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24. September 2015
IS lanciert Medienkampagne gegen die
Flucht von Moslems in westliche Staaten,
besonders aus den Gebieten des
Islamischen Kalifats unter seiner
Kontrolle
Überschrift eines Artikels in der Septemberausgabe von “Dabiq”, des IS-Monatsmagazins in
englischer Sprache, in dem die massive Fluchtbewegung von Moslems in westliche Länder
kritisiert wird.
Allgemeines
1. Vor dem Hintergrund der Flüchtlingswelle, welche derzeit die europäischen
Länder überschwemmt, lancierte der IS jüngst eine Medienkampagne, die
scharfe Kritik am Phänomen der Flucht von Moslems aus Syrien, Libyen und
implizit auch vom Irak in westliche Länder (Europa und USA) übt. Für die
Kampagne wurden islamische Kleriker und IS-Aktivisten aufgeboten, die in den
Medienorganen des IS in arabischer Sprache auftreten.
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2. Eine besondere Gefahr erkennt der IS darin, dass Einwohner das sich unter
seiner Kontrolle befindliche Islamische Kalifat verlassen , um nach Europa
und Amerika zu gelangen, die christlich geprägt sind (obwohl die meisten
Emigranten nach den Worten den IS aus Gebieten stammen, die von „Ungläubigen“
– d.h. von Kurden, Schiiten und von den Regimes in Syrien und im Irak – beherrscht
werden). Die Medienkampagne des IS beruht in erster Linie auf einem religiösislamischen Argument, wonach die Emigration (Hidschra) aus Ländern des Islam
(Dar Al-Islam) in von „Ungläubigen“ kontrollierte Länder (Dar Al-Kufar) eine Sünde
darstelle, da der Islamische Staat die Heimat aller Moslems sei. In Europa würden
die ausgewanderten Moslems ihre Identität verlieren und seien dort dem
„Sittenzerfall“ und polizeilicher Gewalt ausgesetzt (Ein vom IS-produzierter Clip
und der von ihm verbreitete Artikel enthalten Szenen polizeilicher Gewalt gegen
Flüchtlinge an osteuropäischen Grenzübergängen).
3. Die Förderung der Einwanderung von Moslems aus der ganzen Welt in das
islamische Kalifat, das vom IS-Anführer Abu Bakr Al-Baghdadi ausgerufen wurde,
spielt eine wichtige Rolle in der Ideologie und der Strategie des IS. Am 1. Juli
2014, zwei Tage nach der Ausrufung des Kalifats, verbreitete Abu Bakr Al-Baghdadi
eine Audiobotschaft, in der er die Moslems dazu aufrief, sich dem Kalifat
anzuschließen und die Hidschra zu vollziehen, die er als religiöse Pflicht
bezeichnete.1 Auf dieser Grundlage rief er die islamische Geistlichkeit, muslimische
Armeeangehörige, Beamten, Akademiker, Ärzte und Ingenieure in aller Welt dazu
auf, sich dem Islamischen Staat anzuschließen. Die Auswanderung von Moslems
aus dem Islamischen Staat in westliche Länder stehe also im völligen
Gegensatz zu dieser Pflicht.
1
Hidschra, dt. „Auswanderung“, ist ein wichtiger, symbolträchtiger Begriff in der Geschichte
des Islam, den Al-Baghdadi nun mit der Ausrufung des Islamischen Kalifats verbindet. Die
Hidschra bezeichnete ursprünglich die Auswanderung des Propheten Mohammed und
seiner Anhänger von Mekka nach Medina im Jahre 622, um der Verfolgung in Mekka zu
entkommen. Die Auswanderung wurde zum Sinnbild der Abgrenzung der Anhänger
Mohammeds von der sündigen Gesellschaft und Vorbild für den Aufbau einer
rechtschaffenen islamischen Gesellschaft bzw. der Wiedergeburt des Islam (Uriah
Furman, Islamiun (hebr.), IDF, Ma’arachot 2002, S. 322).
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4. Doch die entschiedene Ablehnung des Fluchtphänomens durch den IS hat nicht
nur religiöse sondern auch ausgesprochen praktische Gründe, da die Flucht von
Einwohnern der Gebiete des Islamischen Staates oder aus anderen umkämpften
Gebieten in Syrien zur Ausdünnung der lokal ansässigen Bevölkerung,
besonders der Mittelschicht, die sich die Flucht leisten kann, führen könnte. Das
wiederum könnte zum Problem für den sich auf einen kleinen Kern von
Aktivisten stützenden IS werden und seine Fähigkeit, Krieg an mehreren Fronten
zu führen und weite Gebiete in Syrien und dem Irak zu kontrollieren,
beeinträchtigen.
Auf
der
psychologischen
Ebene
wirkt
sich
das
Fluchtphänomen negativ auf das Image des Islamischen Staates als
„Erfolgsgeschichte“ aus, das der IS über seine Medienkanäle zu pflegen
versucht.
5. Es sei betont, dass der IS nicht unerheblich zur massiven Flucht von
Einwohnern Syriens und des Irak beiträgt. Dies aufgrund der Grausamkeiten und
der Schikanen des IS gegenüber religiösen und ethnischen Gruppen, die er als
„Ungläubige“ einstuft, und aufgrund der brutalen Durchsetzung der islamischen
Religionsgesetze (Scharia) in den von ihm kontrollierten Gebieten. Insofern könnte
sich die Medienkampagne des IS als ineffektiv erweisen, da die Zivilbevölkerung
unter immensem Druck seitens des IS und anderer Machtfaktoren in Syrien, dem
Irak und Libyen zu leiden hat. Vorderhand ist uns nicht bekannt, ob der IS
versucht, seiner Ablehnung des erwähnten Phänomens praktische Schritte
folgen zu lassen. Wir gehen davon aus, dass der IS bei weiterem Anschwellen
der Fluchtbewegung dazu übergehen könnte, verschiedene praktische
Maßnahmen zu ergreifen um sie zu bremsen, zumindest das Gebiet des
Islamischen Staates betreffend, und möglichweise auch versuchen wird, die
Rückkehr von Flüchtlingen in die von ihm kontrollierten Gebiete zu erwirken.
6. Im folgenden Anhang werden Beispiele der IS-Medienkampagne gegen die
Fluchtbewegung in den Westen gezeigt.
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Anhang
Beispiele der Medienkampagne des IS
gegen die Flucht von Teilen der lokal
ansässigen Bevölkerung
Allgemeines
1. Im Verlaufe des September 2015 lancierte der IS eine Medienkampagne gegen
die Menschen, die aus Syrien, dem Irak und Libyen in den Westen (Europa und
USA) flüchteten. Die Kampagne wurde in den Medienkanälen des IS in englischer
und arabischer Sprache geführt. In diesem Rahmen traten islamische Geistliche und
IS-Aktivisten aus Syrien, dem Irak und Jemen auf. Nachfolgend einige Beispiele:
Artikel in der Septemberausgabe (2015) von „Dabiq“
2. In der Ausgabe vom September 2015 des IS-Monatsmagazins „Dabiq“ in
englischer Sprache erschien ein Artikel, der die Fluchtbewegung in westliche
Länder kritisiert (die IS-Kampagne befasst sich nicht mit der Flucht in
arabische/islamische Länder wie Jordanien, Libanon und Türkei). Die Ablehnung
des Fluchtphänomens wird mit der Hidschra-Pflicht begründet und mit Zitaten aus
dem Koran sowie mit überlieferten Traditionen des Propheten Mohammed und
islamischer
Gelehrter
unterlegt.
So
wie
Mohammed
einst
nach
Medina
ausgewandert sei, müsse heute die Hidschra in das islamische Kalifat stattfinden
und nicht in die Länder unter der Herrschaft der „Ungläubigen“: „Hijrah is an
obligation from Darul-Kufr to Darul-Islam“, heißt es dort.
3. Des Weiteren stellt der Artikel fest, dass „leider“ einige Syrer und Libyer bereit
seien, sich Gefahren auszusetzen sowie ihr Leben, ihre Seele und die Zukunft ihrer
Kinder durch die Auswanderung in die Gebiete der „Kreuzfahrer“ (d.h. in „christliche“
Staaten) unter Kontrolle von Kriegstreibern, die von atheistischen Gesetzen geleitet
seien, zu riskieren. Das sei eine große Sünde („major sin“), da damit der „Abfall vom
Islam zugunsten des Christentums, der Gottlosigkeit und des Liberalismus“
verbunden sei. Die Kinder und Enkel der Flüchtlinge würden die arabische Sprache,
die Sprache des Koran, vergessen und sich der ständigen Gefahr von Unzucht,
Sodomie, Drogen und Alkohol aussetzen.
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Drohungen und Einschüchterungen: „Viele Syrer starben auf dem Weg in die Länder der
Ungläubigen“ (Dabiq, Ausgabe vom September 2015)
Videoclips, in denen dazu aufgerufen wird, nicht in
westliche Länder auszuwandern
4. Nachfolgend weitere Beispiele der IS-Medienkampagne gegen die Flucht
muslimischer Flüchtlinge nach Europa:
a. Die Provinz Salah Ad-Din des IS im Irak veröffentlichte ein Videoclip, in
dem ein islamischer Geistlicher Kritik an jenen übt, die den Islamischen
Staat verlassen und sie zur Rückkehr aufruft. Die Emigration sei religiös
verwerflich, und die Emigranten würden keinen Seelenfrieden finden,
sondern in den Zielländern allein der Ausnützung preisgegeben (Asdarat
Al-Daulat Al-Islamiya, 16. September 2015).
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Islamischer Geistlicher im Irak übt Kritik an den Auswanderern aus dem Islamischen Staat
(Asdarat Al-Daulat Al-Islamiya, 16. September 2015)
b. Ein Videoclip der Provinz Al-Furat des IS im Irak zeigt die Predigt eines
IS-Aktivisten in einer Moschee. Der Aktivist lobt die Einwanderung in
Gebiete unter islamischer Herrschaft und verurteilt die Auswanderung von
Moslems
aus
Syrien
in
westliche
Länder
(Blog
akhbardawlatalislam.wordpress, 17. September 2015).
c. In einem Videoclip der Provinz Homs des IS in Syrien würdigt ein ISAktivist die Einwanderung von Moslems in die „Dar Al-Islam“, d.h. in die
Gebiete unter islamischer Herrschaft nach den Kriterien der islamischen
Religionsgesetze (Scharia). Demgegenüber attackiert der Redner die „Dar
Al-Kufar“, also die Länder der Ungläubigen. Der Clip zeigt die Verteilung
von Broschüren, die sich mit dem Christentum befassen, an Flüchtlinge
aus Syrien in einem Flüchtlingslager. An einer späteren Stelle des Clips
sind Szenen polizeilicher Gewalt gegen Flüchtlinge an osteuropäischen
Grenzübergängen zu sehen (Filesharingsite archive.org, 17. September
2015).
d. Ein Videoclip der Provinz Hadramaut des IS in Jemen zeigt die Predigt
eines IS-Aktivisten in einer Moschee. Der Aktivist sagt, alle Moslems
hätten die Pflicht, aus den Ländern der Ungläubigen in die „Dar Al-Islam“
auszuwandern und nicht umgekehrt. Wer sich in den Ländern der
Ungläubigen aufhalte, lebe nach ihren Gesetzen und sei der Sittenlosigkeit
ausgesetzt (Blog akhbardawlatalislam.wordpress, 17. September 2015).
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Ein Aktivist der Provinz Hadarmaut des IS in Jemen spricht sich in einer Predigt für die
Einwanderung in die Länder des Islam und gegen die Auswanderung in den Westen aus
(Blog akhbardawlatalislam.wordpress, 17. September 2015)
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