Klassische Serologie in der modernen Labordiagnostik • Klassische serologische Untersuchungen: Definition und Bedeutung • Serologische Untersuchungsmethoden: Übersicht und Anwendung (SSA/RBT, SLA, HAH, IDT, MAR, KBR, SNT….) Joachim Borgwardt Einführungs-Vortrag, Fortbildungsveranstaltung der Länder Mai 2014 Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 1 Rechtsgrundlagen zur Anwendung serologischer Testmethoden ● Diagnose-Handbuch, Entscheidung der Komm. 2003/422/EG vom 26.05.2003 ● Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (TierGesG) vom 22.05.2013 (BGBl. I S. 1324, 3942) in Kraft ab 1. Mai 2014 (§ 45, TierGesG) ● Methodensammlung des Friedrich-Löffler-Institutes (FLI), auf der Grundlage von § 27 des TierGesG (ehem. § 4 TierSG), Stand Januar 2014 ● VO über anzeigepflichtigen Tierseuchen (TierSeuchAnzV) i. d. Fassg. der Bekanntm. vom 19. Juli 2011 (BGBl. I S. 1404) ● VO über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV) i. d. Fassg. der Bekanntm. vom 11. Februar 2011 (BGBl. I S. 252) ● Liste der zugelassenen Mittel nach § 11 TierGesG (ehem. § 17 c TierSG) ● Bundesmaßnahmekatalog-Tierseuchen Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 2 Serologische Untersuchung Die serologische Untersuchung ist eine zielgerichtete labordiagnostische Tätigkeit zur qualitativen und quantitativen Bestimmung von definierten immunologischen Reaktionspartnern in flüssigen biologischen Systemen. zielgerichtet: zielorientiert, selektiv, ich muss vorher festlegen welche Methode ich nutze. labordiagnostisch: Invitro-Immuntest, Tätigkeit unter standardisierten Bedingungen, Qualitätsmanagement. definiert: konkret, Art des Suchziels, ich muss vorher entscheiden nach was ich suche. immunologische Reaktionspartner (Ag, Ab): Ag: Krankheitserreger und immunogene körperfremde Stoffe mit der Fähigkeit der Auslösung einer Immunanreaktion (Antigene, Antikörper, Proteine, Moleküle, u.a.). Ab: Humorale und zelluläre körpereigene, spezifische Abwehrsysteme mit der Fähigkeit der Erkennung, Markierung und Inaktivierung von Krankheitserregern und immunogenen körperfremden Stoffen. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 3 in vivo Reaktionen Diese Reaktionen sind in vitro möglich und somit als serologische Testsysteme diagnostisch nutzbar. Testbasis Spezifischer Antigen – Antikörper – Kontakt Quelle: www.biokurs.de/Skripten/12/bs12-53.htm (2014) Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 4 Die Kinetik, Quantität und Wirkung der Ig-Klassen sind bei einer Infektion tierartlich, erregerspezifisch und individuell sehr verschieden, allgemein kann aber folgendes gelten: lg M: Ist bei einer Infektion zuerst nachweisbar, ist auch an unspezifischen und paraspezifischen Reaktionen beteiligt, Ig M persistiert länger als lg G1. Ig D: Bestandteil der B-Lymphozytenmembran, bindet und aktiviert Basophile und Mastzellen, sehr kurzlebig. lg G1: Sind die häufigsten lg nach einer Infektion, Ig G1 treten etwas später als Ig M in Erscheinung, persistieren meist während einer Infektion, sind bei Rindern Haupt-lg in der Milch und im Serum, können die SLA blockieren und verursachen im MRT oft statt einer Ringbildung eine Agglutination. lg G 2: Tritt zusammen mit lg G1 oder etwas später auf, kann konzentrationsabhängig Prozonen verursachen. ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- lg A: Ist als letzte lg-Klasse im spezifischen Infektionsverlauf nachweisbar, permanent präsent als lokaler Schutz auf Schleimhäuten und im Eutergewebe. Ig E: An Mastzellen und Granulozyten gebundene, IG mit Hauptbedeutung für die spezifische parasitäre Abwehr und für allergische Reaktionen, sehr langlebig. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 5 In der serologischen Brucellose-Diagnostik hauptsächlich erfasste Immunglobulin-Klassen (nach: W.J.B. Morgan, 1982) SSA/RBT KBR SLA MRT/ABR (+) + + + lg G 1 + (+) (+) (+) lg G 2 - - + - lg A - - + - lg M Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 6 Möglichkeiten von Antikörpereinteilungen Antikörper nach Wirkung (???) - agglutinierende - präzipitierende - opsonierende - komplementaktivierende - sezernierende - neutralisierende -. -.. -… Antikörper nach Wirksamwerden (???) - Ig M - Ig G1 - Ig G2 - Ig A - Ig E - Ig D Antikörper nach Herstellung (???) - monoklonale - rekombinante - polyklonale Antikörper nach Bauart (???) - Monomer (IgD, IgE, IgG) - Dimer (IgA) - Pentamer (IgM) Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 7 Auszug aus: Amtliche Methodensammlung des FLI, Stand Januar 2014 Nr. AMS Name der Krankheit HAD IDT DIFT IIFT NT SNT 2 Afrik. Pferdepest x 3 Afrik. Schweinepest 5 Anst. Blutarmut d. Pferde 6 Anst. Blutarmut d. Lachse 8 Aujeszky KH 9 Aviäre Influenza 12 Beschälseuche d. Pferde 14 BHV-1 15 BSE 16 BVD 17 Brucellose 19 Chlamydiose 21 Bovine Leukose 23 Epiz. Hämorrh. D. Hirsche x 24 Equine Virus Arteritis x x 30 IHN, VHS x x x 31 Koi-Herpes-Inf- x KBR IBlot x x x IPox x HA HAH x x SLA RBT x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x Anzahl der aufgeführten klassischen serologischen Methoden = 37 Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 8 Auszug aus: Amtliche Methodensammlung des FLI, Stand Januar 2014 Nr. AMS Name der Krankheit HAD IDT DIFT 33 Lungenseuche d. Rd. 34 MKS 36 Newcastle Krankheit 40 Pferdeencephalomyelitis 41 Pockenseuche der Sf+Zg 42 Q-Fieber 44 Rifttal-Fieber 45 Rotz 46 Orthopox-Infektion 48 Schweinepest (KSP) 49 Stomat. Vesicularis 50 Taura-Syndrom 51 Tollwut x 52 Toxoplasmose x 56 Tularämie 58 Vesicul. Schw.-KH (SVD) 61 West-Nil-Virus 62 Yellowhead Disease 63 Zecken-übertragb. KH IIFT NT SNT x KBR IBlot IPox HA HAH x x SLA RBT x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x Anzahl der aufgeführten klassischen serologischen Methoden = 30 Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 9 Begriffe der klassischen mikrobiologischen Testheorie (KTT) als Grundlage von Testbewertungen - Sensitivität und Spezifität Objektivität und Robustheit Validität und Reliabilität Positive und negative Prädiktion Prävalenz und Inzidens Affinität und Avidität Korrelationskoeffizient Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 10 Krankheit / Goldstandard Möglichkeit von Testvergleichen Testpositiv ergebnis negativ ja nein a b a+b c d c+d a+c b+d Sensitivität = a/(a+c) Spezifität = d/(d+b) Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 11 Einsatzmöglichkeiten sensitiver und spezifischer Tests in der Serologie Anwendung sensitiver Tests, falls • kein spezifisch Antikörper-positiver Fall übersehen werden soll • spezifisch Antikörper-positive Fälle ausgeschlossen werden sollen • Ausschluss-Tests „negatives Ergebnis gesucht, Rule-Out“ • Screening-Tests, Überwachungsuntersuchungen • Testsituation mit mehrheitlich geringer spezifischer Seroprävalenz Anwendung spezifischer Tests, falls • kein spezifisch Antikörper-negativer Fall übersehen werden soll • positive und verdächtige Fälle bestätigt / überprüft werden sollen • Such-Tests „positives Ergebnis gesucht, Rule-In“ • Bestätigungs-Tests, Verlaufsuntersuchungen, Impfkontrollen • Testsituation mit mehrheitlich hoher spezifischer Seroprävalenz Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 12 Serologische Testmethoden -IDT / AGPT / AGID -SNT -SLA / MAR -SSA / RBT -HA / HAH -KBR -HAD -DIFT / IIFT -ã-IFT -ELISA -IPoxT -IBlot -u.a. Brauchen wir denn überhaupt noch die klassische Virologie/Serologie ? (DIFT, IDT, SNT, SLA, SSA, HAH, KBR, usw.) Ja • Untersuchungen mit reduziertem Labor • Referenzmethode – Goldstandard • Impf- und Infektiositätsnachweise • Differenzierung von Biotypen/Phänotypen • Basisdiagnostik bei neuen Erkrankungen Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 13 Methode: Immundiffusionstest oder Agargelpräzipitationstest (IDT/AGPT/AGID) • Antigen und Antikörper diffundieren dreidimensional in einem Agarmedium, Möglichkeit der qualitativen und semiquantitativen Testinterpretation. • Lineare Immundiffusion (n. Oudin), radiale Immundiffusion (n. Mancini) und Doppelimmundiffusion (n. Ochterlony). • In der Aquivalenzzone bilden sich lichtstreuende Präzipitationsringe oder -linien aus Antigen-Antikörper-Komplexen. • Die Präzipitationsreaktion ist steuerbar und wird beeinflußt von der Konzentration und dem Volumen der Reaktionspartner sowie durch die Dichte des zu durchdringenden Agarmediums. • Der Ouchterlony-Assay ist eine wechselseitig nutzbare Diffusionsmethode, bei der beispielsweise Antikörper in ein Loch in der Mitte eines Agarose-Gels pipettiert werden und verschiedene Löcher mit Antigen-Lösungen kreisförmig herum angeordnet sind (Rosette). Mit diesem Test lässt sich anhand der Präzipitationslinien zeigen, ob ein Antikörper verschiedene Antigene erkennt bzw. ob verschiedene Antigene ganz oder teilweise identisch sind. • AGID-Anwendungsbeispiele in der serologischen Labordiagnostik: AK-Detektion gegen Celo, IBD, Marek, EIA, BLV, CAE/MV, Riftal-Fieber. (n. Mancini) Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 14 n. Mancini Quelle: http://Laborwissen.de/wiki (2014) n. Ochterlony Quelle: Dr. Hänel, CVUA Stuttgart (2010) Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 15 Methode: Serumneutralisationstest (SNT) • Die Neutralisation von Viren wird in der Serologie zur Bestimmung neutralisierender Antikörper verwendet. Es werden Virusstämme mit typischen zytopathischen Effekten verwendet, sodass die positiven und negativen Reaktionen an den Zellkulturen mikroskopisch direkt ablesbar sind. • Bei Viren ohne ablesbaren CpE kann eine Virusvermehrung oder -neutralisation mittels anschließender Immunfluoreszenz nachgewiesen werden. • Zur Bestimmung des Antikörpertiters wird das zu testende Serum titriert bis keine Neutralisationswirkung des Testvirus auf den Zellkulturen feststellbar ist. • Der Serumneutralisationstest ist ein apparativ, organisatorisch und vom know how ein sehr aufwändiges Testverfahren. • Die Zellkulturen erfordern für die tägliche Laborarbeit ein viel höheres Maß an Arbeitsaufwand und Erfahrung als die Nutzung vorgefertigter Test-Kits. • Die Spezifität der SNT-Reaktion wird jedoch von keinem anderen automatisierten Immunassay (z.B. Ab-ELISA) erreicht, der SNT wird oft als Referenztest oder „Goldstandard“ für die Diagnostik und für Qualitätskontrolle verwendet. • SNT-Anwendung in der serologischen Labordiagnostik: AK-Detektion gegen BHV-1, BVD, PI-3, KSP, AK, SVD, EAV, EHV-1, EHV-4, Tollwut, IBD, ILT, IHN, VHS. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 16 Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 17 Quelle: Dr. Schirrmeier, FLI Insel Riems (2012), SNT von BHK 21-ct Zelle mit SBV BH80 Quelle: Dr. Schirrmeier, FLI Insel Riems (2012), IIFT von BHK 21-BRS5 Zelle mit SBV BH80 Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 18 Methode: Serumlangsamagglutination (SLA) und Mikroagglutination (MAR) • Die SLA/MAR werden in der Serologie zur Bestimmung agglutinierender, polymerer, bakterielle und parasitäre Antikörper verwendet. Zur Anwendung kommen attenuierte Mikrobensuspensionen bzw. genormte, lebende Stämme. • Zur Bestimmung des Antikörpertiters wird das zu testende Serum titriert bis keine spezifische Agglutinationswirkung der Reaktionspartner nachweisbar ist, die Tests sind visuell (direkt, mikroskopisch, optisch/digital) ablesbar. • Bei Testmethoden mit schwer- oder nicht ablesbarer Agglutination wird die Testreaktion mittels Anfärbung (Safranin, Neutralrot) sichtbar gemacht. • Die SLA wird zusammen mit KBR und RBT hauptsächlich bei der BrucelloseDiagnostik angewandt, sie ist mittels Automatisierung massentauglich. • Die MAR ist Standardmethode bei der serologischen Leptospirose-Diagnostik, diese Methode erfordert ein erhöhtes Maß an Arbeitsorganisation, Labortechnik und Erfahrung (Stammhaltung, Dunkelfeldmikroskopie). • SNT/MAR-Anwendungsbeispiele in der serologischen Labordiagnostik: AK-Detektion gegen Brucella ssp., Tularämie, Rotz, BHV-1, Leptospira ssp. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 19 Quelle: LAVES, Niedersachsen (2014) Quelle: www.biokurs.de/Skripten/12/bs12-53.htm (2014) Dunkelfeldmikroskopie 1:360 1:500 1:100 Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 20 Serumlangsamagglutination (SLA, Brucellose) Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 21 Literaturhinweise zur klassischen Serologie • Mayr, A. et al, Virologische Arbeitsmethoden, Band 2, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, New York, 1977 • Jawetz E., Melnick J.L. & Adelberg E.A.. (1973). Medizinische Mikrobiologie. Berlin: Springer Verlag. • Thomas, L. (1992). Labor und Diagnose. Hamburg: Medizinische Verlagsgesellschaft. • Deutsche Norm: Serodiagnostik von Infektionskrankheiten. DIN 58 969, Teil 10, Ausgabe Juli 1989; Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, Berlin • Laborheft Serologie im Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit • www.infektionsnetz.at (2914) • www.biokurs.de/Skripten/12/bs12-53.htm (2014) • www.Laborwissen.de/wiki (2014) Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt 22