deutlich in der Eihülle winden. Zur Analyse der verschiedenen Marker wurden Embryonen in den nachfolgenden Experimenten in verschiedenen Stadien analysiert. Da bei Morphanten ab etwa 40 hpf Sterberaten von mehr als 70% (bei Injektion der Kontrollsubstanz lag die Sterberate bei ca. 20%) nachweisbar waren, wurden in den Fällen keine statistischen Auswertungen vorgenommen, da durch die Selektion überlebender, „gesunder“ Embryonen, bei denen beispielsweise die Injektion nicht erfolgreich war, eine Ergebnisverzerrung zustande käme. Die hohe Sterberate der Morphanten verdeutlicht jedoch den großen Einfluss des atoh8-Gens auf die embryonale Entwicklung, da ein Knockdown in einer Vielzahl der Fälle zu mit dem Leben nur schwer vereinbaren Anomalien führt. 4.3 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung Nachdem der Nachweis einer atoh8-Genexpression in den Somiten während der Embryogenese erbracht wurde, erfolgten zuvor beschriebene Morpholino-Knockout-Experimente. Dabei zeigten sich, wie beschrieben, deutliche muskuläre Anomalien, sodass eine eingehende Untersuchung und Analyse einzelner beteiligter Strukturen angezeigt war. Mittels in-situHybridisierung wurde anschließend anhand spezifischer Marker die Myogenese der Skelettmuskulatur verfolgt, analysiert und mit nicht injizierten Embryonen sowie mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen vergleichen. 4.3.1 In-situ-Hybridisierung mit pax3a-Marker Der Transkriptionsfaktor pax3a zählt zu den wichtigsten Markerproteinen der frühen Myogenese, da nahezu alle myogenen Vorläuferzellen vor Eintritt in die myogene Differenzierung pax3a exprimieren. Darüber hinaus ist pax3a wesentlich an der Induktion der Myogenese beteiligt (s. Kapitel 1.3.1). Zur Analyse des Expressionsmusters wurden 12 hpf Zebrafischembryonen mittels in-situ-Hybridisierung untersucht. Es zeigte sich eine deutliche, jedoch unspezifische, wolkenförmige Anfärbung im Bereich des 48 Zentralnervensystems und der sich zuerst abgrenzenden Somiten im proximalen Rumpf (s. Abb. 7a). Der Mangel an pax3a- Nachweisbarkeit ergibt sich aus der in diesem embryonalen Stadium erst folgenden Anlage von Somiten. Nach Somitenreifung, etwa 26 hpf, wiesen die Embryonen neben einer ausgeprägten Genexpression der Hirnanlagen lediglich eine minimale pax3a-Expression im Bereich der Myotome auf (s. Abb. 7B). Eine kontinuierliche Verminderung der pax3a-Genexpression während der Myogenese, wie von Yusuf und Kollegen beschrieben, ist daher in dieser Versuchsreihe bestätigend anzunehmen (Yusuf and Brand-Saberi, 2006). Die Untersuchung erfolgte in jeder Gruppe mit mehr als 60 Embryonen. Analysen von Morphanten, sowie von Kontrollsubstanzinjektionen ergaben dabei jedoch keine eindeutigen Unterschiede, die eine Abgrenzung zu den nicht injizierten Embryonen zuließen, da sich in den sehr frühen Stadien (12 hpf) die beschriebene wolkenförmige Anfärbung in den meisten untersuchten Embryonen gleichermaßen zeigte. Aufgrund der in späteren Stadien nach Eintritt in die Myogenese nahezu fehlenden pax3a- Expression ist eine Aussage über 26 hpf-Stadien bezogen auf das pax3a-Expressionsmuster nicht möglich. Morphologische Unterschiede zwischen den Morphanten und beiden Kontrollgruppen sind im 12 hpf-Stadium aufgrund der noch unzureichenden Abgrenzung der einzelnen Körperstrukturen nur schwer erkennbar, im 26 hpf-Stadium jedoch zeigen sich die typischen, bereits beschriebenen Veränderungen der Körperform bei den Morphanten, auf die in den folgenden Versuchen näher eingegangen wird. 49 Abbildung 7. Pax3a-in-situ-Hybridisierung. A) Nicht injizierter Zebrafischembryo, 12 hpf. Eine wolkenförmige Anfärbung wird im distalen Kopfbereich (der blaue Pfeil markiert die Kopfanlage) deutlich und erstreckt sich bis in den proximalen Rumpf (roter Pfeil), einzelne Strukturen sind noch nicht voneinander abgrenzbar. B) Nicht injizierter Zebrafischembryo, 26 hpf. Einzelne Strukturen sind abgrenzbar. Deutliche Anfärbung der encephalen Anlagen (roter Pfeil), die Somiten sind nur sehr schwach angefärbt (blauer Pfeil), da die pax3a-Expression im Rahmen der Myogenese deutlich abnimmt. 4.3.2 In-situ-Hybridisierung mit myod-Marker Der bHLH Transkriptionsfaktor myod zählt als einer der muskulären Regulationsfaktoren zu einem wichtigen Marker der Myogenese, da er unter anderem wesentlich an der Differenzierung von Fibro- zu Myoblasten beteiligt ist (Tapscott, 2005). Wie bereits beschrieben folgt das Maximum der Expression der muskulären Regulationsfaktoren dem der pax3a Genexpression zeitlich versetzt, sodass myod Marker genutzt werden können, wenn eine pax3a Expression bereits nicht mehr nachweisbar ist. Myod wird in dieser Versuchsreihe als Markergen genutzt, um die Myogenese der Zebrafischembryonen insbesondere in 24 hpf Stadien zu 50 untersuchen. Darüber hinaus wird deutlich, dass eine myod Genexpression spätestens 48 hpf nicht mehr nachweisbar ist. An den drei Testgruppen (nicht injiziert, Morpholinoinjektion & Kontrollinjektion, jeweils in 24 hpf-Stadien) wurden die myod-in-situHybridisierungen durchgeführt. Es zeigten sich deutliche Anfärbungen der Somiten/ Myotome entlang des Rumpfes. Morphologisch ließen sich dabei die nicht injizierten Embryonen von den mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen nicht unterscheiden. In beiden Gruppen weist der Körper einen gestreckten Rumpf bis in den Schwanzbereich ohne starke Krümmung auf, die Somiten sind bis in die distalen Schwanzbereiche klar differenziert und deutlich durch Septierungen voneinander abgrenzbar. Auffällig ist die bereits beschriebene chevron-artige Ausprägung der Somiten mit Aufteilung in einzelne Muskelmassen (s. Abb. 8A/B). Eindeutig davon abgrenzbar ist die Morphologie der Morphanten. In der Übersicht fällt die deutliche Anomalie des Schwanzes auf, da eine extreme Bildung von Krümmungen stattfindet. Es besteht ebenfalls eine deutliche Anfärbung myogener Zellen, die Anfärbung ist jedoch ungeordnet. Einzelne Strukturen lassen sich nicht voneinander abgrenzen, Septierungen innerhalb der Somiten in Form eines horizontalen Myoseptums zeigen sich nicht, sodass eine Abgrenzung epaxialer und hypaxialer Muskelmassen nicht möglich erscheint. Ein Nachweis der typischen v-Form der Somiten (Devoto et al., 1996; van Eeden et al., 1996) ist demnach nicht möglich, sodass sich ein undifferenziertes, wolkenartiges Zellmuster ergibt. Zudem ist (im Vergleich zu Abb. 8A/B) eine undifferenzierte Anfärbung von Zellen bandförmig im Verlauf des physiologisch nachweisbaren Septums nachweisbar (s. Abb. 8C/D). 51 Abbildung 8. Myod-in-situ-Hybridisierung. A) Nicht injizierter Zebrafischembryo, 24 hpf. Elongierter Körperbau, chevronartige Anordnung kompartimentierter Somiten. Klare Struktur durch Septierungen zwischen einzelnen Somiten und horizontale Septierung (gelber Pfeil) B) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf. Keine morphologischen Unterschiede im Vergleich zu nicht injizierten Embryonen feststellbar. C&D) Morphant, 24 hpf. Wolkenförmige, undifferenzierte Anordnung myogener Zellen, keine voneinander abgrenzbaren Somiten trotz bilateraler Anlage. Keine Septierung. Bandförmige Färbung des „Somiten“-randes (Pfeil). Ausgeprägte Veränderung der distalen Rumpfform mit Knickbildung. 52 Die statistische Auswertung belegt die beschriebenen signifikanten Veränderungen, ausgelöst durch den atoh8-Knockdown. Andere Faktoren, wie die Erzeugung von Anomalien durch embryonale Verletzungen infolge der Mikroinjektion gelten daher als Einflussfaktoren geringerer Ordnung. Während lediglich 1,7% der nicht injizierten Embryonen und 11,2% der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen anatomisch veränderte Somitenstrukturen aufwiesen, zeigte sich bei den Morphanten mit 64,8% der Fälle eine hoch signifikante Häufigkeit deutlicher anatomischer Anomalien (vgl. Abb. 9). Aus den signifikanten Unterschieden zwischen den nicht injizierten bzw. Kontrollsubstanz injizierten Embryonen und den Morphanten (jeweils p<0,001) ergibt sich eine hoch signifikante Abhängigkeit zwischen der Morpholinoinjektion und dem Auftreten anatomischer Anomalien des Skelettmuskelsystems (Chi-Quadrat-Test, p<0,001). Abbildung 9. Statistische Auswertung der myod-in-situ-Hybridisierung. Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der myod-in-situ-Hybridisierung mit prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten, für anatomisch „normal“ geformte und anatomisch veränderte Somiten auf der x-Achse. Die Auswertung erfolgte nach den Maßgaben von Kimmel et al. Absolut ausgewertete Embryonenzahlen finden sich rechtsständig im Kästchen. Nach Chi-Quadrat-Berechnungen zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen der Morpholinoinjektion und beiden Kontrollgruppen mit p<0,001. 53 Dabei liegt die Chance anatomische Veränderungen aufzuweisen, bei der Morpholinoinjektion mehr als 104fach höher als bei den nicht injizierten Embryonen (OR=104,7 mit 95%-KI [37,0; 295,9]) und mehr als 14fach höher als bei den Kontrollsubstanz injizierten Embryonen (OR=14,6 mit 95%-KI [8,7; 24,3]). Der geringe Einfluss der Manipulation am Embryo durch den Injektionsvorgang selbst zeigt sich an der leichten Anhebung der Zahlen in der Testgruppe der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen (11,25%). 4.3.3 Kein myod-Nachweis im 48 hpf-Stadium Embryonen im 26+ Somiten-Stadium (24 hpf) wiesen in allen drei Testgruppen eine deutliche myod-Genexpression auf (s. Kap. 4.3.2). In diesem Abschnitt der Embryonalentwicklung zählt die Myogenese zu den wesentlichen Entwicklungsschritten. 48 hpf jedoch ist die embryonale Differenzierung der Skelettmuskulatur weitgehend vervollständigt, sodass nur Spuren exprimierter Gene, die während der Myogenese ihre größte Funktionalität besitzen, nachweisbar sind. Abbildung 10. Myod/vmhc-in-situ-Hybridisierung, 48 hpf. Nicht injizierter Zebrafischembryo, 48 hpf. Physiologische Skelettstruktur (vgl. Kap. 4.3.2), jedoch keine Markerfärbung der Somiten (schwarzer Pfeil). Zusätzlich Anfärbung der Herzstruktur, dem Dottersack aufliegend, durch vmhc Marker. 54 Dies erklärt die fehlende Färbung einzelner Skelettmuskelanteile in der myod-in-situ-Hybridisierung (s. Abb. 10), da zu dem Zeitpunkt zwar der bislang produzierte Transkriptionsfaktor myod anwesend sein wird, jedoch keine weitere myod-mRNA Expression stattfindet und somit keine anfärbbaren Hybride gebildet werden können. 4.3.4 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung, jedoch nicht die myod-Genexpression Analog zu Kapitel 4.3.2 konnte statistisch belegt werden, dass die Expression des atoh8-Gens die Entwicklung und Strukturierung der Somitenstrukturen und damit die Myogenese beeinflusst. Im Gegensatz zu bisherigen Studien konnte jedoch erstmalig gezeigt werden, dass dabei die Expression von myod selbst nicht beeinflusst wird (vgl. Abb. 8). Durch die ausgeprägten Anomalien der Skelettmuskelreifung und –differenzierung lässt sich zwar ein prägnanter Strukturdefekt nachweisen, jedoch findet eine deutliche Anfärbung exprimierter myod-mRNA in der in-situ-Hybridisierung statt, welche eine spezifische Genexpression belegt. Mit Verweis auf Kapitel 1.3.2 wurde bereits bewiesen, dass die Präsenz von myod zur Induktion funktionsfähiger Skelettmuskelzellen genügt (Rudnicki et al., 1993). Da eine myod-Expression vorhanden ist, müssen zumindest funktionsfähige muskuläre Progenitorzellen angelegt sein, die eine myogene Differenzierung zulassen. Folglich kann durch einen atoh8-Knockdown nicht direkt auf eine mangelhafte Determinierung von Myozyten geschlossen werden. Vielmehr muss eine Abhängigkeit der Anlage und Wanderung bestimmter Zellpopulationen innerhalb der Somitenanlage während der Myogenese von der atoh8-Expressivität bestehen, sodass bei Knockdown eine Ausprägung derartiger patterning Defekte stattfinden kann. 4.3.5 Atoh8 beeinflusst adaxiale Zellpopulationen Durch myod-in-situ-Hybridisierungen konnten die Strukturveränderungen und Differenzierungsstörungen während der Skelettmuskelentwicklung nachgewiesen werden. Bei genauer Analyse kann in einer Vielzahl der Morphanten jedoch eine längst angeordnete, bandförmige Zellverdichtung im Bereich der Somiten anstelle der Somiten unterteilenden Myosepten bei 55 beiden Kontrollgruppen nachgewiesen werden (vgl. Abb. 8C). So entsteht der Verdacht, dass atoh8 Zellpopulationen beeinflusst, die an der strukturellen Septenbildung beteiligt sein müssen. Zur genaueren Analyse der Strukturen wurden daher zunächst Dünnschnittpräparate von Embryonen ohne vorherige in-situ-Hybridisierung angefertigt (s. Abb. 11). Im Vergleich zu den mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen weisen Morphanten eine sehr undifferenzierte Anordnung von myogenen Zellen auf (vgl. Abb. 11A/B). Veränderungen der Chorda dorsalis und des Verlaufes des Neuralrohres sind beobachtbar, adaxial liegende Zellen der Somiten lassen sich nicht klar abgrenzen und Aufteilungen einzelner Myotome sind wegen mangelhafter horizontaler Septenbildung nicht möglich, sodass das Bild plump wirkender, unkoordiniert angeordneter Zellhaufen der whole mount Analysen bestätigt wird. Abbildung 11. Dünnschnittpräparate. A) Horizontaler Semidünnschnitt des Rumpfes am Übergang in den Schwanzbereich, Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, 20x Vergrößerung. Verschiedene Myotome sind durch Septen arrangiert (schwarze Pfeile), adaxial gelegene Zellen (grüne Pfeile) entlang der Chorda dorsalis (blauer Pfeil) sind differenzierbar. Der Dottersack wurde zur Orientierung angeschnitten (gelber Pfeil). B) Horizontaler Semidünnschnitt des Rumpfes am Übergang in den Schwanzbereich, Morphant, 24 hpf, 20x Vergrößerung. Ungeordnetes Bild muskulärer Zellen (rote Pfeile), die Chorda dorsalis sowie adaxiale Zellpopulationen sind nicht abgrenzbar (blauer Pfeil), eine Septenbildung fehlt, sodass keine Myotomeinteilung beobachtbar ist. 56 Aufgrund der Beobachtungen in den adaxialen Bereichen der Morphanten kann eine Beeinflussung der während der Embryogenese exakt dort lokalisierten Zellpopulationen angenommen werden. Betrachtet man analog zu Kapitel 1.1.4 die Funktionalität der in den adaxialen Bereichen lokalisierten Pionierzellen, erhärtet sich der Verdacht, dass atoh8 Einfluss auf die Differenzierung dieser Zellgruppe hat, da einige mit den Pionierzellen verknüpften embryonalen Entwicklungen durch einen Knockdown von atoh8 nicht zu erfolgen scheinen. Es entsteht weder eine typisch differenzierbare Somitenform, noch sind horizontale Myosepten nachweislich beobachtbar. Beide Veränderungen deuten auf eine fehlende Zellmigration und Differenzierung der Pionierzellen während der Embryogenese hin. Die ausbleibende Differenzierung und defekte Migration dieser Zellen könnte die in Abbildung 8C/D nachweisbare bandförmige Dichtezunahme der myod exprimierenden Zellen anstelle eines sich differenzierenden Myoseptums erklären. Vergleichende Analysen von Schnittbildpräparaten nach myod-insitu-Hybridisierung verdeutlichen die Ergebnisse (s. Abb. 12). Abbildung 12. Dünnschnittpräparate nach myod-in-situ-Hybridisierung. A) horizontales Semidünnschnittpräparat nach myod-in-situ-Hybridisierung, nicht injizierter Embryo, 24 hpf, aufgenommen von M. Breuer. Myod erscheint rötlich 57 angefärbt. Gut abgrenzbares Neuralrohr (schwarzer Pfeil) und Chorda dorsalis (grüner Pfeil). Definiertes horizontales Myoseptum (rote Pfeile), verschiedene Muskelmassen (blauer Pfeil) erscheinen voneinander getrennt als epaxiale und hypaxiale Massen. Zarte Zellreihe adaxial liegend (roter, in Richtung Chorda weisender Pfeil & Stern). B) horizontales Semidünnschnittpräparat nach myod-in-situ-Hybridisierung, Morphant, 24 hpf, aufgenommen von M. Breuer. Myod erscheint rötlich angefärbt. Anomalien der zentralen Strukturen (schwarzer & grüner Pfeil). Muskelmassen (blauer Pfeil) lassen sich wegen fehlender Myosepten (roter Pfeil) nicht voneinander abgrenzen. Ein horizontales Myoseptum ist nicht definiert, anstelle feiner adaxialer Zellreihen finden sich bereits adaxial liegend undifferenzierte Zellanhäufungen myogenen Ursprungs (Stern). Insbesondere die fehlende Ausprägung des horizontalen Myoseptums ist hier deutlich zu beobachten. Während bei den nicht injizierten Embryonen ein schmaler Saum von Zellen, die die Chorda dorsalis umgeben, zu vermuten ist, von denen das horizontale Myoseptum zu entspringen scheint, ist eine Differenzierung bei den Morphanten nicht möglich, da die zentralen Strukturen hier direkt von muskulären Zellansammlungen, die nicht eindeutig in Septen gegliedert werden, umgeben sind (vgl. Abb. 12B). Abbildung 13. Schematischer distaler Schnitt eines Zebrafisches. Entworfen anhand der Vorgaben von Du et al. 1997. Analog zu Kapitel 1.1.4 besteht eine Einteilung der verschiedenen Zellpopulationen, adaxial gelegene Pionierzellen bilden das horizontale Myoseptum, die tief liegenden Muskelmassen 58 sind zu großen Anteilen schnelle Muskelfasern, eine dünne Schicht langsamer Muskelfasern liegt den tiefen Schichten nach lateral auf, dabei bilden vermutlich myogene Vorläuferzellen eine Schicht von „external cells“, die sich im Verlauf in anderen Geweben zu Muskelzellen differenzieren können. Anhand der Skizze eines physiologisch entwickelten Rumpfabschnittes des Zebrabärblings können die Ergebnisse der Abbildungen vergleichen werden (s. Abb. 13). Nicht injizierte Embryonen (vgl. Abb. 12A) weisen eine der Skizze sehr ähnliche Struktur auf, wohingegen die Struktur des in Abbildung 12B gezeigten Schnittes eines Morphanten deutlich von dieser Veranschaulichung abweicht. 4.4 Beeinflussung der kardialen Embryogenese Durch atoh8-in-situ-Hybridisierungen wurde neben der Aktivität in der Entwicklung der Skelettmuskeln ebenfalls nachgewiesen, dass während der Embryonalentwicklung des Zebrafisches eine Genexpression von atoh8 in der Herzanlage stattfindet. Daher sollte neben dem Einfluss des Gens auf die Skelettmuskulatur auch die Entwicklung des Herzmuskels nach atoh8Knockdown-Experimenten analysiert werden. Zur spezifischen Analyse wurden die in Kapitel 1.3.3 und 1.3.4 beschriebenen Marker vmhc und ncx-1 in in-situ-Hybridisierungen genutzt. 4.4.1 Darstellung der kardialen Strukturen mittels vmhc-Marker Zuvor jedoch wurden Experimente zur Bestimmung des Zeitpunktes der Herzanlage und des Zeitpunktes des Fusionsvorganges beider tubulären Systeme (vgl. Kapitel 1.1.5) durchgeführt, die zudem auch die Funktionalität der in den in-situ-Hybridisierungen eingesetzten vmhc-Sonde nachwiesen. Nicht injizierte Embryonen in verschiedenen Entwicklungsstadien (8 hpf, 10 hpf, 12 hpf, 14 hpf, 16 hpf, 24 hpf, 30 hpf, 48 hpf) wurden fixiert und einer vmhc-in-situ-Hybridisierung zugeführt. Nach Stainier et al. wurde bereits nachgewiesen, dass die Fusion im 26+ Somiten-Stadium (24 hpf) abgeschlossen ist (Stainier et al., 1993). Durch diese Versuchsreihe soll deshalb eine spezifische Anfärbung von Herzmuskelzellen ab einem bestimmten Zeitpunkt während der Embryonalentwicklung zur Darstellung 59 kommen, um in späteren Knockdown-Versuchen eine Nutzung von Vergleichswerten im Falle von verzögerten Entwicklungsprozessen oder nicht gefärbten Herzanlagen zu ermöglichen. In keinem der untersuchten Embryonen <12 hpf wurde in den in-situHybridisierungen eine spezifische Färbung nachgewiesen (s. Abb. 14A). Abbildung 14. Vmhc-in-situ-Hybridisierung verschiedener Stadien. A) Nicht injizierter Embryo, etwa 10 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Es ist keine spezifische Färbung einer Herzanlage sichtbar. B) Nicht injizierter Embryo, etwa 14 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Eine schwache Anfärbung beider tubulärer, kardialer Systeme ist im oberen Rumpfbereich, dem Dottersack aufliegend, nachweisbar (schwarze Pfeile). C) Nicht injizierter Embryo, etwa 16 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Die beiden nachweisbaren tubulären Systeme weisen eine deutlichere Anfärbung auf und nähern sich im Rahmen der kardialen Fusion an (schwarze Pfeile). 60 D) Nicht injizierter Embryo, etwa 18 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Deutliche Annäherung beider tubulären Strukturen nach medial. Die kaudalen Enden scheinen zuerst zu fusionieren (schwarze Pfeile). Die Anlage der kardialen Vorläuferzellen ist dabei bereits vorhanden, jedoch liegen zu dem Zeitpunkt noch keine funktionsfähigen Myokardiozyten, in denen eine Genexpression von vmhc induziert wird, vor. Erste Kontraktionen im Rahmen vollständig funktionsfähiger Myokardiozyten liegen erst in späteren Stadien vor (Nguyen et al., 2008). Erst ab etwa 14 hpf war eine schwache Anfärbung beider Anlagen der tubulären Systeme (s. Abb. 14B), die sich während der weiteren Entwicklung im Rahmen der kardialen Fusion aufeinander zu bewegen (s. Abb. 14C), beobachtbar, bis sich schließlich nach abgeschlossener Fusion ein länglich bis ovales, gekammertes Herz nach etwa 24 hpf darstellt (vgl. Abb. 15). Abbildung 15. Vmhc-in-situ-Hybridisierung späterer Stadien. A) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Eine tubuläre Anfärbung des Ventrikelsystems ist beobachtbar (schwarzer Pfeil), das Atrium an der kaudalen Grenze ist nicht gefärbt, ein Septum lässt sich nicht abgrenzen. B) Nicht injizierter Embryo, 48 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Deutlicher Fortschritt in der Gesamtentwicklung mit beginnender Hautpigmentierung. Das Herz hat die tubuläre Form verlassen und wirkt bulbär aufliegend, jedoch sind einzelne Herzstrukturen nicht eindeutig voneinander abgrenzbar. 61 Die fusionierte Herzanlage wirkt länglich mit kraniokaudaler Ausrichtung. Im Verlauf entsteht durch atrioventrikuläre Kissenbildung ein aus Kammer und Vorhof bestehendes Herz (Eisenberg and Markwald, 1995), jedoch ist das trennende Septum in dieser Versuchsreihe nur schwer erkennbar, da keine spezifischen Marker zur Färbung dieser Strukturen genutzt wurden. Nach abgeschlossener Reifung des Organs, 48 hpf, ist eine leichte Rotation erfolgt, welche bereits 30 hpf nachweisbar ist (s. Abb. 16), sodass der Ventrikel mit Ausflusstrakt rechtsseitig kranial, das Atrium leicht linksseitig kaudal orientiert ist (Stainier et al., 1993). Die tubuläre Ausbildung verändert sich dabei zunehmend und es entstehen bulbäre, Hohlorganen ähnelnde Strukturen, um eine effiziente Pumpfunktion bestimmter Blutvolumina im kardiovaskulären System gewährleisten zu können. Abbildung 16. Vmhc-in-situ-Hybridisierung nach 30 hpf. Nicht injizierter Embryo, 30 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung in leicht sagittaler Ausrichtung. Rotation der fusionierten Herzanlage, tubuläre Form wandelt sich zunehmend in bulbäre Form eines voluminösen Organs. 4.4.2 Funktion der Doppel-in-situ-Hybridisierung Da die zur Beobachtung und Analyse der Herzentwicklung genutzten Marker vmhc und ncx-1 herzspezifische Gene darstellen, würden in der in-situHybridisierung ausschließlich die kleinen Herzstrukturen gefärbt (vgl. Abb. 14). Daher wurden während eines Hybridisierungsvorganges zwei Marker simultan genutzt, um neben der spezifischen Herzfärbung auch eine Anfärbung der sich entwickelnden Skelettmuskulatur zu erhalten (vgl. Abb. 17). Durch diese Doppelfärbung können beispielsweise eine gelungene Mikroinjektion nachgewiesen und Fehlerquellen ausgeschlossen werden: 62 Eine einfach analysierbare Situation würde sich demnach einstellen, wenn nach Mikroinjektion die Färbung im Herzen nachweisbar wäre und sich ausschließlich beobachtbare Anomalien einstellen würden. Es wäre allerdings nicht sicher möglich, von einer gelungenen Mikroinjektion und einem alleinigen Effekt des atoh8-Knockdowns auszugehen, wenn die erwartete Herzfärbung ausbliebe und kein Marker wie myod zur Färbung anderer Strukturen wie in diesem Fall der Skelettmuskulatur eingesetzt würde. Folglich entstünden verschiedene Interpretationsmöglichkeiten der Ergebnisse und ein Rückschluss der Knockdown-Experimente auf Entwicklungsstörungen wäre nur schwer möglich. Es bestünde Unklarheit, ob eine fehlende Färbung auf zurückzuführen sei, eine nicht geglückte Mikroinjektion Funktionseinschränkungen der genutzten Sonde bestünden oder eine fehlende Genexpression eine Hybridisierung tatsächlich ausschließe. Im Gegensatz zu Anomalien der Skelettmuskulatur, die bereits mit morphologisch sichtbaren Körperveränderungen einher gehen, können embryonale Schäden in der Herzmuskelentwicklung, die meist nicht mit Veränderungen der Körpergestalt einhergehen, nur anhand von Markern sichtbar gemacht werden. Ohne spezifische Marker ist die Beurteilung des Herzens in-situ aufgrund der Lage des Organs nicht möglich. Somit würde die alleinige Nutzung einer herzspezifischen Sonde auch nur bei deren Nachweisbarkeit eine Analyse der Struktur zulassen, wohingegegen die grobe Beurteilung der Skelettmuskulatur und Veränderungen der Muskulatur aufgrund der bereits makroskopisch sichtbaren Anomalien auch ohne spezifische Marker möglich wäre. Durch den simultanen Einsatz von Skelettmuskelsonden wie myod, von denen nach oben beschriebenen Ergebnissen eine Expression und daher Nachweisbarkeit in bestimmten Stadien bekannt ist, können die genannten Interpretationsmöglichkeiten nach in-situ-Hybridisierung demnach deutlich eingeschränkt werden. Weiterhin können durch die simultane Anfärbung Rückschlüsse auf Zusammenhänge gezogen werden, denn nach den zuvor beschriebenen Ergebnissen ist es bei der Beobachtung krankhaft geformter Herzstrukturen nach Morpholinoinjektion unwahrscheinlich, eine physiologische Skelettmuskulatur nachweisen zu können. Bei diesen seltenen Fällen, in denen Anomalien kardialer Strukturen nachweisbar sind, sich jedoch keine 63 Skelettmuskelveränderungen zeigen, sollten ebenfalls mögliche Fehlerquellen als Ursache der Resultate in Betracht gezogen werden. 4.4.3 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Beobachtungen In dieser Versuchsreihe wurden nach Ansatz der drei Testgruppen und erfolgter Mikroinjektion der Morpholino-Substanzen zuerst Beobachtungen an den lebenden Embryonen angestellt, bevor in-situ-Experimente durchgeführt wurden, um erste Hinweise auf Veränderungen der Herzanlage zu erhalten. Darüber Funktionsveränderungen hinaus bei könnten atoh8-Knockdown durch erste die Art der Eingrenzungen bezüglich betroffener Entwicklungsschritte und Signalwege erwogen werden. Neben der bereits beschriebenen morphologischen Skelettveränderungen und den damit einhergehenden Bewegungseinschränkungen wiesen die Morphanten Anomalien in der Kontraktilität und Frequenz der Herzaktionen auf. Zunächst erfolgte dabei die Beobachtung von Embryonen in 30 hpfStadien. Hier zeigte sich sowohl bei den nicht injizierten als auch bei den Kontrollsubstanz injizierten Embryonen ein schneller Rhythmus bei deutlicher Kontraktilität, analog zu den von Nguyen beschriebenen Frequenzen um etwa 140 Schläge/ Minute in diesem Stadium (Nguyen et al., 2008). Die Herzaktion ähnelt dabei einer peristaltischen Welle. Morphanten dagegen wiesen keine koordinierten Herzschläge bei nur mäßiger Kontraktilität auf, sodass ein Bild leichter Muskelzuckungen entstand. Der Grundrhythmus erschien deutlich verlangsamt. Bei Betrachtung der Embryonen im 48 hpf-Stadium schien sich der gesamte Ventrikel nach vorausgehender Vorhofkontraktion einheitlich zu kontrahieren, das Bild der peristaltischen Kontraktionswelle verschwand, auch bedingt durch die Veränderung der nicht mehr tubulär wirkenden Herzform. Die nur geringen Überlebenszahlen in der Gruppe der Morphanten lassen dabei jedoch keine eindeutigen Aussagen über Veränderungen der Herzentwicklung und Differenzierungen zu beiden Kontrollgruppen zu, da davon auszugehen ist, dass nur die Embryonen bis zu diesem Stadium überlebt haben, bei denen die Morpholinoinjektion aufgrund verschiedener Ursachen nicht geglückt ist oder nur unvollständig zur Wirkung gekommen ist (vgl. Kapitel 4.2.1). Arrhythmien, die unter dem Einfluss eines atoh864 Knockdowns mit dem Abschluss der kardialen Entwicklung entstünden, sind daher aufgrund der nur geringen Zahl überlebender Embryonen in den für diese Beobachtungen interessanten Entwicklungsstadien nur sehr schwer nachweisbar. 4.4.4 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Analyse der vmhc-insitu-Hybridisierung Das Strukturprotein vmhc stellt einen wesentlichen Teil des kardial spezifischen Myosins dar, welches für den Vorgang der Muskelkontraktion unerlässlich ist (Alberts et al., 2002). Aufgrund der Spezifität seiner Expression ausschließlich spezifische vmhc- Sonden in ventrikulären zur Markierung Myokardiozyten der frühen können kardialen Ventrikelentwicklung eingesetzt werden. Es wurden in-situ-Hybridisierungen im Stadium 24 hpf- und im 48 hpfStadium an allen drei Testgruppen durchgeführt. Zudem wurden, wie in Kapitel 4.4.2 beschrieben, Doppelhybridisierungen mit vmhc und myod durchgeführt. In der mikroskopischen Analyse der Embryonen im Stadium 24 hpf war bei der Gruppe der nicht injizierten sowie der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen eine tubuläre kardiale Struktur, wie zuvor beschrieben, erkennbar. Die Form erscheint länglich bis leicht oval, die Anfärbung ventrikulärer Strukturen scheint physiologisch entwickelt (s. Abb. 17A/B). Je nach Ausrichtung des Embryos kann der spätere Ausflusstrakt des Bulbus arteriosus beobachtet werden (s. Abb. 17B). Dabei hat die kardiale Fusion in dem untersuchten Stadium bereits stattgefunden. Da nur eine Färbung ventrikulärer Strukturen, nicht jedoch atrialer Strukturen nachweisbar ist, erscheint die längliche Ausprägung des tubulären Systems nicht so deutlich wie in durchgeführten ncx-1 Experimenten. Die Analyse der Morphanten im gleichen Stadium ergab jedoch erstaunliche Ergebnisse, da eine Vielzahl der beobachteten Embryonen keine ventrikuläre Anfärbung durch den vmhc Marker zeigte. Nach den Ausführungen in Kapitel 4.4.1 jedoch müsste in diesem Stadium seit einigen Stunden definitiv eine kardiale Färbung nachweisbar sein, sodass leichte Entwicklungsrückstände durch die Manipulation während der Mikroinjektion dieses Ergebnis nicht 65 erklären könnten. Da hier die kardiale Anfärbung ausblieb, ließen sich keinerlei sichtbare Herzstrukturen analysieren (s. Abb. 17C/D). Abbildung 17. Vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung 24 hpf. A) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung. Ventrikuläre Strukturen sind deutlich als oval-tubuläre Strukturen im proximalen Rumpf gefärbt 66 (schwarzer Pfeil), die vollständige Ausbreitung der Herzanlage ist aufgrund der fehlenden Anfärbung des Atriums nicht sichtbar. Myod weist dabei eine physiologische Skelettform mit differenzierter Somitenbildung nach (roter Pfeil). B) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung. Keine signifikanten morphologischen Veränderungen zu A). Im kranialen Abschnitt der angefärbten ventrikulären Struktur wird vermutlich der spätere Ausflusstrakt, der Bulbus arteriosus, als sichelförmige Aussparung deutlich. C) Morphant, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung, leicht sagittal rotiert. Es ist keine Anfärbung durch die vmhc Sonde sichtbar, Herzstrukturen können somit nicht analysiert werden. Die morphologisch veränderte Skelettform bei deutlichem myod Signal weist die erfolgreiche Injektion und auch Hybridisierung nach (roter Pfeil). D) Morphant, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung in lateraler Sicht zum Ausschluss von Verdeckungsphänomenen. Keine Veränderungen zu C) deutlich. In einigen Embryonen der Morpholino-Gruppe war eine nur sehr geringe Färbung im Rahmen einer deutlich verminderten vmhc-Genexpression nachweisbar. Bei diesen Embryonen wiesen die Herzstrukturen erwartungsgemäß hochgradige Anomalien auf. Die ventrikuläre Anfärbung erschien rundlich, eine physiologische, tubuläre Form konnte nicht beobachtet werden. Zudem ist die Fusion der paarig angelegten Strukturen meist nicht erfolgt (vgl. Kapitel 4.4.6). Wegen der signifikanten Anzahl ausbleibender Anfärbungen der ventrikulären Strukturen in ersten Hybridisierungslinien wurden bereits erwähnte Doppelhybridisierungen eingesetzt, welche die bisherigen Ergebnisse bezüglich der kardialen Anfärbung bestätigten (s. Abb. 17). Während die Färbung der ventrikulären Herzanlagen bei beiden Kontrollgruppen deutlich ausgeprägt war, zeigte sich in der Gruppe der Morphanten nur selten eine schwache Anfärbung stark veränderter, kardialer Strukturen bei den sonst typischen, in Kapitel 4.3 beschriebenen Skelettmuskelveränderungen, welche durch den zusätzlich eingesetzten myod Marker hier ebenfalls zur Darstellung kamen (s. Abb. 17D). Obwohl nach den Erkenntnissen aus Kapitel 4.4.3 keine signifikanten Ergebnisse in embryonalen Stadien etwa 48 hpf zu erwarten sind, wurden dennoch vmhc/myod-in-situ-Hybridisierungen an Embryonen dieser Stadien durchgeführt. In beiden Kontrollgruppen zeigt sich eine deutliche ventrikuläre Anfärbung mit Nachweis einer weitgehend bulbär geformten Herzhöhle (s. 67 Abb. 18 und vgl. Abb. 16). Wie erwartet findet aufgrund der fehlenden Genexpression in diesem Stadium keine spezifische Anfärbung durch den myod Marker mehr statt. Die überlebenden Morphanten dieses Stadiums weisen nur geringgradige Deformitäten und leichte muskuläre Veränderungen auf (vgl. Abb. 21G-I). Die Herzanlage ist strukturiert angefärbt und nicht von beiden ausgewerteten Kontrollgruppen zu unterscheiden. Abbildung 18. Vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung 48 hpf. Nicht injizierter Embryo, 48 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung. Die Herzstruktur zeigt sich als voluminöses Organ (roter Pfeil), dem früheren Dottersack aufliegend. Die Ausprägung der physiologisch differenzierten Myotome ist im Schwanzbereich beobachtbar, jedoch findet keine Anfärbung durch myod statt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war der Knockdown bei diesen noch überlebenden Embryonen nicht erfolgreich. Aufgrund der sonst hohen Letalität und den nachgewiesenen massiven anatomischen Veränderungen nach atoh8-Knockdown ist davon auszugehen, dass ein Gendefekt im atoh8 Gen zu lebensbedrohlichen Zuständen führen kann. Die hohe Sterberate ab einem bestimmten Zeitpunkt der embryonalen Entwicklung ließe sich beispielsweise dadurch erklären, dass erst ab einem Alter von etwa 24 hpf, im 26+ Somiten-Stadium, erste koordinierte Herzmuskelkontraktionen, die zur Bildung einer effizienten Blutzirkulation führen, nachweisbar sind (Nguyen et al., 2008), sodass die Versorgung der embryonalen Zellen in früheren Stadien zunächst über Diffusionsprozesse ohne Blutzirkulation 68 stattfinden kann. Erst mit der Abhängigkeit des Organismus von einer suffizienten kardiovaskulären Zirkulation werden anatomische Herzanomalien klinisch auffällig und können zum Tode des Fisches führen. Zur statistischen Analyse der in-situ-Hybridisierungen von Embryonen im Stadium 24 hpf wurde die Gruppe der Embryonen mit physiologischer Herzausprägung der ausgewerteten Gruppe mit einer kardialen Anomalie jeglicher Art gegenüber gestellt. Dabei wurden sowohl veränderte kardiale Strukturen als auch vollständig fehlende kardiale Färbungen zunächst als „Veränderung der Herzstruktur“ gewertet. Während in der Testgruppe der nicht injizierten Embryonen keine Abweichung von der physiologischen Herzkonfiguration nachweisbar war, wiesen mehr als 93% der Morphanten im gleichen Stadium zuvor beschriebene kardiale Veränderungen auf. Vergleichend dazu wurde in 20% der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen Veränderungen der kardialen Anfärbung nachgewiesen (s. Abb. 19). Die Ergebnisse erbringen signifikante Unterschiede zwischen der morphologischen Ausprägung aller drei Testgruppen; folglich besteht eine hoch signifikante Abhängigkeit zwischen der Morpholinoinjektion und dem Auftreten von kardialen Veränderungen mit p<0,001 (Chi-Quadrat-Test). Dabei besteht bei Morpholinoinjektion im Vergleich zur Kontrollinjektion eine 56fach höhere Chance kardiale Veränderungen aufzuweisen (OR=56,8 mit 95%-KI=[12,1; 267,0]). Die Angabe von Chancenverhältnissen kann nicht für alle Testgruppen vergleichend erfolgen, da in der Testgruppe der nicht injizierten Embryonen für ein Parameter kein Fall vorlag (=0). Die Analyse der untersuchten Ergebnisse zeigt, dass die embryonale Entwicklung kardialer Strukturen durch einen atoh8-Knockdown deutlich beeinträchtigt wird. Da eine hohe Zahl an injizierten Embryonen keine Färbung aufwies, wurde eine erneute Analyse der Ergebnisse mit stärkerer Differenzierung der Anfärbung kardialer Strukturen durchgeführt (s. Kapitel 4.4.5). 69 Abbildung 19. Statistische Auswertung der vmhc-in-situ-Hybridisierung. Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der vmhc-in-situ-Hybridisierung mit prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten im 26+ Somiten-Stadium, für eine nachweislich physiologische Herzkonfiguration und anatomische Veränderungen der Herzkontur (inkl. nicht durch vmhc Sonde gefärbte kardiale Strukturen) auf der x-Achse. Die Auswertung erfolgte nach den Maßgaben von Kimmel et al. Absolut ausgewertete Embryonenzahlen finden sich rechtsständig im Kästchen. Nach Chi-Quadrat-Berechnungen zeigten sich hoch signifikante Unterschiede zwischen der Morpholinoinjektion und beiden Kontrollgruppen mit p<0,001. Eingeschränkte statistische Chancenanalyse, da eine Testgruppe keine Fälle aufweist (absolut 0); ein faktischer Chancenvergleich zu nicht injizierten Embryonen ist daher nicht möglich. 4.4.5 Atoh8 beeinflusst die vmhc-Genexpression Nachdem sich infolge erster Analysen signifikante Ergebnisse bezüglich der Herzformation nach atoh8-Knockdownexperimenten darstellten, in den insitu-Hybridisierungen viele der Morphanten jedoch keinen spezifischen Nachweis einer vmhc Genexpression erbrachten und daher bislang zur Gruppe der Embryonen mit „Veränderung der Herzkontur“ gewertet wurden, veranschaulicht eine detaillierte Differenzierung der genannten Embryonen den signifikanten Einfluss des atoh8-Knockdowns auf die vmhc 70 Genexpression selbst. Die zuvor als „mit Veränderung der Herzkontur“ bezeichneten Embryonen wurden in Embryonen mit angefärbter, „veränderter Herzmorphologie“ und in Embryonen ohne Nachweis einer kardialen Färbung unterteilt. Dabei zeigte sich bei den Morphanten in 75% der Fälle keine Anfärbung, mehr als 18% wiesen bei schwacher Anfärbung eine zu erwartende veränderte Herzmorphologie auf. Während die nicht injizierten Embryonen wie bereits beschrieben keine Anomalien aufwiesen, war bei 20% der mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen eine allgemeine Veränderung nachweisbar. Von den 20% wiesen etwa 7% der Embryonen dieser Gruppe keine spezifische kardiale Färbung auf (s. Abb. 20). Die direkte Gegenüberstellung der Fälle ohne kardiale Anfärbbarkeit ergibt erneut signifikante Unterschiede bezüglich aller drei Testgruppen. Es gilt demnach eine hoch signifikante Abhängigkeit bezüglich der Morpholinoinjektion und dem Ausbleiben einer kardialen Färbung durch eine spezifische vmhc-Sonde mit p<0,001. Dabei besteht sowohl eine signifikant höhere Chance durch Morpholinoinjektion eine verminderte vmhc Genexpression im Vergleich zur Gruppe der nicht injizierten Embryonen zu erreichen (s. Abb. 20, gekennzeichnet mit ***), als auch eine signifikant, 127fach höhere Chance im Vergleich zur Injektion mit Kontrollsubstanz (OR=127,2 mit 95%-KI=[23,0; 702,8]). Es resultiert demnach eine direkte Beeinflussung der für die Expression des vmhc-Gens verantwortlichen Genregulation durch den hervorgerufenen atoh8-Knockdown. Dieses Ergebnis bestätigt die in Kapitel 4.4.3 bereits dargestellten Beobachtungen, da vmhc als Strukturprotein des kardialen Myosins wesentlich an der Muskelkontraktion beteiligt ist und die Kontraktilität nach Morpholinoinjektion und somit nach atoh8-Knockdown in der folgenden embryonalen Entwicklung stark eingeschränkt zu sein schien. 71 Abbildung 20. Erweiterte statistische Auswertung der vmhc-in-situHybridisierung. Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der vmhc-in-situ-Hybridisierung mit prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten, für eine nachweislich physiologische Herzkonfiguration, anatomische Veränderungen der Herzmorphologie und für die Anzahl nicht gefärbter kardialer Strukturen auf der x-Achse. Die Auswertung erfolgte nach den Maßgaben von Kimmel et al. Absolut ausgewertete Embryonenzahlen finden sich rechtsständig im Kästchen. Odds Ratio Berechnungen (OR) weisen eine signifikant höhere Chance, fehlende Färbungen durch Morpholinoinjektion zu erreichen, nach. Eingeschränkte statistische Chancenanalyse, da eine Testgruppe in zwei Merkmalen keine Fälle aufweist (absolut 0); ein faktischer Chancenvergleich zu nicht injizierten Embryonen ist daher nicht möglich, jedoch eindeutig sichtbar. 4.4.6 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Analyse der ncx-1-insitu-Hybridisierung Der Calciumkanal ncx-1 ist neben wenigen anderen Proteinstrukturen für eine physiologische Calciumhomöostase während der zellulären Erregung der Myokardiozyten durch die Regulation des Calciumausstromes nach 72 extrazellulär verantwortlich (Langenbacher et al., 2005). Folglich ist dieser Kanal für den geregelten Ablauf der Kontraktion unerlässlich, bei Defekten in seiner Struktur wurden sowohl ausgeprägte embryonale Schäden der kardialen Entwicklung als auch diverse Formen der Arrhythmien nachgewiesen (vgl. Kapitel 1.3.4). Im Gegensatz zu vmhc dient ncx-1 als Marker atrialer und ventrikulärer Zellen, darüber hinaus deuteten Veränderungen im Expressionsmuster nicht auf einen Funktionsverlust der kontraktilen Elemente als viel mehr auf eine eingeschränkte Rhythmizität hin. Neben der Untersuchung von vmhc als spezifischer Marker zur Analyse der ventrikulären Kontraktilität wurde in den folgenden in-situ-Hybridisierungen ncx-1 als Marker kardialer Strukturen genutzt. Über die Analyse der ncx-1 Genexpression selbst hinaus sollen durch die Herzfärbung weitere Informationen über strukturelle Veränderungen nach atoh8-Knockdown im Allgemeinen nachgewiesen werden, da in den vmhc-Hybridisierungen wegen mangelnder Genexpressivität und somit mangelnder Färbung kardialer Strukturen in der betroffenen Testgruppe keine eindeutigen Aussagen bezüglich der anatomischen Konfiguration kardialer Strukturen getroffen werden können. Wie in vorigen Experimentanordnungen wurden die in-situ-Hybridisierungen an allen drei Testgruppen mit Embryonen in den Stadien 24 hpf und 48 hpf durchgeführt. Zudem wurden ebenfalls Doppelhybridisierungen mit ncx-1 & myod zur Kontrolle eingesetzt, falls, wie bei dem vmhc-Marker, in der Morpholinogruppe keine kardiale Färbung nachweisbar wäre. Im 26+ Somiten-Stadium war sowohl in der Testgruppe der nicht injizierten Embryonen, als auch in der Gruppe der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen eine länglich-ovale kardiale Struktur durch eine spezifische Anfärbung deutlich nachweisbar. Aufgrund einer Verstärkung der Anfärbung im Bereich des epithelial-mesenchymalen Übergangs, welcher im Verlauf der embryonalen Entwicklung durch Bildung von atrioventrikulären Kissen zur Abgrenzung von Ventrikel und Atrium führt (vgl. Kapitel 1.1.5), lassen sich die präformierten Herzhöhlen abgrenzen, dabei liegt die ventrikuläre Anlage kranial (s. Abb. 21A/B). Vergleichend dazu weist eine signifikant höhere Zahl an Morphanten im gleichen Stadium eine nur undifferenzierte Anfärbung kardialer Strukturen auf. Eine längliche Färbung im Rahmen der Bildung 73 eines tubulären Systems ist nicht nachweisbar, es entsteht ein Bild einer rundlich konfigurierten Ansammlung von Myokardiozyten. Eine Differenzierung atrialer und ventrikulärer Bereiche ist demnach nicht möglich (s. Abb. 21C). Darüber hinaus hat in den meisten Fällen dieses Stadiums keine Fusion der paarig angelegten Strukturen stattgefunden, diese sollte in Analogie zu Kapitel 4.4.1 jedoch im Stadium 24 hpf nahezu abgeschlossen sein. Wegen der vermutlich unzureichenden Strukturierung kardialer Strukturen unter dem Einfluss des Knockdowns ist vielfach eine nur sehr schwache ncx-1-Färbung nachweisbar, da durch eine geringe Menge funktionsfähiger Kardiomyozyten und der damit einhergehenden unzureichenden Reifung des Organs folglich die ncx-1- Genexpression verringert zu sein scheint. Experimente mit Doppelhybridisierung bestätigen die beschriebenen Ergebnisse (s. Abb. 21D-F). Neben den kardialen Veränderungen in der Gruppe der Morphanten zeigen sich durch Anfärbung mittels myod-Marker die typischen skelettalen Veränderungen wie beispielsweise die fehlende Ausprägung der chevron-artigen Form der Somiten (s. Abb. 21F). Wie in Kapitel 4.4.4 bereits ausgeführt weisen die Embryonen im Stadium 48 hpf keine myod-Anfärbbarkeit und somit keine aktive myod-Genexpression mehr auf (s. Abb. 21G-I). Muskuläre Veränderungen sind in der Gruppe der Morphanten in diesem Stadium nur geringfügig ausgeprägt (s. Abb. 21I). Zudem sind Veränderungen in der embryonalen Herzentwicklung in keiner der Testgruppen eindeutig nachweisbar. 74 Abbildung 21. Ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung. A) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1-in-situ-Hybridisierung. Tubuläre Anfärbung der kardialen Anlage. Eine dunkle bogenförmige Struktur innerhalb der Färbung zeigt das atrioventrikuläre Kissen, der rote Pfeil weist auf die ventrikuläre Seite hin. B) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1-in-situ-Hybridisierung, leicht sagittal fotografiert. Keine Veränderungen zu A) nachweisbar. Der Übergang zwischen atrialem und ventrikulärem Bereich ist deutlich erkennbar. 75 C) Morphant, 24 hpf, ncx-1-in-situ-Hybridisierung. Unstrukturierte Darstellung kardialer Strukturen, ohne Abgrenzung einzelner Kammern. Die Anlage erscheint rundlich, kein Nachweis tubulärer Anordnungen, deutliche Abschwächung der Färbung. Zudem ist die paarige Anlage im Rahmen einer ausgebliebenen Fusion nachweisbar (rote Pfeile). D) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung. Die kardialen Strukturen stellen sich wie in A/B) dar, zudem sind v-förmige Somiten nachweisbar (blauer Pfeil). E) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung. Keine Veränderungen zu D) abgrenzbar. F) Morphant, 24 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung. Die Anfärbung der Herzstruktur ist in Analogie zu C) deutlich schwächer als in den Kontrollen. Zudem fehlt die beschriebene Differenzierung zu einer tubulären Form (roter Pfeil). Die Morphologie des Schwanzes ist deutlich verändert, es sind Krümmungen und „Knicke“ erkennbar. Die Anlage der Somiten schien zu erfolgen, eine V- Form durch migrierte adaxiale Zellen ist jedoch nicht nachweisbar (blauer Pfeil). G) Nicht injizierter Embryo, 48 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung, zur Herzdarstellung leicht sagittal rotiert. Das ausgereifte Herz ist dargestellt (roter Pfeil). Die Strukturen erhalten nach erfolgter Rotation die Form reifer Herzhöhlen. Myod-Expression ist nicht mehr nachweisbar (blauer Pfeil). Beginnende Pigmentierung. H) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 48 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung, seitliche Aufnahme. Keine morphologisch-anatomischen Veränderungen zu G) nachweisbar. In der seitlichen Aufnahme ist das muskuläre System effizienter beurteilbar, es zeigt sich eine deutliche v-förmige Ausprägung der Myotome, jedoch keine Färbung durch myod-Marker (blauer Pfeil) I) Morphant, 48 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung, zur Herzdarstellung leicht sagittal rotiert. Im Vergleich ist keine Anomalie des gefärbten Herzens nachweisbar (roter Pfeil). Geringgradige Deformität (Biegung) der Rumpf-/Schwanzform. Das muskuläre System scheint im Vergleich zu H), bezogen auf myod, bei eingeschränkter Beurteilbarkeit nicht nachweislich beeinträchtigt (blauer Pfeil). Statistische Analysen der in-situ-Hybridisierungen mit Embryonen im 24 hpfStadium aller Testgruppen ergaben dabei signifikante Ergebnisse (s. Abb. 22). Während in mehr als 78% der Embryonen der Testgruppe der nicht injizierten Tiere eine physiologische Herzkonfiguration nachweisbar war, zeigte sich diese nur in etwa 44% der Morphanten. Mehr als 55% der Morphanten wiesen wie zuvor beschriebene, deutliche Anomalien mit teils sehr gering ausgeprägter, in wenigen Fällen gar fehlender Anfärbung 76 kardialer Strukturen auf. Dabei erbrachte die Unterscheidung zwischen Anomalie und geringer bis fehlender Anfärbung, anders als bei der Auswertung der vmhc Resultate, keine hoch signifikanten Ergebnisse (vgl. Kapitel 4.4.7). Vergleichend dazu konnte eine physiologische Herzdarstellung in mehr als 85% der mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen nachgewiesen werden. Es zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Morpholinoinjektion und beiden Kontrollgruppen, woraus sich eine hoch signifikante Abhängigkeit der Morpholinoinjektion und dem Auftreten von Veränderungen der embryonalen Herzentwicklung mit p<0,001 (Chi-Quadrat-Test) ergibt. Abbildung 22. Statistische Auswertung der ncx-1-in-situ-Hybridisierung. Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der ncx-1-in-situ-Hybridisierung mit prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten im 26+ Somiten- Stadium, für eine nachweislich physiologische Herzkonfiguration und allgemein anatomische Veränderungen der Herzstruktur (inkl. Verminderung der Anfärbung) auf der x-Achse. Ergebniswichtung: In der Morpholino- Testgruppe weisen alle Embryonen der Gruppe „Veränderung der Herzstruktur“ anatomische Veränderungen der Herzstruktur bei meist unterschiedlichem Färbeverhalten auf. In den Kontrollgruppen dagegen beinhaltet die 77 Gruppe „Veränderung der Herzstruktur“ in den meisten Fällen jeweils reine Veränderungen der Anfärbung ohne Nachweis anatomischer Defekte kardialer Strukturen. Die morphologische Auswertung erfolgte nach den Maßgaben von Kimmel et al. Absolut ausgewertete Embryonenzahlen finden sich rechtsständig im Kästchen. Nach Chi-QuadratBerechnungen zeigten sich hoch signifikante Unterschiede zwischen der Morpholinoinjektion und beiden Kontrollgruppen mit p<0,001 Die Chance nach einem atoh8-Knockdown anatomische veränderte Herzstrukturen aufzuweisen liegt dabei im Vergleich zur Kontrollinjektion um mehr als 7fach höher (OR=7,1 mit 95%-KI=[3,7; 13,6]), im Vergleich zur Testgruppe der nicht injizierten Embryonen um mehr als 4fach höher (OR=4,5 mit 95%-KI=[2.7: 7.7]). Aufgrund der nicht vernachlässigbaren Werte der gewerteten Veränderungen in den beiden Kontrollgruppen wurden diese gegenübergestellt, wobei sich hier erwartungsgemäß kein signifikanter Unterschied (p=0,143 im Chi-Quadrat-Test) ergab. Ncx-1 weist neben der Analyse der vmhc-Genexpression als weiterer Marker myokardialer Zellen eine Beeinflussung der embryonalen Herzentwicklung durch Knockdown des atoh8-Gens nach. 4.4.7 Kein direkter Einfluss auf die ncx-1-Genexpression Obwohl Veränderungen Hybridisierungen der kardialen nachgewiesen Genese wurden, findet mittels ncx-1-in-situ- keine eindeutige Beeinflussung der ncx-1-Genexpression selbst statt. Zwar ist in einer Vielzahl der Morphanten nur eine schwache Anfärbung der beobachteten Strukturen erkennbar, doch bedeutet dies, dass zumindest eine geringe Menge mRNA des ncx-1-Gens exprimiert wurde und der Knockdown, anders als bei dem vollständig fehlenden Nachweis einer vmhc-Expression, keinen direkten Effekt auf die Regulation dieses Gens besitzt. Vielmehr ergibt sich bei Betrachtung der Morphanten der Verdacht, dass die ncx-1-Genexpression der anatomisch malformierten Zellen durch ausgeprägte Störungen der kardialen Reifung und Determinierungs- sowie Differenzierungsstörungen myokardialer Zellen im Rahmen des atoh8-Knockdowns selbst beeinträchtigt ist, sodass es zu uneinheitlichen, schwach ausgeprägten Expressionsmustern kommt. 78 Analog zur Auswertung der vmhc-Ergebnisse wurden die als „kardial verändert“ gewerteten Embryonen aller drei Testgruppen ebenfalls genauer betrachtet. Obwohl ca. 30% der 55% veränderter Herzstrukturen aus der Testgruppe der Morphanten (s. Abb. 22) eine abgeschwächte kardiale, ncx1-Anfärbung bei meist zusätzlich deutlich veränderter Morphologie aufwiesen, sind nur vereinzelte, stark malformierte Embryonen bei weiterhin nachweisbarer myod-Anfärbung (bei veränderter muskulärer Morphologie, wie zuvor beschrieben) vollständig kardial ungefärbt. Eine signifikante Abhängigkeit zwischen dem atoh8-Knockdown und einem direkten Einfluss auf die ncx-1-Genexpression oder deren Genregulation ist demnach sowohl wegen der geringen Zahl vollständig ungefärbter Embryonen als auch wegen der in der Auswertung nicht unterschiedenen Faktoren „wenig Färbung/ keine Färbung“ nicht darstellbar, allerdings dennoch nicht sicher auszuschließen. In beiden Kontrollgruppen wurden zudem bestimmte Anzahlen der in Abb. 22 als „verändert“ bezeichneten Embryonen ausschließlich aufgrund der verminderten kardialen Färbung zu der Gruppe „verändert“ gezählt, obwohl keine auffälligen, anatomischen Strukturveränderungen, im Vergleich zur Gruppe der Morphanten, nachweisbar waren. Eine direkte Abhängigkeit der ncx-1-Genexpression von atoh8 erscheint demnach bei dem Nachweis von Veränderungen der Färbeintensität, die sich ebenfalls in untersuchten Kontrollgruppen zeigen, zunehmend unwahrscheinlich (19% der 22% „veränderter“ kardialer Strukturen aus der Testgruppe der nicht injizierten Embryonen und 8% der 14 % aus der Gruppe der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen weisen geminderte kardiale Färbungen bei sonst physiologischer kardialer und muskulärer Struktur auf). Die Wichtung der in Abbildung 22 dargestellten Art der „Veränderung der Herzstruktur“ liegt bei der Testgruppe der Morphanten demnach auf der Beobachtung struktureller, kardialer Veränderungen bei zusätzlich verändertem Färbeverhalten, bei den Kontrollgruppen hingegen eher ausschließlich auf der Beobachtung eines Unterschiedes im Färbeverhalten, da hier in den meisten Fällen keine strukturellen Auffälligkeiten nachweisbar waren. Da schlussfolgernd in allen untersuchten Testgruppen zu gewissen Anzahlen Embryonen verminderter Färbung beobachtbar waren, ist eine Beeinflussung der Anfärbung durch andere Faktoren ebenfalls nicht auszuschließen (vgl. 79 Kapitel 5.1). Sowohl der Zustand der Embryonen einzelner Testreihen, als auch Effekte im Rahmen der Injektion oder der in-situ-Hybridisierung sowie die Beschaffenheit der eingesetzten Sonde können zu Veränderungen des spezifischen Färbeverhaltens und demnach zu den beschriebenen Verminderungen der Färbung in allen untersuchten Testgruppen, nicht nur in der Gruppe der Morphanten, geführt haben, sodass die Wahrscheinlichkeit einer direkten Abhängigkeit der ncx-1-Genexpression von atoh8 gering ist. 80 5. Diskussion 5.1 Etablierung der Mikroinjektionen Zur Untersuchung des Einflusses des Transkriptionsfaktors atoh8 auf die Entwicklung des Herzens und der Somiten während der Embryonalphase des Zebrafisches wurden Knockdown-Experimente durchgeführt. Den wesentlichen Faktor des Experimentes stellt dabei die Durchführung der Mikroinjektion in Zebrafischembryonen nach Mullins dar (Mullins, 2010). Für die Versuchsreihen wurden Zebrafischeier in möglichst frühen Entwicklungsstadien verwendet. Dies setzt ein konsequentes Ansetzen und anschließendes Beobachten der angesetzten Fische voraus, um möglichst direkt nach dem Ablaichen die Eier abzuschöpfen. Auf diese Weise gewonnene Embryonen wurden für alle Versuchsanordnungen in drei Testgruppen aufgeteilt. Neben der Morpholinoinjektion in einer Testgruppe erfolgte die Injektion einer Kontrollsubstanz, bestehend aus mismatch Morpholinos, in eine zweite Testgruppe. Die dritte Testgruppe wurde nicht injiziert. Somit ließen sich Defekte, die in der Gruppe der Morphanten entstanden, in beiden Kontrollgruppen jedoch nicht beobachtbar waren, auf den Knockdown selbst zurückführen. Da die Mikroinjektion in solch frühen Stadien einen hoch manipulativen Eingriff darstellt, ist die Injektion einer Kontrollsubstanz in einer zweiten Testgruppe somit unerlässlich. Da das Injektionsvolumen vom Kapillardurchmesser abhängig ist, müssen die erzeugten Kapillarspitzen stets die gleichen Eigenschaften aufweisen. Darüber hinaus ist das Injektionsvolumen nur über den zugeführten Injektionsdruck einstellbar, sodass unter exakt gleichen Bedingungen und Einstellungen gearbeitet werden muss. Die Mikroinjektion erfolgte jeweils im Ein- bis Zwei-Zell-Stadium, um durch einen Knockdown möglichst früh in die embryonale Entwicklung einzugreifen und eine gleichmäßige Verteilung der injizierten Substanz in allen sich teilenden Zellen zu gewährleisten. Dabei spielt auch der exakte Ort der platzierten Injektion eine wesentliche Rolle, da mit der Zunahme der Entfernung der Substanz vom animalen Pol eine Diffusion erschwert würde. Darüber hinaus sind beide Injektionssubstanzen fluoreszenzmarkiert, sodass 81 eine erfolgreich platzierte Mikroinjektion mikroskopisch nachweisbar ist (s. Abb. 6). Der Injektionsvorgang betrug bei exakter Vorbereitung in jeder Gruppe nur wenige Minuten, um Verzögerungen und damit unterschiedliche Entwicklungsstadien zum Zeitpunkt der Injektionen zu vermeiden. So konnte ausgeschlossen werden, dass beobachtete Entwicklungsdefekte nur aufgrund von Injektionen, die zu verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung durchgeführt wurden, stattgefunden haben. Nach erfolgter Injektion wurden die Embryonen in E3-Medium gewaschen und in diesem Medium bis zum entsprechenden Fixationszeitpunkt inkubiert. Dabei ist auf die sorgfältige Aussortierung gestorbener Embryonen in regelmäßigen Abständen zu achten, um hohen Nitritgehalten durch Zersetzungsprozesse vorzubeugen. Durch mehrfache Medienwechsel kann zudem eine bakterielle Besiedlung vermieden werden. Trotz aller Hygienemaßnahmen bestehen teils deutliche Unterschiede in der Beschaffenheit und im Zustand der Embryonen, welche sich durch die verschiedenen tragenden Muttertiere erklären. Sowohl dem Alter als auch den individuellen Zuständen der Tiere kommt dabei eine große Bedeutung zu. Schwankungen der Sterberaten sowie zeitliche Verschiebungen der embryonalen Entwicklungsprozesse können durch diese Faktoren deutlich beeinflusst sein. Daher wurden die Sterberaten der Testgruppen in den Versuchsanordnungen miteinander verglichen und es zeigten sich dennoch deutlich ausgeprägte Unterschiede zwischen der Gruppe der Morphanten und beiden Kontrollgruppen (vgl. Kapitel 4.2.1). Insbesondere die hohe Sterberate nach 30-40 hpf lässt auf starke Beeinflussung durch den Knockdown der atoh8-Genexpression schließen. In Assoziation zu der kardialen Entwicklung korreliert dieser Zeitpunkt mit dem Einsetzen effizienter Herzaktivität, sodass von einer Beeinträchtigung des kardiovaskulären Systems, die im Verlauf zum Tode des Embryos führen kann, auszugehen ist (vgl. Kapitel 4.4.4). Da der zeitliche Ablauf der Entwicklung in der Untersuchung verschiedener Aspekte von großer Bedeutung sein kann, wurden beispielsweise vor der Untersuchung kardialer Defekte Vorversuche durchgeführt, um nachzuweisen, dass unter den gegebenen Versuchsbedingungen bestimmte 82 Entwicklungsschritte zu bestimmten Zeiten erfolgen und nicht deutlich von den Vorgaben von Kimmel et al. abweichen (vgl. Kapitel 4.4.1). 5.2 In-situ-Hybridisierung Durch die in dieser Arbeit genutzte Art der whole mount in-situ-Hybridisierung nach Westerfield ist die Visualisierung eines für das jeweils untersuchte Gen spezifische Expressionsmuster im gesamten Embryo möglich (Westerfield, 1995). Auf diese Weise konnte das atoh8-Genexpressionsmuster in verschiedenen Stadien der Zebrafischentwicklung beobachtet werden. Darüber hinaus wurden durch die Nutzung spezifischer Sonden sowohl Auswirkungen auf bestimmte Gewebe als auch Veränderungen spezifischer Expressionsmuster selbst beobachtet und die vielfältigen Einflüsse eines atoh8-Knockdowns auf Skelett- und Herzmuskulatur veranschaulicht. Von wesentlicher Bedeutung für die Ergebnisse der Versuchsreihe ist die Qualität der zur Hybridisierung eingesetzten Sonden bzw. Marker. Sind diese nicht spezifisch, finden entweder keine, oder unspezifische Hybridreaktionen statt, sodass in nachfolgenden Anfärbungen keine nachvollziehbaren Expressionsmuster dargestellt würden. Daher ist eine Prüfung vor dem Beginn der Versuchsreihe mittels Sequenzierungen während der Sondenherstellung (vgl. Kapitel 3.4.2) und mittels in-situ-Hybridisierungen an nicht injizierten Embryonen zur Kontrolle des Expressionsmusters unerlässlich. Um sowohl während des Hybridisierungsvorgangs als auch während der Farbreaktion einheitliche Hybridisierungsplatten mit Ergebnisse 24 zu Einzelkammern erzeugen genutzt, wurden sodass alle Testgruppen unter gleichen Bedingungen mit exakt gleichen Zeitintervallen hybridisiert wurden. Dieses Vorgehen erlaubt Aussagen über Unterschiede im Färbeverhalten, die beispielsweise bei der Analyse des vmhcGenexpressionsmusters nachweisbar waren. Analysen des ncx-1-Expressionsmusters verdeutlichen die Schwierigkeiten der Ergebnisinterpretation. Zwar können im Rahmen der Beobachtung verändert gefärbter, kardialer Strukturen signifikante Einflüsse eines atoh8Knockdowns nachgewiesen werden, doch würden Veränderungen der beobachteten Färbungsintensität auch Hinweise auf eine direkte 83 Beeinflussung auf die Regulation der Genexpression des untersuchten Gens geben können. Man würde eine ausbleibende Färbung und signifikante Unterschiede zu beiden Kontrollgruppen erwarten, wie es bei vmhc tatsächlich der Fall ist. Liegt jedoch lediglich eine Verminderung der Farbintensität vor, ist ein direkter Einfluss auf die Genexpression oder deren Signalwege nicht auszuschließen. Allerdings können andere Faktoren, wie beispielsweise durch den Knockdown ausgelöste frühe Entwicklungsdefekte, die zu schlecht differenzierten Zellen und verminderten Zellzahlen führen, im selben Maße zu einer verminderten Expression des beobachteten Gens führen, ohne direkt prägenden Effekt des Knockdowns auf das untersuchte Gen oder dessen Aktivierung (vgl. Kapitel 4.4.7). Ist eine verminderte Färbung in einer höheren Anzahl in allen Testgruppen nachweisbar, muss eine Ursache in der Versuchsdurchführung selbst gesucht werden. Dabei ist das RNase-freie Arbeiten von großer Bedeutung, um den Hybridisierungsprozess nicht zu gefährden. Die Spezifität der eingesetzten Sonden könnte mittels Sequenzierungen und weiterer Versuchsreihen überprüft werden. Darüber hinaus muss eine Vermischung der drei Testgruppen sicher ausgeschlossen sein. Um bei fehlender Anfärbung einer Testgruppe nach in-situ-Hybridisierungen mit Einsatz einer hoch spezifischen Sonde, welche beispielsweise ausschließlich kardiale Strukturen darstellt, nachzuweisen, dass eine in-situHybridisierung dennoch erfolgreich war, wurden Doppelhybridisierungen durchgeführt. Als Kontrollmarker wurde myod zur spezifischen Skelettmuskelfärbung genutzt (vgl. Kapitel 4.4.2). 5.3 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung Diverse Studien haben bereits eine vielfältige Beeinflussung verschiedener Organsysteme während der Embryogenese des Zebrabärblings durch den bHLH Transkriptionsfaktor atoh8 veranschaulicht (vgl. Kapitel 1.2). In dieser Arbeit konnte unter anderem die ausgeprägte Beeinträchtigung der Skelettmuskelreifung während der Embryogenese unter atoh8-Knockdown nachgewiesen werden. In einer Vielzahl der Morphanten wurden bereits ohne in-situ-Experimente anatomische Defekte des muskulären Systems nach etwa 24 hpf beobachtet. 84 Mikroskopisch konnten ausgeprägte Deformierungen des Rumpfes bis zur Schwanzspitze mit unzureichender Entwicklung einer typischen Stromlinienform gezeigt werden. Dabei stellten sich in vielen Fällen „Einknickungen“ im Bereich des Schwanzes dar, welche eine physiologische Bewegung nahezu unmöglich machten. Diesen ersten Ergebnissen folgend wurden zur gezielten Analyse und besseren Abgrenzbarkeit einzelner Strukturen in-situ-Hybridisierungen mit den bereits dargestellten Markern an Embryonen verschiedener Entwicklungsstadien durchgeführt. 5.3.1 Pax3a-Analysen Zur Darstellung der frühen muskulären Embryogenese wurde zunächst ein pax3a-Marker eingesetzt, da pax3a nach Hammond als wichtiger Marker der frühen muskulären Stammzellen in den Dermomyotomen der lateralen Somiten gilt (Hammond et al., 2007). Obwohl, wie von Epstein beschrieben, bereits in frühen Stadien, 12 hpf, eine nachweisliche Genexpression in neuronalen Strukturen stattgefunden hat (Epstein et al.,1991), wurde nur eine unspezifische Färbung noch undifferenzierter erster muskulärer Strukturen beobachtet, da in diesem Stadium die Prägung von Somiten erst einsetzt. Pax3a ist darüber hinaus wesentlich an der Induktion der muskulären Regulationsfaktoren, wie beispielsweise myod und myf5 beteiligt, da mit der Abnahme der pax3a-Expression eine Hochregulation der Expression muskulärer Regulationsfaktoren bereits beobachtet wurde (Maroto et al., 1997; Yusuf and Brand-Saberi, 2006). Dieser Effekt konnte in dieser Versuchsreihe ebenfalls gezeigt werden, denn bei der Beobachtung von Embryonen aller Testgruppen im 26+ Somiten-Stadium zeigte sich neben der deutlichen neuralen Färbung eine nur sehr schwache Anfärbung muskuläre Strukturen im Rahmen einer verminderten Genexpression. Da pax3a die Differenzierung von Progenitorzellen zu Myoblasten (Yokoyama and Asahara, 2011) steuert, diese nach 24 hpf mit Fortschreiten der myogenen Differenzierung jedoch weitgehend abgeschlossen ist und zu dem Zeitpunkt der Beobachtung die verschiedenen muskulären Regulationsfaktoren für eine weitere myogene Differenzierung verantwortlich sind, ist der Nachweis der verminderten pax3a-Genexpression in den Somiten zum Zeitpunkt der Beobachtung nach 24 hpf durchaus plausibel. 85 Andererseits ist infolge der Ergebnisse auch eine verminderte Spezifität der genutzten Sonde als Ursache möglich. Da jedoch ein deutliches Expressionsmuster neuronaler Strukturen nachweisbar war, erscheint diese Ursache unwahrscheinlicher. Zudem erfolgte eine schwache Färbung myogener Strukturen, sodass eine Deutung der verminderten Spezifität bezüglich ausschließlich myogener Strukturen nicht zutreffend ist. Durch die geringe Anfärbung kann auch ein direkter Einfluss des Transkriptionsfaktors atoh8 auf die pax3a-Expression somit weder bewiesen noch ausgeschlossen werden. Dennoch erscheint eine direkte Beeinflussung nicht wahrscheinlich, da, wie Hammond und Maroto experimentell nachwiesen, eine regulative Korrelation zwischen pax3 und den MRFs besteht (Maroto et al., 1997; Hammond et al., 2007). Myod-Experimente wiesen jedoch eine myod-Expression unter Knockdown nach, sodass demnach auch frühere Entwicklungsschritte, pax3 eingeschlossen, nicht prägend beeinflusst sein können. Um jedoch einerseits zu beweisen, dass nach 24 hpf die physiologische pax3-Genexpression deutlich abgenommen hat und um andererseits auszuschließen, dass ein atoh8-Knockdown die Genexpression beeinträchtigt, könnten zunächst weitere in-situ-Hybridisierungen mit der von Tsukamoto beschriebenen weiteren Isoform des pax3-Genproduktes pax3b durchgeführt werden (Tsukamoto et al., 1994) um vergleichende Analysen beider Expressionsmuster in entsprechenden Stadien durchführen zu können. Darüber hinaus wären immunhistochemische Antikörperversuche gegen exprimierte Proteinebene die Differenzierung pax3-Transkriptionsfaktoren Abnahme nachgewiesen der möglich, Genexpression werden könnte. mit Im sodass auf fortschreitender Rahmen der Antikörpertests kann anhand der Untersuchung verschiedener Stadien darüber hinaus eine direkte Beeinflussung des pax3-Signalweges durch atoh8 verifiziert oder negativiert werden. Ob eine Abhängigkeit beider Transkriptionsfaktoren voneinander besteht, könnte von medizinischer Relevanz sein, da bereits neuromuskuläre Erkrankungen wie das Waardenburg-Syndrom mit pax3-Gendefekten assoziiert sind (Moase and Trasler, 1992). 86 5.3.2 Myod-Analysen Aufgrund der nur schwachen Färbung muskulärer Strukturen ließen die insitu-Hybridisierungen mit pax3a bezüglich der durch den atoh8-Knockdown hervorgerufenen Skelettmuskeldefekte in der entsprechenden Testgruppe jedoch keine neuen Erkenntnisse zu, sodass ein weiterer spezifischer Marker zur Untersuchung der entsprechenden Strukturen genutzt wurde. Dabei sollte der Marker sowohl spezifisch für die embryonale Entwicklung der Skelettmuskulatur sein als auch in späteren Stadien eine Nachweisbarkeit aufweisen. Dabei fiel die Wahl auf den zu den muskulären Regulationsfaktoren zählenden Transkriptionsfaktor myod. Aufgrund der nach Tapscott und Rudnicki beschriebenen ausgeprägten Beeinflussung der Differenzierung von Fibro- zu Myoblasten und der damit einhergehenden Induktion funktionsfähiger Skelettmuskelzellen eignet sich die Verwendung eines spezifischen myod-Markers hervorragend zur Analyse der muskulären Differenzierung in Stadien, in denen beispielsweise bereits eine Suppression der pax3-Expression erfolgt (Rudnicki et al., 1993; Tapscott, 2005). Die verdeutlichten Resultate der myod-in-situ-Hybridisierungen an Embryonen im 26+ Somiten-Stadium konnten signifikante Veränderungen der embryonalen Entwicklung der Skelettmuskulatur infolge eines atoh8Knockdowns nachweisen. Aufgrund des myod-Expressionsmusters wurde gezeigt, dass die von Devoto beschriebene v-förmige Ausprägung der Somiten (Devoto et al., 1996; van Eeden et al., 1996) nicht stattfindet. Anstelle differenzierter, deutlich voneinander abgrenzbarer Somiten sind in der Gruppe der Morphanten zumeist wolkenförmige Anordnungen myogener Zellmassen nachweisbar. Versuche mit Embryonen älterer embryonaler Stadien (48 hpf) wiesen in allen untersuchten Testgruppen eine deutlich verminderte myod- Genexpression auf. Die muskulären Defekte in der Gruppe der Morphanten ließen sich auch in diesem Stadium bestätigen. Wie bereits beschrieben kommt myod die größte Funktionalität während der frühen myogenen Differenzierung zu (Kadi et al., 2005). Diese ist jedoch nach mehr als 48 hpf abgeschlossen, wie die kompartimentierten Somitenstrukturen beider Testgruppen des gleichen Stadiums in Analogie zu den anatomischen Beschreibungen Kimmels verdeutlichen (Kimmel et al., 1995). So ist eine 87 Verminderung der nachweisbaren myod-Genexpression schlüssig, denn auch nach Tapscott findet nach den ersten zellulären Determinierungen über verschiedene Regulationsmechanismen eine zwar dauerhafte, aber sehr geringfügige myod-Expression auch in den sich weiter differenzierenden Myoblasten zur Umstellung einer spezifischen Proteinproduktion statt, um eine Ausdifferenzierung der Zellen zu gewährleisten (Tapscott, 2005). Trotz der beobachteten ausgeprägten Defekte der embryonalen Differenzierung muskulärer Strukturen muss in Analogie zur stattfindenden Anfärbung und somit myod-Expression dennoch eine Bildung funktionsfähiger Myozyten angenommen werden, da Rudnicki und KassarDuchossoy beschreiben, dass die Anwesenheit von myod zur Induktion funktionsfähiger Myozyten genügt (Rudnicki et al., 1993; Kassar-Duchossoy et al., 2004). Diese Ergebnisse weisen deutliche Differenzen zu Yao et al. auf, wonach der atoh8-Knockdown die Expression von myod stört (Yao et al., 2010). Da jedoch eine eindeutige Färbung muskulärer Strukturen in allen drei Testgruppen nach myod-in-situ-Hybridisierung mit gleicher Intensität stattfindet und sich aufgrund anatomisch defekter Anordnung der myogenen Zellen lediglich ein anderes Muster darstellt, weist dies auf eine ausgeprägte Beeinflussung der Skelettmuskelentwicklung, jedoch keinesfalls auf eine direkte Beeinflussung der myod-Expression hin. Aufgrund der ungenügenden Entwicklung zu physiologischen Myotomen und der vermutlich ausbleibenden Septierung und Anordnung von Muskelfaserbündeln wird trotz erhaltener zellulärer Funktion eine gerichtete, koordinierte Bewegung dennoch nur unzureichend möglich sein. Atoh8 wird aufgrund der Ergebnisse ein großer Einfluss auf die Differenzierung von Zellpopulationen, welche für die Ausprägung strukturierter Somiten und der Ausprägung von Myosepten von wesentlicher Bedeutung sind, zugeschrieben. Nach myod-in-situ-Hybridisierungen wurden bandförmige, zelluläre Anfärbungen von vermutlich nicht der physiologischen Entwicklung entsprechenden, Zellansammlungen Myosepten anstelle nachgewiesen. der undifferenzierten, Ausbildung Darüber hinaus von myogenen Somiten ergeben die teilenden Ergebnisse durchgeführter Dünnschnittanalysen deutliche Hinweise darauf, dass durch einen atoh8-Knockdown Defekte in der Entwicklung der von Thisse 88 beschriebenen adaxialen Region der Somiten (Thisse et al., 1993) entstehen. Bereits durch Felsenfeld wurden während der embryonalen Entwicklung in der adaxialen Region der Somiten insbesondere als Pionierzellen bezeichnete myogene Vorläuferzellen nachgewiesen (Felsenfeld et al., 1991). Die Resultate der atoh8-Knockdown Experimente weisen diesbezüglich auf eine signifikante Beeinflussung exakt dieser Zellpopulation hin, da einige der beobachteten Defekte direkt mit der Funktion der Pionierzellen assoziiert sind. Einerseits wies van Eeden eine Migration der zunächst adaxial liegenden Pionierzellen nach lateral und anterior nach (van Eeden et al., 1996), sodass sich eine von Devoto als vförmige Ausprägung der Somiten beschriebene Form bildet (Devoto et al., 1996). Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass eine Ausprägung dieser typischen Somitenform nach atoh8-Knockdown ausbleibt. Andererseits differenzieren Pionierzellen im Verlaufe der embryonalen Entwicklung zudem zu langsamen Muskelfasern, entlang der migrierten Pionierzellen entsteht dabei ein horizontales Myoseptum, welches spätere epaxiale von hypaxialen Muskelanteilen trennt (Devoto et al., 1996; Kimmel et al., 1995). Eine klare Abgrenzung von horizontalen Myosepten kann in Morphanten ebenfalls nicht beobachtet werden, sodass in Zusammenschau der Resultate eine Abhängigkeit der „pioneer cells“ von dem Transkriptionsfaktor atoh8 als sehr wahrscheinlich gilt. Eine signifikante Beeinflussung der Pionierzellen bestätigte sich zudem durch weitere, von M. Breuer durchgeführte Analysen der zu den Transkriptionsfaktoren muskulären myf5 und Regulationsfaktoren myog (Breuer, gehörenden 2013). Weitere Versuchsreihen zur genauen Analyse der Entwicklung der Pionierzellen sollten sich anlehnend an die Ergebnisse anschließen. Eine von Hatta bereits beschriebene Expression des Homeobox Proteins Engrailed findet spezifisch in Pionierzellen statt (Hatta et al., 1991), sodass beispielsweise über weitere in-situ-Hybridisierungen oder immunhistochemische Versuche eine spezifische Anfärbung zur detaillierten Analyse dieser Zellen erreicht werden kann. Wie Devoto bereits nachgewiesen hat, existieren neben den langsamen, roten Muskelfasern, welche überwiegend aus den Pionierzellen entstehen, auch schnelle, weiße Muskelfasern (Devoto et al., 1996). Im Gegensatz zu 89 den im Verlauf oberflächlich liegenden langsamen Muskelfasern befinden sich die weißen Muskelfasern eher in den tiefen Schichten der Skelettmuskulatur (Hirsinger et al., 2004; Ochi and Westerfield, 2007). Aufgrund der Abhängigkeit der Pionierzellen von atoh8 sind bei Defekten im atoh8-Gen im Rahmen der Entwicklung insbesondere Defekte der oberflächlich gelegenen langsamen Muskelfasern zu erwarten. Bezogen auf klinische Aspekte würden kongenitale Myopathien ableitbar sein, die insbesondere durch Defekte der Stütz- & Haltemuskulatur bzw. der Anteile der Skelettmuskulatur, die für eine kontinuierliche Leistung über längere Zeit bei geringem Kraftaufwand verantwortlich sind, gekennzeichnet wären (Silbernagl and Despopoulos, 2012). Basierend auf den Erkenntnissen könnten sich weiterführende Experimente mit der genauen Ausprägung der verschiedenen Muskelfaserarten beschäftigen und somit eine eventuelle Abhängigkeit der Embryogenese langsamer Muskelfasern von atoh8 nachweisen. Beispielsweise würde die Analyse der slow myosin heavy chain (smhc)-Genexpression (Devoto et al., 1996) spezifische Resultate bezüglich der Entstehung von Defekten in langsamen Muskelfasern darstellen, da eine spezifische Expression in Pionierzellen und im Laufe der Entwicklung schließlich in langsamen Muskelfasern nachgewiesen wurde (Devoto et al., 1996; Hatta et al., 1991). Darüber hinaus könnte eine exakte Analyse exprimierter smhc- Proteinstrukturen in langsamen Muskelfasern durch immunhistochemische Antikörper-Experimente ebenfalls auf Proteinebene stattfinden. 5.4 Atoh8 beeinflusst die kardiale Entwicklung Neben den beschriebenen Effekten auf die Skelettmuskelentwicklung beeinflusst atoh8 auch die Embryogenese der kardialen Muskulatur. Erste Hinweise ergaben sich durch atoh8-in-situ-Hybridisierungen, welche eine spezifische atoh8-Genexpression in kardialen Anlagen nachwiesen. Basierend auf Nguyens Ausführungen über die Entwicklung kardialer Funktionen des Zebrafisches (Nguyen et al., 2008) wurde nach atoh8Knockdown-Experimenten in einer Vielzahl untersuchter Embryonen der Morpholino-Gruppe eine ausgeprägte Veränderung der kardialen Kontraktilität nachgewiesen, die Rhythmik schien im Vergleich zu beiden 90 Testgruppen ebenfalls verändert. Aufgrund der Komplexität der embryonalen Entwicklung des kardiovaskulären Systems wurden Embryonen aller Testgruppen in verschiedenen Stadien beobachtet. In den MorpholinoGruppen war die Sterberate bereits nach mehr als 30 hpf deutlich erhöht. So erhärtet sich der Verdacht, dass atoh8 ausgeprägten Einfluss auf die Entwicklung des kardiovaskulären Systems hat. Exakt in dem Abschnitt der embryonalen Entwicklung gewinnt nämlich das kardiovaskuläre System durch den Beginn einer suffizienten Blutzirkulation zunehmend an Bedeutung. Aufgrund dieser Annahmen wurden in Analogie zur Auswertung muskulärer Strukturen erneut in-situ-Hybridisierungen zur Analyse kardialer Veränderungen durchgeführt. Die genutzten Marker färben dabei jeweils spezifisch kardial exprimierte Gene, deren translatierte Proteinstrukturen essentiell für die zuvor beschriebenen kardialen Funktionen sind. 5.4.1 Vmhc-Analysen Nach Yelon findet eine spezifische vmhc- Genexpression in den sich zu ventrikulären Myokardiozyten entwickelnden Zellen der kardialen Anlagen des Zebrafisches statt (Yelon et al.,1999). Darüber hinaus stellt vmhc einen essentiellen Anteil des Motorproteins Myosin dar, sodass ein Defekt des Gens zu ausgeprägten Veränderungen der myokardialen Kontraktilität führt (Alberts et al., 2002). Vmhc kann deshalb sehr gut als Marker für erste Versuchsreihen verwendet werden. Zunächst wurden mittels in-situ-Hybridisierungen verschiedener Stadien nicht injizierter Embryonen die spezifisch kardiale Anfärbung und die im Rahmen der kardialen Fusion erfolgende Migration der von Stainier und Yelon beschriebenen paarig angelegten tubulären Systeme nach medial nachgewiesen (Stainier et al., 1993; Yelon et al., 2000). Daran anschließend wurden Versuchsreihen mit allen drei Testgruppen gleicher Stadien (26+ Somiten-Stadium) mit überraschenden Ergebnissen durchgeführt. Während in beiden Kontrollgruppen den Maßgaben von Stainier entsprechende kardiale (ventrikuläre) Strukturen, deutlich angefärbt, beobachtet wurden, war in einer signifikanten Embryonenzahl der Morpholino-Gruppe keine kardiale Färbung nachweisbar. Zwar ist die Interpretation von anatomischen Defekten durch die fehlende Anfärbung dieser Testgruppe nicht präziser möglich, 91 jedoch verweist dieses Ergebnis auf eine direkte oder auch indirekte Abhängigkeit der vmhc-Genexpression von dem Transkriptionsfaktor atoh8. Durch den Einsatz von Doppelhybridisierungen wurden die Resultate bestätigt. Anhand der myod-Färbung wurde einerseits eine erfolgreiche Hybridisierungsreaktion nachgewiesen, andererseits wurden bezüglich der spezifischen vmhc-Anfärbung gleiche Resultate wie in den Einzelhybridisierungen erzielt. Die Frage nach der unzureichenden Spezifität der eingesetzten vmhc-Sonde kann aufgrund des positiven Nachweises in beiden Kontrollgruppen verworfen werden, sodass die Ergebnisse für eine signifikante Beeinflussung durch atoh8-Knockdown sprechen. Da in den Versuchen mit Knockdown des atoh8-Gens, nicht mit Knockout, gearbeitet wurde, sind in der Testgruppe der Morphanten geringe Embryonenzahlen mit leichter kardialer Anfärbung, allerdings bei prägnant veränderter kardialer Struktur, erklärbar. Aufgrund der Verdünnung der Morpholinokonzentration während der fortschreitenden Zellteilungen kann in einigen Zellen wieder eine atoh8-Expression stattfinden und die nachfolgende Regulation bestimmter Gene, die bislang gestört war, ausgelöst werden. Bis zu dem Zeitpunkt determinierte Defekte werden dadurch allerdings nicht verändert. Auch in der Testgruppe der mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen wurde im Vergleich zu den nicht injizierten Embryonen eine geringe Anzahl kardial veränderter Strukturen, bzw. schwach angefärbter Strukturen nachgewiesen. Da sich im Vergleich zur Gruppe der Morphanten dennoch signifikante Unterschiede zeigen, sind die beobachteten Veränderungen in der Kontrollgruppe am ehesten durch die Manipulation embryonaler Zellen während der Durchführung der Mikroinjektion selbst entstanden. Die beobachtete Beeinflussung der vmhc-Expression in der MorpholinoGruppe unterstreicht die Beobachtungen an lebenden Embryonen der gleichen Testgruppe bezüglich der nur schwach ausgeprägten myokardialen Kontraktilität, denn Funktionsverlust Defekte kontraktiler im Motorprotein Strukturen. Von Myosin Seidman führen wurde zum in humanmedizinischen Forschungen bereits die große Bedeutung von Defekten in verschiedenen myosin heavy chain-Genen (mhc) nachgewiesen, da Defekte in bestimmten Formen der Myosinketten zu familiären, dilatativen und obstruktiven Kardiomyopathien führen können (Seidman and Seidman, 92 2001). Andere Studien haben beispielsweise den Einfluss funktionsfähiger Myosinketten auf die strukturelle Entwicklung des Herzens nachgewiesen, da einzelne Formen der menschlichen, schweren Myosinkette mit der Bildung von Vorhofsepten assoziiert sind, denn Genmutation betroffener Gene verursachen Vorhofseptumdefekte (Ching et al., 2005). Durch den Knockdowneffekt der und der resultierenden Beeinflussung vmhc- Genexpression wird es folglich nicht nur zur reinen Funktionseinschränkung bezüglich der kontraktilen Leistung kommen, es werden darüber hinaus strukturelle Defekte im Rahmen der embryonalen Entwicklung aus dem Mangel an vmhc hervorgehen. Die beobachteten Resultate geben Anlass zur Untersuchung einiger Schlüsselstellen genau der Abfolgen aktivierter Gene, die während der embryonalen Entwicklung des Zebrafisches zur Induktion und Steuerung der vmhc-Genexpression führen. Neben der direkten Beeinflussung der vmhcGenexpression könnte atoh8 nämlich gleichermaßen die zur vmhcProduktion obligaten Faktoren beeinflussen, sodass daraus die beobachteten Effekte resultieren. Wie bereits beschrieben sind vielfältige Mechanismen an der Induktion und Steuerung der vmhc-Genexpression beteiligt (vgl. Kapitel 1.3.3). So ist beispielsweise das pan-Gen wesentlich an der Initialisierung zur Differenzierung myokardialer Vorläuferzellen beteiligt (Stainier et al., 1996), Yelon wies dabei nach, dass darüber hinaus eine signifikante Abhängigkeit der frühen vmhc-Genexpression von der pan-Aktivität besteht (Yelon et al., 1999). Transkriptionsfaktoren wie hand2 (Yelon et al., 2000), gata5 und fgf8 (Reiter et al., 1999) sind neben der myokardialen Differenzierung ebenfalls an der Induktion der vmhc-Expression beteiligt. Darüber hinaus sind weitere Transkriptionsfaktoren der gata-Familie an der Induktion der vmhcGenexpression beteiligt, denn Park beschrieb mittels Promotoranalysen, dass gata4 und gata6 ebenfalls essentielle Schlüsselfunktionen in der Induktion übernehmen (Park et al., 2009). In jüngsten atoh8-Studien konnten Rawnsley und Kollegen eine Beeinflussung und Regulierung des Transkriptionsfaktors gata4 durch atoh8 während der Embryogenese des Zebrafisches nachweisen (Rawnsley et al., 2013). Da folglich bei atoh8Knockdown eine fehlgesteuerte Regulierung der gata4-Expression erfolgt, muss die von gata4 regulierte Induktion der vmhc-Expression ebenso 93 beeinträchtigt sein; es resultiert in Analogie zu den Beobachtungen eine verminderte bzw. fehlende vmhc-Genexpression. Während der embryonalen Entwicklung findet jedoch nicht nur eine Steuerung der Induktion der vmhc-Expression statt, sondern auch eine Regulierung und Suppression während der Expression. Das Homeobox Protein nkx2.5, ein spezifischer Transkriptionsfaktor des präkardialen Mesoderms (Chen et al., 1996), trägt beispielsweise zur selektiven vmhcGenexpression ventrikulärer Zellen durch Suppression in atrialen Zellen bei (Jin et al., 2009). Da jedoch in einer Vielzahl der Morphanten aufgrund der vmhc-Beeinflussung erst gar kein Expressionsmuster nachweisbar war, sind Rückschlüsse bezüglich der atrialen Suppression im Verlauf nicht möglich. Eine Abhängigkeit des Transkriptionsfaktors nkx2.5 von atoh8 kann daher nicht beurteilt werden. Abbildung 23 stellt eine Übersicht der wichtigsten Entwicklungsschritte der kardialen Embryogenese mit möglichen Punkten der atoh8- Beeinflussung dar. Es wäre interessant ob mittels weiterer in-situ-Hybridisierungen oder immunhistochemischer Analysen eine manifeste Abhängigkeit der für die vmhc-Genexpression erforderlichen Regulation von atoh8 nachweisbar wäre. Aufgrund der Ergebnisse würde insbesondere die Untersuchung der Regulation und der Epistase der Gene atoh8-gata4-vmhc sinnvoll sein. 5.4.2 Ncx-1-Analysen In dieser Versuchsreihe wurde als Marker der in-situ-Hybridisierungen ncx-1 genutzt. Nachdem die vmhc-Hybridisierungen signifikante Ergebnisse lieferten, jedoch aufgrund der damit verbundenen fehlenden kardialen Anfärbbarkeit in der Gruppe der Morphanten keine prägnanten Aussagen über anatomische Veränderungen kardialer Strukturen ermöglicht wurden, sollte der Einsatz des ncx-1-Markers mehr Aufschluss über strukturelle Veränderungen bringen. Darüber hinaus wurde mit vmhc bereits die Kontraktilität beleuchtet. Mittels ncx-1-Analysen soll dagegen der Einfluss des Knockdowns auf die Rhythmik der Herzaktionen betrachtet werden, da Beobachtungen an lebenden Morphanten den Verdacht einer Beeinflussung der kardialen Rhythmik nahe legten. Langenbacher wies bereits nach, dass 94 der Natrium-Calcium-Austauscher-1 Calciumausstromes nach über extrazellulär die nach Induzierung vollendeter eines Kontraktion wesentlich an der intrazellulären Calcium-Homöostase beteiligt ist und Defekte dieses Gens zu ausgeprägten Arrhythmien führen (Langenbacher et al., 2005). Weitere Studien haben darüber hinaus gezeigt, dass die ncx-1Aktivität bereits während der Embryonalentwicklung kardialer Strukturen von wesentlicher Bedeutung ist (Rottbauer et al., 2001). Die Ergebnisse veranschaulichen den signifikanten Einfluss des atoh8Knockdowns auf die strukturelle Entwicklung des Herzens. Aufgrund fehlender Abgrenzbarkeit einzelner Herzhöhlen und offensichtlichen Defekten in der Ausbildung der von Stainier beschriebenen tubulären Systeme im entsprechenden Stadium ist anhand der Anfärbung im Vergleich zu beiden Kontrollgruppen lediglich eine undifferenzierte Ansammlung myokardialer Zellen beobachtbar. Eine Septierung einzelner Herzhöhlen scheint demnach nicht zu erfolgen. Eine kardiale Fusion beider tubulärer Vorläufersysteme (Stainier et al., 1993), wie sie während der physiologischen Entwicklung im 26+ Somiten-Stadium bereits stattgefunden hat (vgl. Kapitel 4.4.1), ist nicht nachweisbar; meist sind noch paarig angelegte, undifferenzierte Strukturen angefärbt. Diese Beobachtungen ließen sich auch hier durch die Durchführung von Doppelhybridisierungen bestätigen. Der Vorgang der Fusion ist bislang weitgehend unverstanden, nur einzelne verantwortliche Komponenten für die Induktion der Migration beider Vorläufersysteme nach medial sind erfasst. Atoh8 könnte demnach die Expression des bHLH Transkriptionsfaktors hand2 (Yelon et al., 2000) oder des miles apart-Gens (mil) (Kupperman et al., 2000) beeinflussen, denn für beide Gene ist eine Wirkung auf die kardiale Fusion nachgewiesen. Yelon wies darüber hinaus nach, dass eine Population endodermaler Zellen, welche ebenfalls im Rahmen der Embryogenese nach medial wandert, mit myokardialen Vorläuferzellen in Kontakt steht und an der Fusion beteiligt ist (Yelon, 2001). Weitere Studien konnten diesbezüglich zeigen, dass Mutationen im mil-Gen neben Differenzierungsstörungen endodermaler Zellen mit kongenitalen Herzanomalien einher gingen (Alexander et al., 1999; Kikuchi et al., 2000). Es erscheint demnach sinnvoll, weitere Untersuchungen bezüglich dieser Gene mittels spezifischer in-situ-Hybridisierungen 95 darzustellen und unter dem Einfluss von atoh8-Knockdown-Experimenten zu analysieren. Des Weiteren könnte eine spezifische Untersuchung der von Yelon beschriebenen endodermalen Zellen bezüglich einer Abhängigkeit von atoh8 untersucht werden. Da der Nachweis voneinander abgrenzbarer Herzhöhlen in der Gruppe der Morphanten nicht gelang, stellt sich nach den Beobachtungen die Frage nach einer defekten Ausbildung atrioventrikulärer Septen. Wie zuvor beschrieben liegt zumindest nach humanmedizinischen Untersuchungen nach Ching eine Abhängigkeit der Ausbildung atrialer Septen vom Vorhandensein bestimmter Myosinketten vor (Ching et al., 2005). Aufgrund der Ergebnisse der vmhc-Analysen könnte daher eine Beeinträchtigung der Septierung durch die defekte vmhc-Genexpression in Knockdown- Experimenten stattfinden, jedoch ist fraglich, ob die Untersuchungen auf den Zebrafisch projizierbar sind. Auch Defekte in der Ausprägung der von Eisenberg beschriebenen atrioventrikulären Kissen, die im Laufe der embryonalen Entwicklung zu atrioventrikulären Klappen und somit zur strukturierten Teilung zwischen Vorhof und Ventrikel führen, (Eisenberg and Markwald, 1995), sind im Rahmen eines atoh8-Knockdowns möglich. Da nach Walsh das jekkl-Gen wesentlich an der Entwicklung der Herzklappen beteiligt ist, könnten in nachfolgenden Experimenten Abhängigkeiten dieses Gens von der atoh8Präsenz untersucht werden (Walsh and Stainier, 2001). Im Allgemeinen würde man bei einer derart frühen Beeinflussung der embryonalen Entwicklung, insbesondere der frühen kardialen Progenitorzellen, durch atoh8-Knockdown erwarten, dass somit nicht nur einzelne Abfolgen, sondern komplexe Entwicklungsschritte im Verlauf gestört sein müssen. So würden neben einer fehlerhaften vmhc-Expression und neben der vielen bereits zuvor beschriebenen, möglichen Genbeeinflussungen auch einige weitere Prozesse wie beispielsweise die von Veerkamp und Kollegen dargestellten zellulären Migrationsprozesse im Verlauf nur fehlerhaft ablaufen und kardiale Malformationen würden resultieren (Veerkamp et al., 2013). Die statistische Analyse der Ergebnisse verweist neben den signifikanten Veränderungen in der Testgruppe der Morphanten jedoch auch in beiden 96 Kontrollgruppen zu jeweils bestimmten Anzahlen auf kardiale Veränderungen. Diese Auffälligkeit erklärt sich durch die Wichtung der beobachteten Veränderungen, denn sowohl veränderte Anfärbungen als auch morphologisch-strukturelle Veränderungen wurden als „Veränderung“ gewertet. Während sich in der Morpholino-Gruppe in hohem Maße anatomische Defekte kardialer Strukturen bei teils schwacher Färbung zeigten, wurden in den Kontrollgruppen zumeist lediglich Veränderungen der Anfärbung bei sonst physiologischer Herzformation beobachtet. Einerseits bedeutet dies, dass eine direkte Beeinflussung der ncx-1Expression durch atoh8 aufgrund einer nachweisbaren Färbung in allen Testgruppen offenbar nicht stattfindet. Insbesondere in der Gruppe der Morphanten würde in Analogie zu den vmhc-Ergebnissen bei direkter Beeinflussung eine signifikant ausbleibende Färbung erwartet werden, es zeigte sich jedoch in den meisten Fällen eine, wenn auch teils schwache, Färbung. Demnach können beobachtete Veränderungen der kardialen Rhythmik, die nach Pogwizd bei Defekten im ncx-1-Gen bis zum plötzlichen Herztod führen können (Pogwizd et al., 1999), nicht direkt auf eine Beeinflussung der ncx-1-Expression zurückgeführt werden. Andererseits müssen Faktoren vorhanden sein, die das Färbeverhalten der eingesetzten Sonde beeinflussen, da in allen Testgruppen zu bestimmten Anzahlen verminderte Anfärbungen beobachtbar waren. Verminderte Anfärbungen allein in der Morpholino-Gruppe ließen den Schluss einer geringeren ncx-1-Expression durch die Verringerung der effektiv differenzierten Zellzahl aufgrund von entstandenen Malformationen zu. Die ncx-1-Genexpression selbst bliebe dabei allerdings von atoh8 unbeeinflusst. Da jedoch in allen Testgruppen Farbveränderungen beobachtbar waren, können beispielsweise Eigenschaften der in den in-situ-Hybridisierungen eingesetzten Sonde eine mögliche Ursache dieser Beobachtung sein. Möglich wäre weiterhin eine instabile Anfärbung, die zu den Ergebnissen führt. Darüber hinaus könnte es aus ungeklärten Ursachen zu einer tatsächlichen Abnahme der Expression ab einem bestimmten Stadium auch in den Kontrollen kommen. 97 Abbildung 23. Schritte der kardialen Embryogenese. Die Abbildung veranschaulicht die wichtigsten Schritte der kardialen Embryogenese und die Beeinflussung einzelner Schritte durch verschiedene Gene. Atoh8 scheint nach den Ergebnissen an verschiedenen Stellen der Entwicklung eine Rolle zu spielen, von Rawnsley und Kollegen nachgewiesen ist der Einfluss auf gata4 (Rawnsley et al., 2013). 5.4.3 Embryonen in späteren Entwicklungsstadien Die Ergebnisse der Versuchsreihen haben deutlich erhöhte Sterberaten der Embryonen aus den Morpholino-Testgruppen ab einer Altersgrenze von etwa 30 hpf gezeigt. Nach 48 hpf haben nur noch geringe Anzahlen dieser Testgruppen überlebt, sodass hier eine Strukturanalyse von Skelett- & Herzmuskulatur zur Ergebnisverfälschung führen würde. Es ist nämlich davon auszugehen, dass ausschließlich diejenigen Embryonen dieser Gruppe überlebten, in denen beispielsweise die Morpholinoverteilung nur unzureichend geglückt ist und somit der Knockdown insbesondere in prägenden Anfangsstadien der Entwicklung nur mäßig erfolgreich war. 98 Folglich hat atoh8 derart tief greifende Einflüsse auf die embryonale Entwicklung des Zebrafisches, dass der Knockdown des Gens zu lebensbedrohlichen Anomalien führt. Da sich gezeigt hat, dass die Sterberate erst ab einer bestimmten Altersgrenze deutlich zunimmt, liegt die Vermutung nahe, dass die ausgeprägten Anomalien des kardialen Systems, wie sie in dieser Arbeit nachgewiesen werden konnten, zum vermehrten Sterben der Embryonen führen. In Analogie zu Nguyens Beobachtungen, nach denen in Embryonen ab dem 26+ Somiten-Stadium erste koordinierte kardiale Kontraktionen im Sinne eines Pumpvorganges erfolgen (Nguyen et al., 2008), findet also frühestens ab etwa 24 hpf mit der Ausprägung des Gefäßsystems die Ausbildung einer kardiovaskulären Zirkulation statt (Kimmel et al., 1995). Zuvor werden die embryonalen Zellen über Diffusionsvorgänge versorgt. Demnach erfolgt die zelluläre Versorgung ab 24 hpf zunehmend über das kardiovaskuläre System. Ergeben sich während der embryonalen Entwicklung ausgeprägte Defekte des kardiovaskulären Systems, ist der Organismus nicht dauerhaft lebensfähig. Wegen der geringen Anzahl an Morpholino-Embryonen im 48 hpf-Stadium war die Untersuchung der Kontraktilität und Rhythmik des Herzens nicht möglich, jedoch ergab die Beobachtung früherer Stadien Hinweise auf Veränderungen der Rhythmik. Es ist allerdings fraglich, ob einzelne Proteine, wie Ionenkanäle, die zur Aufrechterhaltung der Elektrolythomöostase dienen, durch atoh8 beeinflusst werden und so zu Arrhythmien führen können oder ob tiefgreifende Schäden in der strukturellen Entwicklung des Herzens eine koordinierte, rhythmische Kontraktilität ausschließen. So differenzieren sich beispielsweise am atrioventrikulären Übergang, welcher, wie in dieser Arbeit beschrieben wurde, durch atoh8-Knockdown maßgeblich verändert ist, gelegene Myokardiozyten zu langsam leitenden Zellen und gewähren koordinierte Erregungsüberleitungen auf den Ventrikel (Chi et al., 2008). Auch die Ausbildung eines Trabekelwerkes mit zunehmender Myokarddicke führt zur Koordination der Reizweiterleitung, sodass eine defekte Myokardstruktur mit ausgeprägten Arrhythmien einhergehen kann (Sedmera et al., 2003). Die durch den atoh8-Knockdown hervorgerufenen Veränderungen der Differenzierung myokardialer Strukturen sind einerseits signifikant 99 ausgeprägt, andererseits sind genaue Zuordnungen einzelner, betroffener Regulationsmechanismen, die für die Ausprägung bestimmter Merkmale verantwortlich sein könnten, äußerst schwierig zu treffen, da, wie in vorigen Kapiteln bereits deutlich wird, multiple, ineinander greifende Regulationsmechanismen die embryonale Entwicklung bestimmen. Zelluläre Differenzierungsprozesse werden über teils komplexe Aktivierung bestimmter Abfolgen von Genen induziert und gesteuert. Zudem sind viele embryonale Prozesse der kardialen Entwicklung nur unvollständig verstanden, sodass vielfach eine Beeinflussung von bislang nur teils nachvollziehbaren Signalkaskaden auch nur unzureichend nachweisbar ist. 100 6. Zusammenfassung In verschiedenen Studien mit Zebrabärblingen wurde bereits der vielfältige Effekt des bHLH Transkriptionsfaktors atoh8 auf verschiedene Gewebe während der Embryonalentwicklung nachgewiesen (Wang et al., 2009). Infolge dessen wurde während der embryonalen Entwicklung des Zebrafisches eine Transkription des atoh8-Gens sowohl in der sich differenzierenden Skelettmuskulatur, als auch in der kardialen Anlage beobachtet (Yao et al., 2010). Die Beobachtungen führen zu der Fragestellung, inwiefern die strukturierte Entwicklung unterschiedlicher Gewebe durch die Anwesenheit von atoh8 geprägt ist. Daher beschäftigt sich diese Arbeit mit dem Einfluss des Transkriptionsfaktors atoh8 auf die embryonale Entwicklung der Skelett- & Herzmuskulatur des Zebrafisches. Zur spezifischen Darstellung der jeweils untersuchten Gewebe wurden whole mount in-situ-Hybridisierungen Zebrafischembryonen mit gewebespezifischen unterschiedlicher Stadien Markern durchgeführt; an durch Anfärbung der Hybridreaktionen entsteht ein für das jeweils spezifisch beobachtete Gen typisches Expressionsmuster auf mRNA-Ebene. Zur Untersuchung des atoh8-Einflusses auf die betrachteten Gewebe wurden Knockdown-Experimente durchgeführt. Diese erfolgten mittels Einsatz spezifischer Morpholinos, Zebrafischembryonen welche eingebracht per wurden. Mikroinjektion in die Anatomisch-morphologische Analysen wurden nach den Grundlagen, beschrieben von Kimmel und Stainier (Kimmel et al., 1995; Stainier et al., 1993), durchgeführt. Während pax3a-in-situ-Hybridisierungen aufgrund der während der Embryonalentwicklung sehr frühen Einflüsse des pax3-Gens auf die myogene Differenzierung keine signifikanten Ergebnisse in den beobachteten Embryonenstadien lieferten, verdeutlichen Resultate aus myod-in-situ-Hybridisierungen dieser Arbeit den ausgeprägten Einfluss des Transkriptionsfaktors atoh8 auf die Entwicklung der für die Embryogenese der Skelettmuskulatur verantwortlichen Somiten. Unter atoh8-Knockdown traten signifikante Defekte der beobachteten Somitenstrukturen auf, wobei im 101 Gegensatz zu den Beobachtungen Yaos (Yao et al., 2010) keine direkte Beeinflussung auf die myod-Genexpression selbst nachweisbar war. Darüber hinaus wurde eine defekte Ausprägung horizontaler Myosepten der Somitenstrukturen mit aufgehobener v-Form (Devoto et al., 1996) nachgewiesen, eine differenzierte Darstellung adaxialer Zellstrukturen in Knockdown-Versuchen war ebenso nicht möglich. Analysen der kardialen Entwicklung wurden im Rahmen dieser Studie analog durchgeführt. Beobachtungen an zunächst lebenden Knockdown- Embryonen verdeutlichten den Effekt auf die Entwicklung kardialer Anlagen. Einerseits wurden im Vergleich zu Nguyens Ausführungen (Nguyen et al., 2008) ausgeprägte Veränderungen der Kontraktilität bei arrhythmischer Aktivität beobachtet, andererseits nahm die Sterberate der atoh8- Morphanten ab Stadien, in denen die kardiovaskuläre Zirkulation zunehmend an Bedeutung gewinnt (Kimmel et al., 1995) massiv zu. Mittels in-situ-Hybridisierungen wurden daher spezifisch eingesetzte Marker zur Untersuchung zweier verschiedener Gene unterschiedlicher, kardialer Funktionsbereiche analysiert, sodass Rückschlüsse auf Kontraktilität und Rhythmik des Herzens ermöglicht wurden. Untersuchungen von in-situ-Hybridisierungen mit vmhc-Marker erbrachten aufgrund der nicht nachweisbaren kardialen Färbung der Morphanten keine eindeutigen Hinweise auf anatomische Strukturveränderungen, allerdings konnte durch das Färbeverhalten erstmalig eine signifikante, direkte Abhängigkeit der vmhc-Genexpression von dem Transkriptionsfaktor atoh8 nachgewiesen werden. Aufgrund der damit verbundenen eingeschränkten Funktion des Myosins sind charakteristische, myokardiale Kontraktionen nicht möglich. Die Entstehung von kongenitalen Kardiomyopathien wäre begünstigt, wie Seidman in humanmedizinischen Studien über verschiedene mhc-Proteine nachweisen konnte (Seidman and Seidman, 2001). Da die Steuerung der vmhc-Genexpression auf der regulierten Aktivierung unterschiedlicher Transkriptionsfaktoren wie beispielsweise gata4 beruht, ist eine exakte Zuordnung der durch atoh8 beeinflussten Kaskaden bislang nicht möglich. Es erhärtet sich jedoch der Verdacht einer Beeinflussung der Abfolge der Gene atoh8-gata4-vmhc, da nach Park dem gata4-Gen eine Schlüsselrolle in der Induktion der vmhc-Genexpression zukommt (Park et 102 al., 2009) und gata4 selbst nachweislich durch atoh8 beeinflusst wird (Rawnsley et al., 2013). Durch die Darstellung des nach ncx-1-in-situ-Hybridisierungen angefärbten Expressionsmusters wurden Strukturveränderungen nach signifikant Knockdown ausgeprägte, nachgewiesen. kardiale Eine direkte Beeinflussung des ncx-1-Gens selbst konnte dabei im Gegensatz zu vmhcResultaten allerdings nicht nachgewiesen werden, sodass Rückschlüsse auf die Beeinträchtigung der kardialen Kontraktionsrhythmik durch möglicherweise hervorgerufene Defekte in der ncx-1-Genexpression im Rahmen des atoh8-Knockdowns nicht möglich waren. Aufgrund von Veränderungen der kardialen Anfärbung aller untersuchten Testgruppen sollte die Spezifität der in den in-situ-Hybridisierungen eingesetzten ncx-1Sonde überprüft werden. beobachteten kardialen Dennoch weisen die in den Morphanten Strukturveränderungen einerseits auf eine Beeinflussung der kardialen Fusion (Yelon, 2001) der zunächst paarig angelegten tubulären Vorläuferstrukturen als auch auf eine Beeinträchtigung der Strukturierung des atrioventrikulären Überganges hin. Aufgrund der beobachteten, spezifischen Veränderungen myogener Strukturen, könnten sich nachfolgende Experimente mit der Frage der Beeinflussung der für die Ausprägung horizontaler Myosepten und Ausbildung typischer Somitenformen verantwortlichen pioneer cells (Felsenfeld et al., 1991) beschäftigen. In dem Zusammenhang wäre die Untersuchung einer Beeinflussung auf die Differenzierung langsamer Muskelzellen hoch interessant, da pioneer cells nachweislich an deren Entstehung beteiligt sind. Anlehnend an die Resultate dieser Arbeit bleiben kardiale Veränderungen in Hinblick auf die Auswirkung des atoh8-Gens auf die für die kardiale Fusion verantwortlichen Gene weiterhin abzuklären. Auch die Untersuchung des Einflusses auf Faktoren, welche an der embryonalen Abtrennung von Atrium und Ventrikel und an der nach Eisenberg damit verbundenen Entwicklung der Herzklappen beteiligt sind, erscheint sinnvoll. Darüber hinaus wäre eine genaue Darstellung der Signalkaskade, die zur Beeinflussung der vmhcGenexpression durch den Transkriptionsfaktor atoh8 führt, überaus interessant. 103 7. Literaturverzeichnis Alberts, B., Johnson, A., Lewis, J., Raff, M., Roberts, K. and Walter, P. (2002). Molecular Biology of the Cell. Taylor & Francis Verlag, New York 949-968 Alexander, J., Rothenberg, M., Henry, G. L. and Stainier, D. Y. (1999). Casanova plays an early and essential role in endoderm formation in zebrafish. Developmental Biology 215 (2), 343–357 Baensch, H. and Riehl, R. (1997). 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Die Zebrafische werden zu je etwa 25 Fischen/ Box in einer konstruierten Anlage gehalten, die aufgrund genauer Einhaltung bestimmter Wasserparamter und zirkadianer Rhythmik eine artgerechte Haltung ermöglicht. A2. Chemische Strukturformeln von Morpholino und DNA im Vergleich. 112 A3. Injektionsvorbereitungen. Abgeschöpfte Embryonen werden entnommen, mittels E3-Medium in Schalen gespült und zur Mikroinjektion unter dem Mikroskop auf eine Agarose-Gel Platte ausgerichtet (s. Abb. 3). Das mittlere Foto zeigt einen Embryo im 4-Zell-Stadium; für eine Mikroinjektion ist der Embryo in seiner Entwicklung bereits grenzwertig weit fortgeschritten. Kreuztabelle Injektion InSitu MyoD normal veränderte Myotome Gesamt keine Morpholino 227 58 Anzahl Gesamt 285 % innerhalb von Injektion Anzahl 98,3% 35,2% 72,0% 4 107 111 % innerhalb von Injektion Anzahl 1,7% 64,8% 28,0% 231 165 396 % innerhalb von Injektion 100,0% 100,0% 100,0% A4. Schematische Darstellung einer Vier-Felder-Tafel. Die Excel-Tabelle veranschaulicht die Konstruktion von Vier-Felder-Tafeln zur statistischen Prüfung je zwei voneinander abhängiger Merkmale mittels Chi-Quadrat-Testungen und anschließenden Odds-Ratio-Berechnungen. Die zu verwerfende Nullhypothese war bei den Analysen stets die Unabhängigkeit des Auftretens von Veränderungen von der Mikroinjektion. 113 Danksagung Zuerst möchte ich mich bei der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum bedanken, die eine Promotion im Rahmen einer Forschungsarbeit ermöglicht hat. Für ihre tatkräftige Unterstützung im Rahmen des strukturellen Aufbaus der Studie, ihre außerordentlichen Hilfeleistungen und konstruktive Kritik, möchte ich mich insbesondere bei Frau Prof. Dr. Brand-Saberi bedanken. Auch Frau A. Conrad möchte ich für ihre Hilfe bei Terminkoordinationen danken. Ein weiterer Dank geht an Frau Dr. Chankiewitz, die besonders an der Bereitstellung der eingesetzten Sonden beteiligt war und die Etablierung der Zebrafischanlage und Tierhaltung koordiniert hat. Ganz besonders danken möchte ich Frau U. Ritenberg, Frau M. Otto und Frau S. Wulf für ihre intensive technische Unterstützung sowohl im Bereich der Tierpflege als auch in der Anfertigung von Schnittpräparaten und in-situHybridisierungen. Zuletzt möchte ich M. Breuer und Dr. N. Maricic für ihre Unterstützung danken. Vielen Dank! 114 Kevin Bockholt 18.06.1988 Angestrebte Tätigkeit Berufserfahrung & Praktika Arzt für Dermatologie Praktisches Jahr 08.2012-12.2012 Dermatologie, Prof. Dr. Szeimies, Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen 12.2012-04.2013 Innere Medizin, Dr. Kühne, ProsperHospital Recklinghausen 04.2013-07.2013 Chirurgie, PD. Dr. Jakschik, ProsperHospital Recklinghausen Famulaturen 03.2010 Anatomie, Prof. Dr. Brand-Saberi, RuhrUniversität Bochum 08.2010 Plastische Chirurgie/ Dermatologie, Gachon University, Südkorea (Seoul) 09.2011 Allgemeinmedizin, Dr. Wilimzig, allgemeinmedizinische Praxis Dorsten 03.2011 Orthopädie/ Rheumatologie, Tygerberg Hospital, Südafrika (Kapstadt) Promotion seit 10.2010 11.2011 Dissertation im Rahmen der Forschungsarbeit: „Influence of transcriptional factor Atoh8 on skeletal and cardiac muscle development of zebrafish“, Prof. Dr. Brand-Saberi, Abteilung für embryologische Anatomie der Ruhr-Universität Bochum Vortrag: „Atoh8-Knockdown and muscle development“ 115 02.2012 Poster: „Einfluss von Atoh8 auf die Muskelentwicklung“ Zusätzliche berufliche Erfahrungen 02.2010 Vorpräparator im Organanatomie Kurs, Ruhr-Universität Bochum 04.2010-06.2010 studentische Hilfskraft im Biochemie Praktikum 11.2010 Workshop: Chirurgie zum Mitmachen WS 2010/2011 English for Medical Students, Abschlussnote 1,3 2007-2013 Studium der Humanmedizin an der RuhrUniversität Bochum 09.2009 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) mit der Gesamtnote „gut“ 11.2013 2. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung mit der Gesamtnote “gut” bestanden 11.2013 Approbation als Arzt 1998-2007 Gymnasium Petrinum Dorsten, (allg. Hochschulreife) Abiturnote 1,2 1994-1998 Albert-Schweitzer Grundschule Dorsten Hochschule Schulbildung bes. Kenntnisse/ seit 2007 Interessen Stipendiat der Hans-Böckler Stiftung mit Studienstipendium 2008-2013 stellvertr. Stipendiatengruppensprecher Bochum und Ansprechpartner im Cluster Medizin 2007-2013 Jugendleiter der IGBCE-Ortsgruppe Hervest-Dorsten 116