Beispielseiten (pdf-Datei)

Werbung
19
3.1
Pflanzenökologische Untersuchungen
Abb. 2:
Zwei Studierende messen mit der Scholander-Apparatur die Wasserspannung im Xylem
einer Pflanze.
3.1.1
Artenzahl-Areal-Kurve und Minimumareal
“
Die Erfassung der Häufigkeit und der räumlichen Verteilung von Organismen ist eine
der grundlegendsten ökologischen Untersuchungen und steht am Beginn vieler
bioökologischen Arbeiten. In der Pflanzenökologie erfasst die Vegetationsaufnahme
den Pflanzenbestand in einem bestimmten, standörtlich homogenen Gebiet qualitativ (Arten) und quantitativ (Häufigkeit und Deckung).
2 :
Pflanzengemeinschaften, also Pflanzenbestände einer Fläche mit einheitlichen
Standortsbedingungen, zeichnen sich durch eine auf diesen Flächen gleichbleibende
charakteristische Artengarnitur aus. Für die Charakterisierung der Vegetation genügt
deshalb die Erhebung eines repräsentativen Ausschnittes aus dem Pflanzenbestand. Die notwendige Mindestgrösse der Probefläche bezeichnet man als das Minimumareal. Oft (so auch in diesem Praktikum) wird das Minimumareal selbst ermittelt und definiert (z.B. als diejenige Fläche, in der 90% der Arten vorgefunden
werden), bevor die eigentliche Vegetationsaufnahme durchgeführt wird. Eine Alternative ist die Verwendung von Erfahrungswerten für die Grösse des Minimumareals,
die für die verschiedenen Vegetationstypen existieren (vgl. Tab. 5). Die Minimuma-
20 Untersuchungsmethoden
real-Methode optimiert zwischen der Beschaffung ausreichender Information und der
Begrenzung des Arbeitsaufwandes.
O
In beiden Ökosystemen ist die Artenzahl-Areal-Kurve aufzunehmen und das Minimumareal für die anschliessende Vegetationsaufnahme (Kap. 3.1.2) zu bestimmen.
m6
1 Bestand: 2 Personen, Erfassung ca. 2–3 h, Darstellung ca. 0,5 h.
+
1 Bestand: 2 Messbänder, Schnur, 7 Markierstäbe, Bestimmungsliteratur, Lupe,
Plastiksäcke.
Die voraussichtlich benötigte Fläche für die Bestimmung des Minimumareals muss
hinsichtlich Relief, Boden und Bewirtschaftung und somit hinsichtlich Vegetation homogen sein. Dies ist wichtig, weil sonst verschiedene Ökosysteme erfasst werden.
Diese haben unter Umständen verschiedene Minimumareale, wodurch ein nichts
aussagendes „Misch-Minimumareal“ entsteht. Die Fläche muss nicht unbedingt
quadratisch sein und kann zur Not aus nicht zusammenhängenden homogenen
Teilflächen zusammengesetzt werden.
Ist die Fläche festgelegt, werden darin 2 Messbänder im rechten Winkel ausgelegt.
Danach werden die Pflanzenarten in mindestens sechs zunehmenden Flächengrössen schrittweise erfasst (Aufsummierung; vgl. Abb. 3). Die Kenntnis der Arten ist
für die Ermittlung des Minimumareals eigentlich nicht nötig; es muss nur jede Sippe
(Taxon) unterschieden und notiert werden. Die Sippen können auch mit Phantasienamen gekennzeichnet werden, z.B. Bläuliches Flachsprossgras (Dactylis glomerata), Bläuliches Kissenmoos (Leucobryum glaucum). Für die anschliessende wissenschaftliche Vegetationsaufnahme und ihre Interpretation (siehe Kap. 3.1.2) ist
die Kenntnis der Artnamen jedoch unerlässlich, weswegen die unbekannten Pflanzen gesammelt und später bestimmt werden sollen.
Für die Ermittlung des Minimumareals werden nun in der kleinsten Flächengrösse alle
auftretenden Pflanzenarten (evtl. inkl. Moose) notiert, in den nächstgrösseren Flächen nur die jeweils neu hinzukommenden. Die Flächen werden mit Markierstäben
ausgesteckt (Eckpunkte) und mit der Schnur abgegrenzt. Erfahrungsgemäss geeignete Flächengrössen sind bei gedüngten Wiesen und Äckern sowie Parkrasen und wiesen 0.5 m2 ® 1 m2 ® 2 m2 ® 4 m2 ® 8 m2 ® 16 m2 ® 32 m2, bei der Krautschicht
im Wald (inklusive Holzpflanzen, die <0,5 m hoch sind) Beginn bei 2 m2 und Fortsetzung bis 64 m2, evtl. 128 m2 (für die Baumschicht zusätzlich 256 m2 und 512 m2).
Das Minimumareal ist überschritten, wenn mit zunehmender Flächengrösse keine
neuen Arten hinzukommen. Das Minimumareal kann als diejenige Fläche definiert
werden, in der 90% der Arten vorgefunden werden. Dies ist am besten anhand einer
21
graphischen Darstellung ersichtlich. Unterhalb des Minimumareals ist die Artenzahl
stark von der Grösse der bearbeiteten Fläche abhängig, oberhalb nicht (vgl. Abb. 4).
Die allgemeine Formel für die Artenzahl-Areal-Kurve lautet: A = cúFb , wobei A = Artenzahl; F = Fläche; und b, c Konstanten sind.
✍
Um gleich einen Eindruck der Artenzahl-Areal-Kurve (und der Qualität der eigenen Arbeit) zu erhalten, kann die Kurve direkt im Feld aufgezeichnet werden. Später werden
die Artenzahl-Areal-Kurven (Auftragung der Aufnahmefläche gegen die Artenzahl,
vgl. dazu Abb. 4) beider Ökosysteme mittels Computer-Auswertungsformular
nochmals gezeichnet.
´
· Welche Faktoren beeinflussen den Verlauf der Artenzahl-Areal-Kurve bzw. das Minimumareal?
· Welche Vor- bzw. Nachteile entstehen, wenn die Fläche für eine Vegetationsaufnahme grösser gewählt wird als das Minimumareal?
· Unterscheiden sich die untersuchten Pflanzengemeinschaften in der Artenzahl-ArealKurve? Wenn ja, wieso?
&
Tab. 5:
Homogenität der Aufnahmefläche bedeutet nicht, dass alle Arten gleichmässig verteilt sein müssen. Bei z.B. fleckenartiger Verteilung muss ein entsprechend repräsentativer Ausschnitt aus diesem Mosaik gefunden werden. In Crawley (1986) wird
dargestellt, welche Auswirkung die Verteilung der Arten auf die Form der ArtenzahlAreal-Kurve hat.
Minimumareale verschiedener Vegetationstypen. Die Angaben basieren auf Erfahrungswerten (nach Ellenberg 1956).
Vegetation
Minimumareal [m 2]
Vegetation
Wälder (einschl. Baumschicht)
200
–
500
Düngewiesen
50
–
200
Weiden
Trockenrasen
50
–
100
Ackerunkrautbestände
Streu- und Moorwiesen
20
–
50
(stark gedüngt)
Heiden
10
–
25
Flechtengesellschaften
(nur Unterwuchs)
Minimumareal [m 2]
10
–
25
5
–
10
25
–
100
10
–
25
–
1
0,1
22 Untersuchungsmethoden
0m 1m
Abb. 3:
2m
4m
8m
Anordnungsvorschlag der Teilflächen für die Bestimmung des Minimumareals für die
Vegetationsaufnahme.
30
Artenzahl [n]
25
20
Laubmischwald
Parkrasen
15
10
5
M
M
P
L
0
0
50
100
150
200
250
Aufnahmefläche [m2]
Abb. 4:
Artenzahl-Areal-Kurve eines Laubmischwaldes (aller Schichten) und eines Parkrasens auf
dem Hönggerberg, Zürich (Praktikum 1997). Mp = Minimumareal für die Vegetat ionsaufnahme im Parkrasen (10 m2 ), ML für jene des Laubmischwaldes (150 m2 ).
Herunterladen