18 | PRODUKTION + TECHNIK | OBSTBAU 18 . 2016 BWagrar Unterm Schild versteckt :: Arbeitskalender Obstbau im Mai Seit rund zehn Jahren mehren sich für manche Apfelanlagen die Klagen über einen Befall mit der Kommaschildlaus. Nachfolgend einige Hinweise, wie dem Erreger beizukommen ist und was Versuche gegen Schorf, Kelch- und Kernhausfäule sowie Mehltau gebracht haben. I m Nachbau, auf schwachwachsenden Unterlagen und kiesigen Böden zeigt sich in Apfelanlagen seit etwa 2005 vermehrt Befall durch die Kommaschildlaus. In den gebietsweit untersuchten 125 Astproben des vergangenen Winters wiesen 28 Prozent der Anlagen Befall durch diese Schildlausart auf. Die Schadensschwelle von 30 bis 50 Schilden pro zwei Meter Fruchtholz wurde in mehr als einem Drittel der befallenen Proben überschritten. Der beginnende Befall tritt nesterweise in Erscheinung und bleibt deshalb anfänglich oft unentdeckt. Hat sich die Kommaschildlaus ausgebreitet, zeigen die bereits längere Zeit befallenen Bäume Minderwuchs und dicke Krusten von übereinander liegenden Neuund Altschilden. Zur Bekämpfung wurden früher breit wirksame Phosphorsäure-Ester und Carbamate + ZUM THEMA Kommaschildlaus ■ Unter 2,0 bis 3,5 mm großen, bräunlichen Schilden des Vorjahres überwintern bis zu 90 weiße Eier. ■ Der Schlupf setzt, je nach Witterung im Frühjahr, am Bodensee in der zweiten Maidekade ein und kann mehr als zwei Wochen dauern. ■ Die gelblichen Wanderlarven setzen sich innerhalb weniger Tage fest und bilden ein neues, anfänglich helles Schild. Es wird eine Generation pro Jahr gebildet. ■ Erfolgt die Schildbildung auf den Früchten, sind diese nicht marktfähig. ■ Direkte Bekämpfungsmaßnahmen zielen auf die Wanderlarven. ■ Nach einigen Jahren des Befalls setzt zumeist eine Parasitierung durch Schlupfwespen ein. Diese ernähren sich von den Eiern der Kommaschildlaus und hinterlassen beim Schlupf ein charakteristisches Loch im Schild. n 1816_064_BW_018.indd 18 eingesetzt. Deren Zeit ist aber längst abgelaufen und wird nicht wieder kommen. Unter den zugelassenen Insektiziden weisen Calypso (0,1 l/ha/m Kh) und Envidor (0,2 l/ha/m Kh; B1!) eine zwangsläufig eintretende Nebenwirkung (zeN) auf. Der Wirkungsgrad erreicht bei einmaliger Applikation maximal 40 Prozent. Das nach Artikel 53 zur Bekämpfung der Blutlaus an Apfel zugelassene Movento 100 SC (0,75 l/ha/m Kh; B1!) erzielte in Versuchen bei einmaliger Anwendung Wirkungsgrade von bis zu 80 Prozent. Wurden bei der Ernte im vergangenen Jahr Früchte mit Kommaschildläusen gefunden und hat sich der Besatz in der Anlage ausgebreitet, kann Movento 100 SC ein- bis zweimalig (zeN) eingesetzt werden. Die erste Behandlung erfolgt unmittelbar zum Schlupfbeginn. Gegebenenfalls schließt sich eine erneute Anwendung sieben bis zehn Tage später an. Diese Behandlungszeitpunkte decken sich annähernd mit denen zur Bekämpfung der Apfelblutlaus mit Movento 100 SC. Schorf, Kelchfäule und Mehltau Schwere Schorfinfektionen traten am Bodensee zwischen dem 14. und 19. April auf. Lange Blattnasszeiten, Niederschlagsmengen bis zu 50 mm und sehr hohe Sporenflüge wurden registriert. Behandlungen in kurzen Abständen waren notwendig, um der Befallsgefahr zu begegnen. Empfohlen wurden Applikationen mit Syllit, Delan WG, Schwefel und Schwefelkalk. Weitere Behandlungen auch über die Blüte sind zwingend nötig, um den Befall zu verhindern, um dann im Sommer in der Sekundärphase die Applikationsabstände erweitern zu können. In der Blütezeit sind Maßnahmen gegen Kelch- und Kernhausfäulen durchzuführen. Bei einigen Sorten wie Cameo, Gala und Elstar traten in den letzten Jahren starke Fäulen auf. Die Infektionen finden bei Niederschlagsereignissen hauptsächlich ab der Vollblüte bis Ende Blüte, teilweise auch noch zu Beginn der Fruchtentwicklung statt. Als Erreger sind überwiegend Neonectria und Botrytis ursächlich, seltener auch Fusarium, Phoma und Stemphylium. Die Bekämpfung ist in den meisten Sorten einfach, kann aber bei anfälligen Sorten durchaus schwierig werden. Am KOB erfolgten in den letzten Jahren umfangreiche Versuche auch zu neueren Wirkstoffen. Um den Befall sicherzustellen, wurde mit künstlicher Inokulation in der Blüte gearbeitet. Behandelt wurde vor der Inokulation und teils noch danach. Über die Jahre konstante Wirkung zeigten Consist Plus und In manchen Anlagen wird die Kommaschildlaus zum Problem: Bis zu 90 weiße Eier überwintern geschützt unter dem Schild. | Foto: Trautmann captanhaltige Mittel wie Malvin WG. Luna Experience wirkte in einem Jahr gut, in anderen weniger. Bellis und das versuchsweise geprüfte Scala brachten keine ausreichende Bekämpfung. Es wird daher empfohlen, in der Blüte Consist Plus im Wechsel mit einem captanhaltigen Mittel auszubringen; in anfälligen Sorten wie Cameo, insbesondere in älteren Beständen, muss die Behandlung mehrfach erfolgen. Im Bodenseeraum spielte Mehltau in den vergangenen Jahren eher eine untergeordnete Rolle. Infektionen finden zwar statt, aber eine weitere Ausbreitung im Bestand, wie er typisch ist – weißlich-mehliges Mycel auf der Oberfläche von Blättern, Trieben und Früchten – war nicht zu beobachten. Netzartig berostete Früchte sind eher selten zu finden. Die Infektionen erfolgen im Zeitraum Mai bis Juni bis zum Triebabschluss aus Primärquellen (Knospen, Triebe). Erkennbar sind diese an den Blatträndern, die dann leicht wellig erscheinen und eher ein punktförmiges Mycel ausbilden. Problemlose Bekämpfung Aufgrund der für den Mehltaupilz ungünstigeren Witterungsbedingungen wie hohe Niederschläge kann ein Großteil der Konidien nicht keimen, daher der geringere Befall. Eine Bekämpfung am Bodensee ist daher unproblematisch, wenige Applikationen, beginnend mit Schwefel bereits vor der Blüte und dann nach der Blüte fortgeführt, aber auch Azole wie Systhane und Topas reichen aus, um die Befallsgefahr einzudämmen. Strobilurinhaltige Produkte wie Flint, aber auch Consist Plus unterstützen die Regulierung. | Martin Trautmann, Dr. Christian Scheer, KOB n 03.05.2016 09:42:52