DAAD Promos Bericht Tygerberg Hopsital Kapstadt_Blank, Anna-Eva

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DAAD-PROMOS – Chirugie PJ-Tertial
am Tygerberg Hospital in Kapstadt
Name:*
Anna-Eva Blank
Land:
Südafrika
Gastinstitution
University of Stellenbosch Studienfächer:
Forschungs-/
Arbeitsgebiet:
Praktisches Jahr Tertial/
Medizin
Zeitraum:
01.10.2012 - 20.01.2013
Department of Surgery
Da ich im Studium zwar einen Teil meiner Famulaturen bereits im europäischen Ausland absolviert
habe und über die Einblicke in andere Gesundheitssysteme, Arbeitsweisen und natürlich auch
kulturelle Unterschiede jedes Mal sehr froh war, wollte ich dies auch im letzten Teil meines
Studiums, dem Praktischen Jahr, wiederholen. Dieses mal wollte ich ein Land wählen, das auf der
einen Seite etwas weiter weg ist und in welchem ich die Chance habe, über einen längeren
Zeitraum Englisch zu sprechen und das auf der anderen Seite auch einen komplett anderen
kulturellen Hintergrund bietet. Da ich schon seit Beginn meines Studiums den Plan gefasst hatte,
möglichst viel Zeit im Ausland zu verbringen, bewarb ich mich schon fast zwei Jahre vor Beginn
des Zeitraumes in Südafrika bei der University of Stellenbosch. Ausschlaggebend war, dass ich auf
jeden Fall auf den afrikanischen Kontinent wollte, aber mich Erfahrungsberichte über Südafrika
aus meinem familiären Umfeld zusätzlich motiviert haben, in den südlichen Teil zu gehen. Zudem
hatte ich bereits einiges über die dortigen sozialen Verhältnisse und auch die bekannte,
notgedrungene Spezialisierung im Bezug auf die Behandlung von Traumata, Schußverletzungen
u.ä. gelesen. Das waren alles gute Gründe für mich, meinen chirurgisches Teil des Praktischen
Jahres in Kapstadt zu verbringen.
Bewerbung und Wohnen - Tygerberg Hospital
Da sehr viele internationale Studenten nach Südafrika wollen, sind die Universitäten es gewohnt,
dass man sich einfach per Email bewirbt, in dieser sollte man den Zeitraum nennen, das jeweilige
Fach, das man dort machen möchte und ggf. mögliche Alternativen. Das „International Office“ des
Tygerberg Hospitals sendet dann dem Bewerber die nötigen, auszufüllenden Unterlagen zu, die
man dann zusammen mit einigen anderen Unterlagen (Letter of Recommendation von der
Heimatuni, Sprachtest, Versicherungsnachweise etc.) wieder per Email zurücksenden kann. Zur
Zeit kümmert sich Mariska April ([email protected]) hauptsächlich um die Bewerbungen. Falls man
keine Antwort erhält, dann sollte man ruhig nach ein paar Wochen nochmals nachfragen. Gewohnt
habe ich auf dem Campus, der direkt neben dem Krankenhaus liegt in der „International Students
Lodge“ und kann das auch empfehlen. Erstens kommt man recht schnell mit den anderen
Studenten in Kontakt und zweitens hat man morgens oder nachts einen sehr kurzen, aber
sicheren Weg zum Krankenhaus. Alternativ kann man sich natürlich auch eine Wohnung weiter in
der Innenstadt suchen um in der Freizeit etwas mehr von den Kapstädtern mitzubekommen, das
Krankenhaus liegt etwa 25 Minuten außerhalb der direkten Innenstadt, man muss sich dann
allerdings morgens auch wiederum durch den großstädtischen Verkehr in Richtung Krankenhaus
kämpfen. Egal welche Alternative man wählt, auf ein Auto ist man in Kapstadt auf jeden Fall
angewiesen.
Nach der Ankunft erhält man vom Sicherheitsdienst, falls außerhalb der normalen Bürozeiten, oder
direkt von den Damen des International Offices den Zugangscode zur Lodge und alle nötigen
Informationen. Am ersten Arbeitstag gibt es zusätzlich noch eine genaue Einführung, wo man dann
auch alle anderen Studenten trifft, die möglicherweise gleichzeitig ihre Famulatur oder ihr
Praktisches Jahr beginnen.
Arbeiten - Tygerberg Hospital
Je nachdem in welchem Department man seinen Auslandsaufenthalt startet, sind die Abläufe sehr
verschieden und davon hängt auch ab, wie viel Zeit man schließlich im Krankenhaus verbringt. Ich
war während meiner Zeit in drei unterschiedliche Departments eingeteilt, dazu zählte der Bereich
„Abdominal Surgery“, „Pediatric Surgery“ und „Neurosurgery“. Zunächst wurde ich durch die
Sekretärin der Allgemeinchirurgie zu einer Firm der „Abdominal Surgery“ eingeteilt. Für mich
bedeutete dies, das ich ab diesem Zeitpunkt mit einer bestimmten Gruppe bestehend aus
Oberarzt, Facharzt und Assistenzarzt sowie einigen zugeteilten lokalen Studenten der
Heimatuniversität meinen Tag verbrachte. Anders als man es meist aus Deutschland gewohnt ist,
hält man sich nicht den ganzen Tag auf einer Station auf, sondern hat Patienten, die zu seiner Firm
gehören und die durch das halbe Krankenhaus verstreut auf diversen Stationen liegen. Bevor wir
täglich zu dieser recht sportlichen Visite über drei bis sechs Stationen starteten, gab es zu den
Zeiten des Semesters jeden Morgen ein Tutorial für die Studenten um 7.30 Uhr. Dort konnte ich
wichtige Details zu Behandlungen von stumpfem vs. spitzen Verletzungen, Polytraumata und
sonstigen Themen lernen, die in Deutschland eher nicht so ausführlich auf dem Lehrplan stehen.
Im Tagesverlauf gab es noch ein zweites Bedside Teaching, das meist vom Chef der
Allgemeinchirurgie gehalten wurde. Wir als Studenten bekamen jeweils die Patienten zugewiesen
und erledigten dann die nötigen Aufgaben wie Blutentnahme, Anforderungen von Untersuchungen
und waren verantwortlich dafür, dass der Patient am Morgen vor der Visite bereits angeschaut und
untersucht war, zudem dokumentierte man seine Befunde in der Kurve und stellte die Ergebnisse
bei der Visite vor. Da man sich erstmal an den dortigen Ablauf gewöhnen musste, betreuten die
einheimischen Studenten selbstverständlich viel mehr Patienten und die Ärzte waren sehr geduldig
mit den Austauschstudenten. Man sollte allerdings bei der Einteilung der Firm darauf achten, dass
man eine Firm erwischt, in der bei der Visite englisch gesprochen wird. Wenn dies nicht der Fall
sein sollte, empfiehlt es sich, entweder um einen Sprachwechsel zu bitten oder die Firm zu
wechseln. Die verschiedenen Firms sind übrigens nach Wochentagen benannt, ich war in der
Mittwochs-Firm, sodass meine Gruppe immer mittwochs einen 24-Stunden-Dienst hatte, der auch
durch die Studenten abgedeckt wurde (die südafrikanischen Studenten waren aber immer sehr
hilfsbereit und rechneten oft gar nicht damit, dass man als Austauschstudent auch mitarbeiten
wollte).
Das Tygerberg Hospital ist ein staatliches Krankenhaus in dem Menschen, die in keiner
Krankenversicherung sind, auf Kosten des Staates versorgt werden. Aus diesem Grund behandelt
man hauptsächlich arme Patienten aus den zahlreichen Townships. Gleichzeitig bedeutet dies,
dass das Krankenhaus stark überlastet ist und viel zu viele Patienten auf viel zu wenige
Ressourcen treffen. Das Krankenhaus ist zwar ein Haus der Maximalversorgung, das größte
Krankenhaus in der Western Cape-Region und das drittgrößte Krankenhaus in ganz Südafrika,
aber dennoch fehlte es oft an wesentlichsten Materialien wie Spritzen oder Handschuhe. Das
Krankenhaus wurde bereits 1976 eröffnet und wird daher eher ständig restauriert als renoviert.
Auch herrschte im gesamten Krankenhaus aufgrund des hohen Andrangs und einer gewissen
südafrikanischen Lockerheit ein furchtbares Chaos und es dauert einige Zeit bis man den
Durchblick über den Organisationablauf hatte oder wusste, wie man zu den unterschiedlichen
Stationen auch alleine finden konnte. Oft dauerte die Suche nach Materialien oder Unterlagen
länger, als die eigentliche Tätigkeit, zum Beispiel bei der Blutentnahme. Im Gegensatz zum Umfeld
sind die Ausbildung der Ärzte und die Behandlung auf hohem Niveau. Der Mangel an Material und
Untersuchungsmöglichkeiten (z.B. ist es nicht möglich einfach Bildgebungen wie CT oder MRT
und eine breitgefächerte Laboruntersuchung für jeden Patienten durchzuführen, wie man es aus
Deutschland gewohnt ist) führt oft dazu, das viel mehr mittels Stethoskop, den Händen und den
eigenen Sinnen gearbeitet wird und man sich gleichzeitig nicht immer in alle Richtungen
absichert. Hierdurch werden die südafrikanischen Ärzte zu extrem guten Diagnostikern
ausgebildet. Die Liste der Krankheitsbilder ist breit gefächert, wobei Tuberkulose und HIV
erwartungsgemäß sehr häufig mindestens als Begleiterkrankung vertreten waren. Allgemein sind
die südafrikanischen Studenten sehr hilfsbereit und offen, helfen zu jeder Zeit, wenn man den
Weg nicht findet, Blutentnahmezubehör sucht und sich durch die vielen Formulare wühlt, die im
teilweise chaotischen Südafrika aber immer in erstaunlicher Anzahl existieren. Zudem gab es
einige onkologische Patienten, die man in Deutschland wahrscheinlich noch durch eine längere
palliative Chemotherapie „gehetzt“ hätte, den dortigen Patienten wurde allerdings in meiner
Empfindung die Entscheidung, ob sie ohne Therapie und Krankenhausaufenthalt, zugunsten eines
schönen restlichen Lebens, nach Hause gehen einfacher gemacht. Besonders in der
Neurochirurgie sind die Ärzte sehr bemüht, den Studenten viel beizubringen. Außerdem darf man
auch häufig im OP assistieren und ist in den wöchentlichen Fortbildungen und Journal Clubs
willkommen.
Cape Town, Südafrika - Aktivitäten außerhalb des Tygerberg Hospital
Kapstadt ist extrem - extrem groß, extrem schön und beherrscht von extremen Unterschieden
zwischen Arm und Reich. Südafrika und das PJ-Tertial im Tygerberg Hospital waren eine sehr
bereichernde Erfahrung. Man konnte durch die Arbeit im Krankenhaus und den Kontakt zu den
Patienten einen großen Einblick in die südafrikanische Gesellschaft erlangen, den man als
normaler Tourist in einem fremden Land in diesem Ausmaß nicht erhalten würde. Zudem kann man
die Zeit neben den Stunden im Krankenhaus nutzen, um ein wunderbares, facettenreiches Land
zu erkunden. Zahlreiche Strände mit beeindruckenden Wellen laden ein, freie Nachmittage am
Meer zu verbringen. Der beeindruckende Tafelberg, der daneben liegende Devil‘s Peak sowie der
kleinere Berg namens Lion‘s Head laden ein zu Wanderungen mit wunderschöner Aussicht. Auf
letzteren wandern bei Vollmond unzählige Menschen um den Blick über die 360°-Aussicht
schweifen zu lassen und Kapstadt und das Meer zu genießen. In Kapstadt gibt es unzählige
einladende Restaurants, Cafés, Bars und Clubs, sozusagen die Qual der Wahl. Im großen Ex-WMStadion finden regelmäßig Konzerte internationaler Musiker und Bands statt. Um mehr über die
Stadt und ihre Geschichte zu erfahren, gibt es geführte „Walking Tours“, die sehr zu empfehlen
sind, und einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Stadt und die verschiedenen Kulturen
geben. Südafrika bezeichnet sich selbst als Regenbogennation und mit der Zeit stellte ich auch
fest, dass dies wirklich zutrifft. Es treffen dort Unmengen unterschiedliche Kulturen, Traditionen
und Weltanschauungen zusammen. Die Zeit der Apartheit ist noch sehr präsent und die
Unterschiede auch heute noch sehr groß. Über diese dunkle Vergangenheit Südafrikas kann man
in Kapstadt sehr viel erfahren, z.B. im District Six-Museum, wo man auch einen geführten Besuch
mit einem Zeitzeugen machen kann.
Auf die immer wiederkehrende Frage über die Sicherheit oder Unsicherheit in Kapstadt kann ich
nur antworten, dass man einen Übergriff generell nie komplett ausschließen kann. Allerdings ist
während meiner Zeit in Südafrika niemandem etwas passiert, ausgenommen SmartphoneTaschendiebstähle auf der Longstreet beim abendlichen Clubbesuch. Empfehlenswert ist es daher,
sich ein altes Handy aus Deutschland mitzubringen oder sich dort ein einfaches Handy für ein paar
Euro zu besorgen (Anbieter für Handy und Simkarte ist z.B. Vodacom) und eben nur das Nötigste
und wenig Geld mitzunehmen. Natürlich ist es auch sicherer, wenn man sich abends nur in
Gruppen bewegt und nicht durch die dunkelsten Straßen läuft. Am besten hilft ein gesunder
Menschenverstand, ein gesundes Misstrauen und kein zu betrunkener Zustand in der Nacht (siehe
Smartphone-Verlust auf der Longstreet). Die Parksituation wird überall durch Parkeinweiser
geregelt, denen man dann einen kleineren Rand-Betrag nach Rückkehr an den bewachten Wagen
geben sollte. Auch im Restaurant sind die Bedienungen auf eine ausreichende Trinkgeldgabe
(10-15 %) angewiesen, da ihr normaler Stundenlohn weit von unseren Standards abweicht.
Normalerweise lernt man in der International Students Lodge immer genug Leute kennen, die
bereit sind über die vielen Möglichkeiten Auskunft zu geben und Tipps für den Besuch von Märkten
am Wochenende (Freitagabend Hout Bay Market, Samstagmorgen Old Buiskit Mill, Woodstock)
weiterzugeben. Die Wochenenden bieten sich jeweils an auch etwas weiter aus Kapstadt heraus
zu fahren, schöne Strecken entlang der Südküste in Richtung Garden Route führen zum De Hoop
Nationalpark (Möglichkeit Zebras und andere Tiere zu beobachten, endlose Dünenlandschaften),
Hermanus (bekannt für seine Walbeobachtungsmöglichkeiten zur Saison) oder über die R62 durch
die Weingegend und über beeindruckende Bergpässe. Wenn es zeitlich passt, ist es sehr zu
empfehlen sich noch etwas Reisezeit vor oder nach dem Aufenthalt einzuplanen, denn es gibt viel
zu entdecken und zu erleben. Ich werde auf jeden Fall nochmals wiederkehren.
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