Präsentation - Fachdidaktik Biologie Uni Köln Gymnasien/Gesamtschulen

Werbung
Genetikunterricht
mit angemessener
Fachsprache Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
"So! ... Das sollte ein für allemal geklärt sein!"
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Funktionen von (Fach-)Sprache
Ab- und
Ausgrenzung
Soziolekt für Eingeweihte:
Erkennen von Angehörigen
und Fremden, Abschreckung
Imponieren
Behauptung:
Einschüchterung,
Rangordnung, Prestige,
Täuschung
Verständigung
Dialog:
Alltag, Lehren, Lernen,
Unterrichtssprache
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Didaktische Rekonstruktion
Angemessene Fachsprache
im Unterricht
Begriffe
und Termini
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Alltagsvorstellungen
Didaktische Rekonstruktion
Begriffe und Termini
Vorstellung
gedanklich
Referent
wirklich
Zeichen
sprachlich
(Gropengießer, Kattmann & Krûger 2010)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Didaktische Rekonstruktion
Begriffe und Termini
Referent
wirklich
Ding,
Phänomen,
Ereignis,
- Gedanke
Vorstellung
gedanklich
Begriff
Zeichen
sprachlich
Wort,
Wort Terminus
Erst der Begriff, dann das Wort.
(Gropengießer 2007)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
(Weninger 1970)
Didaktische Rekonstruktion
Untersuchungen
zur Genetik
Dr. Vera Frerichs
Strukturen und Prozesse der
Vererbung (1999)
Dr. Julia Schwanewedel
Gene und Gesundheit (2011)
Dr. Matthias Gluhodedow
Genetikunterricht in der
Sekundarstufe I (2012)
Gliederung
Formen der Vererbung
Weitergabe von Merkmalen?
Gene
Genetische Information?
Mutation
Chromosomen
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Formen der Vererbung
Weitergabe von Strukturen
- soziale Strukturen und Informationen (Tradition)
- zelluläre Strukturen
• nicht-genetische Strukturen (u.a. Membranen)
• epigenetische Strukturen (z.B. Methylierungsmuster)
• genetische Strukturen (DNA, u.a. Gene):
DNA in Chromosomen, Mitochondrien und
Chloroplasten sowie Plasmiden
virale DNA (Transduktion)
freie DNA (Transformation)
technisch rekombinierte DNA (Gentechnik)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Weitergabe von Merkmalen?
Merkmale
werden nicht
vererbt
Weitergabe von Merkmalen?
„Die Samenzelle und die Eizelle haben
jeweils verschiedene Teile, und die
„Die Gene sind mit der
gehen dann von der Mutter und vom
wichtigste
Teil
derVielleicht habe
Vater
in das Kind
über.
ichVererbung,
einige kleineweil
Teile sie
vondie
meiner
Mutter
und Merkmale
andere Teile von
meinem
ganzen
speichern
Vater.
und weitergeben. Gen und
Merkmal
würde
ich bestimmte
Vielleicht
haben
die Augen
Farbpigmente
(kleine Pigmente) oder
gleichsetzen.“
so etwas, die(Martin,
dann vielleicht
sogar 11)
Klassenstufe
durch das Blut irgendwie in (Frerichs1999)
die Eizelle
reingelangen.“
(Wiebke, Klassenstufe 9)
(Frerichs 1999)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Biobuch S I
2012
Biobuch S I
2012
Weitergabe von Merkmalen?
Konstante Vererbung
„Die Vererbung trifft auch bei Tieren
zu. Bei einem Freund von mir haben
die Kaninchen Nachwuchs gekriegt.
Weil die Mutter schwarz ist und der
Vater weiß, kann es höchstens mal ein
weißes Kaninchen mit schwarzen
Flecken geben.
Richtige Abweichungen gab es nicht.
Wenn ein rotes dabei wäre, dann
könnte da irgend etwas nicht
stimmen.“
(Alan, Klassenstufe 9)
(Frerichs 1999)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Weitergabe von Merkmalen?
Verdeckte Vererbung
„Wenn ein Kind braune Haare hat
und die Eltern nicht diese Haarfarbe
haben, dann kann das angehen, weil
die Großeltern, einer von den
Großeltern oder beide diese
Haarfarbe haben. Das ist dann eine
verdeckte Eigenschaft. Verdeckt heißt, wenn die Eltern
irgendwie eine Eigenschaft haben,
die man nicht sehen oder irgendwie
äußerlich feststellen kann.“
(Ingo, Klassenstufe 9)
(Frerichs 1999)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Weitergabe von Merkmalen?
Verdeckte Vererbung
„Die Entstehung des weißen
Gorillas stelle ich mir so vor:
Gene können über eine Generation
hinweg vererbt werden. Ich gehe
mal davon aus, dass die Eltern des
weißen Gorillas keine Albinos
waren. Aber vielleicht war sein
Urgroßvater Albino und dadurch
wurden die Erbanlagen an ihn
weitergegeben. Dann hat er sein
weißes Fell gekriegt.“
Alan (9. Klasse)
Frerichs 1999
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Sein Großvater
war ein Albino
Weitergabe von Merkmalen?
Alltagsvorstellungen
• "Gene sind oder enthalten verkleinerte
Merkmale."
• "Vererbung ist die Weitergabe merkmalstragender
Teilchen."
• "Gene sind ,Erbstücke', die unverändert
weitergegeben werden (Konstanz der Gene)."
• "Eigenschaften oder Gene können verdeckt
vererbt werden (Präexistenz der Merkmale oder
Gene)."
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Weitergabe von Merkmalen?
Phänomen-Ebene
Gen-Ebene
Merkmale
Farbe, Größe, Gestalt
Chemische Stoffe
Gene, Allele
Genprodukte
Charaktere
defekt/intakt
schlecht/gut
krank/gesund
dominant/rezessiv
Genwirkungen
- quantitativ
mehr/weniger
Produktionsrate
- qualitativ
verschiedene chemische Struktur
Gene sind charakterlos
Erbgang
Auftreten von Merkmalen
in aufeinander folgenden
Generationen
Replikation und Mitose
Verdoppelung und Verteilung
der Chromosomen
Weitergabe von Merkmalen?
Termini
Metapher Vererbung:
Sprache der Genetik:
»Erbmerkmal«
genetisch bedingtes Merkmal
»Erbanlage«
Gen
»Erbgut«
Genom
»Erblichkeit«
genetisch bedingte Verschiedenheit
»Erbkrankheit«
genetisch bedingte Krankheit
»erbliche Belastung«
gegenstandslos, entfällt
»genetische Last«
gegenstandslos, entfällt
»Erbgesundheit« (Eugenik)
gegenstandslos, entfällt
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Weitergabe von Merkmalen?
Unterscheidung von Phänotyp und Genotyp
genetisch bedingte Krankheiten
Heilung!
Heilung?
PKU:
Diät
Skorbut: Vitamin C
Krankheiten gehören zum Phänotyp.
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Weitergabe von Merkmalen?
Biobuch S II
2012
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Weitergabe von Merkmalen?
Hinweise fürs Lehren
• Genotyp und Phänotyp sind klar zu unterscheiden:
Gene sind und enthalten keine Merkmale.
• Nicht Merkmale werden vererbt, sondern Gene.
• Den Genen sind niemals (phänotypische)
Eigenschaften zuzuschreiben.
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Gene
Fachliche Klärung: Verhältnis Gen-Merkmal
•Ulrich
Mendel
schaut nur auf Das Auftreten von Merkmalen.
Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität
6. Dezember
GeneKöln,kannte
er2012nicht.
Gene
Fachliche Klärung: Verhältnis Gen-Merkmal
Wiederentdeckung 1900
"Mendelsche Regeln"
(Linder Biologie 2005)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Gene
klassisch
Erkenntnisweg vom
Merkmal zum Gen.
Das Merkmal ist genetisch
klar definiert; das Gen ist
fiktiv.
molekular
Erkenntnisweg vom Gen
zum Merkmal.
Das Merkmal ist genetisch
nicht definiert; das Gen ist
stofflich real.
Gen ist nicht gleich Gen:
Gegensatz von klassischem und molekularem Genbegriff:
falsche Gleichsetzung!
"Gene" die keine Gene sind:
Antigen, Mutagen, Carcinogen
Terminologische Fallen
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Gene
Gen
klassisch
Anlagenpaar für ein
Merkmal (eine
Merkmalskategorie)
z.B. Blütenfarbe
Genort
Allele
Varianten eines Gens,
bewirken verschiedene
Merkmalsausprägungen,
z.B weiße oder rote Blütenfarbe
molekular
DNA-Abschnitt, der zur
Merkmalsauspägung
transkribiert wird.
Der Platz auf (homologen)
Chromosomen, an dem sich
(allele) Gene befinden,
betrifft eine Merkmalskategorie,
z.B. Blütenfarbe.
Gene desselben Genorts
(auf homologen
Chromosomen): allele Gene,
z.B. für weiße bzw. rote Blütenfarbe
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Gene
Vom Gen zum Merkmal
Gen → intaktes Enzym
Allel 1
→
mutiertes
Gen
→ verändertes Enzym →
Allel 2
Merkmale
Bildung von rotem
Blütenfarbstoff
keine Bildung von
rotem Blütenfarbstoff
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Vorstellungen zu Genen
Gene und Gesundheit
Ulrich Kattmann: Impulsreferat zu „Gentechnik und Ethik“ –
Philosophisch-theologisch-biologisches Seminar, Universität Wien
(Vogel/Motulsky 1997)
Gene
Chlorid-
CF
regulation
Krankheitsgene?
Genorte
molekulare
Merkmalskategorie:
Hämoglobin
Sichelzellen βKette
Phenyl-
PKU
alanintyrosinase
EnzymEnzymmangel
synthese
Bluterkrankheit
Blutgerinnungsfaktor 8
Adenosin-
Ulrich Kattmann: Impulsreferat zuSCID
„Gentechnik und Ethik“ –
desaminase
Philosophisch-theologisch-biologisches
Seminar, Universität Wien
Gene
Hinweise fürs Lehren
• Klassische und molekulare Gene sind begrifflich
auseinander zu halten.
• Allele sind molekularbiologisch als Gene desselben
Genorts zu definieren.
• Es gibt keine Genorte für Krankheiten.
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Genetische Information?
Genetische Information?
Ulrich Kattmann: Impulsreferat zu „Gentechnik und Ethik“ –
Philosophisch-theologisch-biologisches Seminar, Universität Wien
Genetische Information?
Ich muss
dunkel werden.
„Irgendwie muss der Affe an sich
merken: Schwarz ist gut, weiß ist
schlecht für mich. Und darum
denke ich, dass da ein
Erkenntnisprozess vorliegen muss;
irgendwie muss diese Information
ja in die Gene hineinkommen,
muss sich da festsetzen können.
Und dadurch ist das dann ein
(unbewusster) Erkenntnisprozess,
der sich dann festbrennt und dann
in die Gene wandert."
Gerd (12. Klasse)
Baalmann 2005
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Genetische Information?
Alltagsvorstellungen
• "In den Genen sitzende 'Information' ist fest
verankert."
• "Merkmale und Information sind austauschbar."
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Genetische Information?
Hinweise fürs Lehren
• Gene enthalten keine Information. Biologisch
bedeutet Information immer nur Struktur.
• Das Wort „Information“ ist in der Genetik stets als
Metapher zu verstehen: " 'als ob' es Information wäre".
• Gene sind als Teile des chemischen Systems
der Zelle zu definieren und zu beschreiben:
Verschränkung von Genetik mit Physiologie und
Entwicklungsbiologie.
Ulrich Kattmann: Wie man Genetik lehren kann – Biologie lernen mit
Alltagsvorstellungen
Mutation
„Mutation ist das, wenn etwas
falsch läuft.“
Malena, Klassenstufe 12
(Seminar Hannover)
„Durch Mutation wird die
Erbinformation geändert. Dadurch
gibt das Gen etwas Anderes
weiter als es soll.“
Carina, Klassenstufe 11
(Frerichs1999)
„Bei der DNA kann man leider
auch viel manipulieren und so
Künstliches herstellen. Bei
Vererbung denke ich an die Angst
vor Manipulation.“
Anne, Klassenstufe 12
(Frerichs1999)
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Mutation
Prozess: Veränderung der Struktur des
genetischen Materials
Mutationen sind im genetischen System eingebaut,
z.B. durch Mutatorgene: Keine "Fehler"!
Wirkungen: vorteilhaft, nachteilig oder neutral bei bestimmten Lebensbedingungen!
Auslösung: spontan, "natürlich", "künstlich"
gezielte Mutation: technischer Gentransfer
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Mutation
Unterscheidungen
Prozesse
Ergebnisse
Mutation
mutiertes Gen
Mutante
Vererbt werden Gene,
also auch die mutierten.
Modifikation
modifiziertes
Merkmal
modifizierter
Organismus
Merkmale werden nicht vererbt,
also auch keine modifizierten.
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Mutation
Hinweise fürs Lehren
• Mutationen sind als solche weder schädlich noch
nützlich.
• Prozesse und Ergebnisse sollten begrifflich und
terminologisch klar unterschieden werden.
• Mutation und Modifikation sind Prozesse. Vererbt
werden (mutierte) Gene und keine Merkmale.
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Chromosomen
Chromosomen
Chromatid
Zweichromatid-Chromosom
Doppel-Chromosom
Einchromatid-Chromosom
Einzel-Chromosom
Chromosomensätze
doppelter Chromosomensatz
zwei Chromosomensätze
einfacher Chromosomensatz
ein Chromosomensatz
Zellen
diploid
haploid
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Chromosomen
Modell
Klingeldraht
Kugelschreibermine
Druckknopf
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Chromosomen
Zellzyklus
Doppel-Chromosom
G
DNA-Verdoppelung
S
M
Mitose
G
EinzelChromosom
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Chromosomen
Hinweise fürs Lehren
• Der Zellzyklus veranschaulicht und bestätigt die
Termini Doppelchromosom und Einzelchromosom.
• Die Zellteilung (Mitose) sollte in den Zellzyklus als
M-Phase eingefügt werden: Zellverdoppelung
(Riemayer 2006).
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Kurzgefasst
!
Grundlegend für Begriffsbildung in der Genetik ist die
Unterscheidung von Gen und Merkmal.
!
Die Fachsprache ist nicht Norm für den Unterricht, sie
muss vielmehr didaktisch rekonstruiert werden.
!
Regel: Zuerst Begriffe bilden, dann lernförderliche Termini
einführen; danach über andere Fachtermini orientieren.
Ulrich Kattmann: Genetikunterricht mit angemessener Fachsprache,
Universität Köln, 6. Dezember 2012
Herunterladen