Tumore des Endolymphatischen Sacks und

Werbung
Aus der Neurochirurgischen Universitätsklinik
Sektion Neuroradiologie
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Tumore des Endolymphatischen Sacks und
Hämangioblastome bei von Hippel-Lindau Erkrankung:
Prävalenz und natürlicher Verlauf
INAUGURAL-DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i.Br.
Vorgelegt 2007
von Claudia Hader
geboren in Augsburg
Dekan
Prof. Dr. Ch. Peters
1. Gutachter
Prof. Dr. J. Spreer
2. Gutachter
Prof. Dr. H.P.H. Neumann
Jahr der Promotion
2007
Meinen Eltern
Anneliese und Walter Hader
1 EINLEITUNG
1
1.1 Die von Hippel-Lindau Erkrankung
1
1.1.1 Historischer Überblick
1
1.1.2 Klinische Manifestation und Diagnostische Kriterien
2
1.1.3 Screening
3
1.1.4 Genetische Grundlagen der von Hippel-Lindau Erkrankung
4
1.2 Tumore des Endolymphatischen Sacks
5
1.2.1 Geschichte der ELS-Tumore
5
1.2.2 ELS-Tumore als Manifestation der von Hippel-Lindau Erkrankung
6
1.2.3 Klinische Symptomatik und Therapie
7
1.2.4 Radiologische Diagnostik
8
1.2.5 Histopathologie der ELS-Tumore
9
1.3 Zerebrale Hämangioblastome
10
1.3.1 Klinische Symptomatik und Therapie
11
1.3.2 Radiologische Diagnostik
11
1.3.3 Histopathologie
12
2 FRAGESTELLUNGEN
13
3 PATIENTEN, MATERIAL UND METHODEN
14
3.1 Patienten
14
3.1.1 Patientenkollektiv
14
3.1.2 Einschlusskriterien
14
3.1.3 Ausschluss von Patienten
14
3.2 MR-Technik
15
3.2.1 Bildmaterial
15
3.2.2 Technische Parameter
16
3.3 Bildbefundung
17
3.3.1 Analyse der ELS-Tumore
18
3.3.2 Analyse der zerebralen Hämangioblastome
18
3.3.3 Analyse der spinalen Hämangioblastome
20
3.4 Genetik
20
3.5 Statistik
20
4 ERGEBNISSE
21
4.1 Patientenkollektiv
21
4.1.1 Alters- und Geschlechtsverteilung
21
4.1.2 Familienzugehörigkeit
22
4.1.3 Nachweis der von Hippel-Lindau Erkrankung
22
4.1.4 Einteilung in Genotypen
22
4.2 MR-Tomographien
24
4.3 ELS-Tumore
25
4.3.1 Retrospektive Analyse der 6 mm Standardsequenzen des Zerebrums
25
4.3.2 Analyse der 3 mm Felsenbeinsequenzen in Fettsättigungstechnik
26
4.3.3 Vergleich der 6 mm Standardsequenzen mit den 3 mm Felsenbeinsequenzen
28
4.3.4 Fallberichte der Patienten mit ELS-Tumoren
29
4.3.5 Mutationen der Patienten mit ELS-Tumoren
34
4.4 Zentralnervöse Hämangioblastome
35
4.4.1 Häufigkeit zerebraler Hämangioblastome
35
4.4.2 Größe zerebraler Hämangioblastome und Operationshäufigkeit
37
4.4.3 Einfluss der Tumorlokalisation
40
4.4.4 Einfluss des Tumortyps
41
4.4.5 Einfluss der Mutation
42
4.4.6 Natürlicher Verlauf zerebraler Hämangioblastome
43
4.4.7 Einfluss von Lokalisation, Tumorgröße und Tumortyp auf das Wachstum
44
4.4.8 Wachstumsgeschwindigkeit zerebraler Hämangioblastome
46
4.4.9 Neuauftreten zerebraler Hämangioblastome
50
4.4.10 Spinale Hämangioblastome
50
5 DISKUSSION
51
5.1 ELS-Tumore
51
5.1.1 Prävalenzrate der ELS-Tumore
51
5.1.1.1 Einfluss der Bildqualität
52
5.1.1.2 MR-Tomographie der Felsenbeine
54
5.1.1.3 Zusammensetzung des Patientenkollektivs
54
5.1.2 Aquaeductus vestibuli und Saccus/Ductus endolymphaticus
56
5.1.3 Mutationen der Patienten mit ELS-Tumoren
57
5.1.4 Therapie der ELS-Tumore
58
5.2 Zentralnervöse Hämangioblastome
59
5.2.1 Häufigkeit zentralnervöser Hämangioblastome
59
5.2.2 Operationsfrequenz zerebraler Hämangioblastome
61
5.2.3 Bedeutung tumorassoziierter Zysten
62
5.2.4 Bedeutung des Mutationstyps des VHL-Gens
63
5.2.5 Wachstum zerebraler Hämangioblastome
63
5.2.6 Neuauftreten zerebraler Hämangioblastome
64
6 ZUSAMMENFASSUNG
65
7 LITERATUR
66
8 DANKSAGUNG
74
9 LEBENSLAUF
75
1
1 Einleitung
1 Einleitung
1.1 Die von Hippel-Lindau Erkrankung
Die von Hippel-Lindau Erkrankung ist eine hereditäre Multisystemerkrankung.
Betroffene Patienten können benigne und maligne Tumore des zentralen
Nervensystem und des Abdomens entwickeln.
1.1.1 Historischer Überblick
1904 beschrieb Eugen von Hippel seltene Veränderungen des Augenhintergrunds,
die er zunächst als entzündliche Komplikation einer Knochentuberkulose
interpretierte. Nachdem ein Auge eines Patienten aufgrund eines Sekundärglaukoms
entfernt werden musste hatte von Hippel Zugang zu histologischen Präparaten,
erkannte den vaskulären Charakter der Veränderungen und interpretierte sie als
Angiomatosis retinae. 1911 veröffentlichte er die Arbeit „Die anatomische Grundlage
der von mir beschriebenen „sehr seltenen Erkrankung der Netzhaut““ (von Hippel
1904 und 1911).
Der schwedische Pathologe Arvid Lindau diskutierte 1927 ausführlich den
Zusammenhang zwischen zentralnervösen Hämangioblastomen und der
Angiomatosis retinae, welche mittlerweile in der Literatur auch als „von Hippelsche
Krankheit“ bezeichnet wurde (Lindau 1927). In Lindaus Sammlung von 19 Fällen
wurden bereits die familiäre Disposition und das Auftreten von Nierentumoren,
Pankreaszysten, Nierenzysten, Nebennierentumoren und Nebenhodentumoren
erwähnt.
2
1 Einleitung
1.1.2 Klinische Manifestation und Diagnostische Kriterien
Als Hauptläsionen gelten retinale Angiome und zentralnervöse Hämangioblastome.
Häufige Läsionen sind Nierenzysten, Nierenzellkarzinome, Pankreaszysten,
Phäochromozytome und Zystadenome des Nebenhodens. Seltene Läsionen sind
Tumore des Endolymphatischen Sacks, Inselzelltumore des Pankreas und
Zystadenome der breiten Mutterbänder (Neumann et al. 1998).
Klinische Kriterien, die die Diagnose einer von Hippel-Lindau Erkrankung belegen,
wurden erstmals von Melmon et al. zusammengestellt und später von Neumann
modifiziert (Melmon et al. 1964, Neumann 1987). Demnach wird die Diagnose
gestellt, wenn bei positiver Familienanamnese (retinales Angiom oder zerebrales
Hämangioblastom bei einem Blutsverwandten) ein zerebraler oder viszeraler Tumor
aus Tab 1.1 nachgewiesen wurde. Ohne Familienanamnese müssen zwei zerebrale
Hämangioblastome oder ein zerebrales Hämangioblastom oder retinales Angiom und
ein viszeraler Tumor vorliegen. Zysten der Nieren und der Nebenhoden werden
wegen ihres allgemein häufigen Auftretens als viszerale Manifestationen nicht
miteinbezogen (Lonser et al. 2003).
War man bis 1993 zur Diagnosestellung allein auf Anamnese, klinische
Untersuchung, bildgebende und laborchemische Diagnostik angewiesen, so ist seit
der Identifikation des von Hippel-Lindau Gens (VHL-Gen) auch der Nachweis der
Mutation möglich (Latif et al. 1993).
Vor der Einführung multidisziplinärer Vorsorgeuntersuchungen und regelmäßiger
Magnet-Resonanz-Tomographien (MRT) lag die geschätzte mittlere
Lebenserwartung der Patienten bei 49 Jahren. Haupttodesursachen waren dabei
das Nierenzellkarzinom gefolgt von zerebellären Hämangioblastomen (Maher et al.
1990). Die in der Literatur angegebene Häufigkeit der einzelnen
Tumormanifestationen gibt Tabelle 1.1 wieder.
1 Einleitung
3
Tumormanifestation
Häufigkeit bei VHL-Patienten
Alter bei
Erstmanifestation
Retinale Angiome
25-60 %
25 (1-67)
Tumore des Endolymphatischen
10-16 %
22 (12-50)
Zerebelläre Hämangioblastome
44-72 %
33 (9-78)
Hirnstamm Hämangioblastome
10-25 %
32 (12-46)
Spinale Hämangioblastome
13-50 %
33 (12-66)
<1%
Unbekannt
Nierenzellkarzinome
24-45 %
39 (16-67)
Phäochromozytome
10-20 %
30 (5-58)
Pankreastumore oder –zysten
35-70 %
36 (5-70)
Zystadenome des Nebenhodens
25-60 %
Unbekannt
Unbekannt
Unbekannt
Sacks
Supratentorielle Hämangioblastome
Zystadenome der breiten
Mutterbänder
Tab 1.1: Häufigkeit der Tumormanifestationen und durchschnittliches Alter bei Erstmanifestation (in
Jahren) bei von Hippel-Lindau Erkrankung (Lonser et al. 2003, Maher et al. 1990, Choo et al. 2004)
1.1.3 Screening
Betroffene Patienten sollten in einer Spezialambulanz vorgestellt werden und einem
regelmäßigen Screening unterzogen werden (Choyke et al. 1995). Potentiellen
Mutationsträgern (Verwandte 1. Grades) wird die genetische Untersuchung
empfohlen. Kann die Mutation ausgeschlossen werden, sind keine weiteren
Untersuchungen nötig und der Betroffene wird keine von Hippel-Lindau assoziierten
Tumore entwickeln. Wird die Mutation nachgewiesen, werden die Patienten in das
Screening aufgenommen und lebenslang betreut.
Das Screening umfasst jährliche Ophthalmoskopien ab dem Kindesalter, ein- bis
zweijährliche Untersuchungen des 24-Stunden-Sammelurins auf Katecholamine ab
dem Kindesalter oder bei erhöhten Blutdruckwerten, jährliche Kontrastmittel (KM)
verstärkte MR-Tomographien des Schädels und des Spinalkanals ab dem
Jugendalter, jährliche Abdomensonographien ab dem Jugendalter sowie jährliche
Computertomographien (CT) des Abdomens ab 18 Jahren. Heute sollte angesichts
der Strahlenbelastung alternativ eine MR-Tomographie des Abdomens empfohlen
werden.
4
1 Einleitung
1.1.4 Genetische Grundlagen der von Hippel-Lindau Erkrankung
Die Erkrankung wird autosomal dominant vererbt mit einer Penetranz von 97 % bei
über 60-jährigen Patienten (Maher et al. 1990). Die geschätzte Inzidenz liegt bei
1:36000 Lebendgeburten (Maher et al. 1991). Das VHL-Gen wurde 1993 isoliert
(Latif et al. 1993). Es liegt auf dem kurzen Arm des Chromosoms 3 (3p25-26) und
besteht aus 3 Exons. Das Genprodukt, das VHL-Protein, ist ein
Tumorsuppressorprotein, das an der ischämieinduzierten Zellantwort partizipiert.
Betroffene Familienmitglieder tragen in allen Zellen ein mutiertes Allel und ein
normales Allel (Wildtyp). Nach der „2-Treffer-Theorie“ nach Knudson muss zur
Entstehung eines Tumors das Wildtypallel mutieren (Knudson 1986). Die Mutation
muss in einem empfänglichen Organ (ZNS, Niere, Nebenniere, Pankreas)
stattfinden. Der Nachweis der Mutation bei einer betroffenen Familie ist in 75-100 %
der Fälle möglich (Chen et al. 1995, Stolle et al. 1998). Zum Nachweis einer Deletion
des gesamten VHL-Gens wird ein quantitativer Southern Blot, zum Nachweis einer
partiellen Deletion ein Southern Blot und zum Nachweis einer Punktmutation eine
Sequenzierung des VHL-Gens mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)
empfohlen (Stolle et al. 1998). Bis 1998 waren 146 verschiedene Mutationen
bekannt, diese Zahl nimmt noch zu (Neumann et al. 1998). Gefunden wurden
missense und nonsense Punktmutationen, Mikrodeletionen, Insertionen, Splice-siteMutationen, Deletionen eines, zweier oder aller Exons. Die Mutation kann zu einer
inkompletten Translation des VHL-Proteins (Truncation) führen. Hierzu zählen
schwerwiegende Mutationen wie große Deletionen, Nonsense-Punktmutationen,
Mikrodeletionen/Mikroinsertionen mit Verschiebung des Leserasters und Splice-siteMutationen. Alternativ kommt es zu einer kompletten Translation des VHL-Proteins
(Full-length), wobei eine Aminosäure ausgetauscht wird. Dazu zählen MissensePunktmutationen und Mikrodeletionen/Mikroinsertionen ohne Verschiebung des
Leserasters.
Clusteranalysen zeigten eine Korrelation zwischen Genotyp und Phänotyp. Bei
Familien ohne Phäochromozytome, aber allen anderen Tumormanifestationen
(Typ 1) findet man überwiegend schwerwiegende Mutationen, welche wahrscheinlich
zu einem Funktionsverlust des VHL-Proteins führen. Bei Familien mit
Phäochromozytomen findet man in 96 % Missense-Mutationen (Typ 2) (Chen et al.
1995, Neumann et al. 1998). Letztere werden in 3 Subgruppen eingeteilt (siehe
5
1 Einleitung
Tabelle 1.2). Identische Mutationen führen bei Kaukasiern und Japanern zu gleichen
Phänotypen (Zbar et al. 1996).
Typ 1
Geringes Risiko für Phäochromozytom
Typ 2
Hohes Risiko für Phäochromozytom
2A
Niedriges Risiko für Nierenzellkarzinom
2B
Hohes Risiko für Nierenzellkarzinom
2C
Nur Phäochromozytom
Tab 1.2: Einteilung der Phänotypen der von Hippel-Lindau Krankheit (Brauch et al. 1995, Lonser et al.
2003).
1.2 Tumore des Endolymphatischen Sacks
1.2.1 Geschichte der ELS-Tumore
1984 beschrieben Hassard et al. erstmals eine Neoplasie im Endolymphatischen
Sack (ELS) (Hassard et al. 1984). Eine 34-jährige Patientin litt über mehrere Jahre
an einer als Morbus Ménière eingeschätzten Symptomatik, verbunden mit einer
einseitigen progredienten Hörminderung. Während der operativen Exploration des
Endolymphatischen Sacks wurde eine stark vaskularisierte Raumforderung
gefunden, welche die anteriore Schicht des Endolymphatischen Sacks arrodierte,
jedoch weder den Knochen des Felsenbeins, noch die Dura mater infiltrierte.
Histologisch wurde der Tumor als Adenom mit papillärer Wachstumsform interpretiert
und entsprach wahrscheinlich einem auf den Saccus endolymphaticus begrenzten
ELS-Tumor. Gaffey et al. veröffentlichten 1988 den Fall einer 29-jährigen Patientin,
welche ebenfalls eine einseitige Hörminderung erlitt, zudem jedoch eine
Fazialisparese entwickelte (Gaffey et al. 1988). Die CT-Diagnostik zeigte einen
aggressiv wachsenden Tumor, welcher sowohl die Hinterwand des Os petrosum als
auch Teile des Mittelohrs destruierte. Die histologische Untersuchung zeigte
ebenfalls einen infiltrativ wachsenden papillären Tumor. Gaffey nahm an, dass der
Tumor primär im Mittelohr entstand und versuchte diesen als eigenständige Entität,
bezeichnet als APMET (aggressiv papillary middle ear tumor), von nicht infiltrativen
Mittelohrtumoren, welche er als MEA (middle ear adenoma) bezeichnete,
abzugrenzen. Die für ELS-Tumore typische Destruktion der Hinterwand des Os
6
1 Einleitung
petrosum unter Einbeziehung des Endolymphatischen Sacks ist in der
veröffentlichten Abbildung klar zu erkennen, so dass es sich wohl auch hier um eine
frühe Beschreibung eines ELS-Tumors handelt.
1989 veröffentlichte Heffner eine Serie von 20 Patienten mit einseitig destruierend
wachsenden Felsenbeintumoren (Heffner 1989). Die Tumore zeigten ein
einheitliches makropathologisches Bild mit Destruktion der Felsenbeinrückfläche
zwischen Meatus acusticus internus und Sinus sigmoideus, Infiltration des
Felsenbeines und Tumorausdehnung in die hintere Schädelgrube. Histopathologisch
waren den Tumoren der epitheliale Ursprung, das papillär-zystische
Wachstumsverhalten, die teilweise sehr starke Vaskularisation und intratumorale,
ossäre Anteile gemeinsam. Heffner folgerte daraus, dass es sich um eine
eigenständige Tumorentität handeln müsse. Als mögliches epitheliales
Ursprungsgewebe kamen der Endolymphatische Sack oder die epitheliale
Auskleidung der Mastoidzellen in Betracht. Unter den untersuchten Fällen war auch
der von Hassard bereits publizierte Fall, bei welchem der Ursprung im
Endolymphatischen Sack operativ belegt war. Zudem war Heffner der Meinung, dass
bei mastoidalem Ursprung die Lokalisation der Tumoren weitaus variabler sein
müsse. Er nannte sie „Low-grade Adenocarcinoma of Probable Endolymphatic Sac
Origin“.
Interessanterweise zeigte der erste, von Eugen von Hippel beschriebene Patient in
der Sektion, die nach 22-jährigem Krankheitsverlauf durchgeführt und von Rudolf
Brandt 1921 diskutiert wurde, neben retinalen Angiomen zerebelläre und spinale
Hämangioblastome, ossär metastasierte Nierenzellkarzinome, Nieren- und
Pankreaszysten und „An der Spitze der linken Felsenbeinpyramide … ein
walnussgroßer Tumor, der den Knochen arrodiert hat, und in dessen Bereich der 3.6. Hirnnerv liegen.“ (Brandt 1921). Ohne genaue Kenntnis des histologischen
Befundes kann jedoch nicht geklärt werden, ob es sich um einen Tumor des
Endolymphatischen Sacks oder eine Metastase des Nierenzellkarzinoms handelte.
1.2.2 ELS-Tumore als Manifestation der von Hippel-Lindau Erkrankung
Seit der Beschreibung der ELS-Tumore als eigenständige Entität sind in der Literatur
Fallberichte von ELS-Tumoren bei von Hippel-Lindau Patienten veröffentlicht worden
(Megerian et al. 1995). Bilaterale ELS-Tumoren sind bisher nur bei von Hippel-Lindau
1 Einleitung
7
Patienten beschrieben worden. Eine ausführliche Literaturrecherche von Gaffey
ergibt 47 Felsenbeintumore, die nach den Beschreibungen einem ELS-Tumor
entsprechen. 7 der Patienten hatten eine gesicherte von Hippel-Lindau Erkrankung.
Dies ergibt einen hochsignifikanten Zusammenhang (p = 1,4 x 10-24) zwischen ELSTumor und von Hippel-Lindau Erkrankung (Gaffey et al. 1994). Manski et al.
untersuchten erstmals systematisch ein großes Kollektiv von 121 VHL-Patienten
retrospektiv anhand von MR-Tomographien auf das Vorliegen von ELS-Tumoren und
fanden bei 13 Betroffenen 15 ELS-Tumore, einer Prävalenzrate von 11 %
entsprechend. Im Kontrollkollektiv mit 253 Patienten fand sich kein ELS-Tumor
(Manski et al. 1997).
1.2.3 Klinische Symptomatik und Therapie
Die meisten Patienten mit einem ELS-Tumor erleiden einen sensoneuralen
Hörverlust. Dabei bestehen die Symptome bei Diagnosestellung oft bis zu 10 Jahren.
Weitere häufige Symptome sind Tinnitus und Schwindel. Bei einem Wachstum in den
Kleinhirnbrückenwinkel kann es zu einer Fazialisparese kommen. Selten wird durch
den ELS-Tumor eine Ataxie verursacht. Die Häufigkeit der klinischen Beschwerden
zeigt Tab. 1.3.
Symptom
Schwerhörigkeit
Häufigkeit
Manski
Mukherji
Choo
n = 13
n = 20
n = 21
100 %
100 %
95 %
Tinnitus
92 %
50 %
81 %
Schwindel
62 %
20 %
67 %
8%
60 %
Keine Angaben
Fazialisparese
Tab 1.3: Häufigkeit der Symptome von Patienten mit Tumoren des Endolymphatischen Sacks.
(Manski et al. 1997, Mukherji et al. 1997, Choo et al. 2003).
Die Therapie besteht aus der radikalen chirurgischen Resektion der Tumore. Eine
Metastasierung ist bisher nicht beobachtet worden. Über Ergebnisse einer
Strahlentherapie liegen keine Daten vor.
8
1 Einleitung
1.2.4 Radiologische Diagnostik
In der Bildgebung zeigen ELS-Tumore typischerweise eine Destruktion der
Felsenbeinhinterwand. Der Tumor liegt zwischen dem Meatus acusticus internus und
dem Sinus sigmoideus.
In der Computertomographie sind am Tumorrand glatt begrenzte Osteolysen zu
erkennen. Typisch sind intratumorale Knochenfragmente (Lo 1993) und eine dünne
periphere Verkalkung. Die Knochenfragmente entsprechen am ehesten Resten des
Felsenbeines und nicht einer Knochenneubildung. Der verkalkte Tumorrand könnte
einer stark ausgedünnten Kortikalis des Felsenbeins entsprechen (Mukherji et al.
1997). Kleine Tumore (< 3 cm) sind auf die Region des Aquaeductus vestibuli
beschränkt, größere Tumore können den Kleinhirnbrückenwinkel, den Sinus
cavernosus, das Foramen jugulare und die Paukenhöhle infiltrieren (Mukherji et al.
1997).
In der MR-Tomographie sind in 80 % der Fälle T1-gewichtet (T1-w) nativ ein
hyperintenser Rand, oder, bei größeren Tumoren, fokale Hyperintensitäten zu sehen.
Diese stellen zystische Tumoranteile mit proteinreichem Inhalt oder Einblutungen
dar. Die soliden Tumoranteile sind T1-w nativ signalarm und reichern nach
Kontrastmittelgabe an (Patel et al. 2006). T2-w sind die Tumore entweder homogen
oder inhomogen hyperintens im Vergleich zum Kleinhirnmarklager (Mukherji et al.
1997). Die Blutversorgung erfolgt aus Ästen der Arteria carotis externa, größere
Tumore können zusätzlich über Äste der Arteria carotis interna und der Arteria
vertebralis versorgt werden (Mukherji et al. 1997).
9
1 Einleitung
Abb. 1.1: Tumor des Endolymphatischen Sacks des linken Felsenbeins bei einem von Hippel-Lindau
Patienten (schwarzer Pfeil). Hämangioblastom der linken Kleinhirnhemisphäre (weißer Pfeil) und
postoperative Veränderungen nach subokzipitarer Kraniektomie und Hämangioblastomresektion.
(a) – (e) Invasiv wachsende Raumforderung mit Destruktion der Felsenbeinhinterkante. Die KMverstärkte CT zeigt im Weichteilfenster (a) den typischen verkalkten Tumorrand, der Tumor ist isodens
zum Hirnparenchym. Im Knochenfenster (b) kommen die intratumoralen Knochenfragmente gut zur
Darstellung (Pfeil). Der Tumor zeigt im T2-w (c) eine inhomogene Signalintensität, im T1-w nativ (d)
hyperintense Foci und reichert nach KM-Applikation (e) an.
(a) CT mit KM, (b) CT im Knochenfenster, (c) MRT, T2-w, (d) MRT, T1-w nativ, (e) MRT, T1-w mit
Gadolinium-Chelat (Gad-Chelat).
1.2.5 Histopathologie der ELS-Tumore
Makropathologisch werden ELS-Tumore in der Literatur einheitlich als rötlich-blau
und hypervaskularisiert beschrieben (Kempermann et al. 1998). Mikroskopisch
zeigen die Tumore unterschiedliche Komponenten. Zum einen sind kolloidale Zysten
mit schmalem Stroma, welche an Schilddrüsenmetastasen erinnern, beschrieben,
zum zweiten sind papilläre Anteile mit teilweise klarzelligem Stroma vorhanden,
wodurch die Differenzierung zur Nierenzellkarzinommetastase erschwert wird. Zum
dritten sind intratumorale Knochenfragmente, Blutungen und regressive
10
1 Einleitung
Veränderungen möglich. Da ELS-Tumore nicht alle Komponenten aufweisen
müssen, ist verständlich, dass die histologische Zuordnung schwierig sein kann
(Heffner et al. 1989). Elektronenmikroskopisch zeigen die Tumore Ähnlichkeiten mit
normalem Epithel des Endolymphatischen Sacks (Kempermann et al. 1998).
Immunhistochemisch zeigen sie die stärkste Expression für den epithelialen Marker
Cytokeratin (CK). Die Expression der neuronen spezifischen Enolase (NSE)
unterstreicht den neuroektodermalen Ursprung (Gaffey et al. 1994, Kempermann et
al. 1998). Die Tumore zeigen ein langsames Wachstum und metastasieren nicht.
Abb. 1.2: Tumor des Endolymphatischen Sacks mit papillären und zystischen Anteilen. H-E-Färbung,
10-fache Vergrößerung. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. K. Müller, Neuropathologie
Universitätsklinikum Freiburg.
1.3 Zerebrale Hämangioblastome
Hämangioblastome sind histologisch gutartige, gefäßreiche Tumore. Sie können
sporadisch oder in Zusammenhang mit der von Hippel-Lindau Erkrankung auftreten.
Bevorzugt liegen sie in der hinteren Schädelgrube oder am Rückenmark. 34 - 38 %
der Patienten mit zentralnervösen Hämangioblastomen sind VHL-Patienten (Richard
et al. 1998, Conway et al. 2001). Patienten mit Hämangioblastomen im Rahmen der
11
1 Einleitung
von Hippel-Lindau Erkrankung sind bei Erstdiagnose signifikant jünger als Patienten
mit sporadischen Tumoren (Richard et al. 1998). Liegen multiple Tumore vor, gilt die
Diagnose VHL als gesichert.
Lindau beschrieb bereits 1927 die bevorzugte Lokalisation in der hinteren
Schädelgrube mit Affinität zum Rautenhirn und der Neigung zur Zystenbildung. Als
mögliche Komplikation der Tumore erwähnte er Transsudation und Erweichung und
empfahl als Therapie die Resektion des angioplastischen Tumors, da ihm die
alleinige Punktion der Zysten langfristig sinnlos erschien (Lindau 1927).
1.3.1 Klinische Symptomatik und Therapie
Kleine Tumore sind häufig asymptomatisch und werden oft im Rahmen des
Screenings entdeckt. Größere Tumore können raumfordernd wirken und durch
Schwindel oder Gangstörungen auffällig werden oder Symptome erhöhten
Hirndrucks wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen verursachen. Tumore am
Hirnstamm führen früher zu Beschwerden als Tumore der Kleinhirnhemisphären
(Wanebo et al. 2003). Tumore mit Zysten sollen rascher zu einem Tumorprogress mit
neurologischer Symptomatik führen als solide Tumore (Slater et al. 2003).
Therapie der Wahl ist die mikrochirurgische Resektion des soliden Tumorknotens.
Bei großen und häufig sehr gut vaskularisierten Tumoren kann eine prächirurgische
Tumorembolisation indiziert sein. Therapieversuche mit stereotaktischer Bestrahlung
(Gammaknife) wurden unternommen, hierzu liegen noch keine Langzeitergebnisse
vor.
1.3.2 Radiologische Diagnostik
Hämangioblastome können, je nach Vorliegen von zystischen und soliden Anteilen in
4 Typen eingeteilt werden (Richard et al. 1998). Die Übersicht zeigt Tab. 1.4. Die
MRT ist der CT überlegen, da insbesondere in der hinteren Schädelgrube
Aufhärtungsartefakte den Nachweis kleiner Tumore in der CT erschweren (Lee et al.
1989). Tumorzysten sind in der MR-Tomographie liquorisointens, solide Tumore
zeigen eine homogene KM-Aufnahme.
12
Typ 1
Einfache Zyste ohne Tumorknoten
Typ 2
Zyste mit wandständigem Tumorknoten
Typ 3
Solider Tumor ohne Zyste
Typ 4
Solider Tumor mit intratumoralen Zysten
1 Einleitung
Tab. 1.4: Einteilung der Hämangioblastome anhand des Vorliegens von soliden und zystischen
Tumoranteilen (Richard et al. 1998).
Abb. 1.3: Typische Beispiele von Hämangioblastomen nach der oben genannten Einteilung. (a) Typ 2:
Zyste mit wandständigem Tumorknoten der rechten Kleinhirnhemisphäre, (b) Typ 3: zwei solide
Tumore beider Kleinhirnhemisphären , (c) Typ 4: solider Tumor der rechten Kleinhirnhemisphäre mit
intratumoralen Zysten.
(a) – (c) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal.
1.3.3 Histopathologie
Hämangioblastome bestehen aus einem dichten Kapillargeflecht und
zwischengelagerten Stromazellen. Das Stroma besteht in der Regel aus großen
Zellen mit Vakuolen (zellulärer Typ) oder, seltener, aus dicht gepackten Zellen
(retikulärer Typ) (Hasselblatt et al. 2005). Die Zellkerne liegen sehr dicht beieinander,
Mitosen sind sehr selten (Richard 2000). Stromazellen stellen den neoplastischen
Anteil des Tumors dar, Kapillaren entstehen reaktiv (Vortmeyer 1997).
Tumorassoziierte Zysten haben keine Wand, sondern zeigen einen gliotischen Rand.
In der Zyste ist oft eine gelbliche Flüssigkeit vorhanden, Zysteneinblutungen sind
möglich (Lee et al. 1989). Vortmeyer et al. konnten zeigen, dass zentralnervöse
Hämangioblastome aus Angioblasten hervorgehen, die Erythropoetin (Epo) und EpoRezeptoren koexprimieren (Vortmeyer et al. 2003).
13
2 Fragestellungen
2 Fragestellungen
1. Wie hoch ist die Prävalenzrate von Tumoren des Endolymphatischen Sacks
im Freiburger von Hippel-Lindau Patientenkollektiv?
2. Lässt sich der Aquaeductus vestibuli durch MR-Tomographien der
Felsenbeine zuverlässig nachweisen?
3. Können durch MRT-Dünnschichtaufnahmen der Felsenbeine bei von HippelLindau Patienten häufiger Tumore des Endolymphatischen Sacks
nachgewiesen werden als in der Standarduntersuchung?
4. Wie häufig und in welcher Lokalisation sind zerebrale Hämangioblastome bei
von Hippel-Lindau Patienten nachweisbar?
5. Besteht ein Zusammenhang zwischen Größe, Lokalisation, Mutationstyp und
Operationshäufigkeit zerebraler Hämangioblastome?
6. Unterscheidet sich der Verlauf zystischer und solider Hämangioblastome?
7. Wie ist der natürliche Verlauf zerebraler Hämangioblastome?
8. Besteht ein Zusammenhang zwischen Größe, Lokalisation, Tumortyp,
Mutationstyp und Wachstum zerebraler Hämangioblastome?
14
3 Patienten, Material und Methoden
3 Patienten, Material und Methoden
3.1 Patienten
3.1.1 Patientenkollektiv
Von 607 Patienten der Freiburger von Hippel-Lindau Datenbank wurden 251
zwischen Mai 1988 und März 2006 in Freiburg MR-tomographisch untersucht. Von
17 Patienten waren die Aufnahmen nicht mehr zugänglich. MR-Tomographien von
234 Patienten wurden reevaluiert. Davon mussten nachträglich 6 Patienten
ausgeschlossen werden: eine Patientin war doppelt aufgeführt, bei einer war die
Untersuchung inkomplett und nicht auswertbar, bei vier Patienten war die von HippelLindau Erkrankung nicht gesichert. Somit wurden 228 Patienten in diese Arbeit
aufgenommen und ausgewertet.
3.1.2 Einschlusskriterien
In diese Studie wurden nur Patienten mit gesicherter von Hippel-Lindau Erkrankung
aufgenommen. Dies ist der Fall, wenn entweder die Mutation auf Chromosom 3
nachgewiesen werden konnte und/oder die in Kapitel 1.1.2 aufgeführten klinischen
Kriterien erfüllt waren.
Radiologisches Einschlusskriterium war das Vorliegen einer zerebralen, in der Regel
biplanaren, kontrastmittelgestützten MRT in T1-Wichtung. Das Vorliegen einer
Sequenz in transversaler Orientierung war obligat. MRT, von denen lediglich der
schriftliche Befund vorlag, oder welche ohne Kontrastmittel angefertigt worden
waren, wurden nicht in die Untersuchung aufgenommen.
3.1.3 Ausschluss von Patienten
Bei allen 228 eingeschlossenen Patienten war die Beurteilung des Saccus
endolymphaticus möglich.
15
3 Patienten, Material und Methoden
Zwei Patienten wurden von der Auswertung der Hämangioblastome ausgeschlossen,
da sowohl zerebrale Metastasen eines Nierenzellkarzinoms als auch
Hämangioblastome vorlagen und die Tumore nicht sicher zu unterscheiden waren.
3.2 MR-Technik
3.2.1 Bildmaterial
Zerebrale MR-Tomographien von 228 Patienten wurden retrospektiv analysiert,
wobei zunächst jeweils die aktuellste Untersuchung herangezogen wurde. 147 der
Patienten hatten mindestens zwei MR-Tomographien. Die Anzahl der vorliegenden
MRT zeigt Tabelle 3.1.
Lagen zerebrale Hämangioblastome oder ELS-Tumore vor, wurden auch alle
Voraufnahmen zur Verlaufsuntersuchung ausgewertet. Die Bilder standen entweder
in digitaler Form via PACS (Tiani, Agfa-GWI, Version 3.3.16) oder als Laserprint-Film
zur Verfügung. Bei 220 Patienten lag zusätzlich eine MR-Tomographie der
Wirbelsäule vor.
Anzahl MRT im Verlauf
Anzahl Patienten
1
85
2
53
3
27
4
25
5
12
6
11
7
6
8
3
9
1
10
0
11
1
12
1
13
1
14
1
15
0
16
1
Tab. 3.1: Anzahl der vorliegenden MRT des untersuchten Patientenkollektivs. Von 228 Patienten
hatten 85 jeweils ein MRT, 143 hatten mindestens 2 MRT.
16
3 Patienten, Material und Methoden
3.2.2 Technische Parameter
Die vorliegende Arbeit umfasst MRT aus dem Zeitraum 1988 bis 2006. Die MRTomographien zwischen 1988 und 1995 wurden an unterschiedlichen Geräten von
1,0 und 1,5 T Feldstärke angefertigt und beinhalteten eine kontrastmittelgestützte
biplanare Darstellung des Schädels in T1-Wichtung mit einer maximalen
Schichtdicke von 7,5 mm.
Die MR-Tomographien von 1996 bis März 2006 wurden an einem 1,5 T
Kernspintomographen (Magnetom Vision, Siemens, Erlangen) angefertigt. Das
Untersuchungsprotokoll bestand während dieses Zeitraums unverändert aus einer
biplanaren, in der Regel transversalen und sagittalen, in seltenen Fällen
transversalen und coronaren Darstellung des Schädels in T1-Wichtung sowie
sagittaler Darstellung der gesamten Wirbelsäule in drei aufeinander folgenden
Untersuchungsblöcken (Schädel, HWS bis Mitte BWS und Mitte BWS bis LWS). Die
Akquisitionen erfolgten nach intravenöser Gabe von 0,5 molarem Gadolinium-Chelat
mit einer Dosierung von 0,1 mMol Gad-Chelat pro kg Körpergewicht.
Von Juli 2005 bis März 2006 wurden bei 60 Patienten zusätzlich zum
Standardprotokoll kontrastmittelgestützte dünnschichtige Sequenzen der
Felsenbeine angefertigt. Um Verfettungen in den Ossa petrosa von Kontrastmittelanreichernden Tumoren zu differenzieren, wurde dabei eine spektrale Fettsättigung
angewandt. Die Untersuchungsparameter im Einzelnen zeigt Tabelle 3.2.
17
Orientierung
3 Patienten, Material und Methoden
Tra T1-w KM
Sag T1-w KM
Tra T1-w KM
Sag T1-w KM
Sag T1-w KM
Schädel
Schädel
Fettsättigung
Wirbelsäule
Wirbelsäule
Felsenbein
HWS/BWS
BWS/LWS
Transversal
Sagittal
Transversal
Sagittal
Sagittal
TR
532 ms
532 ms
705 ms
697 ms
642 ms
TE
17,0 ms
17,0 ms
17 ms
12 ms
12 ms
90°
90°
90°
150°
150°
202 x 256
230 x 256
222 x 256
198 x 512
306 x 512
220 mm
230 mm
230 mm
280 mm
290 mm
Rechteck-FOV
7/8
8/8
7/8
6/8
6/8
Schichtanzahl
19
19
15
11
11
6 mm
6 mm
3 mm
3 mm
4 mm
0,6 mm
0,6 mm
0,3 mm
0,3 mm
0,4 mm
2
2
3
3
4
1:59 min
2:14 min
4:15 min
4:40 min
4:26 min
Fettsättigung
Nein
Nein
Ja
Nein
Nein
Gadolinium-
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Standard
Standard
07/2005 -
Standard
Standard
Flipwinkel
Matrix
FOV
Schichtdicke
Distanz
Akquisitionen
Messzeit
Chelat
Anwendung
03/2006
Tabelle 3.2: Untersuchungsparameter des Standardprotokolls des Screenings von Hippel-Lindau
Erkrankter. Die Dünnschichtung der Felsenbeine erfolgte ab Juli 2005 zusätzlich zur
Standarddiagnostik. (TR: Relaxationszeit, TE: Echozeit, FOV: Field of view, tra: transversal, sag:
sagittal)
3.3 Bildbefundung
Alle vor Juli 2005 angefertigten MR-Tomographien wurden von der Verfasserin
retrospektiv analysiert. Die Aufnahmen wurden in Hinblick auf das Vorliegen von
ELS-Tumoren und Hämangioblastomen beurteilt. Die zusätzlich angefertigten
Dünnschichtaufnahmen der Felsenbeine wurden nur zur Diagnostik von ELSTumoren herangezogen. Auf einem Erhebungsbogen wurden die relevanten Daten
dokumentiert.
18
3 Patienten, Material und Methoden
3.3.1 Analyse der ELS-Tumore
Die 6 mm Standardsequenzen wurden auf das Vorliegen von ELS-Tumoren
begutachtet.
Als ELS-Tumore wurden hyperintense Läsionen im Verlauf des Aquaeductus
vestibuli oder Saccus endolymphaticus gewertet, welche über die normale
Ausdehnung des Aquädukts hinausgingen und/oder eine Destruktion der
Felsenbeinhinterwand und/oder eine Tumorausdehnung in die hintere Schädelgrube
zeigten. Lag eine komplette oder inkomplette Petrosektomie vor, wurde der
histologische Befund herangezogen.
Die Läsionen mussten in zwei Ebenen abgrenzbar sein und sicher vom Sinus
sigmoideus und mastoidalen Fetteinlagerungen zu differenzieren sein. Eine alleinige
Hyperintensität im anatomisch normal konfigurierten Ductus oder Saccus
endolymphaticus wurde nicht als ELS-Tumor gewertet.
In Zweifelsfällen wurde als Zweitbefunder ein erfahrener Neuroradiologe
hinzugezogen. Die Beurteilung erfolgte anhand der genannten Kriterien im Konsens.
Lag ein Tumor vor, wurden der maximale Längsdurchmesser und die senkrecht dazu
stehenden maximalen Querdurchmesser am transversalen und sagittalen Bild
bestimmt. Lagen MR-Tomographien im Verlauf vor, wurde die Größe der Tumore im
Verlauf ermittelt.
Sequenzen der Felsenbeine in 3 mm Schichtdicke wurden nach Kontrastmittelgabe
in Fettsättigungstechnik akquiriert. Die Auswertung erfolgte durch die Verfasserin und
einen erfahrenen Neuroradiologen. Dabei wurde unabhängig voneinander beurteilt,
ob der Aquaeductus vestibuli je Felsenbein abgrenzbar ist, ob der Aquädukt im
Vergleich zu den Strukturen des inneren Gehörgangs hyperintens erscheint und ob
ein Tumor vorliegt. Die Ergebnisse wurden auf den Grad der Übereinstimmung
geprüft.
3.3.2 Analyse der zerebralen Hämangioblastome
Die Untersuchung der zerebralen Hämangioblastome wurde von der Verfasserin an
den 6 mm Standardsequenzen durchgeführt. Als Hämangioblastome wurden scharf
berandete, hyperintense, intradural gelegene Raumforderungen gewertet. Sie
mussten in zwei Ebenen abgrenzbar sein. Die Lokalisation der Tumore wurde in
19
3 Patienten, Material und Methoden
folgende Bereiche eingeteilt: supratentoriell, Kleinhirnhemisphären, Vermis cerebelli
oder Medulla oblongata / Hirnstamm. Der Tumortyp wurde nach Richard et al. in vier
Kategorien eingeteilt (Typ 1 einfache Zyste, Typ 2 Tumorknoten mit assoziierter
Zyste, Typ 3 solider Tumor und Typ 4 Tumor mit intratumoralen Zysten) (Richard et
al. 1998). Die Tumore wurden von apikal nach basal in der Reihenfolge ihres
Erscheinens nummeriert, um bei Verlaufsuntersuchungen die korrekte Zuordnung zu
gewährleisten. Die aufeinander senkrecht stehenden Längsdurchmesser in drei
Raumebenen wurden für den soliden und zystischen Anteil und für die Gesamtgröße
gemessen und in eine Datenbank eingetragen. Ein Beispiel zeigt Abb. 3.1.
Das Volumen eines Ellipsoids berechnet sich nach der Formel V = 4 / 3 * π * (x / 2 *
y / 2 * z / 2); x, y und z entsprechen den aufeinander senkrecht stehenden
Durchmessern. Durch Kürzung ergibt sich V = π / 3 * (x * y * z) / 2.
Setzt man π / 3 = 1, erhält man die Näherung V = (x * y * z) / 2.
Da Hämangioblastome in der Regel kugelig bis ellipsoid sind, wurde das
Tumorvolumen V nach der Näherung V = (x * y * z) / 2 ermittelt. Wurde im Verlauf ein
Tumor reseziert, wurde das OP-Datum notiert, postoperative Defekte wurden als
reseziertes Hämangioblastom ohne Größenangabe gewertet.
Abb. 3.1: Messung der aufeinander senkrecht stehenden Durchmesser eines Hämangioblastoms mit
exzentrischer Zyste. Der solide Anteil hat ein Volumen von 10*6*10/2 = 300 mm3, die Zyste ein
Volumen von 41*33*24/2 = 16236 mm3.
20
3 Patienten, Material und Methoden
3.3.3 Analyse der spinalen Hämangioblastome
Bei 215 Patienten lag zusätzlich zur zerebralen Bildgebung eine sagittale Darstellung
der gesamten Wirbelsäule vor. Es wurde registriert, ob Hämangioblastome vorlagen
oder nicht. Eine Quantifizierung der Tumore in Hinblick auf Anzahl und Größe
erfolgte nicht.
3.4. Genetik
Die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen aller Patienten wurden
freundlicherweise von Prof. Neumann, Abteilung für Nephrologie und Hypertension,
Universitätsklinikum Freiburg zur Verfügung gestellt.
DNA wurde aus peripheren Blutleukozyten extrahiert. Als Screening wurde anfangs
eine Single-Stranded Conformational Polymorphism (SSCP) Analyse durchgeführt.
Später wurde diese Technik durch eine Denaturation High Performance Liquid
Chromatography (DHPLC) ersetzt. Im Falle aberrierender Banden wurde die DNA
amplifiziert und zur weiteren Sequenzierung in ein Speziallabor gesandt. Deletionen
wurden initial mittels Southern Blot (Eco RI) nachgewiesen. In letzter Zeit wurde zum
Nachweis großer Deletionen eine MLPA (multiplex ligation-dependent probe
amplification) angewandt.
3.5. Statistik
Ein Ergebnis wurde als signifikant eingestuft, wenn die Wahrscheinlichkeit
mindestens 95 % betrug (p ≤ 0,05). Lag der Erwartungswert über 5, wurde der ChiQuadrat Test angewandt, bestand diese Voraussetzung nicht, der exakte FischerTest. Mittelwerte wurden mit dem unpaaren t-Test auf Signifikanz überprüft.
21
4 Ergebnisse
4 Ergebnisse
4.1 Patientenkollektiv
4.1.1 Alters- und Geschlechtsverteilung
In die vorliegende Arbeit wurden 228 Patienten eingeschlossen, davon 106 Männer
und 122 Frauen. Dies ergibt ein Verhältnis m:w von 1:1,2. Der Altersdurchschnitt lag
zum Zeitpunkt der aktuellsten MR-Tomographie im Mittel bei 39,5 Jahren (Median =
39 Jahre). Der jüngste Patient war vier, der älteste 82 Jahre alt. Abbildung 4.1 zeigt
die Altersverteilung.
Abb. 4.1: Altersverteilung 228 untersuchter Patienten zum Zeitpunkt der jeweils aktuellsten MRTomographie.
22
4 Ergebnisse
4.1.2 Familienzugehörigkeit
Die Zugehörigkeit zur jeweiligen von Hippel-Lindau Familie war bei 219 Patienten
(96% der Fälle) bekannt. Es handelte sich um 106 verschiedene Familien mit einem
bis maximal zwölf betroffenen Mitgliedern.
4.1.3 Nachweis der von Hippel-Lindau Erkrankung
Der Nachweis der von Hippel-Lindau Erkrankung gilt als sicher, wenn die in Kapitel
1.1.2 aufgeführten klinischen Kriterien erfüllt sind oder die Mutation nachgewiesen
wurde. Die Diagnose VHL war bei allen 228 eingeschlossenen Patienten gesichert.
In 96 % der Fälle (218 Patienten) war die Mutation bekannt, bei 10 Patienten war der
Mutationsnachweis nicht möglich. Bei diesen Patienten waren jeweils die klinischen
Kriterien eindeutig erfüllt.
Ein Großteil der Patienten (200 Fälle) konnte allein anhand der klinischen Kriterien
sicher als betroffen eingruppiert werden. Bei 28 Patienten stützte sich die Diagnose
allein auf den Nachweis der Mutation (18 Patienten mit positiver Familienanamnese
ohne nachweisbare Manifestation, 4 Patienten ohne Familienanamnese und einer
Manifestation, 6 Patienten ohne Kenntnis der Familienzugehörigkeit, davon 5 mit
einer Manifestation und einer ohne Manifestation).
4.1.4 Einteilung in Genotypen
Weltweit sind ca. 500 verschieden Mutationen des VHL-Gens bekannt. Es werden
zwei Mutationstypen unterschieden. Bei einer Missense-Mutation (Punktmutation,
Mikroinsertion / -deletion ohne Verschiebung des Leserasters) wird im VHL-Protein
eine Aminosäure verändert und das Protein wahrscheinlich in voller Länge
translatiert (Full-length, F-Typ). Bei einer Nonsense-Mutation (Einfügen eines StopCodons, Mikroinsertion / -deletion mit Verschiebung des Leserasters, große Deletion)
und Slice-site-Defekten bricht die Translation des VHL-Proteins wahrscheinlich ab
(Truncation, T-Typ). Im Patientenkollektiv dieser Arbeit kamen 52 unterschiedliche
Mutationen vor. Die Ergebnisse der Mutationsanalysen wurden freundlicherweise
von Prof. Neumann zu Verfügung gestellt. Eine Mutation, der so genannte
4 Ergebnisse
23
Schwarzwaldtyp (c.505 T>C) war mit 102 Patienten deutlich überrepräsentiert. Die
Mutationen sind im Einzelnen in Tabelle 4.1 aufgeführt.
Nukleotid-Austausch
Mutationsname
Mutationstyp
T-/F-Typ
Anzahl Patienten
Ala56Gly
Missense
F
1
Frameshift
T
1
Exon 1
c.380 C>G
c.393 ins C
c.407 C>A
Ser65X
Nonsense
T
1
c.407 C>G
Ser65Trp
Missense
F
2
Frameshift
T
1
c.417 dup G
c.430 C>T
Gln73X
Nonsense
T
1
c.434 T>G
Val74Gly
Missense
F
2
c.437-9 del TCT
Ile75-Phe76delinsIle
In-frame Deletion
F
9
c.443 ins TCT
443ins3
Frameshift
T
1
c.446 A>G
Asn78Ser
Missense
F
1
c.452 G>T
Ser80Ile
Missense
F
3
c.469 C>T
Pro86Ser
Missense
F
1
c.475 T>A
Trp88Arg
Missense
F
2
c.479 T>C
Leu89Pro
Missense
F
6
c.490 G>A
Gly93Ser
Missense
F
2
c.505 T>C
Tyr98His
Missense
F
102
Frameshift
T
1
In-frame Insertion
F
1
Splice-site-Defekt
T
2
c.508-518 dup11
c.529 ins GCC
529ins3
c.553+1 G>T
Exon 2
c.557 A>G
His115Arg
Missense
F
2
c.557/558 AC/GT
His115Arg
Missense
F
1
c.595 C>T
Leu128Phe
Missense
F
1
c.601 G>T
Val130Phe
Missense
F
3
c.605 A>C
Asn131Thr
Missense
F
1
c.610 A>C
Thr133Pro
Missense
F
2
c.617 T>A
Leu135Stop
Nonsense
T
1
c.620 T>C
Phe136Ser
Missense
F
1
c.658-671 del 14
658del14
Frameshift
T
2
Splice-site-Defekt
T
3
c.677-1 G>C
Splice-site-Defekt
T
2
c.677-2 A>G
Splice-site-Defekt
T
4
Missense
F
4
c.676+2 T>C
Exon 3
c.680 A>G
Tyr156Cys
4 Ergebnisse
24
c.694 C>T
Arg161Stop
Nonsense
T
5
c.695 G>A
Arg161Gln
Missense
F
1
c.695 G>C
Arg161Pro
Missense
F
2
c.699 C>G
Cys162Trp
Missense
F
2
c.701 T>A
Leu163His
Missense
F
1
c.712 C>T
Arg167Trp
Missense
F
3
c.713 G>A
Arg167Gln
Missense
F
2
c.738 C>A
Tyr175Stop
Nonsense
T
1
c.742 A>T
Arg177Stop
Nonsense
T
1
c.746 T>A
Leu178Gln
Missense
F
1
c.761 C>A
Ser183Stop
Nonsense
T
2
c.768 C>A
Tyr185Stop
Nonsense
T
1
c.775 C>G und 454
Leu188Val und
Missense
F
2
C>T
Pro81Ser
c.806 T>A
Leu198Gln
Missense
F
1
Deletion Exon 1
Deletion
T
2
Deletion Exon 2
Deletion
T
5
Deletion Exon 3
Deletion
T
5
Deletion Exon 1-2
Deletion
T
2
Deletion Exon 2-3
Deletion
T
1
Deletion Exon 1-3
Deletion
T
11
Tab. 4.1: Auflistung der 52 Mutationen. In Spalte eins ist die Veränderung des jeweiligen Nukleotids
aufgeführt. Der Mutationsname gibt an, an welcher Position im VHL-Protein eine Aminosäure
ausgetauscht wird.
4.2 MR-Tomographien
Zunächst wurde die jeweils aktuellste MR-Tomographie der Patienten ausgewertet.
194 der 228 untersuchten Patienten (85 %) waren nach MRT-Standardprotokoll
untersucht worden. In 13 Fällen (6 %) lag statt einer sagittalen eine coronare Ebene,
in 4 Fällen (2 %) ausschließlich eine transversale Ebene vor. In 3 Fällen (1 %) waren
die Schichten dicker (bis 7,5 mm) und in 14 Fällen (6 %) dünner als 6 mm (1 – 5
mm). Der Zeitraum der Untersuchungen erstreckte sich von März 1989 bis März
2006. 4 MRT (2 %) stammten aus den Jahren 1989 bis 1995, 44 MRT (19 %) von
1996 bis 2000 und 180 MRT (79 %) aus den Jahren 2001 bis 2006.
Bei 143 Patienten waren Voraufnahmen aus den Jahren 1988 bis 2005 vorhanden.
4 Ergebnisse
25
4.3 ELS-Tumore
4.3.1 Retrospektive Analyse der 6 mm Standardsequenzen des
Zerebrums
Es wurden 228 MR-Tomographien von 228 von Hippel-Lindau Patienten analysiert. 6
der 228 Patienten zeigten 8 Läsionen, welche die in Kapitel 3.3.1 genannten Kriterien
eines ELS-Tumors erfüllten. Die Prävalenzrate, also die Anzahl der Erkrankten mit
ELS-Tumoren im Verhältnis zur Gesamtzahl der untersuchten von Hippel-Lindau
Patienten beträgt 6 aus 228 oder 2,6 %.
2 der 6 Patienten waren bilateral betroffen. Bei 3 Patienten waren 4 Tumore komplett
oder partiell reseziert, die Diagnose war jeweils histologisch gesichert, bei 3
Patienten waren die radiologischen Kriterien erfüllt. Eine Auflistung der 6 Patienten
zeigt Tabelle 4.2.
Initialen Alter Geschlecht Tumor
Seite
Größe
[mm³]
H., F.
37
m
Histologisch gesicherter
Links
4784
Radiologische Evidenz für Links
1320
ELST, Rezidiv- oder
Resttumor
K., H-G.
56
m
ELST
N., D.
29
m
Histologisch gesicherter
Rechts
1176
ELST, Rezidiv
N., S.
26
w
Bds. radiologische
Beidseits
Li: 8830
Evidenz für ELST
P., L.
13
w
Re: 6804
Radiologische Evidenz für Rechts
270
ELST
S., J.
49
w
Bds. histologisch
gesicherter ELST, links
Rezidiv
Tab. 4.2: Auflistung der Patienten mit ELS-Tumoren.
Beidseits
Li: 6630
26
4 Ergebnisse
ELS-Tumore waren in der MR-Tomographie nach primärer KM-Gabe T1-w
inhomogen hyperintens, teils glatt, teils lobuliert abgrenzbar. Das mittlere
Tumorvolumen betrug 4259 mm3. Bei 3 Patienten war eine Verlaufsbeobachtung der
ELS-Tumore möglich, der Beobachtungszeitraum lag zwischen 7 und 91 Monaten.
Abb. 4.2 zeigt das Tumorvolumen in Relation zum Beobachtungszeitraum. Patient
H.F. wurde nach 66 Monaten operiert. Eine Auswertung der Wachstumskinetik der
Tumore ist aufgrund der geringen Anzahl nicht möglich. Geringere Schwankungen
der Tumorvolumina sind am ehesten auf Messfehler zurückzuführen, da die Tumore
oft eine sehr irreguläre Begrenzung zeigen.
Abb. 4.2 Größenänderung der ELS-Tumore bei 3 Patienten im zeitlichen Verlauf.
4.3.2 Analyse der 3 mm Felsenbeinsequenzen in Fettsättigungstechnik
Die 3 mm dicken Sequenzen der Felsenbeine wurden in T1-Wichtung, nach
Kontrastmittelgabe in Fettsättigungstechnik akquiriert. Die Auswertung erfolgte durch
zwei unabhängige Befunder. Es wurden 60 MRT von 60 Patienten untersucht.
Festgehalten wurde, ob der Saccus endolymphaticus je Felsenbein abgrenzbar ist,
ob im Vergleich zum Labyrinth ein hyperintenses Signal zu erkennen ist und ob
zusätzlich ein Tumor vorliegt. Das Ergebnis der Befunder A und B zeigt Tabelle 4.3.
4 Ergebnisse
27
Der Aquaeductus vestibuli war in 74 % bzw. 58 % (Befunder A / Befunder B)
abgrenzbar und zeigte in 23 % bzw. 28 % ein hyperintenses Signal.
Analyse von 60
Befunder A
Befunder B
Beidseits
40
27
Rechts
4
13
Links
5
3
Nicht abgrenzbar
11
17
Beidseits
9
11
Rechts
4
7
Links
6
5
Keine KM-Anreicherung
41
37
Beidseits
0
0
Rechts
0
0
Links
2
2
Keine Raumforderung
58
58
3mm-Felsenbein-MRT
Abgrenzbarkeit des Saccus
endolymphaticus
KM-Anreicherung des Saccus
endolymphaticus
Tumor im Saccus
endolymphaticus
Tabelle 4.3: Zweifachauswertung von 60 MRT der Felsenbeine mit 3 mm Schichtdicke, T1-w mit KM
und Fettsättigung durch zwei unabhängige Befunder.
Vergleicht man die unabhängig voneinander erhobenen Ergebnisse der einzelnen
Patienten direkt miteinander, so ergibt sich für die Abgrenzbarkeit des Aquaeductus
vestibuli eine Übereinstimmung von 73 %, für das Vorliegen eines hyperintensen
Signals eine Übereinstimmung von 88 % und für das Vorliegens eines Tumors eine
Übereinstimmung von 100 %. Tabelle 4.4 fasst die Daten zusammen. Abbildung 4.2
zeigt jeweils ein Beispiel eines gut abgrenzbaren Aquaeductus vestibuli mit normaler
und hoher Signalintensität.
4 Ergebnisse
28
Übereinstimmung
Abgrenzbarkeit
Diskrepanz
87 (120)
73 %
33 (120)
27 %
106 (120)
88 %
14 (120)
12 %
120 (120)
100 %
0 (120)
0%
Aquaeductus vestibuli
KM-Anreicherung Aquaeductus
vestibuli
Raumforderung im Aquaeductus
vestibuli
Tabelle 4.4: Rate der Übereinstimmung bzw. der Diskrepanz der beiden unabhängigen Untersucher A
und B bei der Beurteilung des Aquaeductus vestibuli.
Abb. 4.2: Aquaeductus vestibuli in (a) bds. isointens zum Labyrinth gut abgrenzbar, in (b) rechts
hyperintens.
(a) und (b) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, Fettsättigung, transversal.
4.3.3 Vergleich der 6 mm Standardsequenzen mit den 3 mm
Felsenbeinsequenzen
Alle drei ELS-Tumore, welche auf den 3 mm Dünnschichtsequenzen der Felsenbeine
detektiert wurden, waren auch auf den 6 mm Standardsequenzen eindeutig
abgrenzbar. Keiner der ELS-Tumoren war nur auf den Dünnschichtaufnahmen zu
erkennen. Die Prävalenzrate für ELS-Tumore beträgt für 6 mm Sequenzen 6 von 228
oder 2,6 %, für 3 mm Sequenzen 2 von 60 oder 3,3 %. Der Unterschied ist
erwartungsgemäß statistisch nicht signifikant (p = 0,65).
29
4 Ergebnisse
4.3.4 Fallberichte der Patienten mit ELS-Tumoren
Patient H., F., 37 Jahre
Die VHL-Erkrankung wurde 1994 mit drei zerebellären Hämangioblastomen
manifest. Im Verlauf wurden multiple zerebelläre und spinale Hämangioblastome,
beidseitige Nierenzellkarzinome und retinale Angiome diagnostiziert und therapiert.
Seit 1998 war eine Raumforderung im linken Felsenbein bekannt, welche im Mai
2003 aufgrund der Größenzunahme mittels gehörerhaltender partieller
Petrosektomie subtotal reseziert wurde. Die histologische Untersuchung ergab einen
ELS-Tumor. MRT Verlaufskontrollen zeigten postoperativ eine langsam progrediente,
T1-w hyperintense Raumforderung in der Hinterwand des linken Os petrosum, einem
Rezidiv- oder Resttumor entsprechend. Zum Zeitpunkt der aktuellsten MRT (August
2005) bestand eine Anakusis links.
Abb. 4.3: ELS-Tumor des linken Felsenbeins und Hämangioblastom der linken Kleinhirnhemisphäre mit angrenzendem
erweitertem Gefäß. (a) bis (c) präoperative Darstellung des ELS-Tumors (schwarzer Pfeil) im Januar 2003 mit Destruktion der
Felsenbeinhinterkante. Gut zu erkennen sind die intratumoralen knöchernen Spiculae (c). Kalottendefekt und Metallartefakte
aufgrund vorangegangener Operationen. Benachbartes Hämangioblastom der linken Kleinhirnhemisphäre (weißer Pfeil). (d)
Der ELS-Tumor ist im Januar 2004 subtotal reseziert (Pfeilspitzen). (e) Geringe Größenzunahme des Resttumors im August
2005, das Hämangioblastom wurde zwischenzeitlich entfernt.
(a) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal, (b) CT mit Kontrastmittel, transversal, (c) CT im Knochenfenster, transversal, (d)
und (e) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal
30
4 Ergebnisse
Patient K., H-G., 56 Jahre
Die VHL-Erkrankung wurde erkannt, nachdem 1999 ein zerebelläres
Hämangioblastom reseziert wurde und im darauf folgenden Jahr eine Nephrektomie
bei Nierenzellkarzinom durchgeführt wurde. Im Januar 2002 erfolgte eine Resektion
einer thorakalen intramedullären Metastase und im Juli 2002 eine Resektion einer
pulmonalen Filia. Der Patient stellte sich im August 2002 zur Beratung und MRDiagnostik erstmals in Freiburg vor. In der Bildgebung sah man zerebelläre und
spinale Tumore, wobei nicht sicher zwischen Hämangioblastomen und Metastasen
des Nierenzellkarzinoms differenziert werden konnte. Eine 20 x 12 x 11 mm große,
T1-w hyperintense Raumforderung im Aquaeductus vestibuli des linken Felsenbeins
wurde nach radiologischen Kriterien als ELS-Tumor eingestuft, da eine aktuelle
Skelettszintigraphie keine Speicherung zeigte, und somit eine ossäre Metastasierung
unwahrscheinlich war. Bei fortschreitendem Tumorprogress verstarb der Patient
Januar 2003.
Abb. 4.4: Raumforderung im linken Felsenbein, welche nach radiologischen Kriterien als ELS-Tumor
eingestuft wurde. (a) ELS-Tumor mit typischem hyperintensem Signal (schwarzer Pfeil). Die
hyperintense Struktur im rechten Os petrosum entspricht einem Anschnitt des Sinus sigmoideus
(weißer Pfeil). (b) ELS-Tumor isointens zum Hirnparenchym, beidseitige Ödeme der
Kleinhirnhemisphären bei multiplen zerebellären Raumforderungen (nicht abgebildet).
(a) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal (b) MRT, T2-w, transversal
31
4 Ergebnisse
Patient N., D., 29 Jahre
Der Patient N., D. ist der Bruder der Patientin N., S.. Es liegen nicht
behandlungsbedürftige zerebelläre und spinale Hämangioblastome vor. Retinale
Angiome wurden beidseits laserkoaguliert, Pankreaszysten und beidseitige
Nierenzysten sind bekannt. 1997 wurde rechts ein ELS-Tumor mittels Mastektomie
und Labyrinthektomie entfernt. Zu diesem Zeitpunkt war der Patient seit ca. sieben
Jahren auf der betroffenen Seite ertaubt. Die postoperativen MRT Verlaufskontrollen
zeigten rechts ein größenprogredientes ELS-Tumorrezidiv, welches im September
2002 reseziert wurde. Histologisch konnte das Rezidiv bestätigt werden.
Abb. 4.5: Histologisch gesichertes Rezidiv eines ELS-Tumors des rechten Felsenbeins. (a) bis (c)
zeigen den hyperintensen ELS-Tumor an der rechten Felsenbeinhinterkante (schwarzer Pfeil),
anterolateral davon eine Zyste (weißer Pfeil) und lateral fettäquivalente postoperative Veränderungen
nach subtotaler Petrosektomie (Pfeilspitze).
(a) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal, (b) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, coronar, (c) MRT, T2-w,
transversal.
32
4 Ergebnisse
Patientin N., S., 26 Jahre
Die Patientin (Schwester von Patient N., D.) wurde bereits im Alter von 13 Jahren mit
morgendlichem Erbrechen, Schwindel und einer Netzhautablösung des rechten
Auges symptomatisch. 1982 erfolgte im Alter von 14 Jahren die Resektion eines 3
cm großen Hämangioblastoms der Medulla oblongata. Viszeral wurden Pankreasund Nierenzysten diagnostiziert. In den nachfolgenden Jahren wurden mehrfach
Hämangioblastome des Kleinhirns, des kraniozervikalen Übergangs und des
Rückenmarks operiert. Es kam zu zunehmenden neurologischen Ausfällen mit
spastischer Hemiparese und bilateralen Hirnnervenausfällen. Am linken Auge
wurden mehrfach retinale Angiome laserkoaguliert. 1989 wurden erstmals
Raumforderungen beider Felsenbeine beschrieben. Zu diesem Zeitpunkt bestand
rechts eine Taubheit und links eine Schwerhörigkeit von 20 dB. Die Tumore zeigten
bis 1993 eine Größenzunahme. Mittlerweile war die Patientin beidseits ertaubt,
klagte jedoch über Ohrgeräusche. Aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes
wurde auf weitere Operationen verzichtet, die Patientin verstarb 1994 im Alter von 26
Jahren.
Abb. 4.6: Beidseitige Raumforderungen der Felsenbeine und zystisches Hämangioblastom der linken
Kleinhirnhemisphäre. (a) MRT aus dem Jahr 1989 mit nativ hyperintensen Arealen der ELS-Tumore
(schwarze Pfeile), Hämangioblastomzyste (weißer Pfeil). (b) Nach Kontrastmittelgabe Anreicherung
der ELS-Tumore (schwarze Pfeile). (c) Deutliche Größenzunahme der Tumore bis 1993, jetzt mit
Hirnstammkompression. Der linke Tumor wächst in die mittlere Schädelgrube ein und durchbricht die
Schädelkalotte (Pfeilspitzen). Das Hämangioblastom wurde zwischenzeitlich reseziert.
(a) MRT, T1-w nativ, transversal, (b) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal, (c) CT mit Kontrastmittel,
transversal.
33
4 Ergebnisse
Patientin P., L., 13 Jahre
Die beschwerdefreie Patientin kam im Rahmen eines Familien-Screenings zur MRDiagnostik. Abdominal war eine große Pankreaszyste bekannt, zentralnervöse
Hämangioblastome konnten nicht nachgewiesen werden. Im rechten Felsenbein fand
sich eine 9 x 6 x 10 mm große, T1-w hyperintense Raumforderung im Aquaeductus
vestibuli, welche den radiologischen Kriterien eines ELS-Tumors entsprach. Eine
operative Therapie wurde bisher nicht durchgeführt.
Abb. 4.7: Tumor an der rechten Felsenbeinhinterkante mit Ausdehnung in den Aquaeductus vestibuli
und Saccus endolymphaticus.
(a) und (b) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal, (c) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, sagittal.
Patientin S., J., 49 Jahre
Als Manifestation der von Hippel-Lindau Erkrankung sind zerebelläre und spinale
Hämangioblastome, retinale Angiome und beidseitige Nierentumore bekannt. Bereits
1984 wurden beidseits invasiv wachsende Tumore der Felsenbeine reseziert. Initial
wurden sie histologisch als Metastasen eines Schilddrüsenkarzinoms diagnostiziert.
Die darauf folgende Thyroidektomie erbrachte keinen Primärtumor. Eine
Reevaluierung der histologischen Ergebnisse ergab beidseits Tumore des
Endolymphatischen Sacks. Bei beidseitiger Ertaubung wurde 1994 rechts ein
Cochlear-Implant eigesetzt, welches im Verlauf gegen eine Hirnstammelektrode
(auditory brainstem implant, ABI) ausgetauscht wurde. Letztere wurde bei
Funktionsverlust aufgrund einer aufsteigenden neuronalen Degeneration entfernt.
Die vorliegenden MR-Tomographien zeigen rechts einen postoperativen Defekt nach
Petrosektomie. Links ist ein seit 2001 langsam progredientes Rezidiv des ELSTumors zu erkennen.
34
4 Ergebnisse
Abb. 4.8: Defektzustand nach beidseitiger ELS-Tumor Operation. (a) Das CT der Schädelbasis von
April 2000 zeigt eine rechtsseitige Mastoidektomie und eine linksseitige Petrosektomie. Rechts sind
Kabel der Hirnstammelektrode zu erkennen. (b) und (c) ELS-Tumorrezidiv des linken Felsenbeins im
Juni 2002 (Pfeile). Rechts besteht kein Hinweis auf ein Tumorrezidiv.
(a) CT im Knochenfenster, transversal, (b) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal, (c) MRT, T2-w,
transversal.
4.3.5 Mutationen der Patienten mit ELS-Tumoren
Bei allen sechs Patienten mit ELS-Tumoren ist die Mutation bekannt. Zwei Patienten
stammen aus einer Familie, die restlichen sind nicht miteinander verwandt. Die
Mutationen im Einzelnen zeigt Tabelle 4.5. Es handelt sich überwiegend um T-Typ
Mutationen (zwei große Deletionen, zwei Spilce-site-Defekte) und zwei F-Typ
Mutationen (eine Missense-Mutation und eine In-frame-Deletion).
Nukleotid-Austausch
Mutationstyp
Deletion Exon 3
Deletion
c.605A>C
Missense
c.676+2T>C
Splice-site-Defekt *
c.676+2T>C
Splice-site-Defekt *
c.437-9delTCT
In-frame-Deletion
Deletion Exon 3
Deletion
Tab 4.5: Mutationen der 6 Patienten mit ELS-Tumor. Die mit * gekennzeichneten Patienten stammen
aus einer Familie.
35
4 Ergebnisse
4.4 Zentralnervöse Hämangioblastome
4.4.1 Häufigkeit zerebraler Hämangioblastome
Es wurden MR-Tomographien von 228 gesicherten von Hippel-Lindau Patienten
retrospektiv auf das Vorliegen von zerebralen Hämangioblastomen untersucht. Zwei
Patienten wurden ausgeschlossen, da neben Hämangioblastomen auch Metastasen
eines Nierenzellkarzinoms vorlagen und die Differenzierung der Tumore anhand der
MR-Tomographien nicht sicher möglich war. Es wurden bei 103 von 226 Patienten
zerebrale Hämangioblastome oder Parenchymdefekte nach stattgehabter
Tumorresektion gefunden. Das entspricht 46 % der untersuchten Patienten. 41 % der
Patienten hatten Tumore des Kleinhirns, 17 % Tumore des Hirnstamms und 5 %
Tumore des Großhirns.
Von den 103 Patienten mussten sich 70 Patienten im Laufe ihrer Erkrankung einer
zerebralen Tumorresektion unterziehen (67 %).
Es lagen 455 zerebrale Hämangioblastome vor. Die Anzahl der Tumore pro Patient
reicht von 1 bis 24 Tumoren. Die Verteilung der Tumorhäufigkeit zeigt Abbildung 4.9.
Abb. 4.9: Häufigkeit zerebraler Hämangioblastome. 103 von Hippel-Lindau Patienten hatten 455
zerebrale Tumore.
4 Ergebnisse
36
Im arithmetischen Mittel hatten die Patienten 4,4 Tumore, der Median lag bei 3
Tumoren. 86 der 103 Patienten (84 %) hatten multiple Tumore, 97 Patienten (94 %)
hatten 1 bis 5 Tumore.
Bei 402 der 455 Hämangioblastome war die Lokalisation bekannt. Bei den restlichen
Patienten lag ein postoperativer Defekt vor, der keinen sicheren Rückschluss auf die
Tumorlokalisation zuließ. 97 % der Tumore lagen infratentoriell. Die supratentoriellen
Tumore lagen jeweils oberflächlich pial. Die genaue Lokalisation der Tumore zeigt
Tab. 4.6. Es bestand keine Seitenpräferenz (169 Tumore rechts, 169 Tumore links,
49 Tumore median, 15 Defekte ohne sichere Seitenzuordnung).
Lokalisation
Anzahl der Tumore
Infratentoriell
Relativer Anteil
389
97 %
300
75 %
Vermis cerebelli
41
10 %
Hirnstamm
48
12 %
Supratentoriell
13
3%
Frontal
3
<1%
Parietal
3
<1%
Temporal
2
<1%
Thalamus
1
<1%
Colliculus superior
1
<1%
Sella
1
<1%
Hypophysenstiel
1
<1%
Chiasma opticum
1
<1%
Kleinhirnhemisphäre
Tab. 4.6: Lokalisation zerebraler Hämangioblastome. Ausgewertet wurden 402 Tumore.
402 Tumore konnten nach der in Kapitel 1.3.2 genannten Einteilung nach Richard
zugeordnet werden (Richard et al. 1998). Am häufigsten zeigte sich ein rein solider
Tumor (Typ 3), gefolgt von Tumorknoten mit angrenzender Zyste (Typ 2) und
Tumoren mit intratumoralen Zysten (Typ 4). Eine einfache Zyste ohne Tumorknoten
(Typ 1) kam nicht vor. Tabelle 4.7 zeigt die Häufigkeit der einzelnen Tumortypen.
12 % aller Tumore waren zystisch (Typ 2 und 4).
4 Ergebnisse
37
Tumortyp
Zahl der Tumore
Relativer Anteil
Typ 1
0
0%
Typ 2
42
10,5 %
Typ 3
354
88,1 %
Typ 4
6
1,5 %
402
100 %
Gesamt
Tab. 4.7: Häufigkeit solider und zystischer Hämangioblastome. Typ 1: einfache Zyste, Typ 2: Tumor
mit angrenzender Zyste, Typ 3: solider Tumor, Typ 4: Tumor mit intratumoralen Zysten.
4.4.2 Größe zerebraler Hämangioblastome und Operationshäufigkeit
Zerebrale Hämangioblastome können winzige Knötchen oder große raumfordernde
Tumore mit Kompression benachbarter Strukturen darstellen. Die Tumorgröße
konnte bei 386 Tumoren bestimmt werden. Bei Tumoren mit Zysten wurde der
Gesamttumordurchmesser gemessen. Der minimale messbare Tumordurchmesser
lag bei 2 mm, somit betrug das kleinste Tumorvolumen nach der Näherungsformel
für Ellipsoide 4 mm3. Im arithmetischen Mittel lag das Tumorvolumen bei 1807 mm3,
der Median jedoch bei nur 40 mm3. Dieser Unterschied beruht darauf, dass einzelne
Tumore sehr groß sind. Zur exakteren Vergleichbarkeit der Tumoren wurde in der
Auswertung jeweils das Tumorvolumen herangezogen. Um eine bessere Vorstellung
von der Größe der Tumore zu erhalten, zeigt Tabelle 4.8 den Zusammenhang
zwischen Durchmesser und Volumen einer kugelförmigen Struktur. So entspricht ein
Tumorvolumen von 40 mm3 dem Volumen einer Kugel mit 4,3 mm Durchmesser.
Kugelvolumen
Kugeldurchmesser
3
63 mm
5 mm
500 mm3
10 mm
1688 mm3
15 mm
3
20 mm
3
25 mm
3
30 mm
3
35 mm
3
40 mm
3
45 mm
4000 mm
7813 mm
13500 mm
21438 mm
32000 mm
45563 mm
Tabelle 4.8: Gegenüberstellung von Kugelvolumen und Kugeldurchmesser nach der Näherungsformel
(a * b * c) / 2.
38
4 Ergebnisse
Die meisten Tumore waren relativ klein. 79 % der zerebralen Hämangioblastome
hatten ein Tumorvolumen von maximal 500 mm3 (Kugeldurchmesser 10 mm). Der
größte Tumor hatte ein Volumen von 58212 mm3, einem Kugeldurchmesser von 49
mm entsprechend. Die Verteilung der Tumorgrößen veranschaulicht Abbildung 4.10.
Abb. 4.10: Größenverteilung zerebraler Hämangioblastome. 97 % der Tumore waren maximal
500 mm3 groß.
Von Hippel-Lindau Patienten entwickeln oft multiple zerebrale Hämangioblastome.
Tumore werden in der Regel erst reseziert, wenn sie Symptome verursachen.
Gelegentlich werden kleine Tumore, welche im Zugangsweg von größeren Tumoren
liegen, ebenfalls entfernt. Von 455 Tumoren sind 126 operativ entfernt worden
(28 %). Die restlichen wurden durch MR-Tomographien beobachtet. Die präoperative
Größe des Tumors war bei 76 Tumoren messbar. Bei 50 Tumoren war nur der
postoperative Defekt dokumentiert. Die präoperative Tumorgröße lag im
arithmetischen Mittel bei 7756 mm3 (4 – 58212 mm3), im Median bei 1624 mm3. 310
Tumore, die nicht operiert wurden, konnten ausgewertet werden. Das mittlere
Tumorvolumen betrug in dieser Gruppe 348 mm3 (Median 23 mm3), die Spanne
reichte von 4 – 21285 mm3. Tumore, welche operativ entfernt wurden, waren im
Durchschnitt mehr als zehnmal größer als Tumore, welche beobachtet wurden.
4 Ergebnisse
39
Abbildung 4.11 veranschaulicht das Verhältnis von operierten zu nicht operierten
Tumoren in Relation zu ihrer Größe.
Abb. 4.11: Anteil resezierter zerebraler Hämangioblastome an der Gesamtzahl der Tumore in
Abhängigkeit von der Tumorgröße.
Zwischen 4 mm3 und 500 mm3 wurden 22 Tumore operativ entfernt und 283 Tumore
beobachtet (7,2 % OP), über 500 mm3 wurden 54 Tumore reseziert und 27
beobachtet (66,7 % OP). Tumore > 500 mm3 wurden signifikant häufiger operiert,
p ≤ 0.000001. Die Zahlen im Einzelnen zeigt Tabelle 4.9.
Tumorgröße [mm3]
4 – 63
Zahl der operierten
Zahl der beobachteten
Tumore
Tumore
Relativer Anteil OP
7
216
3%
64 – 500
15
67
18 %
501 – 1688
17
15
53 %
1689 – 4000
10
8
56 %
4001 – 7813
4
1
80 %
7814 – 13500
5
0
100 %
18
3
86 %
> 13500
Tab. 4.9: Auflistung der operierten und unter Beobachtung stehenden Tumore in Relation zu ihrer
Gesamtgröße.
4 Ergebnisse
40
4.4.3 Einfluss der Tumorlokalisation
Das Ausmaß raumfordernder Effekte hängt nicht nur von der Tumorgröße ab,
sondern auch von der Lokalisation. Es ist anzunehmen, dass Tumore des
Hirnstamms durch Kompression früher zu Symptomen führen als Tumore der
Kleinhirnhemisphären oder des Großhirns. Um zu analysieren, ob Tumore an
unterschiedlichen Lokalisationen unterschiedliche Größen zeigen, wurde die mittlere
Tumorgröße in Abhängigkeit von der Lokalisation in Tabelle 4.10 aufgelistet. Tumore
des Kleinhirns waren im Mittel am größten, gefolgt von Tumoren des Hirnstamms
und des Großhirns.
Lokalisation
Kleinhirn
Anzahl
Mittleres
Tumore
Tumorvolumen
325
Standard-
Median
Minimum
Maximum
abweichung
3
6910 mm3
32 mm3
4 mm3
58212 mm3
1987 mm
Hirnstamm
48
903 mm3
2077 mm3
67 mm3
4 mm3
10962 mm3
Großhirn
13
634 mm3
1224 mm3
108 mm3
4 mm3
4554 mm3
Tab 4.10: Durchschnittliches Tumorvolumen in Bezug zur Tumorlokalisation.
Tabelle 4.11 zeigt den Einfluss der Tumorlokalisation auf die Operationshäufigkeit.
Tumore des Hirnstamms wurden signifikant häufiger operiert als Tumore des
Kleinhirns (p ≤ 0,05). Die mittlere Tumorgröße bei OP war kleiner als bei Tumoren
des Kleinhirns. Das deutet darauf hin, dass Hämangioblastome des Hirnstamms
häufiger und früher reseziert werden. Die Zahl der Tumore des Großhirns ist zu
gering für eine statistische Auswertung.
Lokalisation
Kleinhirn
Hirnstamm
Großhirn
operierte Tumore
beobachtete Tumore
Relativer
Anzahl
Anzahl
Anteil OP
Größe
59
9317 mm3
15
3
2
2501 mm
3
1143 mm
Größe
266
361 mm3
18,4 %
33
3
31,3 %
3
15,4 %
11
176 mm
542 mm
Tab. 4.11: Anzahl der operativ entfernten Tumore im Verhältnis zur Anzahl der unter Beobachtung
stehenden Tumore in Abhängigkeit von der Lokalisation der Tumore. Angabe der Tumorgröße vor OP
oder zum Zeitpunkt der aktuellsten MR-Tomographie (Arithmetisches Mittel).
4 Ergebnisse
41
4.4.4 Einfluss des Tumortyps
12 % der zerebralen Hämangioblastome haben tumorassoziierte Zysten (Typ 2 und
4). Zystische Tumore sind an allen Lokalisationen in etwa gleich häufig (siehe
Tabelle 4.12). Es besteht kein signifikanter Unterschied zwischen Kleinhirn und
Hirnstamm (p = 0,57) oder Hirnstamm und Großhirn (p = 0,51).
Zystisch (Typ 2 und 4)
Kleinhirn
Solide (Typ 3)
gesamt
40
11,7 %
301
88,3 %
341
Hirnstamm
7
14,6 %
41
85,4 %
48
Großhirn
1
7,8 %
12
92,3 %
13
48
11,9 %
354
88,1 %
402
gesamt
Tab. 4.12: Häufigkeit zystischer Tumore in Relation zu ihrer Lokalisation.
Zystische Tumoren (Typ 2 und 4) waren im Mittel 13021 mm3 groß, solide Tumoren
(Typ 1) 289 mm3. Der Median betrug 8922 mm3, respektive 24 mm3. Der Unterschied
ist hochsignifikant (p ≤ 0,000001). Eine Auflistung der Häufigkeit des Tumortyps in
Abhängigkeit von der Tumorgröße zeigt Tabelle 4.13.
Kugeldurchmesser
Tumorvolumen
3
[mm ]
[mm]
Alle Tumore
Zystische Tumore
Solide Tumore
(Typ 1 bis 4)
(Typ 2 und 4)
(Typ 3)
2–5
4 – 63
224
58,0 %
0
0%
224
58,0 %
6 – 10
64 – 500
81
21,0 %
3
0,8 %
78
20,2 %
11 – 15
501 – 1688
32
8,3 %
8
2,1 %
24
6,2 %
16 – 20
1689 – 4000
18
4,7 %
8
2,1 %
10
2,6 %
21 – 25
4001 – 7813
5
1,3 %
4
1,0 %
1
0,3 %
26 – 30
7814 – 13500
5
1,3 %
2
0,5 %
3
0,9 %
> 30
> 13500
21
5,4 %
21
5,4 %
0
0%
386
100 %
46
11,9 %
340
88,1 %
Gesamtzahl der Tumore
Tab. 4.13: Häufigkeit zerebraler Hämangioblastome in Abhängigkeit von Größe und Tumortyp.
Große Tumore wurden signifikant häufiger operiert als kleine Tumore. Zystische
Tumore sind signifikant größer als solide Tumore. Erwartungsgemäß wurden
zystische Tumore häufiger operiert als solide. Von 48 zystischen Tumoren wurden 35
4 Ergebnisse
42
Tumore reseziert (73 %), von 354 soliden Tumoren wurden nur 42 operativ entfernt
(12 %). Der Unterschied ist hoch signifikant (p ≤ 0.00001).
4.4.5 Einfluss der Mutation
Von 226 Patienten, die in die Analyse der zerebralen Hämangioblastome
aufgenommen wurden, war bei 216 die Mutation bekannt. Die Mutationen wurden in
zwei Gruppen aufgeteilt: F-Typ, wenn die Translation des Proteins in voller Länge zu
erwarten ist, und T-Typ, wenn die Translation wahrscheinlich abbricht. Bei 161
Patienten lag der F-Typ vor, bei 55 Patienten der T-Typ. Betrachtet man das
Auftreten zerebraler Hämangioblastome in Abhängigkeit vom Mutations-Typ, so
ergibt sich ein hochsignifikanter Unterschied (p ≤ 0,00001) (siehe Tabelle 4.14).
Mutation
Patienten mit zerebralen
Patienten ohne zerebrale
Hämangioblastomen
Hämangioblastome
gesamt
F-Typ
49
30,4 %
112
69,6 %
161
T-Typ
50
90,9 %
5
9,1 %
55
Tab 4.14: Anzahl der Patienten mit oder ohne zerebralen Hämangioblastomen in Abhängigkeit vom
Mutations-Typ.
Patienten mit zerebralen Hämangioblastomen und einer Mutation vom F-Typ hatten
im Mittel 3,8 Tumore, Patienten mit einer Mutation vom T-Typ hatten im Mittel 5,2
Tumore.
Von 455 Tumoren war bei 444 die Mutation bekannt. 184 Tumore hatten eine
Mutation vom F-Typ und 260 Tumore eine Mutation vom T-Typ. Beide
Mutationstypen kamen im Kleinhirn und im Hirnstamm in etwa gleich verteilt vor.
Mutationen vom F-Typ waren im Großhirn signifikant häufiger als im Kleinhirn
(p < 0,05) (siehe Tabelle 4.15).
4 Ergebnisse
43
Kleinhirn
Hirnstamm
Großhirn
Anzahl TU
Anzahl TU
Anzahl TU
gesamt
F-Typ
133
81,1 %
22
13,4 %
9
5,5 %
164
T-Typ
201
87,0 %
26
11,3 %
4
1,7 %
231
Tab. 4.15: Anzahl zerebraler Hämangioblastome Tumore in Relation zu Mutations-Typ und
Lokalisation.
Hinsichtlich der Tumorgröße unterschieden sich die beiden Mutationstypen nicht.
Tumore vom F-Typ maßen im Mittel 1739 mm3, Tumore vom T-Typ 1911 mm3. Der
Median betrug 30 mm3 bzw. 50 mm3.
Zystische Tumore waren bei beiden Mutationstypen gleich häufig. Beim F-Typ waren
18 von 164 Tumoren zystisch. Dies entspricht 11 %. Beim T-Typ waren 30 von 231
Tumoren zystisch, 13 % entsprechend. Der Unterschied war nicht signifikant (p =
0,55).
Auch bezüglich der Operationshäufigkeit bestand kein Unterschied. 46 von 184
Tumoren wurden beim F-Typ entfernt (25 %), 76 von 260 Tumoren des T-Typs
wurden reseziert (29 %). Das Signifikanzniveau lag bei p = 0,33.
4.4.6 Natürlicher Verlauf zerebraler Hämangioblastome
Bei 257 Tumoren lag eine Verlaufsuntersuchung vor. Die Nachbeobachtungszeit lag
zwischen einem und 168 Monaten, im Mittel bei 44,5 Monaten. Um Messfehler nicht
fehl zu deuten, wurde als Progress mindestens eine Verdoppelung des
Tumorvolumens definiert. Unter dieser Voraussetzung zeigten 112 der 257 Tumore
einen Progress (44 %). Tabelle 4.16 veranschaulicht, wie das Tumorvolumen
zunimmt, wenn die Durchmesser in allen drei Raumebenen um jeweils einen, zwei
oder drei Millimeter zunehmen.
Abbildung 4.12 zeigt die Anzahl der progredienten und nicht progredienten Tumore in
Anhängigkeit von der Nachbeobachtungszeit. Bis zu einer Nachbeobachtungszeit
von 20 Monaten zeigen 11 von 80 Tumoren (14 %) einen Progress. Über 20
Monaten Beobachtungszeit zeigen 101 von 177 Tumoren einen Progress (57 %).
Dies erklärt sich am ehesten dadurch, dass die Tumore in der Regel langsam
wachsen und erst nach längerer Beobachtung ein Progress nachweisbar ist. Der
Anteil progredienter Tumore bleibt ab 20 Monaten Beobachtungszeit relativ konstant.
4 Ergebnisse
44
Zunahme der Durchmesser x, y und z
AusgangsDurchmesser
+1 mm
+2 mm
+3 mm
5 mm
73 %
174 %
310 %
10 mm
33 %
73 %
120 %
15 mm
21 %
46 %
52 %
20 mm
16 %
33 %
52 %
30 mm
10 %
21 %
33 %
Tab. 4.16: Relative Zunahme des Tumorvolumens in Abhängigkeit von den Ausgangsdurchmessern.
Abb. 4.12: Anzahl der Tumore mit und ohne Progress in Abhängigkeit vom Beobachtungszeitraum.
4.4.7 Einfluss von Lokalisation, Tumorgröße und Tumortyp auf das
Wachstum
Um den Einfluss von Lokalisation, Größe und Tumortyp auf den Progress zu prüfen,
wurden jeweils nur Tumore mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 20
Monaten berücksichtigt. Diese Voraussetzung traf auf 186 Tumore zu. 104 Tumore
zeigten einen Progress, 82 waren stabil.
4 Ergebnisse
45
Den Anteil progredienter Tumore in Abhängigkeit von der Lokalisation zeigt Tabelle
4.17. Es bestand kein signifikanter Unterschied zwischen Tumoren des Kleinhirns
und des Hirnstamms (p = 0,6), des Kleinhirns und des Großhirns (p = 0,5) und
Tumoren des Hirnstamms und des Großhirns (p = 0,4).
Progress
Kein Progress
gesamt
Kleinhirn
92
56 %
73
44 %
165
Hirnstamm
10
63 %
6
37 %
16
2
40 %
3
60 %
5
Großhirn
Tab. 4.17: Anzahl und relativer Anteil progredienter und stabiler Tumore in Abhängigkeit von der
Tumorlokalisation.
Um den Einfluss der Tumorgröße auf das Wachstum zu analysieren, wurde die
Ausgangsgröße der Tumore herangezogen. Das mittlere Tumorvolumen betrug bei
den progredienten Tumoren 71 mm3 (4 – 910 mm3) und bei den stabilen Tumoren 68
mm3 (4 – 1274 mm3). Beide Gruppen unterscheiden sich nicht.
Tabelle 4.18 zeigt die Abhängigkeit des Wachstums zerebraler Hämangioblastome
vom Tumortyp. Alle zystischen Tumore (Typ 2 und 4) zeigten bei einer
Nachbeobachtungszeit von mindestens 20 Monaten einen Tumorprogress, während
nur 52 % der soliden Tumore ein Wachstum zeigten. Der Unterschied ist signifikant
(p < 0,0001).
Progress
Kein Progress
gesamt
Typ 2
14
0
14
Typ 3
88
82
170
Typ 4
2
0
2
Tab. 4.18: Anzahl der progredienten Tumore in Relation zum Tumortyp. Die minimale
Nachbeobachtungszeit betrug 20 Monate.
Um die Bedeutung des Tumorprogresses für den Patienten zu beurteilen, wurde
analysiert, ob wachsende Tumore häufiger operiert wurden als stabile Tumore.
Tab. 4.19 zeigt die Auflistung. Progrediente Tumore wurden signifikant häufiger
operiert (p < 0,005).
4 Ergebnisse
46
OP
TU-Progress
Stabiler Tumor
gesamt
Keine OP
gesamt
23 (22 %)
81
104
5 (6 %)
77
82
28 (15 %)
158
186
Tab. 4.19: Anteil operierter zerebraler Hämangioblastome in Abhängigkeit von der
Wachstumstendenz. Progrediente Tumore wurden signifikant häufiger operiert als stabile Tumore.
4.4.8 Wachstumsgeschwindigkeit zerebraler Hämangioblastome
Zerebrale Hämangioblastome können sich in ihrer Wachstumsgeschwindigkeit stark
unterscheiden. Um zu analysieren, ob Faktoren wie Tumorlokalisation, Tumortyp
oder Mutationstyp einen Einfluss auf das Wachstum haben, wurde die absolute
Zunahme des Tumorvolumens aus der Differenz des maximalen und minimalen
Tumorvolumens gebildet. Diese Werte wurden jeweils über die
Nachbeobachtungszeit in einem Diagramm aufgetragen. Zur übersichtlicheren
Darstellung wurde für „Zunahme des Tumorvolumens“ ein logarithmischer Maßstab
gewählt.
In den Abbildungen 4.13, 4.14 und 4.15 sind jeweils 112 zerebrale
Hämangioblastome eingetragen, welche einen Progress zeigten (Siehe 4.4.4). Jeder
Punkt steht für einen Tumor. Die Wachstumsrate in mm³/Monat errechnet sich aus
dem Verhältnis von „Zunahme des Tumorvolumens“ zu „Nachbeobachtungszeit“.
4 Ergebnisse
47
Der Einfluss der Tumorlokalisation ist in Abbildung 4.13 dargestellt. Tumore des
Kleinhirns, des Hirnstamms und des Großhirns sind in unterschiedlichen Farben
abgebildet. Die durchschnittlichen Wachstumsraten zeigt Tabelle 4.20. Statistisch
besteht kein Zusammenhang zwischen Tumorlokalisation und Wachstumsrate (p >
0,09, unpaarer t-Test).
Abb. 4.13: Einfluss der Lokalisation zerebraler Hämangioblastome auf die Zunahme des
Tumorvolumens in Relation zur Beobachtungszeit. Blaue Rauten symbolisieren Tumore des
Kleinhirns, rote Quadrate Tumore des Hirnstamms und gelbe Dreiecke Tumore des Großhirns.
Arith. Mittel
Kleinhirn (n = 97)
Standardabweichung
Median
Spanne
111,7
566,2
2,3
0,1 – 5310,2
Hirnstamm (n = 13)
13,9
27,3
1,1
0,4 – 103,3
Großhirn (n = 2)
14,8
4,6
14,8
10,2 – 19,3
Tab. 4.20: Durchschnittliche Wachstumsrate zerebraler Hämangioblastome in mm³/Monat an
unterschiedlichen Lokalisationen.
4 Ergebnisse
48
Den Einfluss des Tumortyps veranschaulicht Abbildung 4.14. Zystische Tumore (Typ
2 und 4) finden sich eher im oberen Anteil des Diagramms und scheinen somit
deutlicher an Volumen zuzunehmen als solide Tumore. Der Unterschied der
durchschnittlichen Wachstumsraten ist jedoch statistisch nicht signifikant (p = 0,07,
unpaarer t-Test) (siehe Tabelle 4.21).
Abb. 4.14: Einfluss des Tumortyps zerebraler Hämangioblastome auf die Zunahme des
Tumorvolumens in Relation zur Beobachtungszeit. Blaue Rauten symbolisieren solide Tumore, rote
Quadrate zystische Tumore (Typ 2) und gelbe Dreiecke zystische Tumore (Typ 4).
Arith. Mittel
Standardabweichung
Median
Spanne
Typ 2 (n = 17)
595,4
1242,3
151,9
2,9 – 5310,2
Typ 3 (n = 93)
8,3
20,3
1,2
0,1 – 123,9
Typ 4 (n = 2)
76,0
76,0
32,3 – 119,7
Tab. 4.21: Durchschnittliche Wachstumsrate zerebraler Hämangioblastome unterschiedlicher
Tumortypen.
4 Ergebnisse
49
Den Einfluss des Mutationstyps auf das Wachstum veranschaulichen Abbildung 4.15
und Tabelle 4.22. Die Wachstumsraten zerebraler Hämangioblastome mit
Mutationen vom F-Typ und T-Typ scheinen gleich verteilt zu sein. Es besteht kein
signifikanter Unterschied der durchschnittlichen Wachstumsraten beider Gruppen (p
= 0,6).
Abb. 4.15: Einfluss des Mutationstyps zerebraler Hämangioblastome auf die Zunahme des
Tumorvolumens in Relation zur Beobachtungszeit. Blaue Rauten symbolisieren Tumore mit
Mutationen vom F-Typ, rote Quadrate Tumore mit Mutationen vom T-Typ.
Arith. Mittel
Standardabweichung
Median
Spanne
F-Typ (n = 41)
146,9
817,9
0,9
0,1 – 5310,2
T-Typ (n = 67)
74,9
233,7
4,1
0,1 – 1296,3
Tab. 4.22: Durchschnittliche Wachstumsrate zerebraler Hämangioblastome mit Mutationen vom F-Typ
oder T-Typ.
4 Ergebnisse
50
4.4.9 Neuauftreten zerebraler Hämangioblastome
Von 455 zerebralen Hämangioblastomen sind 69 Tumore im Verlauf neu aufgetreten.
Es wurden 66 Patienten mit zerebralen Tumoren verlaufsbeobachtet. Die gesamte
Beobachtungszeit dieser Patienten betrug 3470 Monate. Daraus lässt sich
errechnen, dass durchschnittlich 0,24 Tumore pro Jahr neu aufgetreten sind. Zum
Zeitpunkt des Nachweises waren neu aufgetretene Tumore im Median 9 mm3 groß.
Die Spanne reichte von 4 mm3 bis 12896 mm3.
4.4.10 Spinale Hämangioblastome
Bei 214 Patienten lag neben der zerebralen auch eine MR-Tomographie des
Spinalkanals vor. Von diesen 214 Patienten hatten 97 Patienten zerebrale
Hämangioblastome (45 %), entsprechend der im vorangehenden Kapitel ermittelten
Rate. 132 Patienten hatten spinale Hämangioblastome (62 %), 142 Patienten hatten
zerebrale oder spinale Tumore (66 %). 87 Patienten hatten zerebrale und spinale
Hämangioblastome (41 %), 45 Patienten nur spinale Tumore (21 %), 10 Patienten
nur zerebrale Tumore (5 %). 72 Patienten hatten weder zerebrale noch spinale
Tumore (34 %). Eine Übersicht zeigt Tabelle 4.23.
Spinale
Zerebrale
Keine zerebralen
Gesamtzahl
Hämangioblastome
Hämangioblastome
Patienten
87
40,7 %
45
21,0 %
132
10
4,7 %
72
33,6 %
82
Hämangioblastome
Keine spinalen
Hämangioblastome
Gesamtzahl
97
117
214
Patienten
Tab. 4.23: Häufigkeit zerebraler und spinaler Hämangioblastome bei 214 von Hippel-Lindau Patienten.
51
5 Diskussion
5 Diskussion
5.1 ELS-Tumore
ELS-Tumore führen durch ihr destruktives Wachstum oder lokale Einblutungen zu
einer Hörminderung oder einem vollständigen Hörverlust des betroffenen Ohres. Im
Falle bilateraler Tumore kann es zur Ertaubung kommen. Die Frage, wie häufig diese
Tumore bei von Hippel-Lindau Patienten vorkommen ist für die Betroffenen von
enormer Bedeutung, insbesondere, da durch retinale Angiome das Sehvermögen
ebenfalls gefährdet ist.
5.1.1 Prävalenzrate der ELS-Tumore
In der Literatur gibt es zwei Arbeiten, die jeweils Gruppen von über 100 von HippelLindau Patienten in Hinblick auf ELS-Tumore untersucht haben (Manski et al. 1997,
Choo et al. 2004). Dabei fanden Manski et al. bei 13 von 121 Patienten Hinweise auf
einen ELS-Tumor und Choo et al. bei 21 von 129 Patienten. Dies ergibt eine
Prävalenzrate von 11% beziehungsweise 16%. Die Prävalenzrate von ELS-Tumoren
ist in der vorliegenden Arbeit mit 2,6% signifikant niedriger (p ≤ 0,001).
In der Studie von Choo et al. wurden von Hippel-Lindau Patienten mit und ohne ELSTumore hinsichtlich ihrer subjektiven und objektiven Symptome und deren natürlicher
Verlauf untersucht. Eingeschlossen wurden Patienten, welche im Rahmen eines
multidisziplinären Screenings prospektiv untersucht wurden. Eine Angabe des
Zeitrahmens erfolgte nicht, auch wurde nicht erwähnt, ob bereits publizierte Fälle in
der Arbeit enthalten sind. Patienten, bei denen die von Hippel-Lindau Erkrankung
nicht bestätigt werden konnte, wurden als Kontrollgruppe herangezogen. Die
Prävalenz von ELS-Tumoren war nicht primäres Studienziel und wurde von den
Autoren nicht direkt aus den Ergebnissen abgeleitet. Da ein systematischer Fehler
zugunsten otologisch symptomatischer Patienten nicht ausgeschlossen werden
kann, darf aus den publizierten Zahlen keine Prävalenzrate abgeleitet werden.
Die Arbeit von Manski et al. hatte die Prävalenz der ELS-Tumore als primäres
Studienziel, sodass im Folgenden diskutiert wird, in wieweit systematische
Unterschiede wie Bildqualität, Patientenselektion oder genetische Unterschiede der
52
5 Diskussion
Patientenkollektive die Diskrepanz mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit
erklären können.
5.1.1.1 Einfluss der Bildqualität
Zum Nachweis von ELS-Tumoren sind Schnittbildverfahren wie MRT oder CT
geeignet. Bei beiden Verfahren hängt der Tumornachweis entscheidend von der
Bildqualität ab. Diese wird in erster Linie von Akquisitionsparametern wie
Schichtdicke und Bildmatrix bestimmt. Zudem sind für die MR-Tomographie Kontrast
beeinflussende Faktoren wie Echozeit (TE), Repetitionszeit (TR), Feldstärke,
„Numbers of excitations“ (NEX), Fettsuppression, Kontrastmittelgabe und in der
Computer-Tomographie der Rekonstruktionsalgorithmus und die applizierte Dosis
wichtig.
In der vorliegenden Arbeit lagen zu 85 % standardisierte T1-w MR-Tomographien,
durchgeführt an einem 1,5 T Gerät in 6 mm Schichtdicke biplanar nach
Kontrastmittelgabe vor. In 15 % bestanden, wie in Kapitel 4.2 aufgeführt, geringe
Abweichungen vom Standardprotokoll. In der Arbeit von Manski et al. wird
angegeben, dass MR-Tomographien aus den Jahren 1988 bis 1994 retrospektiv
analysiert wurden. Die Aufnahmen stammten von einem 0,5 T Gerät und lagen in 5
mm Schichtdicke vor und nach Kontrastmittelgabe vor. Mit dieser Technik wurden 10
der 13 ELS-Tumor Patienten identifiziert. Als ELS-Tumor wurde dabei eine Läsion
gewertet, die an der Hinterwand des Os petrosum lokalisiert war und ein hohes oder
intermediäres Signal vor oder nach KM-Gabe zeigte. Patienten, bei denen aus der
Krankengeschichte eine Hörminderung oder Schwindel bekannt waren, wurden
nachträglich gezielt mittels 3 mm Felsenbein-MRT und 1,5 mm Felsenbein-CT
nachuntersucht. So konnten drei weitere Patienten identifiziert werden. Eine
Auflistung der Untersuchungsparameter im Einzelnen zeigt Tabelle 5.1.
5 Diskussion
53
Manski et al.
Manski et al.
Freiburg
Freiburg
Screening
Nachuntersuchung
Screening
Felsenbein
MR T1-w
MR T1-w FS
Modalität
MR T1-w
MT T1-w
CT
Zeitraum
1988 – 1984
k. A.
1989 - 2006
2005 - 2006
Patientenzahl
121
30
228
60
Patient mit
10
3
6
2
ELS-Tumor
Untersuchte
Schädel
Felsenbein
Felsenbein
Schädel
Felsenbein
Feldstärke /mA
0,5 T
0,5 oder 1,5 T
170 mA
1,5 T
1,5 T
FOV
k. A.
200 mm
130 mm
220 mm
230 mm
Matrix
k. A.
192 x 256
k. A.
202 x 256
222 x 256
Schichtdicke
5 mm
3 mm
1,5 mm
6 mm
3 mm
ohne KM
Ja
Ja
Ja
Nein
Nein
mit KM
Ja
Ja
Nein
Ja
Ja
Region
Tab. 5.1: Auflistung der technischen Parameter des in dieser Arbeit und von Manski et al.
durchgeführten ELS-Tumor Screenings. T = Tesla, k. A. = keine Angaben.
Vergleicht man die Screening-Protokolle, so sind die Aufnahmen von Manski et al.
mit geringerer Feldstärke akquiriert. Dies ergibt weniger Signal und führt zu einer
schlechteren Bildqualität. Andererseits wird dieser Effekt durch eine etwas geringere
Schichtdicke teilweise ausgeglichen. Man darf daher annehmen, dass die Bildqualität
der Screening-Protokolle annähernd gleich ist, bzw. dass die Bildqualität der
retrospektiven Analyse von Manski et al. der Bildqualität dieser Arbeit nicht
überlegen ist. Der Unterschied der Prävalenzrate von ELS-Tumoren (6/228 versus
13/121) ist statistisch signifikant (p ≤ 0,011) und nicht durch eine unterschiedliche
Bildqualität zu erklären. Die Tatsache, dass bei Manski et al. von Hippel-Lindau
Patienten mit Hörminderung oder vestibulären Symptomen gezielt nachuntersucht
wurden, und dadurch 3 weitere ELS-Tumoren entdeckt wurden, kann zu einem
systematischen Fehler zugunsten symptomatischer Patienten führen. Der
Unterschied der Prävalenzrate bleibt jedoch statistisch signifikant, wenn man nur die
Patienten des Screenings vergleicht (6/228 versus 10/121, p ≤ 0,017).
54
5 Diskussion
5.1.1.2 MR-Tomographie der Felsenbeine
Im Standard-Screening wurden 6 mm Schichten gemessen. Der Saccus/Ductus
endolymphaticus misst im Verlauf durch den Aquaeductus vestibuli, dort wo die
Tumorentstehung vermutet wird, durchschnittlich 1,5 mm. Obwohl das umgebende
Gewebe aus Knochen und Luft besteht und folglich kein Signal gibt, ist es denkbar,
dass die kleine Struktur des Saccus/Ductus endolymphaticus bei dicken Schichten
durch den Partialvolumeneffekt nicht zur Darstellung kommt. Um zu klären, ob mit
dünneren Schichten häufiger ELS-Tumoren nachweisbar sind, wurden ab Juli 2005
konsekutiv alle von Hippel-Lindau Patienten zusätzlich zum Standard-Screening mit
einer Dünnschicht-Felsenbeinsequenz untersucht. Es wurden Daten von 60
Patienten gewonnen und zwei ELS-Tumoren diagnostiziert. Beide Tumore waren
sowohl auf den 6 mm Standardsequenzen, als auch auf den Felsenbeinaufnahmen
zu erkennen und aus der Krankengeschichte bereits bekannt. Kein Tumor war nur
auf den Felsenbein-MRT zu sehen. Natürlich ist anzunehmen, dass kleinere Tumore
auf dünneren Schichten eher zu erkennen sind, andererseits zeigt der Vergleich,
dass ELS-Tumore im Standard-Screening nicht in größerem Maße übersehen
wurden. Daraus lässt sich folgern, dass die Prävalenzrate der 6 mm Sequenzen nicht
technisch bedingt fälschlich niedrig ist.
6 mm dicke Schichten sind für das Screening ausreichend. Bei klinischem Verdacht
auf einen ELS-Tumor sollte ergänzend eine Felsenbein- Dünnschicht-MRT mit
Fettsättigung und eine Dünnschicht-CT des Felsenbeins durchgeführt werden. Durch
die hohe Auflösung der CT ist der knöcherne Aquaeductus vestibuli besser
nachweisbar als in der MR-Tomographie (Lo et al. 1997) und es ist anzunehmen,
dass die knöcherne Destruktion als Zeichen eines ELS-Tumors gut darstellbar ist.
Diese Hypothese wäre in einer gezielten Studie zu überprüfen.
5.1.1.3 Zusammensetzung des Patientenkollektivs
Vergleicht man Daten zur Häufigkeit eines Tumors, muss darauf geachtet werden, ob
die verglichenen Patientenkollektive systematische Unterschiede aufweisen.
Bezüglich Alters- und Geschlechtsverteilung sind in der Arbeit von Manski keine
Angaben gemacht.
55
5 Diskussion
Die Sicherung der von Hippel-Lindau Erkrankung ist anhand klinischer Kriterien und
seit 1993 auch durch den Nachweis der Mutation möglich. Das hat zur Folge, dass
ein Teil der Patienten allein durch den Mutationsnachweis in das Screening
aufgenommen wurde. In unserem Patientenkollektiv war der Nachweis der Mutation
bei 218 von 228 Patienten möglich (96 %). Der Anteil unserer Patienten ohne
nachweisbare Tumormanifestationen liegt bei 28/228 (12 %). Ob bei Manski et al.
Patienten ohne Tumormanifestationen eingeschlossen wurden, geht aus der Arbeit
nicht hervor. Untersucht waren Patienten aus den Jahren 1988 bis 1994, sodass
möglicherweise keine Patienten ohne Tumormanifestation eingeschlossen wurden,
da die Diagnosestellung allein durch den Mutationsnachweis erst seit 1993 möglich
ist. Bereinigt man die Daten der vorliegenden Arbeit um die tumorfreien
Mutationsträger, um einen systematischen Unterschied zu vermeiden, ergibt sich
eine Prävalenzrate von ELS-Tumoren von 6/200 oder 3 %. Unsere Prävalenzrate ist
trotz dieser Korrektur signifikant niedriger als in der Arbeit von Manski et al.
(p ≤ 0,01).
Betrachtet man die Häufigkeit der einzelnen Mutationen, so fällt auf, dass im
untersuchten Kollektiv die Mutation c.505 T>C mit 102 Patienten deutlich
überrepräsentiert ist. Diese Patienten gehören zum VHL-Typ 2A und haben einen
relativ milden Krankheitsverlauf und eine normale Lebenserwartung (Bender et al.
2001). Keiner der Patienten zeigte einen ELS-Tumor. Da die Mutation im
Schwarzwald und in einer Region in Pennsylvania (USA) am häufigsten vorkommt,
kann ein systematischer Fehler zugunsten wenig symptomatischer Patienten in
unserem Kollektiv vorliegen. Nimmt man aus der Gesamtzahl der Patienten jene mit
der Mutation c.505 T>C heraus, ergibt sich eine Prävalenzrate von ELS-Tumoren
von 6/126 oder 4,8 %. Korrigiert man diese Zahl wiederum um die Patienten ohne
Tumormanifestation, so bleiben 6/116 oder 5,2 %. Der Unterschied zu den Daten von
Manski et al. ist nun mit p ≤ 0,15 nicht mehr signifikant.
Nach Ausschluss der überprüfbaren systematischen Fehlerquellen ist die
Prävalenzrate von ELS-Tumoren im Freiburger VHL-Kollektiv signifikant niedriger ist
als im Amerikanischen Patientenkollektiv. Dies ist auf das häufige Vorkommen der
Mutation c.505 T>C im Freiburger Kollektiv zurückzuführen.
56
5 Diskussion
5.1.2 Aquaeductus vestibuli und Saccus/Ductus endolymphaticus
Der Aquaeductus vestibuli ist ein knöcherner Kanal im Os petrosum, der von der
anteromedialen Wand des Vestibulums zur Felseneinrückfläche zieht und dort in
einer flachen Mulde zwischen Meatus acusticus internus und Sinus sigmoideus in
der Apertura externa endet. Der Aquädukt verläuft retrolabyrinthär, parallel zum
posterioren Bogengang und enthält den Ductus und Saccus endolymphaticus,
welche zum membranösen Labyrinth gehören. Der Ductus endolymphaticus ist nur
sehr kurz und geht bereits im distalen Anteil des Aquaeductus vestibuli in den
Saccus endolymphaticus über. Dieser Teil des Saccus endolymphaticus wird auch
Pars rugosa oder Pars canalicularis genannt, da hier der Sack nicht aus einer
einzigen Röhre, sondern aus zahlreichen miteinander kommunizierenden Kanälen
besteht (Lo et al. 1997). Hier sollen die Tumore des endolymphatischen Sacks
entstehen (Kempermann et al. 1998, Gläsker et al. 2005). Der distale Teil des
Saccus endolymphaticus liegt in einer Mulde des Felsenbeins zwischen den
Durablättern.
Der Aquaeductus vestibuli misst im mittleren Abschnitt maximal 1,5 mm und ist am
besten auf hochauflösenden CT der Felsenbeine zu erkennen (Lo et al.). Der Saccus
und Ductus endolymphaticus sind dagegen besser mit der MR-Tomographie
darstellbar. Im Vergleich zum restlichen Labyrinth zeigt der Saccus endolymphaticus
sowohl eine T1-, als auch eine T2-Verkürzung. Das bedeutet, dass er sich T1-w
hyperintens, T2-w hypointens im Vergleich zum Labyrinth darstellt. Der Inhalt des
Aquaeductus vestibuli ist T1-w besser zu erkennen als T2-w (Schmalbrock et al.
1996). Spin-Echo Sequenzen gelten aufgrund der geringeren
Suszeptibilitätsartefakte als geeigneter als Gradienten-Echo Sequenzen (Dahlen et
al. 1997). In der vorliegenden Arbeit war der Saccus endolymphaticus in 74 %
(Befunder A) bzw. in 58 % (Befunder B) der Felsenbeine mit der Felsenbein-MRT
abgrenzbar. Dahlen konnte mit einer 2mm T2-w Turbo-Spin-Echo bei 75 %
gesunder Probanden den Endolymphatischen Sack erkennen (Dahlen et al. 1997).
Schmalbrock et al. erreichten mit einer Kombination aus T2-w und T1-w MRT im
Submilimeterbereich eine Nachweisbarkeit von 95% (Schmalbrock et al. 1996).
Durch eine dünnere Schichtdicke ließe sich die Nachweisbarkeit wahrscheinlich
erhöhen, die dadurch bedingte längere Messzeit kann jedoch zu
Bewegungsartefakten führen und die Bildqualität reduzieren. Die Spin-Echo Sequenz
57
5 Diskussion
dieser Arbeit hat sich als sehr stabil erwiesen. Durch die zusätzlich gewählte
Fettsättigungstechnik konnten Fetteinlagerungen im Mastoid unterdrückt werden,
sodass diese bei der Befundung nicht zu Schwierigkeiten führten.
Saccus und Ductus endolymphaticus sind von lockerem, vaskularisiertem
Bindegewebe umgeben (Hultgård-Eckwall et al. 2003). Die Vena aquaeducti vestibuli
verläuft parallel zum Aquädukt in einem winzigen knöchernen Kanal und erreicht die
Felsenbeinhinterkante in unmittelbarer Nachbarschaft zum Endolymphatischen Sack.
Sie drainiert Blut aus dem Labyrinth zum Sinus sigmoideus, Sinus petrosus inferior
und Bulbus venae jugularis (Mazzoni 1979). In der vorliegenden Arbeit war der
Aquaeductus vestibuli in 23 % (Untersucher A) bzw. in 28 % (Untersucher B) der
Felsenbeine hyperintens im Vergleich zum restlichen Labyrinth. Diese T1Verkürzung ist am ehesten durch eine Anreicherung der Vena aquaeducti vestibuli
oder des vaskularisierten periduktalen Bindegewebe zu erklären. Eine ähnliche
Beobachtung machten Naganawa et al.; mit einer T1-3D-SPGR (spoiled gradientecho sequence) mit Kontrastmittel zeigten 22,5 % gesunder Probanden eine
Anreicherung des Saccus endolymphaticus (Naganawa et al. 2002). In einer
Folgestudie konnte gezeigt werden, dass eine 3D-Fast-Spin-Echo Sequenz einer 3DSPGR Sequenz beim Nachweis der KM-Anreicherung des Aquaeductus vestibuli
leicht überlegen ist (Naganawa et al. 2003).
5.1.3 Mutationen der Patienten mit ELS-Tumor
Mutationen des VHL-Gens können entweder zu einer inkompletten Translation des
VHL-Proteins (Truncation) führen, dazu zählen schwerwiegende Mutationen wie
große Deletionen, Nonsense-Punktmutationen, Mikrodeletionen/Mikroinsertionen mit
Verschiebung des Leserasters und Splice-site-Mutationen, oder zu einer kompletten
Translation des VHL-Proteins (Full-length), bei der eine Aminosäure ausgetauscht
wird. Dazu zählen Missense-Punktmutationen und Mikrodeletionen/Mikroinsertionen
ohne Verschiebung des Leserasters. Diese Mutationen werden als weniger
schwerwiegend eingestuft.
In der vorliegenden Arbeit waren bei sechs Patienten mit ELS-Tumoren 4
schwerwiegende Mutationen nachweisbar (2 große Deletionen, 2 Splice-siteDefekte) und 2 weniger gravierende Mutationen (1 Missense-Mutation, 1
Mikrodeletion ohne Verschiebung des Leserasters). Letztere gehörten zu Familien
58
5 Diskussion
mit Nierenzellkarzinomen. Die beiden Patienten mit Splice-site-Defekten waren
miteinander verwandt. Eine sichere Zuordnung zu Phänotyp 1 oder 2 war, bei oft
kleiner Patientenanzahl, nicht zuverlässig möglich. Manski et al. konnte bei 7 von 13
Patienten die Mutation nachweisen, zwei Patienten stammten aus einer Familie. Er
fand 6 schwerwiegende Mutationen (4 große Deletionen, 2 Nonsense-Mutationen)
und eine weniger schwerwiegende Missense-Mutation (Manski et al. 1997). Choo et
al. konnten bei 19 von 21 Patienten die Mutation angeben. Da die Autoren zur
gleichen Arbeitsgruppe gehören wie Manski, kann sich das Patientenkollektiv
teilweise überschneiden. Choo fand 13 schwerwiegende Mutationen (10
Rearrangements, 2 Nonsense-Mutationen, 1 Splice-site-Defekt) und 5 MissenseMutationen, eine Mutation war nicht zuzuordnen. Alle 5 Patienten mit MissenseMutationen hatten Nierenzellkarzinome. Aus dieser Übersicht lässt sich folgern, dass
ELS-Tumore häufiger bei schwerwiegenden Mutationen mit unvollständiger
Kodierung des VHL-Proteins vorkommen. Bei Missensmutationen mit ELS-Tumoren
hatten die Patienten immer auch Nierenzellkarzinome. Im Umkehrschluss ist bei
Missense-Mutationen ohne Nierenzellkarzinome (Typ 2A) das Risiko für einen ELSTumor extrem gering.
5.1.4 Therapie der ELS-Tumoren
ELS-Tumore sind lokal invasiv wachsende Tumore, welche zu einer Destruktion des
Felsenbeins samt Labyrinth und einer Raumforderung in der hinteren Schädelgrube
führen können. Sie können zu einer irreversiblen Ertaubung des betroffenen Ohres
führen. Nach Literaturangaben wird die radikale Resektion des Tumors empfohlen.
Für kleine Tumore ist die gehörerhaltende retrolabyrinthäre posteriore Petrosektomie
beschrieben worden (Kim et al. 2005). Nicht bei allen von Hippel-Lindau Patienten
mit Hörminderung und Schwindel lassen sich ELS-Tumore nachweisen. Lonser et al.
beschrieb einen Patienten, dessen Beschwerden dem Tumornachweis 3 Jahre
vorausgingen. In einer initialen MRT war kein Tumor abgrenzbar, drei Jahre später
zeigte sich eine 3 mm große Raumforderung, die reseziert wurde und einem ELSTumor entsprach (Lonser et al. 2004). Lonser geht davon aus, dass kleine,
bildgebend nicht nachweisbare Tumore zu Blutungen führen können und somit
symptomatisch werden können. Gläsker et al. konnten an vier Felsenbeinen
asymptomatischer von Hippel-Lindau Patienten im endolymphatischen Sack
59
5 Diskussion
atypisches Epithel mit „loss of heterozygozity“ nachweisen. Dies wurde als Vorläufer
von ELS-Tumoren interpretiert. Allerdings wurde keine gesunde Kontrollgruppe von
nicht von Hippel-Lindau Erkrankten untersucht (Gläsker et al. 2005). Es ließe sich
folgern, dass von Hippel-Lindau Patienten mit plötzlicher Hörminderung, Schwindel
und Tinnitus frühzeitig gehörerhaltend petrosektomiert werden sollten. Auf der
anderen Seite ist die Komplikationsrate dieser OP-Technik bisher nicht an größeren
Fallzahlen untersucht. Auch liegen über das Rezidivrisiko bisher keine
ausreichenden Daten vor. Ein Nachbeobachtungszeitraum von maximal 18 Monaten,
wie in der Verlaufsbeobachtung von Kim et al. ist bei den langsam wachsenden
Tumoren nicht ausreichend (Kim et al. 2005). In der vorliegenden Arbeit zeigten drei
der vier operierten ELS-Tumore ein Rezidiv oder Tumorreste mit Größenprogredienz.
Ein Felsenbein ist seit 16 Jahren rezidivfrei. Ob die frühzeitige Resektion das
Hörvermögen langfristig günstig beeinflusst, werden Verlaufsbeobachtungen zeigen.
Bei ertaubten Patienten mit ELS-Tumor ohne Kompression neuraler Strukturen
besteht keine OP-Indikation, da eine Metastasierung des Tumors bisher nicht
beobachtet wurde, und die klinische Situation durch die Resektion nicht verbessert
werden kann. Besteht eine Kompression des Hirnparenchyms mit entsprechender
Symptomatik, so ist eine operative Dekompression angezeigt. Ob eine radikale
Resektion die Gesamtprognose günstig beeinflusst, ist nicht untersucht.
5.2 Zentralnervöse Hämangioblastome
Hämangioblastome des Zentralen Nervensystems können sporadisch oder im
Rahmen der von Hippel-Lindau Erkrankung auftreten. Es handelt sich um benigne,
stark vaskularisierte Tumore, welche bevorzugt zerebellär und spinal auftreten und
Zysten ausbilden können. Sie zählen zu den Hauptmanifestationen der von HippelLindau Erkrankung und werden bei bis zu 72 % der VHL-Patienten beobachtet
(Richard et al. 2000). Nach Nierenzellkarzinomen stellen sie die zweit häufigste
Todesursache bei VHL-Patienten dar (Maher et al. 1990).
5 Diskussion
60
5.2.1 Häufigkeit zentralnervöser Hämangioblastome
In der vorliegenden Arbeit zeigten 66 % der untersuchten von Hippel-Lindau
Patienten zentralnervöse Hämangioblastome. 46 % der Patienten hatten zerebrale
und 62 % hatten spinale Tumore. Einen Vergleich mit der Literatur zeigt Tabelle 5.2.
Übereinstimmend kommen zerebrale Hämangioblastome im Kleinhirn am häufigsten
vor. Der relativ niedrigere Anteil von Patienten mit zerebellären Tumoren in den
neueren Studien ist am ehesten dadurch bedingt, dass in der Arbeit von Maher et al.
vorwiegend symptomatische Patienten untersucht wurden. Der geringe Anteil von
Patienten mit spinalen Tumoren in der Arbeit von Maher et al. ist am ehesten
dadurch zu erklären, dass die diagnostischen Möglichkeiten vor 1990 den heutigen
Methoden deutlich unterlegen waren. Insbesondere ist heutzutage der Nachweis
kleinster Tumore des Rückenmarks mittels MR-Tomographie möglich.
Der Anteil der Patienten mit multiplen Hämangioblastomen lag in Freiburg bei 84 %.
Das deckt sich mit den Erfahrungen von Wanebo et al., die in 79 % der Patienten
multiple Tumore fanden.
Autor
Maher et
Jahr
Patienten-
Kleinhirn
Hirnstamm
Großhirn
anzahl
HB
HB
HB
1990
152
1998
215
59 %
4%
Spinale HB
1%
13 %
al.
Richard
Zerebrale und spinale HB 72 %
et al.
Lonser et
2003
44 – 72 %
10 – 25 %
<1%
13 – 50 %
al.
Wanebo
2003
231
47 %
22 %
4%
53 %
2006
226
41 %
17 %
5%
62 %
et al.
Freiburg
Tab. 5.2: Relativer Anteil von VHL-Patienten mit Hämangioblastomen aufgegliedert nach der
Tumorlokalisation. (Maher et al. 1990, Richard et al. 1998, Lonser et al. 2003, Wanebo et al. 2003)
Betrachtet man die Gesamtheit der zerebralen Hämangioblastome, so lagen im
Freiburger Kollektiv 97 % der Tumore infratentoriell. Das entspricht exakt dem
Ergebnis von Wanebo et al. Die Autoren fanden bei 324 zerebralen Tumoren 250
Tumore in den Kleinhirnhemisphären, 64 Tumore am Hirnstamm (97 %
infratentoriell) und 10 Tumore im Großhirn (Wanebo et al. 2003).
61
5 Diskussion
5.2.2 Operationsfrequenz zerebraler Hämangioblastome
Ein Großteil der Patienten (67 %) mit zerebralen Hämangioblastomen wurde im
Laufe der Erkrankung mindestens einmal am Kopf operiert. In der Literatur sind
genaue Angaben zur Operationsfrequenz nicht vorhanden. Richard berichtet
lediglich, dass sich die Mehrheit der Patienten mit zentralnervösen
Hämangioblastomen irgendwann einer Operation unterziehen musste (Richard et al.
1998).
Betrachtet man die Gesamtzahl der Tumore, so wurden in Freiburg nur 26 % der
zerebralen Hämangioblastome operativ entfernt. Folglich haben viele Patienten mit
einem operationspflichtigen Tumor auch asymptomatische Tumore, welche keiner
Therapie bedürfen. Größere Tumore (über 500 mm³) wurden erwartungsgemäß
signifikant häufiger operiert als kleine Tumore. Hierbei spielt auch die Lokalisation
der Tumore eine wichtige Rolle. Hämangioblastome des Hirnstamms wurden
signifikant häufiger operiert als Tumore des Kleinhirns, obwohl sie im Mittel geringere
Tumorvolumina aufwiesen. Der raumfordernde Effekt hängt also vom jeweiligen
Kompartiment ab. Dies deckt sich mit den Erfahrungen anderer Arbeitsgruppen
(Wanebo et al. 2003, Richards et al. 1998).
Nicht alle großen Tumore wurden operiert. Das ist am ehesten darauf
zurückzuführen, dass einzelne Tumore inoperabel sind, oder andere Probleme des
Patienten vordringlicher erscheinen. Ein Beispiel eines inoperablen
Hämangioblastoms im Verlauf zeigt Abbildung 5.1.
Abb. 5.1: Hämangioblastom des linken Kleinhirnbrückenwinkels. Eine radikale Resektion des Tumors
war aufgrund der Infiltration des Cavum Meckeli nicht möglich. (a) 2002 solider Tumor, (b) 2004
deutliche Größenzunahme des soliden Tumors mit Kompression des Hirnstamms, (c) 2006
Ausbildung eine tumorassoziierten Zyste mit erheblicher Zunahme der Hirnstammkompression.
(a) – (c) MRT, T1-w mit Gad-Chelat, transversal.
62
5 Diskussion
5.2.3 Bedeutung tumorassoziierter Zysten
In der vorliegenden Arbeit waren 12 % der zerebralen Hämangioblastome zystisch
(Typ 2 und 4). Die Rate liegt etwas unterhalb der von Wanebo et al., die bei 62 von
314 zerebralen Tumoren assoziierte Zysten (20 %) fanden (Wanebo et al. 2003) und
deutlich unterhalb der Rate der französischen Arbeitsgruppe, welche bei 74 % der
Tumore assoziierte Zysten fand (Richard et al. 1998). Eine mögliche Erklärung der
Diskrepanz kann die Verbesserung der MR-Tomographie im Laufe der Jahre
darstellen. So ist heute der Nachweis 2 mm großer Tumore möglich. Wie in der
Arbeit gezeigt wurde, kommen kleine Tumore häufig vor und sind überwiegend
solide. Es ist anzunehmen, dass diese meist asymptomatischen Tumore der
Diagnostik früher entgangen sind. Typ 1 der Hämangioblastome (einfache Zyste)
wurde bei Richard mit einer Häufigkeit von 5 % angegeben, kam jedoch im
Freiburger Kollektiv nicht vor (Richard et al. 1998). Auch dies ist am ehesten auf die
verfeinerte Diagnostik zurückzuführen, da heute auch kleinste Tumorknötchen
nachweisbar sind. Es ist zu bezweifeln, ob Typ 1 überhaupt existiert.
Hämangioblastomzysten haben keine Wand und man nimmt an, dass ihr Inhalt
einem Transsudat entspricht. Die Entstehung einer Zyste ohne verursachenden
Tumor ist pathophysiologisch schwer zu erklären. In einer kleinen Sammlung von 17
Hämangioblastomen, welche mittels MR-Tomographie untersucht wurden, kam
Typ 1 ebenfalls nicht vor (Lee et al. 1989).
Es besteht keine Präferenz zystischer Tumore für bestimmte Lokalisationen. Auch
konnte kein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit zystischer Tumore und dem
Mutationstyp des VHL-Gens nachgewiesen werden.
Hingegen besteht ein Zusammenhang zwischen Tumorgröße und dem Vorkommen
assoziierter Zysten. Zystische Tumore waren in der vorliegenden Arbeit signifikant
größer als solide Tumore und wurden entsprechend signifikant häufiger operiert. Das
passt zu der Feststellung von Wanebo et al., dass Hämangioblastome mit
assoziierten Zysten häufiger symptomatisch werden als solide Tumore (Wanebo et
al. 2003). Die Frage, ob große Tumore besonders häufig Zysten bilden, oder ob
zystische Tumore besonders groß werden ist schwer zu beantworten. Betrachtet
man den Anteil progredienter Tumore, so zeigten in der vorliegenden Arbeit
zystische Tumore signifikant häufiger einen Progress, wohingegen die Tumorgröße
keinen Einfluss auf den Progress zeigte. Dies legt nahe, dass das Vorliegen einer
63
5 Diskussion
Tumorzyste die Größenzunahme bedingt. Diese Annahme unterstützt die
Feststellung von Wanebo et al., dass Tumorzysten um ein vielfaches größer waren
als die verursachenden Tumore (Wanebo et al. 2003). Patienten, die bei der
Screening-Untersuchung zystische Tumore zeigen, sollten auf die Möglichkeit der
raschen Entwicklung klinischer Beschwerden hingewiesen und eventuell
engmaschiger untersucht werden.
5.2.4 Bedeutung des Mutationstyps des VHL-Gens
Die Mutationen des VHL-Gens wurden entsprechend der zu erwartenden Translation
des VHL-Proteins in zwei Typen eingeteilt: F-Typ (Full-length) und T-Typ
(Truncation). Zu 75 % lag ein F-Typ vor. Patienten mit einer Mutation vom T-Typ
entwickelten signifikant häufiger zerebrale Hämangioblastome (91 %) als Patienten
mit Mutationen vom F-Typ (30 %). Patienten mit zerebralen Hämangioblastomen und
einer T-Typ Mutation hatten tendenziell mehr Tumore als Patienten mit F-Typ
Mutation. Wenn Patienten zerebrale Hämangioblastome entwickelten, zeigten die
Tumore des F-Typs und des T-Typs keinen Unterschied bezüglich durchschnittlicher
Tumorgröße, Anteil assoziierter Zysten, Häufigkeit von Operationen oder
Wachstumsrate der Tumoren.
5.2.5 Wachstum zerebraler Hämangioblastome
Nach den RECIST-Kriterien (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors) muss
eine Zunahme des Tumorvolumens um 73 % vorliegen, um einen Progress zu
diagnostizieren (Wormans 2005). In der vorliegenden Arbeit haben Messfehler in
seltenen Fällen bei kleinen Tumoren zu einer scheinbaren Abnahme des
Tumorvolumens bis 50 % geführt. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit eine
Verdoppelung des Tumorvolumens als Progress definiert. Durch diese Definition
wurden 8 von 455 Tumoren als stabil definiert, die nach RECIST-Kriterien
progredient gewesen wären.
Nicht alle zerebralen Hämangioblastome zeigten einen Tumorprogress. Bei kurzer
Nachbeobachtungszeit (bis 20 Monate) war der Anteil progredienter Tumore gering
(14 %). Erst ab einer Nachbeobachtungszeit von 20 Monaten war dieser Anteil relativ
64
5 Diskussion
stabil (ca. 50 %). Das unterstreicht die Notwendigkeit langer
Nachbeobachtungszeiten, da die Tumore oft sehr langsam wachsen. Bei der
Analyse, welche Faktoren einen Einfluss auf den Tumorprogress haben, wurden
daher nur Tumore berücksichtigt, die mindestens 20 Monate beobachtet wurden.
Unter dieser Voraussetzung zeigten 57 % der Tumore einen Progress. Die
Tumorlokalisation und die Tumorgröße schienen keinen Einfluss auf das
Tumorwachstum zu haben, zystische Tumore waren dagegen signifikant häufiger
progredient als solide Tumore (100 % versus 52 %). Auch Slater et al. konnten in
einer kleinen Studie von 28 Tumoren zeigen, dass zystische Tumore häufiger eine
Größenzunahme zeigen als solide Tumore (57 % versus 7 %) (Slater et al. 2003).
Die Größenzunahme der Tumore hat eine Konsequenz für die betroffenen Patienten,
denn es konnte ebenfalls gezeigt werden, dass progrediente Tumore signifikant
häufiger operiert wurden als stabile Tumore. Diese Ergebnisse unterstreichen die in
Kapitel 5.2.3 diskutierte Bedeutung tumorassoziierter Zysten.
5.2.6 Neuauftreten zerebraler Hämangioblastome
Conway et al. berechneten in einer Studie mit 15 von Hippel-Lindau Patienten mit
zentralnervösen Hämangioblastomen, dass im Durchschnitt 1 Tumor pro 1,5 Jahren
neu auftritt (Conway et al. 2001). Das entspricht 0,67 Tumoren pro Jahr. In der
vorliegenden Studie lag die Rate neu aufgetretener Hämangioblastome bei 0,24
Tumoren pro Jahr. Diese Berechnung beruht auf 66 Patienten mit zerebralen
Hämangioblastomen und einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 52 Monaten. Im
Umkehrschluss bedeutet das, dass Patienten mit zerebralen Tumoren im
Durchschnitt alle 4,2 Jahre einen neuen Tumor entwickeln. Im Vergleich zu Conway
et al. ist somit das Neuauftreten von Hämangioblastomen im Freiburger VHLKollektiv seltener, jedoch nicht unerheblich für die Patienten.
65
6 Zusammenfassung
6 Zusammenfassung
Die von Hippel-Lindau Erkrankung ist eine hereditäre Multisystemerkrankung.
Betroffene Patienten können intrakraniell Hämangioblastome und Tumore des
Endolymphatischen Sacks entwickeln. Ziel der Arbeit war es die Häufigkeit der
Tumore und deren natürlichen Verlauf am Freiburger VHL-Patientenkollektiv zu
bestimmen. Hierzu wurden MRT-Verlaufsaufnahmen von 228 VHL-Patienten
retrospektiv analysiert. Zusätzlich wurden prospektiv bei 60 VHL-Patienten
Felsenbein-Dünnschicht-MRT akquiriert und ausgewertet.
Tumore des Endolymphatischen Sacks waren mit einer Prävalenzrate von 3 %
deutlich seltener als bisher in der Literatur angegeben wurde. Der Aquaeductus
vestibuli war bei einer Doppelbefundung in 74 % bzw. 58 % der Felsenbeine
nachweisbar. Die MRT-Diagnostik des Screening-Programms hat sich zum Nachweis
der Tumore als ausreichend dargestellt. Es konnte gezeigt werden, dass die
niedrigere Prävalenzrate durch die Überrepresentation der „Schwarzwald-Mutation“
im Freiburger Patientenkollektiv bedingt ist. Patienten mit dieser Mutation zeigen
einen relativ milden Krankheitsverlauf und ELS-Tumore wurden bei Patienten mit
dieser Mutation bisher nicht nachgewiesen.
Die Prävalenzrate zerebraler Hämangioblastome war mit 46 % vergleichbar mit den
Angaben der Literatur. 97 % der Tumore lagen infratentoriell. Große Tumore und
Tumore des Hirnstamms wurden häufiger operiert als kleine Tumore oder
Hämangioblastome der Kleinhirnhemisphären oder des Großhirns.
12 % der Hämangioblastome zeigten tumorassoziierte Zysten. Zystische Tumore
waren im Durchschnitt größer als solide Tumore und wurden folglich häufiger
operiert. Im Verlauf konnte bei zystischen Hämangioblastomen signifikant häufiger
ein Progress nachgewiesen werden als bei soliden Tumoren.
Es konnte gezeigt werden, dass zerebrale Hämangioblastome im Verlauf neu
auftreten können. Aus den vorliegenden Daten kann gefolgert werden, dass
Patienten mit zerebralen Tumoren ca. alle 4,2 Jahre einen neuen Tumor entwickeln.
Mutationen des VHL-Gens kann man in zwei Gruppen einteilen. Patienten mit
Mutationen vom T-Typ entwickelten signifikant häufiger zerebrale Hämangioblastome
als Patienten mit Mutationen vom F-Typ. Die Tumore selbst unterschieden sie sich
jedoch nicht hinsichtlich ihrer mittleren Größe, ihres Typs oder ihrer Wachstumsrate.
66
7 Literatur
7 Literatur
Bender B.U., Eng C., Olschewski M., Berger D.P., Laubenberger J., Altehöfer C.,
Kirste G., Orszagh M., van Velthoven V., Miosczka H., Schmidt D., Neumann
H.P.H. (2001)
VHL c.505 T>C mutation confers a high age related penetrance but no increased
overall mortality.
J Med Genet 38:508-514
Brandt R. (1921)
Zur Frage der Angiomatosis retinae.
Graefes Arch Ophthalmol 106:127-165
Brauch H., Kishida T., Glavac D., Chen F., Pausch F., Höfler H., Latif F., Lerman
M.I., Zbar B., Neumann H.P.H. (1995)
Von Hippel-Lindau (VHL) disease with pheochromocytoma in the Black Forest region
of Germany: evidence for a founder effect.
Hum Genet 95:551-556
Chen F., Kishida T., Yao M., Hustad T., Glavac D., Dean M., Gnarra J.R., Orcutt
M.L., Duh F.M., Glenn G., Green J., Hsia Y.E., Lamiell J., Li H., Wei M.H.,
Schmidt L., Tory K., Kuzmin I., Stackhouse T., Latif F., Linehan W.M., Lerman
M., Zbar B. (1995)
Germline mutations in the von Hippel-Lindau disease tumor suppressor gene:
correlations with phenotype.
Hum Mutat 5:66-75
Choo D., Shotland L., Mastroianni M., Glenn G., van Waes C., Linehan W.M.,
Oldfield E.H. (2004)
Endolymphatic sac tumors in von Hippel-Lindau disease.
J Neurosurg 100:480-487
67
7 Literatur
Choyke P.L., Glenn G.M., Walther M.M., Patronas N.J., Linehan W.M., Zbar B.
(1995)
von Hippel-Lindau disease: genetic, clinical, and imaging features.
Radiology 194:629-642
Conway J.E., Chou D., Clatterbuck R.E., Brem H., Long D.M., Rigamonti D.
(2001)
Hemangioblastomas of the central nervous system in von Hippel-Lindau syndrome
and sporadic disease.
Neurosurgery 48:55-62
Dahlen R.T., Harnsberger H.R., Gray S.D., Shelton C., Allan R., Parkin J.L.,
Scalzo D. (1997)
Overlapping thin-section fast spin-echo MR of the large vestibular aqueduct
syndrome.
AJNR 18:67-75
Gaffey M.J., Mills S.E., Fechner R.E., Intemann S.R., Wick M.R. (1988)
Aggressive papillary middle-ear tumor: a clinicopathologic entity distinct from middleear adenoma.
Am J Surg Pathol 12:790-797
Gaffey M.J., Mills S.E., Boyd J.C. (1994)
Aggressive papillary tumor of middle ear/temporal bone and adnexal papillary
cystadenoma: manifestations of von Hippel-Lindau disease.
Am J Surg Pathol 18:1254-1260
Gläsker S., Lonser R.R., Tran M.G.B., Ikejiri B., Butman J.A., Zeng W., Maxwell
P.H., Zhuang Z., Oldfield E.H., Vortmeyer A.O. (2005)
Effects of VHL deficiency on endolymphatic duct and sac.
Cancer Res 65:10847-10853
68
7 Literatur
Hassard A.D., Boudreau S.F., Cron C.C. (1984)
Adenoma of the endolymphatic sac.
J Otolaryngol 13:213-216
Hasselblatt M., Jeibmann A., Gerß J., Behrens C., Rama B., Wassmann H.,
Paulus W. (2005)
Cellular and reticular variants of haemangioblastoma revisited:a clinicopathologic
study of 88 cases.
Neuropathol Appl Neurobiol 31:618-622
Heffner D.K. (1989)
Low-grade adenocarcinoma of probable endolymphatic sac origin: a clinicopathologic
study of 20 cases.
Cancer 64:2292-2302
Hultgård-Ekwall A.K.H., Couloigner V., Rubin K., Rask-Andersen H. (2003)
Network organisation of interstitial connective tissue cells in the human
endolymphatic duct.
J Histochem Cytochem 51:1491-1500
Kim H.J., Butman J.A., Brewer C., Zalewski C. Vortmeyer A.O., Glenn G.,
Oldfield E.H., Lonser R.R. (2005)
Tumors of the endolymphatic sac in patients with von Hippel-Lindau disease:
implications for their natural history, diagnosis, and treatment.
J Neurosurg 102:503-512
Kempermann G., Neumann H.P.H., Volk B. (1998)
Endolymphatic sac tumours.
Histopathology 33:2-10
Knudson A.G. (1986)
Genetics of human cancer.
Ann Rev Genet 20:231-251
69
7 Literatur
Lindau A. (1927)
Zur Frage der Angiomatosis retinae und ihrer Hirnkomplikationen.
Acta Ophthalmol (Copenh) 4:193-226
Latif F., Tory K., Gnarra J., Yao M., Duh F.M., Orcutt M.L., Stackhouse T.,
Kuzmin I., Modi W., Geil L., Schmidt L., Zhou F., Li H., Wei M.H., Chen F., Glenn
G., Choyke P., Walther M.M., Weng Y., Duan D.R., Dean M., Glavac D., Richards
F.M., Crossey P.A., Ferguson-Smith M.A., Le Paslier D., Chumakov I., Cohen D.,
Chinault A.C., Maher E.R., Linehan W.M., Zbar B., Lerman M.I. (1993)
Identification of the von Hippel-Lindau disease tumor suppressor gene.
Science 260:1317-20
Lee S.R., Sanches J., Mark A.S., Dillon W.P., Norman D., Newton T.H. (1989)
Posterior fossa hemangioblastomas: MR Imaging.
Radiology 171:463-468
Lo W.W.M., Applegate L.J., Carberry J.N., Solti-Bohman L.G., House J.W.,
Brackmann D.E., Waluch V., Li J.C. (1993)
Endolymphatic sac tumors: radiologic appearance.
Radiology 189:199-204
Lo W.W.M., Daniels D.L., Chakeres D.W., Linthicum F.H., Ulmer J.L., Mark L.P.,
Swartz J.D. (1997)
The endolymphatic duct and sac.
AJNR 18:881-887
Lonser R.R., Glenn G.M., Walther M., Chew E.Y., Libutti S.K., Linehan W.M.,
Oldfield E.H. (2003)
Von Hippel-Lindau disease.
Lancet 361:2059-2067
70
7 Literatur
Lonser R.R., Kim H.J., Butman J.A., Vortmeyer A.O., Choo D.I., Oldfield E.H.
(2004)
Tumors of the endolymphatic sac in von Hippel-Lindau disease.
N Engl J Med 350:2481-2486
Maher E.R., Yates J.R., Harries R., Benjamin C., Harris R., Moore A.T.,
Ferguson-Smith M.A. (1990)
Clinical features and natural history of von Hippel-Lindau disease.
Q J Med 77:1151-63
Maher E.R., Iselius L., Yates J.R., Littler M., Benjamin C., Harris R., Sampson J.,
Williams A., Ferguson-Smith M.A. Morton N. (1991)
Von Hippel-Lindau disease: a genetic study.
J Med Genet 28: 443-447
Manski T.J., Heffner D.K., Glenn G.M., Patronas N.J., Pikus A.T., Katz D.,
Lebovics R., Sledjeski K., Choyke P.L., Zbar B., Linehan W.M., Oldfield E.H.
(1997)
Endolymphatic sac tumors: a source of morbid hearing loss in von Hippel-Lindau
disease.
JAMA 277:1461-1466
Mazzoni A. (1979)
Vein of the vestibular aqueduct.
Ann Otol 88:759-767
Megerian C.A., McKenna M.J., Nuss R.C., Maniglia A.J., Ojemann R.G., Pilch
B.Z., Nadol J.B. (1995)
Endolymphatic sac tumors: histopathologic confirmation, clinical characterisation, and
implication in von Hippel-Lindau disease.
Laryngoscope 105: 801-808
71
7 Literatur
Melmon K.L., Rosen S.W. (1964)
Lindau’s disease: rewiew of the literature and study of a large kindred.
Am J Med 36:595-617
Mukherji S.K., Albernaz V.S., Lo W.W.M., Gaffey M.J., Megerian C.A., Feghali
J.G., Brook A., Lewin J.S., Lanzieri C.F., Talbot J.M., Meyer J.R., Carmody R.F.,
Weissman J.L., Smirniotopoulos J.G., Rao V.M., Jinkins J.R., Castillo M. (1997)
Papillary endolymphatic sac tumors: CT, MR Imaging, and angiographic findings in
20 patients.
Radiology 202:801-808
Naganawa S., Koshikawa T., Fukatsu H., Ishigaki T., Nakashima T., Ichinose N.
(2002)
Contrast-enhanced MR imaging of the endolymphaic sac in patients with sudden
hearing loss.
Eur Radiol 12:1121-1126
Naganawa S., Koshikawa T., Nakamura T., Fukatsu H., Ishigaki T., Aoki I. (2003)
High-resolution T1-weighted 3D real IR imaging of the temporal bone using tripledose contrast material.
Eur Radiol 13:2650-2658
Neumann H.P.H. (1987)
Basic criteria for clinical diagnosis and genetic counselling in von Hippel-Lindau
syndrome.
VASA 16:220-226
Neumann H.P.H., Bender B.U. (1998)
Genotype-phenotype correlations in von Hippel-Lindau disease.
J Intern Med 243:541-545
Patel N.P., Wiggins R.H., Shelton C. (2006)
The radiologic Diagnosis of endolymphatic sac tumors.
Laryngoscope 116:40-46
72
7 Literatur
Richard S., Campello C., Taillandier L., Parker F., Resche F. (1998)
Haemangioblastoma of the central nervous sytem in von Hippel-Lindau disease.
J Intern Med 243:547-553
Richard S., David P., Marsot-Dupuch K., Giraud S., Beroud C., Resche F. (2000)
Central nervous sytem hemangioblastomas, endolymphatic sac tumors, and von
Hippel-Lindau disease.
Neurosurg Rev 23:1-22
Schmalbrock P., Dailiana T., Chakers D.W., Oehler M.C., Welling D.B., Williams
P.M., Roth L. (1996)
Submillimeter-resolution MR of the endolymphatic sac in healthy subjects and
patients with Meniere disease.
AJNR 17:1707-1716
Slater A., Moore N.R., Huson S.M. (2003)
The natural history of cerebellar hemangioblastomas in von Hippel-Lindau disease.
AJNR 24:1570-1574
Stolle C., Glenn G., Zbar B., Humphrey J.S., Choyke P., Walther M., Pack S.,
Hurley K., Andrey C., Klausner R., Linehan W.M. (1998)
Improved detection of germline mutations in the von Hippel-Lindau disease tumor
suppressor gene.
Hum Mutat 12:417-423
von Hippel E. (1904)
Über eine sehr seltene Erkrankung der Netzhaut.
Graefes Arch Ophthalmol. 59:83-106
von Hippel E. (1911)
Die anatomische Grundlage der von mir beschriebenen „sehr seltenen Erkrankung
der Netzhaut“.
Graefes Arch Ophthalmol. 79:350-377
73
7 Literatur
Vortmeyer A.O., Gnarra J.R., Emmert-Buck M.R., Katz D., Linehan W.M.,
Oldfield E.H., Zhuang Z. (1997)
Von Hippel-Lindau gene deletion detected in the stromal cell component of a
cerebellar hemangioblastoma associated with von Hippel-Lindau disease.
Hum Pathol 28:540-543
Vortmeyer A.O., Frank S., Jeong S.Y., Yuan K., Ikejiri B., Lee Y.S., Bhowmick D.,
Lonser R.R., Smith R., Rodgers G., Oldfield E.H., Zhuang Z. (2003)
Developmental arrest of angioblastic lineage initiates tumorigenesis in von HippelLindau disease.
Cancer Res 63:7051-7055
Wormanns D. (2005)
Radiologische Messverfahren zur Beurteilung des Therapieansprechens solider
Tumoren.
Radiologie up2date 3:261-271
Zbar B., Kishida T., Chen F., Schmidt L., Maher E:R:, Richards F.M., Crossey
P.A., Webster A.R., Affara N.A., Ferguson-Smith M.A., Brauch H., Glavac D.,
Neumann H.P.H., Tisherman S., Mulvihill J.J., Gross D.J., Shuin T., Whaley J.,
Seizinger B., Kley N., Olschwang S., Boisson C., Richard S., Lips C.H.M.,
Linehan W.M., Lerman M. (1996)
Germline mutations in the von Hippel-Lindau disease (VHL) Gene in families from
North America, Europe, and Japan.
Hum Mutat 8:348-357
74
8 Danksagung
8 Danksagung
Herrn Prof. Spreer danke ich für die Überlassung des Themas und die Betreuung
während der Zusammenstellung dieser Arbeit.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Neumann. Ohne die jahrelange konsequente
Dokumentation klinischer und genetischer Daten zahlreicher von Hippel-Lindau
Patienten wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen.
Bei den stets freundlichen Damen der von Hippel-Lindau Studienzentrale, Frau
Schluh, Frau Schonhardt und Frau Nabulsi möchte ich mich für die Hilfsbereitschaft
und prompte Beantwortung all meiner Fragen bedanken.
Schließlich danke ich allen medizinisch technischen Assistenten und Assistentinnen
der Sektion Neuroradiologie für ihre Unterstützung bei der Durchführung der MRTomographien.
75
9 Lebenslauf
9 Lebenslauf
Name
Claudia Hader
Geboren
09.11.1967 in Augsburg
Familienstand
ledig
Schulbildung
1974 - 1978
Grundschule, Augsburg
1978 - 1987
Peutinger Gymnasium, Augsburg
Hochschulausbildung
1987 – 1994
Studium der Humanmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität
München
Okt 1989
Physikum
Sep 1990
1. Staatsexamen
Apr 1993
2. Staatsexamen
Apr 1994
3. Staatsexamen
Praktisches Jahr
Apr – Aug 1993
Chirurgie/Neurochirurgie, Klinikum Ingolstadt
Aug – Dez 1993
Neurologie, Klinikum Großhadern, München
Jan – Mär 1994
Innere Medizin, Kreisspital Pfäfffikon ZH, Schweiz
AiP
Mai 1994 – Okt 1995
Neurochirurgische Klinik, Klinikum Ingolstadt,
Approbation
01.11.1995
76
9 Lebenslauf
Weiterbildungszeiten
Nov 1995 – Dez 1995
Neurochirurgische Klinik, Klinikum Ingolstadt
Apr 1996 – Jul 2000
Neurochirurgische Klinik, Medizinische Hochschule
Hannover,
davon 6 Monate: Abteilung Neuroradiologie,
Medizinische Hochschule Hannover
Aug 2000 – Dez 2004
Institut für diagnostische und interventionelle
Radiologie, Klinikum Ingolstadt
Seit Jan 2005
Abteilung für Neuroradiologie, Universitätsklinikum
Freiburg
Facharztanerkennung
Neurochirurgie
16.05.2001
Diagnostische Radiologie 08.09.2004
Herunterladen