Atom-, Molekular- und Ionenstrahlquellen

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Kapitel 1
Atom-, Molekular- und
Ionenstrahlquellen
Atom-, Molekular- und Ionenstrahlquellen (engl.: atom, molecular, and ion beam sources) sind
von großer Bedeutung in der modernen Atomphysik. Nur durch effiziente Produktion, Atomisation und bei Bedarf Ionisation der für die Untersuchungen notwendigen Teilchen lassen sich
Präzisionsexperimente mit kleinsten Mengen von Atomen, Molekülen und Ionen durchführen.
Für die Arbeit mit Atomen und Molekülen im freien Raum sind geeignete Strahlquellen
notwendig. In einzelnen Fällen kann z.B. ein Gas direkt in einer passenden Zelle, in die es
permanent eingefüllt ist, spektroskopiert werden (vor allem Edelgase); man hat dann jedoch
wenig Kontrolle über die Stöße der Teilchen untereinander und mit der Zellenwand. Deshalb
verwendet man im überwiegenden Teil der Experimente einen Atom- bzw. Molekülstrahl, der
nach dem Verlassen der Quellkammer (“Ofen”) praktisch keine Wechselwirkung mit externer
Materie hat und auch wenig strahlinterne Kollisionen aufweist. Für die Ionisation von Atomen
bzw. Molekülen stehen eine ganze Reihe von Ionenquellen zur Verfügung, die jedoch zumeist
nur für eine bestimmte Anwendung entwickelt und optimiert sind. Im Folgenden werden die
wichtigsten Quellen für die moderne Atomphysik vorgestellt.
Als Literaturquelle dienen u.a. die Lehrbücher von L. Vályi, Atom and Ion Sources
[Vály1977], I.G. Brown, The Physics and Technology of Ion Sources [Brow1989], and B. Wolf,
Handbook of Ion Sources [Wolf1995].
1.1
Effusive Quellen
Effusiver Fluss : Stöße zwischen den Teilchen sind zu vernachlässigen.
Λ: mittlere freie Weglänge
d: Durchmesser der Quellöffnung
ΛQuelle d
Stoßrate R:
R = vrel σn
Λ = v/R
v
=
vrel σn
1
= √
2σn
(1.1)
v: mittlere Geschwindigkeit eines Teilchens
vrel : mittlere relative Geschwindigkeit
√
zwischen 2 Teilchen im Gas = 2v
σ: Stoßquerschnitt
n:
Teilchendichte
(1.2)
1
2
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Der gaskinetische Wirkungsquerschnitt σ entspricht in der Größenordnung der Fläche der
klassischen Elektronenbahn:
σ ≈ πa20
= 10−16 cm2
(1.3)
a0 : Bohrscher Radius
Anmerkung: der Wirkungsquerschnitt (engl. cross section) ist eine nützliche und viel benutzte Größe in Streuexperimenten, d.h. Anordnungen mit einem Projektilstrahl, der auf ein
sogenanntes Target trifft. Der Wirkungsquerschnitt σ ist definiert durch
Anzahl der Reaktionen
= Fluss von Projektilteilchen × σ
Sekunde × Targetteilchen
Der Ausdruck auf der linken Seite entspricht gerade der vom Experimentator beobachteten
Rate pro Targetatom. Der Fluss Φ von Projektilteilchen, d.h. die Zahl der Teilchen die pro
Zeiteinheit durch eine Einheitsfläche senkrecht zur Strahlrichtung gehen, errechnet sich zu
Φ = nProjektil × vProjektil.
Der Wirkungsquerschnitt gibt also die Reaktionsrate pro Targetteilchen und pro Einheitsfluss
einfallender Teilchen und hat die Dimension einer Fläche (typischerweise cm 2 ).
Beispiel für die freie mittlere Weglänge Λ:
Ideales Gas bei T = 800 K: p = 1 mbar → Λ = 8 mm
p = 10−3 mbar → Λ = 8 m
Der Druck in der Quelle sollte so hoch sein wie die Bedingung der Effusivität erlaubt, um
den Teilchenfluss im Experiment zu maximieren. Für typische Öffnungen (≈ 1 mm) ist dies im
mbar-Bereich. Außerhalb der Öffnung muss der Druck im Vakuumgefäß dann auf mindestens
10−3 mbar abfallen.
Austretender Strahl
dN
dt
= n0 f (v)
dΩ
v cos θ S dv
4π
Mit der Definition ṽ = v/vw , wobei vw =
der Maxwell-Boltzmann-Verteilung ist, folgt:
dN/dt: Anzahl austretender Moleküle pro Zeiteinheit
(1.4) n0 : Dichte in der Quelle
f (v): Geschwindigkeitsverteilung in der Quelle
(Maxwell)
dΩ: Raumwinkelelement
v: Geschwindigkeit des austretenden Teilchens
θ: Winkel zur Öffnungsnormalen
S: Öffnungsfläche
dv: Breite der beobachteten Geschwindigkeitsgruppe
p
2kT /m die wahrscheinlichste Geschwindigkeit in
4
2
f (ṽ)dṽ = √ ṽ 2 e−ṽ dṽ,
π
(1.5)
3
1.1. EFFUSIVE QUELLEN
Abb. 1.1: Abstrahlungscharakteristik für einen kurzen kreisförmigen Kanal [Rams1956]. Die
Vollkurve ist für den Fall Kanallänge gleich Kanaldurchmesser L = d und die gestrichelte Kurve
für den Fall vernachlässigbarer Länge.
und somit
n0 S
2
dN
(θ, ṽ) = 3/2 vw ṽ 3 e−ṽ dṽ cos θ dΩ
dt
π
(1.6)
Die Geschwindigkeitsverteilung in einem Strahl skaliert mit v 3 :
2
fStrahl (ṽ) = 2 ṽ 3 e−ṽ
p
Wahrscheinlichste Geschwindigkeit im Strahl: v wB = 3/2 vw .
√
Mittlere Geschwindigkeit: v̄B = 3/4 π vw .
(1.7)
Integration über alle Geschwindigkeiten:
√
(1.8) v̄ = (2/ π) vw ≈ 1.13vw :
mittlere Geschwindigkeit im Quellgas
Die Gesamtrate von Molekülen, die die Öffnung verlassen ist also no v̄S/4, und die
Winkelverteilung folgt einem Cosinusgesetz analog dem Lambertschen Gesetz in der Optik.
I(θ)dΩ =
dΩ
n0 v̄
S cos θ
4
π
Intensität in Vorwärtsrichtung (θ = 0):
n0 v̄S
(Atome pro sr und sec)
p0 : Quellendruck in mbar
4π
S: Quellenöffnung in cm2
21 p0 S
= 8.55 × 10 √
(1.9)
M : Molekulargewicht (amu)
MT
T : Temperatur in K
I(0) =
Die Bedingung d ≈ Λ führt dazu, dass man für eine typische Apertur d = 1 mm für alle
Gase einen ähnlichen Standardstrahl mit I(0) ≈ 5 × 10 16 (sr sec)−1 erhält.
4
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Abb. 1.2: Beispiel einer effusiven Atomstrahlquelle, hier für die Produktion von atomarem
Li [Schu1994]. a) Verdampfergefäß mit beheizter Düse; b) Heizleitertragendes Rohr; c) Abschälblenden; d) Wärmeschilde; e) Justierschrauben; f,g) Flansche für Vakuumdiagnose und
Turbopumpe; h) Entnahmeflansch für Verdampfergefäß; j) Flansch zum Strahlrohr.
Formel für die Geschwindigkeit von Atomen:
vw = 127 m/s
r
T
M
(1.10)
T : Temperatur des Gases in K
M : Molekulargewicht
Erhöhung des Flusses in Vorwärtsrichtung durch Kanäle
Bedingung des stoßfreien Durchgangs durch den Kanal:
KnL =
Λ
1
L
L/d → 0 :
L/d 1 :
(1.11)
K: Knudsen-Zahl
L: Länge des Kanals
I(0) = n0 v̄ S/4π
IKanal (0) = Q I mit Q = 3L/4d
5
1.2. ADIABATISCHE STRAHLEXPANSION DURCH EINE D ÜSE
Abb.
1.3:
Vorwärtsbündelung
eines
Atomstrahls
für
verschiedene
Kanaldurchmesser/Kanallängen (β = 2r/L) und Knudsen-Zahlen [Scol1992]. Für β = ∞ erhält man
die Cosinusverteilung eines kurzen Ofens.
Ein langer Kanal erhöht die Intensität in Vorwärtsrichtung relativ zur Gesamtrate und reduziert damit die erforderliche Vakuumpumpleistung:
IKanal (0)
L
∝
.
I(0)
d
(1.12)
Dieser Aspekt ist besonders wichtig bei Verwendung von seltenen Spezies (z.B. radioaktiven Isotopen): das verfügbare Material wird effektiver ins Experiment gestrahlt (und z.B. die
Kontamination der Vakuumkammer minimiert).
Problem: Die Pumpleistung durch lange Kanäle ist begrenzt und schlechtes Vakuum limitiert
die mittlere freie Weglänge Λ.
Hohe Direktionalität und hoher Fluss können durch den Einsatz einer Matrix von parallelen Kanälen erreicht werden. Dafür bieten sich sog. microchannel plates an, die auch als
Teilchendetektor eine wichtige Rolle spielen (siehe Kapitel 2).
1.2
Adiabatische Strahlexpansion durch eine Düse
Gas strömt unter hohem Druck aus einer Düse (mit Durchmesser d) aus mit der Bedingung
Λd.
(1.13)
Findet kein Wärmeaustausch mit der Umgebung statt, führt dies zu einer adiabatischen
Strahlexpansion hinter der Düse. Ungerichtete thermische Bewegung wird in gerichtete
Bewegung umgewandelt.
6
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Abb. 1.4:
Schema der Düsen(Nozzle)-Skimmer-Anordnung für die Erzeugung von
Überschall(Jet)-Atomstrahlen [Berg2003]. Typische Drucke: in der Ofenkammer mehrere bar,
in der 1. Vakuumkammer ≤ 10−3 mbar und in der 3. Vakuumkammer ≤ 10−6 mbar. Der Abstand zwischen dem Skimmer und der Düse ist von der Größenordnung 10 2 Düsendurchmesser
(1 bar= 105 Pa).
Die Enthalpie des Gases bleibt bei der Expansion unverändert:
U0 + p0 V0 + 1/2M u20 = U + pV + 1/2M u2
vor der Expansion: u0 = 0
nach der Expansion: p ≈ 0
→ U0 + p0 V0 = U + 1/2M u2
U = Utrans + Urot + Uvib : innere Energie
des Gases
pV : Kompressionsenergie
1/2M u2 : Strömungsenergie
Daraus folgt, dass mit zunehmender Geschwindigkeit u die innere Energie des Gases abnimmt. Neben der Translation kann auch die interne Rotationsenergie von Molekülen gekühlt
werden.
Abkühlung führt im Extremfall zur Kondensation im Strahl. Dieser Effekt ist bei Messungen
an Atomen unerwünscht und wird verhindert durch Verwendung eines seeded beam:
Abb. 1.5: Abkühlung des Strahls mit zunehmender Geschwindigkeit [Berg2003].
1.3. QUELLEN FÜR DISSOZIIERTE ATOME
7
Abb. 1.6: Beispiel für eine Hochfrequenzentladungsquelle zur Produktion von dissoziierten
Atomen [Toen1979, Scol1992]: 1, Dischargeröhre (Pyrex); 2, Resonator; 3, Moderator; 4, Halterohr; 5 und 7, Dichtungen; 6 und 8, Halteflanche.
• das zu messende Atom/Molekül wird verdünnt in einem He- (oder Ar) Strahl expandiert;
damit kann die Kondensation vermieden oder eingestellt werden.
Die Kondensation ist für die Clusterphysik sehr nützlich.
Aufgrund des hohen Drucks vor der Düse produziert die Expansion einen hohen Hintergrundgasdruck in der Vakuumkammer. Deshalb werden häufig gepulste Jets verwendet.
1.3
Quellen für dissoziierte Atome
Viele Gase liegen ursprünglich als Molekül vor, z.B. H 2 . Gerade atomarer Wasserstoff ist in der
Spektroskopie sehr bedeutend.
Dissoziation der Gasmoleküle in der Quelle:
• thermische Dissoziation: hohe Temperaturen im Ofen notwendig (Wasserstoff: > 2500 K).
• Gasentladung über Elektroden direkt im Quellgas: sehr empfindlich gegen Verunreinigung.
• Hochfrequenz-/Mikrowellenentladung: beste Methode, Hochfrequenz wird extern angelegt.
Herstellung metastabiler Atome: Hochfrequenzquellen können auch zur Produktion
metastabiler Atomstrahlen verwendet werden (z.B. He ∗ oder Ne∗ ). Metastabile Zustände eines
Atoms/Moleküls können sich nicht durch spontane Emission von Licht in den Grundzustand
8
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Abb. 1.7: Termschema des He-Atoms. Einige der erlaubten Übergänge sind eingezeichnet. Es
gibt zwei Termsysteme, zwischen denen strahlende Übergänge verboten sind, das Singulett- und
das Triplett-System. Die Übergänge im Singulett-System überspannen einen Energiebereich von
25 eV, die im Triplett-System nur 5 eV [Hake2003].
abregen, da der Zerfall Auswahlregeln für elektrische Dipolstrahlung verletzen würde (z.B.
∆L = 0 oder ∆S = 1 Übergänge). Prominente Beispiele sind Wasserstoff im 2s 1/2 Zustand
(siehe Versuch von Lamb und Retherford) und Orthohelium (siehe Abbildung 1.7). In
der Hochfrequenzentladung können Atome durch Stoßanregung in einen metastabilen Zustand
gehoben werden.
1.4
Umladung von Ionenstrahlen
Die kinetische Energie von thermisch erzeugten Atomen beträgt maximal nur einige zehntel
eV. Viele interessante Phänomene spielen sich bei höherer Energie ab.
Zwischen 1 und 20 eV:
• Chemie: Dissoziationsenergien chemischer Bindungen und Aktivierungsenergien
• Ionisationsschwellen
• Geschwindigkeit von Satelliten etc. in der oberen Atmosphäre
Bei noch höheren Energien:
• Atomare Stöße: Untersuchung der kurzreichweitigen, abstoßenden Komponente des Streupotentials
• Elektronische Anregungen, Ionisation, Anregung innerer Schalen
Plasmaphysik:
9
1.4. UMLADUNG VON IONENSTRAHLEN
E=1/2mv2
E
δE
Beschleunigung
um E=eU
δE
δv1
δv2
v
Abb. 1.8: Schematische Darstellung der Geschwindigkeitskomprimierung durch Beschleunigung.
• Zum Heizen des Plasmas werden energetische Teilchen eingeschossen. Bei magnetischem
Einschluss (‘confinement’) ist es vorteilhaft, neutrale Teilchen einzuschießen, die ionisiert
werden und erst dann dem Einschluss unterliegen (es wurden z.B. neutrale Strahlen mit
100 A bei bis zu 100 keV Energie realisiert).
Ionenstrahlen können sehr leicht beschleunigt werden. Schnelle, einfach geladene Ionen
werden dann in einer ‘charge exchange cell’ in einen neutralen Strahl umgeladen.
Die Intensität des Ionenstrahls folgt dem Langmuirsches Raumladungsgesetz :
√
j = c U 3/2 / M
j: Stromdichte
c: Quellenabhängige Proportionalitätskonstante
U : Abzugsspannung
M : Molekulargewicht
√
Empirisch: j = 2 × 109 × U 3/2 / M Teilchen pro cm2 und sec.
Clou der Umladungszelle: der Umladequerschnitt ist wesentlich größer (≈ 10 −14 −10−15 cm2 )
als der kinetische Stoßquerschnitt (≈ 10 −16 cm2 ). Deshalb findet Ladungsaustausch durch periphere Stöße statt, und die Strahlqualität wird kaum beeinflusst.
Kollineare Spektroskopie an schnellen neutralen Atomen: Dem Teilchenstrahl wird
ein Laserstrahl kollinear überlagert (Abb. 1.9).
Warum verzichtet man nicht auf Umladung und spektroskopiert Ionen? Die Valenzelektronen sind in Ionen stärker gebunden, und deshalb gibt es im Sichtbaren und nahen IR, wo
exzellente durchstimmbare Laser existieren, nur wenige geeignete Spektrallinien für Ionen.
10
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Abb. 1.9: Schematischer Aufbau einer kollinearen Laserspektroskopieapparatur mit Fluoreszenznachweis [Otte1989].
Kollineare Spektroskopie ist eine Sub-Dopplermethode:
E =
1
mv 2
2
dE
= mv
dv
δE = mv δv
δE
δv =
mv
Ein Teilchenensemble mit Energiebreite δE wird (z.B. elektrostatisch) auf Energie E
beschleunigt. Das Ensemble hat dann immer noch die Energieunschärfe δE (siehe Abb. 1.8).
Aber die Geschwindigkeitsunschärfe δv ist verringert.
Dopplereffekt (∆ν: Dopplerverschiebung, δν: Dopplerverbreiterung):
v
∆ν = γβν ≈ ν
c
ν
δν = δv
c
c 2
∆ν δν
δE = m
ν
= const
∆ν δν ist eine Konstante → je größer die Linienverschiebung, desto schmaler wird die Linie.
Falls ein ruhendes thermisches Gas der Temperatur T um eU beschleunigt wird, erhält man:
δνDoppler (v) =
Beispiel:
T = 2000 K
U = 60 kV
λ = 535 nm
r
kT
δνDoppler (0)
4eU
(1.14)
1.5. ERZEUGUNG VON ELEKTRONEN- UND POSITRONENSTRAHLEN
11
→ δνDoppler ≈ 1 MHz
In Realität werden Breiten von 10-50 MHz beobachtet (Schwankungen der Hochspannungsversorgung etc. bewirken eine Linienverbreiterung).
Anmerkung: Umladung ist auch geeignet für die Herstellung metastabiler Atome.
1.5
Erzeugung von Elektronen- und Positronenstrahlen
Elektronen: Elektronen erzeugt man typischerweise mit einer “Elektronenkanone”, im
Prinzip ähnlich der Fernsehröhre. Elektronen treten aus einer Glühkathode aus und werden
durch eine Abzugsspannung aus der Raumladungswolke vor der Kathodenoberfläche in einen
Strahl abgezogen, wie in Abb. 1.10 gezeigt. Anzumerken ist hierbei, dass ein optimal kollimierter
Elektronenstrahl mit der sog. Pierce-Anordnung erreicht wird, d.h. die Kathode ist nach außen
von einer nach vorne gekippten ringförmigen Elektrode umgeben. Die Elektronenstromdichte
Abb. 1.10: (a) Elektronenkanone und (b) der Einfluss der Pierce- Geometrie.
aus einer raumladungsbegrenzten Elektronenkanone ist limitiert und ist gegeben durch
Jmax (e− ) = 2.34
U 3/2
µAcm−2 ,
d2
(1.15)
wobei U das Beschleunigungspotential in Volt und d die Entfernung zwischen Kathode und
Anode in cm sind. Als Strom erhält man somit
r 2
a
U 3/2 µA .
(1.16)
Imax (e− ) = πra2 Jmax = 7.35
d
Beispiele:
12
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
• Bei 20 eV Strahlenergie kann man bei typischen Kathodengrößen einige 10 µA erwarten.
• Elektronenkühler am Schwerionenspeicherring TSR (MPIK Heidelberg): die Kathode hat
1 cm Durchmesser, Beschleunigungsspannungen um 5 kV werden verwendet, dabei erhält
man einige hundert mA. Der Strahl befördert einige kW Leistung und muss am Ende des
Kühlers abgebremst werden, bevor er auf eine Oberfläche aufkommt, sonst kann sich der
Strahl leicht durch die Vakuumkammer “hindurchschweißen”.
Weitere Methoden zur Erzeugung von Elektronenstrahlen sind Feldemission und Photokathoden (z.B. GaAs, hier kann man besonders bequem polarisierte und gepulste Strahlen herstellen).
Positronen: Positronen zu erzeugen ist etwas problematischer, da die Positronen in der Regel
mit hohen Energien erzeugt werden, z.B. durch β + -Zerfall einer 22 Na Quelle oder durch Paarbildung aus hochenergetischen Gammaquanten (Eγ > 1.022 MeV). Letztere können beispielsweise
an Beschleunigereinrichtungen aus der Bremsstrahlung eines Elektronenstrahls stammen, wie
in Abb. 1.11 (links) gezeigt, oder an einem Reaktor durch den Einfang thermischer Neutronen
Abb. 1.11: Positronenproduktion mit einem Elektronenlinearbeschleuniger und an einem Reaktor. Quellen: Webseiten der ETL-Facility, Japan und der ”NEutron induced POsitron source
at MUniCh (Nepomuk)” an der TU München.
gebildet werden. Die Reaktion 113 Cd(n,γ)114 Cd bietet dabei aufgrund ihres großen Wirkungsquerschnittes von σn = 26.000 barn besonders hohe Flussraten. Abb. 1.11 (rechts) zeigt das
Erzeugungsprinzip in diesem Fall: Die prompte Gammastrahlung aus der (n,γ) Reaktion wird
in einem Platinkonverter zur Elektronen-Positronen-Paarbildung genutzt. Deren Effizienz ist
annähernd proportional zu Z 2 und deshalb werden schwere Metalle mit hohem Z bevorzugt
eingesetzt.
In der Atomphysik benötigt man in der Regel niederenergetische, viel langsamere Positronen.
Diese werden durch Positronenmoderation erzeugt. Das Prinzip der Moderation ist in Abbildung 1.12 gezeigt. Es beruht auf der etwas erstaunlichen Tatsache, dass ein Positron in einem
Kristall wesentlich schneller durch Stöße thermalisiert wird als es einen Annihilationspartner
finden kann. Wenn dann das Kristallmaterial, so wie im Falle von Wolfram und einigen anderen
Metalen, noch eine negative Austrittsarbeit für Positronen hat, d.h. das Material Positronen
1.5. ERZEUGUNG VON ELEKTRONEN- UND POSITRONENSTRAHLEN
13
nahe der Oberfläche quasi “ausspuckt”, kommt das thermalisierte Positron wieder ins Vakuum
ehe es annihiliert. An Beschleunigern wie der ETL-Anlage in Japan oder auch Reaktoren (z.B.
in Garching) kann man bald mit 108 langsamen Positronen pro Sekunde rechnen. Eine Quelle
Abb. 1.12: Positronenmoderation in einer Wolframfolie. Quelle: Webseite der Positronengruppe
an der Univ. Halle.
wie sie am Forschungsreaktor FRM-II in München eingesetzt wird ist in Abb. 1.11 (rechts)
gezeigt. Im Aussenbereich befindet sich die Cadmiumschicht zur Erzeugung der γ-Quanten, mit
14
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
denen dann in den innenliegenden Platinkonvertern Positronen erzeugt werden. Die Moderation der Positronen erfolgt ebenfalls in Platin bevor die niederenergetischen e + dann mit Hilfe
elektrostatischer Linsen und eines Magnetfeldes extrahiert werden.
1.6
1.6.1
Ionenstrahlquellen
Elektronenstoßionisation
Ionisation von Neutralteilchen durch Kollision bzw. inelastische Stöße mit Elektronen in einem
Gas ist der fundamentalste Ionisationsmechanismus. Diese Methode, die in Abb. 1.13 schematisch dargestellt ist, wird als Elektronenstoßionisation bezeichnet [Maer1985]. Bei diesem Ionisationsprozess wird ein freies Elektron im Gas durch ein angelegtes elektrisches Feld auf eine
Energie beschleunigt die ausreichend ist, um bei einer Kolission mit dem Neutralteilchen eine
Ionisation hervorzurufen. Die Reaktion lautet: e − + A → 2e− + I. Eine bestimmte Elektronenmindestenergie wird für die Ionisation benötigt, d.h. die Elektronenenergie muss hoch genug
sein, um das äußerste gebundene Elektron vom Neutralatom zu entfernen (E e > eφi ). Dies ist
das sogenannte erste Ionisationspotential bzw. die Ionisierungsenergie φ i .
Abb. 1.13: Prinzip der Elektronenstoßionisation. Gezeigt ist die Elektronenstoßionenquelle mit
Filament, Repeller und Linsensystem.
In Abb. 1.14 ist die Ionisierungsenergie der Elemente als Funktion ihrer Ordnungszahl aufgetragen. Bei der Ionisierungsenergie handelt es sich um die zur Herauslösung des am leichtesten gebundenen Elektrons aus einem neutralen Atom notwendigen Energie. Die auffallenden Ähnlichkeiten in den chemischen und physikalischen Eigenschaften der Elemente in jeder
senkrechten Spalte des Periondensystems sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Aufbau
der Atome einer Systematik folgt.
15
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
Abb. 1.14: Eine Kurve der Ionisierungsenergien der chemischen Elemente als Funktion ihrer
Ordnungszahl. Deutlich erkennbar ist die regelmäßige Wiederholung gewisser Eigenschaften
über die sechs vollständigen Perioden des Periodensystems. Die Anzahl der Elemente in jeder
dieser Perioden ist ebenfalls angegeben [Hall2003].
Die Ionisationswahrscheinlichkeit ist abhängig von der Elektronenenergie: für Energien unterhalb eφi ist sie Null, für Energien drei- bis viermal eφ i ist sie maximal und oberhalb nimmt
sie wieder ab. Dieses Verhalten ist in Abb. 1.15(a) dargestellt.
(a)
(b)
Abb. 1.15: (a) Verhalten des Ionisationswirkungsquerschnitts als Funktion der Elektronenstoßenergie für H1 , H2 , He, Ne, N2 und Ar. (b) Variation des Ionisationswirkungsquerschnitts von
Argon, Xenon und Neon Atomen als Funktion der Elektronenstoßenergie nahe der Ionisationsschwelle [Vály1977].
16
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Nahe der Ionisationsschwelle kann der Ionisationsquerschnitt abgeschätzt werden über:
σi = C(Ee − E0i )n
(1.17)
wobei C eine Konstante ist. Für die Ionisation von Atomen gilt n = 1.1269 und für die Ionisation von Ionen beträgt n = 1.056 (bei unterschiedlicher Konstante C). Abb. 1.15(b) zeigt
die Änderung des Ionisationswirkungsquerschnitts für ausgewählte Edelgase bei Elektronenstoßionisation nahe der Ionisationsgrenze. Der Wirkungsquerschnitt ist dabei in Einheiten von a 0 ,
d.h. dem Bohr’schen Radius mit a0 = ~/(e2 m) = 0.529 Å und 1Å= 10−10 m angegeben.
Im klassischen Ansatz kann der inelastische Stoß, der zur Ionisation, führt als Zweiteilchenstoß betrachtet werden, bei dem nur die beiden beteiligten Elektronen (Stoßelektron und Atomelektron) berücksichtigt werden. Wird das Atomelektron als in Ruhe während des Stoßes
angenommen, so ist der Energieübertrag E vom freien Stoßelektron auf das gebundene Elektron
gegeben durch [Land1938]:
E=
4m1 m2
(m1 + m2 )2
1+
E e2
ρ2 ve42
e1 e2
m1 m2
m1 +m2
2
(1.18)
wobei m1 , m2 ; e1 , e2 ; v1 , v2 ; Ee1 , Ee2 die Massen, Ladungen, Geschwindigkeiten und Energien
des freien und gebundenen Elektrons bezeichnen. Für Elektron-Elektron-Stöße hat man e 1 =
e2 = e und m1 = m2 = m und es resultiert die Thomson-Gleichung der Form
E=
E e2
1+
ρ2 2
E
e4 e2
.
(1.19)
Der Kollisions- bzw. Streuparameter ρ ist gegeben durch
"
2 #
4
E
e4
E
E
e
2
=
−
f
.
ρ =
(E i )2 Ee2
E e2
(E i )2
E e2
(1.20)
Hier bezeichnet E i die Ionisationsenergie. Unter der Annahme, dass jeder Energietransfer E >
E i zu einer Ionisation führt, kann der Ionisations-Stoßwirkungsquerschnitt σ i als Funktion der
Anzahl N der Elektronen in der äußeren Schale angegeben werden mit
e4
σi = N πρ = N π i 2 f
(E )
2
E
E e2
.
(1.21)
Gleichung (1.21) beschreibt qualitativ sehr gut die Energieabhängigkeit des Ionisationswirkungsquerschnitts, sagt aber einen falschen Wert (im Vergleich zum Experiment) für das Maximum
voraus. Abbildung 1.16 zeigt den Vergleich zwischen experimentell gewonnener Wirkungsquerschnittskurve und verschiedenen theoretischen Modellen, u.a. dem hier vorgestellten klassischen
Näherungsmodell nach Thomson [Thom1912].
Die o.a. klassische Beschreibung kann noch verfeinert werden indem die Bewegung des im
Atom gebundenen Elektrons mitberücksichtigt wird [Gryz1959]. Die theoretische Vorhersage
über die Lage des Maximums für den Ionisationswirkungsquerschnitt als Funktion der Elektronenenergie stimmt dabei schon recht gut mit dem experimentellen Wert überein (siehe Abb.
1.16). Es fällt jedoch auf, dass die Abweichungen zwischen Theorie und Experiment bei hohen
Stoßenergien sehr stark sind. Dies liegt daran, dass die Wechselwirkung während der Kollision
zwischen dem Elektron und dem verbleibenden Atom in den Modellen nicht mit berücksichtigt
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
17
Abb. 1.16: Vergleich der Ionisationswirkungsquerschnitte zwischen Experiment und verschiedenen theoretischen Modellen [Vály1977].
wird. Eine bessere Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment kann nur erreicht werden, wenn eine vollständig quantenmechanische Rechnung durchgeführt wird (siehe z.B. quantenmechanische Näherung durch Bethe [Beth1930]). An dieser Stelle soll jedoch auf eine tiefergehende Beschreibung verzichtet werden.
Neben der einfachen Ionisation durch Elektronenstoß können auch höher geladene bzw.
hochgeladene Ionen produziert werden, sofern die Elektronenstoßenergie ausreichend ist, um
die weiteren Elektronen aus der Atomhülle zu entfernen. Allerdings werden dazu immer höhere
Energien benötigt, da das Ionisationspotential mit der Anzahl der aus der Atomhülle entfernten Elektronen ansteigt. Abbildung 1.17 zeigt berechnete Ionisationspotentiale [Carl1970] als
Funktion des Ladungszustandes.
Eine kommerzielle Cross-Beam-Elektronenstoßionenquelle mit Linsensystem und zwei
Wolfram-Filamenten ist in Abb. 1.18 zu sehen. Sie wird gemeinsam mit einem QuadrupolMassenspektrometer der Firma ABB Extrel vertrieben. Die von der Wolframkathode emittierten
Elektronen werden je nach Einstellung mit 3-200 V Spannung in den Ionisationsraum beschleunigt, so dass das Gas in der Wechselwirkungsregion abhängig von der Elektronenenergie
teilweise stoßionisiert wird. Die entstandenen Ionen werden über die Extraktionselektrode
abgezogen und durch die Ionenlinsen in den Quadrupol-Massenfilter fokussiert.
1.6.2
Oberflächenionisation
Atome können bei Kontakt mit einer heißen Metalloberfläche ionisiert werden. Dies bezeichnet
man als Kontaktionisation oder Oberflächenionisation.
Oberflächenionisation kann ein sehr effiziente Weg sein, um Elemente mit niedrigem Ionisationspotential, wie z.B. Alkalis (≤ 5 eV) zu ionisieren. Das gilt auch für Elemente mit hoher
Elektronenaffinität zur Bildung von negativen Ionen, wie beispielsweise die Halogene (≥ 1.8 eV).
Oberflächenionenquellen für positive Ionenerzeugung bestehen aus einem HochtemperaturIonisator welcher aus einem Material mit hoher Austrittsarbeit, wie z.B. Wolfram, Rhenium,
Iridium oder Zeolite, hergestellt ist. Zur Generierung von negativen Ionen verwendet man Materialien mit niedriger Austrittsarbeit, so z.B. Wolfram beschichtet mit einer Monolage Cäsium
18
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Abb. 1.17: Berechnete Ionisationspotential für alle Ladungszustände aller Elemente [Wolf1995].
Die Zahlenwerte sind entnommen aus [Carl1970].
oder Platin beschichtet mit Kohlenstoff.
Solange die Verweildauer der Teilchen auf der Oberfläche lange genug ist, um mit der heißen
Oberfläche in ein thermisches Gleichgewicht zu kommen (typischerweise 10 −5 bis 10−3 s), so
ist die Ionisationswahrscheinlichkeit durch eine Form der Langmuir-Saha Gleichung [Lang1925]
Wechselwirkungsregion
5.34 cm
WolframFilament
Ionisationsraum
Extraktionslinse
Linse 3
Linse 2
Linse 1
6.06 cm
Abb. 1.18: Die Cross-Beam Elektronenstoßionenquelle.
19
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
gegeben:
ni
=
Pi =
n0 + n i
g0
1 + ee(φi −φs )/kT
gi
−1
.
(1.22)
Hier bezeichnen ni und n0 die Anzahl an Ionen oder Atomen die von der Oberfläche verdampft
werden, gi und g0 die statistischen Gewichte der Ion- und Atomzustände (für Alkalimetalle gilt
gi /g0 = 1/2), φi ist das Ionisationspotential des Atoms, φ s die Austrittsarbeit des Metalls und T
die Temperatur der heißen Metalloberfläche. Der Bruchteil an Ionisation, der für die meisten φ i −
φs Kombinationen erzeugt werden kann ist, in der Regel sehr gering. Aber für die Alkalimetalle
und Erdalkalis (Li, Na, K, Rb, Cs, Ca, Sr, Ba, usw.) mit sehr niedriger Austrittsarbeit erreicht
man auf heißen refraktiven Metallplatten (Ta, W, Re, Ir, Pt, usw.) mittels Oberflächenionisation
hohe bis sehr hohe Ionisationswahrscheinlichkeiten. Einige Beispiele: P i (K auf Pt bei 1500 K)=
1.0, Pi (Cs auf W bei 1500 K)= 0.99 und Pi (Ba auf Re bei 2200 K)= 0.12. Abbildung 1.19 zeigt
an weiteren Beispielen die Ionisationseffizienz von verschiedenen Elementen auf einer Oberfläche
mit Austrittsarbeit φs = 5.25. Beträgt die Differenz φs − φi ≥ 0.5, so ist die Ionisationseffizienz
größer 90% und für φs = φi beträgt die Effizienz 33% beim gewählten Beispiel. Abhängig von
den statistischen Gewichten g, die durch 2J + 1 gegeben sind - wobei J der Gesamtdrehimpuls
des Ions bzw. Atoms ist - kann die Ionisationseffizienz auch deutlich geringer sein.
Abb. 1.19: Die Ionisationseffizienz als Funktion des Ionisationspotentials für eine Oberfläche mit
Austrittsarbeit φs = 5.25.
Für die Erzeugung von negativen Ionen gilt eine ähnliche Formel wie (1.22), jedoch mit der
Differenz zwischen Austrittsarbeit der Elektronen aus der Oberfläche φ s und der Elektronenaffinität des Atoms oder Moleküls A e im Exponenten (φs − Ae ) [Alto1986].
In Tabelle 1.1 sind Werte von Austrittsarbeiten für verschiedene Materialien sowie Ionisationspotentiale und Elektronenaffinitäten für verschiedene Elemente und Moleküle aufgelistet
die geeignet sind zur Oberflächenionisation [Wolf1995].
Obwohl die Ionisationseffizienz mit steigender Temperatur abnimmt, muss der Ionisator
doch heiß genug sein, um das entsprechende Element zu verdampfen. Zudem muss die Diffusion oder die Oberflächenbedeckung niedrig genug sein (≤ 10% einer Monolage), um die
20
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Tabelle 1.1: Austrittsarbeit φs , Ionisationspotential φi und Elektronenaffinität Ae für verschiedene Materialien oder Elemente [Smit1967,
McDa1972, Alto1986, Alto1993].
Material
φs (eV)
φi (eV)
Ni
Mo
Ta
W
W+O
Ir
Pt
Re
Li
Na
Al
K
Ca
Ga
Rb
Sr
In
Cs
Ba
La
Rear earth metals
Th
4.61
4.15
4.12
4.54
6
5.40
5.32
4.85
2.46
2.28
4.2
2.25
3.2
4.16
2.13
2.74
–
1.81
2.11
3.3
∼ 3.5
3.38
Ba auf W
Cs auf W
Th auf W
1.56
1.36
2.63
7.6
7.2
7.8
8.0
–
9.0
9.0
7.9
5.4
5.1
6.0
4.3
6.1
6.0
4.2
5.7
5.8
3.9
5.2
5.6
5.6-6.9
∼4
BaO
SrO
BaO + SrO
Cs-Oxide
1.5
2.0
0.95
0.75
LaB6
ThO2
TaC
ZrO2
MgO
BeO
Al2 O3
SiO2
CuO
W-Oxide
Ni-Oxide
Pt-Oxide
2.70
2.54
3.14
4.2
4.4
4.7
4.7
5.0
5.34
6.24
6.34
6.55
Ae (eV)
1.1
1.3
0.6
0.6
–
1.9
2.5
0.2
0.6
0.55
0.45
0.5
-1.5
0.3
0.49
-1
0.3
0.4
-0.5
0.5
0.5-0.5
–
2.8
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
21
Ionisationsbedingungen (φs ) des Ionisationsmaterials zu erhalten. Daher ist die Kontrolle der
Oberflächenbedeckung die Hauptaufgabe bei der Entwicklung von Oberflächenionenquellen. Die
Lebensdauer der Ionenquellen kann bei kontinuierlichem Betrieb mehr als 2000 h betragen, wobei
dies natürlich sehr stark vom Ionenquellenaufbau und dem Reservoir für die zu ionisierenden Atome abhängt. Zwei Beispiele von Oberflächenionenquellen sind in Abb. 1.20 gezeigt.
Oberflächenionenquellen haben den Vorteil, dass sie über einen langen Zeitraum hinweg von
bis zu mehreren tausend Stunden stabile Ionenstrahlbedingungen liefern. Zudem sind sie ideal
geeignet für schwierige Elemente wie z.B. Halogene und Alkalis und zeichnen sich durch eine sehr
gute Elementselektivität aus. Nachteile dieser Ionisationsmethode sind die hohe Wärmeabgabe
an die Umgebung und der nur bedingte Einsatz für Elemente mit niedriger Austrittsarbeit und
niedrigem Ionisationspotential bzw. hoher Elektronenaffinität.
Abb. 1.20:
(rechts).
Oberflächenionenquellen nach Daley [Dale1971] (links) und Souzis [Souz1990]
Eine Thermoionisations-Ionenquelle basiert auf dem gleichen Prinzip wie eine
Oberflächenionenquelle, allerdings wird sie in Verbindung mit einer heißen Zelle als Ionisator eingesetzt. Dadurch kann die Ionisationseffizienz erhöht werden, denn die Teilchen sind in
der Kavität eingefangen und machen zuerst zahlreiche Stöße mit den Wänden ehe sie die Quelle
verlassen. Elemente mit Ionisationspotentialen bis zu 8 eV können in diesen Ionenquellen
ionisiert werden wobei Temperaturen bis zu 2700 K vorliegen [Kirc1990].
1.6.3
Resonante Laserionisation
Vorteil:
• Atom wird im Vakuum ionisiert, keine komplizierten Oberflächeneffekte.
• Beim Einsatz von gepulsten Lasern kann durch Flugzeitmessung (‘time-of-flight’)
massenselektiert werden.
• Mehrstufige (resonante) Laserionisation ist extrem elementspezifisch und in vielen Fällen
isotopenspezifisch (Isotopentrennung mit Lasern).
Anmerkung: Einstufige (nichtresonante) Ionisation erfordert für die meisten Elemente Laser
im Vakuum-UV.
22
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Resonante Laserionisation ist vermutlich die empfindlichste Methode, um aus einem
makroskopischen Ensemble extrem seltene Elemente/Isotope nachzuweisen (Spurenelementanalyse, Kernwaffentests etc.). Ein Beispiel zeigt Abb. 1.21 [Herr1994].
1.6.4
Feldionisation
Im (z.B. homogenen) elektrischen Feld sieht das Elektron ein modifiziertes Potential, gezeigt
in Abb. 1.23. Es bildet sich ein Sattelpunkt. Elektronen oberhalb der Sattelpunktsenergie
ESP können dem Atom durch Feldionisation entkommen. Klassisch betrachtet ergibt sich eine
Sattelpunktsenergie und eine zugehörige Sattelpunktshauptquantenzahl (wasserstoffähnliches
Atom)
s
4e3 E Z
4π0
s
3 EZ
2( e4π
)1/2
0
ESP = −
nSP = Z
Ry
(1.23)
,
(1.24)
wobei Ry= 13.6 eV und E die elektrische Feldstärke sind. Z ist die effektive Rumpfladung.
In diesem simplen Modell sind z.B. die Verschiebungen der atomaren Zustände durch den
Starkeffekt in keiner Weise berücksichtigt. Insbesondere beim Wasserstoff (l-Entartung, linear
Starkeffekt) ist dieses Modell qualitativ.
Bei im Labor zugänglichen elektrischen Feldern findet Feldionisation nur bei relativ großen
Hauptquantenzahlen n statt. Beispiel: Z eff = 1, E = 1000V/cm → nSP = 24. Daher ist
Feldionisation relevant für sog. Rydbergatome, d.h. Atome mit einem Valenzelektron weit
außerhalb des Atomrumpfes.
Rydbergatome haben außergewöhnliche Eigenschaften, wie Abb. 1.24 zeigt.
Extrembeispiel: Bariumatome in n = 500. Der Radius der Elektronenbahn beträgt dann 25
µm und die spontane Lebensdauer 1 sec [Neuk1987].
Semiklassische Formel für die spontane Lebensdauer von angeregten Zuständen in wasserstoffartigen Systemen nach Marxer und Spruch (Phys. Rev. A43, 1268 (1991)):
τ (n, l) ≈ τ0 n3
l(l + 1)
, τ0 ≈ 93.42 psec
Z4
(1.25)
Atome können, meistens durch Mehrphotonenanregung, in Rydbergzustände gehoben werden und dann mit moderaten Feldern feldionisiert werden.
Zur Sättigung des ersten Anregungsschritts ist in der Regel nur wenig Intensität notwendig
(I1 ≈ 10 mW/cm2 ). Der zweite Schritt erfordert mehr, je nach zu erreichendem n typisch 1-100
W/cm2 .
Feldionisation ist sehr zustandsselektiv: der Übergangsbereich zwischen Ionisation und
Nichtionisation ist nur wenige 10−7 eV und damit meistens schmaler als der Abstand von n
nach n + 1.
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
23
Abb. 1.21: (oben) Drei Anregungsleitern für die Resonanzionisation von Plutonium über autoionisierende Zustände (gestrichelt). Leiter (c) ergibt die größten Anregungsquerschnitte und
wird deshalb benutzt. (unten) Apparatur zur hochempfindlichen Bestimmung von Plutonium
und anderen Aktinidenelementen. Ein Atomstrahl wird durch das Licht dreier Farbstofflaser,
gepumpt von zwei Kupferdampflasern, resonant angeregt und ionisiert. Die Ionen werden mit
einem Reflektron-Flugzeitspektrometer massenselektiv nachgewiesen.
24
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Abb. 1.22: Vergleich der Resonanzionisations-Massenspektrometrie (RIMS) mit der α-TeilchenSpektroskopie beim Nachweis von 10 9 Atomen 139 Pu: (a) RIMS-Flugzeitspektrum nach 1,5 h
Messzeit und (b) α-Energiespektrum nach 23,5 h Messzeit.
E
E
r
r
ESP
2
V = -Ze /4πε0r
V = -Ze2/4πε0r + eE r
Abb. 1.23: Feldionisation durch Modifikation des Potentials im externen elektrischen Feld, stark
überhöht gezeichnet.
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
25
Abb. 1.24: Charakteristische Größen von Rydbergatomen [Demt2000].
Abb. 1.25: Feldionisation atomarer Rydberg-Zustände: (a) Ionisationsrate des 31s-Zustands
von Natrium. (b) Schwellwertfeldstärke E c als Funktion der effektiven Hauptquantenzahl n ∗ für
Na(n∗ S)-Zustände. [Demt2000].
26
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
1.6.5
Ionenquellen für höhere Ladungszustände
Die EZR-Quelle: Um Ionen in höheren Ladungszuständen zu produzieren, bedient man sich
z.B. der Elektron-Zyklotronresonanzquelle EZR, die in Abb. 1.26 gezeigt ist. Hier wird mit
geeigneten Magneten (teilweise mit reinen Permanentmagneten) ein Magnetfeldminimum in der
Mitte der Kammer erzeugt. Die Idee ist, dass die Elektronen das Kammerzentrum nicht verlassen
können, da der Richtung Wand herrschende magnetische Feldgradient zu einer magnetischen
Spiegelung der Elektronen führt (siehe z.B. Jackson, Kap. 12.6). Weiterhin werden Mikrowellen
auf der Zyklotronresonanzfrequenz der Elektronen eingestrahlt; die damit beschleunigten Elektronen ionisieren die Ionen, die dann extrahiert werden könne, da sie durch ihre hohe Masse nicht
dem magnetischen Einschluss unterliegen. Die AECR-Quelle am 88” Zyklotron in Berkeley kann
z.B. 11 mA U38+ liefern!
Abb. 1.26: Elektron-Zyklotronresonanzquelle. Quelle: Salzborn-Gruppe, Univ. Giessen.
1.6.6
Produktion hochgeladener, schwerer Ionen
Für die Produktion von höchstgeladenen Schwerionen, wie z.B. U 91+ , mit hoher Intensität gibt es
weltweit nur zwei Anlagen, die sich aber konzeptionell stark voneinander unterscheiden. Dies ist
die mit einem Elektronenstrahl betriebende Falle für hochgeladene Ionen Super-Electron-BeamIon-Trap (Super-EBIT) in Livermore und der Experimentier-Speicher-Ring (ESR) in Kombination mit dem Schwerionensynchrotron (SIS) der GSI in Darmstadt. Die folgenden Erläuterungen
der beiden Produktionsmechanismen sind entnommen aus [Stöh1998].
Produktion mit einer Beschleunigeranlage Atome können in Stößen mit Photonen, Elektronen und Ionen ionisiert werden. Um selbst die Innerschalenelektronen in den schwersten
Ionen zu entfernen, sind sehr hohe Energie- und Impulsüberträge erforderlich, die gegenwärtig
nur durch intensive, hochenergetische Elektronenstrahlen und durch Beschuss mit Ionen aufgebracht werden können. Für die Ionisation durch Teilchenbeschuss kann gezeigt werden, dass
bei einer Stoßgeschwindigkeit v ≈ v K bzw. einer Stroßenergie Ekin ≈ EK der Wirkungsquerschnitt annähernd sein Maximum erreicht und für v v K Elektronen- und Protonenstoßquerschnitte sich - in einer ersten Näherung - gleich verhalten. v K bezeichnet hierbei
die mittlere Geschwindigkeit des aktiven K-Schalenelektrons. Schätzt man die Bindungsenergie des 1s-Elektrons in wasserstoffähnlichem Uran ab, so ergibt sich aus der Balmerformel
EK ≈ Z 2 /n2 · 13.6 eV ≈ 115 keV, relativistische Effekte führen zu einer stärkeren Bindung von
27
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
etwa 132 keV.Für den Beschuss mit Ionen der Kenladungszahl Z erreicht man einen im Vergleich
zum Protonenbeschuss einen um Z 2 höheren Ionisationsquerschnitt und die Produktion hochgeladener Schwerionen ist entsprechend effizient. An Beschleunigeranlagen wird genau dieses
Prinzip ausgenutzt, wobei jedoch die Rolle des Targets mit dem des Projektils vertauscht wird,
d.h. hier werden niedrig geladene Schwerionen (Projektile) auf eine Stripper -folie geschossen und
beim Durchgang durch diese Folie werden in Stößen mit den Targetatomen (Kernladung Z T ;
T für Target) die hochgeladenen Projektile erzeugt. Tatsächlich ist zur effizienten Produktion
nackter Uranionen eine Projektilenergie E P von mindestens EP = M/m · Ekin = 300 MeV/u erforderlich (M/m = 1823 ist das Verhältnis der atomaren Masseneinheit zur Elektronenmasse).
Die hierdurch entstehenden Ladungsverteilungen lassen sich mittlerweile sehr gut für unterschiedliche Folienmaterialien und Dicken als Funktion der Stoßenergie vorhersagen. In Abb.
1.27 ist die Ladungsverteilung dargestellt, wie sie bei einer Projektilenergie von ca. 360 MeV/u
erzeugt werden.
50
50
SIS
A n te il [% ]
Super-EBIT
40
40
30
30
20
20
10
10
0
0
92 91 90 89 88 87 86
92 91 90 89 88 87 86
Ladungszustand Q
Abb. 1.27: Ladungsverteilung hochgeladener Uranionen, gemessen (a) an einer Super-EBIT mit
einem Elektronenstrom von 200 mA und einer Energie von 198 keV und (b) hinter dem SIS
nach dem Durchgang durch eine Cu-Folie bei einer äquivalenten Stoßenergie von 360 MeV/u
[Stöh1998].
Produktion mit einer EBIT Bereits vor über 40 Jahren konnte erstmals erfolgreich demonstriert werden, dass sich hochgeladene Ionen durch aufeinander folgende Stöße mit hochenergetischen Elektronen erzeugen lassen [Plum1957]. Zehn Jahre später erfolgte der eigentliche Durchbruch durch die von Donets entwickelte erste elektronenstrahlbetriebene Quelle für hochgeladene
Ionen, der EBIS (Electron Beam Ion Source) [Done1989]. Aufbauend auf dem EBIS-Konzept
wurde in Livermore eine elektronenstrahlbetriebene Quelle für hochgeladene Ionen entwickelt, in
der zum einen hohe Ladungszustände erzeugt werden können und zum anderen Experimente mit
den stationären Ionen möglich sind [Marr1988, Levi1989, Marr1994a]. Mittlerweile sind weltweit
mehrere EBIT-Fallen (Electron Beam Ion Trap) in Betrieb, in denen üblicherweise mittelschwere
hochgeladene Elemente untersucht werden. Die einzige EBIT, in der selbst nacktes Uran erzeugt
werden kann, ist die Super-EBIT in Livermore [Marr1994b].
28
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Eine schematische Darstellung der Super-EBIT ist in Abb. 1.28 gegeben, die eigentliche
Fallengeometrie kann aus Abb. 1.29 entnommen werden.
1
2
3
4
5
6
7
Abb. 1.28: Schematische Darstellung der Super-EBIT in Livermore [Marr1994a]. Dargestellt
sind: (1) Kollektor, (2) Suppressor, zur Unterdrückung von Sekundärelektronen, (3) Transportmagnete, (4) EBIT Kollektor, (5) Bahn-Korrekturspulen, (6) Driftröhren, (7) Elektronenkanone. Die Elektronenkanone und der Kollektor befinden sich auf einem negativen Potential
von −170 kV. Der Elektronenstrahl durchläuft die Driftröhren, die die Falle einschließen und an
denen ein zusätzliches Potential von bis zu 40 kV angelegt werden kann.
Ein monoenergetischer Elektronenstrahl mit einer maximalen Energie von 200 keV und einer
maximalen Stromstärke I von I = 200 mA durchläuft drei Driftröhren, wobei sich die eigentliche
Falle in der mittleren Driftröhre befindet. Am Anfang eines Messzyklus werden einfach und
zweifach geladene Ionen aus einer Ionenquelle in die Falle eingeschossen. Zudem besteht auch
die Möglichkeit, neutrale Gasatome (z.B. Xenon) direkt in die Falle einzulassen, in der sie durch
Stöße mit den Elektronen ionisiert werden.
In der Falle werden die Ionen in radialer Richtung durch das negative Raumladungspoten-
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
29
Abb. 1.29: Driftröhrengeometrie und Potentialverlauf an der Super-EBIT [Marr1994a].
tial des Elektronenstrahls gefangen (ca. 10 V). Zwischen der mittleren und den beiden äußeren
Driftröhren wird zudem eine Potentialdifferenz zwischen 10 und 100 V angelegt, so dass die Ionen auch in axialer Richtung in der Falle gehalten werden. Außerdem befinden sich die Falle
und die Driftröhren in einem drei Tesla starken Magnetfeld, das von zwei supraleitenden Spulen
erzeugt wird und den Elektronenstrahl auf die extrem hohe Dichte von 5000 A/cm 2 komprimiert.
Dies entspricht einem Strahlradius von 35 µm. Diese Dichte ist erforderlich, damit durch sehr
häufige, aufeinander folgende Stöße hohe Ionisationswahrscheinlichkeiten erreicht werden. Die
Ausdehnung der Falle beträgt in axialer Richtung 2 cm und in radialer Richtung ca. 1 mm.
Die Betriebsparameter der Super-EBIT, die zur Produktion nackter Uranionen verwendet
wurden, sind zusammenfassend in Tab. 1.2 wiedergegeben. Eine typische Ladungsverteilung
kann Abb. 1.27 entnommen werden. Man erkennt, dass am Beschleuniger die Ausbeute an
nackten Uranionen wesentlich größer ist, jedoch können einige nackte Ionen - insbesondere aber
Ionen mit offener L-Schale - in der EBIT produziert werden.
Das dargestellte Prinzip ist aber noch nicht ausreichend, um den Betrieb der Falle zu
gewährleisten. Der Beschuss der Ionen mit dem sehr intensiven und hochenergetischen Elektronenstrahl führt zu einer starken Aufheizung der Ionen, die folgender Abhängigkeit unterliegt
[Marr1994a]:
dEIon
j ·m
∝
· Q2Ion ,
(1.26)
dt
EKin · M
mit j der Stromdichte, EKin der kinetischen Energie der Elektronen, m/M das Masseverhältnis
von Elektron zu Ion und QIon der Ladungszustand der Ionen. Unter den obigen Bedingungen (Strahlenergie ≈ 200 keV und Stromstärke ≈ 200 mA) würden die U 89+ Ionen, die im Gle-
30
KAPITEL 1. ATOM-, MOLEKULAR- UND IONENSTRAHLQUELLEN
Tabelle 1.2: Betriebsparameter der Super-EBIT, die zur Produktion
nackter Uranionen verwendet wurden [Marr1996].
Strahlradius
35 µm
Strom
200 mA
Stromdichte
5000 A/cm2 (ρe ≈ 1013 )
Spannung
198 keV (100 eV FWHM)
Anzahl der Ionen
≈ 5 · 104
Ionen Temperatur
≈ 2 · Q eV
Radiales Potential
≈ 8V
Axiales Potential
10–100 V
Magnetfeld
3T
Fallenlänge
2 cm
Anfangsladungszustand
0 + , 1+ , 2+
ichgewicht am häufigsten in der Falle vorkommen, einen Energieübertrag von 6 keV pro Sekunde
erfahren. Ohne zusätzlichen Kühlmechanismus wird somit den hochgeladenen Ionen ausreichend
kinetische Energie zugeführt, um das Fallenpotential zu überwinden.
Zum Kühlen der Ionen in der Falle wird die evaporative Kühltechnik angewendet (Verdampfungskühlung) [Levi1988], wozu ein Strahl neutraler Neonatome in die Falle eingelassen
wird. Hierbei werden ca. 0.2 Prozent der Neonatome ionisiert und in die Falle eingeleitet. Die
Neonatome werden im wesentlichen durch Coulombstöße mit den schwereren Ionen aufgeheizt,
während das Aufheizen der Neonatome durch Stöße mit den Elektronen nahezu vernachlässigt
ist (das Prinzip der Verdampfungskühlung an der EBIT ist in Abb. 1.30 illustriert). Durch Computersimulationen lässt sich zeigen, dass die Uranionen auf diese Weise auf eine Temperatur von
etwa 80 eV abgekühlt werden können [Pene1991].
31
1.6. IONENSTRAHLQUELLEN
Obere Driftröhre
Mittlere Untere Driftröhre
Driftröhre
Abb. 1.30: Das Prinzip der Verdampfungskühlung an der EBIT. Schwere hochgeladene Ionen
werden durch das Potential QV und niedrig geladene leichte Ionen durch qV in der Falle gehalten.
Die Temperatur aller Ionen gleicht sich durch Ion-Ion Stöße aus. Vorzugsweise entkommen nur
die niedrig geladenen Ionen.
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