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A. V. Kristen, T. J. Dengler, H. A. Katus: Herztransplantation bei kardialer Amyloidose
A. V. Kristen, T. J. Dengler, H. A. Katus
Herztransplantation bei kardialer Amyloidose
Bei der kardialen Amyloidose (amylos
= Stärke) handelt es sich um die kardiale Manifestation einer Gruppe von Erkrankungen, die dadurch charakterisiert
sind, dass sich Eiweiße systemisch im
Gewebe ablagern und zu einer Fehlfunktion des betroffenen Organs führen
können. Eine Herzbeteiligung bei diesen Speichererkrankungen ist mit einer
besonders schlechten Prognose assoziiert. Charakteristisch und diagnostisch
beweisend für eine Amyloidose ist das
Auftreten von rotem Material in der
Kongorotfärbung, wie es exemplarisch
an einer Herzmuskelbiopsie in Abbildung 1a gezeigt ist. Im polarisierten
Licht erscheint dieses Material charakterischerweise apfelgrün (Abb. 1b).
In Abbildung 2 werden die häufigsten
Amyloidoseformen, bei denen eine
Herzbeteiligung auftreten kann, aufgeführt: Die höchste Prävalenz hat die
Leichtketten-Amyloidose (AL-Amyloidose). Sie wird durch eine übermäßige
Produktion von Immunglobulin-Leichtketten durch monoklonale Plasmazellen
im Knochenmark ausgelöst. Die ALAmyloidose tritt ca. 10-mal häufiger als
vererbliche Amyloidosen auf (Inzidenz
AL 5-13/1 Mio Einwohner, ATTR 0,12/ 1 Mio EInwohner). Den vererblichen
Amyloidosen liegt eine Punktmutation
zugrunde, die zu einer Konformationsänderung der Tertiärstruktur von Proteinen führt und eine Amyloidbildung begünstigt. Von besonderer Bedeutung ist
das in der Leber gebildete Transthyretin
(ATTR-Amyloidose). Eine im Verlauf
Abt. für Kardiologie, Angiologie und
Pneumologie, Herzzentrum Heidelberg
Kristen AV, Dengler TJ, Katus HA
(2010) Herztransplantation bei kardialer Amyloidose. Tx Med 22: 37-42
Transplantationsmedizin
2010, 22. Jahrg., S. 37
Abbildung 1
abnehmende Prävalenz besteht bei
Amyloidosen, die im Rahmen von
chronischen entzündlichen Erkrankungen auftreten (AA-Amyloidose). Nur
selten findet sich bei der Amyloidoseeine Herzbeteiligung.
Im folgenden Beitrag sollen Risikostratifizierung und innovative integrierte
Therapiekonzepte von Patienten mit
fortgeschrittener kardialer AL-Amyloidose aufgezeigt werden. Häufig wird
dies erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, wenn die Prognose
im Vergleich zu anderen Kardiomyopathieformen aufgrund des rasch progredienten Verlaufs und der eingeschränkten Therapieoptionen extrem schlecht
ist. Eine frühzeitige Diagnose der Erkrankung ist notwendig, um rechtzeitig
eine kausale Therapie beginnen zu können. Die morphologische Besonderheit
der kardialen Amyloidose im Vergleich
zu anderen Kardiomyopathien macht
Abbildung 3 deutlich. Das Herz ist bei
einer dilatativen Kardiomyopathie massiv vergrößert, die Wände sind ausgedünnt und es fällt in sich zusammen,
wenn es aus der Zirkulation entnommen
wird. Im Vergleich dazu ist das Herz eines Patienten mit Amyloidose klein und
steif, so dass es in der Form auch nach
der Entnahme erhalten bleibt. In einem
Anschnitt bleibt die Herzhöhle unverändert bestehen und ein speckiges Erscheinungsbild erscheint, das charakteristisch für Amyloidablagerungen im
Gewebe ist. Echokardiographisch zeigt
sich eine Verdickung der Ventrikelwän-
Transplantationsmedizin
2010, 22. Jahrg., S. 38
A. V. Kristen, T. J. Dengler, H. A. Katus: Herztransplantation bei kardialer Amyloidose
Häufigste Amyloidoseformen
ALAmyloidose
AAAmyloidose
Protein
Ig LC
SAA
Organe
Herz
Niere
Leber
Nerven
GI
Zunge
Leber
Milz
Niere
(Herz)
hereditäre
Amyloidose
Transthyretin
Herz
PNS
Auge
Niere
Abbildung 2
Abbildung 3
Abbildung 4
kumulatives Überleben (%)
Prognose der kardialen ALAL-Amyloidose
Amyloidose semi-maligne Erkrankung, im
Transplantationsgesetz Herztransplantation
als kontraindiziert angesehen
100
75
50
25
1Placebo-Gruppe
2Historische
COPERNICUS
Kohorte mit kardialer Amyloidose
3Heidelberger
Kohorte mit kardialer Amyloidose (n=59)
0
0
500 1000 1500 2000 2500 3000 3500
Zeit (Tage)
1Packer
2Kyle,
et al. N Engl J Med (2001)
Greipp Mayo Clin Proc (1983)
et al. Eur J Heart Fail (2007)
3Kristen
Abbildung 5
de und erhöhte Echogenität des Myokards. Bei gernger Organmanifestation
ist meistens eine Einschränkung der
Längsverkürzung der linksventrikulären Kontraktion auffällig.
In Abbildung 5 wird die Überlebenszeit
von Patienten mit kardialer Amyloidose
aus einem historischen Kollektiv (1)
Kollektiv im Vergleich zur Placebogruppe von Patienten mit einer dilatativen Kardiomypathie der COPERNICUS-Studie aufgeführt (2). Über die
Hälfte der Patienten mit einer kardialen
Amyloidose versterben bereits im ersten Jahr. Auch in dem Heidelberger
Kollektiv von Patienten mit kardialer
Amyloidose versterben innerhalb des
ersten Jahres genauso viele Patienten
wie vor 20 Jahren. Im Vergleich zu dem
historischen Kollektiv kann jedoch
durch eine Verbesserung der Chemotherapien, wie bei der AL-Amyloidose die
Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation,
eine Stabilisierung und Verbesserung
des Langzeitüberlebens erreicht werden
(3).
Trotz Verbesserung des Langzeitüberlebens durch die Hochdosis-Chemotherapie kann diese aufgrund einer exzessiv
erhöhten transplantationsassoziierten
Mortalität, zum Beispiel durch kardiale
Dekompensation, Rhythmusstörungen
und plötzlichen Herztod, bei Patienten
mit einer fortgeschrittenen kardialen
Amyloidose nicht mehr angewendet
werden.
Zur Identifizierung von Patienten mit
besonders hohem Risiko, innerhalb von
kurzer Zeit zu versterben, sind verschiedene Stratifikationsparameter aus
der Echokardiographie und Elektrokardiographie beschrieben worden. So ist
zum Beispiel das Vorliegen einer eingeschränkten systolischen Pumpfunktion
des linken Ventrikels oder das Vorliegen
einer Niedervoltage im EKG mit einer
schlechten Prognose assoziiert (3). In
anderen Arbeiten ist das Vorliegen von
ventrikulären Rhythmusstörungen oder
die interventrikuläre Septumdicke als
Risikoprädiktor beschrieben worden
(4).
Bei einigen Patienten des Heidelberger
Kollektivs, die innerhalb kurzer Zeit
nach Diagnose einer AL-Amyloidose
verstorben sind, ist eine rasche Zunahme der interventrikulären Septumdicke
aufgefallen. In Abbildung 6 ist von 39
Patienten des Heidelberger Kollektivs
die Veränderung der Wanddicke aufgeführt. In der Kaplan-Meier-Analyse
A. V. Kristen, T. J. Dengler, H. A. Katus: Herztransplantation bei kardialer Amyloidose
Transplantationsmedizin
2010, 22. Jahrg., S. 39
Risikostratifizierung: Wanddickenprogression
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Median
LVT Progression
(mm/Monat)
verstorben (n=17)
lebendig (n=22)
Patienten
Überleben (%)
100
multivariate Analyse
80
p-Wert
Septumprogression 0,0071
0,0950
LV-Funktion
60
40
p<0,001
20
Progress > 0,2mm/Mo
0
0
n.s.
n.s.
n.s.
Niedervoltage
Septum initial, max.
Stammzell-Tx
Progress < 0,2mm/Mo
500 1000 1500 2000 2500 3000 3500
Zeit (Tage)
Kristen et al. J Heart Lung Transplant 2007
Abbildung 6
Risikostratifizierung: NT-proBNP
p=10-7
(4229 ng/l)
(184 ng/l)
Univariate model
Hazard ratio
95% CI
p
Male gender
Age (y)
2.25
1.02
1.16–4.37
1.00–1.05
0.010
0.087
NT-proBNP (>152 pmol/l)
IVS thickness (mm)
6.80
1.14
3.05–15.17
1.06–1.23
<0.001
<0.001
NYHA class
4.28
2.42–7.59
Heart involvement score
1.81
No. of organs involved
Weight loss (kg/mo)
1.76
2.17
Multivariate model
Hazard ratio
95% CI
p
ln(NT-proBNP) (pmol/L)
1.62
1.33–1.98
<0.001
<0.001
Male gender
1.93
0.99–3.76
0.054
1.43–2.3
<0.001
Age (y)
1.01
0.97–1.04
0.718
1.38–2.26
1.27–3.85
<0.001
0.005
Weight loss (kg/mo)
1.56
0.87–2.79
0.137
0.85
0.54–1.36
0.508
ln(creatinine) (µmol/L)
Palladini et al. Circulation (2003)
Abbildung 7
Risikostratifizierung: Kardio-MRT
Nativaufnahme
Abbildung 8
Late enhancement
zeigte sich, dass Patienten oberhalb der
medianen Wanddickenprogression eine
deutlich schlechtere Prognose aufwiesen als die Patienten mit einer geringeren Wanddickenprogression. In der
multivariaten Analyse stellte die Wanddickenprogression bei diesen Patienten
den einzigen unabhängigen Risikoprädiktor dar, der der Einschränkung der
linksventrikulären Pumpfunktion und
der Niedervoltage überlegen war (5).
Neben den echokardiographischen und
elektrokardiographischen Befunden ist
auch für die kardialen Biomarker NTproBNP und Troponin T ein prognostischer Nutzen belegt worden (6;7) (Abb.
7). Für Patienten mit isolierter Erhöhung der Serumkonzentration von NTproBNP bzw. Troponin T konnte ein
verkürztes Überleben gezeigt werden.
Bei Erhöhung beider Parameter kommt
es zu einer weiteren Verschlechterung
der Prognose dieser Patienten (8).
In den vergangenen Jahren wurde das
kardiale MRT hinsichtlich seines diagnostischen und prognostischen Nutzens
evaluiert. Bei Patienten mit einer kardialen Amyloidose zeigt sich nach Gabe
von Gadolinium ein charakteristisches
Ablagerungsmuster des Kontrastmittels
(Late Enhancement mit diffuser, betont
subendokardialer Anreicherung im Ventrikelseptum und Vorhofseptum (Abbildung 8). Dieses Muster ist deutlich von
der Anreicherung nach einem Myokardinfarkt abzugrenzen, die sich auf das Infarktareal begrenzt.
Die Bestimmung des Late Enhancement Scores (semi-quantitative Analyse
des Late Enhancements aller Regionen
im 17-Segment-Modell) kann zur Risikostratifizierung beitragen. Dieser Late
Enhancement Score korreliert einerseits
mit der Plasmakonzentration kardialer
Biomarker (NT-proBNP, Troponin T),
anderseits auch mit Parametern der longitudinalen Funktion (MAPSE, TAPSE) und der Myokardmasse (Abb. 9).
Patienten mit einem höheren Late Enhancement Score haben eine deutlich
schlechtere Prognose als Patienten, bei
denen der Late Enhancement Score geringer ist (9).
Therapeutische
Möglichkeiten der kardialen
Amyloidose
Der unmittelbare Beginn einer Chemotherapie nach Diagnosestellung stellt
Transplantationsmedizin
2010, 22. Jahrg., S. 40
A. V. Kristen, T. J. Dengler, H. A. Katus: Herztransplantation bei kardialer Amyloidose
Risikostratifizierung: Late Enhancement Score
p< 0.001
1,6
Event- free survival [%]
1,4
LGE Score
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
100
90
80
70
60
50
40
30
20
0
CA
no CA
log rank 6.5, p= 0.01
LGE Score < 0.58
LGE Score > 0.58
0
100
400
800
1200
Follow-up [days]
Korrelation mit
- NT-proBNP
- Troponin T
- MAPSE
- TAPSE
- Myokardmasse
Lehrke et al. in revision
Abbildung 9
Prophylaktische ICD-Implantation
Überleben (%)
100
p = n. s.
80
60
40
historische Kontrolle
ICD Patienten
20
0
0
500
1000
1500
2500 Zeit (Tage)
2000
Kristen et al. HeartRhythm (2008)
Abbildung 10
AL Amyloidose mit kardialer Beteiligung
histologisch mit Endomyokardbiopsie gesichert
Kardiale Kontraindikation für
Hochdosischemotherapie
NYHA III oder IV
LV-Funktion <45%, LVP, LVT
n
nei
ja
Prognose-limitierende
Organbeteiligung
Niere, Leber, Darm, Lunge
Hochdosis-Melphalan und
autologe Stammzelltransplantation
Melphalan/Dexamethason
nein
ja
Herztransplantation
4-6 Monate
Perz et al. Clin Res Cardiol (2006)
Abbildung 11
Hochdosischemotherapie
Stammzelltransplantation
alternative
Therapieschemata;
supportive Therapie
die kausale Therapie jeder AL-Amyloidose dar. Darüber hinaus ist eine medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz mit ACE-Hemmer und Betablocker zu erwägen, sofern dieser von den
Patienten vertragen wird. Oft kommt es
zu Schwindel und Hypotonien, so dass
die Behandlung auf eine symptomatische Therapie mit Diuretika beschränkt
werden muss. Eine orale Antikoagulation mit Marcumar ist aufgrund des hohen Risikos für thrombembolische
Komplikationen bei Patienten mit Vorhofflimmern obligat, aber auch bei Patienten mit Sinusrhythmus und fortgeschrittener kardialer Amyloidose zu erwägen.
Über die Hälfte der Patienten mit einer
AL-Amyloidose versterben aufgrund
kardialer Komplikationen. Da es am
häufigsten zum plötzlichen Herztod
kommt (6), wäre ein prognostischer
Nutzen einer ICD-Implantation denkbar. Diese Hypothese wurde am Amyloidosezentrum Heidelberg bei 19 Patienten mit einer kardialen AL-Amyloidose untersucht. Lediglich zwei dieser
Patienten hatten aufgrund von ventrikulären Tachykardien eine adäquate ICDEntladung. Sieben Patienten sind innerhalb einer medianen Nachbeobachtungszeit von einem Jahr verstorben,
zwei weitere benötigten aufgrund einer
fortgeschrittenen Amyloidose eine
Herztransplantation. Überraschenderweise war die Haupttodesursache nicht
eine ventrikuläre Tachykardie oder
Kammerflimmern, sondern eine elektromechanische Entkopplung. Aufgrund dieser hohen Rate an elektromechanischen Entkopplungen, die mit einem ICD nicht behandelbar ist (Abb.
10), ergibt sich kein Überlebensvorteil
für Patienten mit ICD. Dennoch ist die
ICD-Implantation für eine geringe Anzahl von Patienten, bei denen es z. B. zu
einer rhythmogenen Synkope oder ventrikulären Tachykardie im LangzeitEKG gekommen ist, zu erwägen (10).
Aufgrund der zum Teil raschen Todesfälle von Patienten mit kardialer ALAmyloidose wurde vor einigen Jahren
am Amyloidosezentrum Heidelberg ein
kombiniertes
Transplantationsprogramm (Herztransplantation vor Hochdosischemotherapie/ Stammzelltransplantation) begonnen. In diese Studie
wurden Patienten mit histologisch gesicherter Amyloidose des Herzens eingeschlossen, wenn eine Kontraindikation
für eine Hochdosischemotherapie und
Stammzelltransplantation besteht. Dazu
A. V. Kristen, T. J. Dengler, H. A. Katus: Herztransplantation bei kardialer Amyloidose
Transplantationsmedizin
2010, 22. Jahrg., S. 41
Monat
0
1
HTXEvaluation
(n=25)
2
3
HTX
Listung
(n=19)
(n=18)
+45 Tage
(13-1528)
+26 Tage
(7-253)
4
5
6
7
8
HTX
HDMASCT
(n=8)
+181 Tage
(124-341)
Abbildung 12
Follow-up nach HTX
Hochdosis-Chemotherapie
ಳ Tod
PR partielle hämatologische Remission
CR komplette hämatologische Remission
PD progressive Erkrankung
69
#18
#17
146
medianes Follow-up: 391 Tage
215
#16
PR
#15
PD †
PD †
PR
#14
#13
#12
#11
CR
PR
#09
PR
#06
CR
#04
PD †
#02
#01
396
541
802
PD †
PR
PR
#03
368
722
CR
#05
228
451
CR
#07
142
105
SD †
#08
145
294
CR
#10
221
1271
202
CR
2131
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Abbildung 13
Kumulatives Gesamtüberleben
kumulatives Überleben (%)
100
1-Jahres-Überleben: 81%
3-Jahres-Überleben: 76%
80
60
1-Jahres-Überleben: 76%
3-Jahres-Überleben: 76%
40
p = 0.4 (n.s.)
20
HU-Transplantationen in HD (n=92)
Amyloidose-Transplantationen (n=18)
0
0
500
1000
1500
Zeit (Tage)
Abbildung 14
werden das NYHA-Stadium, die linksventrikuläre Pumpfunktion, Niedervoltage und die Wanddickenprogression
der Patienten herangezogen. Sofern diese Kontraindikationen vorliegen, aber
keine weitere limitierende oder symptomatische Organbeteiligung besteht,
wird zunächst eine Herztransplantation
vor der eigentlichen Therapie der
Grunderkrankung (Hochdosischemotherapie mit anschließender Stammzell-
transplantation) durchgeführt (Abb. 11)
(11).
Für dieses kombinierte Therapieverfahren wurden bisher insgesamt 25 Patienten evaluiert (Abb. 13). Sechs dieser
Patienten verstarben infolge von Herzversagen oder elektromechanischer
Entkopplung während der Vorbereitungsuntersuchungen innerhalb von 6
Wochen. Von den 19 zur Herztransplantation gelisteten Patienten verstarb ein
weiterer aufgrund eines Schlaganfalls
während der Wartezeit, die im Mittel
nur 26 Tage betrug.
Die 18 transplantierten Patienten hatten
eine deutlich verdickte Septumdicke
(18,2±0,9 mm), ein erhöhtes NTproBNP (7915±1729 ng/l) und Troponin T (0,15±0,04 µg/l) sowie eine Einschränkung der systolischen Pumpfunktion (35,8±3,4 %). Perioperative
Komplikationen sind nicht aufgetreten.
Postoperativ kam es bei zwei Patienten
zu gastrointestinalen Blutungen, Durchfällen und bei einer Patientin ergaben
sich Probleme bei der Entwöhnung von
der Beatmung. Im weiteren Verlauf von
6 Monaten wurde bei acht der transplantierten Patienten eine Hochdosischemotherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation ohne
wesentliche Komplikationen durchgeführt. Vier Patienten hatten Fieber, eine
Patientin eine behandlungsbedürftige
Abstoßungsreaktion (Grad 2R) ohne
hämodynamische Relevanz (Abb. 12).
In Abbildung 13 sind die individuellen
Verläufe der 18 herztransplantierten Patienten dargestellt. Einer von fünf Todesfällen verstarb bei einer partiellen
Remission (PR) nach der Hochdosischemotherapie an einem kardialen Progress der Amyloidose drei Jahre nach
der Herztransplantation. Vier weitere
verstorbenene Patienten waren nach der
Herztransplantation aufgrund einer
rasch progredienten Amyloidose in einem so schlechten Gesundheitszustand,
dass keine Chemotherapie durchgeführt
werden konnte. Keiner der Patienten
hingegen, bei denen durch die Chemotherapie eine komplette Heilung (CR =
komplette Remission) erzielt wurde, ist
während der Nachbeobachtungszeit
verstorben. In der Kaplan-Meier-Analyse zeigt sich kein Unterschied im
Überleben von Patienten mit Amyloidose im Vergleich zu Patienten, die aus
etablierten Indikationen zur Transplantation (dilatative Kardiomyopathie,
ischämische Kardiomyopathie) hochdringlich herztransplantiert wurden
(Abb. 14).
Das Überleben der Patienten ist wesentlich durch das Ansprechen auf die hämatologische Therapie bestimmt. Patienten mit einer kompletten Remission
der Plasmazellerkrankung haben ein
sehr gutes Überleben. Auch Patienten,
bei denen eine partielle Remission erzielt werden konnte, zeigen eine deutliche Verlängerung des Überlebens. Bei
Patienten hingegen, die nach der Herz-
Transplantationsmedizin
2010, 22. Jahrg., S. 42
A. V. Kristen, T. J. Dengler, H. A. Katus: Herztransplantation bei kardialer Amyloidose
Rolle des hämatologischen Remissionsstatus
kumulatives Überleben (%)
100
80
60
40
p = 0.0013
komplette Remission (n=6)
20
partielle Remission (n=4)
keine Chemotherapie (n=3)
0
0
500
1000
1500
Zeit (Tage)
2000
2500
Abbildung 15
transplantation aufgrund des raschen
Fortschreitens der Amyloidose in einem
so schlechten Zustand sind, dass keine
Chemotherapie durchgeführt werden
kann, kann im Vergleich zu den historischen Daten von Kyle et al. (1) keine
Prognoseverbesserung erzielt werden
(Abb. 15).
Zusammenfassung
Nach der Diagnose einer Amyloidose
sollte jeder Patient aufgrund der Seltenheit der Erkrankung zur optimalen Behandlungsplanung in einem spezialisierten Zentrum vorgestellt werden. Die
Amyloidose des Herzens ist häufig
rasch progredient und mit einer sehr
schlechten Prognose assoziiert, da die
therapeutischen Optionen sehr limitiert
sind. Aufgrund der Schwere der Herzbeteiligung und den damit verbundenen
Komplikationen kann meistens keine
aggressive Chemotherapie durchgeführt werden, mit der ein schnelles Ansprechen der Grunderkrankung erzielt
werden könnte. Eine Herztransplantation vor der kurativen Chemotherapie
könnte durch die verbesserte kardiale
Funktion diesen Teufelskreislauf durch-
brechen. Sie scheint nach bisherigen
Ergebnissen für ein streng selektiertes
Patientenkollektiv mit isolierter Herzbeteiligung für eine Prognoseverbesserung Erfolg versprechend zu sein. Das
Überleben der AL-Amyloidose-Patienten ist dabei nicht schlechter als das von
Patienten, die aufgrund etablierter Indikationen herztransplantiert wurden.
Entscheidend für den Langzeiterfolg
dieser aggressiven Therapie ist allerdings der Erfolg der hämatologischen
Therapie. Dieses stellt aufgrund fehlender Vorhersagbarkeit für den jeweiligen
Patienten aktuell noch einen wesentlichen limitierenden Faktor für dieses integrierte Behandlungskonzept dar.
5. Kristen AV, Perz JB, Schonland SO et al. (2007)
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10. Kristen AV, Dengler TJ, Hegenbart U et al. (2008)
Prophylactic Implantation Of Cardioverter Defibrillators In Patients With Severe Cardiac Amyloidosis. Heart Rhythm 5 (2): 235-40
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4. Palladini G, Malamani G, Co F et al. (2001) Holter monitoring in AL amyloidosis: prognostic implications. Pacing Clin Electrophysiol 24: 122833
Dr. Arnt V. Kristen
Abt. für Kardiologie, Angiologie und
Pneumologie
Herzzentrum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
[email protected]
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