ZIP - Universität Freiburg

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I
Aus der Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik
Abteilung Innere Medizin IV
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.
HÄMANGIOBLASTOME DES
ZENTRALEN NERVENSYSTEMS
UND DIE
VON HIPPEL-LINDAU KRANKHEIT
INAUGURAL - DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i. Br.
Vorgelegt 2001
von Sven Gläsker
geboren in Bünde
II
Dekan
Prof. Dr. M. Berger
1. Gutachter
Prof. Dr. H.P.H Neumann
2. Gutachter
Prof. Dr. J. Zentner
Promotionsjahr
2002
III
Meinen Eltern
Wolfgang und Angela Gläsker
IV
INHALT
1 EINLEITUNG
1
1.1 Das Hämangioblastom des ZNS
1
1.1.1 Klinik und Einteilung
1
1.1.2 Diagnostik und Therapie
3
1.2 Die von Hippel-Lindau Krankheit
5
1.2.1 Klinik und Einteilung
5
1.2.2 Diagnose der von Hippel-Lindau Krankheit
7
1.3 Genetische Grundlagen
8
1.3.1 Mechanismen der Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen
10
1.3.2 Das VHL-Gen
11
1.4 Fragestellung
13
1.4.1 Genetische und klinische Diagnostik bei patienten mit Hämangioblastom
13
1.4.2 Molekulare Pathogenese des Hämangioblastoms
13
2 MATERIAL UND METHODEN
15
2.1 Material
15
2.1.1 Geräte
15
2.1.2 Enzyme
16
2.1.3 Nukleotide und Nukleinsäuren
16
2.1.4 Chemikalien
17
2.1.5 Lösungen
18
2.2 Methoden
23
2.2.1 Register
23
2.2.2 DNA-Extraktion aus EDTA-Blut
24
2.2.3 DNA-Extraktion aus Tumorgewebe
25
2.2.4 Polymerasekettenreaktion
26
2.2.5 Agarosegel-Elektrophorese
28
2.2.6 Acrylamidgel-Elektrophorese
28
2.2.7 Single-Stranded Conformational Polymorphism (SSCP) Analyse
29
2.2.8 Sequenzierung
31
2.2.9 Southern Blotting
31
2.2.10 Verlust der Heterozygotie (LOH)
35
V
2.2.11 Untersuchung der Hypermethylierung
39
2.2.11 Statistik
41
3 ERGEBNISSE
42
3.1 Register
42
3.2 Untersuchung der Blutproben
44
3.2.1 Genetisches VHL-Screening
44
3.2.2 Genotypen
46
3.2.3 Asymptomatische Hämangioblastome
49
3.2.5 Sensitivität
50
3.2.5 Genotyp-Phänotyp Korrelationen
50
3.1.6 Kosten
52
3.3 Analyse der Tumorproben
52
3.3.1 Ergebnisse der SSCP-Analyse
53
3.3.2 Verlust der Heterozygotie (LOH)
54
3.3.3 DNA Methylierung
56
3.3.4 Synopsis
57
4 DISKUSSION
59
4.1 Molekulargenetische Diagnostik
59
4.1.1 Primär symptomatische Hämangioblastome
59
4.1.2 Asymptomatische Hämangioblastome
62
4.1.3 Genotyp-Phänotyp Korrelationen
62
4.1.4 Bedeutung der molekulargenetischen Diagnostik
63
4.2 Die molekulare Pathogenese des Hämangioblastoms
66
4.2.1 Intragenische Mutationen des VHL-Gens
66
4.2.2 Allelverluste
68
4.2.3 DNA Methylierung
69
4.2.4 Die Pathogenese VHL-assoziierter und sporadischer Hämangioblastome
70
5 Zusammenfassung
73
6 Literatur
74
7 Danksagung
87
8 Lebenslauf
88
VI
Abkürzungen
APS
Ammoniumpersulfat
ASCO
American Society of Clinical Oncology
ATP
Adenosintriphosphat
bp
Basenpaare
c
Nukleotid
CpG
Dinukleotid aus Cytosin und Guanosin
CTP
Cytosintriphosphat
DIG
Digoxigenin
DNA
Desoxyribonukleinsäure
EDTA
Ethylendiamintetraacetat
Fab
Antigenbindendes Fragment
GTP
Guanosintriphosphat
LOH
Loss of Heterozygosity
MDE
Mutation Detection Enhancement
MIBG
Metaiodobenzylguanidin
NTP
Nukleotidtriphosphat
PCR
Polymerasekettenreaktion
RNA
Ribonukleinsäure
SD
Standardabweichung
SDS
Natriumlaurylsulfat
SSC
Salz aus Natriumchlorid und Natriumzitrat
SSCP
Single-Stranded Conformational Polymorphism
TE
Tris-EDTA
TBE
Tris-Borsäure-EDTA
TEMED
N, N, N´, N´-Tetramethylmethylendiamin
TNE
Tris-Natrium-EDTA
TTP
Thymidintriphosphat
UTP
Uridintriphosphat
UV
ultraviolett
VHL
von Hippel-Lindau
WHO
World Health Organization
w/v
Gewicht pro Volumen
ZNS
Zentrales Nervensystem
1
1 Einleitung
1 Einleitung
Hämangioblastome des Zentralen Nervensystems (ZNS) sind histologisch gutartige
Tumore, die bevorzugt in der hinteren Schädelgrube auftreten. Der schwedische
Pathologe Arvid Lindau erkannte im Jahre 1927 einen Zusammenhang zwischen
dem Hämangioblastom und einem Netzhauttumor, dem retinalen Angiom (Lindau
1927), für das der deutsche Ophthalmologe Eugen von Hippel die klassische
Beschreibung publizierte (von Hippel 1904). Harvey Cushing wurde auf Lindaus
Erkenntnisse aufmerksam und stufte sie als wichtige neue Krankheitsentität ein. Er
gab ihr den Namen Lindau´sche Krankheit (Fulton 1946). Im Laufe der Jahre erweiterte
sich die Nosologie des später als von Hippel-Lindau Krankheit bezeichneten
Tumorsyndroms, und es wurde die Beteiligung von Niere, Nebenniere und Pankreas
erkannt. Weitere Läsionen folgten.
Die Beteiligung der verschiedenen Organsysteme bei dieser Phakomatose hat immer
eine Herausforderung für die Medizin dargestellt. Insbesondere seit der Entdeckung
des VHL-Tumorsuppressorgens im Jahre 1993 (Latif et al. 1993) hält diese Krankheit
sowohl die klinische als auch die Grundlagenforschung in Atem, und nimmt durch
ihren paradigmatischen Charakter einen zentralen Stellenwert in der Krebsforschung
ein.
Im Folgenden werden die klinischen und molekulargenetischen Grundlagen dieser
Krankheit erläutert.
1.1 Das Hämangioblastom des ZNS
1.1.1 Klinik und Einteilung
Hämangioblastome des ZNS sind histologisch gutartige Tumore (Bohling et al. 2000),
die zumeist in der hinteren Schädelgrube oder im Rückenmarks lokalisiert sind. Sie
können sporadisch oder familiär als Manifestation der später näher beschriebenen
von Hippel-Lindau Krankheit auftreten. In histologischer Hinsicht bestehen
Hämangioblastome
aus
zwei
verschiedenen
Komponenten:
Zwischen
gut
abgrenzbaren, manchmal teleangiektatisch erweiterten Kapillaren befinden sich
Trabekel großer Stromazellen, die durch ihre Lipidbeladung schaumig imponieren
(siehe Abb. 1A). Obwohl es inzwischen klare Hinweise darauf gibt, dass nicht die
2
1 Einleitung
Kapillarendothelien, sondern die interstitiellen Zellen entartet sind (Lee et al. 1998), ist
die Herkunft des Hämangioblastoms ist noch nicht vollständig geklärt.
Die Inzidenz des Tumors beträgt 1 bis 2,5 % aller intrakraniellen Neoplasien (Ferrante
et al. 1984) und 7 - 12 % aller Tumore der hinteren Schädelgrube (Palmer 1972).
Typischerweise wachsen die Tumore mit einer großen Zyste, die wandständig einen
kleinen soliden Anteil, den eigentlichen Tumor, enthält (siehe Abb. 1A). Die Zysten
enthalten eine bernsteinfarbene Flüssigkeit und formieren sich im Bereich des
Rückenmarks zu Syringen. Als paraneoplastische Erscheinung enthält diese
Flüssigkeit in hohem Maße Erythropoietin (Neumann 1995), welches jedoch im Serum
normale Werte aufweist und meist nicht mit einer Polyglobulie einhergeht (Neumann et
al. 1991).
1A
A
B
Abbildung 1A und B: Typischer radiologischer und histologischer Befund eines Hämangioblastoms.
A) T2 gewichtetes Kernspintomogramm in sagittaler Schichtung mit Gadolinium als Kontrastmittel. Typischer Befund in der
hinteren Schädelgrube mit großem zystischen Anteil und einem kleinen, randständigen und soliden Tumoranteil (schwarzer
Pfeil). B) Hämatoxylin-Eosin Färbung eines soliden Tumorteils.
Neben Kopfschmerzen stehen bei den infratentoriellen Tumoren Übelkeit, Ataxie,
Nystagmus, Vertigo und Dysmetrie im Vordergrund, während die spinalen Tumore
fokale neurologische Defizite auf und unterhalb Läsionshöhe aufweisen (Jones et al.
1992).
Trotz ihres histologisch gutartigen Erscheinens und des langsamen Wachstums
haben Hämangioblastome eine hohe Mortalität (Lamiell et al. 1989; Maher et al. 1990;
Neumann 1987) und stellen die häufigste Todesursache bei VHL-Patienten dar (Maher et
3
1 Einleitung
al. 1997). Verantwortlich dafür sind expandierende Tumorzysten, die zu einer akuten
Beeinträchtigung der Liquorzirkulation führen können. Weiterhin bereitet das multiple
Auftreten der Tumore bei VHL-Patienten häufig Schwierigkeiten.
1.1.2 Diagnostik und Therapie
Für die primäre Diagnostik und Verlaufsbeobachtung der Tumore ist die
Kernspintomographie mit Gadolinium als Kontrastmittel das Verfahren der Wahl
(Filling-Katz et al. 1991; Resche et al. 1993).
Dabei müssen differentialdiagnostisch die
zystische Form des Astrozytoms, das Medulloblastom und das Ependymom
abgegrenzt werden (Naidich et al. 1977). Ebenso kommen Metastasen, so insbesondere
Absiedlungen des klarzelligen Nierenkarzinoms in Betracht (Resche et al. 1993).
Liegen entsprechende OP-Indikationen vor, besteht die Therapie klassischerweise in
einer mikrochirurgischen Exzision des Tumors. Weiterhin wird derzeit am Stanford
University Medical Center eine weniger invasive radiochirurgische Technologie mit
guten vorläufigen Ergebnissen bei VHL-Patienten getestet (Chang et al. 1998). Die
Gruppe setzt für einige der Tumore ein neu entwickeltes radiochirurgisches
Instrument namens „Cyberknife“ ein, welches einen von einem Roboterarm
gesteuerten Linearbeschleuniger verwendet. Eine für den Patienten unangenehme
Fixierung des Schädels in einem Rahmen ist hierbei nicht nötig (s. Abb. 2c) (Adler et
al. 1997). In der Studie wurden bei 13 VHL-Patienten insgesamt 29 Tumore mit
durchschnittlich 23,2 Gy behandelt. Nur einer der Tumore setzte sein Wachstum fort,
die restlichen wurden im Wachstum aufgehalten, wurden kleiner oder verschwanden.
Abbildung 2 A und B zeigen ein Beispiel für ein Hämangioblastom, das mit dem
Cyberknife behandelt wurde.
4
A
1 Einleitung
B
C
Abbildung 2: Hämangioblastom (Pfeil) im Zervikalmark vor (A) und 7 Monate nach (B) Behandlung
mit dem Cyberknife (C). Einzelheiten im Text. Mit freundlicher Genehmigung von John R. Adler, M.D.,
Stanford University Medical Center.
Beim rechtzeitigen Erkennen der von Hippel-Lindau Krankheit und adäquater
Behandlung des Tumors ist die Prognose des Hämangioblastoms per se aufgrund
der modernen mikrochirurgischen Behandlungsmöglichkeiten sehr gut.
5
1 Einleitung
1.2 Die von Hippel-Lindau Krankheit
1.2.1 Klinik und Einteilung
Die von Hippel-Lindau Krankheit ist eine hereditäre Multisystemerkrankung. Sie wird
autosomal dominant vererbt und besitzt eine bemerkenswerte phänotypische
Variabilität. Im Folgenden werden die wesentlichen Läsionen im Einzelnen
besprochen (s. Tab.1 und Abb. 3):
RETINALE ANGIOME
HÄMANGIOBLASTOME DES ZNS
PANKREASZYSTEN
PHÄOCHROMOZYTOME
NIERENZYSTEN UND KARZINOME
Abbildung 3: Häufige Manifestationen der von Hippel-Lindau Krankheit.
Hämangioblastome des zentralen Nervensystems einschließlich der Retina sind bei
den meisten Patienten die erste Manifestation der von Hippel-Lindau Krankheit
(Maddock et al. 1996). Retinale Angiome treten häufig multipel auf und werden dann als
Angiomatosis retinae bezeichnet. Unbehandelt führen sie oft ohne Prodromi zur
Ablatio retinae und damit zur Erblindung. Werden sie aber rechtzeitig entdeckt,
können sie meist gut mit einer Lasertherapie behandelt werden (Schmidt et al. 2000).
Als Nierenveränderungen im Rahmen der von Hippel-Lindau Krankheit kommen
Nierenzysten und klarzellige Nierenzellkarzinome vor. Nierenzysten sind dabei
häufig, verursachen aber selten Beschwerden (Maher et al. 1990; Richard et al. 1994). Im
Gegenteil dazu sind die Nierenkarzinome bei VHL-Patienten ein zentrales und für die
Behandlung schwieriges Problem. Sie treten häufig multizentrisch und bilateral auf,
6
1 Einleitung
wobei ein Teil der Tumore makroskopisch nicht zu identifizieren ist. Mehrfache
Operationen wegen neuer Primärtumore sind daher meist unumgänglich.
Um
eine
bilaterale
Nephrektomie
mit
daraus
resultierender
terminaler
Niereninsuffizienz zu vermeiden, werden die Patienten in Freiburg seit 1991, sofern
möglich, organerhaltend operiert. Grundlage hierfür ist, dass Nierenkarzinome bei
VHL-Patienten im Gegensatz zu sporadischen Nierenkarzinomen erst relativ spät
metastasieren. So zeigte eine Studie von Neumann und Mitarbeitern, dass
Nierenkarzinome bei VHL-Patienten im allgemeinen erst ab einer Größe von sieben
Zentimetern metastasieren (Neumann et al. 1998). Die Tumore werden daher überwacht
und bei einer Größe von etwa fünf Zentimetern organerhaltend entfernt (Neumann et al.
1997). Dadurch ergibt sich für VHL-assoziierte Nierenkarzinome im Vergleich zu
sporadischen eine verbesserte Prognose. Voraussetzung dafür ist allerdings ein
rechtzeitiges Erkennen der Hippel-Lindau Krankheit.
Läsion
Häufigkeit
Manifestationsalter
Retinales Angiom
57%
25,4 a
Hämangioblastom des ZNS
61%
29,0 a
Nierenkarzinom
22%
44,0 a
Nierenzysten
33%
Phäochromozytom
19%
Pankreaszysten
14%
Nebenhodenzystadenome
17%
20,2 a
Tabelle 1: Wahrscheinlichkeit des Auftretens der häufigsten Läsionen bei unselektierten VHL-Patienten (Lamiell et al. 1989)
und durchschnittliches Manifestationsalter (Maher et al. 1990).
Phäochromozytome sind eine weitere Manifestation der Erkrankung. Aufgrund der
meist verspätet gestellten Diagnose sind diese zumeist gutartigen, endokrin aktiven
Tumore des Nebennierenmarks und Sympathikusgrenzstranges problematisch.
Grund dafür sind die missverständlichen Symptome der Phäochromozytome wie
Kopfschmerzen, Herzklopfen und Schweißausbrüche, sowie das junge Alter der
Patienten bei VHL-assoziierter Manifestation. Durch Freisetzung von Adrenalin und
Noradrenalin verursachen diese Neoplasien eine arterielle Hypertonie. Diagnostiziert
werden die Tumore mittels Kernspintomographie, Metaiodobenzylguanidin (MIBG)Szintigraphie und Katecholaminbestimmung im 24h Sammelurin. Bemerkenswert ist
die große Variabilität im Auftreten des Phäochromozytoms bei VHL-Patienten. Bei
bestimmten konstitutionellen Mutationen, den unten näher besprochenen Missense-
7
1 Einleitung
Mutationen, kommt der Tumor häufig vor, während er sich bei anderen Mutationen
mit umfangreicheren Alterationen des resultierenden VHL-Proteins kaum findet
(Neumann et al. 1998). Auch beim Phäochromozytom ist die Diagnose der Hippel-Lindau
Krankheit
von
laparoskopischen
entscheidender
Bedeutung,
nebennierenerhaltenden
da
VHL-Patienten
mit
Phäochromozytom-Chirurgie
der
eine
weniger invasive Therapie zur Verfügung steht (Neumann et al. 1999) und ein
chirurgisch induziertes Addison-Syndrom vermieden werden kann.
Als Pankreasveränderungen treten bei VHL-Patienten Pankreaszysten und in
seltenen Fällen Inselzelltumore auf. Einen Beteiligung des Pankreas ist bei der
Hippel-Lindau Krankheit nicht selten, beschränkt sich aber meistens auf multiple
Pankreaszysten. Die endokrin meist inaktiven Inselzelltumore treten seltener, sind
dann allerdings häufig maligne.
Weitere seltenere Manifestationen der Hippel-Lindau Krankheit sind Innenohrtumore
(Kempermann et al. 1996), Nebenhodenzystadenome (de Souza Andrade et al. 1985) und
sehr selten finden sich Astrozytome (Ng et al. 1999).
Die Lebenserwartung der betroffenen Patienten ist bei unselektierten VHL-Patienten
um etwa 15 bis 20 Jahre vermindert (Maher et al. 1990).
1.2.2 Diagnose der von Hippel-Lindau Krankheit
Die große Vielfalt und Variabilität der genannten Läsionen hat zur Folge, dass die
Diagnose meist Jahre zu spät gestellt wird (Maddock et al. 1996). Die Kriterien zur
Diagnosestellung wurden erstmals 1964 von Melmon und Rosen definiert (Melmon et
al. 1964), und von Neumann, Maher und Choyke entsprechend der genotypischen
Daten modifiziert (Neumann 1987; Maher et al. 1990; Choyke et al. 1995) und lauten heute
unter Einbeziehung der Gendiagnostik wie folgt:
Die Diagnose der von Hippel-Lindau Krankheit wird dann gestellt, wenn ein Patient
ein retinales oder zentralnervöses Hämangioblastom hat und zusätzlich (I) eine
weitere Läsion aus Tabelle 1 oder (II) einen Verwandten mit einer Läsion aus Tabelle
1 oder (III) einen positiven molekulargenetischen Test aufweist.
Die betroffenen Personen sowie auch deren asymptomatische mutationstragende
Verwandte benötigen eine lebenslange intensive Betreuung und müssen etwa
jährlich einem aufwendigem klinischen Screeningprogramm unterzogen werden.
8
1 Einleitung
Hier eröffnet die molekulargenetische Diagnostik neue Perspektiven, die es
ermöglichen, die Erkrankung bei asymptomatischen Familienmitgliedern festzustellen
oder auszuschließen und damit ein gezieltes Familienscreening durchzuführen. Das
klinische Screeningprogramm ist in Tabelle 2 zusammengefasst.
Klinisches VHL Screening-Programm
Kernspintomographie des Gehirns mit Kontrastmittel
Kernspintomographie des Rückenmarks mit Kontrastmittel
Kernspintomographie oder Computertomographie des Abdomens
Augenärztliche Untersuchung (Retinoskopie)
Katecholaminbestimmung im 24 h Urin
Tabelle 2: Klinisches Screeningprogramm für potentielle VHL-Patienten (Neumann 1987). Die Untersuchungen sollten jährlich durchgeführt werden.
Der großen phänotypischen Variabilität der Hippel-Lindau Krankheit, die mit
Genotypen korreliert, ist man mit einer Einteilung in Untergruppen nachgekommen
(Neumann und Bender 1998).
Die Familien mit VHL Typ 1 können sämtliche
Manifestationen der Krankheit außer dem Phäochromozytom bekommen. Bei den
Familien mit Phäochromozytom (VHL Typ 2) unterscheidet man drei Subgruppen.
Typ 2A ohne Nierenzellkarzinom, Typ 2B mit Nierenzellkarzinom und Typ 2C, bei
denen das Phäochromozytom als einzige Manifestation der Hippel-Lindau Krankheit
vorkommt. Neuste Genotyp-Phänotyp Studien der Freiburger Gruppe zeigen
allerdings, dass die Typisierung lediglich ein Dominieren der Tumortypen
kennzeichnet. So kommen beim Typ 2A sehr selten auch Nierenkarzinome, beim
Typ 2C sehr selten auch retinale Angiome vor. Es fällt auf, dass sich bei VHL Typ 2
zu 96 % Missense-Mutationen finden.
Ursache der Hippel-Lindau Krankheit ist eine konstitutionelle Mutation des VHL
Tumorsuppressorgens. Im nächsten Abschnitt werden die Grundlagen der
Tumorsuppressorgene und insbesondere des VHL-Gens beleuchtet.
1.3 Genetische Grundlagen
Es gilt als erwiesen, dass Tumore durch Veränderungen in der DNA entstehen.
Dabei spielt die Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen sowie die Aktivierung von
9
1 Einleitung
Protoonkogenen eine entscheidende Rolle.
Alfred Knudson stellte dazu schon im Jahre 1971, lange vor der Entdeckung der
genannten Krebsgene, anhand statistischer Berechnungen ein Postulat auf, das als
"two hit"- Theorie bekannt wurde und auch heute noch für die Pathogenese vieler
Tumore
als
zentrales
Dogma
angesehen
wird.
Er
postulierte,
dass
das
Retinoblastom, ein seltener kindlicher Augentumor, durch zwei sukzessive Läsionen
im Genom ausgelöst wird (Knudson 1971). Diese beiden Läsionen seien aufgrund der
Diploidie des menschlichen Genoms vonnöten. Dabei sollte der Mechanismus bei
der erblichen und bei der sporadischen Form des Tumors derselbe sein. Bei der
erblichen Form läge nach Knudson die erste Läsion bereits in der konstitutionellen
DNA vor und die zweite erfolge somatisch. Bei der sporadischen Form hingegen
seien beide Mutationen somatisch (siehe Abb. 4).
Familiäre Tumorentstehung ↓
Sporadische Tumorentstehung ↓
Konstitutionelle
Mutation
Keimzelle
Somatische
Mutation
1. Somatische
Mutation
Somat.
Zelle
2. Somatische
Mutation
Tumoretstehung
Tumoretstehung
Abbildung 4: Die klassische "two hit"-Theorie basierend auf statistischen Analysen von Alfred Knudson. Vergleich zeitlicher
Mutationsabfolge bei familiären und sporadischen Tumore. Beim familiären Tumor ist die erste Mutation bereits in der Keimzelle
vorhanden.
Die Existenz von Genen, die die Entstehung von Tumoren unterdrücken, wurde
erstmals 1914 von Theodor Boveri postuliert (Boveri 1914). Inzwischen wurden
mehrere
solcher
Tumorsuppressorgene
und
die
entsprechenden
erblichen
10
1 Einleitung
Tumorsyndrome entdeckt. Bekannte Beispiele sind neben dem VHL-Gen das p53
Gen (Vogelstein et al. 1989) beim Li-Fraumeni-Karzinomsyndrom, das Retinoblastomgen
(Friend et al. 1986), die Wilms-Tumor-Gene (Francke et al. 1979), das Neurofibromatose
Typ-1-Gen (Wallace et al. 1990) und das Adenomatöse Polyposis-coli-Gen (Forrester et al.
1987). Diese klassische „two hit“-Theorie wird auch als Mechanismus für die
molekulare Pathogenese des Hämangioblastoms postuliert (Kanno et al. 1994; Lee et al.
1998; Oberstrass et al. 1996).
1.3.1 Mechanismen der Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen
Wie beschrieben führt die Inaktivierung beider Allele eines Tumorsuppressorgens zur
Tumorentstehung. Dabei werden unterschiedliche Mechanismen der Inaktivierung
diskutiert. Das erste Allel wird typischerweise durch eine innerhalb des Gens
gelegene (intragenische) Mutation inaktiviert, welche durch die Single Stranded
Conformational Polymorphism (SSCP)-Analyse oder durch einen Southern Blot
nachgewiesen werden kann. Hierbei finden sich Punktmutationen, Mikrodeletionen,
Mikroinsertionen und auch größere Deletionen. Die Inaktivierung des zweiten Allels
geschieht charakteristischerweise durch einen Rekombinationsfehler, wobei größere
Chromosomenabschnitte verloren gehen, die das entsprechende Wildtyp Allel
enthalten. Diese lassen sich durch den Verlust der Heterozygotie (LOH) für
polymorphe DNA Marker innerhalb oder nahe am Tumorsuppressorgen nachweisen
(Marshall 1991).
Seit einiger Zeit wird ein weiterer Mechanismus diskutiert: Die Inaktivierung eines
Tumorsuppressorgens durch Hypermethylierung von Sequenzen seines Promoters,
die reich an 5´-CG-3´ Dinukleotiden sind, sogenannter „CpG-islands“. Schon länger
bekannt ist die Tatsache, dass Tumor-DNA ein verändertes Methylierungsmuster
aufweist. Nicht in Inseln gelegene CpGs werden hypomethyliert, während die in
CpG-Inseln dicht hypermethyliert werden (Antequera et al. 1990; Baylin et al. 1998; Jones
1996). Weiterhin weiß man, dass Gene durch Hypermethylierung ihres Promoters
inaktiviert werden können. Dies ist beispielsweise bei der Inaktivierung des XChromosoms und beim genomic imprinting hinlänglich bekannt (Baylin et al. 1998).
Schließlich wurde dieser Mechanismus auch für VHL-assoziierte klarzellige
Nierenkarzinome nachgewiesen (Herman et al. 1994).
Bisher ist allerdings noch unklar, welche Rolle die Hypermethylierung spielt und ob
sie überhaupt das primär inaktivierende Ereignis ist oder eine Folge anderer
11
inaktivierender
Mechanismen.
Bewiesen
1 Einleitung
ist
bisher
lediglich,
dass
ein
Zusammenhang zwischen Methylierung und Expressionsregulation besteht (Li et al.
1993).
1.3.2 Das VHL-Gen
Das VHL-Gen ist eines der erläuterten Tumorsuppressorgene. Ein defektes VHLGen wird für die von Hippel-Lindau Krankheit verantwortlich gemacht.
Seizinger und Mitarbeiter haben den Ort des VHL-Gens 1988 auf dem kurzen Arm
des Chromosoms 3 (3p25,26) durch genomic mapping lokalisiert (Seizinger et al. 1988).
Im Jahre 1993 gelang es dann Latif und Mitarbeitern, das VHL-Gen durch positional
cloning zu isolieren (Latif et al. 1993). Drei Exons beinhalten eine codierende Sequenz
von 852 Nukleotiden und erstrecken sich über eine Region von 20 Kilobasen. Dem
Ende des dritten Exons schließt sich eine lange 3´ untranslatierte Region an (siehe
Abb. 5).
Abbildung 5: Das VHL-Gen und seine Domänen (utr= nicht translatierte Bereiche).
Es befinden sich zwei Startcodons im ersten Exon, von denen das erste bei
Nukleotid 213 und das zweite bei Nukleotid 373 liegt. Das größere VHL-Protein misst
213 Aminosäuren und hat ein Molekulargewicht von 28-30 kDa. Die ersten 54
Aminosäuren bis zum zweiten Startcodon bestehen aus Wiederholungen von
GxEEx-Sequenzen (G=Glycin, E=Glutamin, x=beliebige Aminosäure) und scheinen
bei der Tumorsuppression keine Relevanz zu haben (Iliopoulos et al. 1998; Schoenfeld et
al. 1998).
12
1 Einleitung
Die Struktur des VHL-Proteins besteht aus sieben β-Faltblatt Domänen und einer
kurzen α-helikalen Domäne, die mehr als die Hälfte der Mutationen enthält. Diese ist
für die Bindung an Elongin C maßgeblich. Die Struktur des VHL - Elongin C - Elongin
B - Komplexes wurde kürzlich aufgeklärt.
Abbildung 6: Die Struktur des VHL - Elongin C - Elongin B - Komplexes (Stebbins et al. 1999). Mit freundlicher Genehmigung
von „Science“ (Journal of the American Association for the Advancement of Science).
Die Sequenz des VHL Proteins hat keine Homologien zu anderen bekannten
Proteinen. Seine Bindungspartner aber teilen Homologien mit Komponenten des
SCF (Skp1-Cul1-F-box) Proteinkomplexes, der viele Zellzyklus-Regulatoren zur
Ubiquitin-vermittelten Proteolyse führt (Kipreos et al. 1996).
Zu den Funktionen des VHL-Gens zählt die negative Regulation hypoxieinduzierbarer mRNAs (Maxwell et al. 1999). Dies erfolgt durch Zerstörung des
Transkriptionsfaktors HIF (hypoxia-inducible factor) durch einen Komplex aus einer
E3 Ubiquitin-Ligase und dem VHL-Protein bei Anwesenheit von Sauerstoff. Weiterhin
zählen zu den Funktionen des VHL-Gens das korrekte Zusammenfügen der
extrazellulären Fibronektinmatrix (Ohh et al. 1998), die Regulation des Austritts aus
dem Zellteilungszyklus (Pause et al. 1998) und die Expressionsregulation der
Carboanhydrasen neun und zwölf (Ivanov et al. 1998).
13
1 Einleitung
1.4 Fragestellung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zum einen mit der molekulargenetischen und
klinischen Diagnostik der von Hippel-Lindau Krankheit und zum anderen mit der
molekularen Pathogenese von sporadischen und VHL-assoziierten Hämangioblastomen des Zentralen Nervensystems.
1.4.1 Genetische und klinische Diagnostik bei Patienten mit
Hämangioblastomen
Es soll die Frage geklärt werden, welche Bedeutung die molekulargenetische
Diagnostik für Patienten mit primär symptomatischem Hämangioblastom hat.
Dabei interessieren folgende Punkte:
a)
Welche Sensitivität erreicht die genetische, welche die klinische Diagnostik?
b)
Wie häufig sind Mutationen des VHL-Gens bei Patienten mit primär
symptomatischen Hämangioblastomen? Wie viele der primär symptomatischen Hämangioblastom-Patienten ohne klinischen Hinweis auf die von
Hippel-Lindau Krankheit haben eine Mutation des VHL-Gens?
c)
Welche Konsequenzen und welchen Nutzen hat die Gendiagnostik für
Patienten mit Hämangioblastomen und ihre Familienmitglieder?
1.4.2 Molekulare
Pathogenese
sporadischer
und
VHL-assoziierter
Hämangioblastome
Bisherige genetische Studien, die sich mit Hämangioblastomen befasst haben,
basierten auf kleinen Fallzahlen und haben nicht alle Mechanismen der
Inaktivierung
untersucht.
Diese
Studien
haben
sehr
unterschiedliche
Ergebnisse erzielt (Crossey et al. 1994; Kanno et al. 1994; Lee et al. 1998;
Oberstrass et al. 1996; Prowse et al. 1997; Tse et al. 1997; Vortmeyer et al.
1997). Um die Bedeutung der einzelnen Inaktivierungsmechanismen des VHLGens bei Hämangioblastomen des ZNS zu klären, sollten folgende Fragen
beantwortet werden:
a)
Wie häufig sind intragenische Mutationen, LOH von 3p und Hypermethylierung
bei einer großen Stichprobe dieser Tumore? Wie sind diese Mechanismen
miteinander kombiniert?
14
b)
1 Einleitung
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Mutation des ersten und zweiten
Allels des VHL-Gens bei zentralnervösen Hämangioblastomen?
c)
Welche molekulargenetischen Mechanismen liegen der Entstehung von
sporadischen Hämangioblastomen zu Grunde?
15
2 Material und Methoden
2 Material und Methoden
2.1 Material
2.1.1 Geräte
Agarosegel-Elektrophoresekammer
Agagel Standard Typ G 45/1, Biometra,
Göttingen
Geltrockner
SE 1160, Hoefer Scientific Instruments,
San Francisco, USA
Heizblock
DB 3 A, Techne, Cambridge, UK
Membran-Vakuumpumpe
MZ2C/1,7m3/h, Vacuubrand, Wertheim
Polaroid-Kamera
PHC 34, Hoefer Scientific Instruments,
San Francisco, USA
Polyacrylamidgel-
SE 1600, Hoefer Scientific Instruments,
Elektrophoresekammer
San Francisco, USA
Spannungsgeräte
Power-All 3000 V/ 200mA, Hoefer Scientific
Instruments, San Francisco, USA
Thermocycler
60/2, Biomed, Theres
UV-Transilluminator
UVTM-25, Hoefer Scientific Instruments,
San Francisco, USA
Zentrifuge
a) bis 2 ml Reaktionsgefäße
Biofuge 13, Heraeus, Osterode
b) bis 50 ml Reaktionsgefäße
Hettich Rotixa/RP, Tuttlingen
16
2 Material und Methoden
2.1.2 Enzyme
Taq-DNA-Polymerase
Gibco BRC, Eggenstein
Proteinase K
Boehringer Mannheim
Restriktionsendonukleasen:
Acc I
New England Biolabs, Beverly, MA/USA
Eco RI
Boehringer Mannheim
Ehe I
New England Biolabs, Beverly, MA/USA
Hae III
Boehringer Mannheim
Die zu den Restriktionsenzymen gehörenden
10 x Puffer wurden in verwendungsfertiger
Form von denselben Herstellern bezogen.
Anti-Digoxygenin-AP,
Boehringer Mannheim
Fab-Fragmente
2.1.3 Nukleotide und Nukleinsäuren
dATP, dGTP, dTTP, dCTP
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
DIG-11-UTP (Digoxygenin-11-2´-
Boehringer Mannheim
desoxy-uridin-5´-triphosphat, Alkali-labil)
DNA-Längenstandard II,
Boehringer Mannheim
Digoxigenin-markiert
DNA-Längenstandard X
Boehringer Mannheim
(0,07-12,2kbp)
Primer-Oligonukleotide
Birsner & Grob-Biotech GmbH, Denzlingen
17
2 Material und Methoden
2.1.4 Chemikalien
Agarose
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
Ammoniumpersulfat
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
Borsäure
Merck, Darmstadt
Bromphenolblau
Merck, Darmstadt
Chloroform
Mallinckrodt Baker B.V., Deventer, Holland
Ethidiumbromid
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
Ethylendiamintetraacetat (EDTA)
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
Ficoll© 400
Pharmacia Biotech AB, Uppsala, Schweden
GENECLEAN© II DNA Purification Kit
BIO 101, Vista, CA, USA
Hybridisierungspuffer
DIG Easy Hyb, Boehringer Mannheim
Hydroxychiolin
Merck, Darmstadt
Igepal CA-630
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
Magnesiumchlorid
Merck, Darmstadt
Mineralöl
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
MDE-Gel Lösung (2x)
FMC Bioproducts Europe
18
2 Material und Methoden
NBT/BCIP-Stammlösung
Boehringer Mannheim
Natriumcarbonat (wasserfrei, reinst)
Merck, Darmstadt
Phenol (kristallin, reinst)
Merck, Darmstadt
SDS (Natriumdodecylsulfat)
Carl Roth GmbH & Co., Karlsruhe
Silikonpaste
Baysilone (mittelviskos), Bayer AG,
Leverkusen
TEMED (N, N, N´, N´-Tetramethyl-
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
methylendiamin)
Tris[hydroxymethyl]aminomethan
Amersham Life Science, Cleveland, USA
Triton-X-100 (t-Ocytylphenoxypoly-
Sigma Chemical Co., St Louis, USA
ethoxyethanol)
Xylencyanol
Merck, Darmstadt
Alle weiteren Chemikalien wurden in analysereiner Form von der Firma Merck
bezogen.
2.1.5 Lösungen
6 x Agarosegel-Ladepuffer
12,5 mg Bromphenolblau
12,5 mg Xylencyanol
7,5 g Ficoll (Typ 400)
ddH2O ad 50 ml, bei 4 °C lagern
20 % APS (Ammoniumpersulfat)
0,2 g APS
19
2 Material und Methoden
1,0 ml ddH2O
bei 4 °C aufbewahren
1x Blockierungslösung
10x Blocking buffer
1: 10 in 1x Maleinsäurepuffer
1x Detektionspuffer
100 mM Tris-HCl (pH 9,5)
100 mM NaCl
1x DIG-Waschpuffer
0,3 % (w/v) Tween 20
in 1x Maleinsäure-Puffer
10x Maleinsäurepuffer
116,1 g Maleinsäure
87,66 g NaCl
in 500 ml dH2O lösen, pH ad 7,5 mit 5 N
NaOH
dH2O ad 1000 ml
0,5 x Mutation Detection Enhancement (MDE)-Acrylamid-Gel
a) ohne Glycerol
15 ml MDE-Gellösung (2 x)
3,6 ml 10 x TBE
41,4 ml ddH2O
versetzt mit 120 µl APS und 24 µl TEMED
b) mit Glycerol
15 ml MDE-Gellösung (2 x)
3,6 ml 10 x TBE
3 ml Glycerol
38,4 ml ddH2O
versetzt mit 120 µl APS und 24 µl TEMED
20
Natriumacetat pH 5,3
2 Material und Methoden
12,3 g in 40 ml ddH2O
5 ml 99,8 % Essigsäure
ddH2O ad 50 ml
10 x dNTP-Lösung
2 mM je dNTP in ddH2O
10 x PCR-Puffer
100 mM Tris-HCl (pH 8,3)
500 mM KCl
10-25 mM MgCl2
0,1 % Gelatine
in ddH2O, aliquotiert bei -20 °C aufbewahren
Phenol-Hydroxychinolin-Lösung
1,0 kg Phenol (kristallines Phenol bei 65 °C
im Wasserbad schmelzen)
1,0 g Hydroxychinolin
mit Tris-HCl pH 8 (0,5 M und 100 mM)
äquilibrieren bis pH > 7,8
bei 4 °C lagern
Reduktionslösung (Silberfärbung)
60 g Na2CO3
1,0 ml Formaldehyd (37 %)
dH2O ad 2 l
2 x Saccharoselösung
218 g Saccharose
2,4 g Tris
2,03 g MgCl2 x 6 H2O
20 ml Triton X-100
ddH2O ad 1 l, mit HCl auf pH 7,6 einstellen,
bei 4 °C lagern
Salz-EDTA
2,19 g NaCl
4,46 g EDTA
mit 1 M NaOH auf pH 8 einstellen,
ddH2O ad 500 ml, bei 4 °C aufbewahren
21
12 mM Silbernitratlösung
2 Material und Methoden
2 g AgNO3
dH2O ad 1000 ml
maximal zwei Wochen bei Raumtemperatur
lagern
20 x SSC
175,3 g NaCl
88,2 g Na-Citrat Dihydrat
dH2O ad 1000 ml
SSCP-Ladepuffer
47,5 ml Formamid
100 µl 5 N NaOH
0,125 g Bromphenolblau
0,125 g Xylencyanol
10 x TBE
108 g Tris
55 g Borsäure
40 ml 0,5 M EDTA (pH 8,0)
ddH2O ad 1 l
TE-Puffer pH 8,0
500 µl 1 M Tris-HCl (mit 37 % HCl auf pH 8,0)
100 µl 0,5 M EDTA (mit 37 % HCl auf pH 8,0)
ddH2O ad 50 ml
TNE
5,0 ml 1 M Tris-HCl pH (8,0)
10 ml 5 M NaCl
2,1 g EDTA
mit 5 M NaOH auf pH 7,5 titrieren,
ddH2O ad 500 ml, bei 4 °C lagern
TNE/SDS/Proteinase K-Lösung
2,7 ml TNE
(5 ml für eine Probe)
0,6 ml 10 % SDS
0,2 ml Proteinase K (10 mg/ml)
22
10 x Warner´s Lösung
2 Material und Methoden
81,1 g NaCl
3,7 g KCl
0,3 g MgCl2
ddH2O ad 1 l, Lagerung bei 4 °C
23
2 Material und Methoden
2.2 Methoden
2.2.1 Register
Zunächst wurde ein Register aller „primär symptomatischen“ HämangioblastomPatienten aufgestellt, die im Zeitraum von 1983 bis 1998 in der Neurochirurgischen
Universitätsklinik Freiburg operiert wurden („primär symptomatisch“ soll hierbei
bedeuten, dass diejenigen ausgeschlossen sind, die im Familien-Screening entdeckt
wurden und erst sekundär symptomatisch wurden). Außerdem wurden weitere primär
symptomatische Patienten aus anderen Zentren in das Register aufgenommen, die
zum genetischen Test an die Freiburger Universitätsklinik überwiesen wurden. Es
wurden von jedem Patienten die folgenden Daten systematisch erfasst:
Persönliche Daten: Name, Geschlecht, Geburtsdatum, Operationsdatum, Alter bei der
ersten Operation, Wohnort des Patienten, Ort der Operation.
Klinische Daten: Erhoben wurden Daten zur neurologischen Symptomatik, dem
Auftreten anderer Manifestationen der von Hippel-Lindau Erkrankung inklusive
Zeitpunkt der Feststellung beziehungsweise des Ausschlusses retinaler Angiome,
klarzelliger
Nierenkarzinome,
Phäochromozytome,
Pankreaszysten
und
einer
Nebenhodenbeteiligung. Außerdem wurden radiologische Daten zur Lokalisation der
einzelnen Tumore sowie zu deren Größe (jeweils solider und zystischer Anteil) zu
Beginn und im Verlauf der Krankheit festgehalten.
Des weiteren wurden eingehend familienanamnestische Daten erhoben, wobei das
Vorkommen von Hirntumoren sowie anderer Manifestationen der von Hippel-Lindau
Erkrankung evaluiert wurden.
Es wurden diejenigen Patienten als Hippel-Lindau Patienten klassifiziert, die neben
dem Hämangioblastom außerdem (1) retinale Angiome, klarzellige Nierenkarzinome,
Phäochromozytome, Pankreaszysten oder Zystadenome des Nebenhodens oder (2)
einen Verwandten ersten Grades mit mindestens einer der genannten Läsionen oder
(3) beim genetischen Test ein positives Ergebnis hatten.
Weiterhin wurden den Patienten 10 ml EDTA-antikoaguliertes Blut zur molekulargenetischen Analyse abgenommen. Bei denjenigen Patienten, bei denen eine
Mutationsträgerschaft
nachgewiesen
wurde,
wurden
auch
primär
nicht
symptomatische Familienmitglieder genetisch untersucht. Im Falle eines positiven
24
2 Material und Methoden
Befundes wurden auch sie dem klinischen Screeningprogramm nach Tabelle 1 (Seite
6) unterzogen.
Soweit verfügbar wurden außerdem Gewebsproben der Tumore gewonnen. Diese
wurden innerhalb einer halben Stunde nach Tumorexzision in flüssigem Stickstoff
schockgefroren und dann bei -80 °C bis zur DNA-Extraktion gelagert. Die Blutproben
wurden bei -20 °C tiefgefroren und bis zur DNA-Extraktion gelagert.
2.2.2 DNA-Extraktion aus EDTA-Blut
Die konstitutionelle DNA wird aus peripheren Blutleukozyten durch eine PhenolChloroformextraktion (Sambrook et al. 1989) gewonnen:
1)
Man gibt 10 ml mit EDTA-antikoaguliertes Vollblut eines Patienten in ein steriles
50 ml Röhrchen. Dazu füllt man 20 ml einer 2 x Saccharose-Lösung, 500 µl
einer 10 % Igepal CA-630-Lösung. Schließlich füllt man das Röhrchen mit 1 x
Warner´s ad 40 ml, mischt gut und inkubiert 20 min bei Raumtemperatur. Dabei
wird die Plasmamembran lysiert.
2)
Das Gemisch wird für 20 min bei 3500 rpm und 4 °C zentrifugiert. Der
Überstand wird dekantiert.
3)
Das Pellet wird mit 1 x Warner´s Lösung gewaschen und nochmals 10 min bei
3500 rpm zentrifugiert. Der Überstand wird dekantiert, die Waschlösung sollte
gut auslaufen.
4)
Man gibt nun zu dem Pellet 3,5 ml TNE/SDS/Proteinase K-Lösung und 2,5 ml
Salz-EDTA-Lösung
und
zerkleinert
das
Pellet
vorsichtig
mit
einer
Pasteurpipette. In der darauf folgenden Inkubation bei 55 °C über Nacht werden
die Kernmembranen aufgelöst (SDS), sowie darin enthaltene Proteine
hydrolysiert (Proteinase K).
5)
Das Lysat wird in ein phenolresistentes 15 ml Röhrchen überführt und ein
äquivalentes Volumen (etwa 6 ml) Phenol-Hydroxychinolin-Lösung hinzugefügt.
Man lässt das Röhrchen dann 15 min auf einem Rotator schwenken, wodurch
die Proteine in die organische Phenolphase übergehen, während die DNA in
der wässrigen Phase verbleibt.
25
6)
2 Material und Methoden
Es folgt eine zehnminütige Zentrifugation bei 2000 rpm und Raumtemperatur,
der wässrige Überstand wird mit einer Transferpipette in ein weiteres 15 ml
Röhrchen gegeben. Dieser Vorgang wird ab Punkt 5 insgesamt zweimal mit
Phenol-Hydroxychinolin,
einmal
mit
einem
Phenol-Chloroform-
Isoamylalkoholgemisch (25:24:1) und schließlich mit reinem Chloroform
durchgeführt.
7)
Zuletzt wird die gereinigte DNA mit 60 µl 1 M Kaliumchlorid und zwei
Volumenteilen absolutem Alkohol (-20 °C) gefällt. Die präzipitierte DNA wird
dann mit einer ausgezogenen Pasteurpipette entnommen und je nach Menge in
200 bis 1500 ml TE-Puffer resuspendiert und bei 4 °C aufbewahrt. Falls die
DNA nicht ausfällt, wird die Lösung über Nacht bei -20 °C gelagert, bei 4°C 10
min mit 3500 rpm zentrifugiert, dekantiert und das luftgetrocknete Pellet in 200
µl TE-Puffer gelöst.
8)
Für die PCR erweisen sich Verdünnungen von 1:10 bis 1:100 in ddH2O als
günstig.
2.2.3 DNA-Extraktion aus Tumorgewebe
Die DNA-Extraktion erfolgte aus Tumorgewebe, welches postoperativ unverzüglich in
flüssigem Stickstoff schockgefroren wurde und bei -80 °C gelagert wurde.
1)
Ein 5 x 5 mm großes Stück des aufgetauten Tumors wird in eine sterile
Wägschale gegeben und mit einem sterilen Skalpell zerkleinert.
2)
Das zerkleinerte Gewebe wird in ein steriles 50 ml Röhrchen gegeben und mit
3,5 ml TNE/SDS/Proteinase K-Lösung sowie 2,5 ml Salz-EDTA-Lösung
versetzt. Bei sehr kleinen Tumoren sollten entsprechend geringere Mengen an
Lösungen eingesetzt werden. In der darauf folgenden Inkubation bei 55 °C über
Nacht werden die Zellmembranen und Kernmembranen aufgelöst (SDS), sowie
darin enthaltene Proteine hydrolysiert (Proteinase K).
3)
Sofern die Lyse vollständig ist, kann mit der Phenol-Extraktion wie in Punkt 5
unter 2.2.2 beschrieben fortgefahren werden. Sollte die Lyse unvollständig sein,
kann man nochmals 200 µl Proteinase K hinzufügen und neu inkubieren.
4)
Die Tumor-DNA für die PCR höher verdünnen (1:100).
26
2 Material und Methoden
2.2.4 Polymerasekettenreaktion
(nach Saiki et al. 1985)
Die
Polymerasekettenreaktion
chromosomaler
Abschnitte.
Das
(PCR)
dient
der
Amplifikation
spezifischer
Verfahren basiert auf der Replikation von
Einzelstrang-DNA mittels einer thermostabilen DNA-Polymerase in mehreren Zyklen,
die
jeweils
aus
drei
Teilschritten
bestehen.
Im
ersten
Schritt
wird
das
Reaktionsgemisch auf 95 °C erhitzt, so dass sich Strang und Gegenstrang der DNA
voneinander trennen. Im zweiten Schritt (Primer-Annealing) wird die Temperatur auf
einen Wert gesenkt, der den Primer-Oligonukleotiden eine Hybridisierung mit den
DNA-Einzelsträngen ermöglicht. Zur Replikation eines bestimmten chromosomalen
Abschnitts werden zwei unterschiedliche Primer verwendet, deren Sequenz jeweils
komplementär zu flankierenden Regionen am 3´-Ende von Strang und Gegenstrang
ist.
In
dieser
Weise
determinieren
die Sequenzen des Primerpaares den
chromosomalen Abschnitt, der während der Polymerasekettenreaktion amplifiziert
wird. Ausgehend von den Primer-Oligonukleotiden werden im letzten Teilschritt des
Zyklus nach der Primeranlagerung Strang und Gegenstrang als komplementäre
DNA-Moleküle synthetisiert. Dies geschieht bei 72 °C, da bei dieser Temperatur die
Taq-Polymerase ihre optimale Aktivität besitzt. Im nächsten Zyklus stehen neben den
ursprünglichen Strängen auch die neu synthetisierten Moleküle für das PrimerAnnealing zur Verfügung.
Die Polymerasekettenreaktion wurde in 0,5 ml Eppendorf Reaktionsgefäßen
durchgeführt. Die Ansätze variieren je nach Versuchsanordnung und sind in den
entsprechenden Abschnitten aufgeführt. Um ein Verdampfen der im Allgemeinen
kleinen Ansatzvolumina zu vermeiden, wird
jeder Ansatz mit 4 µl Paraffinöl
überschichtet.
In der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt neun verschiedene Fragmente des VHLGens oder seiner nächsten Umgebung amplifiziert. Die Angaben über die zugehörigen
Primer sind
Tabelle 3 zu entnehmen. Die Angaben über die PCR-Bedingungen
bezüglich der Annealing-Temperatur und MgCl2-Konzentration wurden experimentell
ermittelt.
27
Primer
Primersequenz ( 5´ 3´)
2 Material und Methoden
[MgCl2]
TA
Referenz
1,5
62
Gnarra et al., 1994
1,0
62
Gnarra et al., 1994
1,5
60
Gnarra et al., 1994
1,5
60
Gnarra et al., 1994
1,5
55
Payne et al., 1994
1,0
50
1,0
50
1,5
61
[mM]
1
F: GAGGCAGGCGTCGAAGAGTACGGC
2
R: GACTGCGATTGCAGAAGATGACCT
3
F: GGCCCGTGCTGCGCTCGGTGAACT
4
R: GACCGTGCTATCGTCCCTGC
5
F: CTTTAACAACCTTTGCTTGTCCCG
6
R: GTCTATCCTGTACTTACCACAACA
7
F: CTGAGACCCTAGTCTGCCACTGAG
8
R: CAAAAGCTGAGATGAAACAGTGTA
9
F: CTGCCCATTAGAGAAGTATTT
10
R: AATTCCCACTGAATTACGTATA
11
F: CCTCGCCTCCGTTACAACAGCCTA
4
R: GACCGTGCTATCGTCCCTGC
12
F: AGGCATTGTGATGTTTAGGGGCA
13
R: CTCGTATTTTCTGTGCGGATGG
14
F: ACAGTAACGAGTTGGCCTAG
15
R: CTGCGTGCGCGCTCCCGAGT
16
F: AAAGGGGTTCAGGAAACCTG
17
R: TCCAGTAAGAGGCTTCCTAG
Sekido et al.,
1994
1,0
50
Jones et al., 1992
Tabelle 3: Eingesetzte Primer mit Referenzen und PCR-Bedingungen. (F: Forward-Primer; R: Revers-Primer (jeweils in 5´→3´Richtung); [MgCl2]: Magnesiumchloridkonzentration; TA: Annealing-Temperatur)
Die Polymerasekettenreaktion läuft für 30 bis 35 Zyklen mit
1)
30 s
94 °C Denaturierung
2)
40 s
TA
3)
30 s
72 °C DNA-Synthese
Primer-Annealing
Vor dem ersten Schritt wird einmalig für 5 min bei 96 °C denaturiert. Nach dem letzten
Schritt wird zusätzlich für 10 min bei 72 °C elongiert, um unvollständige
Amplifikationsprodukte zu vermeiden.
28
2 Material und Methoden
2.2.5 Agarosegel-Elektrophorese
Die Agarosegelelektrophorese kam beim Southern Blotting und bei der Untersuchung
auf Hypermethylierung zum Einsatz. Außerdem wurden sie zur Kontrolle einiger
Amplifikationsprodukte einer Polymerasekettenreaktion verwendet.
Zunächst wird das UV-transparente Geltablett gereinigt und an den Seiten abgeklebt.
Daraufhin wird die jeweils prozentual angegebene Menge Agarose (w/v) in 80 ml 1x
TBE gelöst und kurz aufgekocht. Nachdem sie leicht abgekühlt aber noch nicht erstarrt
ist, werden 20 µl Ethidiumbromid-Stammlösung (10 mg/ml dH2O) hinzugefügt, die
Kämme eingesetzt und das Gel gegossen. Das Gel wird in eine horizontale Kammer
gelegt und in 1x TBE gebettet.
Die DNA-Proben werden vor dem Auftrag auf das Gel mit 6x Agarosegel-Ladepuffer
versetzt. Um die Länge und Konzentration der Nukleinsäuren im Gel abschätzen zu
können, wird auch ein DNA-Längenstandard aufgetragen. Die Auftrennungszeit
beträgt 30 min bei 100 Volt, beziehungsweise 4 h und 80 Volt beim Southern Blot. Bei
der Bewegung durch das Agarose-Gel werden die DNA-Fragmente entsprechend ihrer
Länge aufgetrennt. Im Unterschied zum Acrylamid-Gel treten hierbei Veränderungen
aufgrund von Punktmutationen nicht zu Tage.
Die Banden im Gel können dann ohne weitere Maßnahmen unter UV-Licht der
Wellenlänge 366 nm sichtbar gemacht und mit einer Polaroid-Kamera fotografiert und
dokumentiert werden.
2.2.6 Acrylamidgel-Elektrophorese
Die Acrylamid-Gelelektrophorese wurde bei den SSCP- und LOH-Untersuchungen
verwendet.
2.2.6.1 Herstellung eines Acrylamid-Gels
Hierzu werden zwei Glasplatten gründlich mit Wasser und anschließend mit 70
prozentigem Ethanol gereinigt. Die Platte, von der sich das Gel nachher zuerst lösen
soll, wird mit Acrylease behandelt. Danach werden die Platten waagerecht
aufeinander gelegt und an den Längsseiten Spacer (0,35 mm) eingesetzt. Die
Unterseite wird abgeklebt. Als nächstes werden die MDE-Lösungen wie unter 1.1.5
29
2 Material und Methoden
beschrieben zusammengefügt und die Polymerisation mit Ammoniumpersulfat (APS)
und N,N,N´,N´-Tetramethylmethylendiamin (TEMED) gestartet. Das Gel wird nun
luftblasenfrei gegossen und ein Taschenkamm wird eingesetzt. Bevor das Gel in die
Elektrophoresekammer eingesetzt wird, sollte es mindestens eine Stunde lang
auspolymerisieren. Sobald der Taschenkamm entfernt wurde, müssen die Taschen
unverzüglich durchgespült werden. Bevor die DNA-Proben geladen werden, legt man
für eine halbe Stunde eine Spannung von 250 Volt an das Gel.
2.2.6.2 Silberfärbung eines Acrylamid-Gels
(nach Budowle et al. 1991)
Nach beendeter Elektrophorese wird die mit Acrylease behandelte Glasplatte
abgelöst. Das Gel verbleibt auf der anderen Platte und wird in einen Färberahmen
eingespannt (Bender et al. 1994). Dieser ist so konstruiert, dass alle Seiten des nun
frei liegenden Gels durch den darauf liegenden Rahmen abgedichtet sind.
Die Entwicklung beginnt mit der Applikation von einprozentiger Salpetersäure auf das
Gel. Nach drei Minuten wird diese abgegossen und dreimal mit dH2O gespült.
Daraufhin wird das Gel für 20 min mit Silbernitrat (12 mM) inkubiert. Dabei wird es mit
einer Platte abgedunkelt. Im Anschluss wird wiederum dreimal mit dH2O gespült. Jetzt
wird die Reduktionslösung zugegeben und nach kurzem Schwänken gleich wieder
abgeschüttet. Frische Reduktionslösung wird hinzugegeben und verbleibt so lange bis
die Banden die gewünschte Intensität erreichen. Dabei werden die von der DNA
gebundenen Silberionen durch das Formaldehyd in der Reduktionslösung reduziert
und sichtbar gemacht. Mehrfaches Wechseln der Reduktionslösung verhindert eine
starke Anfärbung des Hintergrundes. Zuletzt wird die Färbereaktion mit 10 prozentiger
Essigsäure gestoppt. Nachdem der Rahmen entfernt wurde wird das Gel mit
Filterpapier (Schleicher und Schuell, Nr. 2316) von der Glasplatte abgelöst und mit
einem Geltrockner für eine Stunde bei 80 °C getrocknet.
2.2.7 Single-Stranded Conformational Polymorphism (SSCP)-Analyse
Die
Single-Stranded
Conformational
Poymorphism
(SSCP)
Analyse
ist
ein
molekulargenetisches Screeningverfahren, welches dazu in der Lage ist, Allelspezifische Sequenzunterschiede bis hin zu einem einzelnen Nukleotid zu detektieren.
30
2 Material und Methoden
Die Methode weist mit hoher Sensitivität Polymorphismen sowie krankheitsverursachende Mutationen nach (Ainsworth et al. 1991).
Es
wurden
insgesamt
vier
Polymerasekettenreaktion
Fragmente
amplifiziert
und
des
VHL-Gens
untersucht.
Dabei
mittels
wurden
einer
die
Primeroligonukleotide so gewählt, dass die untersuchten Fragmente die meisten
Mutationen abdeckten. Für das Exon 1 wurden die Primerpaare 1/2 und 3/4 verwendet
(siehe 2.2.4). Das Exon 2 wurde mit den beiden intronischen Primern 5 und 6 komplett
amplifiziert, während mit dem Primerpaar 7/8 der translatierte Abschnitt des Exons 3
untersucht
wurde. Die
Polymerasekettenreaktion wurde unter den in 2.2.3
beschriebenen Bedingungen über 30 Zyklen durchgeführt. Das Reaktionsvolumen
betrug 10 µl, worin enthalten waren:
• 4,9 µl ddH2O
• 1 µl 10x PCR-Puffer (Mg-Konzentration ist Tabelle 3 zu entnehmen)
• 1 µl 10x dNTP-Lösung
• 1 µl Primer A (20 pmol/ml)
• 1 µl Primer B (20 pmol/ml)
• 1 µl extrahierte DNA (1:10 verdünnt)
• 0,1 µl Taq-Polymerase
4 µl des amplifizierten Fragments wurden dann mit 6 µl SSCP-Ladepuffer versehen
und 3 min bei 95 °C durch die Hitze und das im Puffer enthaltene Formamid
denaturiert. Damit die Einzelstränge nicht rehybridisieren, muss die Probe danach
unverzüglich auf Eis gebettet werden.
Die Proben wurden dann auf ein in 2.2.6 beschriebenes Acrylamid-Gel geladen. Die
Fragmente aus den Primerpaaren 1/2 und 7/8 wurden ohne Glycerol über Nacht bei 3
Watt aufgetrennt. Für das Primerpaar 5/6 wurde ein Acrylamid-Gel mit Glycerol
verwendet. Dieses wurde bei 5 Watt über Nacht aufgetrennt. Die Sequenz aus den
Primern 3 und 4 wurde wegen der Unschärfe ihrer Banden sowohl mit als auch ohne
Glycerol untersucht.
Bei der Auftrennung in dem nicht denaturierenden Gel werden Strang und
Gegenstrang, sowie eventuell mutierte Allele aufgetrennt, obgleich sie primär eine
identische Länge haben. Dies ist folgendermaßen zu erklären: Die Einzelstrang-DNA
liegt unter nicht denaturierenden Bedingungen in einer gefalteten Konformation vor,
die von ihrer Primärsequenz abhängt und durch intramolekulare Interaktionen
stabilisiert wird. Punktmutationen verändern die Primärsequenz und somit auch die
dreidimensionale
Struktur
des
Einzelstranges.
Die
Geschwindigkeit
der
31
2 Material und Methoden
Einzelstrangmoleküle im Gel hängt somit von ihrer Konformation ab. Liegt eine
Punktmutation also heterozygot vor, so entstehen zwei zusätzlich mögliche
Konformationen. Diese werden dann im Gel als zusätzliche Banden neben den beiden
korrespondierenden Einzelsträngen ohne Punktmutation sichtbar.
Zuletzt wurden die Gele gefärbt und getrocknet wie beschrieben.
2.2.8 Sequenzierung
Bei denjenigen Proben, die im SSCP auffällig waren, wurden aberrierende Banden
nach dem Trocknen aus dem Gel ausgeschnitten. Nach Lagerung über 16 h in TEPuffer diffundiert ein Großteil der DNA in den Puffer und kann wie unter 2.2.4
beschrieben nochmals mit den gleichen Primern in einem Gesamtvolumen von 100 µl
reamplifiziert werden. Die Ausbeute wird durch Auftragen von 5 µl in einem
dreiprozentigem Agarose-Gel kontrolliert und die Probe wurde an ein auf
Sequenzierung spezialisiertes Labor geschickt. Die Sequenzierung erfolgte mit
fluoreszenz-markierten
Primern
nach
der
Dideoxymethode
in
einem
halbautomatischen Sequenzierer.
2.2.9 Southern Blot
Diese Methode wurde eingesetzt, um Deletionen im VHL-Gen nachzuweisen. Hierbei
wurde mit Eco RI verdaute genomische DNA in einem Agarose-Gel aufgetrennt und
durch einen kapillären Blot auf eine Nylonmembran übertragen. Hier wurde sie dann
mit zwei selbst hergestellten, Digoxigenin-markierten Sonden am Anfang und am
Ende des VHL-Gens hybridisiert. Diese wurden dann durch einen Antikörper
enzymatisch detektiert.
2.2.9.1 Eco RI-Verdau genomischer DNA und Auftrennung in einem Agarose-Gel
Es werden 7,5 µg DNA mit 40 U Eco RI, sowie dazugehörigem Inkubationspuffer und
ddH2O zu einem Gesamtvolumen von 100 µl in ein 1,5 ml Reaktionsgefäß pipettiert.
Die Spaltung der DNA erfolgt bei 37 °C über Nacht. Am nächsten Tag wird zuerst das
Enzym durch zwanzigminütiges Erhitzen auf 65 °C inaktiviert. Danach werden 10 µl 3
32
2 Material und Methoden
M Natriumacetat (pH 5,3) und 275 µl absoluter Ethanol dazugegeben. Bei -20 °C wird
in vier Stunden die verdaute DNA durch das Salz und den Alkohol gefällt. Es erfolgt
eine 25minütige Zentrifugation bei 13000 rpm. Der Überstand wird vorsichtig
dekantiert und verworfen. Das Pellet wird in 70 prozentigem Ethanol gewaschen,
nochmals zehn Minuten bei 13000 rpm zentrifugiert, dekantiert und eine halbe Stunde
bei Raumtemperatur getrocknet. Danach wird es in 10 µl ddH2O aufgenommen und
zusammen mit 3 µl Ladepuffer in ein 0,6 % Agarose-Gel wie unter 2.2.5 beschrieben
geladen und aufgetrennt. Zusätzlich zu den Proben wird noch ein Digoxigeninmarkierter λ Hind III Längenstandard (DNA-Längenstandard II) aufgetragen. Vor dem
Auftragen auf das Gel werden 2 µl Längenmarker mit 8 µl TE und 3 µl Ladepuffer drei
Minuten lang bei 60 °C erhitzt.
2.2.9.2 Kapillärer Transfer
(nach Southern 1975)
Bei dieser Methode werden DNA-Fragmente mit einer hochkonzentrierten Salzlösung
durch kapilläre Kräfte auf eine positiv geladene Nylonmembran transferiert. Die
Ausbeute hängt dabei stark von der Größe der Fragmente ab. Um diese zu
optimieren, wird das Phosphodiestergerüst der DNA stellenweise hydrolysiert. Dazu
wird das Gel zunächst maximal zehn Minuten in 0,25 N Salzsäure schüttelnd bei
Raumtemperatur inkubiert. Dabei wird die DNA partiell depuriniert. Nach Waschen mit
dH2O wird das Gel zweimal 15 Minuten lang einer 0,5 N NaOH/ 1,5 M NaCl-Lösung
exponiert. Die DNA bricht an den depurinierten Stellen in Fragmente von ungefähr 1
kb Länge. Zuletzt wird das Gel in 0,5 M Tris/ 2,5 M NaCl (pH 7,5) zweimal 15 Minuten
lang neutralisiert. Nun erfolgt der Blot nach unten stehender Abbildung (siehe Abb. 7)
über Nacht in 20 x SSC. Dabei entsteht ein Flüssigkeitsstrom durch das Gel, der die
DNA mitzieht. Selbige bleibt dann mit ihrem negativ geladenen Phosphodiestergerüst
an der positiv geladenen Nylonmembran hängen.
33
2 Material und Methoden
Abbildung 7: Aufbau des Southern Blot. Der 20 x SSC-Puffer wird durch die kapillären Kräfte des Filterpapiers durch das Gel
und die Membran gezogen. Dabei werden die DNA-Fragmente mitgerissen und bleiben mit ihrem negativ geladenen
Phosphatrückgrat an der positiv geladenen Nylonmembran hängen.
Bevor mit der Hybridisierung begonnen werden kann, müssen die DNA-Bruchstücke
kovalent an die Membran gebunden werden. Dies erfolgt durch Bestrahlung mit
ultraviolettem Licht einer Wellenlänge von 254 nm für zehn Minuten (Khandjian et al.
1986). Danach wird das Gel zwei Minuten lang in 2 x SSC gespült.
2.2.9.3 Hybridisierung
Zunächst müssen die Digoxigenin-markierten Sonden für das VHL-Gen hergestellt
werden. Dies erfolgt durch Polymerasekettenreaktion (siehe 2.2.4). Dabei werden zwei
Fragmente amplifiziert, wobei mit dem ersten Primerpaar (11/4) das gesamte erste
Exon vervielfältigt wird und mit dem zweiten Primerpaar (12/13) ein Fragment im
untranslatierten Bereich des Exons 3. Es werden dazu für jedes Fragment drei
Ansätze mit jeweils 100 µl gemacht. Diese enthalten:
• 49 µl ddH2O
• 10 µl PCR-Puffer
• 10 µl Primer 11 beziehungsweise 12
• 10 µl Primer 4 beziehungsweise 13
• 10 µl dNTP-Mix
• 10 µl genomische DNA (1:10 verdünnt)
• 1 µl Taq-Polymerase
Die
Polymerasekettenreaktion
wird
dann
unter
den
in
2.2.4
angegebenen
Bedingungen für 30 Zyklen durchgeführt. Die Produkte (603 und 641 bp) werden mit
dem GeneClean DNA Purification Kit entsprechend den Angaben des Herstellers
gereinigt.
34
2 Material und Methoden
Jetzt erfolgt die Herstellung der Digoxigenin-markierten Sonden. Dazu wird eine
zweite Polymerasekettenreaktion durchgeführt, wobei an Stelle des gewöhnlichen
dNTP-Mixes Dig-11-dUTP und dTTP im Verhältnis 1:2 zugegeben werden. Die
anderen Desoxynukleotide werden in den üblichen Konzentrationen zugeführt. In den
100 µl Reaktionsvolumen sind enthalten:
• 10 µl PCR-Puffer
• 10 µl Primer 11 beziehungsweise 12
• 10 µl Primer 4 beziehungsweise 13
• 10 µl dATP/dCTP/dGTP-Mix (2 mM Stocklösung)
• 7 µl Dig-11-dUTP (1 mM Stocklösung)
• 10 µl dTTP (1,3 mM Stocklösung)
• 10 µl genomische DNA (1:10 verdünnt)
• 1 µl Taq-Polymerase
• 20 ng aufgereinigtes Template
• ddH2O ad 100 µl
Die PCR wird für 35 Zyklen mit den unter 2.2.4 an gegebenen Bedingungen
durchgeführt. Die Ausbeute wird auf einem Agarose-Gel kontrolliert.
Nun wird zunächst noch die Nylonmembran zwei Stunden in 20 ml reinem
Hybridisierungspuffer unter leichter Rotation bei 50 °C für zwei Studen prähybridisiert.
Damit blockiert man unspezifische Bindungsstellen für Nukleinsäuren auf der
Membran. Daraufhin werden die selbst hergestellten Sonden zehn Minuten bei 95 °C
denaturiert und danach auf Eis gekühlt. Nach abgelaufener Prähybridisierung werden
diese direkt in den Hybridisierungspuffer gegeben. Es sollten 25 ng Sonde pro ml
Puffer eingesetzt werden. Hybridisiert wird bei 50 °C über Nacht unter leichter
Rotation. Dabei lagern sich die Sonden an diejenigen Eco RI-Fragmente an, die ihre
komplementäre
wiederverwendet
Sequenz
werden.
enthalten.
Sie
Die
werden
Sonden
hierzu
können
nach
bis
zu
Gebrauch
fünfmal
mitsamt
Hybridisierungspuffer bei -20 °C gelagert. Vor erneuter Verwendung müssen sie dann
allerdings zehn Minuten bei 68 °C denaturiert werden.
2.2.9.4 Immunologische Detektion
Zuerst muss man ungebundenes, überschüssiges Sondenmaterial entfernen. Dies
geschieht durch folgenden Waschvorgang: Zunächst wird fünf Minuten bei
Raumtemperatur unter Rotation mit 2x SSC/ 0,1 % SDS gewaschen. Die Lösung wird
abgekippt und der Vorgang wird einmal wiederholt. Danach wird zweimal bei 50 °C für
35
2 Material und Methoden
15 min ebenfalls unter Rotation mit 0,5x SSC/ 0,1 % SDS gewaschen. Die nun
folgenden Schritte erfolgen alle bei Raumtemperatur unter Rotation.
1)
Dreiminütige Äquilibrierung in DIG-Waschpuffer.
2)
Blockierung freier Bindungsstellen auf der Membran durch Inkubation in 100 ml
frisch angesetzter Blockierungslösung für 30 min.
3)
Bindung des Antikörpers: Anti-Digoxigenin-Alkalische Phosphatase-Konjugat
wird in 30 ml Blockierungslösung auf 150 mU/ml verdünnt (1: 5000). Die
Membran wird darin 30 min luftblasenfrei inkubiert. Dabei binden die FabFragmente an das Digoxigenin in den Sonden.
4)
Zweimal 15 min mit je 100 ml DIG-Waschpuffer waschen.
5)
Äquilibrierung mit 20 ml Detektionspuffer für zwei Minuten.
6)
Detektion: 400 µl NBT/BCIP-Stammlösung werden in 20 ml Detektionspuffer auf
1:5000 verdünnt. Die nun folgende Inkubation muss unter Ausschuss von Licht
und ohne Rotation stattfinden. Die Alkalische Phosphatase setzt NBT/BCIP zu
einem grauviolettem Farbstoff um. Die Banden werden nach fünf Minuten bis 24
Stunden sichtbar.
7)
Ist die gewünschte Farbintensität erreicht, wird die Färbereaktion in dH2O
abgestoppt. Die Membran kann, falls gewünscht, für weitere Hybridisierungen in
TE-Puffer gelagert werden.
8)
Die Resultate können entweder durch Fotokopieren der nassen Membran,
durch Fotografie oder durch Einscannen in einen Computer dokumentiert
werden. Die Farbe auf der Membran verblasst mit der Zeit.
2.2.10 Verlust der Heterozygotie (LOH)
Hier kamen drei verschiedene Methoden zum Einsatz. Die erste beruht auf einem
Polymorphismus am Nukleotid 1149, die zweite beruht auf einem Polymorphismus am
Nukleotid 19 und die dritte auf einem Dinucleotide-repeat-polymorphism.
36
2 Material und Methoden
2.2.10.1 Verlust der Heterozygotie (LOH) am Nukleotid 1149
(Nach Payne et al. 1994)
Dieser Nachweis des Verlustes eines gesamten Allels des VHL-Gens basiert auf
einem Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus im untranslatierten Bereich des
dritten
Exons.
Es
wird
ein
Verlust
des
heterozygoten
Vorliegens
dieses
Polymorphismus im Tumor nachgewiesen. Dieser Polymorphismus betrifft das
Nukleotid 1149. Hier enthält die DNA entweder ein A oder G (Latif et al. 1993). Dazu
wird zuerst ein Fragment, welches dieses Nukleotid enthält mittels einer PCR
amplifiziert (Primerpaar 9/10). Die Restriktionsfragmentanalyse wird erst dadurch
ermöglicht, dass durch einen speziell gewählten reversen Primer an Position 1154 ein
C an Stelle eines A eingefügt wird. Dadurch entsteht eine Acc I-Schnittstelle
(GTATAC) im Falle des G-Allels bei Nukleotid 1149 (siehe Abb. 8).
Polymorphismus Nukleotid 1149 A/G
A
Genomische DNA: 5´-----GGAGGTTT GTATAAGTAATTCAGTGGGAATTGCAGCA-----3´
Reverser Primer 10 (siehe 2.2.4):
5´ ATATGCATTAAGTCACCCTTAA
3´
Austausch A/C am Nukleotid 1154
3´-Ende des PCR-ampliA
fizierten Fragments: 5´-----GGAGGTTT GTATACGTAATTCAGTGGGAATT 3´
Acc I-Schnittstelle:
GTATAC
Abbildung 8: Generierung einer Acc I-Schnittstelle im untranslatierten Bereich des Exons 3 durch Austausch eines Nukleotides
mittels eines speziell gewählten reversen Primers.
Ist am Nukleotid 1149 ein G vorhanden (32 %), kann das Restriktionsenzym Acc I das
amplifizierte 110 bp-Fragment in ein 89 bp- und ein 21 bp-Fragment zerschneiden. Ist
das Nukleotid 1149 ein A (68 %), schneidet Acc I nicht. Beim Auftrennen der
verdauten Fragmente in einem Acrylamid-Gel erscheint dann entweder nur die 110 bp
Bande (homozygot A, 46 % nach Payne et al.) oder die 89 bp und die 21 bp-Bande
sichtbar (homozygot G, 10 %) oder aber alle drei Banden (heterozygot, 44 %). Einen
eventuellen Verlust der Heterozygotie im Tumorgewebe kann man somit nur bei den
44 % der Patienten untersuchen, bei denen die Blut-DNA für diesen Polymorphismus
heterozygot ist. Die 56 % Homozygoten sind bei dieser Methode nicht informativ.
37
2 Material und Methoden
Es folgen die genauen Reaktionsbedingungen:
1)
Zunächst wird das genannte Fragment aus genomischer DNA von je Blut und
Tumor durch eine Polymerasekettenreaktion amplifiziert (siehe 2.2.4). In den je
10 µl PCR-Volumen sind enthalten:
•
4,9 µl ddH2O
•
1 µl 10x PCR-Puffer (1,5 mM MgCl2)
•
1 µl 10x dNTP-Lösung
•
1 µl Primer 9 (20 pmol/ml)
•
1 µl Primer 10 (20 pmol/ml)
•
1 µl extrahierte DNA (1:10 verdünnt)
•
0,1 µl Taq-Polymerase
Die Polymerasekettenreaktion läuft 30 Zyklen wie unter 2.2.4 beschrieben.
2)
Nach abgelaufener PCR wird in jedes Reaktionsgefäß 5 µl Acc IRestriktionsgemisch pipettiert. Darin sind enthalten:
3)
•
0,1 µl Acc I (10 U/µl)
•
1,5 µl Acc I-Inkubationspuffer (10x)
•
3,4 µl ddH2O
Die Inkubation erfolgt 90 Minuten bei 37 °C und danach weitere 90 Minuten bei
55°C.
4)
Die Proben werden dann mit 5 µl Agarosegel-Ladepuffer versehen und in einem
0,5x MDE/ 1x TBE-Gel bei 35 Watt in einer dreiviertel Stunde aufgetrennt (siehe
2.2.6).
5)
Darauf werden sie mit Silberbromid gefärbt wie unter 2.2.6.2 beschrieben.
2.2.10.2 Verlust der Heterozygotie (LOH) am Nukleotid 19
(nach Sekido et al. 1994)
Diese Methode läuft prinzipiell gleich ab wie die vorherige. Ein Fragment im Bereich
des Nukleotid 19 im ersten Exon des VHL-Gens wird mittels PCR amplifiziert
(Primerpaar 14/15) und daraufhin mit dem Restriktionsenzym Hae III geschnitten
(Erkennungssequenz GGCC). Der Unterschied besteht darin, dass das Fragment
schon von vornherein zwei konstitutive Hae III-Schnittstellen aufweist. Das 167 bp
Produkt wird dadurch in drei Fragmente mit 82 bp, 70 bp und 15 bp zerschnitten. Ist
dann am Nukleotid 19 ein G anstelle eines A vorhanden, so entsteht eine dritte
Schnittstelle und Hae III schneidet das 70 bp-Fragment in 45 und 25 bp. Die
38
2 Material und Methoden
Heterozygotenfrequenz für diesen Polymorphismus wird mit 41 % angegeben (Sekido et
al. 1994). Es folgen nun die Reaktionsbedingungen im Einzelnen:
1)
Zunächst wird das genannte Fragment aus genomischer DNA von je Blut und
Tumor durch eine Polymerasekettenreaktion amplifiziert (siehe 2.2.4). In den je
10 µl PCR-Volumen sind enthalten:
•
4,9 µl ddH2O
•
1 µl 10x PCR-Puffer (1,5 mM MgCl2)
•
1 µl 10x dNTP-Lösung
•
1 µl Primer 14 (20 pmol/ml)
•
1 µl Primer 15 (20 pmol/ml)
•
1 µl extrahierte DNA (1:10 verdünnt)
•
0,1 µl Taq-Polymerase
Die Polymerasekettenreaktion wird für 30 Zyklen wie unter 2.2.4 beschrieben
ausgeführt.
2)
Danach wird in jedes Reaktionsgefäß 5 µl Hae III-Restriktionsgemisch pipettiert.
Darin sind enthalten:
•
0,1 µl Hae III (10 U/µl)
•
1,5 µl Hae III-Inkubationspuffer (10x)
•
3,4 µl ddH2O
3)
Die Inkubation erfolgt über Nacht bei 37 °C .
4)
Am nächsten Tag wird das Inkubat mit 5 µl Agarosegel-Ladepuffer versetzt und
auf einem 0,5 x MDE Acrylamid-Gel bei 35 Watt aufgetrennt.
2.2.10.3 Verlust der Heterozygotie am Locus D3S1038 (3p25)
(nach Jones et al. 1992)
Dieser Polymorphismus besteht in einer unterschiedlichen Anzahl an Wiederholungen
von CA-Dinukleotiden in einer repetitiven Sequenz in unmittelbarer Nähe des VHLGens. Diese lautet (CA)7N38(CA)12. Heterozygotie wird hier mit 80 % angegeben (Jones
et al. 1992).
Die repetitive Sequenz wird mit flankierenden Primern amplifiziert. Die Produkte
werden in einem Acrylamid-Gel ihrer Länge entsprechend aufgetrennt. Dabei trennen
sich die Allele, wenn sie sich nur um wenige Dinukleotide unterscheiden.
39
2 Material und Methoden
Es folgen die einzelnen Reaktionsbedingungen:
1)
1 µl verdünnte genomische DNA wird in einer 10 µl PCR mit den Primern 16
und 17 in 35 Zyklen amplifiziert. Zutaten und Bedingungen sind 2.2.4 zu
entnehmen
2)
Die Proben werden dann mit 5 µl Agarosegel-Ladepuffer versehen und in einem
0,5x MDE/ 1x TBE-Gel bei 2 Watt über Nacht aufgetrennt (siehe 2.2.6).
3)
Darauf werden sie mit Silberbromid gefärbt wie unter 2.2.6.2 beschrieben.
2.2.11 Untersuchung der Hypermethylierung
Diese Untersuchung ist eine auf
PCR beruhende Technik zum Nachweis einer
Hypermethylierung einer Schnittstelle des methylierungssensitiven Restriktionsenzyms
Ehe I in einem Bereich des Promoters des VHL-Gens, der reich an CG-Dinukleotiden
ist (CpG-island).
1) Ein Mikrogramm konstitutionelle DNA wird mit einem Überschuss von 10 U Ehe I
verdaut. Um einen kompletten Verdau zu sichern, wird die DNA in einem großen
Volumen von 150 µl verdaut.
Zunächst werden folgene Reagenzien zusammenpipettiert:
•
110 µl H2O
•
15 µl Inkubationspuffer Y+/TangoTM
•
1 µl genomischer DNA (1:50 in TE vorverdünnt)
Vor Enzymzugabe inkubiert man die DNA für zwei Stunden bei 4 °C , um eine
optimale Verteilung der DNA im Inkubationspuffer zu gewährleisten. Daraufhin wird
1µl Ehe I (10 U/µl) zugegeben. Der Ansatz wird vermischt, mit einem Tropfen Öl
überschichtet, kurz zetrifugiert und bei 37 °C über Nacht verdaut. Daraufhin werden
erneut zu jedem Ansatz 0,5 µl Ehe I zugegeben und für weitere zwei Stunden
inkubiert. Schließlich wird das Enzym durch Erhitzen auf 65 °C in 20 Minuten
inaktiviert. Für jede Probe wird zur Kontrolle derselbe Ansatz ohne Zugabe von Ehe I
gemacht.
Um unterschiedliche PCR-Bedingungen durch das im Inkubationspuffer enthaltene
MgCl zu vermeiden, wird der Ansatz vor der PCR gereinigt. Dazu wird ein
kommerzielles DNA Reinigungskit nach Angaben des Herstellers verwendet
40
2 Material und Methoden
(GENECLEAN II KIT, Bio 101). Hierbei werden die 150 µl Inkubat ohne Öl in einem 1,5
ml Reaktionsgefäß mit 450 µl Bindungslösung und 10 µl Glasmilch vermischt. Dies
geschieht durch zwanzigminütiges über Kopf Schütteln. Dabei bindet die DNA an die
in der Glasmilch enthaltenen Silikate. In der folgenden Zentrifugation für zwei Minuten
bei 13 000 rpm sedimentiert die Glasmilch. Der Überstand wird dekantiert. Danach
werden 500 µl New Wash Lösung hinzugefügt und das Sediment mit einer
Pipettenspitze darin aufgelöst. Danach folgt wieder eine Zentrifugation, Dekantierung
und erneute Zugabe von New Wash Lösung. Dieser Waschvorgang wird insgesamt
dreimal wiederholt. Nach der letzten Dekantierung werden alle flüssigen Reste
sorgfältig entfernt und das Sediment bei 40 °C für 15 min getrocknet. Danach wird es
in 20 µl TE-Puffer aufgenommen und gut vermischt. Dabei löst sich die DNA von der
Glasmilch. Diese wird dann abzentrifugiert und die in TE-Puffer gelöste DNA zur PCR
entnommen.
2) Bei der nachfolgenden Multiplex-PCR wird der Bereich der Ehe I Schnittstelle im
VHL Promoter sowie ein PCR-Kontrollfragment im Exon 3 amplifiziert. Das
Gesamtreaktionsvolumen von 15µl enthält:
•
3,6 µl H2O
•
je 1,5 µl Primer 1,2,5 und 6
•
1,5 µl PCR-Puffer (1,5 mM MgCl2)
•
1,5 µl dNTP-Mix
•
0,15 µl Taq-Polymerase
•
2,25 µl verdaute DNA
Jeder Ansatz wird mit 4 µl Paraffinöl überschichtet. Die Polymerasekettenreaktion wird
für 27 Zyklen wie unter 2.2.3 beschrieben mit einer Annealing-Temperatur von 62 °C
ausgeführt.
3) 10 µl PCR-Produkt werden dann mit 3 µl Ladepuffer auf ein 3 % Agarose-Gel
aufgetragen und mit Ethidiumbromid sichtbar gemacht.
Die
methylierungssensitive
Restriktionsendonuklease
Ehe
I
hat
die
Erkennungssequenz 5´-GGCGCC-3´ im Promoter des VHL-Gens und schneidet nicht
im Falle einer Methylierung des innen gelegenen Cytosin-Nukleotid. Im Falle einer
Methylierung des VHL-Gens wird im Gel zusätzlich zum 266 bp Fragment des Exons 3
ein Fragment von 211 bp sichtbar. Dieses stammt aus dem ersten Exon.
41
2 Material und Methoden
Als weitere Kontrolle wird zum Vergleich außerdem jeweils ein weiterer Ansatz mit
unverdauter DNA gemacht. Hier erwartet man immer zwei Produkte.
2.2.11 Statistik
Zur Überprüfung von Unterschieden auf Signifikanz wurde der Chi-Quadrat
Vierfeldertest angewendet.
42
3 Ergebnisse
3 Ergebnisse
3.1 Register
Von den 81 Patienten, die im Zeitraum von 1985 bis 1998 in der Freiburger
Universitätsklinik wegen eines zentralnervösen Hämangioblastoms operiert wurden,
stimmten 52 (64 %) der genomischen VHL-Analyse zu. Weiterhin lag Material von 41
Tumoren von insgesamt 31 dieser Patienten vor. Neunundachtzig weitere Patienten
aus anderen Zentren wurden zur molekulargenetischen Untersuchung überwiesen.
Von einem dieser Patienten war auch Tumormaterial zugänglich. Das systematische
Register umfasste somit insgesamt 141 „primär symptomatische“ HämangioblastomPatienten mit Blutprobe sowie 46 Tumorproben von 32 Patienten („primär
symptomatisch“ soll hierbei bedeuten, dass diejenigen ausgeschlossen sind, die im
Familien-Screening entdeckt wurden und erst sekundär symptomatisch wurden).
Von allen Patienten wurden klinische Daten systematisch erfasst. Nicht von allen
Patienten konnten sämtliche Daten erhoben werden, da teilweise Untersuchungen
nicht durchgeführt wurden oder die Befunde nicht zugänglich waren. Tabelle vier zeigt,
welche Angaben bei wie vielen Patienten evaluiert werden konnten:
Patientendaten
Verfügbarkeit [%]
Geburtsdatum
99
OP-Datum
83
Alter bei erster Operation
82
Wohnort
74
Explizite neurologische Symptomatik
63
Tumore
Verfügbarkeit [%]
Tumorzahl pro Patient
84
Lokalisation
91
Erster Tumor (Lok., Zahl, Alter)
60
43
3 Ergebnisse
Verfügbarkeit [%]
VHL
Extra-ZNS Organbefall bei Tumordiagnose
53
Extra-ZNS Organbefall im Follow-Up
84
Ausschluß oder Diagnose von
Retinalen Angiomen
55
Nierenkarzinomen
42
Phäochromozytomen
50
Pankreaszysten
42
Nebenhodenzystadenomen
10
Erste Manifestation der von Hippel-Lindau Krankheit
Familienanamnese bezüglich VHL
65
Verfügbarkeit [%]
ZNS
44
Andere Organe
79
Tabelle 4: Verfügbarkeit klinischer Daten bei 141 Patienten mit primär symptomatischem
Hämangioblastom des ZNS.
Die Geschlechtsverteilung betrug 53% / 47% (f/m) und das Alter bei der ersten
Operation variierte zwischen 11 und 71 Jahren mit einem Mittelwert von 35 Jahren
(SD = 15).
Achtundsechzig Prozent der Tumore befanden sich infratentoriell,
bevorzugt hemisphäral. Fünf Prozent der Tumore waren im Hirnstamm lokalisiert.
Zweiunddreißig Prozent der Hämangioblastome fanden sich in spinaler Lokalisation,
davon 36 % zervikal, 48 % thorakal und 16 % lumbal.
Von den 42 Tumoren, bei denen Material vorhanden war, waren 13 sporadisch und 29
VHL-assoziiert aufgetreten. Alle Tumore wurden histopathologisch nach der World
Health Organisation (WHO) als Hämangioblastome klassifiziert (Böhling et al. 2000).
44
3 Ergebnisse
3.2 Untersuchung der Blutproben
3.2.1 Genetisches VHL-Screening
Bei allen 141 Patienten wurde die aus Blut extrahierte DNA mittels SSCP-Analyse als
Screeningverfahren untersucht. Dazu wurden das erste Exon und die Exon-Intron
Grenzen mit zwei überlappenden Primerpaaren untersucht, die Exons zwei und drei
und deren Exon-Intron Grenzen mit je einem Primerpaar. Blutproben von 30 der 141
Patienten wurden vom Verfasser komplett selbst untersucht, bei den restlichen Proben
war die Untersuchung bereits teilweise durchgeführt oder abgeschlossen.
Bei insgesamt 71 der 141 Fälle fiel eine aberrierende Bande auf (Beispiel siehe Abb.
9). Durch Reamplifikation und Sequenzierung wurde in 70 Fällen eine veränderte
Sequenz nachgewiesen, die Ursache des alterierten Laufverhaltens war. In zwei
Fällen handelte es sich um Polymorphismen, während in den anderen 68 Fällen eine
Mutation vorlag (siehe Zusammenfassung Tab. 5). Acht der Mutationen wurden im
Rahmen dieser Studie erstmals publiziert. Bei einem VHL-Patienten (Patient Nr. 9,
Tabelle 5) konnte trotz eines auffälligen Bandenmusters keine veränderte Sequenz
festgestellt werden.
45
A
3 Ergebnisse
B
Mutierte Sequenz:
Wildtyp-Sequenz:
T G T C T G G A G C . . .
T G T C C G G A G C . . .
Codon 167
Nukleotid 712
Abbildung 9: Beispiel einer SSCP-Analyse (A) mit nachfolgender Sequenzierung (B). Man sieht ein mit PCR amplifiziertes DNA
Fragment des VHL-Gens, das in einem Polyacrylamidgel aufgetrennt wurde. Auf der linken Seite im Gel sieht man einen
Normalbefund (N) des dritten Exons. Auf der rechten Seite (Mut.) fällt die Zusatzbande auf. Wird diese ausgeschnitten,
reamplifiziert und sequenziert, so ergibt sich die nebenstehende Sequenz. Vergleicht man diese mit der Wildtypsequenz, so fällt
ein Austausch der Base Cytosin gegen Thymidin des Nukleotids 712 im dritten Exon auf. Dieser hat eine Veränderung des
Codons 167 von CGG nach TGG zur Folge. Es kodiert daher nicht mehr für Arginin, sondern für Tryptophan. Durch diese
sogenannte „Missense-Mutation“ wurde also eine basische Aminosäure gegen eine heterozyklische Aminosäure ausgetauscht,
wodurch das VHL-Protein funktionsverändert wird.
Zum Nachweis großer Deletionen oder Insertionen, die sich nicht mit der SSCPAnalyse entdecken lassen, wurden die 141 Blutproben mit einem Southern Blot auf
Rearrangements des VHL-Gens in der konstitutionellen DNA untersucht. Dabei
wurden die Blutproben von 47 Patienten vom Verfasser selbst untersucht, die
restlichen Ergebnisse lagen bei Beginn der Arbeit bereits vor. Einige Beispiele für den
Southern Blot zeigt die folgende Abbildung:
46
N
N
Del
3 Ergebnisse
Del Marker
23,13 kb
9,42 kb
6,56 kb
Abbildung 10: Southern Blot. Die genomische DNA wurde zunächst mit dem Restriktionsenzym Eco
RI geschnitten und dann zusammen mit einem markierten DNA-Längenmarker sowie Positiv- und
Negativkontrolle in einem Agarose-Gel aufgetrennt. Die aufgetrennte DNA wurde daraufhin auf eine
Nylonmembran transferiert und das VHL-Gen durch eine Hybridisierungstechnik spezifisch angefärbt.
Normalerweise liegt das komplette VHL-Gen auf einem 20 kb großen Eco RI-Fragment. Im Normalfall
ist also nur dieses Fragment zu sehen. Findet sich aber auf einem der Allele eine Insertion oder
Deletion, so sieht man in der betreffenden Spur neben der 20 kb Bande eine zusätzliche Bande. Auf
den linken beiden Spuren ist jeweils ein Normalbefund dargestellt (N). Man sieht, dass beide Allele
gleich groß sind (20 kb). Rechts davon sind zwei Proben mit Deletionen von je 10 kb aufgetragen
(Del). Hier ist zusätzlich zum 20 kb Allel ein deletiertes Allel von 9 kb zu sehen. Ganz rechts ist ein
Größenmarker aufgetragen.
Zusatzbanden ergaben sich bei 13 Probanden. In fünf Fällen handelte es sich um eine
Deletion von 2 kb, in einem Fall waren 3 kb deletiert, in fünf Proben waren es 10 kb
und in zwei Proben betrug die Größe der Deletion 11 kb (siehe Tab. 5).
3.2.2 Genotypen
Insgesamt fanden sich bei 81 der 141 getesteten primär symptomatischen
Hämangioblastom-Patienten (57 %) eine konstitutionelle Mutation des VHL-Gens. Es
kamen dabei insgesamt 42 verschiedene Mutationen vor (s. Tab 5). Allerdings ist der
Anteil der VHL-Patienten am Freiburger Universitätsklinikum durch Überweisungen
überrepräsentiert. Durch statistische Berechnungen anhand der Wohnorte ergab sich,
dass 22 % der Patienten Südbadens mit primär symptomatischen Hämangioblastom
eine konstitutionelle Mutation des VHL-Gens haben. Aufgeteilt in Altersgruppen betrifft
dies 36 % der Patienten unter 40 und 10 % der Patienten über 40 Jahren.
47
3 Ergebnisse
Betrachtet man alle 81 primär symptomatischen Patienten mit Mutationen, so hatten
48 % eine Missense-Mutation, bei der es zum Austausch einer Aminosäure kommt.
Weiterhin fanden sich bei 18 % Nonsense Mutationen, die ein Stopcodon einfügen
und damit zum Abbruch der Translation an der entsprechenden Stelle führen.
Außerdem ließen sich bei 11 % Mikrodeletionen oder Mikroinsertionen finden, die das
Leseraster verschoben (frameshift) und damit auch einen Abbruch der Translation
unweit der mutierten Stelle erwarten lassen, oder aber ohne Verschiebung des
Leserasters (in-frame) eine Aminosäure einfügen. Weiterhin kamen bei 6 % der
Patienten splice site Mutationen vor, die mit dem Spleißen der mRNA interferieren.
Große Deletionen, die durch den Southern Blot entdeckt werden konnten, kamen bei
16 % der Patienten vor.
Nukleotidaustausch
Codon
Proteinaustausch
Mutation
Mutations- Zahl der asymptypus
Patienten tomatisch
Exon 1
c 407
C/T
65
Ser → Leu
S65L
Missense
1
c 407
C/G
65
Ser → Trp
S65W
Missense
2
c 407
C/A
65
Ser → stop
S65stop
Nonsense
1
c 434
T/G*
74
Val → Gly
V74G
Missense
3
c 437
Ins. A
76
FS
437insA
Frameshift
2
c 437 Del.TCT
76
Del.Phe
437del3
In-frame del.
2
c 443 Ins.TCT*
77
Ins. Leu
443ins3
In-frame ins.
1
c 446
A/G*
78
Asn → Ser
N78S
Missense
1
c 452
G/A*
80
Ser → Asn
S80N
Missense
1
c 454
C/T*
81
Pro → Ser
P81S
Missense
1
c 475
T/A
88
Trp → Arg
W88R
Missense
1
c 477
G/C
88
Trp → Cys
W88C
Missense
1
c 479 T/C*
89
Leu → Pro
L89P
Missense
6
c 493
94
Glu → stop
E94stop
Nonsense
1
c 505 T/C*
98
Tyr → His
Y98H
Missense
21
c 529 Ins.GCC
106
Ins. Arg
529ins3
In-frame ins.
1
c 544
111
Ser → Arg
S111R
Missense
1
553+1 G/A
splice defect
1
G/T
A/C
c 553+1 G/A
splice defect
1
1
2
13
Exon 2
c 557
A/G*
115
His → Arg
H115R
Missense
2
c 559
Ins. T
116
FS
559insT
Frameshift
1
1
48
3 Ergebnisse
c 597 Del. T*
128
FS
597delT
Frameshift
1
c 607
C/T*
132
Gln → stop
Q132stop
Nonsense
1
c 608
A/C
132
Gln → Pro
Q132P
Missense
2
c 620
T/C
136
Phe → Ser
F136S
Missense
1
c 620
T/G
136
Phe → Cys
F136C
Missense
1
c 646
C/T
145
Glu → stop
E145stop
Nonsense
3
c 665
T/C
151
Ile → Thr
I151T
Missense
2
c 676 +1 G/C*
splice defect
676 +1 G/C
Splice defect
2
c 676 +2 C/T*
splice defect
676 +2 C/T
Splice defect
1
c 677 -2 A/G*
splice defect
677 -2 A/G
Splice defect
1
c 694
161
Arg → Gly
R161G
Missense
1
c 694 C/T*
161
Arg → stop
R161stop
Nonsense
4
c 695
G/C
161
Arg → Pro
R161P
Missense
1
c 695
G/A
161
Arg → Gln
R161Q
Missense
1
c 699
C/G*
162
Cys → Trp
C162W
Missense
1
c 703
C/T*
164
Gln → stop
Q164stop
Nonsense
1
c 712
C/T
167
Arg → Trp
R167W
Missense
5
c 713
G/A*
167
Arg → Gln
R167Q
Missense
1
c 746
T/A*
178
Leu → Gln
L178Q
Missense
2
c 746
T/C
178
Leu → Pro
L178P
Missense
1
c 761
C/A*
183
Ser → stop
S183stop
Nonsense
4
194
FS
794del2
Frameshift
1
2 kb Deletion
Deletion
5
3 kb Deletion
Deletion
1
10 kb Deletion
Deletion
5
11 kb Deletion
Deletion
2
1
Exon 3
C/G*
c 794 Del.GT
1
1
Große Deletionen
Tabelle 5: Konstitutionelle Mutationen des VHL-Gens bei 141 Patienten mit primär symptomatischem Hämangioblastom des
ZNS. (c = Nukleotid, kb = Kilobasen, ins = Insertion, del = Deletion, FS = frameshift). Die mit * gekennzeichneten Mutationen
wurden zuvor in Zusammenarbeit mit einer weiteren Arbeitsgruppe ermittelt (Glavac et al. 1996) und erneut bestätigt, außer bei
den Mutationen, deren Träger inzwischen verstorben waren und deren DNA aufgebraucht war.
49
3 Ergebnisse
3.2.3 Asymptomatische Hämangioblastome
Bei den Patienten mit konstitutionellen Mutationen des VHL-Gens wurden auch deren
Familienangehörige untersucht. Dabei wurde je nach Mutation entweder ein Southern
Blot oder eine PCR-SSCP für das entsprechende Exon durchgeführt. Abbildung 11
zeigt ein Beispiel für eine solche Familienuntersuchung.
Abbildung 11: Molekulargenetische Familienuntersuchung. Der Indexfall, hier mit einem Pfeil gekennzeichnet, war primär
symptomatisch und wurde zuerst familienanamnestisch als VHL-Patient identifiziert. Daraufhin wurde durch den genetischen Test
eine Mutation im VHL-Gen nachgewiesen. Nachfolgend wurden fast alle noch lebenden Verwandten auf die Familienmutation, in
diesem Fall 479 T/C, untersucht. Der genetische Befund ist als SSCP direkt unterhalb der getesteten Personen aufgetragen (nt =
nicht getestet). Diejenigen Patienten, die drei Banden zeigen, tragen die Mutation. Diese wurden dann dem klinischen
Screeningprogramm (s. Tab 2) unterzogen (nt= nicht getestet, schwarze Figuren stehen für symptomatische VHL-Patienten, quer
durchgestrichene Figuren stehen für Verstorbene).
Durch
dieses
genetische
Familienscreening
und
die
nachfolgende
klinische
Untersuchung von Mutationsträgern wurden am Freiburger Universitätsklinikum 82
asymptomatische Hämangioblastome bei 21 Patienten neu entdeckt. Deren Tumore
befanden sich in drei Fällen infratentoriell, in zehn Fällen spinal und in acht Fällen
sowohl infratentoriell als auch spinal. Weiterhin wurde eine Vielzahl von Läsionen
außerhalb des ZNS entdeckt.
50
3 Ergebnisse
3.2.5 Sensitivität
Um den Nutzen der molekulargenetischen Untersuchung für die HämangioblastomPatienten abzuschätzen, wurde ihre Sensitivität zur Etablierung der Diagnose VHL mit
der Sensitivität von klinischer Untersuchung und Familienanamnese verglichen.
Einundachtzig von 94 VHL-Patienten (86 %) konnten durch den genetischen Test
identifiziert werden. Eine positive Familienanamnese hatten zum Zeitpunkt des
Auftretens des Hämangioblastoms 50 % für Hirntumore und 84 % hinsichtlich anderer
VHL-assoziierter Läsionen. Sechsunddreißig Prozent der VHL-Patienten hatten zum
Zeitpunkt des Auftretens des Hämangioblastoms bereits andere Läsionen aus dem
Spektrum der von Hippel-Lindau´schen Erkrankung, die durch klinische Untersuchung
entdeckt wurden. Dabei hatten 30 % retinale Angiome und 6 % Phäochromozytome.
Keiner der Patienten hatte vorher ein symptomatisches Nierenzellkarzinom. Bei
Erstvorstellung hatten 19 % der VHL-Patienten bereits multiple Tumore. Diese Zahl
steigerte sich im Verlauf der Erkrankung auf 73 %. Abbildung 12 zeigt die Tumorzahl
bei den VHL-Patienten am Ende der Studie.
30%
27%
Prozentualer Anteil der Patienten
25%
22%
20%
15%
15%
13%
10%
7%
5%
4%
4%
2%
2%
2%
9
10
0%
1
2
3
4
5
6
7
8
Tumoren
Abbildung 12: Tumoranzahl bei VHL-Patienten am Ende der Studie (n = 94 Patienten).
3.2.5 Genotyp-Phänotyp Korrelationen
Hier sollten Zusammenhänge zwischen Genetik und Krankheitsverlauf aufgeklärt
werden. Anhand ihrer Mutationen wurden die VHL-Patienten in zwei Gruppen
51
3 Ergebnisse
aufgeteilt. In der ersten Gruppe waren die Patienten mit Mutationen, die ein VHLProtein mit voller Länge ("full-length") erwarten ließen (F-Typ). Dazu gehören
Missense-Mutationen und Mikrodeletionen/ -insertionen, bei denen das Leseraster
nicht verschoben wird. Dieser Mutationstypus fand sich bei 64 Patienten. Die Zweite
Gruppe wurde von Patienten gebildet, deren Mutationen zum Abbruch der Translation
("truncation") führen (T-Typ). Darunter fielen Nonsense Mutationen, große Deletionen/
Insertionen, sowie solche Mikrodeletionen/ -insertionen, die zu einer Verschiebung des
Leserasters führen. in diese Gruppe fielen 16 Patienten. Folgendes wurde dabei
beobachtet:
Die Patienten mit T-Typ Mutationen entwickelten signifikant häufiger multiple
Hämangioblastome als die mit F-Typ Mutationen (78 % vs. 57 %, p<0.02) und
mussten häufiger mehrmals operiert werden (56 % vs. 23 %, p<0.05). Weiterhin hatten
die Patienten mit T-Typ Mutationen eine höhere Tendenz, Tumore im Spinalkanal zu
entwickeln (52 % vs. 30 %). Statistisch war dieser Unterschied allerdings nicht
signifikant. Auch bezüglich der Tumorgröße und des Manifestationsalters ergab sich
kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Betrachtet
man ausschließlich die Gruppe der Patienten mit F-Typ Mutationen, so ergaben sich
hinsichtlich der oben genannten Kriterien auch keine signifikanten Unterschiede
zwischen Patienten mit der häufigen Mutation 505 T/C und denjenigen mit anderen
Missense-Mutationen.
Weiterhin sollten Unterschiede zwischen Hämangioblastom-Patienten mit und ohne
konstitutionellen Mutationen des VHL-Gens aufgeklärt werden. Es fiel auf, dass 35 %
der VHL-assoziierten Hämangioblastome im Spinalkanal lokalisiert waren, während
dies nur bei 20 % der sporadischen Tumore der Fall war (p<0,02). Darüber hinaus war
auch das Alter der Patienten bei Auftreten des Hämangioblastoms unterschiedlich,
denn das Durchschnittsalter der VHL-Patienten lag 11 Jahre unter dem der anderen.
Auch dieser Unterschied war statistisch signifikant (p<0,001). Abbildung 13 zeigt die
Altersverteilungen
zum
Operationszeitpunkt
konstitutionellen Mutationen des VHL-Gens.
von
Patienten
mit
und
ohne
52
35%
30%
30%
25%
3 Ergebnisse
mit konstitutionellen VHL Mutationen
26%
ohne konstitutionelle VHL Mutationen
22%
21%
22%
19%
20%
16%
14%
15%
12%
8%
10%
6%
3%
5%
1%
0%
10-20 J
21-30 J
31-40 J
41-50 J
51-60 J
61-70 J
71-80 J
Abbildung 13: Altersverteilung von Patienten mit und ohne konstitutionellen Mutationen des VHL-Gens zum Zeitpunkt der
Operation. (Patienten mit konstitutionellen VHL Mutationen n = 81, Patienten ohne konstitutionelle VHL Mutationen n = 60).
3.1.6 Kosten
Um auch die materielle Bedeutung der molekulargenetischen Analyse abschätzen zu
können, wurden außerdem die Kosten des klinischen und genetischen Screenings
evaluiert. Ein klinisches Screeningprogramm, wie es in Tabelle zwei (Seite sechs)
aufgelistet ist und jährlich durchgeführt werden muss, kostet 2570 Euro. Das
genetische
Screening
kostet
960
Euro
(beziehungsweise
1070
Euro
mit
Sequenzierung). Ist die Mutation bei einem Indexfall identifiziert, so kostet die
genetische Familienuntersuchung 290 Euro pro Familienmitglied.
3.3 Analyse der Tumorproben
Es wurden 29 VHL-assoziierte und 13 sporadische Hämangioblastome mittels SSCP,
LOH und Methylierungsanalyse auf konstitutionelle und somatische Mutationen des
VHL-Gens untersucht.
53
3 Ergebnisse
3.3.1 Ergebnisse der SSCP-Analyse
Bei der SSCP-Untersuchung der 29 VHL-assoziierten Tumoren wurde in jedem Fall
die konstitutionelle Mutation auch im Tumor nachgewiesen. Bei keinem der Tumore
wurde durch die SSCP-Analyse eine zusätzliche somatische Mutation gefunden.
Dagegen fand sich bei 3 der 13 sporadischen Tumore in der SSCP-Analyse eine
somatische Mutation (siehe Tab. 6), wobei aber keiner der sporadischen Tumoren
mehr als eine somatische Mutation hatte. In allen drei Fällen handelte es sich um eine
Typ T Mutation, die zum Abbruch der Translation führt (eine Nonsense- und zwei
Frameshift-Mutationen). Im Gegensatz dazu hatten 64 der 81 Patienten mit
konstitutioneller Mutation (79 %) eine Typ F Mutation, die keinen Translationsabbruch
zur Folge hat. Zwei der Mutationen (612 del TG und 681 ins 11bp) wurden im Rahmen
dieser Arbeit erstmals beschrieben. Abbildung 14 zeigt zwei Beispiele für die SSCPAnalyse bei Tumoren.
Mutierte Sequenz:
Wildtyp-Sequenz:
Codon 162:
G A T G GC T C C A G G T
G A T G CC T C C A G G T
T G
T G
T G C (Cys) → T G G (Trp)
Abbildung 14: SSCP-Analyse bei VHL-assoziierten und sporadischen Blut-Tumor Paaren. Beispiele für die SSCP-Analyse bei
Tumoren: Auf der linken Seite (Patient 28) ist im Blut (B) ein Normalbefund zu sehen, während sein sporadischer Tumor (T) eine
somatische Mutation aufweist, was an der Zusatzbande erkennbar ist. Die Sequenzierung (nicht abgebildet) ergab in diesem Fall
die Mutation 694 C/T, welche im Codon 161 zu einem Stopcodon führt (Arg„Stop). Bei einem anderen Fall (Pat. 3) lag bereits in
der Blutprobe (B) eine konstitutionelle Mutation vor. Dieselbe aberrierende Bande findet sich auch in seinem Tumor (T).
Nebenstehend ist die zugehörige Sequenz abgebildet. Es ergab sich am Codon 162 ein Austausch von Cystein nach Tryptophan.
54
3 Ergebnisse
3.3.2 Verlust der Heterozygotie auf dem Chromosomenarm 3P (3PLOH)
Der Verlust eines kompletten Allels des VHL-Gens in der Tumor-DNA lässt sich durch
den Verlust der Heterozygotie für polymorphe DNA-Marker nachweisen. Dabei werden
Polymorphismen im Bereich des VHL-Gens verwendet, die in der DNA mit
ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit heterozygot vorliegen. Die Heterozygotie stellt
sich im Blut durch das Vorliegen zweier Banden dar. Fehlt in der korrespondierenden
Tumor-DNA dann eine Bande, so kann man einen Allelverlust - oder Verlust der
Heterozygotie - annehmen (Abb. 15). Es können bezüglich LOH nur solche Patienten
untersucht werden, bei denen das jeweilige Allel heterozygot vorliegt.
Drei dieser Polymorphismen wurden verwendet, wobei zwei im VHL-Gen lagen und
der dritte in Richtung Zentromer an das VHL-Gen angrenzte (siehe Abb. 16). Die
Heterozygotenrate wird in der Literatur für D3S1038 mit 80 % angegeben (Jones et al.
1992). Für VHL 1149 liegt sie bei 44 % (Payne et al. 1994) und für VHL 19 bei 41 %
(Sekido et al. 1994). Abbildung 15 zeigt Beispiele für einen Tumor mit und einen ohne
LOH bei demselben Patient (Nr. 17).
Patient 17
Patient 17
Acc I RFLP 1149
D3S1038
Abbildung 15: Abbildung 15 zeigt Beispiele für einen Tumor mit und einen ohne LOH bei demselben Patient (Nr. 17). Zwei der
untersuchten Loci (VHL 1149 und D3S1038) sind hier abgebildet. Der links abgebildete Tumor (T1) zeigt einen Verlust der
Heterozygotie (LOH), was man an der Abschwächung einer Bande erkennt, während im rechts abgebildeten Tumor (T2) und in
der Blutprobe (B) beide Allele gleich stark vertreten sind. Die Tatsache, dass das verlorene Allel im Tumorgewebe nicht ganz
verschwindet, lässt sich durch Kontamination mit normaler DNA erklären, die aus infiltrierenden Lymphozyten und reaktiv
wuchernden Astrozyten stammen kann (Oberstrass et al. 1996). Weiterhin gibt es Hinweise, dass auch das Gefäßendothel bei
Hämangioblastomen nicht entartet ist, sondern nur die Stromazellen maligne transformiert sind (Lee et al. 1998).
Die Ergebnisse der LOH-Untersuchung sind in Abbildung 16 dargestellt. Insgesamt
waren 22 der 31 Patienten (71 %) für wenigstens einen der drei Polymorphismen
55
3 Ergebnisse
heterozygot und damit für die LOH-Untersuchung informativ. Von den 31 informativen
Tumoren zeigten 18 (58 %) einen LOH an mindestens einem der untersuchten
Genloci. Diese Rate differierte nicht signifikant zwischen VHL-assoziierten (62 %) und
sporadischen Tumoren (50 %). Auch beim Vergleich von Patienten mit Mutationen
vom T-Typ und F-Typ fiel kein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit des
Auftretens von LOH auf (71 % vs. 60 %, p>0,05).
Chromosom 3p
24
25
26
VHL
Untersuchte Loci:
Tumor D3S1038 VHL19
Familiäre Tumoren
1a
1b
1c
2
3a
3b
4
5a
5b
6
7a
7b
8a
8b
8c
8d
9
10
11
12
13
14a
VHL1149
Tumor D3S1038 VHL19
Familiäre Tumoren
14b
15
16
17a
17b
18a
18b
VHL1149
Sporadische Tumoren
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
20
31
Abbildung 16: Skizze des kurzen Arms des dritten Chromosoms mit den untersuchten Markern für die LOH-Analysen.
Ergebnisse der LOH Untersuchungen an drei verschiedenen Loci bei VHL-assoziierten und sporadischen Hämangioblastomen.
■ = LOH, = erhaltene Heterozygotie,
= nicht informativ.
56
3 Ergebnisse
3.3.3 DNA Methylierung
Die DNA aller Tumore und korrespondierender Blutproben wurde mit dem
methylierungssensitiven Restriktionsenzym Ehe I verdaut. In keinem Fall war der
untersuchte Teil des Promoters im Exon 1 hypermethyliert. Abbildung 17 zeigt ein
Beispiel der Mehtylierungsuntersuchung.
Pat. 1
B
T
M 1
2
3
B
4 5
Pat. 2
T
6
7
B
Pat. 3 .
T
8 9 10 11 12
Abbildung 17: Untersuchung von drei korrespondierenden Blut-Tumor-Paaren hinsichtlich
Methylierung des VHL Gens (M = Marker, B = Blut, T = Tumor). Dabei wurden für jede DNA zwei
Ansätze gemacht. Auf der linken Spur (jeweils ungerade Zahlen) wurde das Verfahren ohne
Zugabe von Restriktionsenzym durchgeführt. In jedem Fall ist die Kontrollbande des Exons 3 (266
bp) und zusätzlich die Bande aus Exon 1 (211 bp), die den Promoter amplifiziert, zu sehen. Auf
der rechten Spur (jeweils gerade Zahlen) wurde vor der PCR das methylierungssensitive
Restriktionsenzym Ehe I zugegeben. Daraufhin hat das Fragment aus Exon 1 nicht mehr
amplifiziert, was auf das Schneiden von Ehe I zurückzuführen ist, während das Kontrollfragment
aus Exon 3 korrekt amplifizierte. Das Schneiden von Ehe I zeigt an, dass der Promoter bei den
vorliegenden Fällen weder in der Blutprobe noch im Tumorgewebe hypermethyliert war.
57
3 Ergebnisse
3.3.4 Synopsis
Tabelle 6 zeigt synoptisch alle Ergebnisse der Untersuchungen der Tumorproben.
Tabelle 6A fasst die VHL-assoziierte Tumore zusammen, Tabelle 6B zeigt die
sporadischen Hämangioblastome
Tabelle 6A: VHL-assoziierte Tumore (n=29)
Nr.
1a
1b
1c
2
3a
3b
4
5a
5b
6
7a
7b
8a
8b
8c
8d
9
10
11
12
13
14a
14b
15
16
17a
17b
18a
18b
Tumorlokalisation
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Spinal T8/9
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Spinal C4/5
Cerebellum
Cerebellum
Vermis
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Cerebellum
Medulla obl.
Spinal C8
Cerebellum
Spinal T7/8
Keimbahnmutation
Nukleotid
446 A/G
446 A/G
446 A/G
746 T/A
699 C/G
699 C/G
479 T/C
761 C/A
761 C/A
2 kb del
2 kb del
2 kb del
443 ins TCT
443 ins TCT
443 ins TCT
443 ins TCT
nicht entdeckt
479 T/C
505 T/C
665 T/C
505 T/C
partielle Deletion*
partielle Deletion*
529 ins GCC
2 kb del
505 T/C
505 T/C
475 T/A
475 T/A
AS
N78S
N78S
N78S
L178P
C162W
C162W
L89P
S183X
S183X
Mutationstyp
Missense
Missense
Missense
Missense
Missense
Missense
Missense
Nonsense
Nonsense
Deletion
Deletion
Deletion
77insL
In-frame insertion
77insL
In-frame insertion
77insL
In-frame insertion
77insL
In-frame insertion
nicht entdeckt
L89P
Missense
Missense
Y98H
Missense
I151T
Missense
Y98H
Deletion
Deletion
106insR
In-frame insertion
Deletion
Missense
Y98H
Missense
Y98H
Missense
W88R
Missense
W88R
Somatische Mutation
LOH
Methyl.
LOH
neg
LOH
neg
LOH
neg
LOH
neg
neg
neg
LOH
neg
ni
neg
ni
neg
ni
neg
LOH
neg
LOH
neg
LOH
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
ni
neg
ni
neg
LOH
neg
neg
neg
ni
neg
ni
neg
ni
neg
LOH
neg
LOH
neg
neg
neg
LOH
neg
LOH
neg
58
3 Ergebnisse
Tabelle 6B: Sporadische Tumore (n=13)
Tumor Nr.
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
Tumorlokalisation
Cerebellum
Cerebellum
Medulla obl.
Cerebellum
Medulla obl.
Cerebellum
Cerebellum
Medulla obl.
Cerebellum
Spinal, C1/2
Cerebellum
Spinal, T11
Cerebellum
Keimbahnmutation Somatische Mutation
SSCP
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
612 del TG frameshift
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
694 C/T R161X
nicht entdeckt
681 ins 11bp fs
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
nicht entdeckt
LOH
LOH
neg
neg
neg
LOH
neg
LOH
ni
ni
neg
LOH
ni
LOH
Methyl.
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
neg
Tabelle 6: Synopsis der Befunde der Untersuchung des VHL-Gens bei 42 Hämangioblastomen. (LOH = Verlust eines Allels, neg
= negativ, ni = nicht informativ für die LOH Analyse, nicht entdeckt = keine Mutation durch SSCP und Sequenzierung identifiziert.
*Ergebnis mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Stolle, Department of Medical Genetics, University of Pennsylvania,
Philadelphia.)
59
4 Diskussion
4 Diskussion
4.1 Molekulargenetische Diagnostik
Hämangioblastome können sporadisch vorkommen oder familiär als Manifestation
der von Hippel-Lindau Krankheit auftreten. Obwohl die Behandlung der sporadischen
Tumore heutzutage Standard ist und nur selten größere Probleme verursacht,
benötigen die Patienten mit VHL-assoziierten Hämangioblastomen sowie deren
Familien eine sehr unterschiedliche Betreuung. Wie in der Einleitung ausführlich
erläutert,
stehen
für
viele
der
VHL-assoziierten
Läsionen
chirurgische
Therapiemöglichkeiten zu Verfügung, die weniger invasiv und organerhaltend sind
(Neumann und Zbar 1997, Neumann et al. 1999). Dies trifft insbesondere auch für die
Hämangioblastome zu, da bei Patienten mit multiplen Tumoren die radiochirurgische
Therapie eine Alternative zur mikrochirurgischen Tumorexstirpation bietet (Chang et al.
1998).
4.1.1 Primär symptomatische Hämangioblastome
Wegen der starken Variabilität, der Anzahl und des Schweregrades der einzelnen
Läsionen, sowie der sehr unterschiedlichen Zahl der betroffenen Organe (Neumann
1996) und der oft nicht sorgfältig genug erhobenen Familienanamnese bereitet die
Diagnose der von Hippel-Lindau Krankheit noch immer Schwierigkeiten und wird
oftmals nicht gestellt. Durchschnittlich wird die von Hippel-Lindau Krankheit erst 4,5
Jahre nach dem Einsetzen von Symptomen diagnostiziert (Maddock et al. 1996) und hat
großen Einfluss auf die Prognose. Wie eingangs erwähnt, ist aber ein frühzeitiges
Entdecken und konsequente Folgeuntersuchungen aller VHL-assoziierten Läsionen
für eine adäquate Therapie unabdingbar (Lamiell et al. 1989). Da Hämangioblastome
zumeist die erste Manifestation der Erkrankung sind (Maddock et al. 1996), kommt der
molekulargenetischen Untersuchung dieser Patienten als sicherster Möglichkeit
neben Familienanamnese und klinischer Untersuchung bei der Diagnostik eine
Schlüsselstellung
zu.
Wie
im
Folgenden
erläutert,
hat
sie
bei
primär
symptomatischen Patienten mit Hämangioblastom die höchste Sensitivität aller
Verfahren für sich betrachtet (siehe Tab. 7).
60
4 Diskussion
Sensitivität der VHL Diagnostik
Klinische Diagnostik
Familienanamnese
andere symptomatische Läsion
36%
andere nicht symptomatische Läsion
70%
multiple Tumore
19%
"Gehirntumor"
50%
Andere Läsionen des VHL Komplexes
84%
Molekulargenetik
86%
Tabelle 7: Sensitivität der VHL Diagnostik bei VHL-Patienten mit primär symptomatischem Hämangioblastom des ZNS. Die
angegebenen Sensitivitäten beziehen sich auf den Zeitpunkt der Diagnose des Hämangioblastoms.
100
100
Prozent
VHL-assoziiert
sporadisch
90
80
74
70
60
50
40
35
30
20
20
19
11
10
1
1
0
Patienten mit multiplen
Hämangioblastomen bei
Erstvorstellung
Patienten mit multiplen
Hämangioblastomen bei
Studienende
Patienten mit eingangs neg. FA
und keinen weiteren
Manifestationen
Patienten mit spinalen
Hämangioblastomen
Abbildung 18: Relative Verteilung klinischer Gegebenheiten bei VHL-assoziierten und sporadischen Hämangioblastomen des
ZNS.
Da das multiple Auftreten von Hämangioblastomen bei nur einem sporadischen Fall
vorkam, wohingegen 74 % der VHL-assoziierten Fälle am Ende der Studie mehr als
einen Tumor hatten (siehe Abb. 18), kann multiples Auftreten von Tumoren als ein
guter Hinweis auf das Vorliegen der von Hippel-Lindau Krankheit gewertet werden.
Doch nur 19 % des Patientengutes dieser Studie zeigten bereits bei Einsetzen ihrer
neurologischen Symptomatik multiple Tumore. Weiterhin hatten nur 36 % der VHLPatienten zum Zeitpunkt des Auftretens des Hämangioblastoms bereits andere
symptomatische Manifestationen.
Dagegen hatte eine sorgfältige Familienanamnese eine höhere Sensitivität. Bei
expliziter Befragung gaben 50 % der VHL-Patienten ein Vorkommen von
61
4 Diskussion
„Gehirntumoren“ und 84 % der Patienten das Auftreten anderer VHL-assoziierter
Läsionen in der Familie an. Damit erweist sich eine sorgfältige Familienanamnese als
eine sehr sensitive Methode, um die Diagnose VHL bei Patienten mit primär
symptomatischem Hämangioblastom des ZNS zu stellen.
Fasst man die klinische Diagnostik und die Familienanamnese zusammen, so ergibt
sich eine Sensitivität von 96 %. Das bedeutet, dass man mit einer Kombination aus
ausführlicher Familienanamnese und dem aufwendigen und kostenintensiven
klinischen Screeningprogramm eine sehr hohe Sensitivität erreicht.
Für sich allein betrachtet hatte jedoch die molekulargenetische Untersuchung die
höchste Sensitivität. Es konnte bei 86 % der VHL-Patienten eine Mutation entdeckt
werden.
Weiterhin
ist
die
molekulargenetische
Untersuchung
weitaus
kostengünstiger als die klinische Diagnostik und weniger belastend für den
Patienten. Daher sollte sie zur Diagnostik bei Patienten mit Verdacht auf das
Vorliegen der von Hippel-Lindau Krankheit vorgezogen werden.
Durch
eine
Verbesserung
der
molekulargenetischen Untersuchung
Methodik
kann
die
Sensitivität
der
weiter gesteigert werden. Eine erste Studie
berichtet bereits von einer Sensitivität von 100 %. Dies wird erreicht durch das
Einsetzen eines quantitativen Southern Blots zum Aufdecken von Deletionen eines
gesamten Allels, bei denen die Bindungsstellen der Sonden für den herkömmlichen
Southern Blot verloren gehen. Außerdem wird die SSCP-Analyse durch eine
sensitivere Methode namens Conformational Sensitive Gel Electrophoresis (CSGE)
ersetzt (Stolle et al. 1998). Diese unterscheidet sich von der hier verwendeten SSCP im
Wesentlichen dadurch, dass an Stelle der Einzelstränge sogenannte HeteroduplexKomplexe beobachtet werden. Dies sind doppelsträngige DNA Komplexe, die im
Falle einer Mutation teilweise heterogen aus Wildtyp und mutierter DNA
zusammengesetzt sind und dadurch in ihrem Laufverhalten aberrieren.
Da außerdem alle positiv getesteten Patienten im Verlauf der Studie auch klinisch
weitere VHL-Manifestationen zeigten, ist die molekulargenetische Untersuchung
zugleich auch hochspezifisch.
In dem in Tabelle 2 aufgelisteten klinischen Screeningprogramm für VHL Patienten
wurden bei 70 % der Patienten asymptomatische Läsionen anderer Organe entdeckt.
Diese wurden durch Nachfolgeuntersuchungen überwacht und – falls notwendig – in
einem
frühen
Stadium
operiert.
Dadurch
konnte
die
molekulargenetische
62
Untersuchung
den
Krankheitsverlauf
4 Diskussion
dieser
Patienten
wesentlich
positiv
beeinflussen.
4.1.2 Asymptomatische Hämangioblastome
Durch die molekulargenetische Familienuntersuchung und nachfolgende klinische
und radiologische Untersuchung von Personen, deren Testergebnis positiv ausfiel,
konnten 82 Hämangioblastome bei insgesamt 21 klinisch unauffälligen Patienten
entdeckt werden. Diese konnten in einem frühen Stadium kontrolliert und operiert
werden, bevor Symptome auftraten. Im Gegensatz dazu werden die Hälfte der
symptomatischen Patienten als Notfälle eingeliefert (Neumann et al. 1989). Dies zeigt
deutlich den Nutzen der molekulargenetischen Diagnostik für die Familienmitglieder
der Hämangioblastom-Patienten.
4.1.3 Genotyp-Phänotyp Korrelationen
Wie eingangs erläutert bestehen bei der von Hippel-Lindau Krankheit Korrelationen
zwischen Genotyp und Phänotyp. So finden sich beispielsweise bei Patienten mit
Phäochromozytom in 96 % Missense-Mutationen. In dieser Studie wurden GenotypPhänotyp Korrelationen bei Hämangioblastom-Patienten nachgewiesen. Es fiel auf,
dass die Patienten mit solchen Mutationen, die zum Abbruch der Translation führen
(T-Typ), einen schwereren klinischen Verlauf der Erkrankung aufzeigen. Dies
spiegelt sich in dem häufigeren Auftreten von multiplen Tumoren, der Anzahl der
Operationen und der Lokalisation der Tumore wieder. Wenn solche Ergebnisse in
einer höheren Fallzahl bestätigt und durch internationale Kooperation erweitert
werden, könnten sie in Zukunft Auswirkungen auf die Behandlung haben und von
großem Nutzten für die betroffenen Patienten sein. Neben den erwähnten Daten
wären außerdem mutationsspezifische Daten zum Tumorwachstum, Tumorgröße,
Komplikationen und Manifestationsalter von Interesse.
63
4 Diskussion
4.1.4 Bedeutung der molekulargenetischen Diagnostik
Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die molekulargenetische Untersuchung bei
allen Hämangioblastom-Patienten von entscheidender Bedeutung ist:
(I) Bei Patienten, die eingangs ein solitäres Hämangioblastom, eine negative
Familienanamnese und keine weiteren Manifestationen der Erkrankung aufweisen,
die also scheinbar nicht von der von Hippel-Lindau Krankheit betroffen sind, ist die
molekulargenetische Diagnostik eine wertvolle Ergänzung zur klinischen Diagnostik.
Immerhin fanden sich bei 9 von 66 (14 %) der Patienten in dieser primär scheinbar
nicht betroffenen Gruppe Mutationen. Zwei davon waren älter als 60 Jahre, drei
zeigten auch nach kompletten klinischem Screening zunächst keine weiteren
Läsionen und weitere drei hatten eine negative Familienanamnese. Zwar zeigen die
Resultate dieser Arbeit, dass der Anteil der VHL-assoziierten Hämangioblastome
nach der vierten Lebensdekade abnimmt (10 % vs. 36 %), trotzdem aber nicht zu
vernachlässigen ist. Daraus kann gefolgert werden, dass auch in dieser Altersgruppe
eine molekulargenetische Untersuchung sinnvoll ist. Weiterhin zeigt die Tatsache,
dass 64 % der Patienten nach eingehender Aufklärung über eventuelle Folgen und
Konsequenzen dem genetischen Test zustimmten, eine hohe Akzeptanz von Seiten
der Patienten. Da die Erkrankung genetisch verankert ist, müssen die betroffenen
Patienten Zeit ihres Lebens mit dem Auftreten neuer Tumore rechnen (Abb. 19). Bei
Patienten
mit
einem
solitären
Hämangioblastom
vermag
einzig
die
molekulargenetische Diagnostik das Vorliegen dieser Erkrankung nachzuweisen
oder auszuschließen.
64
1982
4 Diskussion
1987
1989
1988
Abbildung 19: Multiples Auftreten von Hämangioblastomen im Krankheitsverlauf bei einer 22 jährigen Patientin mit VHL. In
den Jahren nach der Diagnose des ersten Tumors treten Rezidive und neue Hämangioblastome auf. Die Patientin hatte die
Mutation 676+2 C/T, eine T-Typ Mutation. Diese gehen typischerweise mit einem schwereren Verlauf einher.
(II) Für Familienmitglieder der positiv getesteten Hämangioblastom-Patienten, die
keine Manifestation des Krankheitskomplexes zeigen, ist die molekulargenetische
Untersuchung die einzige sichere diagnostische Möglichkeit. Die Durchführung des
kompletten klinischen Screening-Programms an allen negativen Familienmitgliedern
wäre unökonomisch, unnötig belastend und resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit in
einer
geringen
Compliance.
Weiterhin
wäre
es
besonders
für
junge
Familienmitglieder, die wahrscheinlich noch keine Manifestation haben, zu unsicher,
sich auf ein klinisches Screening zu verlassen. Darüber hinaus kann nur durch die
molekulargenetische
Untersuchung
eine
Entlastung
der
nicht
betroffenen
65
Familienmitglieder erreicht werden,
4 Diskussion
da bei bekannter Familienmutation die
Erkrankung hierdurch definitiv ausgeschlossen werden kann und damit unnötige
Untersuchungen und auch psychische Belastungen vermieden werden.
(III) Auch für die Hämangioblastom-Patienten, die offensichtlich von der von HippelLindau Krankheit betroffen sind, ist der genetische Test zu empfehlen, da hierdurch
zum einen die Diagnose gesichert werden kann und zum anderen vielleicht in
Zukunft ein spezieller Verlauf der Erkrankung vorhergesagt werden kann, was für die
Therapie von Bedeutung wäre. Des weiteren liefert diese Untersuchung den
Schlüssel zum genetischen Familienscreening.
Mutationen des VHL-Gens kamen in der untersuchten Patientengruppe nicht selten
vor und ihre Kenntnis ist sowohl für die Klinik als auch für die Grundlagenforschung
von hohem Interesse. Die Erkenntnisse dieser Arbeit stehen in Einklang mit den
Empfehlungen der American Society of Clinical Oncology (ASCO). Diese fordert,
dass genetische Untersuchungen für Risikopatienten angeboten werden sollten und
in verantwortlicher Weise in die Behandlung und Prävention onkologischer
Erkrankungen eingebunden werden sollten (ASCO 1996). Alle Patienten mit
Hämangioblastomen des ZNS sollten als Risikopatienten in diesem Sinne
angesehen werden.
Es folgt der Schluss, dass bezüglich der VHL Diagnostik die Molekulargenetik
gegenüber
klinischen
Informationen
klar
im
Vorteil
ist.
Sie
ist
sicherer,
kostengünstiger und leichter verfügbar. Obwohl der Anteil der VHL-assoziierten
Hämangioblastome bei Patienten ohne weitere symptomatische Läsionen geringer
ist und die Wahrscheinlichkeit oberhalb des vierzigsten Lebensjahres abnimmt, legen
die Erkenntnisse dieser Arbeit die Empfehlung nahe, bei allen Patienten mit
Hämangioblastom des ZNS ohne Altersbegrenzung eine molekulargenetische
Untersuchung durchzuführen. Diese liefert die Schlüsselinformation für eine sinnvolle
Suche nach weiteren Läsionen des Krankheitskomplexes bei den betreffenden
Patienten sowie deren Verwandten. Hierdurch kann die Behandlung der von HippelLindau Krankheit nachhaltig verbessert werden.
66
4 Diskussion
4.2 Die molekulare Pathogenese des Hämangioblastoms
Die Inaktivierung beider Allele eines Tumorsuppressorgens durch Mutation,
Allelverlust, Hypermethylierung oder Kombinationen dieser Mechanismen ist ein
entscheidender Schritt in der Entstehung menschlicher Tumore. Vorangegangene
Untersuchungen
des
VHL-Gens
in
sporadischen
und
VHL-assoziierten
Hämangioblastomen basierten auf kleinen Fallzahlen und wurden nicht systematisch
auf alle bekannten Inaktivierungsmechanismen des Gens untersucht. Dadurch
entstand ein breites Spektrum sehr unterschiedlicher Ergebnisse. So basierten die
vorhergehenden Untersuchungen anderer Gruppen auf Fallzahlen von 7-20 Tumore
(Crossey et al. 1994; Kanno et al. 1994; Lee et al. 1998; Oberstrass et al. 1996; Prowse et al. 1997;
Tse et al. 1997; Vortmeyer et al. 1997). Um die genetischen Grundlagen der Entstehung
des Hämangioblastoms besser zu verstehen, wurde in dieser Arbeit die bisher größte
Serie von 42 Hämangioblastomen des ZNS, bestehend aus 29 VHL-assoziierten und
13
sporadischen
Tumoren,
systematisch
auf
alle
bekannten
Inaktivierungsmechanismen des VHL-Gens untersucht.
4.2.1 Intragenische Mutationen des VHL-Gens
4.2.1.1 VHL-assoziierte Tumore
Bei allen bis auf einen VHL-assoziierten Tumor (Nr. 9) wurde eine intragenische
konstitutionelle Mutation gefunden, die mit der korrespondierenden Blutprobe
identisch war. Zusätzliche somatische Mutationen des VHL-Gens kamen bei den
VHL-assoziierten Tumoren nicht vor. Zwar ist die Inaktivierung beider Allele des
VHL-Gens durch intragenische Mutationen beschrieben (Prowse et al. 1997), scheint
aber für die Pathogenese des Hämangioblastoms von geringerer Bedeutung zu sein.
Der wesentliche Mechanismus zur Inaktivierung des zweiten Allels scheint hier ein
Allelverlust zu sein.
Durch die Southern Blot Methode fanden sich als intragenische konstitutionelle
Mutation außerdem partielle Deletionen verschiedener Größe bei sechs VHLassoziierten Tumoren von vier VHL-Patienten. Interessanterweise waren alle diese
Tumore, die informativ waren (n = 4), auch positiv bei der LOH-Analyse.
67
4 Diskussion
4.2.1.2 Sporadische Tumore
Somatische Mutationen des VHL-Gens wurden in 3/13 (23 %) der sporadischen
Tumore gefunden. In allen Fällen wurde die Mutation durch ihre Abwesenheit in der
Blut-DNA als somatische Mutation bestätigt. Nur einer der Tumore (8 %) zeigte
zusätzlich einen LOH in der Region des VHL-Gens und damit eine Inaktivierung
beider Allele des VHL-Gens. Daraus folgt, dass die biallelische Inaktivierung des
VHL-Gens für die Pathogenese des sporadischen Hämangioblastoms eine
untergeordnete Rolle spielt. Diese Beobachtung steht im Widerspruch zum Postulat
der „two-hit“ Theorie.
Drei vorangehende Studien untersuchten bereits Mutationen des VHL-Gens bei
sporadischen Tumoren und fanden in 8 % (3/13) (Kanno et al. 1994), 40 % (2/5) (Tse et
al. 1997) und 10 % (2/20) (Lee et al. 1998) der Fälle Mutationen. Jedoch wurde bei den
vorangegangenen Studien in keinem Fall eine Inaktivierung beider Allele des VHLGens
bei
sporadischen
Hämangioblastomen
nachgewiesen,
da
die
LOH
Untersuchung entweder nicht durchgeführt wurde, negativ oder nicht informativ war,
und der VHL-Promoter nicht auf Methylierung untersucht wurde.
4.2.1.3 Verteilung der intragenischen Mutationen
Die Verteilung der somatischen und konstitutionellen Mutationen ist in Abbildung 20
wiedergegeben. Die Struktur des VHL-Elongin C - Elongin B Komplexes wurde
kürzlich aufgeklärt (Stebbins et al. 1999). Die Sekundärstruktur des VHL-Proteins lässt
sich in eine Elongin C bindende α-helikale Domäne und eine β-Faltblatt Domäne
unterteilen, die aus einem siebenlagigen β-Sandwich (Aminosäuren 63-154) und
einer α-Helix besteht (Aminosäuren 193-204), die durch hydrophobe Bindungen an
eines der β-Faltblätter gebunden ist (siehe Abb. 4, Seite 9).
68
4 Diskussion
Abbildung 20: Verteilung der Mutationen, die in den VHL-assoziierten und sporadischen Tumoren gefunden wurden.
Einzelheiten im Text. (Pfeile von oben stehen für VHL-assoziierte Tumore und Pfeile von unten für sporadische Tumore. Es
sind hier nur strukturelle Mutationen aufgetragen. Weiterhin fanden sich größere Deletionen. utr = untranslatierte Bereiche,
α=Bereich der α-helikalen Domäne, β=Bereiche, die an der β-Faltblatt Domäne beteiligt sind).
Die
Ergebnisse
dieser
Arbeit
zeigen,
dass
intragenische
Mutationen,
die
Hämangioblastome verursachen, vorwiegend in der α-helikalen Domäne und
außerdem in einem Teil der β-Domäne, dessen hydrophobe Kernbestandteile für die
Integrität des β-Sandwichs wichtig sind, liegen (Stebbins et al. 1999). Die häufigste
konstitutionelle Mutation in dieser Serie (c 505 T/C), welche bei insgesamt vier
Tumoren von drei Patienten vorkam, hat offenbar keinen entscheidenden Einfluss
auf die Struktur des Proteins und interferiert nicht mit der Bindung an Elongin C (Duan
et al. 1995; Kishida et al. 1995; Ohh et al. 1998). Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass ein
anderes Protein eine wichtige Rolle in der Pathogenese des Hämangioblastoms
spielt.
4.2.2 Allelverluste
4.2.2.1 VHL-assoziierte Tumore
Vorangehende LOH-Untersuchungen bei VHL-assoziierten Hämangioblastomen
haben sehr unterschiedliche Resultate erzielt: : 1/7 (14 %) (Crossey et al. 1994), 3/11
(27 %) (Prowse et al. 1997), 2/3 (66 %) (Tse et al. 1997) and 4/4 (100 %) (Vortmeyer et al.
1997) der informativen Tumore zeigten einen Verlust der Heterozygotie. Dies könnte
durch
die
geringe
Zahl
der
untersuchten
Tumore
und
die
Verwendung
unterschiedlicher Marker erklärt werden. In dieser Studie zeigten 62 % der
informativen VHL-assoziierten Tumore einen LOH. Dies verdeutlicht, dass, wie von
der
„two-hit“
Theorie
vorhergesagt,
der
Allelverlust
als
Mechanismus
der
Inaktivierung des Wildtypallels eine bedeutende Rolle in der Pathogenese des VHLassoziierten Hämangioblastoms spielt.
69
4 Diskussion
4.2.2.2 Sporadische Tumore
LOH in der Region des VHL-Gens wurde bei sporadischen Hämangioblastomen
bisher in zwei Studien untersucht und wurde in 50 % (1/2) (Tse et al. 1997) und 53 %
(10/19) (Lee et al. 1998) gefunden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen stehen im
Einklang mit der vorliegenden Arbeit, bei der 50 % der sporadischen Tumore einen
LOH zeigten.
4.2.3 DNA Methylierung
Seit einiger Zeit häufen sich die Hinweise, dass neben Mutationen und Allelverlusten
als
üblichen
Inaktivierungsmechanismen
normalerweise
nicht
methylierten
auch
CpG-islands
die
im
Hypermethylierung
von
Promoterbereich
von
Tumorsuppressorgenen eine Rolle in der Tumorgenese spielt (Gonzalez-Zulueta et al.
1995; Herman et al. 1994; Herman et al. 1995; Jones 1996; Merlo et al. 1995). Frühere
Untersuchungen des Methylierungsstatus des VHL-Gens bei Hämangioblastomen
erzielten sehr unterschiedliche Ergebnisse und basierten auf kleinen Fallzahlen. So
untersuchten Tse et al. acht (drei VHL-assoziierte und fünf sporadische)
Hämangioblastome und fanden bei keinem der Tumoren eine Hypermethylierung des
Promoters (Tse et al. 1997). Im Gegensatz dazu fanden Prowse et al. eine
Hypermethylierung in 50 % (4/8) der von ihnen untersuchten
VHL-assoziierten
Hämangioblastomen (Prowse et al. 1997). Beide Gruppen benutzten eine Methode, die
der
in
dieser
Arbeit
verwendeten
ähnelt:
Dem
Verdau
mit
einem
methylierungssensitiven Restriktionsenzym folgte eine PCR mit flankierenden
Primern. Allerdings wurden jeweils unterschiedliche Restriktionsenzyme verwendet.
Auch die Untersuchung des Methylierungsstatus bei anderen Tumoren des VHL
Spektrums erzielte unterschiedliche Resultate (Clifford et al. 1998; Graff et al. 1997; Prowse
et al. 1997). Diese stark abweichenden vorhergehenden Ergebnisse unterstreichen
den Bedarf an weiteren Untersuchungen.
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass das VHL-Gen in keinem der 42 untersuchten VHLassoziierten und sporadischen Tumoren methyliert war. Während Hypermethylierung
ein bekannter Mechanismus der genetischen Inaktivierung bei VHL-assoziierten
Nierenzellkarzinomen ist (Herman et al. 1994), scheint dieser epigenische Mechanismus
70
4 Diskussion
für die Pathogenese sowohl des VHL-assoziierten als auch des sporadischen
Hämangioblastoms nicht signifikant zu sein.
4.2.4 Die Pathogenese VHL-assoziierter und sporadischer
Hämangioblastome
4.2.4.1 VHL-assoziierte Tumore
Für die Mehrzahl der VHL-assoziierten Tumore bestätigt sich der klassische „two-hit“
Mechanismus der Tumorgenese bezüglich des VHL-Gens. In der vorliegenden Arbeit
wurde eine Inaktivierung beider Allele des VHL-Gens bei 62 % der informativen
Tumore gezeigt. Jedoch wurde bei 33 % der informativen Tumore die Inaktivierung
nur eines Allels gezeigt. Hierfür gibt es drei mögliche Erklärungen:
Zum Einen besteht die Möglichkeit, dass ein dominant negativer Effekt eine Rolle in
der molekularen Pathogenese des Hämangioblastoms spielen könnte. Damit ist
gemeint, dass das strukturell veränderte Protein die Funktion des Wildtypproteins
behindert und damit bei bestimmten Mutationen eine Inaktivierung des zweiten Allels
nicht vonnöten ist. Ein solcher dominant negativer Effekt ist bereits für das p53
Tumorsuppressorgen beschrieben (Oren 1992), allerdings nicht für das VHL-Gen. Die
Beobachtung, dass große Deletionen in der konstitutionellen DNA stets von LOH
begleitet sind, während LOH bei Tumoren mit strukturellen Mutationen in der
konstitutionellen DNA fehlen kann, passt zu dieser Beobachtung. Denn es ist
unwahrscheinlich, dass ein dominant negativer Effekt durch große Deletionen in der
konstitutionellen DNA verursacht wird, und daher benötigen diese Tumore den
Allelverlust zur Inaktivierung des zweiten Allels.
Eine zweite Erklärungsmöglichkeit wäre, dass ein weiteres Gen in der Pathogenese
einiger VHL-assoziierter Hämangioblastome eine Rolle spielt.
Schließlich könnten auch noch andere genetische oder epigenische Phänomene, die
durch die hier verwendeten Methoden nicht entdeckt werden konnten, eine Rolle
spielen. Beispielsweise wurden in dieser Arbeit keine Phänomene auf RNA Ebene
untersucht. Die Untersuchung von RNA Expression in Hämangioblastomen könnte
weitere Aspekte der Tumorgenese klären.
71
4 Diskussion
4.2.4.2 Sporadische Tumore
Im Gegensatz zu den VHL-assoziierten Tumore zeigte in der vorliegenden Arbeit nur
einer von zehn informativen sporadischen Tumoren eine Inaktivierung beider Allele
des VHL-Gens. Dies legt nahe, dass den sporadischen Hämangioblastomen eine
von den VHL-assoziierten Tumoren verschiedene Pathogenese zugrunde liegt und
wahrscheinlich
andere
Gene
als
VHL
für
die
sporadische
Tumorgenese
entscheidend sind.
Zwei sporadische Tumore zeigen eine alleinige Inaktivierung eines Allels durch eine
somatische Mutation, die nicht von einem LOH begleitet wird. Dies könnte wie auch
bei den VHL-assoziierten Tumoren durch das Vorkommen anderer genetischer oder
epigenischer Mechanismen erklärt werden, oder aber bedeuten, dass die Mutation
erst in einem späteren Stadium der Tumorprogression entstanden ist und keine
kausale Rolle für die Entstehung des Hämangioblastoms gespielt hat.
Die Tatsache, dass fünf von zehn sporadischen Tumoren einen LOH auf
Chromosom 3p zeigen, aber vier von ihnen keine strukturelle Mutation des VHLGens haben, lässt vermuten, dass es weitere Gene auf Chromosom 3p gibt, die eine
Rolle in der Pathogenese des sporadischen Hämangioblastoms spielen. Eine
unterschiedliche, VHL-unabhängige Pathogenese wurde außerdem schon für das
sporadische Phäochromozytom (Bender 2000) und für einige klarzellige Nierenkarzinome vorgeschlagen, bei denen Mutationen in Tumorsuppressorgenen im
Bereich 3p14-21 eine primäre Rolle in der Tumorgenese bei Tumoren mit 3p LOH
aber ohne strukturelle VHL-Mutationen zu spielen scheinen (Clifford et al. 1998).
VHL-assoziierte Hämangioblastome
2.Allel
VHL
1.Allel
Mutation
teils VHL,
teils
eines
anderen
Gens
nahe VHL
VHL
VHL
VHL
LOH
Konstitutionelle VHL
Mutation
Sporadische Hämangioblastome
LOH
1.Allel
2.Allel
Abbildung 21: Neues Modell für die Pathogenese VHL-assoziierter und sporadischer Hämangioblastome.
72
4 Diskussion
4.2.4.3 Schlussbetrachtung
Bisher galt Knudsons klassische „two hit“ Inaktivierung des VHL-Gens als das
zentrale Dogma für die molekulare Pathogenese VHL-assoziierter und sporadischer
Hämangioblastome (Kanno et al. 1994; Lee et al. 1998; Oberstrass et al. 1996). Diese würde
die Inaktivierung beider Allele des VHL-Gens bei allen untersuchten VHLassoziierten und sporadischen Tumore vorhersagen. Für die VHL-assoziierten
Hämangioblastome scheint dies zuzutreffen. Die Tatsache aber, dass nur einer von
13 sporadischen Tumoren eine Inaktivierung beider Allele des VHL-Gens zeigt, legt
allerdings nahe, dass nur ein kleiner Teil dieser Tumore durch biallelische
Inaktivierung des VHL-Gens verursacht wird. Die Mehrzahl der sporadischen
Hämangioblastome scheint jedoch durch andere, noch unbekannte, pathogenetische
Ereignisse zu entstehen. Diese Hypothese sollte durch weitere Studien geklärt
werden. Es sollte insbesondere nach anderen Genen auf Chromosom 3p gesucht
werden, die in die Pathogenese der sporadischen Hämangioblastome involviert sind.
Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass VHL-assoziierten und sporadischen
Hämangioblastomen
des
Zentralen
Pathogenese zugrunde liegen dürfte.
Nervensystems
eine
unterschiedliche
73
6 Literatur
5 Zusammenfassung
Hämangioblastome des Zentralen Nervensystems treten entweder sporadisch oder
als Manifestation der autosomal dominant vererbten von Hippel-Lindau Krankheit
auf,
die
sich
des
Nierenzellkarzinome
weiteren
und
im
Wesentlichen
Phäochromozytome
durch
retinale
auszeichnet.
Die
Angiome,
moderne
molekulargenetische Diagnostik hat Perspektiven geschaffen, die es ermöglichen,
diese Krankheit auf genetischem Weg festzustellen.
Um die Bedeutung der genetischen Untersuchung konstitutioneller DNA für Patienten
mit Hämangioblastomen zu klären, wurde in der vorliegenden Arbeit das bisher
größte Register klinischer Daten von 141 Patienten mit Hämangioblastomen erstellt
und auf konstitutionelle Mutationen hin untersucht. Die genetische Diagnostik ist mit
einer Sensitivität von 86 % sicherer als eine klinische Diagnostik und bildgebenden
Verfahren im Einzelnen betrachtet. Darüber hinaus ist eine genetische Diagnostik
kostengünstiger
und
Schlüsselinformationen
altersunabhängig.
und
ermöglicht
Sie
eine
liefert
die
sinnvolle
entscheidenden
Durchführung
von
Vorsorgeuntersuchungen bei den Patienten und deren Familien. Mutationen des
VHL-Gens sind bei etwa 22 % der Hämangioblastom-Patienten zu erwarten und sind
selbst bei Patienten ohne weitere klinische Hinweise auf die Erbkrankheit in 14 % zu
finden. Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen darauf schließen, dass die genetische
Untersuchung
für
alle
Hämangioblastom-Patienten
ohne
Altersbegrenzung
empfohlen werden sollte.
Weiterhin wurden in dieser Arbeit die Grundlagen der molekularen Pathogenese des
Hämangioblastoms neu überdacht. Bisher galt Knudsons klassische “two hit“
Inaktivierung des VHL-Gens als Dogma für die molekulare Pathogenese des
Hämangioblastoms. In der vorliegenden Arbeit wurden bei 42 Hämangioblastomen,
darunter 13 sporadische und 29 VHL-assoziierte Tumore, erstmals gleichzeitig alle
momentan vermuteten Inaktivierungsmechanismen des VHL-Gens systematisch
untersucht. Dabei zeigte sich, dass der “two hit“-Mechanismus offenbar nur für die
familiäre Form des Tumors wesentlich ist, bei denen in 62 % der Fälle eine
Inaktivierung beider Allele des VHL-Gens nachgewiesen wurde. Dies konnte
hingegen bei den sporadischen Tumoren nur in 8 % der Fälle nachgewiesen werden.
Die Mehrzahl der sporadischen Tumore scheint also in ihrer Pathogenese einen
anderen Weg zu beschreiten und andere Gene zu involvieren.
74
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Type 1 neurofibromatosis gene: identification of a large transcript disrupted in three
NF1 patients.
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87
7 Danksagung
7 Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Neumann. Für die Überlassung des Themas
und die Übernahme des Referats bedanke ich mich ebenso wie für die Bereitstellung
des Materials. Ohne die jahrelange Sammlung und konsequente Dokumentation der
Patientendaten sowie die Sammlung der Blut- und seltenen Tumorproben wäre diese
Arbeit nicht möglich gewesen. Weiterhin danke ich ihm für das Einbeziehen in
wissenschaftliche Tätigkeiten über den Rahmen der Dissertation hinaus und für die
Anregung und Unterstützung beim Verfassen von zwei Publikationen.
Herrn Dr. Bender danke ich für zahlreiche kritische Anregungen beim Verfassen der
Publikationen. Weiterhin danke ich ihm für die Unterstützung bei der Arbeit im Labor.
Für die Mithilfe bei der grafischen Gestaltung danke ich Marco Gässler. Bei Antje
Bohnsack bedanke ich mich für das Korrekturlesen.
Meinen Eltern und meinen Schwestern sowie meinen Großeltern, meiner Großtante
und allen anderen Verwandten danke ich für die finanzielle und moralische
Unterstützung während meines Studiums. Meinen Freunden und Bundesbrüdern
danke ich für Unterstützung und Rücksichtnahme.
88
8 Lebenslauf
8 Lebenslauf
Persönliche
Daten
Sven Gläsker
geboren am 14.07.1973
in Bünde/ Westfalen
ledig
Schulbildung
1980 bis 1984
Grundschule Niedereschach
1984 bis 1993
Gymnasium am Hoptbühl, Villingen
Wehrdienst
1993 bis1994
Ableistung des Grundwehrdienstes beim Feldartilleriebataillon 295 in
Immendingen
Hochschulausbildung
Seit Okt 1994
Studium der Humanmedizin an der Albert-Ludwigs Universität Freiburg
Aug 1996
Ärztliche Vorprüfung
Aug 1997
Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Sept 1997
Beginn der Doktorarbeit bei Prof. Dr. med. Neumann, Abteilung Innere
Medizin IV, Universitätsklinikum Freiburg
März 2000
United States Medical Licensing Examination (USMLE 1)
Sept 2000
Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Famulaturen
1999
Neurochirurgie, 9 Wochen (Department of Neurosurgery, Stanford
University Medical Center, Stanford, CA, USA)
1999
Praxisfamulatur, 5 Wochen (Dr. med. Bernhard Gläsker, Internist)
1999
Anästhesie, 4 Wochen (St. Hildegardis Krankenhaus, Köln)
1998
Gynäkologie und Geburtshilfe, 1 Woche (St. Josefs Krankenhaus, FR)
1997
Unfallchirurgie, 4 Wochen (Klinikum der Stadt Villingen-Schwenningen)
89
8 Lebenslauf
Praktisches Jahr (2000/2001)
1. Tertial
Neurochirurgie: Department of Neurosurgery, National Institutes of
Health, Bethesda, MD, USA (2 Monate) und Department of
Neurosurgery, Mayo Clinic, Rochester, MN, USA (2 Monate).
2. Tertial
Innere Medizin: Klinikum der Stadt Villingen-Schwenningen
3. Tertial
Chirurgie: Klinikum der Stadt Villingen-Schwenningen
90
8 Lebenslauf
VERÖFFENTLICHUNGEN
Im Rahmen dieser Dissertation entstanden die folgenden wissenschaftlichen
Publikationen und Vorträge:
PUBLIKATIONEN
Sven Gläsker, Bernhard U Bender, Thomas W. Apel, Ernst Natt, Vera van Velthoven,
Rudolf Scheremet, Josef Zentner , Hartmut P.H. Neumann (1999)
The
impact
of
molecular
genetic
analysis
of
the
VHL-Gene
in
patients
with
hemangioblastomas of the central nervous system.
Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry 67:758-762
Bernhard U. Bender, Markus Gutsche, Sven Gläsker, Barbara Müller, Günter Kirste,
Charis Eng, Hartmut P.H. Neumann (2000)
Differential genetic alterations in von Hippel-Lindau syndrome-associated and sporadic
pheochromocytomas.
Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism, 85:4568-74
P. Riegler, W. Huber, R. Corradini, H.P.H. Neumann, S. Gläsker, A. Sessa (2000)
Von Hippel-Lindau disease: the role of gene analysis in affected families.
Nephron 84(1):95-7
Sven Gläsker, Bernhard U. Bender, Thomas W. Apel, Vera van Velthoven, Lois M.
Mulligan, Josef Zentner , Hartmut P.H. Neumann (2001)
Reconsidering
of
biallelic
inactivation
of
the
VHL
tumor
suppressor
gene
in
hemangioblastomas.
Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry 70:644-648
Weng-Onn Lui, Jindong Chen, Sven Glasker, Bernhad U Bender, Casey Madura, SokKean Khoo, Eric Kort, Catharina Larsson, Harmut P H Neumann, Bin-Tean The (2002)
Selective loss of chromosome 11 in pheochromocytomas associated with the VHL
syndrome.
Oncogene 21(7): 1117-22.
91
8 Lebenslauf
Hartmut P.H. Neumann, M.D., Birke Bausch, Sarah R. McWhinney, B.A., Bernhard U.
Bender, M.D., Oliver Gimm, M.D., Gerlind Franke, Ph.D., Joerg Schipper, M.D., Joachim
Klisch, M.D., Carsten Altehoefer, M.D., Klaus Zerres, M.D., Andrzej Januszewicz, M.D.,
Wendy M. Smith, B.A., Robin Munk, M.D., Tanja Manz, M.D., Sven Glaesker, M.D.,
Thomas W. Apel, Ph.D., Markus Treier, M.D., Martin Reineke, M.D., Martin K. Walz,
M.D., Cuong Hoang-Vu, M.D., Michael Brauckhoff, M.D., Andreas Klein-Franke, M.D.,
Peter Klose, M.D., Heinrich Schmidt, M.D., Margarete Maier-Woelfle, M.D., Mariola
Peçzkowska, M.D., Cesary Szmigielski, M.D., Charis Eng, M.D., Ph.D.
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The New England Journal of Medicine 346:1459-1466.
WISSENSCHAFTLICHE VORTRÄGE UND POSTERS
„VHL germline testing: The impact for timely diagnosis of pheochromocytoma“ Deutsche
Medizinische Wochenschrift, Abstractband zur 23. Wissenschaftlichen Tagung der
Deutschen Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks und der Deutschen Hypertonie
Gesellschaft. Karlsruhe, 20. Nov. 1999. (Vortrag)
“Screening for VHL in patients with hemangioblastomas of the CNS”. Fourth International
Symposium on von Hippel-Lindau Disease, Mayo Clinic, Rochester, MN, 22. Jul. 2000.
(Vortrag)
„Molecular Pathogenesis of CNS Hemangioblastomas“ Fifth International Symposium on von
Hippel-Lindau Disease, Padua, Italien, 9. Juni 2002 (Poster)
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