professoren tagung 2009

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PROFESSOREN
TAGUNG 2009
10. + 11.
Juli in
Konstanz
EINE KOOPERATIONSVERANSTALTUNG MIT DER HOCHSCHULE KONSTANZ TECHNIK, WIRTSCHAFT UND GESTALTUNG
PROFESSOREN-TAGUNG 2009
10. + 11. Juli 2009 in Konstanz
Tagungsort:
HTWG Konstanz
Fachbereich Architektur & Kommunikationsdesign
Brauneggerstrasse 55, Konstanz
EINE KOOPERATIONSVERANSTALTUNG MIT DER HOCHSCHULE KONSTANZ TECHNIK, WIRTSCHAFT UND GESTALTUNG
02
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
04
Tagungsprogramm vom 10.07.09
05
Dipl.-Ing. Kurt Werner, Baubürgermeister von Konstanz
06
Ressourcenbewusste Stadtentwicklung
Mehr Stadtqualität durch konsequentes Weiterbauen
Prof. Dipl.-Ing. Leonhard Schenk, HTWG, Fakultät Architektur + Gestaltung
09
Neueste Entwicklungen im Wohnungsbau in Holland
Dr.-Ing. David Wendland, TU Dresden
12
Bau von gewölbten Decken ohne Schalung
Dipl. Arch. ETH Walter Muhmenthaler
15
SULZERAREAL Winterthur Stadt
Von der Industriebranche zum durchmischten Stadtquartier
Dr.-Ing. Detleff Schermer, TU München, Lehrstuhl für Massivbau
18
Bewehrtes Mauerwerk und erdbebengerechte Konstruktionen
Prof. Dipl.-Ing. Wolfgang Rang, FH Frankfurt, Fachbereich Architektur
21
Der Turm zu Bhaktapur in Nepal, Film und Buchvorstellung
Prof. Dipl.-Ing. Hansjörg Göritz, Tennesse University Knoxville
24
Werkbericht und Film, Parlamentsbauten in Liechtenstein
Exkursionsprogramm vom 11.07.09
28
„Stromeyersdorf“,
29
Bleiche
30
Bürogebäude Seitenbau, Lanz + Schwager Architekten
31
Jugendherberge, Konstanz-Allmansdorf, Architekturbüro Baumewerd
32
Bodensee Therme Konstanz, 4a Architekten GmbH
34
Wohnungsanbau am See, Prof. Christoph Mäckler Architekten
36
Münster
38
Kulturzentrum Wessenberghaus, Schaudt Architekten
39
Sparkasse Bodensee, Graf + Schmidt Architektinnen
40
Konzil
42
Hafenhalle, Schaudt Architekten
43
Hegne, Architekturbüro Lederer, Ragnarsdóttir, Oei
44
Haus am Bachbohlweg, Biehler Weith Associated
46
Teilnehmerliste
47
Impressum
48
04
VORWORT
WALTRAUD VOGLER
Im letzten Sommer beschäftigten wir uns bei der Professoren-Tagung mit Themen wie „Globale Erderwärmung“ und „Nachhaltigkeitszertifizierung“, nicht ahnend, dass das Unwort des Jahres 2008 „notleidende
Banken“ uns bald plagen würde. Konzerne am Rande des Abgrunds, kollabierende Banken, Zehntausende
Arbeitslose, milliardenschwere Stützaktionen - die Nachrichten überschlagen sich inzwischen fast stündlich!
Trotzdem geht das Leben in vielen Bereichen der Welt erstaunlicherweise weiter. Es gibt zwar Umsatzeinbrüche, aber es besteht auch großer Bedarf an Bauleistungen allerorten. Wohnungen in vielen Ballungsgebieten sind Mangelware. Millionen von Altbauten warten auf energetische Sanierung oder Abbruch und Neubau.
Wo ist übrigens die Abwrackprämie für Häuser? Stattdessen beschert uns die Bundesregierung eine weitere,
extrem Baukosten steigernde Verschärfung durch Energie-Einsparverordnung und Erneuerbare-EnergienWärme-Gesetz. Eine Erleichterung der Baufinanzierung statt eines Neuwagens vor der Tür würde Bauwillige
und Baufirmen eher dazu ermuntern, ihre Anstrengungen auf die Schaffung von Wohneigentum zu konzentrieren und damit Arbeitsplätze und Renten zu sichern. Ebenso könnten in Deutschland lange vernachlässigte
Themen, z.B. der Bau von Krippen, Kindergärten und -horten, sowie die Sanierung und der dringend benötigte
Ausbau der Hochschulen, vorangetrieben werden.
Es gibt viel zu tun in den Städten und in ländlichen Gebieten! Fakt ist, dass der Innovationssinn der Deutschen
und ihre Führungsrolle bei der Entwicklung ökologischer Konzepte und umweltfreundlicher Methoden in vielen Bereichen der Wirtschaft in Krisenzeiten erst recht gefragt sind. Bürgermeister Kurt Werner arbeitet an der
Ressourcen schonenden Entwicklung der Stadt Konstanz. Er zeigt Wege auf, wie eine kleine Universitätsstadt
durch Weiterbauen mehr Qualität erreichen kann. Ökologisch, sozial und ökonomisch ausgewogene Stadtentwicklung. Urbane Dichte und qualitätvolle Freiräume als Garant für stadt- und landschaftsräumliche Qualität.
Prof. Leonhard Schenk untersucht diese Themen seit Jahren anhand von niederländischen Beispielen und
berichtet auszugsweise aus seinem neuesten Buch über Wohnungsbau in den Niederlanden. Behutsame
Stadterneuerung hat den Bauboom der 1990er Jahre mit seinem Vinex-Programm in den Niederlanden abgelöst, dessen Schwerpunkt kompakte Reihenhaussiedlungen waren. Behutsame Stadterneuerung, verträgliche
Verdichtung und individueller Ausbau von Bestandsgebäuden prägen inzwischen das Bild. Dipl. Arch. Walter
Muhmenthaler befasst sich mit der Entstehung eines neuen Stadtquartiers in der Industriebrache des Sulzer
Areals in Winterthur. Hier geht es um die Umnutzung riesiger Hallen, in denen einst Dampfmaschinen und
Dieselmotoren hergestellt wurden. Ein ganzheitliches Entwicklungsmanagement ist die Grundlage für die
diversen Umnutzungs-, Umbau- und Neubauprojekte in diesem Areal. Große und kleinere Investoren sollen
professionell und prozessorientiert an der Schaffung einer gemeinsamen Identität für dieses Gebiet arbeiten.
Dr. David Wendland hat sich einem Thema zugewandt, das über Jahrtausende relevanter Bestandteil der
Baukunst war und nun langsam droht, in Vergessenheit zu geraten. Seine Forschung zielt auf die Erhaltung der
Kenntnisse und Fähigkeiten hin, Gewölbe unterschiedlichster Ausformung freihändig, also ohne Schalung, zu
mauern. In vielen Ländern der Welt wird diese Bauweise nach wie vor praktiziert. Bei uns ist dieses traditionelle
technische Wissen relevant für die Sanierung von denkmalgeschützten Bauten. Interessant könnte dieses
Wissen auch für die Entwicklung neuer, gemauerter Schalenkonstruktionsarten sein. Bewehrtes Mauerwerk
und erdbebengerechte Konstruktionen sind wesentliche Bestandteile der Forschungsarbeit von Dr. Detleff
Schermer. Bisher eher in Südeuropa und Übersee im Einsatz, ist bewehrtes Mauerwerk hierzulande noch wenig
im Einsatz. Die Erforschung und Überprüfung praxistauglicher Systeme im Mauerwerksbau mit und ohne
Bewehrung werden hier abgehandelt und entwickelte Lösungen beschrieben.
Prof. Wolfgang Rang und eine Gruppe von 25 Studierenden der Architektur bauten einen Turm in Bhaktapur in
Nepal aus zum Teil selbst entwickelten profilierten Ziegeln gemeinsam mit nepalesischen Maurern. “Das Bauen
mit dem am Ort vorgefundenen Material erscheint im Lichte deutscher Bauprozesse und im Hinblick auf die
Energiebilanz geradezu revolutionär “, schreiben die Initiatoren dieses Projekts. Prof. Hansjörg Göritz, der Architekt der neuen Gebäude des Landestags in Liechtenstein, fand sein Baumaterial in Form von “nahe liegender wetterfester Substanz” in örtlichen Tongruben. Das hell leuchtende Mauerwerk, als tonfarbenes “material
brut” bis über die Dachflächen gezogen, bringt hier die “ernste Schönheit” der Architekturen der Hansestädte
aus dem nördlichen Kulturraum in den alemannischen Alpenraum.
PROGRAMM
10.07.2009
TAGUNG
Ort:
HTWG Konstanz, Fachbereich Architektur + Gestaltung
Brauneggerstrasse 55, 78462 Konstanz, Aula
12.00 Uhr
Begrüßungskaffee und Imbiss
13.00 Uhr
Begrüßung durch Dr. Kai Handel, Präsident der HTWG Konstanz
13.10 Uhr
Einführung, Dipl.-Ing. Waltraud Vogler, Architektin, Ziegel Zentrum Süd e.V.
13.30 Uhr
Dipl.-Ing. Architekt Kurt Werner, Baubürgermeister von Konstanz
Ressourcenbewusste Stadtentwicklung
Mehr Stadtqualität durch konsequentes Weiterbauen
14.00 Uhr
Prof. Dipl.-Ing. Leonhard Schenk, HTWG, Fakultät Architektur + Gestaltung
Neueste Entwicklungen im Wohnungsbau in Holland
14.40Uhr
Dr.-Ing. David Wendland, TU Dresden
Bau von gewölbten Decken ohne Schalung
15.20 Uhr
Kaffee-Pause
15.40 Uhr
Dipl. Arch. ETH Walter Muhmenthaler, SULZERAREAL Winterthur Stadt
Von der Industriebranche zum durchmischten Stadtquartier
16.20 Uhr
Dr.-Ing. Detleff Schermer, TU München, Lehrstuhl für Massivbau
Bewehrtes Mauerwerk und erdbebengerechte Konstruktionen
17.00 Uhr
Prof. Dipl.-Ing. Wolfgang Rang, FH Frankfurt, Fachbereich Architektur
Der Turm zu Bhaktapur in Nepal, Film und Buchvorstellung
17.40 Uhr
Prof. Dipl.-Ing. Hansjörg Göritz, Tennessee University Knoxville
Werkbericht und Film, Parlamentsbauten in Liechtenstein
18.20 Uhr
Diskussion und Zusammenfassung
18.40 Uhr
Ende der Tagung, Spaziergang zu den Hotels
19.00 Uhr
Einchecken in die Hotels Steigenberger und Halm
20.30 Uhr
Sektempfang und gemeinsames Abendessen
Teilnahmegebühr für die gesamte Tagung 50,- EUR, zuzüglich 49,- EUR für Übernachtung. Die Tagung wird zu einem
erheblichen Teil aus Mitteln des Ziegel Zentrum Süd finanziert. Tagung und Exkursion für ProfessorInnen der Fachbereiche Architektur und Bauingenieurwesen aller Hochschulen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz
und Saarland. Anfahrt nach Konstanz auf eigene Kosten. Ab 19.00 Uhr Einchecken in die Hotels. Davor besteht die
Möglichkeit das Gepäck im Hotel zu deponieren.
06
RESSOURCENBEWUSSTE STADTENTWICKLUNG
Mehr Stadtqualität durch konsequentes
Weiterbauen
KURT WERNER, BÜRGERMEISTER
DIPL.-ING., ARCHITEKT BDA a.o
DEZERNAT PLANUNG, TECHNIK, UMWELT
78462 KONSTANZ
Luftbild Stadt Konstanz, Naturräumliche Lage, Bodensee/Seerhein
Täglich werden in Deutschland immer noch ca. 113
ha Freiflächen mit Siedlungs- und Verkehrsanlagen
bebaut trotz der „nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“
der Bundesregierung, die Umwandlung von Flächen
bis zum Jahre 2020 auf 30 ha pro Tag zu begrenzen.
Nach wie vor wird der Baulandbedarf in vielen
Städten und Gemeinden überwiegend durch Bauen
auf der grünen Wiese gedeckt, ungeachtet gewichtiger demographischer Veränderungen sowie ökologischer und ökonomischer Belange. Unsere kostbarste und wichtigste Ressource ist die Landschaft.
Auch ökonomisch sind oft die zusätzlichen Folgekosten für neue Baugebiete mit der erforderlichen
Infrastruktur auf der grünen Wiese höher als die zusätzlichen Einnahmen der Kommunen. In Konstanz
wurde deshalb bewusst ein anderer Weg eingeschlagen.
Innenentwicklung als Daueraufgabe
Die räumliche Entwicklung der Stadt Konstanz folgt
dem Leitbild „Kompakte Stadt mit kurzen Wegen“ und
stützt eine ökologisch, sozial und ökonomisch ausgewogene Stadtentwicklung. Konstanz verfolgt mit der
qualitätvollen Innenentwicklung einen strategischen
Ansatz in der städtischen Siedlungspolitik. Das
Dichte- und Freiraummodell stellt ein wirksames Planungsinstrument dar, um innerstädtische Reserveflächen und Potentiale zu erkennen und gezielt zu
aktivieren. Durch eine auf den jeweiligen Ort bezogene stadtraumstärkende Innenentwicklung wird
die vorhandene Infrastruktur genutzt, besser ausgelastet und damit langfristig gesichert. Urbane Dichte
und qualitätvolle Freiräume bedingen sich gegenseitig und steigern die stadt- und landschaftsräumliche Qualität. Die Stadt Konstanz hat sich hierzu in
ihrem Stadtentwicklungskonzept (STEP 2020) verpflichtet, um einen ressourcenschonenden Umgang
mit der wertvollen Landschaft zu gewährleisten - mit
allein 60% geschützter Flächen in der Gemarkung.
Zum Erhalt der Seeufer erfolgt die Stadtentwicklung
seeabgewandt und orientiert sich an nachfolgenden
Grundsätzen:
• Vorrangig Innenentwicklung vor Außenentwicklung
• Förderung der Nutzungsmischung von Wohnen,
Arbeiten, Versorgung, Bildung, Erholung u. Freizeit
• Konzentration der räumlichen Entwicklung auf
die Altstadt und die Stadtteilzentren mit ihren vorhandenen Infrastrukturen und den Anbindungen an
den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)
• Priorität von Flächen- und energiesparenden Bauformen
In Konstanz steht der wachsende Bauflächenbedarf,
bedingt durch die Bevölkerungszunahme und den
Wunsch der Bürger nach einem höheren Wohnstandard, einem knappen Angebot gegenüber. Um aktiven Landschaftsschutz zu betreiben und eine möglichst optimale und preiswerte Verkehrs-, Bildungs-,
Ver- und Entsorgungs-Infrastruktur für die Bürger anbieten zu können, gilt es, die bestehenden Probleme
vorrangig innerhalb der bebauten Stadtbereiche zu
lösen. Dies gelingt durch Verdichtung und Konsolidierung der Stadt, wie z.B. die verstärkte Nutzung innerstädtischer Brachflächen, das Schließen von Baulücken oder durch Nachverdichtungen. Eine wichtige
g
Grundlage dafür bildete eine Potentialanalyse, mit
der nachgewiesen werden konnte, dass die vorhandenen Gebäude und Bauflächen im Rahmen der Innenentwicklung ausreichen, um den Wohn- und Gewerbeflächenbedarf zu decken und gleichzeitig die
Infrastruktur besser auszulasten. (s. Abb. 2) Beispielsweise haben wir uns zum Ziel gesetzt rd. 300 Wohneinheiten jährlich zu realisieren und es seit 2006
erreicht. Wichtige Etappen auf diesem Weg bilden die
im Bau befindliche „Stadt am Seerhein“, das Baugebiet Zergle sowie die Stadtentwicklung Bahnhof,
Petershausen einschließlich der Entwicklungsgebiete
Great Lakes Nord und Süd. (s. Abb. 3) Die Auszeichnung unseres Dichtemodells und Freiraumkonzeptes
mit dem 1. Preis im Rahmen des landesweites WettAbb. 2 (rechts oben): Potenzialplan / Nahverkehr
Abb. 3 (links):
Stadtentwicklung Konstanz Petershausen
Abb. 4 (rechts unten): Umgestaltung Bahnhofsplatz,
Shared Space / Begegnungszone
Gestaltung öffentlicher Räume
Gut gestaltete öffentliche Räume sind Bühne und
Zuschauerraum gleichermaßen und bieten ein facettenreiches Angebot für ihre Bürger und Besucher. Sie
laden zum Einkaufen, Treffen, Flanieren ein oder können für kulturelle Veranstaltungen und Feste genutzt
werden. Öffentlichen Räumen muss daher ein hoher
Stellenwert eingeräumt werden. Die städtischen
Räume benötigen für eine breite Nutzungsvielfalt die
Beschränkung auf das Notwendige und den Einsatz
von dauerhaften, qualitätvollen Materialien, um bei
immer wiederkehrenden Erneuerungen der Infrastruktur (Gas, Wasser, Kanal etc.) eine Wiederverwendbarkeit zu gewährleisten.
bewerbs „Wohnen im Zentrum Strategien für attraktive Stadt- und Ortskerne“ hat unsere Anstrengungen
für die Schaffung von Baurecht im Rahmen der „ungeliebten“ Nachverdichtung im Alltagsgeschehen
unterstützt. (s. Abb. 3) Neben dem Stadterneuerungsgebiet „Bahnhof Petershausen“ sind die Soziale Stadt
„Berchen/Öhmdwiesen“ und das Sanierungsgebiet
„Altstadt mit Niederburg“ zu nennen. Im Rahmen der
Vorbereitenden Untersuchungen werden 2009 die
Bereiche südlich und östlich um das Münster, der
Bahnhof, das Konzil mit Umfeld und Klein Venedig
mit der dortigen Hafenpromenade als Erweiterungsgebiet untersucht. Hierdurch erhofft sich die Stadt
Mittel von der Städtebauförderung u.a. für die Aufwertung des Bahnhofs mit der Neugestaltung des
Bahnhofplatzes als „Begegnungszone“ bzw. Shared
Space als innovativer Entwurfsansatz in der Verkehrsentwicklungsplanung sowie für die Sanierung des
Konzils als auch zum geplanten Bau des Kongressund Konzerthauses auf Klein Venedig. (s. Abb. 4)
08
Abb. 5 (links unten):
Great Lakes Areal, 1. Preis: städtbaulicher Ideen
Realisierungswettbewerb 2007, K9 Architekten
Abb. 6: (rechts oben):
Realisierungswettbewerb Mietwohnungsbau, Stadtteil
Petershausen, 1. Preis: Silke Thron & Partner, Karlsruhe
Abb. 7 (rechts unten):
Realisierung Wohnbebauung Herosé,
Prof. Klaus Theo Brenner, Berlin, Stadt am Seerhein
Wettbewerbe und interdisziplinäre Zusammenarbeit
In Konstanz ist es Tradition für bedeutende Baumaßnahmen und städtebauliche Planungen zur Konkretisierung von Planungszielen und zur Qualitätsfindung
Wettbewerbe auszuloben. Dabei hat sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit sowohl während der
Planungsphase als auch in der Umsetzung bewährt.
Gestaltungsbeirat und Öffentlichkeitsarbeit
Als weiteres Instrument der Qualitätssicherung sind
Gestaltungsbeiräte zu nennen. Die Stadt Konstanz
hat bereits vor 25 Jahren einen Gestaltungsbeirat als
empfehlendes Gremium berufen, allerdings begrenzt
auf die Altstadt. Mein Ziel war es, den Gestaltungsbeirat für die zukünftigen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Aufgaben im gesamten Stadtgebiet mit externen Fachleuten neu zu strukturieren,
welcher nun seit Anfang 2009 die bedeutenden Projekte im Stadtgebiet hinsichtlich ihrer architektonischen und städtebaulichen Qualität begutachtet.
Wichtige Voraussetzungen waren:
• Der mehrheitlich politische Wille zur Förderung der
Planungs- und Baukultur durch hochqualifizierte
Beratung öffentlicher und privater Bauherren von
einem unabhängigen Beratergremium, dem ausschließlich Architekten und Landschaftsarchitekten
außerhalb der Stadt und Region angehören
• Die Mitwirkung von Vertretern der politischen
Fraktionen als Beisitzer (Konstanzer Modell)
• Die überwiegende Öffentlichkeit der Sitzungen
• Die Unterstützung eines erheblichen Teils der
Architektenschaft des seit 2007 gegründeten grenzüberschreitenden Architekturforums Konstanz/
Kreuzlingen mit seinen vielfältigen Aktivitäten zur
Architekturdiskussion mittels Vorträgen, Ausstellungen, Fachexkursionen, Podiumsdiskussionen etc.
Diskurs mit den Bürgern
Architektur und Stadtplanung sind bis heute kein
fester Bestandteil der Allgemeinbildung, wie z.B.
Musik, Film oder Theater. Diskussionen über Architektur, Städtebau und Landschaft sind elementar wichtig
für die Gestaltung einer intakten Umwelt. Die Erfahrung vieler Städte zeigt es immer wieder: Gut gestaltete öffentliche Räume mit qualitätvollen Gebäuden
entstehen durch einen intensiv geführten Diskurs mit
den Bürgern einer Stadt. Es gilt die Alltagskompetenz
der Bürger frühzeitig mit in die Planung einzubeziehen. Größtmögliche Qualität auf allen Planungsebenen erfordern Offenheit, sowohl seitens der Politik
und der Verwaltung als auch von der Bürgerschaft.
Nur dann können Probleme und Konflikte frühzei-tig
erkannt werden, so dass sich Chancen für qualitätvolle, konsensfähige Lösungen bieten. Sie stärken die
Akzeptanz und bilden die Grundlage für einen hohen
Grad der Identifizierung.
Schlussbemerkung
Eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit für
ein ressourcenbewusstes qualitativ hochwertiges
Bauen muss in Zukunft einen höheren Stellenwert
erhalten. Größtmögliche Qualität ist in der Regel nur
erreichbar, wenn die zuvor genannten Instrumente
der Qualitätssicherung für eine auf den Ort bezogene
Baukultur dauerhaft vermittelt werden.
Kontinuierliches Weiterbauen im Bestand ist Klimaund Ressourcenschutz.
NEUESTE ENTWICKLUNG
IM WOHNUNGSBAU IN HOLLAND
PROF. DIPL.-ING. ARCHITEKT LEONHARD SCHENK
HTWG KONSTANZ
FAKULTÄT ARCHITEKTUR + GESTALTUNG
BRAUNEGGERSTRASSE 55
78462 KONSTANZ
Noch immer lohnt sich der „architektonische Blick“
über die Grenze. Allein im Zeitraum zwischen
2001 und 2008 wurden in den Niederlanden über
600.000 Wohnungen fertig gestellt, und auch in der
nächsten Zeit rechnet man mit einer Produktion von
weiteren 80.000 Wohneinheiten pro Jahr. War der
Bauboom der 1990er Jahre im so genannten VINEXProgramm maßgeblich vom kompakten, typisch
niederländischen Reihenhaus auf kleinem Grund
geprägt, so legen die heutigen Wohnvorstellungen
und -ansprüche mehr Wert auf Wohnumfeld,
Großzügigkeit, Individualität, gemeinschaftliche
und ökologische Lebensweise. Dabei geraten in den
Niederlanden immer mehr die Bestandsquartiere in
den Fokus der Entwicklung. Viele überalterte oder
Fotos: De Zwarte Hond, Groningen
sozial benachteiligte Stadtquartiere sind in der
Umstrukturierung, aber auch Areale in bevorzugter
Stadtlage stehen nach der Aufgabe der seitherigen
Nutzung wieder zur Verfügung. Die drei hier
vorgestellten Wohnbauprojekte sind Beispiele einer
behutsamen Stadterneuerung in den Niederlanden.
Groningen Harbour House
Architekt: De Zwarte Hond, Groningen/Rotterdam
Die Stadt Groningen bemüht sich im Rahmen des
Leitbilds „intense stad“ um eine Intensivierung und
verträgliche Verdichtung des bebauten Stadtgebiets.
Unter Leitung von Winy Maas (Büro MVRDV) und dem
Groninger Stadtarchitekten Niek Verdonk wurden
im Jahr 2004 zahlreiche Standorte untersucht und
10
Foto links: van aken architecten, Eindhoven
Foto rechts: Leonhard Schenk, Stuttgart
in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert,
darunter auch der Standort im östlichen Hafen,
einem in unmittelbarer Nachbarschaft zur Altstadt
gelegenen ehemaligen Hafengebiet, an dessen Kai
Packhäuser und Gewerbebauten aufgereiht sind. Eine
städtebauliche Studie des Büros De Zwarte Hond
kam zu dem Ergebnis, dass entlang der Oosterkade
eine Nachverdichtung sowohl möglich als auch
zur Stärkung des Stadtbildes dringend erforderlich
ist. Die Architekten schlugen in der Flucht der
Uferbebauung ein sechsgeschossiges Wohngebäude,
das Harbour House, vor. Über einem Sockelgeschoss,
in das eine Gewerbefläche, die Abstellräume sowie
eine ebenerdig erschlossene Parkgarage integriert
sind, befinden sich, auf fünf Geschossen verteilt, neun
bis zu 250 m2 große, frei einteilbare Loftwohnungen
mit schönem Blick auf das östliche Hafenareal.
Innerhalb der in einem strengen Raster gehaltenen
Ziegelfassade konnten die Käufer die Position der
zurückliegenden, bodentief verglasten Fenster
bestimmen und so auf die Größe und Ausrichtung
der privaten Freiräume direkt Einfluss nehmen.
Caverna, Eindhoven
Architekt: van aken architecten, Eindhoven
Die schöne Lage am Flüsschen Dommel täuscht
darüber hinweg, dass sich das Gebäude mitten in der
belebten Innenstadt von Eindhoven befindet. Während im Süden ein kleiner, ruhiger Platz zum Verweilen am Wasser einlädt, befindet sich im
Norden am Stratumseind das Kneipen- und Vergnügungsviertel. Die nicht gerade attraktiven
Rückseiten der Gastronomiebetriebe liegen dem
Grundstück unmittelbar gegenüber, und bis spät in
die Nacht hinein kommt es zu erheblichen Lärmbelästigungen. Van aken architecten entwickelten daher
ein Haus mit zwei Gesichtern, das sich einerseits
zur Dommel hin öffnet, andererseits aber sensible
Bereiche introvertiert, höhlenartig („cave“) verbirgt
und schützt. Auch typologisch ist das Gebäude zweigeteilt: Nach Süden zum Fluss hin ist es als Dreispänner mit acht Appartements, nach Norden hin
als Reihung von fünf Stadthäusern konzipiert. Im
Erdgeschoss befinden sich durchgängig gewerbliche
Nutzungen. Die Besonderheit der Stadthäuser ist,
dass sich die Gewerbeflächen im räumlichen Zusammenhang oder getrennt von der Wohnung
nutzen lassen, und die Häuser sich daher bestens für
Freiberufler, Künstler oder anspruchsvolle Kleingewerbetreibende eignen. Alle Wohnungen verfügen
je nach Lage über eine geschützte Loggia oder einen
kleinen, in das Bauvolumen eingeschnittenen Patio.
Wallisblok, Rotterdam
Architekt: Hulshof Architecten BV, Delft
Mit der Ankündigung „Wohnungen zu verschenken“
startete in Rotterdam-Spangen ein Wohnbauexperiment, das in den Niederlanden mittlerweile
Schule macht. Spangen, im Westen der Stadt gelegen,
ist ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebauter
Stadtteil mit einem hohen Anteil an Migranten.
85% der Einwohner sind Ausländer, über 80% des
Wohnungsbestands sind Sozialwohnungen – und wer
immer kann, zieht in eines der besseren Rotterdamer
Stadtquartiere.
2005 entschloss sich die Stadt Rotterdam zu einem
ungewöhnlichen Verfahren: Ein abrissreifer Baublock,
der Wallisblock, sollte – auch da Bauträger wenig
interessiert waren – komplett an private Bauherren
verschenkt werden. Auflage war, dass die künftigen
Bewohner eine Bauherrengemeinschaft bilden,
1000 Euro je m2 in die Kernsanierung stecken, den
individuellen Ausbau zusätzlich finanzieren und dort
selbst mindestens 2 Jahre wohnen bleiben müssen.
Von anfänglich 400 Interessenten blieben 35 übrig,
viele davon aus nicht unbedingt einkommensstarken,
aber kreativen Berufen, wie Architekten, Fotografen
und Designer. Unter der Leitung der Initiatorin, Ineke
Hulshof von Hulshof Architecten, begann für die
Baugemeinschaft ein anstrengender, rund 18 Monate
langer Planungs- und Bauprozess. Die Baugemeinschaft entschied, dass das Gebäude sein äußeres,
traditionelles Erscheinungsbild unverändert beibe250.000 Euro für ein viergeschossiges Haus waren die
Wohnungen für Rotterdamer Verhältnisse ein echtes
Schnäppchen. Der Wallisblok wurde inzwischen mit
bedeutenden nationalen Preisen ausgezeichnet und
gilt nicht nur in der Fachwelt als erfolgreiches Beispiel
der „gentripunctuur“, als Modell dafür, wie ein behutsamer und sozialer Umstrukturierungsprozess eines
ganzen Stadtteils angestoßen werden kann.
Die Projektbeschreibungen sind gekürzte Auszüge
aus dem Buch „Neuer Wohnungsbau in den Niederlanden. Konzepte, Typologien, Projekte“ von Rob van
Gool und Leonhard Schenk, das im Dezember 2009
bei der Deutsche Verlags-Anstalt erscheinen wird.
Zum Autor:
Leonhard Schenk
Architekt und Stadtplaner BDA DWB DASL, seit 2003
Professor für Städtebau und Entwerfen an der Hochschule Konstanz . Technik Wirtschaft und Gestaltung
Foto links: Leonhard Schenk, Stuttgart
Foto rechts oben: Jeroen Musch, Rotterdam
halten soll, die innere Struktur und die Gestaltung der
Gartenfassade dagegen in „dichterischer Freiheit“
neu interpretiert werden darf. Der gesamte Baublock
wurde entkernt und die in rotem Backstein gehaltene
Straßenfassade sorgfältig restauriert. Auf der Gartenseite wurde die Fassade um einen Meter nach außen
versetzt, so dass die Grundrisse nun nicht nur einen
Meter tiefer sind, sondern auch ein großes Angebot
an privaten Außenräumen wie Loggien, kleineren und
größeren Dachterrassen hinzukommen konnte. Mit
nur 70.000 Euro für eine kleine Etagenwohnung und
12
BAU VON GEWÖLBTEN DECKEN
OHNE SCHALUNG
DR.-ING. DAVID WENDLAND
TU DRESDEN
AUGUST-BEBEL-STR.20
01062 DRESDEN
Die Kunst, das Mauerwerk von Gewölben freihändig,
also ohne Schalung, zu errichten, wird heutzutage
nur noch von wenigen Spezialisten beherrscht
und ist bei Architekten weitgehend unbekannt.
Vor diesem Hintergrund erscheint der Versuch
angebracht, eine Beschreibung dieser traditionellen
Technik zu entwickeln, die detailliert genug wäre,
die Reproduktion dieser Technik zu ermöglichen.
Eine solche Beschreibung ist nützlich und sogar
notwendig, um traditionelles technisches Wissen,
das an sich einen kulturellen Wert darstellt, zu
konservieren und neu zu interpretieren. Ein
genaueres Verständnis der Fertigungstechnik
kann bei der Interpretation historischer Bauten
hilfreich sein; eine Demonstration ihrer Anwendung
ist zum einen in Hinblick auf Restaurierung und
Rekonstruktion relevant, könnte darüber hinaus aber
auch in Hinblick auf die eventuelle Weiterentwicklung
für den Bau neuer gemauerter Schalenkonstruktionen
von Interesse sein.
Der freihändige Gewölbebau wurde seit Jahrtausenden regelmäßig praktiziert, in Ägypten und
Mesopotamien seit dem Beginn des Mauerwerksbaus,
in weiten Teilen Mittelasiens und Europas bis in die
jüngste Vergangenheit. Das Prinzip besteht einfach
darin, dass das Mauerwerk des Gewölbes während
der Errichtung sich selbst tragen kann – in manchen
Fällen ganz ohne Gerüst, in anderen Fällen werden
nur die Bögen, Rippen oder Grate eines Gewölbes
durch Gerüste gehalten. Die in Mitteleuropa üblichen
Halbsteingewölbe (Gewölbe, bei denen mit Ziegeln
normaler Größe wie in einer dünnen Wand im
Läuferverband gemauert wird, die Gewölbeschale
also eine Ziegelbreite stark ist) werden dabei so
errichtet, dass jede einzelne Mauerschicht in sich
stabil ist und somit während des Baus keiner Unterstützung bedarf.
In der historischen technischen Literatur (Handbücher für Architekten und Bauhandwerker und
Lehrbücher der Baukonstruktion) des 19. und frühen
20. Jh. wird diese Wölbtechnik eingehend beschrieben und muss schon von daher als allgemein
gängige Praxis angesehen werden. Allerdings sind
diese Beschreibungen nicht in allen Aspekten detailliert genug, um die Reproduktion des Verfahrens
zu ermöglichen – sie sind komplementär zu einer
handwerklichen Tradition, die heute fast nicht mehr
vorhanden ist –, und vor allem lassen sich die enthaltenen Informationen nicht unmittelbar aus diesen
Publikationen entnehmen, sondern nur durch eine
kritische Analyse erschließen.
Der Versuch, eine technische Beschreibung des
Baus von Halbsteingewölben ohne Schalung zu
formulieren, basiert daher auf einer vergleichenden
Untersuchung der verfügbaren Informationen aus
den genannten Publikationen, sowie Gesprächen (vor
allem mit Handwerkern, die noch über praktische
Erfahrungen mit dem Bau von Gewölben verfügen),
mit Bauuntersuchungen sowie eigenen Versuchen
an Modellen und einem zu diesem Zweck errichteten
Versuchsbau.
Dabei werden für häufig verwendete und beschriebene Typen von Gewölben die Einzelheiten der
Herstellung beschrieben sowie die Anlage des
Mauerverbandes, durch die eine freihändige Wölbung
ermöglicht wird: insbesondere spielen hierbei
Richtung und Verlauf der Mauerschichten auf
der Gewölbefläche, die Länge der kontinuierlich
verlaufenden Schichten und die Lage der Mauerschichten in verschiedenen Teilbereichen des
Gewölbes zueinander eine Rolle.
Im Mittelpunkt stehen dabei die geometrische Beschreibung des Mauerverbandes und der Form der
Gewölbekappen. Zum einen ergeben sich geometrische Zwänge für die Anlage von bogenförmigen
Mauerschichten aus den allgemeinen Gefügegesetzmäßigkeiten des Mauerwerks. Zum anderen ist die
Form der Gewölbekappen in vielen Fällen wesentlich
durch den Herstellungsprozess beeinflusst und daher
auch in Abhängigkeit von diesem zu beschreiben.
Ein Beispiel hierfür sind die „gebusten“ Kappen
freihändig gemauerter Kreuzgewölbe: bei diesen
sind die Gewölbeflächen zwischen den Graten bzw.
Rippen oft stark nach außen gekrümmt. Die Form
dieser Gewölbeflächen steht in einer unmittelbaren
Beziehung zu ihrem Herstellungsprozess.
14
Für diesen sehr häufig vorkommenden Gewölbetyp
wurden die Defizite in der historischen technischen
Literatur besonders deutlich. Gegenüber den
gängigen Beschreibungen, die sich in diesem Punkt
als ausgesprochen problematisch erwiesen haben,
werden hier daher neue Ansätze entwickelt, die
Form und räumliche Lage der Mauerschichten sowie
die Form der geometrisch komplexen, doppelt
gekrümmten Gewölbeflächen zu beschreiben. Die
hierfür vorgeschlagenen Lösungen sind zuallererst
für die Formulierung einer detaillierten und zugleich
in sich geschlossenen technischen Beschreibung
notwendig. Darüber hinaus ist die korrekte Beschreibung der Gewölbeform von praktischer Relevanz,
auch für die Berechnung (numerische Modellierung)
des Tragverhaltens von bestehenden, historischen
Gewölben. Hier wird auf theoretischer Grundlage
ein Verfahren skizziert, mit dem die Form dieser
geometrisch komplexen Flächen beschrieben und
z.B. in CAD-Modellen abgebildet werden kann. Die so
entwickelten Modelle können problemlos innerhalb
einer kommerziellen Software-Umgebung (FiniteElement-Methoden) weiter bearbeitet werden.
Die Beschreibung von Mauerwerkstextur und Form
in Abhängigkeit vom Herstellungsprozess, wie auch
diese Modellierstrategie, lassen sich ohne weiteres
auch auf andere Gewölbetypen übertragen. So
konnte auch für den Fall der in der persischen
Architektur weit verbreiteten abgerundeten Klostergewölbe ein einfaches Flächenmodell entwickelt
werden: beim Bau von Gewölben dieses Typs werden
überhaupt keine Lehrgerüste verwendet, somit
wird die Form des gesamten Gewölbes wesentlich
durch den Herstellungsprozess bestimmt. In der
Verallgemeinerung lässt sich grundsätzlich die
Formbarkeit von Mauerwerks-Flächen beschreiben,
und es lassen sich allgemeine Kriterien für die Form
freihändig gemauerter Gewölbe aufstellen.
In der Aufarbeitung der historischen technischen
Literatur (und ihrer kritischen Interpretation als
Quelle) wird ein Moment in der Theoriebildung
fassbar, in dem die traditionelle Technik, die sicher
auch in den mittelalterlichen Gewölbebauten
allgemein Anwendung gefunden hatte, aber offenbar
weitgehend in Vergessenheit geraten war, in den
1820‘er Jahren durch einen Architekten der frühen
Neugotik wieder neu erfunden wurde. Es handelt sich
dabei um den Koblenzer Architekten Johann Claudius
v. Lassaulx (1781-1848), der eine Abhandlung über
den Bau von Gewölben ohne Schalung verfasste,
die, wie gezeigt werden konnte, einen wesentlichen
Einfluss auf die technische Literatur zu diesem Thema
ausüben sollte. Und er wendete diese Technik selbst
an in einem Kirchenbau, in dem er die technische
und ökonomische Machbarkeit moderner Bauten
im mittelalterlichen Stil demonstrierte (auch im
Zusammenhang mit den damaligen Bestrebungen,
den Kölner Dom fertig zu bauen) – durch die detaillierte Untersuchung der Gewölbe an diesem gut
erhaltenen Bau, die mithilfe moderner Mess- und
Informationstechnik durchgeführt wurde, konnte der
Praxisbezug der einflussreichen Publikation bis ins
Detail eindeutig geklärt werden. Damit konnte
auch die Entwicklung der historischen technischen
Literatur in einen Zusammenhang mit der
Architekturgeschichte gestellt werden. Zugleich
erhalten wir Einblick in eine Epoche, in der zentrale
Positionen der modernen Architektur erstmals
formuliert worden sind.
Wendland, David. Lassaulx und der Gewölbebau mit
selbsttragenden Mauerschichten. Neumittelalterliche
Architektur um 1825-1848.
Petersberg: Michael Imhof, 2008
SULZERAREAL IN WINTERTHUR
Von der Industriebranche zum durchmischten
Stadtquartier
DIPL. ARCH. ETH WALTER MUHMENTHALER
LEITER AREAL- UND PROJEKTENTWICKLUNG
SULZER IMMOBILIEN AG
ZÜRCHERSTRASSE 39
CH - 8401 WINTERTHUR
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Winterthur ist die sechstgrösste Stadt der Schweiz
und ein eigenständiges, dynamisches Zentrum mitten
im grössten Wirtschaftsraum der Schweiz. Kultur,
Bildung und Freizeit haben in Winterthur einen
hohen Stellenwert. International bekannte Museen
mit Weltruf, die grösste Mehrsparten-Fachhochschule
der Schweiz sowie grosszügige Grünflächen machen
Winterthur zu einem einzigartigen Wohn- und
Lebensraum.
Der Startschuss für das heutige SULZERAREAL
Winterthur Stadt fiel 1834 mit der Gründung der
ersten Winterthurer Metallgiesserei durch die
Gebrüder Sulzer. Die Firma entwickelte sich in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum weltweit
tätigen Unternehmen und belegte im Zentrum der
Stadt Winterthur ein Areal, das in seiner Grösse mit
der Winterthurer Altstadt vergleichbar ist. Noch im
gleichen Jahr beginnt der Bau des dazugehörenden
Wohn- und Bürohauses. Der Start zu einer gut
150 Jahre dauernden Entwicklungsgeschichte ist
erfolgt. Das Sulzer-Industrie-Quartier wächst stetig
zwischen der Strasse und der neuen Eisenbahnlinie
nach Zürich. Nach dem Auszug der Schwerindustrie
Ende der 80er Jahre begannen die Planungen für die
nicht-industrielle Zukunft des 220.000 m2 grossen
Sulzeraeals. Damit gehörte das SULZERAREAL
Winterthur Stadt zu den ersten Industriebrachen
der Schweiz. Die 1989 vorgestellte Projektstudie
„Winti Nova“, die einen grossflächigen Abbruch der
bestehenden Bausubstanz vorsah, führte jedoch
16
großes Bild unten:
links: ehemalige Giesserei,Denkmalschutzobjekt „Halle
52/53“; heute als Parkhaus genutzt
Mitte: ehemaliges Werkstatt-Gebäude 87, „Rundbau“;
heute als „City Halle“ bekannt und als Eventlokal
genutzt
zu heftiger Opposition breiter Kreise. Eine 1990
von der SIA Sektion Winterthur durchgeführte
Veranstaltungsreihe sensibilisierte alle Beteiligten
für eine nachhaltige Planung und Entwicklung des
SULZERAREALs und mündete 1992 in die von der
Stadt Winterthur initiierte „Testplanung Stadtmitte“. In
diesem Zusammenhang schrieb die Firma Sulzer 1992
einen internationalen Studienwettbewerb aus, der
weit über die Grenzen Winterthurs hinaus auf grosses
Interesse stiess, und zum Siegerprojekt „Megalou“der
Stararchitekten Jean Nouvel und Emanuel Cattani,
Paris führte. Parallel dazu, wenn auch sehr viel leiser,
entwickelten sich auf dem Areal zahlreiche innovative
Zwischennutzungen. Mitte der 90er Jahre war bereits
rund die Hälfte der Flächen auf dem SULZERAREAL
Winterthur Stadt mit Zwischennutzungen belegt
und circa 400 neue Arbeitsplätze entstanden.
Obwohl der Stadtrat von Winterthur 1995 dem
Megalou-Projekt die Baubewilligung erteilte, konnte
aufgrund eines Rekurses des Verkehrsclubs der
kleine Bilder oben:
Ehemalige Kesselschmiede, „Halle 180“;
Heute Architekturabteilung der Fachhochschule Winterthur
Schweiz erst drei Jahre später mit der eigentlichen
Investoren- und Mietersuche begonnen werden.
Damit fiel der Zeitpunkt der Umsetzungsreife
mitten in eine anhaltende Rezession, die dem
vorhergehenden Immobilienboom gefolgt war und
den gesamten Immobiliensektor in eine tiefe Krise
stürzte. Diese und der firmeninterne Grundsatz,
grössere Vorinvestitionen nur in Erschliessung und
Flächenaufbereitung zu tätigen, führte im Sommer
2001 zur Absage an das Grossprojekt „Megalou“.
Im Zentrum der neuen Vermarktungsstrategie der
Sulzer Immobilien AG steht nun ein ganzheitliches
Entwicklungsmanagement, das sich neben
Grossprojekten auch auf kleinere Vorhaben in der
Grössenordnung von 20 bis 30 Millionen Franken
konzentriert. Weitere wichtige Schritte wie die
Schaffung einer gemeinsamen Identität für das
Areal, ein laufender Informationsaustausch zwischen
allen beteiligten Projektentwicklern, Investoren,
der Sulzer Immobilien AG und der Stadt Winterthur
sowie ein professionelles prozessorientiertes
Entwicklungsmanagement zeigen erste Erfolge.
Heute wird auf dem SULZERAREAL Winterthur Stadt
so viel gebaut wie noch nie. Ein Einkaufszentrum,
ein Hotel, die Erweiterung des Technoparks sowie
ein Multiplex-Kino befinden sich in Realisierung.
Auf dem Sulzerareal Winterthur Stadt wird bereits
heute gewohnt, gearbeitet, gelernt, eingekauft und
die Freizeit genossen. Zahlreiche Unternehmen,
Läden, Werkstätten, Büros, Ausbildungsinstitutionen
und Freizeitangebote haben sich in den letzten
Jahren auf dem Areal niedergelassen. Der 2002
fertiggestellte Technopark, die neue Badminton
Halle und die Lofts G48 sind nur drei von vielen
Beispielen für die dynamische und innovative
Entwicklung des Areals. Auf dem Sulzerareal
Winterthur Stadt befinden sich zur Zeit über 30.000
Kücheninsel bis hin zu eleganten Ateliers mit grosser
Wohnhalle oder Lofts mit Kinderzimmern. Ein
besonderer Reiz stellt die gekonnte Verschmelzung
der historischen, von Grund auf sanierten Bausubstanz mit neu erstellten Gebäuden dar. Neues
fügt sich dabei in seiner architektonischen Sprache
charakterstark in das industriegeprägte Gesamtbild
ein. Bestehende Bauelemente erhalten mit der
neuen Nutzung eine neue Funktionalität. So wird
etwa die riesige, denkmalgeschützte Giessereihalle
integriert und bietet als überdeckter Aussenraum
einen grossartigen Ort für nachbarschaftliche
Kontakte und einen vielfältig nutzbaren Bereich
für das gesellschaftliche Leben in der Siedlung.
Für Familien, Paare und Singles, die urbanes
Lebensgefühl geniessen wollen, die aber nicht auf
eine ruhige Lage und einen Kontakt fördernden
Lebensraum verzichten möchten, bietet die Überbauung Lokomotive ein einzigartiges Umfeld zur
Verwirklichung der individuellen Wohnträume.
Mit dem Lokwerk wird das Shopping-Angebot in
Winterthur optimal durch bekannte Brands und
einige städtische „Exklusivitäten“ ergänzt. Das
Einkaufszentrum, welches mit einer modernen,
einzigartigen Architektur und einer ästhetischen
Innengestaltung überzeugt, entsteht in sehr zentraler
Lage an der Hauptverkehrsader der Stadt und ist
sehr gut erschlossen. Die Fassade der Eingangsfront
ist denkmalgeschützt und bleibt erhalten – so verschmelzen moderne und traditionelle Elemente
in harmonischer Weise. Im Inneren zeigt sich das
Lokwerk in warmen Tönen – mediterran, von einem
grossen Palmengarten begrenzt.
links: ehemalige Spedition, heute „Technopark“
rechts: ehemaliges Hauptmagazin, heute „Lofts G48“ mit Läden und
Loft-Wohnungen
m2 Büro- und Dienstleistungsfläche und gegen 300
Wohnungen in Planung oder Realisierung. Parallel
zu diesen Bauvorhaben entstehen auf dem Areal
zahlreiche neue öffentliche Freiräume. Gemeinsam
mit den Landschaftsarchitekten Vetsch Nipkow
Partner wurde für weite Teile des Areals ein neues
Freiraumkonzept entwickelt, das unter anderem
die Neugestaltung des Katharina Sulzer-Platzes,
die Freiraumgestaltung der Pionierstrasse und die
Aussenumgebung des ehemaligen Kesselhauses
beinhaltet. In der Wohnüberbauung Lokomotive
ist Vielfalt Programm. Das Angebot umfasst 120
Wohneinheiten mit einem riesigen Spektrum an
Wohnungstypen. Von der Maisonettewohnung
mit Vorgarten oder Dachterrasse, über moderne
unkonventionelle Geschosswohnungen mit zentraler
18
BEWEHRTES MAUERWERK UND
ERDBEBENGERECHTE KONSTRUKTIONEN
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LEHRSTUHL FÜR MASSIVBAU
WISSENSCHAFTLICHER MITARBEITER, AG MAUERWERKSBAU
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Die Gefahren, die von Erdbeben ausgehen, werden
in Deutschland aufgrund der Seltenheit der
Ereignisse stark unterschätzt. Infolge der sehr hohen
materiellen Werte in den erdbebengefährdeten
Bereichen Deutschlands sind in Summe hohe
Schadenspotentiale gegeben. Schutzziel für übliche
Hochbauten sind für den Lastfall Erdbeben die
plastische Verformungen außerhalb des linearelastischen Bereiches zu einem Aufzehren
(Dissipation) der durch Erdbeben in die Struktur
eingeleiteten Energie wesentlich beitragen, ist
bekannt. Im unbewehrten Mauerwerk bedeutet
das, dass insbesondere durch Risse und Gleit- bzw.
Kippvorgänge dieses bewerkstelligt werden muss.
Vermeidung des Einsturzes von Gebäuden oder
wesentlicher Teile davon. Das bedeutet, dass die
Gebäude nach einem Bemessungsbeben zwar
größere Schäden – bis zum erforderlichen Abriss
und Neubau – aufweisen dürfen, aber kein Versagen
stattfinden darf. Insgesamt sind für diesen
Katastrophenlastfall geringere Sicherheitsanforderungen in Form reduzierter Sicherheitsfaktoren bei
rechnerischen Nachweisen zugelassen. Es sind – im
Gegensatz zu sonstigen, üblichen Lastfällen (z.B.
Wind oder Nutzlasten) – plastische (d.h. irreversible)
Verformungen an der Struktur zugelassen. Dass
Hier sind die Effekte im Vergleich zu Materialien mit
ausgeprägt plastischem Potential wie z.B. Stahl oder
auch die Bewehrung in Stahlbetonbauteilen jedoch
wesentlich geringer, was sich beispielsweise in den
kleineren q-Faktoren in den einschlägigen Normen
widerspiegelt. Hier bietet es sich nun an, durch
Einbau von Bewehrung die Verformungsfähigkeit und
die Energiedissipation von Mauerwerk signifikant
zu verbessern. Die entsprechenden lastabtragenden
Bauteile – i.d.R. auf Schub aussteifende Wandscheiben, die die horizontalen Erdbebenlasten
aufnehmen und in die Fundamente ableiten – sind
barten Bauteile ist eine deutliche Verbesserung der
Aussteifung von Gebäuden vorhanden.
c) Einbau interner Bewehrung in angepassten
Formsteinen: Hier wird der Hohlraum der bekannten
Verfüllziegel dazu verwendet, ein Bewehrungsnetz
aus vertikalen und horizontalen Bewehrungsstäben
aufzunehmen. Durch den anschließenden Verguß
mit Beton erfolgt der kraftschlüssige Verbund und
eine Erhöhung der vertikalen Drucktragfähigkeit.
Hinsichtlich des letzteren Systems wurden
umfangreiche Entwicklungsarbeiten am Lehrstuhl
für Massivbau der TU München durchgeführt.
von der Bewehrungsanordnung und der Konstruktion
auf diesen Beanspruchungsfall anzupassen. Grundlegend wird im Folgenden zum einen auf bewehrtes
Mauerwerk eingegangen und zum anderen auf
die erdbebengerechte Konstruktion von üblichen
Gebäuden aus unbewehrtem Mauerwerk. Bewehrtes
Mauerwerk ist in Südeuropa und auch in Übersee
weit verbreitet und dort in der Praxis auch Standard.
In Deutschland ist die durchgängige Anwendung
nicht zu finden, was zum einen historisch bedingt ist
und zum anderen auch aus technischer Sicht in der
Vergangenheit nicht erforderlich war.
Im Bereich der Ziegel bieten sich für die Anordnung
von Bewehrung verschiedene Möglichkeiten an:
a) Einbau in horizontaler Lage in den Lagerfugen:
Hier wird die Bewehrung entweder in dem Mörtel
der Lagerfuge oder in angepassten Formsteinen
verlegt. Die Bewehrung kann bei schubbeanspruchten Wänden ein Auseinanderreißen bei
Diagonalschubrissen wirksam verhindern und durch
die Verbund- und Dübelwirkung zusätzliche Schubkräfte aufnehmen.
b) Einbau vertikaler Bewehrung entweder in Formsteinen oder ummauerten Aussparungen: Die
vertikale Bewehrung kann ein Kippen und eine
dominierende Biegeverformung in Form eines
Klaffens in den Lagerfugen verhindern und durch
plastische Verformungen Energie aufnehmen. Bei
einem wirksamen Anschluss an die vertikal benach-
Insbesondere wurden im Zuge eines EU-Forschungsprojektes mit verschiedenen Partnern aus Industrie
und Forschung die Systemkomponenten Stein,
Verfüllbeton (SVB) und Bewehrung hinsichtlich der
Tragfähigkeit unter kombinierter Beanspruchung
und der Anwendbarkeit in der Praxis angepasst und
optimiert.
Für die Überprüfung der Praxistauglichkeit und
des tatsächlichen Trag- und Verformungsverhaltens
wurden verschiedene Versuche im Maßstab 1:1 am
Materialprüfungsamt der TU München durchgeführt.
Es zeigte sich, dass die Tragfähigkeit und auch das
Verformungsvermögen der Wände außerordentlich
groß waren und dass das System damit für den
Einsatz bei hohen Horizontallasten prädestiniert ist
(hohe Gebäude, Erdbebenlasten).
Die Lösung der Erdbebenaussteifung von Gebäuden
erfordert Verständnis hinsichtlich der Charakteristik
der Einwirkung mit Kopplung von Einwirkung und
dynamischem Verhalten. Die Beanspruchungen
resultieren dabei aus der horizontalen Beschleunigung der Konstruktion im Bereich der Gründung
(Bodenbeschleunigungszeitverlauf ), woraus sich
infolge der Trägheitswirkung in den Massenpunkten
horizontale Kräfte ergeben. Vertikale Anteile werden
i.d.R. vernachlässigt, da der Betrag der vertikalen
Bodenbeschleunigungen deutlich geringer als der
der horizontalen ist und zum anderen übliche Bauwerke bezüglich vertikaler Lasten erhebliche
Tragreserven aufweisen. Verbleibt die Konstruktion
im Lastfall Erdbeben linear-elastisch, so kann das
Verhalten sowie die Größe und Verteilung dieser
horizontalen Ersatzkräfte sehr gut mit dem sog.
Antwortspektrenverfahren abgebildet werden.
Liegen die Einwirkungen in Größenordnungen, die
eine Überschreitung des linear-elastischen Verhaltensbereiches bedingen, so kann durch eine
plastische Verformung eine weitere Erhöhung der
Kräfte verhindert werden – jedoch steigen die
Verformungen entsprechend überproportional an.
Einhaltung der konstruktiven Vorgaben, wie sie
in DIN 4149, Abs. 11.6 geregelt sind, empfohlen.
Diese beinhalten im Wesentlichen folgende
Forderungen:
• kompakter Grundriss, d.h. ein Verhältnis der Seitenlängen maximal 4 : 1, ansonsten ist die Konstruktion
entsprechend durch wirksame Fugen zu unterteilen
bzw. zu entkoppeln
• Die Anzahl Vollgeschosse darf maximal 4 (Erdbebenzone I) bis 2 (Erdbebenzone III) betragen
• Anforderung der Regelmäßigkeit der Konstruktion
im Grund- und Aufriss (Begrenzung der Vor- und
Rücksprünge, Begrenzung von Steifigkeitssprüngen)
• Erweiterte Grundanforderungen (kein Torsionsproblem, vertikal durchlaufende Wände vom KG bis
in das oberste Vollgeschoss, ausreichende Vertikallasten in Schubwänden),
• Mindestschubwandlänge 1,99m (Pfeiler sind für
die Aufnahme von Horizontallasten nicht geeignet),
d.h. ausreichend lange Wände für die Aussteifung
vorsehen
• erforderliche Schubwandquerschnittsflächenanteile
zwischen 2% und 6,5% in Abhängigkeit der Stein-
Bewehrte Schubwand
Unbewehrte Schubwand
Bei dem rechnerischen Nachweis werden, aufbauend
auf die Parameter der Einwirkungsseite (Erdbebenzone, Baugrund, Bodenklasse, Bedeutung des
Bauwerkes,…) und der Charakteristik des Gebäudes
(Steifigkeit, Massenverteilung, Duktilität bzw.
Verhaltensfaktor), die Lasten in Form horizontaler
Ersatzkräfte ermittelt. Anschließend erfolgt die
Bemessung - insbesondere der lastabtragenden
Wände - unter den ermittelten Beanspruchungen
(N-M-V). Dieser Nachweisweg ist i.d.R. sehr
zeitaufwändig und wird aufgrund des erforderlichen
Fachwissens in der Praxis meist selten angewendet.
Üblicherweise wird daher der Nachweis durch
festigkeitsklasse, der Anzahl der Vollgeschosse
und der Erdbebenbelastungshöhe (EB-Zone), d.h.
ausreichende Anzahl von Schubwänden in beide
Hauptrichtungen des Gebäudes vorsehen.
20
Diese Anforderungen sind in üblichen
Konstruktionen bei geringem Anpassungsaufwand
umsetzbar. Wichtig ist die frühzeitige Einbeziehung
qualifizierter Fachplaner. Sind o.g. Anforderungen
alle eingehalten, so ist von einer ausreichenden
Erdbebensicherheit auszugehen und weitere
rechnerische Nachweise für diesen Lastfall erübrigen
sich.
DER TURM ZU
BHAKTAPUR IN NEPAL
Film und Buchvorstellung
PROF. DIPL.-ING. WOLFGANG RANG
FH FRANKFURT
FACHBEREICH ARCHITEKTUR
NIBELUNGENPLATZ 1
60318 FRANKFURT AM MAIN
Gedanken zum Bau eines Turmes in Bhaktapur, Nepal
Entwürfe für Ziegel aus Frankfurt treffen auf
traditionelle Bautechniken der Newars.
Eine Gruppe von 25 Architekturstudenten der Fachhochschule Frankfurt am Main haben mit Prof.
Wolfgang Rang (Fachhochschule Frankfurt) und Prof.
Dr. Niels Gutschow vom Exzellenzcluster „Asia and
Europe“ der Ruprecht-Karls Universität Heidelberg in
Bhaktapur in 24 Tagen eine Turmskulptur gebaut.
Im April 2008 entwarfen die Studentinnen und
Studenten in Frankfurt Ziegel unterschiedlichen
Formates und unterschiedlicher Oberflächengestaltung und modellierten danach Prototypen in Lehm.
Dreizehn dieser Modelle in Lehm, Pappe oder Holz
wurden Anfang Mai nach Nepal geschickt. Dort
fertigte ein Zimmermann Model, mit denen ein
Ziegelmacher etwa 3600 Rohlinge herstellte, die bis
zum Juli trockneten. Mitte September wurden die
letzten Ziegel aus dem Brennofen geholt. Nach der
rituellen Grundsteinlegung unter Anleitung eines
Brahmanen am 12. September entstand eine Turmskulptur ohne jede Vorplanung Schicht um Schicht
unter Verwendung der in Frankfurt entworfenen
Ziegel, sowie 10.000 gebrannten und weiteren 10.000
ungebrannten nepalesischen Normziegeln. Am 3.
September wurde der oberste Mauerkranz gesetzt,
so dass zwei Tage später dem Sturzbalken eine Ziege
geopfert werden konnte und der Bau mit einem
Festmahl abgeschlossen war. Im Zuge des Bauens
wurden alle notwendigen Schritte in der Gewinnung
und Verarbeitung des Lehms erfahren: Der Aushub
wird mit den Füßen gewalkt und unter Zugabe von
Sand in Mörtel verwandelt, um dann gezielt in die
Lager- und Setzfugen geworfen zu werden. Gebrannte Ziegel wurden in einem zweischaligen Verbund mit luftgetrockneten Ziegelrohlingen unter
Anleitung von newarischen Maurern gesetzt. Das
Bauen mit dem am Ort vorgefundenen Material
erscheint im Lichte deutscher Bauprozesse und im
Hinblick auf die Energiebilanz geradezu revolutionär.
Die Begegnung mit der alten Stadtkultur der Newars
des Kathmandu-Tales fordert zudem, gewohnte Denkweisen und Praktiken im Bauen, die mit Perfektion,
Normung und Linearität verbunden sind, aufzugeben.
Das Ziel des Heidelberger Exzellenzclusters ist es,
derartige Asymmetrien im transkulturellen Fluß von
Ideen zwischen Europa und Asien zu erforschen.
In Kooperation mit der Fachhochschule Frankfurt
wurde in einem konkreten Bauprojekt der Fluß von
Praktiken hautnah erfahren. Die Studenten waren
widerstreitenden Konzepten von Bauprozessen
ausgesetzt. Sie brachten ihre eigenen Entwürfe ein,
um sich dann den Regeln der über Jahrhunderte
gewachsenen, hochentwickelten Baukultur der
Newars zu unterwerfen: So traf Europa auf Asien.
22
Bauen mit dem, was der Baugrund gibt
Wolfgang Rang
In einer Zeit, in der im deutschen Bauen Ziegel
aus Holland und Polen, Zement aus Spanien, Stahl
und Marmor aus Indien, Aluminium aus Brasilien,
Holz aus Kanada und tropischen Ländern mit
Regenwäldern importiert wird, erscheint der Bau
eines Hauses, das aus dem Aushub des Baugrundes
entsteht als ein Paradigmenwechsel oder als Gruss
aus einer Vergangenheit, die wir gerne romantisieren.
Möglicherweise ist es auch eine Vision. Hieß es in
Deutschland 1974 in anderem Zusammenhang nicht
„Eine Zukunft für die Vergangenheit?“
Die im Augenblick für Deutschland und Europa
selbstverständliche, globale Verfügbarkeit von
Material und billiger Arbeitskraft hat die Qualität
unserer gebauten Umwelt und der überkommenen
Handwerkskultur nachhaltig verändert. Statt global
verfügbare Handwerkskunst als Begegnung und
Bereicherung der eigenen Handwerkskultur zu
begreifen, geht es vorrangig um vagabundierende,
günstige Arbeitskraft. Dem Fluss der freien Material-
auswahl für einen spezifischen Ort, dessen Gestalt
und Farbigkeit, steht die globale marktwirtschaftliche
Materialverdrängung gegenüber. Es entstehen
auswechselbare Orte ohne Zeit: „Unorte“ nannte der
französische Anthropologe Marc Augé diese Plätze.
Bauen mit dem, was der Baugrund inmitten von
Reisfeldern in Bhaktapur hergibt – das erscheint als
eine heute notwendige Erfahrung für Architekturstudenten.
Das Experiment der Fachhochschule Frankfurt in
Nepal hat gestalterisches Gut in Form von Entwürfen
von Ziegeln nach Bhaktapur importiert. Dort traf
dieses Gut auf die jahrhundertealte Baukultur und
Handwerkskunst der Newars. Es galt, den durch
die Begegnung entstehenden Reichtum beider
Kulturen auszuloten. Für die Newars entstand mit
der Neuinterpretation ihres Baumaterials Ziegel
sicher eine „verkehrte Welt“ und damit unversehens
eine Herausforderung. Den Frankfurter Studenten
galt der Reichtum der Baugrube als eine ähnliche
Herausforderung. Der Ort gibt den Mörtel, den
Rohstoff für das Baumaterial, selbst der Bambus für
das Gerüst wird in einem nahen Hain geschlagen.
Gerade der aus örtlichem Lehm gebrannte
Ziegel hat die Chance, als kleinstes Bauelement
Architektur zur verorten und mit der vor Ort
verfügbaren Handwerkskunst unverwechselbare
Orte zu schaffen. Das gestalterische Potential dieses
kleinsten Elementes – der Ziegelstein – ist noch
längst nicht ausgeschöpft – weder in gebrannter
noch in ungebrannter Form. Beispiele aus der
Architekturgeschichte Hamburgs oder Amsterdams
könnten Paten sein für neue Entwicklungen von
Ziegelgenerationen. Die Qualität von gebrannter
Erde – terra cotta - , ihre Farbigkeit, ihre haptisch
erfahrbare, bildhaft-körperliche Oberfläche ist
emotional oder sinnlich-erotisch erfahrbar: als
bergende Haut und lebendige Wandfläche. Die in
Nepal entstandene Ziegelskulptur kann als erster
Prototyp für eine neue Erfahrung gelten – ein
architektonisches Ziegelerlebnis!
24
PARLAMENTSBAUTEN IN LIECHTENSTEIN
Werkbericht und Film
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Hohes Haus - der Gesetzgebung Obdach geben
Die Entstehung einer zeitlosen Urform
Das so genannte ‚Grosse Haus‘ der Regierung als
Exekutive stellt bereits eine der drei demokratischen
Staatsgewalten. Ein so genanntes ‚Hohes Haus‘ für
das Parlament als Legislative hatte somit im beabsichtigten ‚Regierungsviertel‘ den anderen Pol deutlich darzustellen. Das ‚Hohe Haus‘ erhält dabei symbolisch die gleiche Höhe wie das ‚Grosse Haus‘. Diese herausragende Rolle soll es auch signifikant und
eigenständig verkörpern, - etwa so wie manche alte
Ratshalle noch heute für das Selbstbewusstsein der
Bürgerschaft wohlhabender Handelsstädte steht und
dabei wenig mehr zu sein braucht als die Urform
eines Hauses.
Wenig ist neu zu erfinden, dafür kann vieles neu
entdeckt oder wiedergefunden werden. Ich nehme
gern die Kenntnis des Bewährten, um es modern in
etwas Neues, von eben so zeitloser Gültigkeit, zu
übersetzen. Je klarer und wesentlicher dabei die Form
gelingt, desto eindrücklicher wird seine Ausdruckskraft. Auch diese erwähnte Typologie war als Stadthaus und Stadtscharn oft getragen von den Säulen
seiner Kornspeicher, in denen man heute wandelt.
Die Arbeit in diesem Haus sollte im Sinn des Wortes
‚gut bedacht‘ sein - in und unter ihm kann sich eben
so deutlich der Ratsschluss in der Tafelrunde der
Foto: Lukas Roth
Modellphoto
Abgeordneten abbilden, und zugleich wird mit dem
Souverän zusammen getagt - auf einer Ebene, unter
einem Dach.
Dieses Errichten eines elementaren ‚Steindachhauses‘
als einer zeitlosen Urform zum Bergen und Obdach
geben für eine gesetzgebende Versammlung im
allemannischen Kulturraum des Alprheintals soll
sich so zugetragen haben: In alten Zeiten brachten
reisende Baumeister ihre mittelalterlichen und wiedergeborenen, klassichen Stadt- und Bauvorstellungen von jenseits der Alpen in die Bauhütten des
prosperierenden Nordens. Hier will ein im nördlichen
Kulturraum Verwurzelter seine cisalpinen Seh- und
Bauerfahrungen einbringen - die der ‚ernsten
Schönheit‘ einer nüchternen Klarheit, geboren aus
einem protestantisch-calvinistischen Realismus - die
der Architekturen selbstbewusster Hansestädte an
den Salzstrassen und Küsten, bürgerlichen Wohlstand darstellend - samt Höhungen oder Überhöhungen - in Typologie, Körper und Material jedoch
Zeiten überdauernd, bewährt und wettertrotzend
- somit nicht weniger geeignet für den nüchternen
alemannischen Kulturraum des Rheintals.
Ob die stille Belehrung klarer Typologien der Hallenkirchen, Hoher und Langer Häuser, oder das Kunstlose des Praktischen und Zweckmässigen - einzige
Kunstforderung ist die signifikante Typologie für Aufgabe, Körper und Raum. Vom Beginnen am Sockel bis
zum Bergen unter Dach, in Material, guter Proportion,
lapidar in sich ruhend, und dabei Städte fügend.
Die Faszination von fester Solidität in grossartiger
Nüchternheit ist alles zu gleich: aufgabenneutral,
kulturunabhängig, sinnenreich, zeitlos. Auf diese
Weise wird den meisten Kultivierungen eine gewisse
Sublimität zu eigen. Zisterzienser und Shaker genossen Zeiten und Raum übergreifend die gleiche Begeisterung. Verzicht auf Überflüssiges - Betonung der
Wesentlichkeit - elegance des Unkomplizierten - tragen als Schritt zu konsequenter Haltung eine gewisse
unbedingte Härte in sich, wenn die mitgebrachte
Anschauung trivialen Verhältnissen begegnet. Dann
steht dies im Gegensatz zur Ikonographie eines falsch
verstandenen Modernismus, die sich gegenüber der
eines ebenso falschen Traditionalismus zwanghaft
absetzen muss - [denken wir an die verunglimpften
‚Ritter vom steilen Dach‘]. Was ich von je her selber
suchte, liegt irgendwie darüber hinaus, ist klarer, und
meint Klarheit als Kennzeichen von Moderne als einer
zeitlosen Haltung, meint ‚Shaker- oder ZisterzienserGeist‘ nicht ‚Zisterzienser-Style‘.
Dabei muss auch das ‚steinerne Bauen‘ - noch dazu
eines mit steinernem Dach - heute eigene Wege weiter gehen. Es sei - laut Dieter Hoffmann-Axthelm
- nur ‚der mediterrane Schatten der Architektur‘. Der
Norden habe sich den Stein mühsam angeeignet,
zunächst in der Gotik als Material, dann in der verspäteten Renaissance als Architekturideal, über den
Klassizismus sei das Bild in den Kanon der Moderne
eingegangen. Dabei habe die Rettung des Bildes die
zugrunde liegende Materialität verbraucht. Das Bild
des Steinernen habe den gebauten Stein gefressen.
Darauf ist meine heutige Antwort nicht reduziert:
entweder ‚gefügter‘ Stein oder ‚gegossener‘ Stein.
Bei real existierenden Arbeitsteilungen von grenzauslotenden Konstruktionen sollte es in zielgerechter
Arbeit zu einem ‚sowohl-als-auch‘ kommen - etwa zu
gefügten ‚Hybriden‘, wiederum gefügt aus gegossenem mit gefügtem Stein, so wie das Werk der Mauer
oder des Daches stets gefügt sind.
Ziel ist hier eine Dialektik aus bautypologischer
Beständigkeit und künstlerischer Materialität:
Strenge mit Sinnlichkeit, also Geklärtes zugleich von
Sinnenreichtum bereichert, prägt sich sinnenhaft und
Foto: Juerg Zuercher
26
Foto rechts oben: Juerg Zuercher
Foto rechts unten: Lukas Roth
Foto links: Juerg Zuercher
darum nachdrücklicher und designverschleissfreier
ein. Anspruchsvolle Schlichtheit, skulptural aus
stereometrischen Formen geschnitten, dezente Einfachheit, primär gefügt, im Licht gegliedert, durch
kräftige Schatten vereinfacht: Riss, Mauer, Dach,
Raum, Licht - immer dagewesene, immer wieder
kommende Architektur, um immergültigen Bedürfnissen eine ebensolche Form, eine zeitlose Verkörperung zu geben. ‚What will be has always been...‘
- hat es Lou Kahn gefasst.
Fortsetzen soll sich auch mit der wetterfesten
Substanz sinnlich gemachten Klinkerpflasters und
-Mauerwerks als hellleuchtend, tonfarbenes
‚material brût‘ bis ins Dach die Farbe des Berges
wie die der puren hellen Kalkputze und Sandsteine
des Kontextes. Ich sah darin die selten gewordene
Chance zu einer harmonischen, materiellen und
monochromen Durchgängigkeit für den gesamten
Zug der ‚murus serpentinus‘, - vom Landesmuseum
über das Landesparlament zu einem anschliessenden
Landesarchiv, - als ductus und tenor eines gemeinsamen Rahmens - ‚aus einem Guss‘. In dieser contour
erst kann und soll mehr entstehen als nur ein ‚Hohes
Haus‘ als weiterer Bau: ein zeitloses ensemble ist die
angemessene Absicht - in dessen Schwerpunkt die
Zwiesprache aus ‚Grossem Haus‘ und ‚Hohem Haus‘.
Das ‚Erste Haus am Platz‘, ja sogar das ‚Erste Haus
im Lande‘, dem ‚Regierungsviertel‘ das zusammen
hängende Gefüge eines Quartiers zu geben - ein
hoher Anspruch an einen Bau, der sich - der bedeutenden Aufgabe entsprechend - also so wohl individuell als eine der Staatsgewalten markant darstellt, als auch zugleich rahmend in die Gemeinschaft
der Monumente - der civitas, der Gemeinde und der
res publica, dieses Staates - einfügt, um so Vorhandenes wie Kommendes zusammen zu fügen zum
forum, zu einer kleinen agora, einem ‚Landesforum‘.
Ein scheinbar ‚unzeitgemässer impetus‘: alle Extreme
- die ausschliessliche banale Sachgläubigkeit eben so
wie die überzogener künstlerischer Egozentriertheit
- zu überwinden. Denn es geht um die beste
Konvention - nicht um das Opportune. Es geht um
common sense - nicht um Besonderheit. Dieses
Bewusstsein nimmt vorweg, dass Bauten nicht nur
Aufgaben zu dienen haben, sondern lange Zeiten
bestimmen, dabei Orte stiften, Gemeinschaft abbilden und den Geist seiner Beteiligten verkörpern.
28
PROGRAMM
08.00 Uhr
Frühstück
09.00 Uhr
Abfahrt
09.15 Uhr
„Stromeyersdorf“, Bleiche
11.07.2009
EXKURSION
Bürogebäude Seitenbau, Lanz + Schwager Architekten
10.15 Uhr
Jugendherberge, Konstanz-Allmansdorf
Baumewerd, Sieber, Vögele Architekten, Düsseldorf
11.00 Uhr
Bodensee Therme Konstanz, 4a Architekten, Stuttgart
Wohnhausanbau am See, Mäckler Architekten, Frankfurt
11.45 Uhr
Altstadtführung ab Marktstätte
Münster und Münsterplatz
Kulturzentrum Wessenberghaus, Schaudt Architekten
Reichspostgebäude / Sparkasse, Graf + Schmidt Architektinnen
Konzil
Hafenhalle, Schaudt Architekten
13.00 Uhr
Gemeinsames Mittagessen in der „Hafenhalle“
am Konstanzer Hafen
“STROMEYERSDORF”
LUDWIG STROMEYER 1905
INDUSTRIEARCHITEKT PHILIPP JAKOB MANZ 1905
Quelle:
www.die-bleiche.de
www.historische-gasthaeuser.de
Die Bleiche gehörte um 1880 zur Hummelschen
Leimfabrik und wurde als Leimsiederei genutzt. Im
Jahre 1884 erwarb die 1872 gegründete Firma L.
Stromeyer & Cie. den Hummelschen Familienbesitz
und entwickelte dort bis 1900 eine weltbekannte
Industriestätte, die Decken und Zelte produzierte.
Mit dem steten Wachstum und einem erweiterten
Betätigungsfeld der Firma L.Stromeyer & Cie.
wurden die bestehenden Räumlichkeiten zu
klein, so dass im Jahre 1905 der renommierteste
Industriearchitekt dieser Zeit, Philipp Jakob Manz,
als Planer und Gestalter für die Erweiterung und
Ausgestaltung der Fabrikanlage beauftragt wurde.
Manz entwickelte für die Firma L. Stromeyer & Cie.
ein Konzept, bei dem das Industriegelände und die
Verwaltungsbereiche einen Dorfcharakter erhalten
sollten. Um die Arbeitsabläufe zu optimieren, entwarf
Manz hintereinander gestaffelte Hallen, zwischen
denen Straßen verliefen. Diese neue Siedlung
erhielt als erstes deutsches Dorf am Rhein zu Ehren
ihres Gründers die noch heute gültige amtliche
Bezeichnung „Stromeyersdorf“.
Nach 1945 fand die Firma jedoch nicht zu ihrer
ehemaligen Größe zurück und 1973 musste Konkurs
angemeldet werden. Darauf folgten 10 Jahre des
„Zerbröselns“ und der schrittweise Abbau der
Belegschaft, bis die Tore 1984 endgültig geschlossen
wurden. Die eingeschossigen Manufakturgebäude
wurden kurze Zeit später abgerissen, doch verblieben
die Kontorbauten und der beeindruckend schöne
Wasserturm, der weithin sichtbar als Wahrzeichen
von Stromeyersdorf gilt.
30
BLEICHE
STROMEYERSDORF
BLEICHERSTRASSE 8
78467 KONSTANZ
Die bereits um 1880 mit stark ausgeprägten
Jugendstilformen erbaute „Bleiche“, zunächst von
der Hummelschen Leimfabrik als Leimsiederei
genutzt, wurde von Manz als Verwaltungsgebäude
in das System integriert. Die Bleiche bleibt als
eines der ältesten Gebäude von Stromeyersdorf
bis heute ein Begriff in Konstanz und ist auch nach
dem Absinken der Fabrikanlage L. Stromeyer &
Cie. in die wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit
noch im Bewußtsein der Bevölkerung verankert.
Michael Hoyer, Absolvent der Wirtschaftshochschule
St. Gallen, hatte sich mit dem Kauf der Bleiche
an ein großes Projekt gewagt. Seit 1993 war der
Unternehmer mit seinem Verlag im StromeyerLohnerhof ansässig. Er trug maßgeblich zur Rettung
dieses Baudenkmals bei. Durch umfangreiche
Sanierungs- und Renovierungsarbeiten wurde die
Bleiche 1999 wieder einer attraktiven gewerblichen
Nutzung zugeführt. Im historischen Gebäude
ist nach erfolgter Restaurierung praktisch eine
Komplettvermietung gelungen.
Alle Räumlichkeiten sind unmittelbar am See
gelegen, haben eine unvergleichlich ruhige Lage
und bieten eine einmalige Sicht. Der exklusiven
Topographie angemessen, erstreckt sich das Gebäude
mit seinen fünf Meter hohen Räumen und dem
Interieur unmittelbar am klar und lichtdurchflutet
vorbeiziehenden Wasser. Doch vertieft man sich in
die großformatigen Fotos an den Wänden, meint man
fast die Näherinnen, Weberinnen und Färber, denen
heute noch die Straßennamen in Stromeyersdorf
gewidmet sind, zu neuem Leben erwachen zu sehen.
BÜROGEBÄUDE
STROMEYERSDORF
BLEICHERSTRASSE 8
78467 KONSTANZ
Lanz . Schwager Architekten BDA
Rheingutstraße 7
78467 KONSTANZ
www.lgs-architekten.de
Das Bürogebäude Seitenbau GmbH wurde für
einen Dienstleister für Systemlösungen im Bereich
Inter- und Intranet errichtet. Das Budget für das
Projekt wurde gedeckelt – gleichzeitig wollten
die 5 Bauherren, sowohl was die Elektro- und
Datentechnik, als auch was den reduzierten
Energiebedarf angeht, ein exemplarisches Gebäude
erstellen. Das Grundstück bietet Durchblicke auf den
gesteigertem Flächenbedarf als auch ideell der
Vitalität und dem Anspruch auf Individualität
des Bauherren genüge zu leisten, indem sich die
Fassaden gleichsam vom Zentrum des Gebäudes
nach Außen drücken. Die daraus resultierenden
Falten und Kanten können auch als Hommage an
den benachbarten, denkmalgeschützten Wasserturm
mit seiner polygonalen Grundrissstruktur und seinem
Seerhein und unverbaubare Grünflächen
unmittelbar am Wasser, die ebenfalls in den Entwurf
einzubeziehen waren. Aufgrund der schwierigen
Gründungssituation wurde ein regelmäßiger
zweigeschossiger, nahezu quadratischer Grundriss
mit einer Flachgründung entwickelt. Auf eine
Unterkellerung wurde verzichtet, die Haustechnik
wie der Pausenraum wurden in einem „leichten“
Dachgeschoss untergebracht. Die tiefen Grundrisse
im EG und OG wurden in Kauf genommen, da sich für
die Programmierer eher vorteilhafte Lichtsituationen
ergaben. Zentral verbindet ein zenital belichtetes
Atrium die beiden Büro-Geschosse miteinander.
Während des Entwurfsprozesses wurde nach
Möglichkeiten gesucht, sowohl funktional dem
original erhaltenen Putz verstanden
werden. Tageslichtoptimierung und sommerlicher
Wärmeschutz über innenliegende, prismatisch
gefaltete Lichtlenklamellen, dadurch verringerter
Kunstlichtbedarf und geringere sommerliche
Aufheizung durch Leuchtkörper. Aufgrund
des beschränkten Budgets wurde nach neuen
technischen Möglichkeiten gesucht, um den
gestalterischen Anspruch zu wahren. So wurde die
gesamte technische Installation in teilabgehängten,
akustisch wirksamen Bereichen entlang der Fassade
geführt; auf einen Estrich oder Installationsboden
konnte damit verzichtet werden.
Photographie: Barbara Schwager
32
JUGENDHERBERGE
KONSTANZ-ALLMANSDORF
Zur Allmannshöhe 14
78464 Konstanz
Architekturbüro Baumewerd
Coerdeplatz 12
48147 Münster
www.baumewerd-architekten.de
Die vorhandene Jugendherberge, im ehemaligen
„Otto Moericke“-Wasserturm und in einem Flachbau
aus den zwanziger Jahren untergebracht, war zu
klein und nicht mehr zu betreiben. In einem 1996
ausgeschriebenen, internationalen Architektenwettbewerb wurde aus 180 eingesandten Entwürfen
dieser nun verwirklichte Entwurf mit dem 1. Preis
ausgezeichnet und zur Ausführung vorgeschlagen.
Die Architektenleistungen wurden im Jahre 1997
an die Werkgemeinschaft Prof. Baumewerd, Sieber,
Vögele übertragen.
Der Entwurf beantwortet die reizvolle örtliche
Situation, indem er den denkmalgeschützten Turm
und den Flachbau in ihrer Gestalt belässt und die
Erweiterung um zwei in den Hang gestellte Gebäudeflügel ergänzt. Diese Flügelbauten, beidseitig des
vorhandenen Flachbaus angeordnet, bilden mit
dem Eingang und einer großen Außentreppe einen
Innenhof, der zum Herz und zur Mitte der neuen
Herberge wird. Der Hof öffnet sich zum Hang und
zum Bodensee. Der Eingang liegt in angemessener
Entfernung, um Ruhe und Stille zu gewährleisten,
zum vorgelagerten Friedhof zwischen dem vorhandenen Flachbau und einem Neubauflügel als
gläsernem Verbindungsbau. Von hierher hat man
einen ersten Blick auf den See.
Dem ankommenden Gast präsentiert sich die
Jugendherberge als einfacher, kubischer, zweigeschossiger, frei in der durchfließenden Bodenseelandschaft stehender Baukörper. Seine Betonung
erhält das Ensemble durch den vertikal aufragenden,
denkmalgeschützten Wasserturm. Die Wohnung der
Herbergseltern ist als separates Einfamilienhaus
seitlich der Gebäude angeordnet. Auf der Ebene des
Eingangs liegen in den beiden Neubauflügeln die
Gästezimmer und im vorhandenen Flachbau die
Eingangshalle. Über verschiedene Treppen (innen und
außen) gelangt man auf die nächst tiefere Ebene, die
des Hofes. Hier liegt die Küche und ihr zugeordnet die
Speise- und Tagungsräume nach unterschiedlichen
Größen geordnet sowie die Toiletten. Zwei kleine
Appartements für Mitarbeiter sorgen hier für Aufsicht
und Kontrolle. Im darunterliegenden Kellergeschoss
befinden sich die Wirtschaftsbereiche: Lager, Umkleide für Küchenpersonal, Wäscherei, Werkstatt und
Haustechnik.
Im Zuge der Projektbearbeitung ergaben sich jedoch
geringfügige Verschiebungen: Auf Wunsch der Denkmalpflege sollte das Erdgeschoss des Turmes in seiner
ursprünglichen Form erhalten bleiben. Hierdurch
wurde ein Tausch der Funktionseinheiten Küche, Anlieferung und Sozialbereich erforderlich.
War man zum Zeitpunkt des Wettbewerbs noch
davon ausgegangen, dass der Betrieb innerhalb des
Turmes in seiner bestehenden Form belassen werden
könne, zeigte sich im Verlauf der Realisierung, dass
die Qualitätsunterschiede zwischen den Zimmern im
Turm und im Neubau so groß waren, dass man von
zwei völlig unterschiedlichen Standards sprechen
müsste. Da dies nicht erwünscht war, entschied sich
der Bauherr, folgende Maßnahmen durchführen zu
lassen: Dem Ausstattungsstandard des Neubaus entsprechend wurden auf allen Etagen des Turmes die
Bettenanzahl reduziert, jedem Zimmer wurde ein
eigener Sanitärbereich mit Dusche, WC und Waschgelegenheit zugeordnet. Die Zimmer wurden
komplett renoviert. Fassade, Fenster und Dachhaut
des Turmes und des historischen Flachbaus wurden
in Abstimmung mit der Denkmalpflege saniert. Der
Entwurf der Jugendherberge sucht in der Durchbildung aller formalen Elemente nach einer einfachen
Form, in der alles in einer ursprünglichen logischen
Gestalt erscheint.
34
BODENSEE THERME KONSTANZ
Wilhelm-von-Scholz-Weg 2
78464 Konstanz
4a Architekten GmbH
Hallstraße 25
70376 Stuttgart
www. 4a-architekten.de
„Die Architektur der Bodensee Therme greift die
prägenden Elemente der Umgebung auf: Wasser
und Weite sowie die Segelboote waren Leitbild und
Inspiration für die Gestaltung der Anlage.“
Beinahe zehn Jahre mussten sich die Konstanzer
gedulden, um in der neuen Bodensee Therme dem
Badespaß zu frönen. Dabei konnten 4a Architekten
aus Stuttgart bereits 1998 mit ihrem innovativen
Entwurf den Wettbewerb für den Neubau der Therme
für sich entscheiden. Das Baugrundstück liegt direkt
am Bodensee und beeindruckt durch einen wunderbaren Blick auf den See, bei klarer Sicht bis auf die
ferne Schweizer Bergwelt. Ziel der Architekten war
Grundriss: Eingangsebene
es, diese besondere Umgebungsqualität aufzugreifen
und auch im Bad zu inszenieren. Die sanft in das ansteigende Terrain des Seeufers eingebettete Anlage
öffnet sich in Richtung See, greift besondere Blickbeziehungen auf und führt diese im Innenraum fort.
Sauna- und Restauranttrakt sowie Betriebs- und
Umkleidetrakt bilden den teilweise in den Boden
eingesenkten „Rücken“ der Anlage und scheinen die
Badelandschaft mit ihren beiden Flügeln zu umarmen. Ein Geschoss über der Badeebene, am Schnittpunkt der Gebäudeflügel, liegt der Eingangsbereich.
Er ist so angeordnet, dass beim Betreten des Bades
der Blick über die neue Badelandschaft und auf den
Bodensee freigegeben wird.
Die winkelförmige Gebäudestruktur der Therme
reagiert auf die einzigartige Lage direkt am See und
der unmittelbar angrenzenden Landschaftsstruktur,
dem Gehölzrand im Westen sowie einer nördlichen
Hangkante. Die natürlichen Geländestrukturen
parallel zum Hang wurden in Form terrassierter
Flächen mit unterschiedlicher Nutzung aufgegriffen.
Der Zugangsbereich befindet sich zentral am Schnittpunkt der Gebäudeachsen. Großzügig gestaltet
bildet er eine Plattform für Ankunft, Begegnung
und Repräsentanz. Eine Stufe tiefer, auf der unteren
Badeebene, schiebt sich die Thermalbadeplatte mit
freiem Blick in Richtung Wasserfläche des Bodensees.
Die östlich von der Thermalbadeplatte etwas tiefer
gelegenen, bestehenden Freischwimmbecken für
Schwimmer und Nichtschwimmer wurden in das
Gesamtkonzept der neuen Anlage eingebunden. Ziel
der Freiraumgestaltung war es, Gebäude und Freiraum als Einheit zu begreifen. Großzügige Liegeflächen mit freiem Seeblick, eine Wasserrutsche,
das modellierte Kinderplanschbecken „Arche Noah“
und die eingelegten Holzdecks sorgen für eine hohe
Aufenthaltsqualität und Attraktivität.
Das architektonische Leitbild der Therme ist vom Ort
selbst inspiriert. Vorüberziehende Schiffe, vor allem
Segelboote, gaben Anregungen zur formalen und
materiellen Gestaltung der Baukörper. Der Westflügel
symbolisiert einen gewaltigen Schiffsrumpf, der in
See sticht. Sein Bug kragt weit aus, fast bis über den
dazu ist der Duschbereich von Intimität geprägt:
Die weichen, fließenden Formen der Duschen sind
in dunkleren Farbtönen gefliest und vermitteln das
Gefühl einer geschützten Höhle. Die großzügige
Badehalle ist geprägt vom Blick über den See und
dessen vielfältigen Licht- und Wetterstimmungen.
Wendeltreppen formen farbige Zylinder, die
prägnante, skulpturale Akzente im Innenraum setzen.
Über der Badehalle schwebt das trapezförmige, zu
den Rändern sich öffnende Stahldach. Es erinnert an
ein Segel, das ein Surfer ruhig auf das Wasser gelegt
hat. Von den massiven Elementen losgelöst, verleiht
es dem Baukörper eine besondere Leichtigkeit. In
Anlehnung an die Schiffsbilder von Lyonel Feininger
oder auch die vorbeiziehenden bunten Spinnaker
der Segelboote wurde die Untersicht der Decke in
dreieckige Farbflächen zerlegt.
Querschnitt
See. Das Panorama-Sonnendeck im Obergeschoss
des holzverkleideten Flügels mit weißer Schiffsreling
und plankenartigem Bodenbelag unterstreicht
den „Schiffscharakter“ des Gebäudetraktes. Die im
Inneren befindlichen Saunaräume bieten Aussicht
über den See. Der Ruheraum im Bug mit seinem
Stabdeckboden vermittelt das Gefühl, bereits auf See
zu sein – nur noch Wasser ist zu sehen. Im Gegensatz
Photographie: Uwe Ditz
Ort und Lage nahe zum Bodensee haben die Bilder
kreiert, nach deren Vorbild die Therme gestaltet
wurde: Schiffe und Wasser sind das Thema! Dieser
Eindruck wird durch ein gezieltes Lichtkonzept
unterstützt – Teile des Gebäudes wurden in
Anlehnung an die Lichtreflexe im Wasser beleuchtet
und erinnern an Schiffsrümpfe, die abends an Bojen
oder im Hafen liegen.
36
WOHNHAUSANBAU AM SEE
Alpsteinweg
78464 Konstanz
Prof. Christoph Mäckler Architekten
Platz der Republik 6
60325 Frankfurt am Main
www.chm.de
Textquelle: DBZ 4/96
Direkt am Ufer des Bodensees findet sich ein kühnes
architektonisches Ensemble. An ein Kelterhaus aus
dem 16. Jahrhundert, das zum Wohnhaus umgebaut
wurde, schließt sich ein fremdartiger Bau an, der sich
als geometrische Raumplastik dem See entgegen vom
Boden abhebt. Wie ein Finger weist ein gläserner Steg
auf das historische Gebäude und verbindet so die beiden
ungleichen Bauten.
Die Vorgeschichte dieses Hauses führt zurück zu einer
Toskana-Reise, auf der der Besitzer des Kelterhauses den
Frankfurter Architekten Christoph Mäckler kennenlernte.
Nach der Geburt eines zweiten Zwillingspaars war das
Keltergebäude für die nunmehr siebenköpfige Familie
endgültig zu klein geworden, zusätzlicher Wohnraum
musste geschaffen werden. Am Bodensee jedoch darf
in direkter Uferlage kein Neubau errichtet werden. Eine
Ausnahmegenehmigung gestattete der Familie lediglich
einen Anbau an ihr altes Wohnhaus. Kurz entschlossen
reist der Hausherr nach Frankfurt, um sich bei Mäckler
Rat zu holen. Der entwirft den Neubau als einen Solitär
in weißem Putz, Sichtbeton und Glas. Er setzt ihn so dem
bestehenden Gebäude in Gestalt und Material entgegen.
Indem sich Alt- und Neubau im Kontrast voneinander
abheben, wird ihre Eigenständigkeit hervorgehoben.
Im Ensemble dominiert das Kelterhaus, weil der Anbau
zunächst nur mit seiner grazilen Schmalseite, der Altbau
aber mit seiner Breitseite sichtbar wird.
Genauer gesehen, besteht der Anbau selbst aus
mehreren Teilen. Über einem horizontal gelagerten
Betonquader schwebt ein langgestreckter polygonaler
Baukörper. Der Eindruck des Schwebens wird dadurch
verstärkt, dass Ober- und Untergurt sich scheinbar
unverbunden überkreuzen. Zwischen ihnen ist
ein deutlich sichtbarer Spalt belassen, der nur im
Treppenbereich mit Glas verschlossen ist. Erst auf den
zweiten Blick wird sichtbar, dass der weit auskragende
Oberbau zur Seeseite hin auf einer kegelförmigen
Stütze lastet. Zur Gartenseite hin sind vier Rollenlager
zwischen die beiden Baukörper gesetzt, dazwischen
werden die frei verlegten Versorgungsleitungen sichtbar.
Der Unterbau ist in gestocktem Beton ausgeführt, seine
Wandflächen sind dadurch hervorgehoben, dass jede
einzelne Kante scharriert wurde. Eine der Ecken ist durch
den Einsatz eines Glaswürfels so aufgelöst worden,
dass man dort den Innenraum einsehen kann. Aus dem
begehbaren Dach des Unterbaus ragen skulptural drei
große Kegelstümpfe hervor, die als Oberlichter dienen.
Zum Ufer hin öffnet sich ein großes, bis zum Boden
reichendes Fenster.
Grundriss
Im Gesamteindruck lichtet sich das Gebäude vom Sockel
zum weiß verputzten Oberbau hin auf. Die Steinputzfassade der beiden oberen Geschosse wird durch
schießschartenartig eingeschnittene Fenster und Luken
in unregelmäßiger Form und Verteilung facettiert. Über
der Eingangstüre ist ein großes Kastenfenster in die
Wand eingelassen, die dem See zugewandte Seite ist
über die Ecke ganzflächig verglast. In einige Fenster sind
rote Rahmen, gelbe Klappen und blaue Läden eingefügt,
auch die facettiert eingesetzte Tür ist großflächig gelb
gefasst. Aus der Nordwestfassade ragt nach innen und
Es ist die Sorgfalt im Einzelnen, die Mäcklers Haus zu
einer gelungenen kubistischen Komposition werden
lässt:
Das ganze Haus löst sich in seine Elemente auf, ohne
doch fragmentiert zu werden. Indem Funktionalität hier
in ein ästhetisches Arrangement eingebracht wird, ist die
Erinnerung der Moderne zugleich zum Schritt hinter sie
und über sie hinaus geworden, zu einer Moderne, die im
zweiten Anlauf sich selbst erreicht hat.
außen frei schwebend ein wuchtiger Würfel aus Sichtbeton hervor, in den lediglich zwei kleine Fensterluken
eingeschnitten sind. Darin ist das Bad untergebracht.
Der Würfel ist nach allen Seiten von einem Glasspalt
umgeben und erscheint deshalb umso mehr als von
der Fassade losgelöstes Element. Rechtsseitig hebt sich
außerdem ein kleiner Austritt ab. Die Aufstufung von
Unter- und Oberbau, die ausdrucksvolle Spannung der
Glasfassadengliederung und der Raumkompartimente,
der Stütze, der Geländer und Dachkegel, die feine Rahmung der Fenster, der akzentuierte Einsatz der Primärfarben und die Verbindung heterogener Materialien
führen zu einer konsequenten Elementarisierung des
Gesamtgebäudes. Darin erinnert Mäcklers Haus an einige
der schönsten Bauten der klassischen Moderne, der Villa
Savoye Le Corbusiers etwa (1931) oder, deutlicher noch,
Gerreit Rietvelds Haus Schröder in Utrecht (1924).
Man betritt das Haus über eine Rampe mit Relinggeländer, die in den ersten Stock führt. Im Hausinneren
überraschen geometrische fragmentierte Sichtbetonwände den Besucher ebenso wie wandhohe farbige
Türen, die sich scheibenartig öffnen. Vorsprünge werden
zu Sitzbänken, Rücksprünge werden zu Nischen.
Raumeinheiten werden durch feine Farbnuancen und
Materialwechsel behutsam geteilt, manchmal allerdings
durch Höhenversprünge deutlich markiert.
38
ALTSTADTFÜHRUNG
MÜNSTER UNSERER LIEBEN FRAU
MÜNSTERPLATZ
78462 KONSTANZ
größten romanischen Kirchen Südwestdeutschlands,
eine dreischiffige Säulenbasilika mit kreuzförmigem
Grundriss, die im Jahr 1089 geweiht wurde. Die
Westseite zum Münsterplatz hin ist als eigentliche
Schauseite der Kirche von den massiven Stümpfen
der Doppeltürme geprägt, deren Maßwerk ihnen eine
filigrane Gliederung verleiht.
Am Langhaus wird die Überlagerung verschiedener
Bauperioden besonders sichtbar. Die Säulenreihen
links und rechts des Laienraums sind unverkennbar
romanisch geprägt und stammen aus der
Rumold‘schen Bauperiode nach 1054.
Lageplan der Umgebung um 1880
Die Baugeschichte des Konstanzer Münsters wurde
von vielen Veränderungsprozessen geprägt. Nach
einem verheerenden Turmbrand 1511 begann
man mit dem Wiederaufbau der Westtürme unter
Lorenz Reder. Am Ende dieser Baumaßnahmen
erhielt das Münster zwei Maßwerkhauben als
oberen Abschluss von Nord- und Südturm. Der
Mittelturm blieb unvollendet. Erst im 19. Jahrhundert
bekam der Mittelturm unter Heinrich Hübsch
seine heutige Gestalt, dabei wurden auch die
Seitenturmhauben entfernt. Der weiche Sandstein
zwang die Münsterverwaltung schon früh zu
Restaurierungsmaßnahmen an der Kirche.
Bei den Abbaumaßnahmen fand man immer wieder
Bruchstücke, sog. Spolien von alten Bauteilen, die
sicherlich vom Münster stammen und Hinweise auf
die Gestalt der Westturmanlage vor dem Brand geben
können. Beim Abbau der Mittelturmfialen fand man
ebenfalls große Bruchstücke, die im Lapidarium des
Bauamtes eingelagert worden sind. Architektonisch
handelt es sich beim bestehenden Bau um eine der
KULTURZENTRUM
WESSENBERGHAUS
WESSENBERGSTRASSE/KATZGASSE
78462 KONSTANZ
SCHAUDT ARCHITEKTEN BDA
HAFENSTRASSE 10
78462 KONSTANZ
www.schaudt-architeken.de
Das Kulturzentrum am Münster ist das grösste städtische Hochbauprojekt der letzten 20 Jahre mitten im
historischen Zentrum. Aus dem historischen Standort
leiten sich die unterschiedliche Baustruktur, die
Parzellenzuschnitte und die Hausnutzungen ab. Mit
der Baumassnahme wurden 10 verschiedene Häuser
mit unterschiedlicher Geschichte und Baustilen zu
einem neuen Ensemble zusammengefasst. Für ein
Finanzvolumen von 15 Mio. Euro werden ca. 7300 qm
für die dort untergebrachten Kultureinrichtungen zur
Verfügung gestellt.
Das Eckgebäude Wessenbergstrasse / Katzgasse, das
sich als baufällig erwiesen hatte, wurde abgebrochen
und durch einen Neubau ersetzt, der statisch die
Gebäudeachsen Wessenbergstrasse und Katzgasse
an ihrem Eckpunkt sichert. Das neue Eckgebäude
setzt sich durch die Fassadenausbildung bewusst
von der eines Wohnhauses ab. Die städtebauliche
Situation wird durch die Ausbildung einer Ecke neu
interpretiert und betont. Durch die Ausbildung
einer Putzfassade und einem mit Ziegel gedeckten
Steildach wird eine Anbindung des Neubaus in das
Ensemble am Münsterplatz erreicht. Der unter dem
abgebrochenen Eckgebäude liegende Keller, der zum
Teil aus dem 13. Jahrhundert stammt, wurde erhalten,
in die Neubaumassnahme integriert und teilweise
sichtbar in das Erdgeschoss mit hochgeführt. Die
innenräumliche Qualität des Eckgebäudes entspricht
den Anforderungen der Bücherei. Nur jede zweite
Geschossdecke erhielt eine massive Ausbildung.
Dazwischen wurde ein von den Aussenwänden abgesetztes Geschoss eingehängt, dadurch wird der
Eindruck der geringen Raumhöhe gemildert und dem
Innenraum eine gewisse Leichtigkeit gegeben.
Einer der ältesten Bauteile, ein Wohnturmstumpf aus
dem 13. Jahrhundert, bot sich als neuer Ort für die
Vertikalerschliessung der Gebäude an. Hier in der
Südwestecke des Hofes wurde in den bestehenden
Bruchsteinstumpf eine Stahlkonstruktion frei hineingestellt und ein Licht durchflutetes, verglastes
Treppenhaus geschaffen. Das angrenzende ehemalige Gesellschaftshaus der Patrizier, das nach
einem Brand im 19. Jahrhundert massgebliche Veränderungen erfahren hatte, wurde ausgekernt und
wieder auf seine alte Form mit dem hohen Dachstuhl
zurückgeführt. Dieses Gebäude ist mit seiner Rustikalsandsteinquaderfassade eines der ersten Beispiele
der deutschen Renaissancearchitektur und somit
eines der wertvollsten Konstanzer Kulturdenkmale.
Im erdgeschossigen, überhöhten ehemaligen Richentalsaal sind mächtige Eichensäulen zu sehen, die
noch aus der Entstehungszeit von 1424 stammen.
Wichtigster Grundsatz bei der Sanierung war der
Erhalt der Bausubstanz. Durch diesen spannungsreichen Kontrast enstand eine hohe architektonische
Qualität.
40
REICHSPOSTGEBÄUDE / SPARKASSE BODENSEE
Marktstätte 1
78462 Konstanz
Graf+Schmidt Architektinnen
Schützenstr. 8a
78462 Konstanz
www.grafschmidt.de
Die ehemalige Oberpostdirektion aus dem Jahre
1888, gebaut im Stile der Neorenaissance, liegt am
östlichen Rand der Altstadt von Konstanz gegenüber
von Bahnhof und See. Das historische Postgebäude
erhielt in den 80iger Jahren im Innenhof einen
3-geschossigen Postlagerhallenanbau mit
technischem Anlieferungshof. Hatte sich der einst
freie Innenhof auf die innere Raumstruktur positiv
ausgewirkt, so erhielt er durch die 3-geschossig gestaffelte Lagerhalle einen respektlosen räumlichen
Charakter.
Der Umbau des alten Postgebäudes und die Neubauten für die Sparkasse Bodensee orientierten sich
an den räumlichen Gegebenheiten der Entstehungszeit des historischen Gebäudes. Dabei waren Originalzustand, Sanierung, Rückbau, bauliche Ergänzungen
und Neubauten klar zu differenzieren und in ihren
historischen „Schichtungen“ herauszuarbeiten. Die
ständige Abwägung zwischen wünschenswerter Erhaltung und erforderlichem Neubau bildete hierbei
den Rahmen der gestalterischen Entscheidungen.
Durch den Abriß der Postlagerhalle entstand ein
städtischer Platz und der Hauptzugang zur Kundenhalle der Sparkasse sowie eine neugestaltete NordSüdverbindung innerhalb des Stadtgefüges. Mit dem
Umbau ist es gelungen einen barrierefreien Zugang
zum historischen Gebäude direkt von der Fußgängerzone zu schaffen. Der Farbton des Außenbelags
setzt sich im Bodenbelag der Kundenhalle fort und
leitet über zu den zentralen Erschließungselementen
Treppe und Aufzug. Die vorhandenen gewendelten
Treppenhaustürme sind in das neue Erschließungskonzept einbezogen. Dominierendes Platzelement
ist ein 2-geschossiger Glaskubus. Seine glatte, grüne
Glasoberfläche steht in bewußtem Kontrast zu den
umgebenden roten „Platzwänden“ des historischen
Backsteingebäudes. Seine Transparenz unterstreicht
die Funktion als Eingangs- und Kundenhalle und läßt
interessante Einblicke in die Arbeitsabläufe eines
Bankhauses, von außen nach innen, sowie Ausblicke
von innen nach außen zu. Die Konstruktion der 2fach gehaltenen, großflächigen Glastafeln wurde im
Inneren durch senkrechte Glaslisenen und senkrechte
äußere Fugen ohne Deckleisten bewußt aufgelöst.
In Anlehnung an den bestehenden massiven Backsteinbaukörper und als Pendant zum Glaskubus
entstand als Abgrenzung des öffentlichen Innenhofs
ein kantig verputzter Büroriegel. Im Ausdruck an
kommunikativer und einprägsamer Architektur
orientiert, wurden Farbe und Fensterordnung dem
Bestand angepaßt. Die Großzügigkeit der Fassade
wird durch festverglaste Fensterflächen betont. Die
gedämmte Außenhaut, behandelt mit einem
mineralischen Lasuranstrich, wurde dem bestehenden Backsteinfarbton angeglichen. Die funktionale
Verbindung des neuen Bürotrakts erfolgt über leichte
Glasstege mit Anschluß an die Erschließungszonen
der als Einspänner organisierten Seitenflügel des
historischen Postgebäudes. Mit demselben Bewußt-
sein wurden die ehemals geschlossenen Fassaden in
den Eckbereichen vollflächig verglast und funktional
als Begegnungszonen mit verglasten Aufzügen
versehen.
Die Innenraumgestaltung der Büroräume ist für Altund Neubau einheitlich und zurückhaltend. Stahlbeton-Flachdecken bilden die neuen Beratungsebenen des Glaskubus der Kundenhalle und dienen
gemeinsam mit den massiven Außenwänden des
Altbaus als Speichermasse. Die Lüftung und Erwärmung der teilweise horizontalverglasten Kundenhalle
erfolgt weitgehend über eine Kühl- und Heizdecke
sowie unterstützend über die natürliche Thermik von
Parallelausstellfenstern, die rahmenlos in die Glasfassade eingepaßt wurden. Lüftungsschiebeelemente
in der Fassade des 1. und 2. Obergeschosses der
neugeschaffenen Platzwand ermöglichen ein
Nachströmen von Frischluft über die Flurzonen.
Holzdrehflügel, in die neue Pfosten-Riegelkonstruktion integriert, dienen der nächtlichen Entwärmung der Büros. Bewegliche, tageslichtlenkende
Aluminiumlamellen sorgen für den Sonnenschutz
und eine unterstützende Lichtführung. Haus- und
elektrotechnische Anlagen sind von zentralen
Punkten im Haus regelbar und können jederzeit
entsprechend der Nutzeranforderung über ein frei
programmmierbares System (EIB-BUS) verändert
werden.
42
KONZIL
KAUFHAUS AM HAFEN
Konzil - Gaststätten
Restaurant, See- Terrassen,
Tagungs- und Veranstaltungshaus
Hafenstraße 2
78462 Konstanz
www.konzil-konstanz.de
Direkt am Ufer des Bodensees ruht das jahrhunderte
alte, mächtige Bauwerk. Das so genannte „Konzilsgebäude“ wurde 1388 als Korn- und Lagerhaus für
den Handel mit Südeuropa errichtet. In den Jahren
1414 bis 1418 fand in Konstanz der größte Kongress
des Mittelalters statt, das 16. ökumenische Konzil
zur Wahl eines Papstes. Es war zugleich die einzige
Papstwahl auf deutschem Boden. Konstanz wurde
ausgewählt, weil es zum einen Bischofssitz war,
weil es ausreichend Herbergen gab und die Speisen
„nicht allzu teuer seien“. Und Konstanz verfügte über
die entsprechenden Gebäude und Räume, wie das
von 1388 bis 1391 erbaute „Kaufhaus“, das heute
„Konzil“ genannt wird. Von 1968 bis 1970 wurde das
Konzilgebäude renoviert und zu einem Tagungs- und
Festgebäude mit ausgefeilter Technik umgestaltet.
Es ruht aber auch heute noch fest auf 14 gewaltigen
eichenen Stützen. Bei der Renovierung wurde streng
darauf geachtet, dass die historische Bausubstanz
völlig erhalten blieb und gerade dies macht heute
den besonderen Reiz des „Konzils“ aus. Die große
Terrasse zum See ist einer der schönsten Plätze in
Konstanz.
HAFENHALLEN
HAFENSTR. 8 U. 10
78462 KONSTANZ
SCHAUDT ARCHITEKTEN BDA
HAFENSTRASSE 10
78462 KONSTANZ
www.schaudt-architeken.de
Die Baumassnahme betrifft zwei alte BundesbahnLagerhallen in Konstanz, gelegen direkt am
Konstanzer Hafen, zwischen Bodensee und Bundesbahngleiskörper. Die Steinhalle steht unter Denkmalschutz, die Holzhalle war zum Abbruch freigegeben.
Steinhalle: Schaffen von Räumlichkeiten für einen
Wassersportladen, ein Seglerclubheim, sowie Lagerflächen für die Schifffahrtsbetriebe. Es wurde das
Mauerwerk saniert, die alten Schiebetore wurden
durch Stahlfenster in filigraner Rahmen-Konstruktion
ersetzt. Das Dach wurde vollständig saniert und durch
einen Dachreiter aus einer auf die alten Holzbinder
aufgesetzten Stahlbinderkonstruktion ergänzt. Die
Sanierung wurde in enger Zusammenarbeit mit der
Denkmalpflege durchgeführt.
Holzhalle: Errichten eines Lokals im Erdgeschoss, sowie Büroräumen im Dachgeschoss. Vom bestehenden
konnte lediglich die tragende Holzkonstruktion bis
Oberkante Deckenträger Erdgeschoss verwendet
werden. Die Büroräume im Dachgeschoss wurden
komplett als Stahlbinderkonstruktion auf die alte
Holzkonstruktion in deren Achsen ausgerichtet.
Durch die Leichtigkeit der Stahlkonstruktion und des
verwendeten Aluminiumdaches (Unterschale Trapezblech, Dämmung, Oberschale Wellaluminium) war es
möglich, diese Aufstockung auf der alten Holzkonstruktion zu realisieren. Die Erschliessung der Räume
im Obergeschoss erfolgt über einen Laubengang.
Um den Charakter der Lagerhalle zu erhalten wurde
das Gebäude mit großen Dachvorsprüngen, sowie
Terrassen auf Rampenhöhe versehen.
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ERWEITERUNG MARIANUM KLOSTER HEGNE
Zentrum für Bildung und Erziehung
DAS MARIANUM IST EINE PRIVATE KATHOLISCHE SCHULE
MIT ÖFFENTLICHER REALSCHULE MIT GANZTAGESBETREUUNUG UND BERUFSFACHSCHULE IM BEREICH DER
SOZIALPÄDAGOGIK UND HAUSWIRTSCHAFT
KONRADISTRASSE 16
78476 ALLENSBACH-HEGNE
ARCHITEKTURBÜRO LEDERER, RAGNARSDÓTTIR, OEI
www.archlro.de
Das zentrale Gebäude ist außen aus zweischaligem
Mauerwerk und im Innenbereich mit Gewölben errichtet. In diesem Gebäudeteil sind die Sondernutzungen der Schule wie Foyer, Mensa, Musiksaal
und Sporthalle untergebracht. Das Schulgebäude
wird entsprechend dem Bestandsgebäude gedämmt
und verputzt sowie mit einer Biberschwanzdeckung
versehen. Aus ökonomischen, klimatechnischen und
akustischen Gründen ziehen wir schwere Bauteile
leichten Konstruktionen vor. Nicht zuletzt sichert
diese Bauweise die eingangs erwähnte Kontinuität
der Architektur im Gesamten. Das Außen- und Innenmauerwerk ist aus Vollstein-Verblendern NF hergestellt. Zur Errichtung der Gewölbedecke wurde eine
Ziegeleinhängedecke geplant. Die Dachdeckung
des Gebäudes ist als Biberschwanzdoppeldeckung
ausgeführt.
Bei der Baumaßnahme geht es um die Kontinuität
von Ort, Gestalt und Geschichte. Aus dem Vorhandenen entwickelt sich das Neue: Das Marianum
bildet den Westflügel der neuen Anlage, in deren
Mitte die gemeinsamen Verpflegungs- und Veranstaltungsräume liegen. Symmetrisch zum Altbau
entwickelt sich die neue Ganztages-Realschule mit
Sporthalle und Mensa. Dieser Baukörper spiegelt
in Proportion und Maß das Marianum. Die dadurch
gewonnene Gebäudehöhe ermöglicht einen freien
Blick auf den Bodensee von allen Geschossen. Das
Dach dient wie bei „klassischen“ Vorbildern lediglich
als Witterungsschutz, könnte aber langfristig bei
steigendem Raumbedarf ausgebaut werden. Zur
Straße wird die Anlage mit einer Mauer „geschlossen“,
die einmal westlich den Eingangsbereich in Form
einer Laube markiert, in ihrem anderen Teil zur
Unterbringung von Fahrzeugen und Fahrrädern
herangezogen wird. Dort befinden sich auch, auf
der Innenseite, die Sanitärräume für Mensa und die
Freifläche. Die mehrfache Nutzungsmöglichkeit
der „dicken“ Mauer gestattet auch die Aufnahme
anderer technischer Einrichtungen (z.B.
Hackschnitzelkraftwerk), die der Grundversorgung
des Hauses und weiterer Klostergebäude dienen.
Die Freianlagen, Mauer im Norden und Treppenanlage im südwestlichen Grundstücksteil ermöglichen
einen zweiseitigen Zugang und dennoch neuen
zentralen Eingang zu dem Gesamtkomplex. Die
beiden neu entstandenen Höfe werden als Zimmer im
Freien betrachtet. Der linke als Eingangsbereich mit
dem Raum der Stille und dem teilweise überdachten
Lese-/ Bibliothekshof als eher ruhigen Bereich
(mehr als grüner Hof gedacht). Der rechte Teil ist der
Mensa zugeordnet und soll ein Ort der Geselligkeit
darstellen. Der Mensa gegenüber liegt, getrennt
durch einen Zwischenhof, das Foyer, an das auch
der Musiksaal angeschlossen ist. Die Räumlichkeit
liegt zentral und kann auch für außerschulische
Zwecke genutzt werden. Unter diesem liegt die
Turnhalle. Deren Dach stellt eine Aussichtsterrasse
Pflanzen aufziehen und studieren können. Der
Raum der Stille liegt im Bibliothekshof, nördlich des
Bestandsgebäudes. Wir sehen ihn als Ort der Andacht
und Besinnung für alle Einrichtungen. Dort werden
die Fenster der alten Kapelle integriert. Über das
zentrale Treppenhaus wird die Turnhalle erreicht.
Die Halle ist als einfache Sporthalle 15x27m geplant.
Richtung Süden mit öffenbaren Fenstertüren liegt
die Szenenfläche. Für sportliche Aktivitäten ist im
Außenbereich ein Kleinspielfeld 22x44m geplant
inkl. einer Weitsprungbahn. Die große, der Schule zur
Verfügung stehende Rasenfläche kann ebenfalls für
Bewegungsspiele genutzt werden.
Neben den gängigen technischen Methoden der
Energiegewinnung legen wir, was die ökologischen
Aspekte betrifft, großen Wert auf natürliche
Baustoffe, die eine Dauerhaftigkeit gestatten und
gleichzeitig gut und einfach zu reparieren sind.
dar. Der darunter liegende Bühnenbereich kann
für die sommerliche Nutzung mit großen Toren
nach Süden in ein aus der Landschaft entwickeltes
Amphitheater geöffnet werden. Zentral zwischen den
beiden Gebäuden ist das Foyer mit Pforte geplant,
daran angrenzend die zentrale Schulverwaltung.
Hinsichtlich der pädagogischen Anforderungen an
eine Ganztages-Realschule werden zwischen bzw. vor
die Klassen freie Unterrichts- und Gruppenbereiche
gelegt sowie in jedem Geschoss Ganztagesbereiche
geplant. Trotz der Trennung von Real- und Berufsschule gibt es die Möglichkeit einer räumlichen
Verbindung beider Einheiten über die witterungsgeschützte Verbindungsgänge. Der Biologie sind
die Beete im Freien vorgelegt, wo die Schüler selbst
46
HAUS AM BACHBOHLWEG
BIEHLER WEITH ASSOCIATED
BUILDING DESIGN PROJECTS
Rheingasse 16
78462 Konstanz
www.biehler-weith.de
Quelle:
Manuskript
Kunstgriff
Das verdrehte Steinhaus
Doppelhaus neu interpretiert
Von: Daniela Bamberg
Der Bebauungsplan erlaubt wenig Fläche – die
Platzierung des Gebäudes auf dem Grundstück und
dessen Abmessungen sind streng festgelegt. Zwei
mächtige Bäume müssen erhalten werden. Entgegen
der klassischen gereihten Doppelhaushälfte haben
die Architekten eine geschossweise verdrehte
Organisation entwickelt. Sie entwickeln ein
Doppelhaus mit festgeschriebenem Kubus, bei
dem jede Einheit die jeweils andere umklammert.
Dabei besitzt jedes Haus Bezüge zu den vier
Himmelsrichtungen. Der eingeschnittene Tiefhof
ist das verbindende Element. Im Hang- bzw.
Untergeschoss nutzen sie die Hof-Fassade für die
Belichtung und Erschließung der Einliegereinheit.
Dabei kann man diese kleineren Wohnungen auch
mit den darüber liegenden Räumen verbinden, etwa
für eine Kombination aus Arbeiten und Wohnen.
Die Ausrichtung: Nord-Süd. Dann das Erdgeschoss:
Um 90° verdreht ist es ost-west-gerichtet. Es bietet
die Verbindung mit dem umgebenen Garten. Die
Erschließung erfolgt im Norden und Süden. Das
Obergeschoss ist abermals um 90° verdreht und
wieder nord-süd-gerichtet. Mit seinen großzügigen
Verglasungen und Loggien fängt es das Südlicht ein.
Das Haus verdankt seine Ausstrahlung der Fassade
aus Klinker im Farbton der Blutbuche und der Dächer
der umliegenden Bebauung. Die Wohneinheiten sind
durch die Verwendung von unterschiedlichen
Mauerwerksverbänden differenziert dargestellt und
betonen die Individualität des Einzelnen. Selbst die
Dachlandschaft folgt sowohl der inneren Struktur,
als auch dem umgebenden Gelände. Landschaft und
Anlage verflechten sich.
Fotografie: Brigida Gonzalez
REFERENTEN / FÜHRUNGEN
Nr.
01
02
03
04
05
06
07
08
09
Titel
Dr.
Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Dr.-Ing.
Dipl. Arch. ETH
Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof.
Dipl.-Ing. (FH)
Vorname
Kai
Kurt
Leonhard
David
Walter
Detleff
Wolfgang
Hansjörg
Frank
Name
Handel
Werner
Schenk
Wendland
Muhmenthaler
Schermer
Rang
Göritz
Mienhardt
Bereich
Begrüßung
Referent
Referent
Referent
Referent
Referent
Referent
Referent
Führung
FH/TU/ Sonstige
Präsident der HTWG Konstanz
Baubürgermeister von Konstanz
HTWG Konstanz
TU Dresden
Architekt Winterthur
TU München
FH Frankfurt
University of Tennessee Knoxville
Baurechts- und Denkmalamt
Leiter der Abteilung Denkmalschutz und Denkmalpflege
O R G A N I S AT I O N / M O D E R AT I O N
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11
12
Dipl.-Ing. Arch.
Dipl.-Ing. (FH)
cand. arch.
Waltraud
Michael
Anita
Vogler
Pröll
Majic
Einführung
Bauing. Wesen
Architektur
Ziegel Zentrum Süd e.V.
Ziegel Zentrum Süd e.V.
Ziegel Zentrum Süd e.V.
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Bauing. Wesen
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Werkstoffkunde
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Bauing. Wesen
Architektur
Architektur
Architektur
Bauing. Wesen
Bauing. Wesen
Bauing. Wesen
Architektur
Bauing. Wesen
Architektur
Architektur
Architektur
Bauing. Wesen
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
HS Darmstadt
HTWG Konstanz
HS Karlsruhe
FH Frankfurt
HS Rosenheim
GSO HS Nürnberg
HfT Stuttgart
HS Rosenheim
HTWG Konstanz
FH Gießen
FHWS Würzburg
HS München
FH Koblenz
HS Coburg
FH Frankfurt
HS Augsburg
FH Frankfurt
HS Augsburg
HTWG Konstanz
TU Darmstadt
SRH HS Heidelberg
GSO HS Nürnberg
HS Biberach
HS Regensburg
FH Mainz
HfT Stuttgart
Uni Karlsruhe
HTWG Konstanz
TU Darmstadt
HS Biberach
FH Frankfurt
FHWS Würzburg
FH Trier
GSO HS Nürnberg
HS Augsburg
FH Kaiserslautern
FH Gießen
HS Regensburg
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Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Dipl.-Ing. Arch.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dr.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Prof. Dipl.-Ing.
Henning M.
Cengiz
Susanne
Wolfgang
Ulrike
Lothar
Gerd
Gerhard
Ursula
Jürgen
Gerhard
Jörg
Friedrich
Rainer
Antje
Peter
Nikolaus
Heinrich
Josef
Kosta
Richard
Friedo
Heinz
Nikolaus
Julius
Hans-Joachim
Peter
Stephan
Annette
Hans-Joachim
Anne Christin
Martin
Matthias
Horst
Klaus
Norbert
Nikolaus
Friedrich-W.
Baurmann
Dicleli
Dürr
Dunkelau
Förschler
Forkert
Gassmann
Gicklhorn
Halling
Hauck
Hemmerlein
Henne
Heyder
Hirth
Junghans
Junghanß
Kränzle
Lauer
Lenz
Mathéy
Meier
Mosler
Nelskamp
Neuleitner
Niederwöhrmeier
Olschewski
Richter
Romero
Rudolph-Cleff
Schaub
Scheiblauer
Schirmer
Sieveke
Thomas
Tragbar
Zenner
Zieske
Zoller
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IMPRESSUM
Herausgeber
© Ziegel Zentrum Süd e.V.
Konzeption, Graphik, Recherche
Waltraud Vogler, Dipl.-Ing. Architektin
Anita Majic, cand. arch.
Tagungsvorbereitung
Waltraud Vogler, Dipl.-Ing. Architektin
Margret Kaiser
Anita Majic, cand. arch.
AnsprechpartnerInnen:
Geschäftsführung und Architektur
Waltraud Vogler, Dipl.-Ing. Architektin
FB Bauingenieurwesen
Michael Pröll, Dipl.-Ing. Bauingenieur
Sekretariat
Margret Kaiser
Ziegel Zentrum Süd e.V.
fon 089 74 66 16-11
Beethovenstrasse 8
fax 089 74 66 16-60
80336 München
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Das Ziegel Zentrum Süd hat die Aufgabe, Lehrende und Studierende der Architektur und des Bauingenieurwesens in
ihrer Arbeit an den Hochschulen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland zu unterstützen. Diese Unterstützung findet stetig mehr Anklang. Im Jahr 2008 alleine wurden 45 Veranstaltungen mit einem
breiten Spektrum an Themen durchgeführt - Seminare, Tagungen und Exkursionen. Die Professoren-Tagung 2008 in
Darmstadt und die Professoren-Exkursion im Herbst 2008 zogen 56 VertreterInnen von 21 Hochschulen in ganz Süddeutschland an. Die Gespräche während dieser Professoren-Veranstaltungen bildeten die Basis für 43 Exkursionen,
Seminare und Tagungen für StudentInnen, an denen wiederum weit über 50 ProfessorInnen teilnahmen.
Diese Veranstaltungen wurden vom Ziegel Zentrum Süd organisiert, weitestgehend finanziert und vor Ort betreut
und begleitet. Knapp zwanzig Zuschüsse des Ziegel Zentrum Süd gingen an verschiedene Hochschulen, die weitere
Exkursionen oder Veröffentlichungen durchführten, die sich mit dem Thema Ziegel befassten. Die Tatsache, dass viele
der oben aufgeführten Veranstaltungen fast vollständig durch Gelder des Ziegel Zentrum Süd finanziert wurden, ist
einzigartig in der Hochschullandschaft in Deutschland.
Profitieren Sie von unserem Knowhow und diesem lebendigen Netzwerk und bringen auch Sie Ihre Ideen ein!
www.ziegel.com
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