DNA und das Genom Der Zellkern unterscheidet sich vom Rest einer Zelle Bereits frühe Untersuchungen zeigten, das sich im Zellkern besondere, sich vom restlichen Zytoplasma unterscheidbare Stoffe befinden. Affinität für bestimmte Farbstoffe „Chromatin“ Die „Eiterzelle“ als Objekt großer Entdeckungen ... 1869 entdeckte Friedrich Miescher (1844-1895) die Nukleinsäure in einem Extrakt aus Eiterzellen und nannte sie „Nuclein“ - abgeleitet von lateinisch nucleus, Kern. Er arbeitete damals im Labor von Felix Hoppe-Seyler im Tübinger Schloß. „Über die chemische Zusammensetzung der Eiterzellen“ Besorgte sich große Mengen Eiter aus dem Städtischen Krankenhaus in Tübingen Wusch Schweinemägen mit Salzsäure aus, um Pepsin zu gewinnen Entfernte chemisch Lipide und Proteine aus den Zellen Übrig blieb ein Stoff, den er „Nuklein“ nannte und der in großen Mengen Phosphor enthielt Auf diese Weise wurde die Nukleinsäure, die es in zwei Varianten gibt, entdeckt. „Sofern wir (...) annehmen wollten, daß eine einzelne Substanz (...) auf irgendeine Art (...) die spezifische Ursache der Befruchtung sei, so müßte man ohne Zweifel vor allem an das Nuclein denken.“ F. Miescher, 1874 Das Nuklein wurde in der Folgezeit in chemischer Hinsicht eingehend untersucht: 1889 fand man den säureähnlichen Charakter des Nukleins Nukleinsäure 1929 entdeckte man, daß die Grundbausteine der Nukleinsäure ein spezieller Zucker (Pentose) sowie vier verschiedenen organischen Basen sind. Der schon von Miescher gefundene Phosphor liegt als Phosphorsäureester vor. die monomere Grundeinheit des Moleküls wurde als Nukleotid bezeichnet die Mengenverhältnisse von Adenin zu Thymin und Cytosin zu Guanin waren jeweils gleich 1 1944 Oswald Avery, Colin McLeod und Maclyn McCarthy konnten zweifelsfrei zeigen, daß die DNA die seit langem gesuchte „Erbsubstanz“, d.h. Träger der Erbinformationen ist. 1953 James Watson und Francis Crick erkannten (nach röntgenkristallographischen Vorarbeiten von Rosalind Franklin die Doppelhelixstruktur des Moleküls. 1961 Entschlüsselung des Genetischen Codes durch Heinrich Matthaei und Marshall Nirenberg Francis Crick (1916-2004) und James Watson „It has not escaped our notice that the specific pairing we have postulated immediately suggests a possible copying mechanism for the genetic material.“ Nobelpreis für Medizin 1961 zusammen mit Maurice Wilkins Die DNA - Anatomie eines Makromoleküls Die Strukturaufklärung gelang 1953 anhand der eines Molekülmodells, welches Watson und Crick unter Nutzung von Röntgenbeugungsbildern entwickelt hatten. - helikal umschwungenes Zucker-Phosphat-Rückrat - dazwischen „Leitersprossen“ aus Purin- und Pyrimidinbasen Die Doppelhelix ist meist rechtsgängig (Rechtsgewinde) Sowohl die DNA als auch die RNA bestehen jeweils aus nur vier verschiedenen Nukleotiden Zucker-Phosphat-Rückrat Phosphorsäureester-Bindung, Zucker fungiert als Alkohol Hier fehlt ein Sauerstoffatom 2‘- Desoxyribose Der Phosphatanteil einer DNA-Monostruktur ist mit der 5‘ – Hydroxylgruppe OH der Pentose verbunden, dessen Kohlenstoff 1‘ C wiederum mit einer organischen Base verbunden ist. DNA-Polymere entstehen durch Kondensationsreaktionen und können aus mehreren Millionen Monomeren aufgebaut sein. Organische Basen: Purine (Voll- und Halbring) und Pyrimidine (Vollring) Die Bindung der komplimentären Stränge erfolgt über zwei bzw. drei Wasserstoffbrücken Die Anbindung an die Pentose des DNA-Gerüstes erfolgt über eine kovalente Bindung an das 1‘-C Atom der Desoxyribose. Eine Purinbase muß sich immer mit einer Pyrimidinbase koppeln, wobei Adenin – Thymin und Guanin – Cytosin (A-T und G-C) gilt. Struktur des DNA-Moleküls Jeder Strang enthält die gleiche Information in jeweils komplimentärer Form Die Basen sind durch energiearme Wasserstoffbrücken verbunden durch Erhitzen lassen sich beide Stränge trennen (Denaturierung) DNA-Moleküle besitzen eine definierte Richtung 5‘-Ende Phosphatgruppe 3‘-Ende Hydroxylgruppe Ableserichtung Größenverhältnisse im DNA-Molekül 3‘ 5‘ Das größte menschliche Chromosom enthält 247 Millionen Basenpaare Moleküllänge: 8.4 cm Die „Länge“ des gesamten diploiden Genoms des Menschen beträgt 2.18 m Aufgrund der Wechselwirkung des DNA-Moleküls mit speziellen Proteinen, den Histonen, kann es soweit aufgewickelt werden, daß es bequem in einen Zellkern paßt. Chromosom Die DNA als Informationsträger lebender Systeme Nochmals etwas Geschichte ... 1944 konnten Oswald Avery, Colin McLeod und Maclyn McCarthy durch Versuche mit der Bakterienart Diplococcus pneumoniae zweifelsfrei nachweisen, daß die genetische Information nicht durch die strukturell artenreichen Proteine, sondern von den eher strukturell langweiligen Nukleinsäuren übertragen wird. Bakterienform S mit Polysaccharid-Kapsel führt zur Infektion und Tod der Maus Bakterienform R ohne Polysaccharid-Kapsel ist harmlos für die Mäuse Erhitzt man den S-Stamm, dann kommt es zu keiner tödlichen Infektion Mischt man Form R mit abgetöteter Form S, dann wird ein Teil der Mäuse infiziert R kann also irgendwie die Information zur Kapsel-Bildung aus abgestorbenen S-Stämmen übernehmen Versuche zeigten, daß die DNA- die gesuchte Substanz war Die Erkenntnis, daß die Nukleinsäuren für die Vererbung verantwortlich sind, konnte sich jedoch nicht sofort unter den Biologen durchsetzen. Erst die noch eindrucksvolleren, 1952 mit T2-Phagen durchgeführten Experimente (Hershey, Chase) waren so überzeugend, daß die DNA seitdem als Erbmolekül anerkannt ist. 35-S 32-P Basenpaarung und genetische Information 3 Pyrimidinbasen (Vollring) - Cytosin / Thymin / Uracil (ersetzt T in RNA) 2 Purinbasen (Vollring+Halbring) – Adenin / Guanin In der DNA ist jeweils eine Pyrimidinbase über entweder 2 (T-A) oder 3 Wasserstoffbrücken (C-G) miteinander verbunden: Mögliche Kombinationen T A C G - A T G C Information komplimentär Das sind die 4 Buchstaben des Gen-Alphabets Nun weiß man, daß die Proteine, die in Lebewesen gefunden werden (beim Menschen rund 30000 Verschiedene) , aus 20 unterschiedlichen Aminosäuren aufgebaut sind. Frage: Wenn ich 4 verschiedene Buchstaben zur Verfügung habe (A, T, G, C), wie viele Buchstaben muß mindesten ein Wort haben, daß ich damit 20 verschiedene Aminosäuren benennen kann? 4 Nukleotide - 4^2 Zweiergruppen 16 Kombinationsmöglichzkeiten 4 Nukleotide - 4^3 Dreiergruppen 64 Kombinationsmöglichkeiten Um 20 verschiedene Aminosäuren zu verschlüsseln, benötige ich mindestens eine Dreiergruppe von Nukleotidsequenzen Triplet oder Codon Die Codierung ist „entartet“, d.h. es gibt für bestimmte Aminosäuren mehrere unterschiedliche Codon (für Leucin, Arginin und Serin z.B. jeweils 6). Spezial-Codons codieren darüber hinaus Anfang- und Ende eines Gens. Die Entschlüsselung des Genetischen Codes Wenn ein Codon (z.B. TGG ) eine bestimmte Aminosäure verschlüsselt, dann ist die Frage, welches Codon welche Aminosäure verschlüsselt: Genetischer Code Die Entschlüsselung des genetischen Codes gelang während der Jahre 1961 bis 1966 in einem dramatischen Wettstreit mehrerer Laboratorien und führte 1968 zur Verleihung des Nobel-Preises an W.M. Nirenberg, R.W. Holley und H.G. Khorona. Das „genetische Wörterbuch“ ist für alle Lebewesen auf der Erde identisch! alles Leben muß einen gemeinsamen Ursprung haben Wenn ein Codon eine Aminosäure codiert, was codiert dann eine Folge von Codons zwischen einem Start-Codon und einem End-Codon (d.h. ein Gen)? Ein Gen codiert die Abfolge der Aminosäuren in einem Protein Die Code-Scheibe (dafür gab es den Nobelpreis) Der genetische Code wird oft über die RNA-Basenfolge festgelegt (statt Thymin -> Urazil) Jede Gensequenz beginnt mit dem Code für Methionin Es gibt drei unterschiedliche Stopcodierungen Bis auf Methionin und Tryptophan gibt es für alle Aminosäuren eine mehrfache Codierung Der Abschnitt zwischen einem Start-Codon und einem End-Codon wird als Gen bezeichnet. Diese Information wird im Zuge der Transkription auf ein mRNA-Molekül übertragen. Anzahl der Gene und typische Gengrößen verschiedener Lebewesen Ein paar kurze Bemerkungen zum menschlichen Genom Das menschliche Genom wurde als erstes Eukaryoten-Genom in den Jahren 1998-2005 vollständig analysiert. Bereits seit 100 Jahren ist bekannt, daß es aus einem doppelten Satz von 23 Chromosomen, sowie dem X- und Y-Chromosom besteht. Hinzu kommt die Mitochondriale DNA. Insgesamt enthält das Genom 3,101,788,170 Basenpaare 20,251 Gene. Nächstes Mal: Aufbau der Gene und Chromosomen