3 Messtechnik

Werbung
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
3 Messtechnik
3.1 Messung von Widerständen
Widerstände werden in der Elektrotechnik in vielfältigster Weise eingesetzt, z.B.
-
Schutztechnik, Strombegrenzung
Messtechnik, Vor – und Nebenwiderstand zur Messbereichserweiterung
Elektrowärme, Ausnutzung der Verlustwärme, (Bügeleisen, Wassererhitzung...)
Es gibt aber auch „Anwendungen“, bei denen der Ohm’sche Widerstand nicht erwünscht ist,
z.B. bei Erdungsanlagen oder Innenwiderstände von Spannungsquellen und
Strommessgeräten.
3.1.1 Strom- / Spannungsmethode
Die Bestimmung des unbekannten Widerstandes RX erfolgt indirekt durch Messung der
Spannung U über RX und des Stromes I durch RX.
Im Idealfall ist der Innenwiderstand eines Strom-Messinstrumentes (Amperemeter) gleich
Null und jener eines Spannungs-Messgerätes (Voltmeter) unendlich hoch.
Reale Amperemeter weisen einen sehr kleinen, aber von Null verschiedenen
Innenwiderstand und reale Voltmeter einen sehr großen, aber nicht unendlich hohen
Innenwiderstand auf. Diese Eigenschaft führt dazu, dass je nach Anordnung der Messgeräte
entweder die Messung des Stromes oder die Messung der Spannung verfälscht wird, und
man zwei prinzipielle Messschaltungen unterscheidet.
Spannungsrichtige Messung
RA
A
IRV
UB
IX
IA
RV
V
Abb. 3.1
Seite 3.1 (von 18)
RX
UX=UV
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Bei dieser Anordnung misst das Voltmeter die Spannung direkt am unbekannten Widerstand
RX, also unverfälscht, während das Amperemeter nicht nur den durch RX fließenden Strom IX
erfasst, sondern auch den durch das Voltmeter fließenden Strom IRV („Stromfehler“).
IA ... vom Amperemeter angezeigter Strom
UV ... vom Voltmeter angezeigte Spannung
RV ... Innenwiderstand des Voltmeters
IRV ... Strom durch das Voltmeter (da RV < ∞)
Bestimmung von RX aus den Anzeigen:
RX =
UV
IA
(3.1)
Bestimmung von RX durch exakte Berechnung:
RX =
UX
UV
=
=
IX
I A − IRV
UV
U
IA − V
RV
(3.2)
Diese Methode wird zur Messung kleiner Widerstände RX verwendet (RX << RV).
• Erklärung aus der Gleichung für RX:
Je kleiner RX ist, desto größer ist der Strom I X = I A −
verfälschende Auswirkung des Terms
UV
durch RX und desto kleiner ist die
RV
UV
auf die Ermittlung des kleinen RX.
RV
• Erklärung aus Überlegung:
Je kleiner RX ist, desto größer ist der Strom IX gegenüber dem, die Strommessung
verfälschenden Strom IRV, d.h. also, desto kleiner wird der Unterschied zwischen dem
tatsächlichen Strom IX durch RX und dem gemessenen Strom IA (inkl. IRV).
Stromrichtige Messung
RA IX=IA
A
UB
UV
V
URA
RV
Abb. 3.2
Seite 3.2 (von 18)
RX
UX
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Hier wird der Strom direkt am unbekannten Widerstand RX, also unverfälscht, gemessen,
während das Voltmeter nicht nur die am Widerstand RX anliegende Spannung UX misst,
sondern auch den Spannungsabfall URA, welcher durch den Strom IX an RA erzeugt wird.
Bestimmung von RX aus den Anzeigen:
RX =
UV
IA
(3.3)
Bestimmung von RX durch exakte Berechnung:
RX =
U X U V − URA U V − I A ⋅ R A
=
=
IX
IA
IA
(3.4)
Diese Methode wird zur Messung großer Widerstände RX verwendet (RX >> RA).
• Erklärung aus der Gleichung für RX:
Je kleiner RA gegenüber dem gesuchten RX ist, desto geringer ist die verfälschende
Auswirkung des Terms I ⋅ R A auf die Bestimmung von RX.
• Erklärung aus Überlegung:
Je größer RX ist, umso kleiner wird der Strom IX und die von IX an RA erzeugte, die
Spannungsmessung verfälschende Spannung URA, d.h. umso kleiner wird der Unterschied
zwischen der tatsächlichen Spannung UX und der gemessenen Spannung UV.
Innenwiderstände von Messgeräten
Wie bereits angeführt, ist im Idealfall der Innenwiderstand eines Strom-Messinstrumentes
(Amperemeter) gleich Null und jener eines Spannungs-Messgerätes (Voltmeter) unendlich
hoch. Wenn nun z. B. bei Verwendung eines digitalen Multimeters (vgl. Kap. 4.3) eine
Spannung gemessen werden soll und der Messart-Wahlschalter versehentlich auf Stellung
„Strommessung“ (anstelle „Spannungsmessung“) eingestellt ist, dann fließt aufgrund des –
im Idealfall unendlich kleinen Innenwiderstandes in der Strommess-Position - ein „unendlich“
hoher Strom durch das Messgerät, bzw. unterbricht eine Überstrom-Schutzeinrichtung den
hohen Strom. Daraus folgt die Notwendigkeit einer sorgfältigen Einstellung des Multimeters
auf die Messgröße.
Beispiele für Innenwiderstände von Messgeräten:
•
Analoges Multimeter „Normameter S2“ (Fa. Norma):
Spannungsmessung:
Bei Messbereich
50 mV ... 167 Ω
5V
... 16,7 kΩ
150 V ... 500 kΩ
Seite 3.3 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
500 V ... 1,67 MΩ
Strommessung:
Hier wird der Spannungsabfall bei Vollausschlag (= Messbereichsendwert)
angegeben, woraus der Innenwiderstand (bei Vollauschlag) berechnet werden
kann:
Bei Messbereich
15 mA ... 0.1 V
1,5 A ... 0.2 V
25 A ... 0.15 V
à 6.67 Ω
à 0.133 Ω
à 0.006 Ω
Digitales Multimeter „Normameter MP14“ (Fa. Norma):
Spannungsmessung:
In allen Messbereichen, bei Gleichspannung
In allen Messbereichen, bei Wechselspannung
... 10 MΩ
... 5 MΩ
Strommessung:
Spannungsabfall in allen Messbereichen: ca. 0.2 ... 0.4 V
3.1.2 Widerstandscodierung
Die in der Elektronik verwendeten Ohm’schen Widerstände sind farbcodiert. Der Wert sowie
die Genauigkeitstoleranz werden in Form von Farbringen auf den Widerstandskörper
aufgedruckt.
Man legt den Widerstand so vor sich hin, dass das Ende links zu liegen kommt, welches
einen kürzeren Abstand zum ersten Farbring aufweist. Von links nach rechts betrachtet
repräsentieren die ersten beiden Farbringe (bzw. die ersten drei, wenn fünf Ringe
aufgedruckt sind) die ersten zwei (bzw. drei) Ziffern des Widerstandswertes. Der nächste
Ring stellt den Multiplikator dar, und der letzte Ring (ganz rechts) zeigt die Toleranz des
Widerstandswertes dar.
In Abb. 3.3 ist die Widerstandscodierung graphisch dargestellt. Diese muss nicht auswendig
gelernt werden, sondern kann jederzeit in Tabellen nachgeschlagen werden.
Seite 3.4 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Abb. 3.3
Beispiele:
• Widerstand mit vier Farbringen, von links nach rechts:
rot - rot - rot - silber ... 22×102 = 2200 Ω, Toleranz: ± 10 %
• Widerstand mit fünf Farbringen von links nach rechts:
blau - grau - schwarz - blau - gold ... 680×106 = 680 MΩ, Toleranz: ± 5 %
3.1.3 Messbereichserweiterung
Wenn die zu messende elektrische Größe (z. B. Spannung oder Strom) größer als der
Messbereich des verwendeten Messgerätes ist, dann kann man beispielsweise durch
Zuschalten eines Ohm’schen Widerstandes eine Messbereichserweiterung durchführen. Bei
Voltmetern wird dabei ein Ohm’scher Widerstand in Serie zum Messgerät geschaltet
(Vorwiderstand), bzw. bei Ampere-Metern ein Ohm’scher Widerstand parallel zugeschaltet
(Nebenwiderstand, Shunt- Widerstand).
Messbereichserweiterung bei Spannungsmessgeräten
I
Rvor
Uvor
RV
V
UV
Umess
Seite 3.5 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Abb. 3.4
In Abb. 3.4 ist gezeigt, wie durch das Hinzufügen eines Vorwiderstandes Rvor in Serie zum
Voltmeter aus der zu messenden Spannung Umess eine kleinere Spannung UV am Voltmeter
wird. Hier wird das Prinzip des Spannungsteilers angewendet (siehe Kap. 1), welches wie
folgt zur notwendigen Größe des Vorwiderstandes Rvor führt.
U vor
U
= V
R vor R V
(3.5)
U vor = Umess − U V
(3.6)
I=
Mit
ergibt sich
U

R vor = R V ⋅  mess − 1
 UV

(3.7)
Man erhält somit bei gegebenen Werten des Voltmeters (Innenwiderstand RV und zulässige
Messgröße UV) sowie der zu messenden Spannung Umess den notwendigen Wert für den
Vorwiderstand Rvor.
Beispiel:
Für die Messung einer Spannung von 1000 V ( = Umess) steht ein Voltmeter mit einem
Messbereich von 0 ... 100 V und einem Innenwiderstand RV von 100 kΩ zur Verfügung. Wie
groß muss der einzufügende Vorwiderstand RV sein, damit am Messgerät gerade 100 V
angezeigt werden ?
U

 1000 
Lösung: R vor = R V ⋅  mess − 1 = 100 ⋅ 10 3 ⋅ 
− 1 = 900kΩ
 100

 UV

Messbereichserweiterung bei Strommessgeräten
Imess
IN
RN
IA
RA
A
U
Abb. 3.5
Seite 3.6 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
In Abb. 3.5 ist gezeigt, wie durch Hinzufügen eines Nebenwiderstandes Rvor (ShuntWiderstandes) parallel zum Amperemeter aus dem zu messenden Strom Imess ein kleinerer
Strom IA am Amperemeter wird. Hier wird das Prinzip des Stromteilers angewendet (siehe
Kap. 1), welches wie folgt zur notwendigen Größe des Nebenwiderstandes RN führt:
U = IN ⋅ R N = IA ⋅ R A
(3.8)
Mit
IN = Imess − IA
(3.9)
ergibt sich:
RN =
RA
(3.10)
Imess
−1
IA
Man erhält somit bei gegebenen Werten des Amperemeters (Innenwiderstand RA und
zulässige Messgröße IA) sowie des zu messenden Stromes Imess den notwendigen Wert für
den Nebenwiderstand RN.
3.1.4 Gleichstrom- Messbrücke (Wheatstone-Brücke)
I1
I
U1
I3
R1
R3
U3
+
_
I0~0
UB
I2
U2
R2
0
U0 R
4
I4
U4
I
Abb. 3.6
Vier Widerstände sind in der dargestellten Weise an eine bekannte Betriebsspannung UB
geschaltet, wobei einer dieser Widerstände der unbekannte Widerstand RX ist. In der
Brückendiagonale ist ein hochohmiges Galvanometer zur Anzeige der Brückenspannung U0
angeordnet.
Für unsere Betrachtungen kann der Innenwiderstand des Galvanometers als unendlich hoch
angesehen werden, d.h. I0 = 0 A.
Seite 3.7 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Prinzipiell unterscheidet man zwei Möglichkeiten des Betriebs, nämlich
• nicht-abgeglichene Brücke,
• abgeglichene Brücke.
Nicht-abgeglichene Brücke
Aus I0 = 0 A folgen zwei Knotengleichungen.
I1 = I2
I3 = I4
U1 U 2
UB
=
=
R1 R 2 R 1 + R 2
U3 U 4
UB
=
=
R3 R4 R3 + R4
U1 = UB ⋅
R1
R 1 +R 2
U3 = UB ⋅
R3
R 3 +R 4
Als Maschengleichung ergibt sich für die obere Masche die Brückendiagonalspannung für
die nicht-abgeglichene Messbrücke:




 R3
R1 
1
1 

 = UB ⋅
−
U0 = U3 − U1 = UB ⋅ 
−

R4
R 
 R 3 +R 4 R 1 +R 2 
1 + 2 
 1 +
R3
R1 

(3.11)
Wenn drei Widerstände bekannt sind und U0 gemessen wird, kann der unbekannte vierte
Widerstand berechnet werden.
Anwendung
Die Brückenschaltung nach dem Ausschlagverfahren wird vor allem zur Bestimmung von
Widerstandsänderungen verwendet (z. B. Temperaturänderungen, Kraft- und Drehmomentmessungen mit Dehnmessstreifen, indem die Veränderung der Brückendiagonalspannung
U0 gemessen und daraus die Änderung ∆RX des unbekannten Widerstandes RX bestimmt
wird. Dies ist weniger aufwendig, als ständig einen Abgleich der Brücke durchführen zu
müssen.


1
1
U0 = UB ⋅ 
−
R4
R2
1+
 1 +
R3
R X + ∆R X







(3.12)
Beispiel: Temperaturmessung mit temperaturabhängigem Widerstand
Bei einer kontinuierlichen Temperaturmessung wird bei einer Referenztemperatur (z. B.
20° C) einmal ein Abgleich der Brücke durchgeführt (d.h. U0 = 0; s. u.). Danach wird jeweils
die zu einer veränderten Temperatur zugehörige Spannung U0 gemessen und daraus
gemäß Gleichung (3.12) die Widerstandsänderung ∆RX berechnet, welche in einem direkten
Seite 3.8 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Zusammenhang mit der Temperatur steht. Der genaue Wert des Widerstandes ist dabei von
geringerer Bedeutung, da lediglich die Änderung ∆RX in die Berechnung eingeht.
Abgeglichene Brücke
Man spricht von einer abgeglichenen Brücke, wenn sich die Diagonalspannung U0 zu Null
ergibt. Dies wird genau dann erreicht, wenn folgende Bedingung erfüllt ist (direkt ersichtlich
bei Nullsetzen des Klammerausdrucks in Gleichung (3.11)
R1 R 3
=
R2 R4
(3.13)
Wenn einer dieser Widerstände der unbekannte Widerstand RX ist, dann kann dieser durch
die drei anderen, bekannten Widerstände berechnet werden. Wenn z.B. R1 der unbekannte
Widerstand RX ist, dann gilt:
RX = R2 ⋅
R3
R4
(3.14)
In der Praxis wird einer der bekannten Widerstände als verstellbarer Widerstand
(Potentiometer) ausgeführt und dann so lange verstellt, bis die Anzeige des Galvanometers
Null ist.
Es geht weder die Speisespannung UB noch die Brückendiagonalspannung U0 in die
Bestimmung von RX ein. Zum Erreichen der Abgleichbedingung ist kein Voltmeter im
herkömmlichen Sinn notwendig, sondern es genügt ein Messgerät mit lediglich einer
Nullanzeige und möglichst großer Empfindlichkeit im Bereich um den Ausschlag Null. Als
Nullanzeige-Geräte für Gleichstrom-Messbrücken werden Galvanometer eingesetzt (siehe
Kap. 4).
Anwendung:
Die Brückenschaltung nach dem Abgleichverfahren wird zur Messung von unbekannten
Festwiderständen verwendet, indem der unbekannte Widerstand RX mit drei bekannten
Widerständen verglichen wird, so dass obige Widerstandsbedingung erfüllt ist.
3.1.5 Wechselstrom-Messbrücke
Im Unterschied zur Gleichstrom-Messbrücke wird diese mit Wechselspannung gespeist, und
das Galvanometer durch einen Wechselstrom-Nullindikator ersetzt. An die Stelle der
Ohm’schen Widerstände treten komplexe Impedanzen Z1, Z2, Z3, Z4, welche durch beliebige
Kombination aus R, L und C realisiert sein können.
Analog zur Herleitung bei der Gleichstrom-Messbrücke ergibt sich als Bedingung für eine
abgeglichene Brücke:
Z1 Z 3
=
Z2 Z 4
(3.15)
Seite 3.9 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Gleichungen mit komplexen Zahlen ergeben stets zwei Bedingungen
- entweder Gleichsetzen der Realteile und der Imaginärteile;
- oder Gleichsetzen der Beträge und der Winkel.
Gleichsetzen der Beträge und der Winkel ergibt zwei Abgleichbedingungen:
1. Bedingung: Amplitudenabgleich
Z1 ⋅ Z 4 = Z 2 ⋅ Z 3
(3.16)
2. Bedingung: Phasenabgleich
ϕ1 + ϕ 4 = ϕ 2 + ϕ 3
(3.17)
3.2 Leistungsmessung
3.2.1 Einphasiger Verbraucher
In Abb. 3.7 ist als Beispiel eine beliebige, einphasige R-L-C-Kombination dargestellt.
P
Abb. 3.7
Zur Messung der Wirkleistung P werden Wattmeter (digital, analog) eingesetzt. Zur
Messung benötigt das Wattmeter Informationen über den fließenden Strom und über die
anliegende Spannung (siehe Kap. 4), welche dadurch gewonnen werden, dass das
Wattmeter zwei Anschlüsse aufweist, welche in den Strompfad geschaltet werden, sowie
zwei Anschlüsse, welche in den Spannungspfad geschaltet werden.
P = cW ⋅α
(3.18)
Seite 3.10 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
3.2.2 Dreiphasiger Verbraucher
Begriffe
Einphasiger Verbraucher
zwei Anschlüsse (z.B. Glühbirne).
Dreiphasiger Verbraucher
- symmetrisch: identische Impedanz aller drei Phasen;
- unsymmetrisch: verschiedene Impedanzen in den drei Phasen;
- in Dreileitersystem: d.h. drei zuführende Leitungen (L1, L2, L3)
(Dreieckschaltung; oder Sternschaltung ohne Mittelpunktsleiter);
- in Vierleitersystem: d.h. vier zuführende Leitungen (L1, L2, L3, N)
(Sternschaltung mit herausgeführtem Mittelpunktsleiter Mp - auch als
Nulleiter N bezeichnet).
Verkettete Spannung
Die außen, zwischen zwei Zuleitungen des Dreiphasensystems anliegende Spannung.
Phasenspannung (Strangspannung)
Die direkt über einer der drei Phasen anliegende Spannung (Wicklungsstrang - andere
Bezeichnung für die einzelne Phase eines dreiphasigen Verbrauchers, in Anlehnung an die
Wicklungen eines dreiphasigen Motors).
Phasenstrom (Strangstrom)
Der in einer Phase (im „Wicklungsstrang“) fließende Strom.
Leiterstrom (Außenleiterstrom)
Der von den äußeren Zuleitungen in den dreiphasigen Verbraucher fließende Strom.
Dreileitersystem
(z.B. Dreieckschaltung; Sternschaltung ohne Mittelpunktsleiter)
Jeweils für Sternschaltung und für Dreieckschaltung ist beispielhaft in Abb. 3.8 ein
symmetrischer und in Abb. 3.9 ein unsymmetrischer dreiphasiger Verbraucher dargestellt.
Seite 3.11 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
P1
Version 3.0, 02/2002
a
a
b
b
c
c
L1
P2
L2
L3
Abb. 3.8
P1
a
a
b
b
c
c
L1
P2
L2
L3
Abb. 3.9
Wenn ein symmetrischer oder ein unsymmetrischer dreiphasiger Verbraucher an ein
Dreileitersystem angeschlossen ist, dann werden zwei Wattmeter in der gezeigten Weise
angeschlossen, dass der Spannungspfad der beiden Wattmeter jeweils mit einem Anschluss
an der dritten, nicht mit einem Wattmeter versehenen Phase verbunden ist („AronSchaltung“).
Pges = P1 + P2 = c W ⋅ α 1 + c W ⋅ α 2
(3.19)
Herleitung (unter Ausnützung der Kirchhoff-Regel, dass die Summe der drei Phasenströme
I1, I2 und I3 gleich Null ist):
Pges = Pph1 + Pph2 + Pph3 = U1 ⋅ I1 + U 2 ⋅ I2 + U 3 ⋅ I3 = U1 ⋅ I1 + U 2 ⋅ I2 + U 3 ⋅ (− I1 − I2 )
= (U1 − U3 ) ⋅ I1 + (U 2 − U 3 ) ⋅ I2 = U13 ⋅ I1 + U 23 ⋅ I2 = P13 + P23 = c W ⋅ α 1 + c W ⋅ α 2
(3.20)
Als Gesamtleistung ergibt sich somit die Summe der beiden Wirkleistungen, welche mit den
zwei Wattmetern gemessen wurden (in Abb. 3.9 mit P1, P2 bezeichnet), die in diesem
Beispiel zwischen die Phasen 1 und 3, bzw. 2 und 3 geschaltet sind.
Für die gesamte Wirkleistung des dreiphasigen Verbrauchers sind die beiden WattmeterAnzeigen zu addieren, wobei ein eventuell negatives Vorzeichen einer Anzeige für die
Summenbildung als negativ zu berücksichtigen ist.
Bei digitalen Wattmetern wird ein negativer Wert durch ein „Minus“- Vorzeichen am Display
dargestellt, während bei analogen Wattmetern die Spannungsanschlüsse umzupolen sind,
um den entgegengesetzten Zeigerausschlag in den Ablesebereich zu invertieren (dieser
umgepolte, ursprünglich negative Ausschlag ist mit einem negativen Vorzeichen in der
Rechnung zu berücksichtigen).
Seite 3.12 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Vierleitersystem - symmetrischer Verbraucher
(Sternschaltung mit herausgeführtem Mittelpunktsleiter)
L1
P1
L2
L3
N(Mp)
Abb. 3.10
Wenn ein dreiphasiger symmetrischer Verbraucher an ein Vierleitersystem
(also
Sternschaltung mit herausgeführtem Mp- Leiter) angeschlossen ist, dann genügt die
Verwendung eines einzigen Wattmeters (mit dem Spannungspfad wie in Abb. 3.10 gegen
den Mp- Leiter geschaltet) in einer der drei Phasen, dessen Wirkleistungsanzeige mit 3
multipliziert wird.
Pges = 3 ⋅ P1 = 3 ⋅ c W ⋅ α 1
(3.21)
Vierleitersystem - unsymmetrischer Verbraucher
(Sternschaltung mit herausgeführtem Mittelpunktsleiter)
P1
L1
P2
L2
P3
L3
N(Mp)
Abb. 3.11
Wenn ein dreiphasiger, unsymmetrischer Verbraucher an ein Vierleitersystem (also
Sternschaltung mit herausgeführtem Mp- Leiter) angeschlossen ist, dann sind drei
Wattmeter notwendig, welche jeweils mit ihrem Spannungspfad gegen den Mp- Leiter zu
Seite 3.13 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
schalten sind. Die gesamte Wirkleistung des dreiphasigen Verbrauchers ergibt sich aus der
Summe aller drei angezeigten Wirkleistungen.
Pges = P1 + P2 + P3 = c W ⋅ α 1 + c W ⋅ α 2 + c W ⋅ α 3
(3.22)
In diesem Fall ist keine negative Wattmeter-Anzeige möglich.
Gesamtleistung eines dreiphasigen Verbrauchers
Die gesamte Leistung (Wirk-, Blind- oder Scheinleistung) eines dreiphasigen Verbrauchers
ergibt sich aus der Summe der einzelnen Leistungen in den drei Phasen (=Strängen).
Es gilt für einen unsymmetrischen, dreiphasigen Verbraucher:
Pges = P1 + P2 + P3 = Uph1 ⋅ Iph1 ⋅ cos ϕ ph1 + Uph2 ⋅ Iph2 ⋅ cos ϕ ph2 + Uph3 ⋅ Iph3 ⋅ cos ϕ ph3
(3.23)
Q ges = Q1 + Q 2 + Q 3 = Uph1 ⋅ Iph1 ⋅ sin ϕph1 + Uph 2 ⋅ Iph2 ⋅ sin ϕ ph2 + Uph3 ⋅ Iph3 ⋅ sin ϕ ph3
(3.24)
S ges = S 1 + S 2 + S 3 = Uph1 ⋅ Iph1 + Uph 2 ⋅ Iph2 + Uph3 ⋅ Iph3
(3.25)
Für einen symmetrischen, dreiphasigen Verbraucher sind die Effektivwerte Uph, Iph und der
Phasenwinkel ϕph in jeder Phase identisch, so dass sich folgende Vereinfachungen ergeben:
Pges = 3 ⋅ Uph ⋅ Iph ⋅ cos ϕ ph
(3.26)
Q ges = 3 ⋅ Uph ⋅ Iph ⋅ sin ϕ ph
(3.27)
S ges = 3 ⋅ Uph ⋅ Iph
(3.28)
Dreieckschaltung
Abb.3.12 zeigt das Schaltbild eines symmetrischen, dreiphasigen Verbrauchers in
Dreieckschaltung (mit beliebigen, aber in allen Phasen identischen Impedanzen Z).
L1
IL1
U12
L2
U12
I12
Z
I23
IL2
U23
L3
U31
IL3
Abb. 3.12
Seite 3.14 (von 18)
U31
Z
Z
U23
I31
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Bei Dreieckschaltung ist der Betrag der Phasenspannung gleich der außen anliegenden,
verketteten Spannung (z.B. U12). Der Betrag des Phasenstromes ist um den Faktor 1/√3
kleiner als der Außenleiterstrom.
Somit kann die Wirkleistung mit den außen zugänglichen Größen (verkettete Spannung
Uverk, Leiterstrom IL) wie folgt geschrieben werden:
PGes = 3 ⋅ Uph ⋅ Iph ⋅ cos ϕ ph = 3 ⋅ U verk ⋅
IL
3
⋅ cos ϕ ph = 3 ⋅ U verk ⋅ IL ⋅ cos ϕ ph
(3.29)
In Abb. 3.13 ist das Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme gezeigt, welches wie folgt
entsteht:
1. Für die außen anliegenden, verketteten Spannungen, welche bei Dreieckschaltung gleich
den Phasenspannungen sind, kann die Richtung einer Spannung beliebig angenommen
werden (in diesem Fall z.B. ϕ=0° für U12), die übrigen Spannungen ergeben sich durch
Phasen-Nacheilung um jeweils 120°. Der Effektivwert der verketteten Spannungen sei
z.B. 400 V.
U12 = 400∠(0°) V
U23 = 400∠( −120°) V
U31 = 400∠( −240°) V = 400∠(120°) V
U31
I31
I23
IL3
ϕ3
IL2
U12
ϕ1
ϕ2
I12
IL1
U23
Abb. 3.13
2. Die Phasenströme I12, I23, I31 seien in jeder Phase jeweils um den selben Winkel (da
symmetrisch) gegenüber den Phasenspannungen phasenverschoben, z.B. um 45°
Seite 3.15 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
nacheilend (also Z beispielhaft als Ohm´sch-induktiver Verbraucher angenommen). Der
Effektivwert der Phasenströme sei z.B. 5 A.
I12 = 5∠( −45°) A
I23 = 5∠( −165°) A
I31 = 5∠(75°) A
3. Die Außenleiterströme IL1, IL2, IL3 erhält man durch vektorielle Addition der Phasenströme
gemäß der Kirchhoff´schen Knotengleichung.
IL1 = I12 − I31 = 5∠( −45°) − 5∠(75°) = 8.66∠( −75°) A
IL 2 = I23 − I12 = 5∠( −165°) − 5∠( −45°) = 8.66∠(165°) A
IL 3 = I31 − I23 = 5∠(75°) − 5∠( −165°) = 8.66∠( 45°) A
Aus der massstäblichen, vektoriellen Addition oder aus der komplexen Rechnung erhält man
für die Beträge (z.B. Effektivwerte) der Ströme folgende allgemeine Formel:
Iph =
IL
(3.30)
3
Ferner gilt:
Uph = U verk
(3.31)
Sternschaltung
L1
IL1
U12
L2
U23
L3
U31
IL2
IL3
U1
Z
U2
IL1
Z
Z
U3
IL3
Abb. 3.14
Die Abb. 3.14 zeigt das Schaltbild eines symmetrischen, dreiphasigen Verbrauchers in
Sternschaltung (mit beliebigen, aber in allen Phasen identischen Impedanzen Z)
Bei Sternschaltung ist der Betrag der Phasenspannung um den Faktor 1/√3 kleiner als die
außen anliegende, verkettete Spannung. Der Betrag des Phasenstromes ist gleich dem
Außenleiterstrom IL.
Somit kann die Wirkleistung mit den außen zugänglichen Größen (verkettete Spannung
Uverk, Leiterstrom IL) wie folgt geschrieben werden:
Seite 3.16 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
PGes = 3 ⋅ Uph ⋅ Iph ⋅ cos ϕ ph = 3 ⋅
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
U verk
3
Version 3.0, 02/2002
⋅ IL ⋅ cos ϕ ph = 3 ⋅U verk ⋅ IL ⋅ cos ϕ ph
(3.32)
In Abb. 3.15 ist das Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme gezeigt, welches wie folgt
entsteht:
1. Da für symmetrische Verbraucher in Sternschaltung auch die Phasenspannungen ein
120°-System bilden, kann hier auch von den Phasenspannungen ausgegangen werden
kann. Die Richtung einer Spannung kann beliebig angenommen werden (in diesem Fall
z.B. ϕ=0° für U1), die übrigen Phasenspannungen ergeben sich durch Phasen-Nacheilung
um jeweils 120°. Der Effektivwert der Phasen-Spannungen sei z.B. 230 V.
U1 = 230∠(0°) V
U2 = 230∠( −120°) V
U3 = 230∠( −240°) V = 230∠(120°) V
U12
U3
IL3
U31
ϕ3
IL2
ϕ2
45°=ϕ1
U1
IL1
U2
U23
Abb. 3.15
2. Die verketteten Spannungen ergeben sich gemäß Kirchhoff´scher Maschenregel:
U12 = U1 − U2 = 230∠(0°) − 230∠( −120°) = 400∠(30°) V
U23 = U2 − U3 = 230∠( −120°) − 230∠( −240°) = 400∠( −90°) V
U31 = U3 − U1 = 230∠( −240°) − 230∠(0°) = 400∠(150°) V
3. Die Phasenströme sind identisch zu den Außenleiterströmen IL1, IL2, IL3. Die Ströme sind
jeweils um den selben Winkel (da symmetrisch) gegenüber den Phasenspannungen
phasenverschoben, z.B. um 45° nacheilend (also Z beispielhaft als Ohm´sch-induktiver
Verbraucher angenommen). Der Effektivwert der Phasenströme sei z.B. 5 A.
IL1 = 5∠( −45°) A
IL 2 = 5∠( −165°) A
IL3 = 5∠(75°) A
Seite 3.17 (von 18)
Institut für Elektrotechnik
Übungen zu Elektrotechnik I
Laborunterlagen
Version 3.0, 02/2002
Aus der maßstäblichen, vektoriellen Addition oder aus der komplexen Rechnung erhält man
für die Beträge (z.B. Effektivwerte) der Spannungen folgende allgemeine Formel:
Uph =
U verk
(3.33)
3
Ferner gilt:
Iph = IL
(3.34)
Allgemeine Leistungsformeln für symmetrische Verbraucher
Unabhängig von der Schaltung des Verbrauchers (Dreieckschaltung oder Sternschaltung)
können folgende allgemeingültige Gleichungen für symmetrische Verbraucher aufgestellt
werden, wenn ausschließlich die außen zugänglichen Größen (verkettete Spannung Uverk,
Leiterstrom IL) verwendet werden (siehe Gleichung (3.29) und (3.32)):
L1
IL
Uverk
L2
Uverk
IL
Uverk
L3
Dreiphasiger
Verbraucher
IL
Abb. 3.16
PGes = 3 ⋅ U verk ⋅ IL ⋅ cos ϕph
(3.35)
Q Ges = 3 ⋅ U verk ⋅ IL ⋅ sin ϕ ph
(3.36)
S Ges = 3 ⋅ U verk ⋅ IL
(3.37)
Seite 3.18 (von 18)
Herunterladen