Zentrum für Kindermedizin Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Direktor: Prof. Dr. med. W. Kiess Arbeitsgruppe: Neonatologie Arbeitsrichtlinie: Empfehlungen zur Impfung Frühgeborener Erstellt: 06/2009 Von: Dr. med. M. Quante, Prof. Dr. med. U. Thome Grundlage: Frühgeborene haben ein erhöhtes Risiko für schwere Infektionskrankheiten. Der Grund liegt im noch unreifen Immunsystem. Deshalb sollten auch Frühgeborene zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einen sicheren Schutz vor Infektionskrankheiten durch Applikation geeigneter Impfstoffe erhalten. Das Auftreten von Apnoen (Atempausen von mindestens 20 Sekunden Dauer) und/oder Bradykardien (Abfall der Herzfrequenz <80/Minute) im zeitlichen Zusammenhang zu Impfungen ist bei Frühgeborenen in der Literatur gut dokumentiert. Als stärkster Risikofaktor für das Auftreten von Apnoen innerhalb von 48-72 Stunden nach einer Impfung gilt das Auftreten von mehr als einer Apnoe in den der Impfung vorausgegangenen 24 Stunden. Bei Kindern, die prävakzinal keine Apnoen hatten, waren junges Alter (<67 Tage), aktuelles Gewicht unter 2000 g, und ein SNAP-II (Score for Neonatal Acute Physiology II) >10 Prädiktoren für postvakzinale Apnoen. Die Art der verwendeten Impfstoffe – mit oder ohne Pertussiskomponente – hatte keinen Einfluss. Empfohlene Vorgehensweise (in Anlehnung an die Empfehlungen der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, 2008): 1. Standardimpfungen (T, D, Pa, HIB, IPV, HBV, Pneumokokken, Rotaviren) unabhängig vom Gestationsalter bei einem erreichten Gewicht von 2000 g zeitgerecht applizieren, das heißt im Alter von 56 Tagen; Pneumokokken nicht in Kombination mit Meningitis C, deshalb zunächst Pneumokokken komplettieren und dann Meningitis C impfen Die SOP’s sind ausschließlich zur klinikinternen Anwendung durch Ärztinnen und Ärzte des UKL bestimmt. Sollten diese Behandlungsabläufe dennoch nicht von dem zur Anwendung bestimmten Personenkreis angewendet werden, so übernimmt das UKL keinerlei Haftung für einen ggf. daraus entstehenden Schaden. Zentrum für Kindermedizin Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Direktor: Prof. Dr. med. W. Kiess Arbeitsgruppe: Neonatologie 2. zusätzliche sinnvolle Indikationsimpfungen für Frühgeborene sind Meningitis C (ab 3. Lebensmonat) und Influenza (ab 6. Lebensmonat) 3. Bei HBs-Antigen-positiven Müttern ist innerhalb von 12 Stunden (maximal 48 Stunden) beim Neugeborenen eine Simultan-Immunisierung (HB-Impfstoff und HBImmunglobulin) zu beginnen. Früh- und Neugeborene unter 2000 g erhalten zunächst nur eine Passiv-Immunisierung, die bei Erreichen eines Gewichtes von 2000 g durch eine Aktiv-Immunisierung ergänzt wird. Vervollständigung dieser ersten Impfung durch eine zweite und dritte Impfung einen Monat und sechs Monate später. Nach Abschluss der Grundimmunisierung ist eine serologische Kontrolle erforderlich. Bei unklarem HBs-Status der Mutter sollte eine Testung erfolgen und die Neugeborenen zunächst aktiv geimpft werden. Bei Diagnose von Carrier-Müttern sind deren Neugeborene möglichst innerhalb von 48 Stunden mit HB-Immunglobulin zu immunisieren. 4. Aufklärung der Eltern, Einverständnis einholen, Dokumentation im Impfbuch, Kurve/COPRA und Arztbrief, Hinweis auf „Schutzschild“ durch Impfstatus der Kontaktpersonen (Eltern, Geschwister .... ) 5. Kontraindikationen prüfen: akute behandlungsbedürftige Erkrankungen (z.B. Infektion), Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffes, keine Impfungen 3 Tage vor oder nach größeren Eingriffen, bei Lebendstoffimpfungen (Rotavirus, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) müssen sogar 14 Tage eingehalten werden Die SOP’s sind ausschließlich zur klinikinternen Anwendung durch Ärztinnen und Ärzte des UKL bestimmt. Sollten diese Behandlungsabläufe dennoch nicht von dem zur Anwendung bestimmten Personenkreis angewendet werden, so übernimmt das UKL keinerlei Haftung für einen ggf. daraus entstehenden Schaden. Zentrum für Kindermedizin Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Direktor: Prof. Dr. med. W. Kiess Arbeitsgruppe: Neonatologie 6. 1. Impfung bei sehr kleinen Frühgeborenen (geboren vor der vollendeten 28.SSW), Frühgeborenen mit Apnoe-Bradykardie-Syndrom und relevanter Bronchopulmonaler Dysplasie noch während des stationären Aufenthaltes, anschließend Monitoring der Atmung, Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung (Langzeitkardiorespirographie) für 48 Stunden 7. 2. Impfung kann ambulant verabreicht werden, sofern bei der 1. Impfung keine Apnoen und/oder Bradykardien aufgetreten sind, ansonsten erneutes stationäres Monitoring über 48 Stunden 8. 3. Impfung: analoges Vorgehen zur 2. Impfung 9. Impfort: anterolateraler Oberschenkel, tief intramuskulär (durch vorherige Aspiration überzeugen!) 10. Mindesabstand zwischen den ersten drei Impfungen: 4 Wochen 11. Dokumentation im Arztbrief, ob bei der 2. und/oder 3. Impfung eine Monitorüberwachung durchgeführt werden muss 12. RSV-Prophylaxe: (siehe auch AWMF-Leitlinie) Palivizumab-Impfung alle 28 Tage während der RSV-Saison für Frühgeborene mit chronischer Lungenerkrankung und Säuglinge mit hämodynamisch relevantem Herzfehler im ersten Lebensjahr, für Lungen-gesunde Frühgeborene <28 SSW während der ersten 12 Lebensmonate, für alle anderen Frühgeborenen < 35 SSW mit a) Entlassung aus der neonatologischen Primärversorgung direkt vor oder während der RSV-Saison, b) Kinderkrippenbesuch oder Geschwister in externer Kinderbetreuung und c) schwerer neurologischer Erkrankung. Die SOP’s sind ausschließlich zur klinikinternen Anwendung durch Ärztinnen und Ärzte des UKL bestimmt. Sollten diese Behandlungsabläufe dennoch nicht von dem zur Anwendung bestimmten Personenkreis angewendet werden, so übernimmt das UKL keinerlei Haftung für einen ggf. daraus entstehenden Schaden.