Kapitel 11 Mechanische Wellen Vertraut aus dem Alltag: Schallwelle, Wasserwelle, Reisewelle. Analoge Bilder gibt es für Felder die Wellennatur beschreiben, z.B. Lichtfelder oder Teilchenwellen in der QM. Hier versuchen wir eine erste physikalische und mathematische Beschreibung von Wellen in deformierbaren, elastischen Medien. Mit Welle beschreibt man die zeitliche und räumliche Auslenkung eines Teilchens aus der Ruhelage (Oszillation). Anschaulich hängt die Welle mit der Fortbewegung der Oszillation im Raum zusammen. Eine Welle ist eine räumlich - zeitliche Entwicklung einer Störung aus der Ruhelage. Nicht die Teilchen bewegen sich weiter, sondern die Störung. Nur wenn Massepunkte aneinander gekoppelt sind, dann breitet sich die Oszillation im Raum aus. Dabei wird die Energie, die mit der Auslenkung verbunden ist, räumlich transportiert. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt von der Stärke der Kopplung und der Masse der schwingenden Systeme ab. Die elastischen Eigenschaften des Mediums leiten die Störung weiter. Mit der Welle ist ein Transport von Energie über große Entfernungen möglich. Dämpfung der regelmäßigen Oszillation durch Umverteilung der Wellenenergie in unregelmäßige Bewegungsenergie (z.B. Phononen). Longitudinalwellen: Schwingungsrichtung der Teilchen entlang der Ausbreitungsrichtung. (in Gasen und Festkörpern) Transversalwellen: Auslenkung senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung der Teilchen. Tritt nur in festen Körpern und in nicht idealen Flüssigkeiten auf (elektromagnetische Wellen sind immer transversal, sind aber keine mechanischen Wellen) Seilwelle Betrachtung einer Welle von 2 verschiedenen Standpunkten: - zu fester Zeit erhalten wir einen räumlichen Eindruck der Welle - an einem festen Ort beobachten wir den zeitlichen Verlauf der Welle Harmonische ebene Welle: Ausbreitung von harmonischen Schwingungen im Raum (harmonisch = wohldefinierte Frequenz). Mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c ist h z i x(z, t) = A sin !(t ) . (11.1) c 115 116 KAPITEL 11. MECHANISCHE WELLEN Wellenlänge : Abstand z = zwischen zwei äquivalenten Punkten zur gleichen Zeit. Dazu untersuchen wir das Argument zu einer beliebigen Zeit ! z1 z2 + 2⇡ = ! . c c (11.2) Daraus folgt z1 z2 = = 2⇡ c c = . ! f l= c n 1 xHz,tL xHz,tL 1 (11.3) 0 t=t1 -1 0 1 2 3 z Dz = cHt2 -t1 L 0 -1 0 t=t2 1 2 3 z Frequenz: f= c (11.4) . Die Einführung der Wellenzahl (Anzahl der Perioden pro Längeneinheit) k= 2⇡ (11.5) , erlaubt eine einfachere Schreibweise von (11.1) x(z, t) = A sin (! t (11.6) k z) . Zu einem gegebenen Zeitpunkt t = t0 ist die Phase ! t0 k z für alle Punkte in einer Ebene (z =const) gleich. Deshalb beschreibt Gleichung (11.6) eine ebene harmonische Welle: Punkte mit z =const bilden eine Fläche konstanter Phase. Zur Bedeutung des Vorzeichen kz in (11.6): Beobachter sitzt auf der Welle und fährt mit ihr mit: In der Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung sieht er überall die konstante Phase ! t k z. Diese ändert sich nicht mit der Zeit. Also gilt d (! t dt k z) = 0 ! ! k dz = 0. dt (11.7) Daraus folgt dz ! = =f dt k = c. (11.8) Die Welle (11.6) breitet sich in Richtung der positiven z-Achse aus. Diese Geschwindigkeit c heißt auch Phasengeschwindigkeit. Die Sinuswelle ist nur ein Spezialfall der Lösung einer Wellengleichung, das ist die Bewegungsgleichung der Wellengrößen, z. B. die Auslenkung von massebehafteten Teilchen in einer Saite. Für diese Auslenkung, die im Prinzip in beliebiger Richtung erfolgen kann führen wir die Größe ⇣ ein. Die Funktion, welche die Wellengrößen beschreibt nennt man 117 Wellenfunktion. Für sie suchen wir analytische Ausdrücke, die nur von den Orts- und Zeitkoordinaten abhängen. Die Lösungen müssen nicht harmonische, oder überhaupt periodische Wellen sein. Auch kurze Pulse, einmalige Störungen werden so beschrieben. Je nach Richtung der Auslenkung ⇣ spricht man von einer transversal ebenen Welle, wenn ⇣ ? z ist, von einer longitudinal ebenen Welle, wenn ⇣ || z ist. Man nennt die Welle linear polarisiert, wenn die transversale Auslenkung in einer festen Ebene liegt. z z transversal (11.9) longitudinal k z) òxô ⇣(z, t) = ⇣0 sin (! t òxô Wellentypen Ebene Welle breitet sich in z-Richtung aus: Elliptische Polarisation entsteht durch Überlagerung von zwei Schwingungen z.B. in der x und y-Ebene x(z, t) = a sin (! t k z) y(z, t) = b cos (! t k z) y z Die Spitze des Amplitudenvektors beschreibt eine elliptische Schraubenlinie um die z-Achse. Für a = b ist die Welle zirkular polarisiert. x Kugelwellen: Die Störung breitet sich von einem Punkt gleichmäßig in alle Richtungen aus. Den Abstand von der punktförmigen Quelle bezeichnen wir mit r. Die Phasenflächen sind Kugeloberflächen mit dem Radius r. Die Wellenfunktion ist in diesem Fall kugelsymmetrisch: ⇣(r, t) / 1 sin (! t r k r) (11.10) Die Amplitude sinkt mit steigendem Abstand von der Quelle gemäß 1/r. Damit ist für jeden Wert von r die durch die Kugeloberfläche 4⇡r2 transportierte Störung konstant. Das Bild zeigt einen 2D-Schnitt durch die räumliche Verteilung der Amplitude bei einer festen Zeit t. Ausbreitungsgeschwindigkeit: Die Phasengeschwindigkeit kann von der Wellenlänge abhängen. Diese Beziehung nennt man Dispersionsrelation. Bei monochromatischen harmonischen Wellen beeinflusst die Dispersion nur die Phasengeschwindigkeit. Bei einem Wellenpaket enthält die Welle eine kontinuierliche Verteilung von Frequenzen (siehe Seite 91). Wenn sich jede Frequenz, die im Paket enthalten ist, mit einer leicht anderen Geschwindigkeit ausbreitet, dann ändert sich die Form des Wellenpaketes mit der Zeit. Das Zentrum des Wellenpaketes breitet sich mit der Gruppengeschwindigkeit aus. 118 11.1 KAPITEL 11. MECHANISCHE WELLEN Wellengleichung Wir untersuchen elastische Longitudinalwellen in festen Körpern. Bei einer Verdichtungswelle in einem langen Stab mit Querschnittsfläche A, Dichte ⇢ und Elastizitätsmodul E gibt die mechanische Spannung = F/A die pro Flächeneinheit wirkende longitudinale Kraft F der Welle an. Durch diese Kraft erfahren die Teilchen in der Ebene z eine Auslenkung ⇣, Teilchen in der Ebene z + dz eine Auslenkung ⇣ + d⇣. Mit dem linearen Ansatz des Hook’schen Gesetzes gilt am Ort z =E @⇣ . @z (11.11) Über die Dicke des Volumenelementes dz ändert sich die Spannung um d und am Ort z + dz ist die Spannung +d = Die Kraft auf das Volumenelement F (z + dz) dF = A d = A + @ dz . @z (11.12) F (z) = dF ist @ @2⇣ dz = A E 2 dz . @z @z (11.13) Die Beschleunigung des Volumenelementes der Masse dM = ⇢A dz ist dF = dM @2⇣ @2⇣ = ⇢ A 2 dz . 2 @t @t (11.14) Nach Gleichsetzen wir die beiden Gleichungen erhalten wir die Wellengleichung 2 @2⇣ 2 @ ⇣ = c . (11.15) @t2 @z 2 p wobei c = E/⇢ die Phasengeschwindigkeit der Schallwelle im festen Körper ist. Aus der Messung der Schallgeschwindigkeit lässt sich der Elastizitätsmodul bestimmen (typischer Wert für c in Eisen liegt bei 6000 m/s). Transversalwellen in festen Körpern: Benachbarte Schichten des Mediums werden senkrecht zur Ausbreitungsrichtung verschoben. Die Phasengeschwindigkeit hängt vom Schermodul (Torsionsmodul) ab: p c = G/⇢ . (11.16) Transversale Wellen entlang einer gespannten Saite: Eine in z-Richtung mit der Kraft F gespannte Saite wird in x-Richtung ausgelenkt. Die Phasengeschwindigkeit der transversalen Welle ist p c = F/µ , (11.17) wobei µ die lineare Massendichte (Masse pro Längeneinheit) der Saite ist (unabhängig vom Elastizitätsmodul oder Torsionsmodul). Schallwellen in Gasen: In Gasen gibt es nur longitudinale mechanische Wellen, weil der Schermodul gleich Null ist. 11.2. ÜBERLAGERUNG VON WELLEN 119 Die Kopplung erfolgt durch die lokale Druckerniedrigung bzw. Kompression des Gases. Die Phasengeschwindigkeit der longitudinalen Schallwelle ist p p c = p/⇢ = K/⇢ , (11.18) wobei K der Kompressionsmodul des Gases ist (K = 1/, siehe Seite 93 zur Kompressibilität ). Bei Zimmertemperatur ist die Schallgeschwindigkeit in Luft c ⇡ 340 m/s. Wellen in Flüssigkeiten: Im Inneren von Flüssigkeiten gibt es auch nur Longitudinalwellen, da der Schermodul gleich Null ist. Wegen des großen Kompressionsmoduls (kleine Kompressibilität) ist die Schallgeschwindigkeit in Flüssigkeiten größer als in Gasen, trotz der höheren Dichte. p c = K/⇢ . (11.19) An der Wasseroberfläche können Oberflächenspannung und Schwerkraft als rücktreibende Querkräfte wirken, deshalb gibt es transversale Oberflächenwellen. 11.2 Überlagerung von Wellen Die Linearität der Wellengleichung (11.15) bedeutet, dass die Überlagerung zweier Lösungen (die Linearkombination zweier Lösungen) auch eine Lösung der Wellengleichung ist. Bei einer Überlagerung verschiedener Wellen am gleichen Ort und zur gleichen Zeit addieren sich die Amplituden der Einzelwellen. Diesen Vorgang nennt man Interferenz. In diesen Bildern haben wir zwei bzw. drei Punktquellen gleicher Phase, die auf der x-Achse in Abstand von d = x1 x2 = x2 x3 liegen, überlagert ⇣1 (~r1 , t) = ⇣2 (~r2 , t) = ⇣3 (~r3 , t) = 1 sin (! t r1 1 sin (! t r2 1 sin (! t r3 k r1 ) k r2 ) k r3 ) wobei die Vektoren ~ri vom Ursprung der jeweiligen Quelle zeigen und die Betragsquadrate r12 = x2 + y 2 , r22 = (x d)2 + y 2 und r32 = (x 2d)2 + y 2 sind. Als Parameter wählten wir ! = 1 und k = 1/d und wir tragen auf der vertikalen Achse die Intensität bei einem festen Zeitpunkt t auf I= ⇣X i ⇣i (~ri , t) ⌘2 . (11.20) 120 KAPITEL 11. MECHANISCHE WELLEN Bei einer Anordnung mit vielen Quellen die im Abstand d ⇡ 1/k liegen ergibt sich eine starke Richtwirkung. Das Wellenfeld in großem Abstand zu den Quellen zeigt auf Grund der Interferenz bevorzugte Abstrahlung in einer Richtung senkrecht zur Anordnung der Quellen (phased array, Richtfunkantenne). Die Richtwirkung besteht nur, wenn die Quellen kohärent angeregt werden. Wellenwanne 11.3 Beugung, Reflexion und Brechung Zur Beschreibung der Ausbreitung von Wellen im Raum, der Reflexion an Wänden, der Beugung an Öffnungen, der Brechung an Mediengrenzen verwendet man das Huygensche Prinzip Jeder Punkt auf einer Phasenfläche ist Ausgangspunkt einer Kugelwelle. Die Überlagerung dieser (Sekundär-, Elementar-) Wellen bestimmt die Ausbreitung der gesamten Wellenerscheinung. Im Bild oben hatten wir die Überlagerung von mehreren diskreten Quellen graphisch dargestellt. Wenn wir N Quellen überlagern, die über die Strecke D = N d mit einem sehr kleinen Abstand d liegen, dann führen die N Einzelwellen zu einer Intensitätsverteilung I/ ✓ sin x x ◆2 mit x = 1 kD sin ↵ . 2 (11.21) wobei der Winkel ↵ von der Normalen zur Quellenanordnung gerechnet wird und k = 2⇡/ die Wellenzahl angibt. Beugung an Begrenzungen: Das Ergebnis (11.21) verwenden wir um die Beugung einer Welle an einer Öffnung zu beschreiben. Die Größe der Öffnung sei D = N d. Die Intensitätsverteilung um den Winkel ↵ im Fernfeld (weit weg von der Öffnung) ist in den drei rechten Bildern für verschiedene Verhältnisse von /D gezeigt. lêD=1 30 D a a a 0 -30 lêD=0.3 30 a 0 -30 0 1 lêD=0.1 30 0 -30 0 1 0 1 Für D/ ⇡ 1 ist die Verteilung ein einzelnes breites Maximum um ↵ = 0. Für ⌧ D ist die Verteilung stark vorwärts gerichtet (schmales Maximum um ↵ = 0) mit Beugungsminima bei größeren Winkeln. Das erste Minimum erscheint bei sin ↵ = 2 /D. Räumliche Begrenzungen der Wellenfront führen zu Beugungserscheinungen, wobei die Intensitätsverteilung vom Verhältnis D/ abhängt. Beugungsbilder in der Wellenwanne 11.4. STEHENDE WELLEN 121 Reflexion tritt an einer Grenzfläche zwischen zwei Medien unterschiedlicher Phasengeschwindigkeit auf. In diesem Fall wird ein Teil der Welle an der Grenzfläche reflektiert. Aus dem Huygenschen Prinzip lässt sich ableiten, dass Einfallswinkel=Ausfallswinkel gilt. Dringt eine Welle in ein Medium mit anderer Phasengeschwindigkeit ein, dann kommt es zur Brechung: Aus dem Huygenschen Prinzip lässt sich das Brechungsgesetz von Snellius ableiten: sin sin ↵ = . c1 c2 a a Medium 1 Medium 2 b (11.22) Dieses Gesetz kann auch nach dem Prinzip von Fermat abgeleitet werden: Eine Welle läuft zwischen zwei Punkten immer so, dass sie dazu möglichst wenig Zeit braucht. 11.4 Stehende Wellen Stehende Wellenmuster entstehen durch geeignete Überlagerung laufender Wellen. Bei laufenden Wellen breiten sich Maxima und Minima mit der Phasengeschwindigkeit aus. Bei einer stehenden Welle sind die Maxima und Minima ortsfest. Stehende Wellen kann man als Eigenschwingungen eines ein- oder mehr-dimensionalen Mediums ansehen. z.B. transversale Eigenschwingungen einer Saite, einer Trommel. Bei einer Saitenlänge L und Spannkraft F ist eine stehende Welle möglich für alle jene Frequenzen, für die gilt: n = c 2L = . fn n (11.23) Die Grundschwingung hat die Frequenz ( µ ist die Masse pro Längeneinheit) c 1 p = F/µ . 2L 2L (11.24) ⇣ @2u @2u ⌘ @2u = c2 + 2 2 @t @x2 @y (11.25) ⌫1 = In 2D gilt es die Wellengleichung mit geeigneten Randbedingungen zu lösen. Für eine rechteckige Membran mit den Seitenlängen Lx und Ly ist die Lösung unm (x, y, t) = C sin (n + 1)⇡x (m + 1)⇡y sin sin (!nm t + ') Lx Ly (11.26) q wobei !nm = ck = c kx2 + ky2 ist. Es gilt kx = (n + 1)⇡/Lx und ky = (n + 1)⇡/Ly . Für eine kreisförmige Membran mit dem Radius R ist die eine mögliche Lösung un (r, ✓, t) = C cos (n✓) Jn (kr) sin (!t + ') (11.27) 122 KAPITEL 11. MECHANISCHE WELLEN mit k Werten sodass die Besselfunktionen am Trommelrand gleich Null sind, Jn (kR) = 0. Bei den Cladnyschen Klangfiguren ist die Membran am Rand nicht fest eingespannt. So ist die einzige Randbedingung (für das Experiment in der Vorlesung) dass der zentrale Bereich der Platte mit der externen Frequenz und Amplitude schwingt. Experimente: 11.5 - Stehende Welle einer vertikalen beleuchteten Saite. - Dünne rechteckige Membran: Cladnysche Klangfiguren. Akustik Entstehung, Ausbreitung und Messung von mechanischen Schwingungen und Schallwellen in einem kleinen Frequenzbereich, in dem das menschliche Ohr die Druckänderungen wahrnimmt. . Definitionen: Infraschall hörbarer Schall Ultraschall < 16 Hz 16 Hz bis 16 kHz 16 kHz bis etwa 10 Mhz Ton: reine harmonische Schwingung konstanter Amplitude. Tonhöhe ist durch die Frequenz, die Tonstärke durch das Quadrat der Amplitude gegeben. Über eine Oktave ändert sich die Tonfrequenz um den Faktor 2. Klang: periodische, aber nicht sinusförmige Schwingung, eine Überlagerung von Tönen. Geräusch: unperiodischer Schwingungsvorgang. Frequenzen und Amplituden seiner FourierKomponenten schwanken zeitlich statistisch. Knall: Schallimpuls mit Schwingungen über breiten Frequenzbereich, die Amplituden klingen schnell ab. Die Empfindlichkeit des Ohrs ist frequenzabhängig. Die maximale Empfindlichkeit liegt bei etwa 1 kHz. Die Hörschwelle beträgt bei 10 12 W/m2 bei 1 kHz. Die Fläche der Ohrmuschel ist etwa 10 3 m2 , wir können also 1 fW hören. Lautstärke: Da der dynamische Bereich des Ohrs bei etwa 1013 liegt und das Hörempfinden logarithmisch ist verwendet man das Maß Dezibel (db) oder Phon Schallpegel in Dezibel = 10 log10 ✓ I I0 ◆ (11.28) wobei I0 die untere Hörschwelle (10 12 W/m2 ) angibt. Damit erhöht sich der Schallpegel um 10 db wenn die Schallintensität um den Faktor 10 zunimmt. Der Schallpegel in einer Disko kann bei 120 db liegen (1 W/m2 ). Die Schmerzschwelle 130 Phon entspricht einer 1013 -fachen Überhöhung. Beispiel: Der Schallpegel eines Presslufthammers liegt bei etwa 110 db. Wie gross ist der 11.6. AKUSTISCHER DOPPLER EFFEKT 123 Schallpegel von 2 (von 4, von 10) Presslufthämmern?1 Schallpegel in Dezibel = 10 log10 (I/I0 ) = 110 db, , = 10 log10 (2 I/I0 ) = 113 db , = 10 log10 (4 I/I0 ) = 116 db , = 10 log10 (10 I/I0 ) = 120 db . Erzeugung von Schallwellen: freie oder erzwungene Schwingungen fester Körper: Saite, Stimmgabel, schwingende Membran, Piezo-Schallgeber. Schalldetektoren: menschliches Ohr, Geräte die mechanische Schwingungen oder Druckschwankungen nachweisen. Mikrophon, inverser Piezo-Effekt. Stroboskop (optische Frequenzanalyse): Lichtpulse der Pulsfrequenz fS beleuchten ein Objekt, das bei der Frequenz f schwingt. Das Auge kann die Differenzfrequenz fS f auflösen (beim scheinbaren Stillstand der Bewegung stimmen die Frequenzen überein). Echolot, Ultraschall-Durchleuchten, fokussierte Wellen im Nierensteinzertrümmerer, Fledermäuse verwenden ⇡ 20 Pulse pro Sekunde, frequenzmoduliert zwischen 100 und 20 kHz für bildgebendes Verfahren mit Bewegungsanalyse (entsprechend einem Doppler-Radar). Optischer Doppler Effekt: Mit der akustischen Frequenz f schwingende Fläche wird mit Licht bestrahlt. Die Frequenz des reflektierten Lichtes erleidet eine Doppler-Verschiebung (Frequenzmodulation). Eine Überlagerung des einfallenden Lichtes mit dem reflektierten führt zu einer Schwebung mit der akustischen Schwingungsfrequenz. Akusto-optischer Modulator: Stehende akustische Welle in einem Kristall führt zu einer räumlich periodischen Variation des Druckes und damit zu einer räumlich periodischen Variation des Brechungsindex. Beugungserscheinungen am Phasengitter erlauben Messung der akustischen Wellenlänge. Laufende akustische Welle im Kristall erlaubt Frequenzverschiebung der optischen Welle im Bereich bis etwa 100 MHz. http://de.wikipedia.org/wiki/Akustooptischer 11.6 Modulator Akustischer Doppler Effekt Bei bewegten Quellen oder bewegten Empfängern kommt es zu einer Frequenzverschiebung. Bei einer Phasengeschwindigkeit c im Medium ist die Wellenlänge für eine unbewegte akustische Quelle der Frequenz f0 gleich 0 = c/f0 . Bewegt sich diese Quelle mit der Geschwindigkeit uQ in positiver z-Richtung dann drängen sich für einen ruhenden Beobachter auf der 1 Es gilt 10 log10 (2) = 3.01, 10 log10 (4) = 6.02 und 10 log10 (10) = 10. 124 KAPITEL 11. MECHANISCHE WELLEN z-Achse die Wellenfronten (Flächen gleicher Phase) vor der Quelle zusammen, er beobachtet vor der Quelle die verkürzte Wellenlänge B = 0 uQ , f0 (11.29) der Abstand zwischen Flächen gleicher Phase nimmt ab. Ein Empfänger auf der z-Achse, auf den die Quelle zuläuft, empfindet ein Signal bei der höheren Frequenz, f= c B = f0 1 1 . uQ /c (11.30) Bewegt sich die Quelle vom Empfänger weg empfindet der ruhende Beobachter ein Signal niedriger Frequenz entsprechend der Dehnung zwischen den Wellenfronten hinter der bewegten Quelle. f = f0 1 . 1 + uQ /c (11.31) Zu einer Frequenzverschiebung kommt es auch, wenn sich der Beobachter bewegt, die Ursache für die Frequenzverschiebung ist aber anders. In diesem Fall ist die Wellenlänge im Raum konstant ( B = 0 ) aber der Beobachter sammelt die Information über die Wellenfronten in Periodendauern TB = B /(c + uB ) = 1/f auf. Diese unterscheiden sich von der Periodendauer der Quelle TQ = 0 /c = 1/f0 . Wenn sich der Beobachter mit der Geschwindigkeit uB auf eine ruhende Quelle zubewegt, sammelt er die Wellenfronten schneller auf als im ruhenden Fall und er beobachtet die erhöhte Frequenz f = f0 (1 + uB /c) . (11.32) Umgekehrt, wenn sich der Beobachter von der ruhenden Quelle wegbewegt, empfängt er die niedrigere Frequenz f = f0 (1 uB /c) . (11.33) Die Kombination dieser vier Beziehungen ergibt f = f0 1 ± uB /c , 1 ⌥ uQ /c (11.34) wobei die oberen Vorzeichen gelten, wenn sich Quelle und Empfänger aufeinander zubewegen und die unteren Vorzeichen, wenn sie sich Quelle und Empfänger voneinander wegbewegen. Beim Schall kann man unterscheiden, ob sich die Quelle oder der Beobachter bewegt. Grund dafür ist, dass die Ausbreitung der Schallwellen an ein Medium geknüpft ist. Bei Lichtwellen ist die Doppler-Verschiebung nur von der Relativgeschwindigkeit zwischen Quelle und Beobachter abhängig. Für uQ = c überlagern sich alle Phasenflächen in der Bewegungsrichtung, die Schallgeschwindigkeit ist erreicht und eine Welle mit sehr großer Amplitude entsteht, die sogenannte Kopfwelle oder Stoßfront. 11.7. ULTRASONOGRAPHIE 125 Für uQ > c entsteht ein Kopfwellenkegel (Machscher Kegel, siehe letztes Bild, Seite 124). Kopfwellenkegel und Stoßwellen beobachtet man auch bei Booten an der Wasseroberfläche, bzw. in der Brandung. Dabei kommt es zu einer Überhöhung der Wellenamplitude, da sich die Phasengeschwindigkeit der Welle bei abnehmender Wassertiefe verringert und nachfolgende Wellenberge vom tiefen Wasser her sich darauf aufbauen (sobald die Tiefe in der Größenordnung der Wellenlänge ist). Wegen der Bodenberührung werden die Wellentäler (Minima) stark abgebremst und die Welle überschlägt sich. Solitonen: spezielle Stoßwellen die entstehen können, wenn die Phasengeschwindigkeit von der Wellenamplitude abhängt. Im Allgemeinen lässt die Dispersion und Nichtlinearität des Mediums ein Wellenpaket auseinanderlaufen, unter bestimmten Bedingungen findet eine Stabilisierung auf einen kurzen Puls statt, der sich selbst zeitlich einengt. 11.7 Ultrasonographie Ein Anwendungsbeispiel des bisher durchgenommene Stoffes ist die medizinische Ultraschalluntersuchung. Dabei wird ein Schallwellenpuls hoher Frequenz (2 bis 20 MHz ) durch einen piezoelektrischen Schallgeber erzeugt. Der Puls dringt in den Körper ein und wird an Grenzflächen (diese trennen Gebiete unterschiedlicher Dichte) zum Teil reflektiert. Die Zeitverzögerung des zurückkehrenden Echos ist ein Maß für die Laufstrecke. Um eine räumliche (2D) Auflösung zu erhalten findet sich im Kopf des Ultraschallscanners ein phased array von typisch N=128 Schallgebern in linearer Anordnung. Diese werden einzeln von kontrollierten Hochfrequenzpulsen angesteuert. Durch geeignete parabolische Verzögerung erreicht man ein Fokussieren des Schallfeldes bei einer bestimmten Entfernung und einer bestimmten Position entlang der Achse des phased arrays. Der phased array arbeitet nach dem Konzept der Interferenz von N kohärenten Quellen, siehe Seite 120. Die drei Bilder des ersten Beispiels t=5 t=8.4 t=18 zeigen das zeitliche Entstehen einer ebenen Wellenfront aus 17 kohärent und gleichzeitig angesteuerten Lautsprechern. Zur vereinfachten Darstellung wird angenommen, dass die Propagationsgeschwindigkeit des elektrischen HF transducer HF transducer HF transducer Signals vom Hochfrequenz Generator zum Schallgeber gleich der Ultraschallgeschwindigkeit ist. t=5 t=8 t=16 HF transducer HF transducer HF transducer Im zweiten Beispiel werden die einzelnen Pulse mit einem festen Zeitversatz zueinander abgestrahlt. Die Wellenfront bewegt sich unter einem Winkel zur Quellenebene. Der Winkel ist durch den Lautsprecherabstand, den Zeitversatz und der Propagationsgeschwindigkeit der Schallwelle gegeben. transducer 126 KAPITEL 11. MECHANISCHE WELLEN t=3 HF t=7 transducer t=15.4 HF HF t=15.4 transducer t=15.4 transducer HF transducer t=15.4 Im dritten Beispiel werden die Schallgeber mit parabolischer Zeitverzögerung angesteuert. In diesem Fall entsteht eine fokussierte Wellenfront. Der Abstand des Fokus vom Schallgeber ist durch die Form der Parabel und die Propagationsgeschwindigkeit der Schallwelle bestimmt. HF Durch Superposition einer linearen und parabolischen Zeitverzögerung läßt sich die Position des Fokus entlang der Ebene der Schallgeber verschieben. Damit läßt sich der Fokus auch ohne Bewegung des Schallgebers lateral scannen. HF transducer transducer Das Echo ist besonders stark, wenn der Fokus nahe einer Grenzfläche liegt. Diese Positionen registriert man während die lineare Verzögerung, die Fokustiefe und die Position des Scanners am Körper verändert werden. Die Echostärke wird in den Grauwert des Bildes übersetzt. Moderne Instrumente haben ein Fokus-Auflösungsvolumen im Bereich von 1⇥1⇥1mm3 . Flüssigkeiten, biologisches Gewebe und Knochen haben spezifische Elastizitätseigenschaften (Kompressionsmodul ) und spezifische Massendichte ⇢. Diese beiden Größen kontrollieren die Ausbreitung der akustischen Druckwelle @ 2 p/@z 2 = ⇢ @ 2 p/@t2 . (11.35) p Die Druckwelle breitet sich mit der Geschwindigkeit c = (⇢) 1/2 = p/⇢ aus und wird an Grenzflächen zweier Gebiete unterschiedlicher akustischer Impedanz reflektiert. Für eine freie Welle in einem homogenen Medium ist die Impedanz gleich dem Produkt Z = ⇢ c. Der Reflexionskoeffizient an einer Grenzfläche zwischen zwei Gebieten unterschiedlicher Impedanz ist2 gegeben durch r = (Z1 Z2 )/(Z1 + Z2 ), siehe Seite 127. Eine Ultraschallwelle bei einer Frequenz von 10 MHz propagiert im biologischen Gewebe (im Knochen) mit typischerweise c = 1540 m/s (c = 3600 m/s). Das entspricht einer Wellenlänge von = 154 µm ( = 360 µm). Die reflektierte Intensität ist proportional zu r2 . Zur Impedanzanpassung wird zwischen dem Körper und dem Scanner ein wasser-basiertes Gel eingebracht (ein Luftspalt würde zu großer Reflexion an der Körperoberfläche führen). Die Schallgeber fungieren gleichzeitig auch als Mikrophone für das zurückkehrende Echo. Eine Erweiterung der Methodik ist die DopplerUltrasonographie. Diese ermöglicht die Vermessung der Flussrichtung, der Flussgeschwindigkeit und der Turbulenz des Blutflusses. 2 Ähnlich http://en.wikipedia.org/ wiki/Obstetrical_ultrasonography wie in der Optik, dort stehen Brechungsindizes anstelle der Impedanzen. 11.8. INTENSITÄT EINER WELLE UND IMPEDANZ 11.8 127 Intensität einer Welle und Impedanz Mit Intensität bezeichnet man die Energiestromdichte die eine Welle in Ausbreitungsrichtung transportiert. Bei einer elastischen Welle steckt diese Energie zum Teil in der kinetischen Energie der Teilchen zum Teil in der potentiellen Energie der Deformation des Mediums. In elastischen Medien ist die mittlere kinetische Energie gleich der mittleren potentiellen Energie, deshalb ist die Gesamtenergie gleich der maximalen kinetischen Energie. Bei einer Auslenkung ⇣(t) = ⇣0 sin (kz !t) ist die Auslenkgeschwindigkeit d⇣ = ⇣0 ! cos (kz !t) (11.36) dt wobei v0 = ⇣0 ! die Geschwindigkeitsamplitude (Schallschnelle) ist. v0 ist nicht die Phasengeschwindigkeit der Welle c = !/k. Die Energiedichte in der Welle ist 1 1 w = ⇢ v02 = ⇢ ⇣02 ! 2 . (11.37) 2 2 Die Intensität ist Energiestromdichte mal Ausbreitungsgeschwindigkeit, I = wc, 1 I = c ⇢ v02 . (11.38) 2 Analog läßt sich ein Ausdruck für die Intensität aus der potentiellen Energie herleiten. Wenn man durch einen Überdruck p das Volumen um dV erniedrigt führt man dem Volumen V die Deformationsarbeit dW = p dV zu. Die Volumenänderung ist proportional zum Überdruck und zur Kompressibilität, dV /V = d( p), wobei d ( p) die differentielle Änderung des Überdruckes ist. Damit ergibt sich Z Z 1 W = dW = V p d( p) = V p2 . (11.39) 2 v(t) = Mit der Energiedichte w = W/V = 12 p2 ergibt sich für die Intensität 1 c p2 . 2 Ein Vergleich von (11.38) und (11.40) liefert p p p = ⇢/ = p ⇢ = ⇢c = Z v0 I= (11.40) (11.41) einen Ausdruck für den Wellenwiderstand (Impedanz). Für Normalluft ist die akustische Impedanz Z = 428 kg m2 s 2 , für Wasser etwa 3600 mal höher, Z = 1.5 ⇥ 106 kg m2 s 2 . Um die Reflexion einer Schallwelle an der Grenzfläche zwischen zwei Medien, 1 und 2, zu berechnen verwenden wir den Energiesatz. Die Summe der Intensitäten von reflektierter und durchgehender Welle ist gleich der Intensität der einfallenden Welle, Ie = Ir + Id c1 ⇢1 ve2 Z1 (ve2 vr2 ) = c1 ⇢1 vr2 + c2 ⇢2 vd2 = Z2 vd2 . (11.42) Eine zweite Forderung ist dass die Schallschnelle an der Grenzfläche stetig sein muss, (11.43) ve + vr = vd . Division von (11.42) durch (11.44) liefert nach Subtraktion von (11.44) vr = ve Z1 Z2 Z1 + Z2 bzw Ir = Ie (Z1 Z2 )2 . (Z1 + Z2 )2 (11.44) Der große Impedanzunterschied zwischen Luft und Wasser führt dazu dass Schallwellen an einer Wasseroberfläche stark reflektiert werden (gilt in beiden Richtungen).