Einführung in die Quantenfeldtheorie Gernot Münster Wintersemester 2011/12 Vorlesungsmitschrift von Burkhard Echtermeyer Inhaltsverzeichnis 0 Vorbemerkung 3 1 Relativistische Quantenmechanik 1.1 Grundelemente der speziellen Relativitätstheorie 1.2 Klein-Gordon-Gleichung . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Probleme der Klein-Gordon-Gleichung . 1.3 Diracgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Freie Diracgleichung . . . . . . . . . . . 1.3.2 Kovarianz der Diracgleichung . . . . . . 1.3.3 Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Äußere elektromagnetische Felder . . . . 1.3.5 Nichtrelativistischer Grenzfall . . . . . . 2 Feldoperatoren in der nichtrelativistischen 2.1 Viel-Teilchen-Quantenmechanik . . . . . . 2.2 Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren . 2.3 Vertauschungsregeln . . . . . . . . . . . . 2.4 Fock-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Feldquantisierung 3.1 Lagrange-Formalismus für Felder . 3.2 Quantisierung, Bosonen . . . . . . 3.3 Quantisierung des Schrödingerfeldes 3.4 Fermionen . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . QM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 10 14 16 16 28 36 39 40 . . . . . 43 43 46 49 51 52 . . . . . 58 58 63 63 66 68 2 INHALTSVERZEICHNIS 4 Quantisierung freier relativistischer Felder 4.1 Komplexes Skalarfeld . . . . . . . . . . . . 4.2 Reelles Skalarfeld . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Kommutator und Propagator . . . . . . . 4.4 Yukawa-Potenzial . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze . . . . . 4.5.1 Symmetrie-Transformationen . . . 4.5.2 Raumzeit-Symmetrien . . . . . . . 4.5.3 Innere Symmetrien . . . . . . . . . 4.5.4 Symmetrien in der Quantentheorie 4.6 Dirac-Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.1 Felder und Erhaltungsgrößen . . . . 4.6.2 Quantisierung . . . . . . . . . . . . 4.6.3 Propagator und Antikommutator . 4.6.4 Diskrete Transformationen . . . . . 4.7 Elektromagnetisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Wechselwirkende Felder 5.1 Wechselwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Green’sche Funktionen und S-Matrix . . . . . . 5.2.1 Green’sche Funktionen . . . . . . . . . . 5.2.2 S-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Reduktionsformeln . . . . . . . . . . . . 5.3 Störungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Beispiel: Mott-Streuung . . . . . . . . . 5.3.2 Gell-Mann-Low-Formel . . . . . . . . . . 5.3.3 Wick’sches Theorem . . . . . . . . . . . 5.3.4 Feynman-Diagramme für die ϕ4 -Theorie 5.3.5 Feynman-Regeln für die QED . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 69 76 78 81 83 86 88 92 94 98 98 100 103 105 111 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 . 119 . 122 . 122 . 127 . 132 . 134 . 135 . 139 . 142 . 146 . 156 3 0 Vorbemerkung Quantenmechanik Bei nicht zu großen Energien gilt die nichtrelativistische Quantenmechanik. p2 +V, Ein einzelnes Teilchen in einem Potenzial V hat die Energie E = 2m was Anlass zur Schrödingergleichung gab ∂ ~2 2 i~ ψ = − ∇ +V ∂t 2m ! ψ. (0.1) Kennzeichnend ist hier der nichtrelativistische Zusammenhang zwischen Energie und Impuls eines Teilchens. Systeme mit mehreren Teilchen, z. B. mit einer festen Teilchenzahl N erfordern eine Wellenfunktion mit N Ortsvariablen ψ(~r1 , ~r2 , . . . , ~rN , t). (0.2) Systeme, die auf diese Weise beschrieben werden, sind • Atomhülle, • Moleküle, • Festkörper (Phononen, Magnonen, Exzitonen), • Atomkerne (Nukleonen, Schalenmodell). Es zeigen sich Grenzen für den Gültigkeitsbereich der nichtrelativistischen Theorie, z. B. bei der Atomhülle: die Feinstruktur der Spektrallinien, die Spin-Bahn-Kopplung, der Darwin-Term und Energiekorrekturen ∼ p4 sind relativistische Effekte. Relativistische Quantenmechanik Die relativistische Energie-Impulsbeziehung, die für ein freies Teilchen E 2 = m20 c4 + c2 p2 (0.3) lautet, motiviert relativistische Wellengleichungen, wie die Klein-GordonGleichung und die Diracgleichung. Aber auch hier treten Probleme auf, die in der als fest angenommenen Teilchenzahl ihren Ursprung haben. Offenbar können Teilchen-Erzeugungs- und -Vernichtungs-Prozesse so nicht behandelt werden. Die Klein-Gordon-Gleichung lässt Lösungen mit negativen, nach unten unbeschränkten Energien zu, was die Existenz eines Grundzustandes verhindert, den es in der nichtrelativistischen Quantenmechanik gibt. Dieses Problem erfährt seine Lösung 4 0 VORBEMERKUNG in der Quantenfeldtheorie, welche die negativen Frequenzen den Antiteilchen zuweist. Die Existenz der Antiteilchen erlaubt keine feste Teilchenzahl N in der Theorie. Als weiteres Problem führt die Klein-Gordon-Gleichung sogar zu negativen Wahrscheinlichkeiten. Diese Probleme werden im Rahmen der relativistischen Quantenfeldtheorie gelöst. Neue Phänomene, die von der Quantenfeldtheorie beschrieben werden, sind • Die Existenz von Antiteilchen. (Ein Teilchen kann auch sein eigenes Antiteilchen sein, z. B. Photon oder hypothetische Majorana-Neutrinos.) Die negativen Frequenzen der Antiteilchen gehören zu positiven Energien. • Variable Teilchenzahl N. In einer Theorie, die Wechselwirkungen beinhaltet, können Teilchen erzeugt und vernichtet werden. Bei den Teilchenkollisionen der Hochenergiephysik entstehen oft riesige Teilchenmengen. Die Möglichkeit variabler Teilchenzahlen löst auch das Problem negativer Wahrscheinlichkeiten und von Wahrscheinlichkeiten, die den Wert 1 übersteigen. • Statistik. Die Bose-Einstein- und die Fermi-Dirac-Statistik werden begründet, ebenso der Spin-Statistik-Zusammenhang. Das Teilchen-Feld-Konzept in der Quantenfeldtheorie Die klassische Physik kennt Teilchen und Felder – insbesondere als elektromagnetisches Feld (Maxwellfeld). Während ein Teilchen durch die Angabe von Ort und Zeit festgelegt ist, hat ein Feld eine unendliche Anzahl von Freiheitsgraden. In der Quantenmechanik werden Teilchen durch eine Wellenfunktion ψ beschrieben. Felder treten als äußere Felder, z. B. als Maxwellfeld, auf. Die Quantisierung des Maxwellfeldes führt Photonen ein. Auf diese Weise findet der Welle-Teilchen-Dualismus beim Licht seinen vollständigen Ausdruck. In analoger Weise gelangt man durch die Quantisierung des klassischen Schrödinger-Materiefeldes zu einer Mehrteilchen-Quantentheorie mit beliebiger Teilchenzahl N, was eine nichtrelativistische Quantenfeldtheorie darstellt. Die relativistische Quantenfeldtheorie schließlich beschreibt vorwiegend Objekte der Hochenergiephysik, also Elementarteilchen. Pfadintegrale In dieser Vorlesung wird die Quantenfeldtheorie im kanonischen OperatorFormalismus eingeführt. Pfadintegrale bieten eine alternative Formulierung der Quantenmechanik und der Quantenfeldtheorie, die einige Vorzüge hat. 5 An die Stelle von Schrödingergleichung oder von Heisenbergs Matrizenmechanik, die zur heutigen Quantenmechanik mit Operatoren im Hilbertraum geführt hat, treten Pfadintegrale, mit denen quantenmechanische Übergangsamplituden berechnet werden. <x(t)|x(0)>= Z alleWege eiS (0.4) wobei S die Wirkung entlang eines Weges vom Anfangszustand zum Endzustand ist. x(t) x(0) 1 1.1 Relativistische Quantenmechanik Grundelemente der speziellen Relativitätstheorie Der Minkowski-Raum In der Raumzeit werden Ereignisse durch Vektoren in einem MinkowskiRaum repräsentiert, x = (x0 , x1 , x2 , x3 ) = (xµ ), x0 = ct. (1.1) Der metrische Fundamentaltensor ist 1 0 0 0 0 −1 0 0 (gµν ) = 0 0 −1 0 0 0 0 −1 (1.2) und das Minkowski-Skalarprodukt wird dann mit der Einstein’schen Summationskonvention geschrieben als x · y = xµ gµν xν = x0 y 0 − ~x · ~y = xµ y µ . (1.3) Das Herunterziehen eines Index vermöge xµ = gµν xν (1.4) 6 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK lässt die Zeitkomponente eines Vektors unverändert, während die räumlichen Komponenten ihr Vorzeichen umkehren. (x0 , x1 , x2 , x3 ) = (x0 , −x1 , −x2 , −x3 ) = (ct, −~x). (1.5) Lorentz-Transformationen Eine Lorentz-Transformation Λ : x → x′ wird durch eine 4 × 4 - Matrix beschrieben x′µ = Λµν xν . (1.6) Sie soll das Minkowski-Skalarprodukt unverändert lassen. Dazu fordern wir die Bedingung gµν Λµρ Λνσ = gρσ (1.7) oder in Operatorschreibweise ΛT gΛ = g. Es folgt die Invarianz des Minkowski-Skalarproduktes: x′ · y ′ = Λµρ xρ gµν Λνσ y σ = xρ gρσ y σ = x · y. (1.8) Die Menge der Lorentz-Transformationen Λ bildet die Lorentz-Gruppe L, die 6 freie Parameter hat. Es gilt | det Λ| = 1. (1.9) Ein bekanntes Beispiel für Lorentz-Transformationen sind die „boosts“ in x-Richtung: x1 ′ = γ(x1 − βct), x2 ′ = x2 , x3 ′ = x3 , − 1 v mit β = , γ = 1 − β 2 2 . c ct′ = γ(ct − βx1 ) (1.10) Man rechnet leicht nach, dass x′ · x′ = x · x gilt. Die physikalische Bedeutung der Lorentz-Transformationen liegt im Prinzip begründet, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen dieselbe ist. Daher gilt für die Ereignisse auf dem Lichtkegel c2 t′ 2 − ~x ′ 2 = c2 t2 − ~x 2 = 0. (1.11) 7 1.1 Grundelemente der speziellen Relativitätstheorie ct ct′ x′ x Davon ausgehend lässt sich begründen, dass die Längen aller RaumzeitIntervalle x · x = c2 t2 − ~x 2 invariant sind: x′ · x′ = x · x. (1.12) Mit x · y = 41 ((x + y)2 − (x − y)2 ) folgt daraus die Invarianz der Skalarprodukte. Für die Physik ist die Menge der eigentlichen, orthochronen Lorentz-Transformationen wichtig n o L↑+ = Λ ∈ L | Λ00 ≥ 1, det Λ = +1 . (1.13) Dabei bedeutet Λ00 ≥ 1, dass nur Lorentz-Transformationen, welche die Zeitrichtung nicht umkehren, betrachtet werden, und det Λ = +1 lässt nur solche Lorentz-Transformationen zu, die stetig aus der Identität hervorgehen räumliche Spiegelungen sind damit ausgeschlossen. Ableitungen nach den Koordinaten Für die Ableitungen verwenden wir die Konventionen: ! 1∂ (∂0 , ∂1 , ∂2 , ∂3 ) = ,∇ , c ∂t ! ∂ 1∂ µ µν µ ∂ = g ∂ν = , (∂ ) = , −∇ , ∂xµ c ∂t 1 ∂2 ∂2 + ∇ · ∇ = − + ∆. = −∂µ ∂ µ = − ∂(ct)2 c2 ∂t2 ∂ ∂µ = µ , ∂x (1.14) (1.15) (1.16) Der Wellenoperator oder d’Alembert-Operator ist ebenfalls Lorentz-invariant: ∂µ′ ∂ ′µ = ∂µ ∂ µ . Er wird oft auch mit dem entgegengesetzten Vorzeichen definiert. 8 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Kinematik eines Teilchens Die Bewegung eines Teilchens beschreiben wir mit einem Vierervektor, dem Viererimpuls oder Energie-Impuls-Vektor, E (p ) = , p~ . c µ (1.17) Die Länge des Viererimpulses ist Lorentz-invariant: p2 = pµ pµ = E2 − p~ 2 = m2 c2 . c2 E2 − ~p 2 = m2 c2 c2 (1.18) (1.19) Aufgelöst nach der Energie erhält man hieraus E= q m2 c4 + c2 p~ 2 = mc2 + (~p 2 )2 ~p 2 − + ... . 2m 8m3 c2 (1.20) Der Grund für die Verwendung der Vierer-Vektoren Das Relativitätsprinzip fordert, dass Naturgesetze in allen Bezugssystemen in gleicher Weise gelten. Dieses ist erfüllt, wenn Gleichungen, die Naturgesetze ausdrücken, beim Übergang in ein anderes Bezugssystem ihre Form beibehalten. Sollte dies nicht der Fall sein, so bleibt die Aufgabe, nachzuweisen, dass eine Aussage auch in unterschiedlichen Bezugssystemen wahr bleibt. Beim Übergang von einem ungestrichenen zu einem gestrichenen Koordinatensystem ist eine Gleichung forminvariant wenn sie von der Art ist: V µ = Wµ −→ V ′µ = W ′µ . (1.21) Bei Gleichungen, die Vierer-Vektorkomponenten oder entsprechende Tensorkomponenten enthalten, lässt sich die Forminvarianz beim Wechsel des Bezugssystems häufig sofort erkennen. Darum ist es nützlich, Naturgesetze in dieser Form relativistisch kovarianter Vektor- und Tensorgleichungen zu formulieren. Kontinuitätsgleichungen In der Strömungsmechanik, der Elektrodynamik und der Quantenmechanik haben wir Kontinuitätsgleichungen kennen gelernt, die lokal Erhaltungssätze formulieren. Diese lassen sich auch in relativistisch kovarianter Form notieren. 1.1 Grundelemente der speziellen Relativitätstheorie 9 In der Strömungsmechanik bezeichne ρ(~r, t) die Materiedichte und ~j(~r, t) die Stromdichte am Ort ~r zur Zeit t ~j(~r, t) = ρ(~r, t) ~v(~r, t). (1.22) Dann gilt für kleine Volumenbereiche lokal eine Bilanzgleichung für die Materie ∂ρ + ∇ · ~j = 0. (1.23) ∂t Mit Hilfe des Gauß’schen Satzes folgt hieraus die globale Erhaltung der Größe Q= Z d3 r ρ(~r, t) = konst, d Q = 0. dt (1.24) Die analoge Situation hat man in der Elektrodynamik und in der Quantenmechanik. In der Maxwell-Theorie bedeuten ρ(~r, t) die Ladungsdichte und ~j(~r, t) die Dichte des elektrischen Stromes, in der Quantenmechanik übernehmen Wahrscheinlichkeitsdichte und Wahrscheinlichkeitsstrom im Sinne der Born’schen statistischen Deutung diese Rollen. ρ = ψ ∗ ψ, ~j = ψ ∗ ∇ψ − ψ∇ψ ∗ . (1.25) (1.26) Die relativistische Form der Kontinuitätsgleichungen erhält man, wenn man setzt j 0 (x) := cρ(~r, t), j µ (x) := cρ(~r, t), ~j(~r, t) . (1.27) (1.28) Damit ergibt sich die Kontinuitätsgleichung als Gleichung für Vierervektoren ∂cρ + ∇ · ~j = ∂µ j µ = 0. ∂ct (1.29) Man beachte, dass die globale Ladung Q zu einem festen Zeitpunkt t0 Q= Z t0 fest d3 x ρ(x) (1.30) nicht relativistisch kovariant geschrieben ist. Dem entspricht, dass Ereignisse, die in einem Bezugssystem gleichzeitig zum Zeitpunkt t0 sind, in einem anderen Bezugssystem nicht mehr gleichzeitig sind. Dies zeigt sich im Minkowski-Diagramm: 10 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK ct′ ct t = konst t′ = konst x′ x Gleichwohl folgt aus der Invarianz der Kontinuitätsgleichung gegenüber Lorentz-Transformationen, dass die im im zweiten Bezugssystem definierte Ladung Q′ , Z Q′ = t′0 fest d3 x′ ρ(x′ ), (1.31) ebenfalls zeitlich konstant bleibt. d d Q = 0 = ′ Q′ . dt dt 1.2 (1.32) Klein-Gordon-Gleichung Wir wollen eine relativistisch kovariante Wellengleichung finden, die an die Stelle der nichtrelativistischen Schrödingergleichung treten könnte. Dazu erinnern wir uns an den historischen Beginn der Quantenmechanik, als de Broglie für ebene Wellen von den Zusammenhängen E = hν = ~ω, h oder p~ = ~~k p= λ ausging. In kovarianter Schreibweise haben wir wegen p0 = pµ = ~k µ , ω k = ( , ~k), c (1.33) (1.34) E c = ~ω c =: ~k 0 (1.35) (1.36) und eine ebene Welle ist gegeben durch ~ ψ = A ei(k·~r−ωt) = A e−ik·x. (1.37) 11 1.2 Klein-Gordon-Gleichung Für sie gilt ∂ ψ = Eψ, ∂t ~ ∇ψ = ~p ψ. i i~ (1.38) (1.39) Im nichtrelativistischen Fall gilt für ein freies Teilchen E = p~ 2 /2m, was zur Schrödingergleichung eines freien Teilchen führt i~ ∂ ~2 ψ=− ∇·∇ ψ. ∂t 2m (1.40) Wir haben also in der nichtrelativistischen Energie-Impuls-Beziehung die Ersetzungen ∂ E −→ i~ ∂t (1.41) ~ p~ −→ ∇ i vorgenommen, um zur Schrödingergleichung zu gelangen. Dasselbe Verfahren wenden wir auf die relativistische Energie-Impuls-Relation E 2 = p~ 2 c2 + m2 c4 (1.42) an und erhalten ∂2 ψ = −~2 c2 ∆ψ + m2 c4 ψ. 2 ∂t In der Lorentz-kovarianten Schreibweise liest sich das als − ~2 (1.43) pµ −→ i~∂ µ , (1.44) (−~2 ∂µ ∂ µ − m2 c2 )ψ(x) = 0. (1.45) Diese Gleichung ist als Klein-Gordon-Gleichung bekannt. Sie wurde zuerst von Schrödinger verwendet, um die Feinstruktur des H-Atoms zu berechnen. Zu diesem Zeitpunkt war der Elektronen-Spin noch unbekannt, der über Spin-Bahnkopplung einen weiteren Beitrag zur Feinstruktur liefert. Darum stimmte die berechnete Feinstruktur mit dem Experiment nicht überein und Schrödinger wandte sich der nichtrelativistischen Gleichung zu, die heute seinen Namen trägt. Klein, Gordon und Fock haben unabhängig voneinander die Gleichung neu erfunden. 12 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Die Klein-Gordon-Gleichung für ein geladenes Teilchen Die elektromagnetischen Potenziale sind in einem Vierer-Vektor zusammengefasst Φ ~ (1.46) Aµ (x), A0 = , (Aj (x)) = A(x). c Die Regel für die Kopplung eines Teilchens der Ladung q an das Maxwellfeld fordert die Ersetzung E −→ E − qΦ, ~ p~ −→ p~ − q A, (1.47) so dass die relativistische Energie-Impuls Beziehung ~ 2 c2 + m2 c4 (E − qΦ)2 = (~p − q A) (1.48) lautet. In kovarianter Form ist das (p − qA)2 = m2 c2 . (1.49) Daraus ergibt sich die Klein-Gordon-Gleichung für ein Elektron in einem äußeren elektromagnetischen Feld zu (i~∂µ − qAµ )(i~∂ µ − qAµ )ψ = m2 c2 ψ. (1.50) Die Lösung des Coulomb-Problems Die potenzielle Energie eines Elektrons (Ladung q = −e0 ) in einem CoulombPotenzial ist γ e2 qΦ(r) = V (r) = − , γ= 0 . (1.51) r 4πǫ0 Das bestimmt die zeitliche Komponente A0 des Vierer-Potenzials, während die räumlichen Komponenten Aj verschwinden. Wie bei den stationären Lösungen der Schrödingergleichung setzen wir den Ansatz E ψ(x) = ϕ(~r ) e−i ~ t (1.52) in die Klein-Gordon-Gleichung (1.50) ein und erhalten " γ E+ r 2 2 2 2 4 +~ c ∆−m c # ϕ(~r ) = 0. (1.53) 13 1.2 Klein-Gordon-Gleichung Wie bei der Lösung der Schrödingergleichung für ein kugelsymmetrisches Potenzial separieren wir die Winkelabhängigkeit mit Kugelflächenfunktionen und führen eine radiale Wellenfunktion u(r) ein ϕ(~r ) = ul (r) Ylm (θ, ϕ). r (1.54) Wir erhalten " # ! γ 2 l(l + 1) 2 4 ul (r) 2 2 1 ∂ ∂ E+ r− −m c Ylm (θ, ϕ) = 0, +~ c r r ∂r ∂r r2 r # " l(l + 1) − α2 2Eα E 2 − m2 c4 ∂2 ul (r) = 0. (1.55) − + + ∂r 2 r2 ~cr ~ 2 c2 In dieser Gleichung tritt die Sommerfeld’sche Feinstrukturkonstante α auf α= e2 1 γ = ≈ . ~c 4πǫ0 ~c 137, 036 (1.56) Zum Vergleich sei hier die nichtrelativistische radiale Schrödingergleichung für das Coulomb-Potenzial notiert " # ∂2 l(l + 1) 2mγ 2mE (1.57) − + 2 + 2 ul (r) = 0. ∂r 2 r2 ~r ~ Die relativistische radiale Wellengleichung (1.55) kann man wie ihr nichtrelativistisches Pendant durch einen Sommerfeld’schen Potenzreihenansatz lösen. Die Energie-Eigenwerte zeigen nun nicht mehr die Drehimpulsentartung, die wir aus der nichtrelativistischen Rechnung kennen. Sie sind En,l = mc 2 α 1 + = mc2 − n − (l + 12 ) + 2 mc α 2n2 2 1 + 2 α n2 | q (l + 21 )2 − α2 3 n 1 − l+2 4 {z =:H1 − 1 2 2 ! } 2 +O(α4) . (1.58) Der erste Term ist die Ruheenergie. Der zweite Term −mc2 α2 /2n2 stellt die nichtrelativistische Balmer-Formel dar. Der dritte Term H1 , der die Feinstruktur verursacht, resultiert aus der relativistischen Korrektur zur kinetischen Energie. Er stimmt allerdings nicht mit der experimentellen Feinstruktur beim Wasserstoff überein. Die anderen Feinstrukturterme, nämlich Spin-Bahn-Kopplung und Darwin-Term, treten in dieser Theorie nicht auf. Gleichwohl ist unser Ergebnis relevant, wenn das Elektron durch ein spinloses Teilchen ersetzt wird, z. B. durch ein π − Teilchen für pionische Atome. 14 1.2.1 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Probleme der Klein-Gordon-Gleichung a) Negative Wahrscheinlichkeitsdichten Es muss eine Kontinuitätsgleichung für die Wahrscheinlichkeitsdichte ρ(~x, t) gelten ∂ρ + ∇ · ~j = 0 oder ∂µ j µ = 0. (1.59) ∂t Wir suchen daher einen vernünftigen Ansatz für j µ . Zunächst stellen wir fest, dass j 0 = cρ mit ρ = ψ ∗ ψ keine 0-Komponente eines Vierer-Vektors sein kann, denn die skalare Größe ψ ∗ ψ ist in allen Bezugssystemen gleich. Nun starten wir – auf ähnliche Weise wie in der nichtrelativistischen Quantentheorie – mit der Klein-Gordon-Gleichung und ihrer konjugierten Gleichung Subtraktion ergibt was auf führt. Definiert man ψ ∗ ~2 ∂µ ∂ µ + m2 c2 ψ = 0, (1.60) ψ ~2 ∂µ ∂ µ + m2 c2 ψ ∗ = 0. (1.61) ψ ∗ ∂µ ∂ µ ψ − ψ∂µ ∂ µ ψ ∗ = 0, (1.62) ∂µ (ψ ∗ ∂ µ ψ − ψ∂ µ ψ ∗ ) = 0 (1.63) jµ = i~ ∗ µ (ψ ∂ ψ − ψ∂ µ ψ ∗ ), 2m (1.64) so ist ∂µ j µ = 0 erfüllt. (Dieses ist der einzig mögliche Kandidat für j.) Die räumlichen Komponenten von j ~j = ~ (ψ ∗ ∇ψ − ψ∇ψ ∗ ) 2mi (1.65) sind die gleichen wie im nichtrelativistischen Fall. Die zeitliche Komponente liefert ! i~ ∂ψ ∗ j0 ∗ ∂ψ . (1.66) = ψ −ψ ρ= c 2mc2 ∂t ∂t Jedoch ist dieses ρ nicht notwendig positiv. Man kann Wellenpakete bilden, für die ρ in einigen Bereichen negativ wird. b) Negative Energien Die allgemeine Lösung der freien Klein-Gordon-Gleichung ist eine Superposition von ebenen Wellen i ψ(~r, t) = A e ~ (~p·~r−Et) . (1.67) 15 1.2 Klein-Gordon-Gleichung Diese erfüllen die Klein-Gordon-Gleichung (~2 ∂µ ∂ µ + m2 c2 )ψ = 0 (1.68) E 2 = p~ 2 c2 + m2 c4 (1.69) unter der Bedingung, dass gilt. Zu einem vorgegebenen Impuls ~p gibt es daher zwei Lösungen mit positiver und mit negativer Energie, q E± = ± p~ 2 c2 + m2 c4 . (1.70) Die allgemeine Lösung der Klein-Gordon-Gleichung ist ψ(~r, t) = Z d3 k ~ i(~k·~r−ω+ t) ~k) ei(~k·~r−ω− t) . A( k) e + B( (2π)3 (1.71) E+ = ~ω+ > 0, (1.72) E− = ~ω− < 0. Falls B nicht identisch Null ist, enthält ψ Anteile mit negativen Energien. Für freie Teilchen könnte man die Lösungen auf den Teilraum mit B = 0 beschränken. Mit Wechselwirkung ist das nicht mehr möglich. Z. B. können bei der Streuung eines Wellenpaketes an einem äußeren Potenzial bisher nicht vorhandene negative Frequenzkomponenten B(~k) 6= 0 erzeugt werden. Bekannt ist das Klein’sche Paradoxon, bei dem ein Wellenpaket mit B = 0 an einer Potenzialstufe hinreichend großer Höhe (> mc2 ) gestreut wird. Sowohl im reflektierten, als auch im transmittierten Wellenpaket werden Anteile mit B 6= 0 neu erzeugt. B=0 B 6= 0 B 6= 0 Potenzialschwelle Auch im Coulomb-Potenzial gibt es stationäre Lösungen mit nach unten unbeschränkten Energien. Die tieferen Energien spiegeln das Termschema der höheren Energien bei einer Energielücke von 2mc2 . Ein Elektron in einem solchen Potenzial könnte in immer niedrigere Energieniveaus herabfallen und dabei beständig Photonen aussenden. Offenbar ist das auszuschließen. Die Lösung der beiden Probleme, die die Wahrscheinlichkeiten und die Energien betreffen, wird in der quantisierten Feldtheorie erreicht. 16 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK 1.3 1.3.1 Diracgleichung Freie Diracgleichung Wir folgen der historischen Entwicklung der Diracgleichung.1 Dirac suchte 1928 eine relativistische Wellengleichung, die eine positiv definite Wahrscheinlichkeitsdichte zulässt. Sie sollte eine Gestalt wie die Schrödingergleichung mit einem Hamiltonoperator haben i~ ∂ ψ = Hψ, ∂t wobei aus Gründen der Kovarianz H linear in liegt ein Ansatz nahe i~ ∂t ψ = c (1.73) ∂ , ∂xk k = 1, 2, 3, sein sollte. So 3 ~X αk ∂k ψ + βmc2 ψ. i k=1 (1.74) Das definiert den Hamiltonoperator in Gleichung (1.73). Mit dem Impulsoperator P~ = ~i ∇ hat man H = c~ α · P~ + βmc2 ~ ~ · ∇ + βmc2 . = cα i (1.75) Nun aber steht ein hier einzuführender Vektor α ~ im Widerspruch zur Isotropie des Raumes, so dass die αk nicht einfach Zahlen sein können. Im Jahr 1928 war die Pauli-Gleichung bekannt, so dass man für die αk an mathematische Objekte denken konnte, die wie die Pauli-Matrizen Elemente einer Algebra sind. Für ebene Wellen sollte gelten i~∂t ψ = Eψ und P~ ψ = p~ψ, (1.76) wobei der relativistische Energie-Impuls-Zusammenhang zu fordern ist E 2 = ~p 2 c2 + m2 c4 . 1 (1.77) Eine Herleitung der Diracgleichung, die auf der Darstellungstheorie der inhomogenen Lorentz-Gruppe beruht, findet man in S. Weinberg, The Quantum Theory of Fields, Vol. 1, Cambridge University Press, 1995. 17 1.3 Diracgleichung Darum quadrieren wir die Gleichung (1.73) (i~ ∂ 2 ) ψ = H 2ψ ∂t = c2 3 X 1 (αj αk + αk αj )Pj Pk ψ j,k=1 2 + mc3 3 X (1.78) (αk β + βαk )Pk ψ k=1 2 4 + β 2 m c ψ. Dies muss gleich c2 P~ 2 ψ + m2 c4 ψ (1.79) αj αk + αk αj = 2δjk , αk β + βαk = 0, β 2 = 1. (1.80) sein. Daraus folgt Die Antikommutator-Regel Gl. (1.80) ist die ähnlich zu derjenigen, die von den drei Pauli-Matrizen erfüllt wird, σj σk + σk σj = 2δjk ; aber hier benötigen wir 4 Matrizen αk , β. Weil es eine vierte Pauli-Matrix, die β repräsentiert, nicht gibt, können die Pauli-Matrizen nicht die Lösung sein. Wir suchen daher eine Lösung durch n × n - Matrizen. Damit der Hamiltonoperator hermitesch ist, müssen die Matrizen hermitesch sein. Weiterhin muss n gerade sein2 , daher ist n ≥ 4. Dirac fand für n = 4 eine Lösung der Gleichungen (1.80). In Blockform mit Pauli’s Spin-Matrizen σk ist sie 0 σk αk = σk 0 ! (k = 1, 2, 3), ! 1 0 β= . 0 −1 (1.82) Die Wellenfunktionen, die nun zu Dirac’s Hamiltonoperator gehören, haben vier Komponenten ψ1 (~r, t) ψ (~ r, t) , (1.83) ψ(~r, t) = 2 ψ3 (~ r, t) ψ4 (~r, t) 2 Wegen der Gleichungen (1.80) und der zyklischen Eigenschaft der Spur gilt Sp(β/2) = Sp(αk αk β) = Sp(αk βαk ) = Sp(αk (−αk β)) = − Sp(β/2). (1.81) Darum verschwindet Sp β. Eine ähnliche Rechnung liefert Sp αk = 0. In einer Basis, in der β eine Diagonalmatrix ist, folgt aus β 2 = 1, dass β genau so viele Diagonalelemente +1 wie −1 hat. Daher ist n gerade. 18 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK und die Diracgleichung ist ein System von vier linearen Gleichungen. i~ ∂ ψ = c~ α · P~ + βmc2 ψ. ∂t (1.84) Wahrscheinlichkeitsdichte Wir bezeichnen die transponierte konjugiert-komplexe Wellenfunktion mit ψ + := (ψ1∗ , ψ2∗ , ψ3∗ , ψ4∗ ) = (ψ ∗ )T (1.85) und multiplizieren die Diracgleichung damit i~ψ + ψ̇ = ~ + cψ α ~ · ∇ψ + mc2 ψ + βψ. i (1.86) Ähnlich verfahren wir mit der konjugierten Dirac Gleichung ~ ~ + mc2 ψ + β, − i~ψ̇ + = − c(∇ψ + ) · α i ~ − i~ψ̇ + ψ = − c(∇ψ + ) · α ~ ψ + mc2 ψ + βψ. i Subtraktion der Gleichungen (1.86) und (1.88) gibt ∂ + (ψ ψ) = −c∇ · (ψ + α ~ ψ). ∂t (1.87) (1.88) (1.89) Damit haben wir eine Kontinuitätsgleichung ∂ ρ + ∇ · ~j = 0 ∂t (1.90) mit einem positiv definiten ρ, ρ = ψ+ψ = 4 X ψi∗ ψi , und ~j = cψ + α ~ ψ. (1.91) i=1 Das Problem der negativen Wahrscheinlichkeiten, das bei der Klein-GordonGleichung auftritt, gibt es bei der Diracgleichung also nicht mehr. Bestehen bleibt das Problem unbeschränkt negativer Energien. Kovariante Schreibweise Wir multiplizieren die Diracgleichung (1.74) i~ ∂t ψ = ~ c~ α · ∇ ψ + βmc2 ψ i (1.92) 19 1.3 Diracgleichung mit 1 c β und erhalten wegen β 2 = 1 i~ {β∂0 + β~ α · ∇} ψ − mc ψ = 0. (1.93) Die Gleichung lässt sich kompakter schreiben, wenn wir neu definierte DiracMatrizen γ µ verwenden γ 0 := β und γ k := βαk (k = 1, 2, 3). (1.94) Damit lautet die Diracgleichung (i~γ µ ∂µ − mc) ψ = 0 (1.95) (γ µ Pµ − mc) ψ = 0. (1.96) oder auch Man schreibt auch γ µ ∂µ = ∂ /, γ µ Pµ = P/. (1.97) Die „kovariante Diracgleichung“ ist nicht manifest kovariant, weil die γ µ nicht Komponenten eines Vierer-Vektors sind, sondern konstante Matrizen, so dass beim Wechsel des Bezugssystem nicht γ ′µ = Λµν γ ν gilt. Algebraische Beziehungen der γ’s Aus den Gleichungen (1.80) folgen vierdimensionale Erweiterungen der Antivertauschungsregeln: γ µ γ ν + γ ν γ µ = 2g µν 1. (1.98) Die γ’s bilden daher die Basiselemente einer Clifford Algebra. Ihre Matrixdarstellungen sind ! 1 0 γ = , 0 −1 0 (γ 0 )† = γ 0 , ! 0 σk γ = , −σk 0 k (γ k )† = −γ k . (1.99) (1.100) Ladungs- und Stromdichte nach Gleichung (1.91) bilden zusammen einen Viererstrom (beachte j 0 = cρ) j µ = cψ + γ 0 γ µ ψ. (1.101) ψ := ψ + γ 0 = (ψ1∗ , ψ2∗ , −ψ3∗ , −ψ4∗ ), (1.102) j µ = ψγ µ ψ. (1.103) Definiert man so wird der Viererstrom zu 20 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Die konjugierte Diracgleichung ~ − i~ψ̇ + = − c(∇ψ + ) · α ~ + mc2 ψ + β i (1.104) wird in der Viererschreibweise zu − i~∂µ ψγ µ − mcψ = 0. (1.105) Lösungen der Diracgleichung Wir wählen einen Lösungsansatz für ebene Wellen, wie sie z. B. bei Streulösungen gebraucht werden, ~ ψ(~r, t) = u ei(k·~r−ωt) = u e−ik·x, u1 u mit u = 2 . u3 u4 (1.106) Wir geben ~k vor, setzen ψ in die Diracgleichung (1.95) ein und erhalten mit ~kµ = pµ (γ µ pµ − mc)u = 0. (1.107) Dies sind 4 lineare Gleichungen für u1 , . . . , u4 . Nichttriviale Lösungen existieren, falls die Determinante des Gleichungssystems verschwindet, det(γ µ pµ − mc) = 0. (1.108) Die Determinante ist proportional zu pµ pµ − m2 c2 , so dass für die Lösungen gelten muss pµ pµ = m2 c2 . (1.109) Alternativ kann man (γ µ Pµ + mc)(γ ν Pν − mc)u = 0, betrachten, woraus ebenfalls folgt pµ pµ − m2 c2 = 0. (1.110) Betrachten wir zunächst ein ruhendes Teilchen mit ~p = 0 oder ~k = 0. Ist die Lösungsbedingung (1.109) erfüllt, so folgt daraus E 2 = m2 c4 . (1.111) Für das ruhende Teilchen reduziert sich die Diracgleichung auf (γ 0 p0 − mc)u = 0. (1.112) 21 1.3 Diracgleichung In Komponenten ist das (E − mc2 )u1 (E − mc2 )u2 (−E − mc2 )u3 (−E − mc2 )u4 = 0, = 0, = 0, = 0. (1.113) Es gibt vier Lösungen u(1) , u(2) , v (1) , v (2) , der Gleichungen (1.113). 1 E = mc2 1. u = u(1) = 0 0 (1.114) 0 u = u(2) = u = v (1) = 0 E = mc2 2. 1 0 (1.115) 0 0 3. − E = mc2 0 1 (1.116) 0 0 4. − E = mc2 u = v (2) = 0 0 (1.117) 1 Wie man sieht, gehören zwei dieser Lösungen zu negativen Energien. Wir verlassen jetzt den Spezialfall des ruhenden Teilchens. Die ebenen WellenLösungen der vollen Diracgleichung zerlegen wir in zwei Anteile ϕ ψ= χ ! ! ϕ1 mit ϕ = , ϕ2 ! χ1 χ= . χ2 (1.118) Die Diracgleichung mit der Lösungsbedingung für ebene Wellen führt jetzt auf ! ! (p0 − mc)ϕ − p~ · ~σ χ 0 µ (γ pµ − mc)ψ = = . (1.119) (−p0 − mc)χ + p~ · ~σ ϕ 0 Es folgt χ= p~ · ~σ ϕ, p0 + mc ϕ= p~ · ~σ χ. p0 − mc (1.120) 22 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Prüfen wir das Ergebnis. Mit (~p · ~σ )(~p · ~σ ) = p~ 2 = p20 − m2 c2 erhält man ϕ= p~ · ~σ p~ 2 p~ · ~σ ~p · ~σ χ= ϕ= 2 ϕ = ϕ. p0 − mc p0 − mc p0 + mc p0 − m2 c2 (1.121) q (1.122) Das heißt, für E 2 = ~p 2 c2 + m2 c4 findet man Lösungen, bei denen ϕ beliebig ist. Um jetzt die ebene Wellen-Lösungen mit Amplituden u(r) (~k), v (r) (~k) aufzuschreiben, sei abgekürzt E = Ep = eine positive Energie. Für p~ 2 c2 + m2 c4 > 0 ψ (+) (x) = u(~k)e−ik·x (1.123) erhalten wir die folgenden zwei Amplituden (mit Normierungsfaktor N). u (~k) = N (1) 1 0 p ~·~ σ p0 +mc ! 1 =N 1 0 c p 3 . E+mc2 (1.124) p1 +ip2 c E+mc 2 0 Für p~ = 0 reduziert sich das auf das frühere Ergebnis u(1) . Entsprechend ist u (~k) = N (2) 0 1 p ~·~ σ p0 +mc ! 0 =N 1 0 1 p −ip . c 1 2 E+mc2 (1.125) −p3 c E+mc 2 Im nichtrelativistischen Grenzfall ist ||χ|| << ||ϕ|| und man sagt: Die oberen Komponenten heißen große Komponenten, die unteren Komponenten heißen kleine Komponenten. Nun zum Fall negativer Energie. E = −Ep , (1.126) ψ (−) = v(−~k)e−ik·x , (1.127) Die Bezeichnung durch v(−~k) ist Konvention. Jetzt wird χ fest vorgegeben und ϕ berechnet. p ~·~ σ −p0 +mc v (1) (~k) = N 1 0 ! c p3 2 |E|+mc c p1 +ip22 |E|+mc . =N 1 0 1 0 (1.128) 23 1.3 Diracgleichung p ~·~ σ −p0 +mc v (2) (~k) = N 0 1 ! c p1 −ip22 |E|+mc c −p3 2 |E|+mc . =N 0 1 0 1 (1.129) Hier sind die Rollen der großen und der kleinen Komponenten vertauscht. Wie im obigen Spezialfall eines ruhenden Teilchens haben wir eine Basis des Lösungsraumes mit vier Basiselementen, deren Eigenschaften wir jetzt betrachten wollen. Eigenschaften der Basis-Lösungen Wenn wir stets k0 > 0, mit anderen Worten ~k0 = Ep > 0, c (1.130) wählen, so lauten die Diracgleichungen für u bzw. v (~γ µ kµ − mc)u(~k) = 0 (~γ µ kµ + mc)v(~k) = 0. (1.131) (1.132) Für den noch freien Normierungsfaktor wählen wir bei beiden Lösungstypen N= q |p0 |c + mc2 . (1.133) Dann gilt eine „Orthonormalität“ der Art, (r, s = 1, 2) u(r) (~k)u(s) (~k) = 2mc2 δr,s , v (r) (~k)v (s) (~k) = −2mc2 δr,s , u(r) (~k)v (s) (~k) = v (r) (~k)u(s) (~k) = 0. (1.134) (1.135) (1.136) Wir haben auch eine Art Vollständigkeitsrelation (2) ~ (2) ~ ~ (1) ~ u(1) α (k) uβ (k) + uα (k) uβ (k) (1) (2) − v (1) (~k) v (~k) − v (2) (~k) v (~k) = 2mc2 δα,β α β α (1.137) β Ein Lorentz-invariantes Integrationsmaß für Wellenpakete Wellenpakete sind Superpositionen der Wellenfunktionen e−ik·x mit p~ = ~~k, also Integrale der Form Z d3 p . . . . (1.138) 24 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Ein geschicktes Integrationsmaß ist Lorentz-invariant. Wir wollen ein solches Integrationsmaß entwickeln. Dazu nehmen wir eine beliebige Funktion f (p) als Integrand zu Hilfe. Das Vierer-Integral ist Lorentz-invariant: Z d4 p f (p) = Z d4 p′ f (p′ ) = Z d4 p det | {z Λ} f (Λp) = =1 Z d4 p f (Λp). (1.139) Das Integral über die dreidimensionale Submannigfaltigkeit Z d4 p δ(p2 − mc2 ) f (p) (1.140) zerfällt in zwei ebenfalls Lorentz-invariante Anteile. Der Anteil mit positiver Energie p0 ist3 Z = Z Z d4 p δ(p2 − mc2 )Θ(p0 ) f (p) d4 p δ (p0 )2 − (~p 2 + mc2 ) Θ(p0 ) f (p0 , p~ ) 1 = d p δ (p ) − 2 Ep2 Θ(p0 ) f (p0 , p~ ) c Z c Ep Ep = d4 p δ(p0 − ) + δ(p0 + ) Θ(p0 ) f (p0 , p~ ) 2Ep c c Z Z c Ep = dp0 d3 p δ(p0 − ) f (p0 , ~p ) 2Ep c Z Ep c f ( , ~p ) = d3 p 2Ep c 4 0 2 (1.143) Da das Integral Lorentz-invariant ist, ist Z d3 p c 2Ep (1.144) ein Lorentz-invariantes Maß auf der dreidimensionalen Hyperfläche positiver Energie. 3 g(x) habe n einfache Nullstellen xi und dort die Ableitungen g ′ (xi ) 6= 0. Dann ist δ(g(x)) = Also für a > 0 δ(x2 − a2 ) = n X 1 |g ′ (xi )| i=1 δ(x − xi ). 1 (δ(x − a) + δ(x + a)) 2a (1.141) (1.142) 25 1.3 Diracgleichung p0 ~p Zurück zu den Lösungen der Diracgleichung, die sich als Superpositionen ebener Wellen mit jeweils positiven oder negativen Energien angeben lassen. Wellenpakete mit positiver Energie sind ψ (+) (x) = Z n o d3 p ~k)u(1) (~k) + b2 (~k)u(2) (~k) e−ik·x , b ( 1 (2π~)3 2Ep (1.145) wobei ~k 0 = Ep /c > 0 ist, und die bi (~k) i. A. komplexwertige Funktionen sind. Wellenpakete mit negativer Energie schreiben wir als Überlagerung von ebenen Wellen der Form v(~k)eik·x ψ (−) (x) = Z mit ~k0 = Ep > 0. c n o d3 p ∗ ~ (1) ~ ∗ ~ (2) ~ d ( k)v ( k) + d ( k)v ( k) eik·x . 2 (2π~)3 2Ep 1 (1.146) (1.147) Die Notation d∗ für die komplexwertigen Funktionen garantiert später etwas bequemere Ausdrücke. Beide Lösungstypen superponieren zur allgemeinen Lösung der freien Dirac Gleichung ψ(x) = Z 2 n o X d3 p ~k)u(r) (~k)e−ik·x + d∗ (~k)v (r) (~k)eik·x . b ( r r (2π~)3 2Ep r=1 (1.148) Wahrscheinlichkeiten bei Dirac-Wellenpaketen Die Wahrscheinlichkeitsdichte war allgemein (siehe Seite 18) ψ + ψ = ψγ 0 ψ (1.149) 26 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK und die Gesamtwahrscheinlichkeit ist Z d3 r ψ + (~r, t)ψ(~r, t). (1.150) Wir berechnen die Gesamtwahrscheinlichkeit für ein Wellenpaket. Benutzung der Relationen u(r)† (~k)u(s) (~k) = 2Ep δr,s , v (r)† (~k)v (s) (~k) = 2Ep δr,s , u (r)† (~k)v (−~k) = v (s) (r)† (1.151) (1.152) (−~k)u (~k) = 0 (s) (1.153) liefert Z 3 + d r ψ (~r, t)ψ(~r, t) = Z 2 n o X d3 p ∗ ~ ~k) + dr (~k)d∗ (~k) . (1.154) b ( k)b ( r r (2π~)3 2Ep r=1 r Alle Anteile hierin sind manifest positiv. Die Dirac’sche Löchertheorie Zwar scheint das Problem der negativen Wahrscheinlichkeitsdichte gelöst zu sein, jedoch bleibt das Problem negativer Energie bestehen, denn die Lösungen mit negativen Energien treten i. A. wieder auf, wenn äußere Felder – wie beim Coulomb-Potenzial – vorhanden sind. Dirac entwickelte um 1930 die Idee, dass die Zustände möglicher negativer Energien – etwa in einem Atom – bereits mit Elektronen besetzt sein könnten. Eine Atom, dessen innere Schalen besetzt sind, lässt ja auch keinen Übergang eines Elektrons in diese bereits besetzten Zustände zu. Das Pauli-Verbot war zu dieser Zeit formuliert worden. Der Vakuumzustand ist dadurch charakterisiert, dass alle negativen Energiezustände besetzt sind. mc2 verboten −mc2 Dirac-See 27 1.3 Diracgleichung Die Idee wurde kontrovers diskutiert, z. B. brachten Heisenberg und Pauli Einwände vor. Eine Ladungsdichte des Vakuums war wenig überzeugend. Eine Theorie, welche die negativen Elektronenladungen wie in einem Metall durch positive Ladungen neutralisieren würde, war nicht in Sicht. Es sei angemerkt, dass Diracs Vorstellungen ihren Niederschlag in der Festkörpertheorie der Metalle (Pauli, Bloch, Wannier) und später in der Halbleiterphysik fanden. Außerdem löst diese Idee nicht das Problem der negativen Energien im Falle der Klein-Gordon-Gleichung, da das Pauli-Prinzip nicht für Spin 0 Teilchen gilt, welche ja durch die Klein-Gordon-Gleichung beschrieben werden. Ausgehend von der Vorstellung der besetzten negativen Energiezustände entwickelte Dirac seine Löchertheorie. Ein Photon kann ein Elektron aus den besetzten negativen Energieniveaus – dem „See“ in einen Zustand positiver Energie überführen. In dem „See“ entsteht ein Loch mit der Ladung +e, welches sich wie ein Teilchen bewegen kann. Das einzige positiv geladene Teilchen, das zu dieser Zeit bekannt war, war das Proton. Konnte dieses mit seiner 1836-fachen Elektronenmasse das Lochteilchen sein? Hermann Weyl zeigte, dass die Masse des Lochteilchens gleich der Elektronenmasse sein muss. Im Jahr 1930 entdeckte schließlich Carl D. Anderson in der Höhenstrahlung das Positron, dessen Nebelkammerspur in einem Magnetfeld eine positive Ladung und eine Masse von der Größenordnung des Elektrons zeigte. Damit konnte man die Erzeugung eines Lochs im Dirac-See als einen PaarErzeugungsprozess deuten. Der umgekehrte Prozess der Paarvernichtung unter Aussendung eines Gammaquants existiert ebenfalls. Vakuum −mc2 Elektron E>0 −mc2 Dirac-See Loch Im Rahmen der Dirac’schen Löchertheorie ist es grundsätzlich möglich, die Rolle von Elektronen und Positronen zu vertauschen und einen See von besetzten negativen Positronenzuständen mit Elektronen als Löchern zu deu- 28 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK ten.4 Die Quantenfeldtheorie verzichtet auf das Bild vom Dirac’schen See und behandelt Elektronen und Positronen symmetrisch, wie wir noch sehen werden. Zurück zu den Lösungen der Diracgleichung, die zu jeder der positiven und negativen Energien noch zwei Komponenten hat. Der Spin des Elektrons als Observable in einem zweidimensionalen Hilbertraum lässt vermuten, dass die doppelten Lösungen etwas mit dem Spin zu tun haben. Da der Drehimpulsoperator ein Generator für Rotationen ist, erwarten wir, dass Bahndrehimpuls und Spin in Zusammenhang stehen mit dem Transformationsverhalten der Lösungen der Diracgleichung unter Rotationen. 1.3.2 Kovarianz der Diracgleichung Transformationsverhalten Betrachte eine Lorentz-Transformation x −→ x′ , die als passive Transformation den Übergang zu einem neuen Bezugssystem beschreibt, x′µ = Λµν xν . (1.155) Hier bezeichnen x und x′ die in verschiedenen Bezugssystemen unterschiedlichen Koordinaten desselben Punktes bzw. Ereignisses. Das Transformationsverhalten von Feldern unterscheidet sich für skalare Felder, Vektor- oder Tensorfelder. 2 x′ 2 x skalare Felder 2 x′ 2 x Vektorfelder ~ A A′ 2 A′ 1 x′ 1 x′ 1 x1 x1 Bei einem skalaren Feld ϕ(x) gilt ϕ′ (x′ ) = ϕ(x). (1.156) Bei Vektorfeldern Aµ (x) hat man zu berücksichtigen, dass außerdem die Vektorkomponenten Aµ in verschiedenen Bezugssystemen unterschiedlich sind, A′µ (x′ ) = Λµν Aν (x). 4 (1.157) Zur Dirac’schen Löchertheorie siehe auch: W. Greiner, J. Reinhardt, Theoretische Physik, Bd. 7, Quantenelektrodynamik, Harri Deutsch, 1994, S. 408 f. 29 1.3 Diracgleichung Wir interessieren uns für das Transformationsverhalten der Lösungen der Diracgleichung unter einer Lorentz-Transformation, d. h., wie sich die vierkomponentige Lösung beim Übergang zu einem anderen Bezugssystem ändern muss, damit die Diracgleichung beim Übergang forminvariant ist. Ist etwa ψ1 (x) ψ (x) ψ(x) = 2 ψ3 (x) ψ4 (x) (1.158) ein Vierervektor, oder sind die Komponenten ψk (x) skalare Funktionen? Wir werden sehen, dass beides nicht zutrifft. Betrachten wir die Diracgleichungen in beiden Bezugssystemen (i~γ µ ∂µ − mc)ψ(x) = 0, (i~γ µ ∂µ′ − mc)ψ ′ (x′ ) = 0, (1.159) wobei ∂x′ν ∂ = Λνµ ∂ν′ . (1.160) ∂xµ ∂x′ν Die Transformation ψ(x) −→ ψ ′ (x′ ) soll, so postulieren wir, linear sein und natürlich von Λ abhängen. Wir schreiben also ∂µ = ψ ′ (x′ ) = S(Λ) ψ(x) (1.161) mit einer noch zu bestimmenden 4 × 4-Matrix S(Λ). Die Umkehrung der Transformation erfordert, dass S(Λ−1 ) = (S(Λ))−1 (1.162) gilt. Mit diesen Festlegungen schreiben wir die ursprüngliche Diracgleichung um als (i~Λνµ γ µ ∂ν′ − mc)S −1 (Λ)ψ ′ (x′ ) = 0 (1.163) und nach Multiplikation mit S(Λ) ergibt sich i~Λνµ S(Λ)γ µ S −1 (Λ)∂ν′ − mc ψ ′ (x′ ) = 0, (1.164) wobei die Ableitung ∂µ′ mit S −1 (Λ) vertauscht, weil Λ nicht von den Koordinaten abhängt. S(Λ) vertauscht mit den Koeffizienten Λνµ . Damit die Diracgleichung forminvariant beim Wechsel des Bezugssystem ist, muss also gelten Λνµ S(Λ)γ µ S −1 (Λ) = γ ν (1.165) 30 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK oder Λνµ γ µ = S −1 (Λ)γ ν S(Λ). (1.166) Wir wollen jetzt S(Λ) konstruieren. Weil S(Λ), ebenso wie Λ, eine Transformationsmatrix ist, die kontinuierlich an die Identität anschließt, reicht es, wenn wir infinitesimale Transformationen betrachten. Wir werden uns also zunächst die infinitesimalen Versionen von Λ und danach von S(Λ) verschaffen, und für diese die Bestimmungsgleichung (1.166) auswerten. Einschub: Infinitesimale Transformationen Eine infinitesimale Lorentz-Transformation notieren wir als Λνµ = δµν + ǫ ω νµ + O(ǫ2 ) (1.167) Λ = 1 + ǫω + ... . Aus der definierenden Gleichung der Lorentz-Transformationen gµν Λµρ Λνσ = gρσ (1.168) folgt durch kurze Rechnung die Antisymmetrie der Matrix (ω µν ), wobei ein Index hochgezogen wurde, ω µν = −ω νµ . (1.169) Das zeigt, dass ω – und damit die Lorentz-Transformationen – durch sechs reelle Parameter bestimmt sind. 0 · · · 0 · · (1.170) ω= 0 · 0 Die sechs Parameter entsprechen drei Freiheitsgraden für Lorentz-Boosts und drei Freiheitsgraden für die Rotation. Ein Lorentz-Boost gehört zu einer gleichförmig geradlinigen Bewegung des Bezugssystems, wie sie zum Beispiel durch die Standard-Transformation (1.10) gegeben ist. In der Matrixdarstellung lautet diese Transformation γ −γβ 0 0 −γβ γ 0 0 . (Λµν ) = 0 0 1 0 0 0 0 1 Für eine infinitesimale Geschwindigkeit β durch 0 −β −β 0 (ω µν ) = 0 0 0 0 (1.171) ist die ω-Matrix dazu gegeben 0 0 0 0 0 0 . 0 0 (1.172) 31 1.3 Diracgleichung Durch das Heraufziehen eines Index wird (ω µν ) antisymmetrisch. Ein infinitesimaler Lorentz-Boost in einer beliebigen Richtung ist gegeben durch ω 0 j = −ω j 0 , (j = 1, 2, 3), (1.173) dabei sind c ω 0 j (j = 1, 2, 3) die drei Komponenten der Geschwindigkeit. Räumliche Rotationen sind charakterisiert durch t′ = t, ~r ′ = R · ~r mit einer 3 × 3 Rotationsmatrix R. (Λµν ) = (1.174) 1 0 0 0 0 . 0 R 0 (1.175) Die infinitesimalen Transformationen der räumlichen Drehungen mit Drehwinkel ǫ sind e R = 13×3 + ǫ ω. (1.176) e ist eine antisymmetrische 3 × 3-Matrix, die als Parameter die drei Kompoω nenten der Drehachse ~n enthält, 0 −n3 n2 e 0 −n1 ω = n3 , −n2 n1 0 — e ij = −ǫijk nk . ω (1.177) Nach diesem Einschub über infinitesimale Transformationen kommen wir zurück zu unserem Ziel, S(Λ) zu bestimmen. Die infinitesimale Transformation zur 4 × 4-Matrix S(Λ) ist der Anfang einer Entwicklung i S(Λ) = 1 − ǫ ω µν σµν + O(ǫ2 ). 4 (1.178) Der Faktor 14 ist Konvention und die sechs Parameter ω µν geben die LorentzTransformation Λ an. Die 4 × 4-Matrizen σµν sind zu bestimmen. Wegen der Antisymmetrie der ω µν können wir verlangen, dass σµν = −σνµ . (1.179) Damit gibt es genau sechs verschiedene Matrizen σµν unter den 16 Indexkombinationen µ, ν. 32 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Entwickelt man die Bestimmungsgleichung für S(Λ), Gl.(1.166), mit Hilfe der linearen Näherung für S(Λ), Gleichung (1.178), bis zur ersten Ordnung in ǫ, so folgt für den linearen Term i ω νµ γ µ = − ω α β [γ ν , σαβ ]. 4 (1.180) i σαβ = [γα , γβ ] 2 (1.181) Behauptung: löst diese Gleichung. Beweis: Da die Antikommutatoren der γ µ einfach auswertbar sind, benutzen wir zunächst eine allgemein gültige Identität, die Kommutatoren durch Antikommutatoren ersetzt, und danach die Antikommutatorregel für die Dirac-Matrizen γ µ . [γν , [γα , γβ ]] =[[γν , γα ]+ , γβ ]+ − [[γν , γβ ]+ , γα ]+ =2gνα γβ + 2γβ gνα − 2gνβ γα − 2γα gνβ =4gνα γβ − 4gνβ γα . (1.182) Es folgt, wenn man die Behauptung Gl. (1.181) in Gleichung (1.180) einsetzt i 1 − ω α β [γ ν , σαβ ] = ω αβ [γ ν , [γα, γβ ]] 4 8 1 αβ ν 1 ν = ω (δ α γβ − δ β γα ) = (ω νβ γβ − ω αν γα ) 2 2 =ω νµ γ µ . (1.183) Damit ist die infinitesimale Transformation zu S(Λ), Gl. (1.178) gefunden. Die Transformationen S(Λ) der Dirac-Wellenfunktionen bilden eine Darstellung der Lorentz-Gruppe: S(ΛΛ′) = S(Λ)S(Λ′), S(Λ−1 ) = (S(Λ))−1 , S(1) = 1. Ihre Generatoren sind die sechs σµν . Die Lorentz-Gruppe ist eine Liegruppe, und für Liegruppen lassen sich die endlichen Transformationen durch Exponenzierung der Generatoren finden. Für eine endliche Transformation S(Λ) bedeutet das i S(Λ) = exp − ω µν σµν . 4 (1.184) 33 1.3 Diracgleichung Wir notieren noch die Generatoren. ! i 0 σj , σ0j = [γ0, γj ] = −iαj = −i σj 0 2 σ1 2 σ 0 = 3 0 σ3 σjk = ǫjkl ! (j = 1, 2, 3), (1.185) und zyklisch vertauscht, d. h. ! σl 0 . 0 σl (1.186) Raumspiegelungen Eine Transformation, die das Vorzeichen aller räumlichen Koordinaten ändert, also t′ = t, ~r ′ = −~r (1.187) heißt Raumspiegelung. Ihre Matrixdarstellung ist 1 0 0 0 0 −1 0 0 . ΛP = 0 0 −1 0 0 0 0 −1 (1.188) Ihre Determinante ist det Λ = −1, und sie gehört nicht zur eigentlichen orthochronen Lorentz-Gruppe L↑+ . Wir suchen eine Matrix P , mit ψ ′ (x′ ) = P ψ(x), welche die Diracgleichung invariant lässt, d. h. Gleichung (1.166) soll gelten mit P an Stelle von S. (ΛP )νµ γ µ = P −1γ ν P (1.189) Wir verlangen5 P 2 = 1, also P −1 = P , und sehen, dass die Dirac-Invarianz erfordert γ 0 = P γ 0 P, −γ j = P γ j P (j = 1, 2, 3). (1.190) Eine Lösung ist offenbar P = γ 0 . Bei einer Raumspiegelung transformiert sich eine Lösung der Dirac Gleichung also gemäß ψ(x) −→ ψ ′ (x′ ) = γ 0 ψ(x). (1.191) Bilineare Kovarianten Es ist nützlich, einige Größen mit bestimmtem Transformationsverhalten bereitzustellen. Dazu benutzen wir die Identität S −1 (Λ) = γ 0 S † (Λ)γ 0 , 5 Physikalisch genügt P 4 = 1 (Wigner, Bargmann). (1.192) 34 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK die wir zunächst für die infinitesimale Transformation beweisen: Aus Gleichung (1.190) folgt nach Transposition γ µ = γ 0 (γ µ )† γ 0 , γµ = γ 0 㵆 γ 0 , (1.193) und mit σµν = 2i [γµ , γν ] erhält man † γ 0 σµν γ0 = i −i 0 h † † i 0 ih γ γν , γµ γ = γ 0 㵆 γ 0 , γ 0 γν† γ 0 = σµν 2 2 und (1.194) † i i γ − ω µν σµν γ 0 = ω µν σµν . (1.195) 4 4 Das überträgt sich durch Einfügen von 1 = γ 0 γ 0 auf die gesamte Exponentialreihe für S(Λ) 0 (1.196) γ 0 P † γ 0 = P = P −1 . (1.197) i γ 0 S † (Λ)γ 0 = exp + ω µν σµν = S −1 (Λ), 4 was zu zeigen war. Ebenso ist Mit der Hilfe dieser Identitäten finden wir, wie sich ψ(x) = ψ + (x)γ 0 unter Lorentz-Transformationen verhält: ′ ψ (x′ ) = ψ ′+ (x′ )γ 0 = ψ + (x)S † (Λ)γ 0 = ψ(x)γ 0 S † (Λ)γ 0 = ψ(x)S −1 (Λ) Also gilt ψ ′ (x′ ) = S(Λ)ψ(x) ′ ψ (x′ ) = ψ(x)S −1 (Λ) (1.198) Hiermit lässt sich das Transformationsverhalten einiger häufig auftretender Ausdrücke bestimmen a) ψψ ist eine skalare Größe. ′ ψ (x′ )ψ ′ (x′ ) = ψ(x)ψ(x). (1.199) b) ψγ µ ψ ist ein Vektor. Mit der Ausgangsbedingung an S(Λ), Gleichung (1.166), folgt ′ ψ γ ν ψ ′ = ψS −1 (Λ)γ ν S(Λ)ψ = Λνµ ψγ µ ψ. (1.200) 35 1.3 Diracgleichung c) ψσµν ψ ist ein antisymmetrischer Tensor zweiter Stufe. Weil σµν ein Kommutator der γ’s ist, σµν = 2i [γµ, γν ], folgt die Behauptung wieder mit Gleichung (1.166) aus S −1 (Λ)γµ γν S(Λ) = S −1 (Λ)γµS(Λ)S −1 (Λ)γν S(Λ) = Λµα Λνβ γα γβ . (1.201) Sogenannte Pseudoskalare oder Pseudovektoren transformieren sich nur unter den eigentlichen orthochronen Lorentz-Transformationen wie Skalare oder Vektoren. Bei Raumspiegelung ändern sie ihr Vorzeichen. Für eine ökonomische und suggestive Bezeichnung dieser Größen definieren wir eine fünfte Gamma-Matrix ! i 0 1 γ 5 = γ5 := ǫµνρσ γ µ γ ν γ ρ γ σ = iγ 0 γ 1 γ 2 γ 3 = . 1 0 4! (1.202) Die Summe ǫµνρσ γ µ γ ν γ ρ γ σ enthält 4!=24 nichtverschwindende Terme, bei denen (µ, ν, ρ, σ) eine Permutation π der 4 Zahlen (0, 1, 2, 3) ist, (µ, ν, ρ, σ) = (π(0), π(1), π(2), π(3)). (1.203) Da alle Gamma-Matrizen mit verschiedenen Indizes antikommutieren, kann man das Produkt der γ’s nach aufsteigenden Indizes umordnen γ π(0) γ π(1) γ π(2) γ π(3) = sign(π) γ 0γ 1 γ 2 γ 3 . (1.204) Für die Elemente der total antisymmetrischen Matrix gilt ǫπ(0)π(1)π(2)π(3) = sign(π), (1.205) ǫµνρσ γ µ γ ν γ ρ γ σ = 4! γ 0 γ 1 γ 2 γ 3 . (1.206) i ′ ′ ′ ′ ǫµνρσ Λµµ′ Λνν ′ Λρρ′ Λσσ′ γ µ γ ν γ ρ γ σ 4! = (det Λ) γ5 (1.207) so dass folgt Es gilt S −1 (Λ)γ5 S(Λ) = d) ψγ5 ψ ist ein Pseudoskalar. ′ ψ γ5 ψ ′ = ψS −1 (Λ)γ5S(Λ)ψ = (det Λ) ψγ5 ψ . (1.208) Da det(Λ) = −1 bei Raumspiegelungen und det(Λ) = +1 für eine eigentliche orthochrone Lorentz-Transformation ist, ist ψγ5 ψ ein Pseudoskalar. Entsprechend gilt e) ψγ µ γ5 ψ ist ein Pseudovektor. 36 1.3.3 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Spin Die Generatoren der Rotationsgruppe in der Quantentheorie Wir betrachten eine Schrödinger-Wellenfunktion ψ(~r, t) und wollen die Transformation dieser Wellenfunktion unter einer räumlichen Rotation bestimmen. Die Wirkung der Rotation auf die Koordinaten von ~r wird durch eine orthogonale Matrix R dargestellt R : ~r −→ ~r ′ , R† R = 1. (1.209) Hier bezeichnet ~r nicht einen Koordinaten-unabhängigen Vektor, sondern die drei Komponenten des Ortsvektors in dem jeweils betrachteten Bezugssystem. R beschreibt eine passive Transformation. Die Matrix R kann durch einen Drehwinkel α und einen Einheitsvektor ~n für die Drehachse bestimmt sein. Man definiert α ~ = α ~n. (1.210) Eine Wellenfunktion sollte ihren Wert an einem Ort ~r beibehalten, wenn man zu anderen Koordinaten ~r ′ übergeht, ψ ′ (~r ′ ) = ψ(~r) bzw. ψ ′ (~r ) = ψ(R−1~r ). (1.211) Wir betrachten eine infinitesimale Rotation mit infinitesimalem Drehwinkel α ~r ′ = ~r + α ~ × ~r + O(|α|2) (1.212) und erhalten in linearer Näherung ψ ′ (~r ) = ψ(~r − α ~ × ~r ) = ψ(~r ) − α ~ · (~r × ∇)ψ(~r ) i ~ ψ(~r ). = (1 − α ~ · L) ~ (1.213) ~ sind also die Generatoren der RotaDie Komponenten des Drehimpulses L tionen der Wellenfunktion. Eine analoge Überlegung für die zweikomponentigen Pauli-Spinorwellenfunktionen ! ψ1 (~r ) ψ(~r ) = (1.214) ψ2 (~r ) führt zur Aussage, dass die Rotationen im dreidimensionalen Raum durch die sechs Generatoren ~ +S ~ J~ = L ~ = ~ ~σ mit S 2 (1.215) 37 1.3 Diracgleichung ~ Generator für die Drehung der Spinoren.) erzeugt werden. (Hier ist S Spin in der Dirac-Theorie Wir betrachten räumliche Drehungen um die durch ~n, |~n| = 1 gegebene Achse mit einem Winkel α. Die Lorentz-Transformation dazu lautet Λ= 1 0 0 0 0 , 0 R 0 RT R = 13×3 , (1.216) ~r ′ = R(~ α) ~r. Die infinitesimale Transformation dazu ist in Komponenten ~r ′ = ~r + δ~ α × ~r, (1.217) x′j = xj + ǫjkl δαk xl . (1.218) Vergleicht man dies mit Gleichung (1.167) Λνµ = δµν + ǫ ω νµ so findet man ǫωjl = −ǫjkl δαk . (1.219) Damit erhält man für eine infinitesimale Rotation (ω0j = ωj0 = 0) i S(Λ) = 1 − ǫωµν σ µν 4 i = 1 + ǫjkl δαk σ jl . 4 Mit jl σ = ǫjlk ! σk 0 , 0 σk σ 0 ǫjkl σ = −2 k 0 σk jl (1.220) (1.221) ! (1.222) erhält man für die infinitesimale Rotation i ~σ 0 α· S = 1 − δ~ 0 ~σ 2 i ~ α·Σ = 1 − δ~ 2 ! (1.223) und für endlichen Drehungen i ~ S = exp(− α ~ · Σ). 2 (1.224) 38 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Für eine volle Drehung um 360◦ (α = 2π) ist S = −1, so dass erst zwei volle Drehungen wieder zur ursprünglichen Dirac-Wellenfunktion zurück führen. Vergleicht man dies mit der unitären Transformation für Pauli-Spinoren in der Quantenmechanik i ~ · ~σ ), US (~ α) = exp(− α 2 (1.225) so sieht man, dass in der Zerlegung ϕ ψ= χ ! (1.226) die Komponenten ϕ und χ sich unter rein räumlichen Drehungen wie PauliSpinoren transformieren. Transformation der Dirac-Wellenfunktion unter Drehungen i 0 ~ ψ ′ (x′ ) = exp(− α ~ · Σ)ψ(x , R−1 (~ α) · ~r ) 2 i ~ exp(− i α ~ ψ(x0 , ~r) ~ · Σ) ~ · L) = exp(− α 2 ~!! i ~ ~ + ~Σ = exp − α ~· L ψ(x). ~ 2 (1.227) Es folgt, dass räumliche Drehungen wie in der Quantenmechanik erzeugt werden von den Generatoren ~ =L ~ + S. ~ ~ +~Σ J~ = L 2 (1.228) ~ definiert als Dabei wurde der Spin S ! ~ = ~ ~σ 0 . ~ := ~ Σ S 2 2 0 ~σ (1.229) ~ und L ~ Wir notieren noch einige Eigenschaften der Generatoren S [Li , Sj ] = 0, [Si , Sj ] = i~ǫijk Sk , ~ )2 = (S ~ 2 !2 (1.230) (1.231) (σ12 + σ23 + σ32 ) 1 3 = ~2 1 = s(s + 1)~2 1. 4 (1.232) 39 1.3 Diracgleichung Man sieht hieraus, dass der Spin s = 21 ist. Vertauschungsrelationen zwischen Hamiltonoperator und Drehimpulsoperatoren sind in der Quantenmechanik von besonderem Interesse. Für den DiracHamiltonoperator eines freien Teilchens, Gleichung (1.75) H = c~ α · P~ + βmc2 ergeben sich nach etwas Rechnung ~ H] = i~c α [L, ~ × P~ , ~ H] = −i~c α [S, ~ × P~ , ~ H] = 0. [J, (1.233) (1.234) (1.235) Während also sowohl der Bahndrehimpuls als auch der Spin keine Erhaltungsgrößen sind, ist der Gesamtdrehimpuls J~ erhalten. Wir notieren noch die Wirkung der dritten Spinkomponente S3 auf die überschaubaren Lösungen der Diracgleichung eines ruhenden Teilchens (~p = ~0): S3 u(1) = ~ (1) u , 2 ~ S3 u(2) = − u(2) . 2 (1.236) Die ersten beiden Lösungen u(r) beschreiben somit die Spinzustände b spin up, u(1) = b spin down. u(2) = Entsprechend ist S3 v (1) = 1.3.4 ~ (1) v , 2 ~ S3 v (2) = − v (2) . 2 (1.237) (1.238) (1.239) Äußere elektromagnetische Felder Die Eichkovarianz des Maxwellfeldes erlaubt die Ankopplung an das DiracFeld über die Ersetzung P µ −→ P µ − qAµ . (1.240) Der Dirac-Hamiltonoperator, Gleichung (1.75), wird dadurch zu ~ + qΦ + βmc2 H = c~ α · (P~ − q A) (1.241) und die Wellengleichung lautet in kovarianter Schreibweise (i~γ µ ∂µ − qγ µ Aµ − mc)ψ = 0. (1.242) 40 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Mit ϕ ψ= χ ! (1.243) folgt ∂ ~ · ~σ χ, − qΦ − mc2 ) ϕ = c(P~ − q A) ∂t ∂ ~ · ~σ ϕ. (i~ − qΦ + mc2 ) χ = c(P~ − q A) ∂t (i~ 1.3.5 (1.244) (1.245) Nichtrelativistischer Grenzfall Wir beschränken uns hier auf die spezielle Situation stationärer Lösungen, betrachten also Energie-Eigenzustände. Phänomene wie Spin-Präzession klammern wir aus. Die Eigenwertgleichung zum Hamiltonoperator ergibt sich mit i~ ∂ ψ = Eψ ∂t (1.246) zu ~ · ~σ χ, (E − qΦ − mc2 ) ϕ = c(P~ − q A) ~ · ~σ ϕ. (E − qΦ + mc2 ) χ = c(P~ − q A) (1.247) (1.248) Wir können jetzt durch E − qΦ − mc2 teilen und die Differentialgleichungen entkoppeln. (E − qΦ − mc2 ) ϕ ~ · ~σ (E − qΦ + mc2 )−1 (P~ − q A) ~ · ~σ ϕ = c2 (P~ − q A) (1.249) Nun betrachten wir den nicht-relativistischen Grenzfall. Wir definieren E = mc2 + E ′ , (1.250) und verlangen, dass E ′ ≪ mc2 und qΦ = V ≪ mc2 . a) In führender Ordnung vernachlässigen wir Terme der Größe Wir nähern somit (E − qΦ + mc2 ) ≈ 2mc2 und erhalten (E ′ − qΦ) ϕ = i 1 h ~ ~ · ~σ 2 ϕ. (P − q A) 2m (1.251) E′ mc2 und V 6 . mc2 (1.252) Im Rahmen der klassischen Mechanik (E = 12 mv 2 ) entspräche dies einer Vernachläs2 sigung von Termen der Ordnung vc2 . 6 41 1.3 Diracgleichung Da die Komponenten Pi , Aj nicht vertauschen, betrachten wir die einzelnen Beiträge in der Summe X i,j (P i − qAi )σi (P j − qAj )σj , (1.253) Die Diagonalterme mit i = j liefern wegen (σi )2 = 1 X i ~ (P i − qAi )σi (P i − qAi )σi = P~ − q A 2 . (1.254) Bei den nichtdiagonalen Elementen hat man wegen σ1 σ2 = iσ3 zwei Beiträge (P 1 − qA1 )(P 2 − qA2 )iσ3 − (P 2 − qA2 )(P 1 − qA1 )iσ3 (1.255) Hier heben sich die nicht gemischten Terme gegenseitig auf. Übrig bleiben − q A1 P 2 + P 1 A2 − (A2 P 1 + P 2 A1 ) iσ3 ~ 1 A ∂2 + ∂1 A2 − A2 ∂1 − ∂2 A1 iσ3 i = − q (∂1 A2 ) − (∂2 A1 ) ~σ3 =−q ~ = − q~ ∇ × A 3 (1.256) σ3 . Entsprechende Beiträge kommen von den zyklisch vertauschten Geschwistern dieser Terme. Insgesamt folgt ′ (E − qΦ)ϕ = ( ) 1 ~ ~ · ~σ ϕ. ~ 2 − q~ B P − qA 2m 2m (1.257) Dies ist die Pauli-Gleichung. Der Pauli-Term −g q ~ ~ q~ ~ S · B = −g ~σ · B 2m 4m (1.258) hat den gyromagnetischen Faktor g = 2, (1.259) der sich als nichtrelativistische Näherung aus der Diracgleichung ergibt. ′ V E b) Entwicklung einschließlich der Terme der Ordnung mc 2 und mc2 . Jetzt lassen wir zur Vereinfachung der Rechnung das Magnetfeld fort: ~ = ~0. A (1.260) 42 1 RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK Die Gleichung (1.249) vereinfacht sich zu (E ′ − qΦ) ϕ = c2 P~ · ~σ (E ′ − qΦ + 2mc2 )−1 P~ · ~σ ϕ. (1.261) Hier wird die Näherung (2mc2 + E ′ − qΦ)−1 = 1 E ′ − qΦ (1 − + ...) 2mc2 2mc2 und (P~ · ~σ )2 = P~ 2 benutzt und wir erhalten P~ 2 1 ~ (E ′ − qΦ) ϕ = − P · ~σ (E ′ − qΦ)P~ · ~σ ϕ. 2m 4m2 c2 (1.262) (1.263) Eine längere Umformung führt schließlich zu E ′ ϕ = H (2) ϕ mit H (2) = P~ 2 + qΦ + H1 + H2 + H3 . 2m (1.264) (1.265) Die Terme H1 , H2 , H3 sind (P~ 2 )2 , 8m3 c2 1 1 dV ~ ~ S · L, H2 = 2m2 c2 r dr ~2 ∆V. H3 = 8m2 c2 H1 = − (1.266) (1.267) (1.268) H1 stammt von der Entwicklung der kinetischen Energie: q (~ p 2 )2 p ~2 2 4 − 8m m c + p~ 2 c2 = mc2 + 2m 3 c2 . H2 ist die Spin-Bahn-Kopplung. H3 heißt Darwin-Term. Im Coulomb-Potenzial gibt ∆V (r) nur bei r = 0 einen wesentlichen Beitrag, d. h. für s-Wellenfunktionen. Das relativistische Coulomb-Problem ist exakt lösbar. Das Ergebnis für die Energie-Eigenwerte ist ähnlich zu Gleichung (1.58). Energiekorrekturen, die in dieser Theorie nicht enthalten sind, sind Lamb-Shift und Hyperfeinstruktur. Die Lamb-Shift hebt die Energie des 2s-Zustandes um ca. 1 GHz an. Die Ursache hierfür sind Vakuumfluktuationen des elektromagnetischen Feldes, wodurch das Elektron im Coulomb-Potenzial etwas schwächer gebunden wird. 43 2 Feldoperatoren in der nichtrelativistischen QM 2.1 Viel-Teilchen-Quantenmechanik Eine Wellenfunktion für ein System von N Teilchen ist, wenn wir vom Spin absehen, eine quadratintegrable Funktion von N Ortsvariablen. Z. B. N = 1 ψ1 (~r ), N = 2 ψ2 (~r1 , ~r2 ), ... ψN (~r1 , ~r2 , . . . , ~rN ), ψ1 ∈ H1′ = L2 (R3 ) ψ2 ∈ H2′ = L2 (R6 ) ′ ψN ∈ HN = L2 (R3N ) Die Ununterscheidbarkeit quantenmechanischer gleicher Teilchen erfordert, dass eine Wellenfunktion entweder total symmetrisch oder total antisymmetrisch unter Vertauschung ihrer Argumente ist. Symmetrische Wellenfunktionen gehören zu Bosonen, antisymmetrische zu Fermionen. Bezeichnen wir den Projektionsoperator auf den Unterhilbertraum der symmetrischen Wellenfunktionen mit PS und die Projektion auf die antisymmetrischen Wellenfunktionen mit PA , so formalisieren wir 1 X ψN (~rπ(1) , . . . , ~rπ(N ) ), N! π∈SN 1 X sign(π)ψN (~rπ(1) , . . . , ~rπ(N ) ). Fermionen : ψN = PA ψN = N! π∈SN Bosonen : ψN = PS ψN = (2.1) Beispiel: 1 ψ2 (~r1 , ~r2 ) + ψ2 (~r2 , ~r1 ) , 2 1 PA ψ2 (~r1 , ~r2 ) = ψ2 (~r1 , ~r2 ) − ψ2 (~r2 , ~r1 ) . 2 PS ψ2 (~r1 , ~r2 ) = (2.2) Diese Zustände sind noch nicht normiert. Für die Projektionsoperatoren hat man PS2 = PS , PA2 = PA , PS PA = PA PS = 0. (2.3) Wir schreiben auch Pσ für σ = S bzw. σ = A. Eine diskrete orthonormierte Basis des Hilbertraums, wie es z. B. die Eigenfunktionen eines harmonischen Oszillators sind, sei gegeben durch {ϕj | j = 1, 2 . . . } Basis von H1 , (2.4) 44 2 FELDOPERATOREN IN DER NICHTRELATIVISTISCHEN QM <ϕj |ϕk>= δjk . (2.5) ψj1 ,...,jN (~r1 , . . . , ~rN ) = ϕj1 (~r1 )ϕj2 (~r2 ) · · · ϕjN (~rjN ) (2.6) Wir können Produktzustände mit den Wellenfunktionen bilden. In der Schreibweise als Tensorprodukt lautet das ψj1 ,...,jN = ϕj1 ⊗ ϕj2 ⊗ · · · ⊗ ϕjN . (2.7) Zur Erinnerung: das Tensorprodukt von Zuständen ist definiert durch (ϕj1 ⊗ · · · ⊗ ϕjN )(~r1 , . . . , ~rN ) = ϕj1 (~r1 ) · · · ϕjN (~rjN ). (2.8) Die Produktzustände sind i. A. weder symmetrisch noch antisymmetrisch. Daher werden sie bzw. die Produktwellenfunktionen (anti-)symmetrisiert: i 1 Xh sign(π) ϕπ(j1 ) ⊗ · · · ⊗ ϕπ(jN ) , N! π∈SN i 1 Xh (σ) ψj1 ,...,jN (~r1 , . . . , ~rN ) = sign(π) ϕπ(j1 ) (~r1 ) · · · ϕπ(jN ) (~rN ). N! π∈SN (σ) ψj1 ,...,jN = (2.9) (2.10) Diese – in dieser Form noch nicht normierten – Wellenfunktionen bilden eine Basis von HN . Der Gesamt-Hilbertraum ist die direkte Summe H = H0 ⊕ H1 ⊕ . . . , ⊕HN ⊕ . . . (2.11) Ein Vektor ψ ∈ H wird repräsentiert durch eine unendliche Folge ψ = (ψ0 , ψ1 , ψ2 , . . . ), (2.12) wobei ψN eine Funktion von N Orten ist: ψ0 ∈ C, ψ1 (~r1 ), Das Skalarprodukt in H ist <ψ|ψ ′>= X N ψ2 (~r1 , ~r2 ), .... ′ <ψN |ψN >, (2.13) (2.14) speziell ist die Norm von ψ gegeben durch kψk2 =<ψ|ψ>= kψ0 k2 + kψ1 k2 + . . . . (2.15) Nach Normierung kψk = 1 gibt Pn :=<ψn |ψn> (2.16) 45 2.1 Viel-Teilchen-Quantenmechanik die Wahrscheinlichkeit an, n Teilchen zu finden. Der Vakuumzustand |0>∈ H ist gegeben durch (1, 0, 0, . . .). Besetzungszahldarstellung Wir bleiben bei einer diskreten Hilbertraumbasis für die Ein-Teilchen-Zustände und betrachten einen Zustand aus H, bei dem n1 Teilchen sich im Zustand 1 befinden, n2 Teilchen im Zustand 2, usw. Die Zahlen n1 , n2 , etc. heißen Besetzungszahlen. Dann ist die gesamte Teilchenzahl N = n1 + n2 + n3 + . . . (2.17) und eine orthonormierte Basis von H wird gebildet von den Zuständen − 1 1 Y |N; n1 , n2 , n3 , . . . >= nj ! N! j 2 ψ1,...,1,2,...,2,3,...,3,... , (2.18) wobei der Indexsatz 1, . . . , 1, 2, . . . , 2, 3, . . . , 3, . . . andeutet, dass es n1 Indizes 1 gibt, n2 Indizes 2, n3 Indizes 3, usw. Diese Zustände bilden die Besetzungszahldarstellung. Im Falle von Fermionen können die Besetzungszahlen nur die Werte ni = 0 oder ni = 1 annehmen. Operatoren Betrachten wir Operatoren auf diesen Viel-Teilchen-Hilberträumen. Wir beginnen mit einem Ein-Teilchen-Operator a : H1 −→ H1 . (2.19) wie z. B. die Operatoren Qi , Pi oder ein Hamiltonoperator h. Wir erweitern (N ) a zu einem Operator ai auf dem N-Teilchen-Hilbertraum folgendermaßen. ′ Seine Wirkung auf die reinen Produktzustände in HN wird dadurch definiert, dass es auf den i-ten (tensoriellen) Faktor wirkt: (N ) ai (ϕj1 ⊗ · · · ⊗ ϕji ⊗ · · · ⊗ ϕjN ) = ϕj1 ⊗ · · · ⊗ aϕji ⊗ · · · ⊗ ϕjN . (2.20) (N ) Auf die gleiche Weise wirkt ai auf Linearkombinationen der Produktzustände, indem es bei jedem Summanden so wirkt, wie eben definiert. Wir (N ) lassen ab jetzt den oberen Index (N) bei ai fort. Ein symmetrisch definierter Operator ist A= N X i=1 ′ ′ ai : HN −→ HN . (2.21) 46 2 FELDOPERATOREN IN DER NICHTRELATIVISTISCHEN QM Dieser respektiert symmetrische und antisymmetrische Zustände, d. h. er vertauscht mit Pσ . Somit operiert er auf den Hilberträumen HN . A : HN −→ HN . (2.22) Ein Beispiel für solch einen Operator A ist der Hamiltonoperator für N Teilchen, die untereinander nicht wechselwirken: H= N X mit hi = − hi , i=1 (HψN ) (~r1 , . . . , ~rN ) = N X i=1 ~2 ∆~r + V (~ri ), 2m i ! ~2 − ∆~r + V (~ri ) ψN (~r1 , . . . , ~rN ). 2m i (2.23) Für Teilchen, die untereinander wechselwirken, braucht man Zwei-TeilchenOperatoren v : H2 −→ H2 . (2.24) Ein Beispiel ist das Wechselwirkungspotenzial für zwei geladene Teilchen (v ψ2 )(~r1 , ~r2 ) = v(~r1 , ~r2 ) ψ2 (~r1 , ~r2 ). (2.25) Allgemeiner betrachtet man Operatoren ′ ′ vij : HN −→ HN , (N ≥ 2), (2.26) die sich auf die zwei Teilchen mit den Nummern i und j beziehen, z. B. (vij ψ)(~r1 , . . . , ~rN ) = v(~ri, ~rj ) ψ(~r1, . . . , ~rN ), (2.27) und Zwei-Teilchen-Operatoren V= X vij = i<j 1X vij : HN −→ HN , 2 i6=j (N ≥ 2). (2.28) Das Konzept ist erweiterbar auf Drei-Teilchen-Operatoren etc., die symmetrisch unter Permutationen der Teilchen sind. 2.2 Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren Ein Erzeugungsoperator a† : HN −→ HN +1 (2.29) 2.2 Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren 47 erzeugt ein weiteres Teilchen in einem gewissen Zustand. Sei ϕ ∈ H1 , so definiert man a†ϕ durch seine Wirkung auf Zustände (ψ0 , ψ1 , ψ2 , . . . ), wobei die Symmetrieeigenschaften der Teilchenzustände respektiert werden sollen: a†ϕ (ψ0 , ψ1 , ψ2 , . . . ) = (ψ0′ , ψ1′ , ψ2′ , . . . ) √ ′ mit ψN (~r1 , . . . , ~rN ) = N Pσ (ψN −1 ⊗ ϕ)(~r1 , . . . , ~rN ). (2.30) Man sagt, a†ϕ erzeugt ein Teilchen im Zustand ϕ. Zur Verdeutlichung dieser Definition betrachte ψ0′ =0, ψ1′ (~r ) =ψ0 ϕ(~r ), √ 1 ψ2′ (~r1 , ~r2 ) = 2 ψ1 (~r1 ) ϕ(~r2) ± ϕ(~r1 ) ψ1 (~r2 ) , 2! √ 1 ψ3′ (~r1 , ~r2 , ~r3 ) = 3 ψ1 ⊗ ψ2 ⊗ ϕ ± ψ1 ⊗ ϕ ⊗ ψ2 ± ψ2 ⊗ ψ1 ⊗ ϕ 3! + ψ2 ⊗ ϕ ⊗ ψ1 + ϕ ⊗ ψ1 ⊗ ψ2 ± ϕ ⊗ ψ2 ⊗ ψ1 (~r1 , ~r2 , ~r3 ). (2.31) Für Linearkombinationen ϕ = λ1 ϕ1 + λ2 ϕ2 gilt a†ϕ = λ1 a†ϕ1 + λ2 a†ϕ2 . (2.32) Bei einer diskreten Basis ϕj von H1 schreibt man kurz a†j := a†ϕj a†j |j1 , . . . , jN −1>σ = √ N|j1 , . . . , jN −1 , j>σ . (2.33) In der Besetzungszahldarstellung ist die Wirkung von a†j a†j |N −1; n1 , . . . , nj , . . .> = q nj + 1 |N; n1 , . . . , nj−1 , nj + 1, nj+1, . . . > (2.34) Erzeugungsoperatoren im Orts- und Impulsraum Die Erzeugung eines Teilchens mit dem scharfen Impuls ~~k bewirkt der Operator ~ a~†k = a†ϕ~ , mit ϕ~k (~r ) = eik·~r . (2.35) k Schreiben wir einen Ein-Teilchen-Zustand ϕ(~r ) als Überlagerung solcher Impulseigenzustände ϕ~k , ϕ(~r ) = Z d3 k ϕ̃(~k )eik·~r , (2π)3 (2.36) 48 2 FELDOPERATOREN IN DER NICHTRELATIVISTISCHEN QM so kann der Erzeugungsoperator für ein Teilchen mit ϕ(~r ) geschrieben werden als Z d3 k † aϕ = ϕ̃(~k )a~†k . (2.37) (2π)3 Ein Teilchen am scharf bestimmten Ort ~x hat die Wellenfunktion ϕ(~r ) = δ (3) (~r − ~x ) (2.38) Ψ† (~x ) := a†ϕ . (2.39) und der Erzeugungsoperator dazu wird bezeichnet mit Ψ† (~x ) heißt „Feldoperator“, er erzeugt ein Teilchen genau am Orte ~x, √ Ψ† (~x ) |~r1 , . . . , ~rn−1>σ = N |~r1 , . . . , ~rn−1 , ~x >σ . (2.40) Eine allgemeine Wellenfunktion können wir als Überlagerung von lokalisierten Wellenfunktionen schreiben, ϕ(~r ) = und es folgt wieder a†ϕ Z = d3 x ϕ(~x )δ (3) (~r − ~x ), Z d3 x ϕ(~x )Ψ† (~x ). (2.41) (2.42) So hat man auch für Erzeugungsoperatoren eine Fourier-Hin- und Rücktransformation a~†k = Z ~ d3 x eik·~x Ψ† (~x ) , Ψ† (~x ) = Z d3 k −i~k·~x † e a~k . (2π)3 (2.43) Vernichtungsoperatoren Der zu einem Erzeugungsoperator a†ϕ adjungierte Operator aϕ aϕ : HN +1 −→ HN , aϕ : H0 −→ {0} (2.44) verringert die Anzahl der vorhandenen Teilchen um 1 und heißt darum Vernichtungsoperator. Für N = 1 zum Beispiel rechnet man mit Gleichung (2.2) √ † ∗ ∗ σ <k|aj |j1 j2>σ =σ <j1 j2 |aj |k>σ =σ <j1 j2 | 2|kj>σ √ 1 = 2 <kj|± <jk| |j1 j2> ±|j2 j1> 4 √ 1 = 2 <k|j1> δj j2 ± <k|j2> δj j1 ± <k|j2> δj j1 + <k|j1> δj j2 4 1 = √ <k| |j1> δj j2 ± |j2> δj j1 , 2 (2.45) 49 2.3 Vertauschungsregeln woraus folgt 1 aj |j1 j2>σ = √ |j1> δj j2 ± |j2> δj j1 . 2 Für Bosonen ist allgemein aj |j1 , . . . , jN +1>σ := √ (2.46) N +1 X 1 δj ji |j1 , . . . , ji−1 , ji+1 , . . . , jN +1>σ . (2.47) N + 1 i=1 In der Besetzungszahldarstellung lautet dies aj |N +1; n1 , . . . , nj , . . . >= √ nj |N; n1 , . . . , nj −1, . . . > . (2.48) Vernichtungsoperatoren für Fermionen werden analog gebildet. In der (2.47) entsprechenden Gleichung treten zusätzliche Vorzeichen auf. 2.3 Vertauschungsregeln a) Bosonen beschreiben wir hier in der Besetzungszahldarstellung bezogen auf eine diskrete Basis. Wie bei harmonischen Oszillatoren in der Quantenmechanik gilt a†i a†j |N; n1 , . . . , ni , . . . , nj , . . . > = q (ni +1)(nj +1) |N +2; n1 , . . . , ni +1, . . . , nj +1, . . . > = a†j a†i |N; n1 , . . . , ni , . . . , nj , . . . > (2.49) (i 6= j). Analog rechnet man bei den Vernichtungsoperatoren. Man erhält [a†i , a†j ] = [ai , aj ] = 0. (2.50) Für die gemischten Kommutatoren findet man ai a†j |N; n1 , . . . , ni , . . . , nj , . . . > = q ni (nj +1) |N; n1 , . . . , ni −1, . . . , nj +1, . . . >, = a†j ai |N; n1 , . . . , ni , . . . , nj , . . . > also [ai , a†j ] = 0, Übrig bleibt noch (i 6= j). (i 6= j). ai a†i |N; n1 , . . . , ni , . . . > = (ni +1) |N; n1 , . . . , ni , . . . >, a†i ai |N; n1 , . . . , ni , . . . > = ni (2.51) |N; n1 , . . . , ni , . . . >, (2.52) (2.53) 50 2 FELDOPERATOREN IN DER NICHTRELATIVISTISCHEN QM so dass wie beim harmonischen Oszillator gilt [ai , a†i ] = 1. (2.54) Insgesamt hat man die bosonischen Vertauschungsregeln [ai , a†j ] = δij . (2.55) In den kontinuierlichen Darstellungen gilt7 h i a~k , a~†k′ = (2π)3 δ (3) (~k − ~k ′ ), [Ψ(~x), Ψ† (~x ′ )] = δ (3) (~x − ~x ′ ). (2.56) (2.57) b) Fermionen Nach dem Pauliprinzip kann jeder Zustand höchstens mit einem Teilchen besetzt sein, die Besetzungszahlen bezüglich einer diskreten Basis sind deshalb ni ∈ {0, 1}. Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren erfüllen daher a†2 i = 0, a2i = 0. (2.58) Auf die antisymmetrisierten Viel-Teilchen-Zustände angewandt erhält man bei Vertauschung verschiedener Operatoren, i 6= j, a†i a†j |j1 , . . . , jN >A = a†j a†i |j1 , . . . , jN >A = q (N + 1)(N + 2)|j1 , . . . , jN , j, i>A q (N + 1)(N + 2)|j1 , . . . , jN , i, j>A (2.59) = −a†i a†j |j1 , . . . , jN >A . Daraus folgt die Antikommutatorregel [a†i , a†j ]+ = 0, (i 6= j). (2.60) Durch Übergang zu adjungierten Operatoren hat man [ai , aj ]+ = 0, Weiterhin ist so dass gilt 7 (i 6= j). ai a†j |j1 , . . . , jN >A = −a†j ai |j1 , . . . , jN >A , h ai , a†j i + = 0, (i 6= j). (2.61) (2.62) (2.63) In späteren Abschnitten wird für die Entwicklung der Felder ein Lorentz-invariantes Maß verwendet. Dadurch werden auch die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren umdefiniert, so dass dann a~k , a~† ′ = (2π)3 2ωk δ (3) (~k − ~k ′ ) wird. k 51 2.4 Fock-Raum Schließlich betrachten wir ai a†i |j1 , . . . , jN >A = ( a†i ai |j1 , . . . , jN >A = ( Damit hat man 0, falls i ∈ {j1 , . . . , jN } |j1 . . . , jN >A , falls i ∈ / {j1 , . . . , jN } (2.64) |j1 . . . , jN >A , falls i ∈ {j1 , . . . , jN } 0, falls i ∈ / {j1 , . . . , jN } (2.65) ai a†i + a†i ai |j1 . . . , jN >A = |j1 . . . , jN >A . (2.66) Zusammenfassend gelten also die Antikommutatorregel für Fermiteilchen h ai , a†j i + = δij 1. (2.67) Für die Feldoperatoren der Fermionen gilt entsprechend h Ψ(~x ), Ψ† (~y ) 2.4 i + = δ (3) (~x − ~y ). (2.68) Fock-Raum Iteriert man so findet man a†j |j1 , . . . , jN −1>σ = √ N |j1 , . . . , jN −1 , j>σ , (2.69) 1 |j1 . . . , jN >σ = √ a†jN a†jN−1 · · · a†j1 |0> . N! (2.70) Der von diesen Vektoren aufgespannte Raum heißt Fock-Raum. Er ist charakterisiert durch a) einen Vakuumzustand |0>, für den aj |0>= 0 gilt, und b) Operatoren a† , für welche die Vertauschungsregeln des vorigen Abschnitts gelten. Die Symmetrieeigenschaften der Zustände sind durch diese Schreibweise automatisch berücksichtigt. Wegen der Vertauschungsregeln für die Feldoperatoren Ψ† (~r ) hat man 1 |~r1 , . . . , ~rN >σ = √ Ψ† (~rN )Ψ† (~rN −1 ) · · · Ψ† (~r1 ) |0> . N! (2.71) Den in der Quantenmechanik verwendeten uneigentlichen Ortszustand erhält man mit N = 1 |~r >= Ψ† (~r )|0> . (2.72) 52 2.5 2 FELDOPERATOREN IN DER NICHTRELATIVISTISCHEN QM Operatoren Die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren erlauben es, Operatoren auf eine einfache Weise aufzuschreiben, die unabhängig von der Teilchenzahl ist. Im folgenden betrachten wir teilchenzahl-erhaltende Operatoren, d. h. sie wirken von HN nach HN . Ein-Teilchen-Operatoren Der Einfachheit halber beschränken wir uns zunächst auf Bosonen. Es sei H= X hij a†i aj : i,j H −→ H. (2.73) H ist offenbar teilchenzahl-erhaltend. Wie wirkt H auf Zustände? Dazu wählen wir eine Fock-Raum-Basis und fragen also nach H a†jN · · · a†j1 |0>= ? (2.74) Um die Wirkung von H auf einen Fock-Zustand zu bestimmen, benutzt man eine Technik, bei der alle Vernichtungsoperatoren mit Hilfe der Kommutatorregel i h (2.75) ai , a†j = δij nach rechts verschoben werden. Dort wirken die Vernichter auf den Vakuumzustand, wo sie keinen Beitrag mehr liefern. Beispielsweise erhält man mit dem Operator H H a†k |0> = = = = X i,j hij a†i aj a†k |0> i,j hij a†i a†k aj + [aj , a†k ] |0> i,j hij a†i δjk |0> X X X i (2.76) hik a†i |0> eine Linearkombination von Ein-Teilchen-Zuständen. Dieses Ergebnis drückt in Matrixschreibweise aus, wie ein Operator auf Basiszustände wirkt. H|k>= X hik |i> . (2.77) |i><i|H|k>, (2.78) i Vergleichen wir dies mit H|k>= X i 53 2.5 Operatoren so sehen wir, dass hik =<i|H|k> (2.79) gilt. Eingeschränkt auf den Ein-Teilchen-Hilbertraum wirkt H wie ein EinTeilchen-Operator h := H|H1 , nämlich gemäß h |k>= X i (2.80) hik |i> . Die Technik, um die Wirkung eines Operators zu bestimmen, der in Erzeugern und Vernichtern ausgedrückt ist, wollen wir nun erweitern auf den Vielteilchen-Hilbertraum. Untersuchen wir also X H a†jN . . . , a†j1 |0>= i,j hij a†i aj a†jN · · · a†j1 |0> . (2.81) Den Vernichter tauschen wir nach rechts durch. Für Bosonen gilt aj a†jN · · · a†j1 |0> = δj,jN a†jN−1 · · · a†j1 |0> + a†jN aj a†jN−1 · · · a†j1 |0> = ... = N X k=1 δj,jk a†jN · · · a†jk+1 a†jk−1 · · · a†j1 |0>, dies schreibt man gelegentlich auch = N X k=1 δj,jk a†jN · · · a\†jk · · · a†j1 |0> . Die Wirkung des Hamiltonoperators auf den N-Teilchen-Zustand ist dann H a†jN · · · a†j1 |0> = = = X hij a†i i,j N X k=1 N X k=1 N X k=1 a†jN ··· δj,jk a†jN · · · a\†jk · · · a†j1 |0> a†jk+1 X hi,jk a†i i ! a†jk−1 · · · a†j1 |0> (2.82) hk a†jN · · · a†j1 |0> . Hierbei haben wir wie früher wir Operatoren hk eingeführt, die auf den Zustand des k-ten Teilchens wie obiger Operator h wirken. Wir sehen, dass H= N X k=1 hk (2.83) 54 2 FELDOPERATOREN IN DER NICHTRELATIVISTISCHEN QM gilt. Das Gleiche findet man im Falle von Fermionen. Als Ergebnis halten wir fest: Ein Ein-Teilchen-Operator H = PN k=1 hk kann geschrieben werden als X hij a†i aj (2.84) mit hij =<i|H|j> . (2.85) H= i,j Dieser Ausdruck hängt nicht von N ab und H kann auf natürliche Weise als Operator auf dem ganzen Hilbertraum H angesehen werden. Die Notation h für einen Operator auf einem Ein-Teilchen-Hilbertraum und H für einen Operator auf dem ganzen Viel-Teilchen-Hilbertraum verwenden wir generell. Ist speziell h diagonal, also h|j>= ǫj |j>, so ist X ǫi a†i ai . (2.86) ~p 2 + V, 2m X Ei a†i ai . H= (2.87) H= i Beispiel 1: Hamiltonoperator h= i 2 ~ In der Ortsdarstellung mit h = − 2m ∆ + V (~r ) ist ) ( ~2 ∆y + V (~y ) δ (3) (~x − ~y ), <~x|h|~y >= − 2m H= = Z Z d3 x d3 y Ψ† (~x) <~x|h|~y > Ψ(~y ) ( (2.88) ) ~2 d x Ψ (~x) − ∆ + V (~x ) Ψ(~x ). 2m 3 † Dieser Ausdruck, der wie ein Erwartungswert von H aussieht, ist jedoch ein Operator auf dem gesamten Hilbertraum der Viel-Teilchen-Zustände. 55 2.5 Operatoren Beispiel 2: Impulsoperator p~ = ~ ∇ i (2.89) ~ ∇x δ (3) (~x −~y ) i Z ~ P~ = d3 x d3 y Ψ† (~x ) ∇x δ (3) (~x −~y )Ψ(~y ) i Z ~ = d3 x Ψ† (x) ∇Ψ(~x) i Z 3 dk ~ † = ~k a~k a~k . (2π)3 <~x|~p |~y >= (2.90) (2.91) (2.92) (2.93) Beispiel 3: Teilchenzahloperator N̂ = = = X Z Z a†i ai (2.94) i d3 x Ψ† (~x )Ψ(~x ) (2.95) d3 k † a a~ . (2π)3 ~k k (2.96) Für diesen Operator gilt X i a†i ai |j1 , . . . , jN >= X i ni |j1 , . . . , jN >= N |j1 , . . . , jN >, (2.97) wobei ni die Anzahl der Teilchen im Zustand |i> angibt. Diese Gleichungen erhält man auch mit der Rechnung zum Operator H, Gleichung (2.82), mit hij = δij . Der zur Quantenzahl ni gehörende Operator heißt BesetzungszahlOperator n̂j n̂j = a†j aj , n̂j |N; n1 , n2 , . . . >= nj |N; n1 , n2 , . . . > . Zwei-Teilchen-Operatoren Es sei nun V= N 1 X vαβ 2 α,β=1 (2.98) (2.99) α6=β ein Zwei-Teilchen-Operator, wie weiter oben eingeführt. In einer diskreten Basis lauten seine Matrixelemente <k1 , k2|V|l1 , l2>≡<k1 , k2 |v|l1 , l2> . (2.100) 56 2 FELDOPERATOREN IN DER NICHTRELATIVISTISCHEN QM Nun definieren wir V = 1 X <k1, k2 |V|l1 , l2> a†k2 a†k1 al1 al2 . 2 k1 ,k2 ,l1 ,l2 (2.101) Wenden wir V auf den N-Teilchen-Zustand |j1 , . . . , jn>= a†jN . . . a†jN |0> an, so finden wir mit einer Rechnung ähnlich zu Gleichung (2.82) V a†jN · · · a†j1 |0> N 1 X vαβ a†jN · · · a†jα · · · a†jβ · · · a†j1 |0> = 2 α,β=1 α6=β (2.102) = Va†jN · · · a†j1 |0> . Also ist V = V. Halten wir fest: Zwei-Teilchen-Operatoren können unabhängig von N geschrieben werden als V = 1 X <k1 , k2 |V |l1 , l2> a†k2 a†k1 al1 al2 . 2 k1 ,k2 ,l1 ,l2 (2.103) Dies gilt ebenso für Fermionen. Als Anwendung betrachten wir das Wechselwirkungs-Potential in der Ortsdarstellung. Die Wirkung von V auf die N-Teilchen-Wellenfunktion ist (V ψN ) (~r1 , . . . , ~rN ) = N 1 X v(~rα , ~rβ )ψN (~r1 , . . . , ~rN ) 2 α,β=1 (2.104) α6=β und das Zwei-Teilchen-Matrixelement ist <~x1 , ~x2 |v|~y1, ~y2>= v(~x1 , ~x2 )δ (3) (~x1 −~y1 )δ (3) (~x2 −~y2 ). (2.105) Hiermit berechnen wir V in der Ortsdarstellung V = = Z 1 2 d3 x1 d3 x2 d3 y1 d3 y2 <~x1 , ~x2 |v|~y1, ~y2> Ψ† (~x2 )Ψ† (~x1 )Ψ(~y1 )Ψ(~y2 ) Z d3 x1 d3 x2 v(~x1 , ~x2 ) Ψ† (~x2 )Ψ† (~x1 )Ψ(~x1 )Ψ(~x2 ). (2.106) Das Ergebnis erinnert an die durch Wellenfunktionen ausgedrückte Wechselwirkungsenergie in der Quantenmechanik 1Z 3 d x1 d3 x2 v(~x1 , ~x2 ) |ψ(~x1 )|2 |ψ(~x2 )|2 , 2 ist aber ein Operator auf dem gesamten Viel-Teilchen-Hilbertraum. (2.107) 57 2.5 Operatoren Bemerkung: die Reihenfolge der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren ist von Bedeutung. Eine andere Reihenfolge, z. B. Z 1 V = d3 x1 d3 x2 v(~x1 , ~x2 ) Ψ† (~x2 )Ψ(~x2 )Ψ† (~x1 )Ψ(~x1 ) (2.108) 2 würde bedeuten, dass man bei der Anwendung V ′ ψN (~x1 , . . . , ~xN ) den Faktor Ψ(~x2 ) zusätzlich nach rechts über den Faktor Ψ† (~x1 ) hinweg tauschen muss. Das ergibt zusätzliche Terme mit dem Faktor δ (3) (~x2 −~x1 ), die in der Summe ′ V ′ ψN (~r1 , . . . , ~rN ) = N 1 X v(~rα , ~rβ )ψN (~r1 , . . . , ~rN ) 2 α,β=1 zu Diagonaltermen führen. Diese würden einen Selbstenergiebeitrag der GeP ri , ~ri ) darstellen, der für das Coulomb-Potenzial nicht definiert stalt 21 N i=1 v(~ werden kann. Das Problem der Wahl einer korrekten Reihenfolge haben bereits Jordan und Klein im Jahre 1927 erkannt. Hinweis auf die BCS-Theorie In der Theorie der Elektronen in Metallen setzt sich der Hamiltonoperator zusammen aus dem freien Anteil und der Wechselwirkung zwischen je zwei Elektronen. Einschließlich des Spins τ ist der freie Anteil H0 = XZ τ d3 k ~ † ǫ(k) a~k,τ a~k,τ , (2π)3 2 ~2~k . ǫ(~k) = 2m Mit dem fouriertransformierten Coulomb-Potenzial e2 1 VeC (~q ) = ǫ0 ~q 2 (2.109) (2.110) ist der Wechselwirkungsterm HWW = 1 2 Z d3 k d3 k ′ d3 q X e VC (~q ) a~†k+~q,τ ′ a~†k′ −~q,τ a~k′ ,τ ′ a~k,τ . (2π)3 (2π)3 (2π)3 τ,τ ′ (2.111) Bei Berücksichtigung von Phononen-Austausch ist der Wechselwirkungsterm durch ein effektives Potential zu ergänzen, Vee = VeC + Veff , wobei Veff in der Nähe der Fermi-Fläche anziehend ist. In der BCS-Theorie stellt sich der dominante Teil des Hamilton-Operators heraus als HBCS = H0 + H1 1 Z d3 k d3 q H1 = 3 Vee (~k, −~k, ~q ) a~†k+~q,↑ a†−~k−~q,↓ a−~k,↓ a~k,↑ . 3 3 L (2π) (2π) (2.112) 58 3 FELDQUANTISIERUNG In H1 treten Paarungs-Terme auf, für die ~k1 + ~k2 = 0 ist und der Gesamtspin ebenfalls verschwindet. Der Grundzustand, also der Zustand niedrigster Energie, ist Y 1 † † (2.113) |Ω>= u~k + v~k 3 a~k,↑ a−~k,↓ |0>, L ~ k mitKoeffizienten, für die gilt |u~k |2 + |v~k |2 = 1. (2.114) Hierin stellt a~†k,↑ a†−~k,↓ einen Erzeuger für die Cooper-Paare dar. 3 3.1 Feldquantisierung Lagrange-Formalismus für Felder Ein klassisches Feld, z. B. das elektromagnetische Feld, besitzt unendlich viele Freiheitsgrade, die sich in den unendlich vielen Variablen der Lagrangefunktion spiegeln. Im Hamilton-Formalismus gehören dazu die kanonisch konjugierten Variablen. Diese sind für die kanonische Quantisierung erforderlich. Wir demonstrieren die Quantisierung am System einer linearen Kette, in der Massenpunkte durch Federelemente verbunden in gerader Linie angeordnet sind. Die Massen können longitudinale Schwingungen ausführen. Der Übergang zum Feld geschieht anschließend, indem die Massenkette durch ein elastisches Gummiband ersetzt wird. i−1 i+1 i qi−1 qi qi+1 Wenn nun qi (t) die Auslenkung des i-ten Massenpunktes aus seiner Ruhelage beschreibt, so ist die Wirkung S für die lineare Kette gegeben durch S= L= Z dt L(qi , q̇i ) mit mX 2 kX q̇ − (qi+1 − qi )2 . 2 i i 2 i (3.1) (3.2) Das Hamiltonprinzip fordert, dass unter einer Variation qi (t) −→ qi (t) + δqi (t) (3.3) 59 3.1 Lagrange-Formalismus für Felder die Wirkung S stationär ist, d. h. δS = 0. (3.4) Das führt auf die Euler-Lagrange-Bewegungsgleichungen d ∂L ∂L − = 0. dt ∂ q̇i ∂qi (3.5) Hier liefern diese Gleichungen die Newton’schen Bewegungsgleichungen mq̈i − k(qi+1 − qi ) + k(qi − qi−1 ) = 0. (3.6) mit den beiden Hooke’schen Kräften, die von links und rechts auf die i-te Masse einwirken. Die Hamiltonfunktion H(pi , qi ) mit den kanonisch konjugierten Impulsen pi = ∂L = mq̇i ∂ q̇i (3.7) erhält man aus der Lagrangefunktion H(pi , qi ) = X i pi q̇i − L, (3.8) wenn man die Variablen q̇i in L ersetzt. In unserm Beispiel der linearen Kette geschieht das durch H= X i X p2i m 2 kX kX (qi+1 − qi )2 = (qi+1 − qi )2 . q̇i + + 2 2 i 2m 2 i i (3.9) Wir gehen jetzt zu einem kontinuierlichen Feld über. Die Nummer i des Massenpunktes wird zur Ortskoodinate x und die Auslenkung qi (t) des i-ten Massenpunktes wird zum Wert des Feldes ϕ(x, t). i −→ x qi (t) −→ ϕ(x, t) (3.10) (3.11) In dem oben angesprochenen Bild eines Gummibandes bedeutet ϕ(x, t) die Auslenkung eines kleinen Gummielements aus seiner Ruhelage x. Wenn a der Abstand der Ruhelagen in der Kette ist, geht die Differenz der benachbarten Auslenkungen über in ∂ϕ qi+1 − qi −→ a . (3.12) ∂x 60 3 FELDQUANTISIERUNG Für die Lagrangefunktion bedeutet das L= X i ( m 2 ka (qi+1 − qi )2 a q̇ − 2a i 2 a2 ) −→ Z ) ( µ 2 κ ∂ϕ 2 . dx ϕ̇ − 2 2 ∂x (3.13) Hier haben wir die Massenbelegung µ und die Konstante κ eingeführt durch µ := m , a κ := ka. (3.14) Die Lagrangefunktion zum elastischen Gummiband ist also eine Funktion der Feldgröße ϕ(x, t) und ihrer Ableitungen L= Z ∂ϕ ∂ϕ , )= dx L (ϕ, ∂x ∂t Z ) ( µ 2 κ ∂ϕ 2 . dx ϕ̇ − 2 2 ∂x (3.15) Die Wirkung ist dann Z Z Z ∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ S = dt L(ϕ, , ) = dt dx L (ϕ, , ) ∂x ∂t ∂x ∂t (3.16) und der Integrand L heißt Lagrangedichte. In der Verallgemeinerung auf mehrere Dimensionen lautet dies Z Z S = dt d3 x L (ϕ, ∇ϕ, Z ∂ϕ ) ∂t (3.17) = d4 x L (ϕ, ∂µ ϕ). Die Stationarität der Wirkung unter einer Variation von ϕ und ∂µ ϕ führt wie in der klassischen Mechanik auf Euler-Lagrange-Gleichungen, hier sind dies die Feldgleichungen. In der Mechanik gehört zur Variation die Vorschrift, dass die Endpunkte der klassischen Bahn, x(t1 ) und x(t2 ), festzuhalten sind. Dies hat folgende Entsprechung in der Feldtheorie. Man betrachte ein Gebiet G ∈ R4 , auf dem ϕ(x) definiert ist, mit seinem Rand ∂G, der nicht ganz im Endlichen liegen muss. (G ist nicht notwendig kompakt.) Die zulässigen Variationen von ϕ auf dem Gebiet G sind dann ϕ(x) −→ ϕ′ (x) = ϕ(x) + δϕ(x) mit δϕ = 0 auf ∂G. (3.18) Ein Spezialfall ist bei einem gegebenen Koordinatensystem x = (x0 , ~r) das scheibenförmige Gebiet G = {x ∈ R4 |ct1 ≤ x0 ≤ ct2 }. (3.19) 61 3.1 Lagrange-Formalismus für Felder In diesem Fall betrachten wir Felder, die im räumlich Unendlichen verschwinden: |~ x|→∞ ϕ(x), ∂µ ϕ(x) −→ 0. (3.20) Ganz wie in der Mechanik wenden wir das Hamilton-Prinzip an: 0 = δS = δ Z Z G d4 x L (ϕ, ∂µ ϕ) ∂L ∂L δϕ(x) + ∂µ δϕ(x) = dx ∂ϕ(x) ∂(∂µ ϕ(x)) G Z ∂L ∂L ∂L 4 = dx δϕ(x) . δϕ(x) + ∂µ δϕ(x) − ∂µ ∂ϕ(x) ∂(∂µ ϕ(x)) ∂(∂µ ϕ(x)) G (3.21) 4 Hier wurde die Leibniz’sche Produktregel angewendet. Nach dem Gauß’schen Satz ist Z G d4 x ∂µ ∂L δϕ(x) = ∂(∂µ ϕ(x)) Z ∂G ∂L δϕ(x) dfµ = 0, ∂(∂µ ϕ(x)) (3.22) weil δϕ(x) auf dem Rand ∂G verschwindet. Für beliebige zulässige Variationen δϕ haben wir also Z ∂L ∂L δϕ(x). − ∂µ 0= d x ∂ϕ(x) ∂(∂µ ϕ(x)) G 4 (3.23) Daher muss im Gebiet G die Euler-Lagrange-Bewegungsgleichung ∂µ ! ∂L ∂L − =0 ∂(∂µ ϕ(x)) ∂ϕ(x) (3.24) als Feldgleichung für ϕ(x) gelten. Beispiel: Im Zusammenhang mit der linearen Kette hatten wir die Lagrangedichte für ein freies Feld µ κ ∂ϕ 2 L = ϕ̇2 − (3.25) 2 2 ∂x entwickelt. „Frei“ bedeutet hier dass L quadratisch in seinen Variablen ist, darum sind die Ableitungen linear in den Variablen ∂L = 0, ∂ϕ ∂L = µϕ̇(x), ∂(ϕ̇(x)) ∂L ∂ϕ = −κ . ∂(∂1 ϕ(x)) ∂x (3.26) 62 3 FELDQUANTISIERUNG Die Euler-Lagrange-Gleichung dazu lautet µϕ̈(x) − κ ∂ 2ϕ , ∂x2 (3.27) dies ist die Feldgleichung für die longitudinalen Schwingungen eines elastischen Gummibandes. Die kanonisch konjugierten Impulse bei der linearen Kette werden beim Übergang zum Kontinuum 1 1 pi = mq̇i = µq̇i −→ µϕ̇(x, t) =: π(x, t). a a (3.28) = µϕ̇ korrespondiert also zu einer „ImpulsbeDer kanonische Feldimpuls ∂L ∂ ϕ̇ legung“ in der linearen Kette. Allgemein definiert man den konjugierten Impuls für Felder π(x) = π(~r, t) = ∂L δL = , ∂(ϕ̇(x)) δ ϕ̇(x) (3.29) um für die Quantisierung zu einem Hamilton-Formalismus überzugehen. Dadurch erhält die Zeit eine ausgezeichnete Rolle gegenüber den Ortsvariablen. Während die Lagrangefunktion Ort und Zeit kovariant behandelt, ist im Hamilton-Formalismus die manifeste Kovarianz gebrochen. Man hat daher die – manchmal schwierige – Aufgabe, die Lorentz-Invarianz bei den Ergebnisse der Hamilton-Theorie nachzuweisen. In einer Pfadintegralformulierung der Quantenfeldtheorie kann dagegen alles manifest kovariant formuliert werden. Die Hamilton Funktion ist H= = Z Z d3 r π(~r, t)ϕ̇(~r, t) − L n o d3 r π(~r, t)ϕ̇(~r, t) − L , (3.30) wobei H als Funktional des Feldes ϕ(x) und Impulses π(x) aufgefasst wird. Insbesondere ist ϕ̇(x) durch π(x) auszudrücken. Es gelten die kanonischen Gleichungen mit Funktionalableitungen δH , δπ(~r, t) δH π̇(~r, t) = − . δϕ(~r, t) ϕ̇(~r, t) = (3.31) (3.32) 63 3.2 Quantisierung, Bosonen Eine triviale Verallgemeinerung auf Felder mit mehreren Komponenten ϕα (x) notieren wir als ! ∂L ∂L − ∂µ = 0, ∂(∂µ ϕα (x)) ∂ϕα (x) ∂L πα (x) = , ∂ ϕ̇α (x) H= 3.2 Z d3 r X α (3.33) (3.34) πα (~r, t)ϕ̇α (~r, t) − L . (3.35) Quantisierung, Bosonen In der Quantenmechanik fordert man die Vertauschungsregeln [pj (t), qk (t)] = ~ δj,k . i (3.36) Die Vertauschungsregeln – hier im Heisenberg Bild – sind die Grundlage für die Quantisierung. Beim Übergang von der klassischen Mechanik auf einem d-dimensionalen räumlichen Gitter mit der Gitterkonstanten a zu einer kontinuierlichen Feldtheorie tritt an die Stelle von δi,i′ 1 δi,i′ −→ δ (d) (~r − ~r ′ ). ad (3.37) Für die Quantenfeldtheorie mit d = 3 räumlichen Koordinaten bekommt man so die zeitgleichen Vertauschungsregeln für die die kanonisch konjugierten Feldoperatoren h i (3.38) h i (3.40) ~ (3) δ (~r − ~r ′ ), i h i ϕ(~r, t), ϕ(~r ′ , t) = 0, π(~r, t), ϕ(~r ′ , t) = π(~r, t), π(~r ′ , t) = 0. (3.39) ϕ(x) und π(x) sind nun kanonisch konjugierte Operatoren, oder besser gesagt Operator-Felder. 3.3 Quantisierung des Schrödingerfeldes Wir betrachten die Schrödinger-Wellenfunktion ψ(~r, t) ∈ C als ein klassisches komplexwertiges Feld. Seine Lagrangedichte sei gegeben durch L = i~ψ ∗ ψ̇ − ~2 ∇ψ ∗ · ∇ψ − V (~r )ψ ∗ ψ. 2m (3.41) 64 3 FELDQUANTISIERUNG Bemerkung: diese Lagrangedichte ist nicht symmetrisch in ψ und ψ ∗ und ist nicht reell. Es ist aber 1 1 d 1 i~ψ ∗ ψ̇ = i~ ψ ∗ ψ̇ − i~ ψ̇ ∗ ψ + i~ (ψ ∗ ψ). 2 2 2 dt (3.42) Die totale Zeitableitung im letzten Term wirkt sich nicht auf die Feldgleichungen aus und kann fortgelassen werden. Statt i~ψ ∗ ψ̇ kann also auch der reelle Ausdruck i~ 12 (ψ ∗ ψ̇ − ψ̇ ∗ ψ) verwendet werden. Allerdings sind die Rechnungen mit dem anderen Term etwas kürzer. Das komplexwertige Feld kann man auch als ein zweikomponentiges reelles Feld ψα , α = 1, 2 mit 1 ψ = √ (ψ1 + iψ2 ), 2 1 ψ1 = √ (ψ + ψ ∗ ), 2 1 ψ ∗ = √ (ψ1 − iψ2 ), 2 1 ψ2 = √ (ψ − ψ ∗ ) i 2 (3.43) ansehen. Die Variation des komplexen Feldes ist äquivalent zur Variation der Komponenten ψ1 und ψ2 und liefert zwei Feldgleichungen. Mit der Einführung der komplexen Ableitungen ∂ 1 ∂ ∂ =√ −i ), ∂ψ ∂ψ2 2 ∂ψ1 ∂ 1 ∂ ∂ √ = + i ) ∂ψ ∗ ∂ψ2 2 ∂ψ1 (3.44) können die beiden Feldgleichungen wieder zu einer komplexen Feldgleichung für ψ und der dazu komplex-konjugierten Feldgleichung zusammengefügt werden. Verschwindet die Variation eines Funktionals F [ψ1 , ψ2 , ∂µ ψ1 , ∂µ ψ2 ], wenn man die ψα (α = 1, 2) unabhängig voneinander variiert, so ist das äquivalent dazu, dass die Variation von F , ausgedrückt als Funktional von ψ, ψ ∗ , ∂µ ψ, ∂µ ψ ∗ , verschwindet, wenn man ψ, ψ ∗ unabhängig voneinander variiert. Es folgt, dass die Euler-Lagrange-Feldgleichungen für die Felder ψ und ψ ∗ in der Gestalt ∂µ ! ∂L ∂L − = 0, ∗ ∂(∂µ ψ (x)) ∂ψ ∗ (x) ∂µ ! ∂L ∂L − = 0. (3.45) ∂(∂µ ψ(x)) ∂ψ(x) gelten. Mit obiger Lagrangedichte für das Schrödingerfeld erhalten wir Variable ψ ∗ : Variable ψ : ~2 ∆ψ + V ψ, 2m ~2 −i~ψ̇ ∗ = − ∆ψ ∗ + V ψ ∗ . 2m i~ψ̇ = − (3.46) (3.47) 65 3.3 Quantisierung des Schrödingerfeldes Man erhält also die Schrödingergleichung als klassische Feldgleichung gemeinsam mit ihrer komplex-konjugierten Gleichung. Die zu den Feldern ψ und ψ ∗ kanonisch konjugierten Impulse sind allgemein ∂L 1 , π = √ (π1 − iπ2 ) = ∂ ψ̇ 2 1 ∂L π ∗ = √ (π1 + iπ2 ) = . 2 ∂ ψ̇ ∗ (3.48) Für das Schrödingerfeld ergibt sich π = i~ψ ∗ , π ∗ = 0. (3.49) Aufgrund dieser Gleichungen sind im Hamilton-Formalismus ψ ∗ und π ∗ zu eliminieren. Für die Hamilton-Funktion erhalten wir H= Z Z n d3 r π ψ̇ + π ∗ ψ̇ ∗ − L n o o ~2 ∇ψ ∗ · ∇ψ + V (~r )ψ ∗ ψ 2m Z o n ~2 ψ ∗ ∆ψ + V (~r )ψ ∗ ψ = d3 r − 2m Z o 1 n ~2 ∆ψ + V (~r )ψ . = d3 r π − i~ 2m = d3 r (3.50) Wir wenden jetzt die Quantisierungsvorschrift an: Die Felder werden zu Feldoperatoren ψ(~r, t) −→ Ψ(~r, t), ψ ∗ (~r, t) −→ Ψ† (~r, t), (3.51) † Π(~r, t) = i~Ψ (~r, t), für welche die Vertauschungsregeln gelten h i Ψ(~r, t), Ψ(~r ′ , t) = 0, h i Ψ† (~r, t), Ψ† (~r ′ , t) = 0, h i Π(~r, t), Ψ† (~r ′ , t) = ~ (3) δ (~r − ~r ′ ). i (3.52) (3.53) (3.54) Die letzte Relation wird zu h i Ψ(~r, t), Ψ† (~r ′ , t) = δ (3) (~r − ~r ′ ). (3.55) 66 3 FELDQUANTISIERUNG Die Vertauschungsregeln sind identisch mit den im Abschnitt 3.2 eingeführten Vertauschungsregeln für Feldoperatoren. Die Hamiltonfunktion wird jetzt zum Operator Z n d3 r Ψ† (~r, t) − o ~2 ∆ + V (~r) Ψ(~r, t). 2m (3.56) Dies ist das gleiche Ergebnis wie die Gleichung (2.88) auf Seite 54. Die Heisenberg’sche Bewegungsgleichung in der Gestalt h i~Ψ̇(~r, t) = Ψ(~r, t), H i (3.57) gilt ebenfalls, wie man sich durch Ausrechnen des Kommutators h i Ψ(~r, t), H = − ~2 ∆ + V (~r) Ψ(~r, t) 2m (3.58) leicht überzeugt: h i Z h n o i ~2 ′ ∆ + V (~r ′ ) Ψ(~r ′ , t) 2m Z o h in ~2 ∆′ + V (~r ′ ) Ψ(~r ′ , t) = d3 r ′ Ψ(~r, t), Ψ† (~r ′ , t) − 2m {z } | Ψ(~r, t), H = d3 r ′ Ψ(~r, t), Ψ† (~r ′ , t) − (3.59) =δ(3) (~ r −~ r ′) ~2 = − ∆ + V (~r) Ψ(~r, t). 2m 3.4 Fermionen Wirkung, Lagrangefunktion und Hamiltonfunktion für fermionische Felder haben die gleiche Gestalt wie für Bosonen S= Z d3 r L (ψ, ∂µ ψ), ∂L ∂L − = 0, ∂(∂µ ψ) ∂ψ ∂L π(x) = , ∂ ψ̇ ∂µ H= Z (3.60) ! (3.61) (3.62) d3 r π(~r, t)ψ̇(~r, t) − L . (3.63) 67 3.4 Fermionen Dagegen verlangt die Quantisierungsvorschrift für Fermionen, dass alle Kommutatoren durch Antikommutatoren ersetzt werden. h i ~ (3) δ (~r − ~r ′ ), i h i ′ ψ(~r, t), ψ(~r , t) = 0, π(~r, t), ψ(~r ′ , t) + = + h π(~r, t), π(~r ′ , t) i + = 0. (3.64) (3.65) (3.66) 68 3.5 3 FELDQUANTISIERUNG Zusammenfassung Die Quantenmechanik eines Teilchens mit der Wellenfunktion ψ(x) ist im Hinblick auf die Schrödingergleichung formal identisch ist mit einer klassischen Feldtheorie für das Feld ψ(x). Ebenso, wie die klassische Mechanik durch die Quantisierung auf die Quantenmechanik führt, wird aus der klassischen Feldtheorie durch Quantisierung die Quantenfeldtheorie. Erweitert man die Quantenmechanik eines Teilchens zur Viel-Teilchen-Quantenmechanik, so ist diese ebenfalls formal und inhaltlich identisch mit der Quantenfeldtheorie, wie es zum Beispiel in Gleichung (2.88) zum Ausdruck kommt. Auch aus der klassischen Mechanik vieler Teilchen gelangt man durch Quantisierung zur Quantenfeldtheorie. klassische Mechanik klassische Mechanik eines Teilchens vieler Teilchen Q Q Quantenmechanik eines Teilchens klassische Feldtheorie formal gleich Q „2. Quantisierung“ N Quantenmechanik vieler Teilchen ψ(x) formal und inhaltlich gleich Quantenfeldtheorie [π, ψ] = ~ i 69 4 Quantisierung freier relativistischer Felder In diesem Abschnitt wird die Quantisierung von Feldtheorien, wie wir sie zuvor für die nichtrelativistische Feldtheorie eingeführt haben, auf relativistische freie Felder angewandt. Quantisierte relativistische Felder bilden die Grundlage für die theoretische Beschreibung von Elementarteilchen und ihren Wechselwirkungen. In der quantisierten relativistischen Feldtheorie treten neue Aspekte auf, z. B. die Existenz von Antiteilchen. Konvention: Von nun an werden Einheiten verwendet, in denen ~ = 1 und c = 1 ist. 4.1 Komplexes Skalarfeld Zu einem komplexwertigen Feld ϕ(x) ∈ C, das der Klein-Gordon-Gleichung (4.1) L = (∂µ ϕ∗ )(∂ µ ϕ) − m2 ϕ∗ ϕ. (4.2) − m2 ϕ(x) = 0 genügt, gehört die Lagrangedichte Die Euler-Lagrange-Gleichungen liefern für die unabhängig variierten Feldkomponenten ϕ und ϕ∗ ∂µ ∂µ ! ∂L ∂L − =0 ∂(∂µ ϕ) ∂ϕ ! ∂L ∂L − =0 ∗ ∂(∂µ ϕ ) ∂ϕ∗ −→ ∂µ ∂ µ ϕ∗ + m2 ϕ∗ = 0, (4.3) −→ ∂µ ∂ µ ϕ + m2 ϕ = 0, (4.4) also wie angekündigt, die Klein-Gordon-Gleichung und ihr konjugiert-komplexes Gegenstück. Die allgemeine Lösung der Klein-Gordon-Gleichung ist eine räumliche Superposition von ebenen Wellen, ϕ(x) = wobei Z d3 k −ik·x ∗ ik·x a(k)e + b (k)e , 3 (2π) 2ωk k0 =ωk ωk = q + ~k 2 + m2 (4.5) (4.6) ist. In diesem Abschnitt wird die Einschränkung auf Wellenfunktionen mit k0 = ωk stets beibehalten, darum werden wir dies hier nicht mehr explizit vermerken. Weiterhin wird zur Vereinfachung der Schreibweise nicht mehr 70 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER a(~k ), b(~k ) sonder nur noch a(k), b(k) geschrieben. Die kanonisch konjugierten Felder sind ∂L = ϕ̇∗ (x), ∂ ϕ̇(x) ∂L = ϕ̇(x). π ∗ (x) = ∂ ϕ̇∗ (x) π(x) = (4.7) (4.8) Damit wird die Hamiltonfunktion H= = = Z Z Z n d3 r π ϕ̇ + π ∗ ϕ̇∗ − L n o d3 r π ∗ π + ϕ̇ϕ̇∗ − (ϕ̇∗ ϕ̇ − ∇ϕ∗ · ∇ϕ − m2 ϕ∗ ϕ) n o d3 r π ∗ π + ∇ϕ∗ · ∇ϕ + m2 ϕ∗ ϕ . o (4.9) Die kanonischen Gleichungen liefern wiederum die Klein-Gordon-Gleichung: Nach partieller Integration mit verschwindenden Randtermen ergibt sich ∂H = −(−∇ · ∇)ϕ + m2 ϕ, ∂ϕ∗ ∂H ϕ̈∗ = π̇ = − = −(−∇ · ∇)ϕ∗ + m2 ϕ∗ . ∂ϕ ϕ̈ = π̇ ∗ = − (4.10) (4.11) Das ist die Klein-Gordon-Gleichung und ihre komplex Konjugierte. Wir führen jetzt die Quantisierung durch ϕ(x) −→ ϕ(x) (Feldoperator), ∗ † ϕ (x) −→ ϕ (x), ϕ(x) = Z d3 k −ik·x † ik·x a(k)e + b (k)e . 3 (2π) 2ωk k0 =ωk (4.12) (4.13) (4.14) a(k) und b† (k) sind jetzt Operatoren. Hinsichtlich einer Darstellung im FockRaum ist es geschickter ϕ(x) wie hier im Impulsraum zu entwickeln, statt im Ortsraum zu bleiben. Der adjungierte Feldoperator ist ϕ† (x) = Es gilt nun Z d3 k −ik·x † ik·x b(k)e + a (k)e . (2π)3 2ωk k0 =ωk π(x) = ϕ̇† (x), π † (x) = ϕ̇(x). (4.15) (4.16) 71 4.1 Komplexes Skalarfeld Die kanonischen Vertauschungsrelationen für gleiche Zeiten werden so postuliert, wie es im vorigen Abschnitt eingeführt wurde. Die von Null verschiedenen Kommutatoren sind h π(~r, t), ϕ(~r ′ , t) h i i = −iδ (3) (~r − ~r ′ ), (4.17) π † (~r, t), ϕ† (~r ′ , t) = −iδ (3) (~r − ~r ′ ). Alle anderen Kommutatoren der Operatoren ϕ, ϕ† , π, π † verschwinden. Um die Kommutatoren der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren im Impulsraum zu bekommen, können wir die Darstellungen von ϕ und ϕ† nach a, b und ihren Adjungierten auflösen. Die Umkehrung der Gleichungen (4.14) und (4.15) hat Ähnlichkeit mit der Fourier-Umkehrung, es entstehen aber Frequenzanteile, die bei der Fouriertransformation so nicht auftreten würden. Wir notieren zunächst eine Hilfsformel. Es ist Z d3 r eik·x e−ik ·x = (2π)3 δ (3) (~k − ~k ′ ). ′ (4.18) Wie oben vereinbart, betrachten wir stets ebene Wellenfunktionen mit k0 = ωk , ohne dass dies explizit vermerkt wird. Die Frequenzfaktoren mit k0 = k0′ heben sich hier auf. Mit dieser Hilfe folgt Z i 1 h a(k) + b† (−k)e2iωk t , 2ωk Z i −i h a(k) − b† (−k)e2iωk t . d3 r eik·x ϕ̇(x) = 2 d3 r eik·x ϕ(x) = (4.19) (4.20) Daraus erhalten wir den gewünschten Ausdruck für den Operator a(k) = Z n d3 r eik·x ωk ϕ(x) + iϕ̇(x) Z n o = i d3 r eik·x ϕ̇(x) − (∂0 eik·x )ϕ(x) Z n o ← → = i d3 r eik·x ∂0 ϕ(x) . o (4.21) ← → ← → Das Symbol ∂ ist definiert durch f ∂ g := f ∂g − (∂f )g. Der Ausdruck für a(k) ist unabhängig von der Zeit t, wie es sein sollte. Auf die gleiche Weise 72 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER rechnet man (mit ωk = ω−k ) † 2iωk t b (−k)e = † b (k) = Z Z Z n o d3 r eik·x ωk ϕ(x) − iϕ̇(x) , n d3 r e−ik·x ωk ϕ(x) − iϕ̇(x) n o d3 r i(∂0 e−ik·x)ϕ(x) − e−ik·x iϕ̇(x) Z n o ← → = −i d3 r e−ik·x ∂0 ϕ(x) , Z n o ← → b(k) = i d3 r eik·x ∂0 ϕ† (x) . = o (4.22) (4.23) Jetzt rechnen wir die Vertauschungsrelationen für die a(k) und b(k) aus: h † ′ i Z a(k), a (k ) = = = h i ← → → ′ ′← d3 r d3 r ′ eik·x ∂0 ϕ(x), e−ik ·x ∂0 ϕ† (x′ ) Z d3 r d3 r ′ Z d3 r d3 r ′ (−∂0 eik·x )e−ik ·x ϕ(~r, t), ϕ̇† (~r ′ , t) nh (−∂0 eik·x )ϕ(x) + eik·x ϕ̇(x), ′ ′ ′ ′ (−∂0 e−ik ·x )ϕ† (x′ ) + e−ik ·x ϕ̇† (x′ ) n ′ h ′ h io + eik·x (−∂0 e−ik ·x ) ϕ̇(~r, t), ϕ† (~r ′ , t) Z ← → ′ = i d3 r eik·x ∂0 e−ik ·x ′ ′ io i (4.24) t=t′ = (2π) 2ωk δ (~k − k ). 3 (3) ~′ Hierbei wurde benutzt, dass nur Kommutatoren der Form [ϕ, π] und [ϕ† , π † ] † † nicht verschwinden, und i ϕ̇ = π, ϕ̇ = π überleben nur Kommutatoren i h wegen h † † der Form ϕ, ϕ̇ oder ϕ̇, ϕ . Analog zeigt man h i b(k), b† (k ′ ) = (2π)3 2ωk δ (3) (~k − ~k ′ ). (4.25) Alle übrigen Kommutatoren verschwinden. Bis auf den Faktor 2ωk sind dies die Kommutatoren für zwei Sorten von Bosonen im Impulsraum. Fock-Raum Mit einem – als Postulat eingeführten – Vakuumzustand |0> a(k)|0>= 0, b(k)|0>= 0 (4.26) und den Erzeugungsoperatoren bildet man N-Teilchen-Zustände, die den Fock-Raum aufspannen. 73 4.1 Komplexes Skalarfeld Ein-Teilchen-Zustände sind a† (k)|0>, b† (k)|0> (stets ist k0 = ωk ). (4.27) Der Fock-Raum enthält also Zustände mit zwei verschiedenen Teilchensorten. Zwei-Teilchen-Zustände sind a† (k1 )a† (k2 )|0>, b† (k1 )b† (k2 )|0>, a† (k1 )b† (k2 )|0>, b† (k1 )a† (k2 )|0> . (4.28) Die letzten beiden Zustände sind verschieden! Zwar kommutieren a† und b† , aber ~k1 und ~k2 sind i. A. verschieden. Die Normierung der Fock-Zustände ergibt sich aus dem Vakuum-Erwartungswert von aa† <0|a(k)a† (k ′ )|0> =<0|[a(k), a†(k ′ )]|0> = (2π)3 2ωk δ (3) (~k − ~k ′ ). (4.29) Um einen Hamiltonoperator in der quantisierten Theorie zu finden, setzen wir zunächst an n o H ′ = d3 r π † π + ∇ϕ† · ∇ϕ + m2 ϕ† ϕ . (4.30) Wir ersetzen gemäß Gl. (4.14) Z d3 k ωk a† (k)eik·x − b(k)e−ik·x (2π)3 2ωk Z d3 k ~ −ik·x † ik·x . k a(k)e − b (k)e ∇ϕ = i (2π)3 2ωk π = ϕ̇† = i (4.31) Benutzen wir wieder die Hilfsformel (4.18), so erhalten wir nach etwas Algebra H′ = 1 2 Z n o d3 k † † † † ω a (k)a(k)+a(k)a (k)+b (k)b(k)+b(k)b (k) . (4.32) k (2π)3 2ωk Hier ist H ′ nicht normalgeordnet. Anwendung von H ′ auf den Vakuumzustand ergibt H ′ |0> = = 1 2 Z Z nh i h io d3 k † † ω a(k), a (k) + b(k), b (k) |0> k (2π)3 2ωk 3 (3) d k ωk δ (0)|0>= ∞. (4.33) 74 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER R Dieser Ausdruck divergiert zweifach, δ (3) (0) = ∞ und d3 k ωk = ∞. In einer Lorentz-invarianten Theorie muss aber die Energie des Vakuumzustandes verschwinden. Der auf diese Weise aus der Hamiltonfunktion bei der Quantisierung gewonnene Hamiltonoperator ist also unbrauchbar. Daher schreiben wir die Hamiltonfunktion gleich so auf, dass nach dem Quantisierungsprozess – der Ersetzung der Feldfunktionen durch Operatoren –, die Vernichter rechts von den Erzeugern stehen. Mit anderen Worten, wir definieren H in normalgeordneter Form. Für einen Operator A ist die Normalordnung von A, mit : A : bezeichnet, dadurch definiert, dass alle Venichtungsoperatoren rechts von allen Erzeugungsoperatoren stehen. Seien die positiven und die negativen Frequenzanteile von ϕ ϕ (+) ϕ (−) so dass Z d3 k = a(k)e−ik·x , 3 (2π) 2ωk k0 =ωk Z d3 k † ik·x b (k)e , = (2π)3 2ωk k0 =ωk (4.34) ϕ(x) = ϕ(+) (x) + ϕ(−) (x). Dann ist beispielsweise : ϕ(x)ϕ(y) : = : ϕ(+) (x) + ϕ(−) (x) (4.35) ϕ(+) (y) + ϕ(−) (y) : = ϕ(+) (x)ϕ(+) (y) + ϕ(−) (x)ϕ(−) (y) (4.36) + ϕ(−) (y)ϕ(+) (x) + ϕ(−) (x)ϕ(+) (y). Der Hamiltonoperator wird zu Z n o H = d3 r : π † π + ∇ϕ† · ∇ϕ + m2 ϕ† ϕ : = Hieraus folgt sofort Z n o d3 k † † ω a (k)a(k) + b (k)b(k) . k (2π)3 2ωk H|0>= 0. (4.37) (4.38) Berechnen wir nun die Energie eines Ein-Teilchen-Zustandes a† (k)|0>. Dazu berechnen wir zunächst Z h i h i d3 k ′ † ′ ′ † ′ H, a† (k) = ω a (k )a(k ), a (k) k (2π)3 2ωk′ Z h i d3 k ′ † ′ ′ † ′ a (k ) a(k ), a (k) ω = (4.39) k (2π)3 2ωk′ | {z } (2π)3 2ωk δ(3) (~k ′ −~k) † = ωk a (k). 75 4.1 Komplexes Skalarfeld Damit ergibt sich Ebenso hat man h i Ha† (k)|0> = H, a† (k) |0> = ωk a† (k)|0> . (4.40) Hb† (k)|0> = ωk b† (k)|0> . (4.41) H beschreibt Teilchen, die im Impulseigenzustand a† (k)|0> bzw. b† (k)|0> q die Energie ωk = ~k 2 + m2 haben. Alle Zustände besitzen positive Energie! Betrachten wir noch einmal die Zerlegung von ϕ(x): ϕ(x) = ϕ(+) (x) + ϕ(−) (x). ϕ enthält einen Anteil ϕ(−) (x) mit negativen Frequenzen. In der relativistischen Quantenmechanik wurde dieser den negativen Energien zugeordnet. In der quantisierten Feldtheorie ist seine Bedeutung nun anders. a. ϕ(+) (x) ist der Operator für den positiven Frequenzanteil von ϕ(x). Er enthält die Vernichtungsoperatoren a(k). † (ϕ(+) (x)) erzeugt im Fock-Raum Teilchen der Sorte a mit positiver Energie. b. ϕ(−) (x) ist der Operator für den negativen Frequenzanteil von ϕ(x). Er enthält die Erzeugungsoperatoren b† (k). † (ϕ(−) (x)) erzeugt im Fock-Raum aber nicht Teilchen mit negativer Energie, sondern vernichtet Teilchen der Sorte b mit positiver Energie. Das Problem der negativen Energien der Klein-Gordon-Gleichung in der relativistischen Quantenmechanik ist somit in der Quantenfeldtheorie gelöst. Das zweite Problem betraf die Wahrscheinlichkeitsdichte ρ(x) = i(ϕ∗ (x)ϕ̇(x) − ϕ(x)ϕ̇∗ (x)), die negativ werden konnte. Welche Bedeutung hat jetzt ρ(x) = i(ϕ† (x)ϕ̇(x) − ϕ(x)ϕ̇† (x)) ? (4.42) Wir stellen fest, dass die darin enthaltenen Operatoren bereits normalgeordnet auftreten. Betrachten wir das gesamte Integral Q := Z d3 rρ(~r, t). (4.43) Analog zu den Rechnungen zum Hamiltonoperator, Gleichung (4.37), erhalten wir Q= Z o d3 k n † † a (k)a(k) − b (k)b(k) =: N+ − N− . (2π)3 2ωk (4.44) 76 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER N+ ist der Teilchenzahloperator für die Teilchensorte a und N− ist der Teilchenzahloperator für die Teilchensorte b. Beispielsweise gilt N+ |0>= N− |0>= 0, N+ a† |0>= 1 a† |0>, N− b† |0>= 1 b† |0> . h (4.45) i Man erhält dies, indem man z. B. N+ , a† (k1 ) = a† (k1 ) benutzt. Weitere Beispiele sind N+ b† |0>= 0, N− a† |0>= 0, N+ a† (k1 )b† (k2 )a† (k3 )b† (k4 )b† (k5 )|0> (4.46) = 2 a† (k1 )b† (k2 )a† (k3 )b† (k4 )b† (k5 )|0> . Die Eigenwerte zu N+ und N− sind also 0, 1, 2, . . . . Wir können Q als Ladungsoperator interpretieren, indem wir den Teilchen der Sorte a die Ladung +1 und den Teilchen der Sorte b die Ladung -1 zuordnen, z. B. Qa† (k1 )a† (k2 )b† (k3 )|0>= (2 − 1)a† (k1 )a† (k2 )b† (k3 )|0> . (4.47) Da Q mit H vertauscht, [Q, H] = 0, ist Q erhalten, d. h. Q̇ = 0. Die Rechtfertigung der Interpretation von Q als Ladung besteht darin, dass die Kopplung an das elektromagnetische Feld über den Strom j µ (x) erfolgt, siehe Abschnitt 1.2 und später. Man kann die Teilchen mit Ladung Q = 1 als „Teilchen“ bezeichnen, und diejenigen mit Ladung Q = −1 als „Antiteilchen“. Fassen wir zusammen: das komplexe Klein-Gordon-Feld beschreibt geladene, skalare Teilchen und die zugehörigen Antiteilchen in symmetrischer Weise. Ein Beispiel für skalare (spinlose) Teilchen sind die beiden geladenen Pionen π + und π − . Die Frage nach dem neutralen Pion π 0 leitet über zum nächsten Abschnitt. 4.2 Reelles Skalarfeld Für ein klassisches, reelles, skalares Feld gilt ϕ(x) = ϕ∗ (x). Das überträgt sich auf das quantisierte Feld als ϕ(x) = ϕ† (x). (4.48) 77 4.2 Reelles Skalarfeld Das operatorwertige Feld ist also selbstadjungiert. Nach Gleichung (4.14) hat man Z d3 k −ik·x † ik·x ϕ(x) = = ϕ† (x). (4.49) a(k)e + b (k)e (2π)3 2ωk Es muss daher a(k) = b(k) (4.50) sein, und folglich gibt es beim reellen Skalarfeld nur eine Teilchensorte (ohne Antiteilchen). Die Lagrangedichte ist L = o 1n (∂µ ϕ)(∂ µ ϕ) − m2 ϕ2 . 2 (4.51) Mit π(x) = ϕ̇(x) (4.52) findet man den Hamiltonoperator H= Z d3 r o 1 n 2 : π + (∇ϕ)2 + m2 ϕ2 : . 2 Die nicht verschwindenden Kommutatoren sind, mit ωk = k0 = h i (4.53) q a(k), a† (k ′ ) = (2π)3 2ωk δ (3) (~k − ~k ′ ). (~k)2 + m2 , (4.54) Ausgedrückt durch Teilchenerzeuger und -vernichter lautet der Hamiltonoperator Z d3 k H= ωk a† (k)a(k). (4.55) 3 (2π) 2ωk Die im vorigen Abschnitt definierte Gesamtladung verschwindet: Z Q = i d3 r (ϕ† ϕ̇ − ϕϕ̇† ) = Z o d3 k n † † a (k)a(k) − a (k)a(k) = 0. (2π)3 2ωk (4.56) Wir haben also gefunden, dass das reelle Klein-Gordon-Feld neutrale, skalare Teilchen beschreibt. 78 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER 4.3 Kommutator und Propagator Das reelle Skalarfeld mit ϕ(x) = ϕ† (x) ist selbstadjungiert und somit observabel. Wir stellen uns die Frage, wann ϕ(x) und ϕ(y) simultan messbar sind. Diese Frage betrifft den kausalen Zusammenhang zwischen dem Feld an verschiedenen Orten. Simultane Messbarkeit bedeutet, dass [ϕ(x), ϕ(y)] verschwinden muss. Berechnen wir also den Kommutator. h i ϕ(x), ϕ(y) = Z d3 k d3 k ′ (2π)3 2ωk (2π)3 2ωk′ nh i ′ h i Z o d3 k n −ik·(x−y) ik·(x−y) e − e (2π)3 2ωk Z o n d4 k 2 2 0 −ik·(x−y) ik·(x−y) δ(k − m )Θ(k ) e − e = (2π)3 Z d4 k δ(k 2 − m2 ) sign(k 0 )e−ik·(x−y) = 3 (2π) = : i∆(x − y) = ′ a(k), a† (k ′ ) e−ik·x+ik ·y + a† (k), a(k ′ ) eik·x−ik ·y o (4.57) Diese Funktion ∆(x) heißt Kommutatorfunktion oder Pauli-Jordan-Funktion. Es gilt ∆(x0 = 0, ~x) = 0, (4.58) h i weil ϕ(0, ~x), ϕ(0, ~y) aufgrund der zeitgleichen Vertauschungsrelationen verschwindet. ∆(x) ist Lorentz-invariant gemäß der Darstellung (4.57). Es folgt, dass ∆(x) = 0, (x2 < 0) (4.59) ist für alle raumartigen x, da jedes raumartige x durch eine Lorentz-Transformation zu (x0 = 0, ~x) transformiert werden kann. Damit können wir festhalten: [ϕ(x), ϕ(y)] = 0, wenn x und y raumartig zueinander liegen. (4.60) Diese Tatsache entspricht der geforderten kausalen Unabhängigkeit raumartiger Bereiche in der speziellen Relativitätstheorie und wird „Mikrokausalität“ genannt. Vakuumfluktuationen Der Erwartungswert des Feldes im Vakuum verschwindet, <0|ϕ(x)|0>= 0. (4.61) 79 4.3 Kommutator und Propagator Das Feld verschwindet aber nicht identisch. Untersuchen wir dazu die Varianz des Feldes. Zunächst betrachten wir die Korrelationsfunktion, die mit ∆+ bezeichnet wird: <0|ϕ(x)ϕ(y)|0>=: ∆+ (x − y). (4.62) Man erhält mit der Normierung der Fock-Zustände, Gl. (4.29), Z d3 k d3 k ′ ′ <0|a(k) a† (k ′ )|0> e−ik·x+ik ·y (2π)3 2ωk (2π)3 2ωk′ Z d3 k e−ik·(x−y) = 3 (2π) 2ωk Z d4 k δ(k 2 − m2 )Θ(k 0 )e−ik·(x−y) 6= 0. = (2π)3 ∆+ (x − y) = (4.63) Dieser Ausdruck wird für x = y singulär. Deshalb betrachten wir stattdessen das über ein Gebiet ausgeschmierte Feld F (x) := Z d4 xf (x)ϕ(x), (4.64) wobei f (x) in dem betrachteten Gebiet von Null verschieden ist und außerhalb verschwindet. Für die Varianz von F findet man <0|(F (x))2|0> > 0. (4.65) Dieser Sachverhalt wird mit dem Begriff „Vakuumfluktuationen“ bezeichnet. Der Feynman-Propagator In störungstheoretischen Rechnungen benötigt man eine zeitgeordnete ZweipunktFunktion, den Feynman-Propagator ∆F . Er wird definiert durch i∆F (x − y) := <0|T ϕ(x)ϕ(y)|0> = ( <0|ϕ(x)ϕ(y)|0>, <0|ϕ(y)ϕ(x)|0>, wenn x0 > y 0 , wenn y 0 > x0 . (4.66) Wir formen um i∆F (x − y) = Θ(x0 − y 0) <0|ϕ(x)ϕ(y)|0> +Θ(y 0 − x0 ) <0|ϕ(y)ϕ(x)|0> = Θ(x0 − y 0)∆+ (x − y) + Θ(y 0 − x0 )∆+ (y − x) Z o d3 k n 0 0 −ik·(x−y) 0 0 −ik·(y−x) = Θ(x − y )e + Θ(y − x )e (2π)3 2ωk Z o n d3 k 0 0 −iωk (x0 −y 0 ) 0 0 iωk (x0 −y 0 ) i~k·(~ x−~ y) . Θ(x − y )e + Θ(y − x )e e = (2π)3 2ωk (4.67) 80 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Wir betrachten jetzt das Integral I= exp(−ik 0 x0 ) exp(−ik 0 x0 ) 1 Z 1 Z 0 dk 0 2 dk = 2πi k − m2 + iǫ 2πi (k 0 )2 − (ωk2 − iǫ) (4.68) mit einem winzigen positiven ǫ, und planen eine Residuumsauswertung für dieses Integral. Pol k0 +ωk −ωk Pol Die Polstellen liegen bei k 0 ≈ ±(ωk − iǫ/2ωk ). Falls x0 > 0 ist, kann man den Integrationsweg für k 0 im Unendlichen so schließen, dass der Realteil von −ik 0 gleich −∞ wird, das heißt, dass k 0 in der unteren komplexen Halbebene liegen muss. Für x0 < 0 schließt man den Integrationsweg in der oberen Halbebene. Für x0 < 0 liefert der Residuensatz im Grenzwert ǫ → 0 Res−ω ( 0 e−ikx (k − ω)(k + ω) ) 0 eiωx = . −2ω (4.69) Für x0 > 0 wird das Kontourintegral im Uhrzeigersinn durchlaufen, darum hat das Integral den Wert − Res+ω ( 0 e−ikx (k − ω)(k + ω) ) 0 e−iωx =− . 2ω (4.70) Zusammengefasst hat man 0 0 e−iωk x eiωk x I = −Θ(x ) − Θ(−x0 ) . 2ωk 2ωk 0 (4.71) Zurück zum Feynman-Propagator, Gleichung (4.67), wo wir für die zeitabhängigen Faktoren das k 0 -Integral I einsetzen. Das gibt ∆F (x) = Z d4 k e−ik·x . (2π)4 k 2 − m2 + iǫ (4.72) Wegen −∂µ ∂ µ exp(−ikµ xµ ) = kµ k µ exp(−ikµ xµ ) folgt für ∆F ( − m2 )∆F (x) = δ (4) (x). (4.73) 81 4.4 Yukawa-Potenzial Damit ist ∆F (x) eine „Green’sche Funktion “ zu ( − m2 ), mit welcher Lösungen der inhomogenen Dgl. aufgebaut werden können. Man kann das auch so ausdrücken: ∆F ist der Operatorkern von ( − m2 )−1 . 4.4 Yukawa-Potenzial Die Yukawa-Theorie ist eine effektive Theorie, welche die Wechselwirkung zwischen Nukleonen näherungsweise gut beschreibt. Sie wurde von Hideki Yukawa 1935 formuliert. In der Yukawa-Theorie fungieren Mesonen als Austauschteilchen, analog zu den Photonen in der Quantenelektrodynamik. Wir wollen das Potenzial zwischen zwei statischen Quellen berechnen. In Analogie zur Elektrodynamik, in der die Wellengleichung für das Vierer-Potenzial Aµ = −µ0 j µ lautet, gehen wir aus von einer Wellengleichung mit Quelle −j(x), ( − m2 )ϕ(x) = −j(x). (4.74) Im Unterschied zur Elektrodynamik mit ihren masselosen Photonen tritt hier die Masse m der Mesonen auf. Weiterhin werden die Mesonen als spinlos angenommen und daher durch ein Skalarfeld ϕ(x) beschrieben. Die Lagrangedichte zu dieser Feldgleichung ist L = 1 (∂µ ϕ)(∂ µ ϕ) − m2 ϕ2 + jϕ 2 (4.75) oder auch 1 L = ϕ − m2 ϕ + jϕ, (4.76) 2 bis auf eine totale Ableitung. Mit dem kanonischen Impuls π = ϕ̇ gelangt man zum Hamiltonoperator H= Z 1 2 d r : (π + (∇ϕ)2 + m2 ϕ2 ) − jϕ : 2 3 (4.77) Die allgemeine Lösung der inhomogenen Feldgleichung (4.74) setzt sich zusammen aus der allgemeinen Lösung ϕ0 der homogenen Gleichung plus einer partikulären Lösung ϕc der inhomogenen Gleichung: ϕ(x) = ϕ0 (x) + ϕc (x). (4.78) 82 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Die homogene Gleichung (Klein-Gordon-Gleichung) führt auf die Felder der freien (quantisierten) Theorie ϕ0 (x) = Z d3 k −ik·x † ik·x . a(k)e + a (k)e (2π)3 2ωk (4.79) Die Quelle j(x) sei statisch, d. h. ∂0 j(x) = 0. Die partikuläre Lösung ϕc hängt dann ebenfalls nicht von der Zeit ab und genügt der Helmholtz-Gleichung (∆ − m2 )ϕc (~r ) = −j(~r ). (4.80) Ihre Lösung kann geschrieben werden als ϕc (~r ) = Z d3 r ′ G(~r − ~r ′ )j(~r ′ ) (4.81) mit der Green’schen Funktion G(~r ), die Lösung von ∆ − m2 G(~r ) = −δ (3) (~r ) (4.82) ist. Diese Green’sche Funktion ist bekannt: G(~r ) = Z d3 k exp(i~k · ~r) e−mr . = (2π)3 ~k 2 + m2 4πr (4.83) Berechnen wir nun die Energie des betrachteten Zustandes. Wir teilen den Hamiltonoperator (4.77) auf in den Beitrag vom freien Feld ϕ0 und den Rest: Z 1 2 1 H= dr : π − ϕ(∆ − m2 )ϕ − jϕ : 2 2 Z 1 1 π 2 − ϕ0 (∆ − m2 )ϕ0 − jϕ0 = d3 r : 2 2 1 1 − ϕc (∆ − m2 )ϕ0 − ϕ0 (∆ − m2 )ϕc 2 2 1 − ϕc (∆ − m2 )ϕc − jϕc : . 2 3 (4.84) Zur Energie <0|H|0> liefern die Terme, die das freie Feld ϕ0 enthalten, keinen Beitrag. Übrig bleibt ein Beitrag zur Energie, der sich durch das statische Potenzial ergibt. Z E =<0|H|0> = − d3 r 1 ϕc (∆ − m2 )ϕc + jϕc 2 Z 1 3 d r j(~r ) ϕc (~r ) =− 2Z 1 =− d3 r d3 r ′ j(~r ) G(~r − ~r ′ )j(~r ′ ). 2 (4.85) 83 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze Wählt man jetzt j(~r ) speziell für zwei punktförmige Quellen bei ~r1 und ~r2 als j(~r ) = q1 δ (3) (~r − ~r1 ) + q2 δ (3) (~r − ~r2 ) = j1 (~r ) − j2 (~r ), (4.86) so erhält man für die Energie Z 1 d3 r d3 r ′ j1 (~r ) G(~r − ~r ′ )j1 (~r ′ ) E =− 2Z 1 − d3 r d3 r ′ j2 (~r ) G(~r − ~r ′ )j2 (~r ′ ) 2 Z (4.87) d3 r d3 r ′ j1 (~r ) G(~r − ~r ′ )j2 (~r ′ ). − Die ersten beiden Zeilen enthalten die Selbstenergien der Quellen. Sie divergieren zwar für Punktquellen, können aber ignoriert werden, da wir uns nur für die Wechselwirkung zwischen den beiden Quellen interessieren. Der dritte Beitrag liefert das Potenzial zwischen den beiden Quellen. Mit der Green’schen Funktion, Gl. (4.83), ergibt sich das Yukawa-Potenzial ′ e−m|~r−~r | (3) ′ q1 q2 Z 3 3 ′ (3) d r d r δ (~r − ~r1 ) δ (~r − ~r2 ) V (~r1 − ~r2 ) = − 4π |~r − ~r ′ | q1 q2 e−m|~r1 −~r2 | =− . 4π |~r1 − ~r2 | (4.88) Das negative Vorzeichen bedeutet, dass das Potenzial anziehend wirkt. Die Masse m bestimmt die Reichweite r0 = 1/m der Yukawa-Kraft. V (r) r0 = 1 m r ∼ exp(−mr) ∼ 4.5 1 r Symmetrien und Erhaltungssätze Unter Symmetrien versteht man Abbildungen, welche „die Physik unverändert lassen“. Was darunter genau zu verstehen ist, muss natürlich spezifiziert 84 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER werden. In unserem Kontext definieren wir Symmetrien als Abbildungen oder Transformationen in der Theorie, welche die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, wie die Bewegungsgleichungen oder Feldgleichungen, unverändert lassen. Symmetrien spielen eine große Rolle in der Physik. Die Berücksichtigung von Symmetrien ist sehr vorteilhaft für die Formulierung und das Lösen von Bewegungsgleichungen. In der Physik der Elementarteilchen hat sich gezeigt, dass deren Wechselwirkungen durch starke Symmetrieprinzipien bestimmt sind. Die Noether’sche Theorie verbindet infinitesimale Symmetrietransformationen mit zugehörigen Erhaltungssätzen. Ihre Gegenstände sind somit kontinuierliche Symmetrien. Diskrete Symmetrien, wie Parität, Zeitumkehr und Ladungskonjugation, werden wir später betrachten. Die Noether’sche Theorie werden wir zunächst im Rahmen der klassischen Feldtheorien diskutieren, sie gilt aber auch im quantentheoretischen Kontext. Allerdings gibt es auch so genannte Anomalien, das sind klassische Symmetrien, die in der Quantentheorie gebrochen sind. Ein Beispiel Wir betrachten ein System von zwei reellen, skalaren Feldern ϕ1 und ϕ2 , das durch folgende Lagrangefunktion beschrieben wird. m2 1 L = (∂µ ϕ1 )(∂ µ ϕ1 ) − 1 ϕ21 − λ1 ϕ41 2 2 2 m 1 + (∂µ ϕ2 )(∂ µ ϕ2 ) − 2 ϕ22 − λ2 ϕ41 2 2 2 2 − λ3 ϕ1 ϕ2 . (4.89) Die ϕ4 -Terme beschreiben die Selbstwechselwirkung der Felder, der Term −λ3 ϕ21 ϕ22 die Kopplung der beiden Felder untereinander. Die zugehörigen Feldgleichungen sind dann ( − m21 )ϕ1 = 4λ1 ϕ31 + 2λ3 ϕ1 ϕ22 , ( − m22 )ϕ2 = 4λ2 ϕ32 + 2λ3 ϕ21 ϕ2 . (4.90) Wir werden nun eine Symmetrie der Lagrangefunktion untersuchen, um daran die Noether’sche Theorie beispielhaft zu illustrieren. Die beiden Felder ϕ1 und ϕ2 können als Komponenten in einem zweidimensionalen „inneren Raum“ aufgefasst werden. In diesem inneren Raum können wir Drehungen durch ϕ′1 = ϕ1 cos α − ϕ2 sin α ϕ′2 = ϕ2 cos α + ϕ1 sin α (4.91) 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze 85 definieren. Dabei soll der Drehwinkel α unabhängig vom Ort x sein. Unter diesen Drehungen sind folgende ϕ2 (x) Ausdrücke invariant: 2 2 ϕ′1 + ϕ′2 = ϕ1 2 + ϕ2 2 (4.92) (∂µ ϕ′1 )(∂ µ ϕ′1 ) + (∂µ ϕ′2 )(∂ µ ϕ′2 ) (4.93) =(∂µ ϕ1 )(∂ µ ϕ1 ) + (∂µ ϕ2 )(∂ µ ϕ2 ). Daraus sehen wir, dass die Lagrangedichte (4.89) invariant unter diesen Drehungen ist, wenn m1 = m2 =: m ϕ1 (x) (4.94) und 1 λ1 = λ2 = λ3 =: λ 2 ist. In diesem Fall vereinfacht sich die Lagrangedichte zu 1 1 L = (∂µ ϕ1 )(∂ µ ϕ1 ) + (∂µ ϕ2 )(∂ µ ϕ2 ) 2 2 m2 2 (ϕ1 + ϕ22 ) − λ(ϕ21 + ϕ22 )2 . − 2 (4.95) (4.96) Nach der Ankündigung zu Beginn dieses Abschnitts erwarten wir einen Erhaltungssatz zu der betrachteten kontinuierlichen Symmetrietransformation. Wir definieren aµ := ϕ1 ∂ µ ϕ2 − ϕ2 ∂ µ ϕ1 (4.97) und bilden die Divergenz: ∂µ aµ = (∂µ ϕ1 )(∂ µ ϕ2 ) + ϕ1 ∂µ ∂ µ ϕ2 − (∂µ ϕ2 )(∂ µ ϕ1 ) − ϕ2 ∂µ ∂ µ ϕ1 . Zwei Terme heben sich direkt auf, für die übrigen setzen wir die Feldgleichungen (4.90) in der Form − ∂µ ∂ µ ϕ1 = m21 ϕ1 + 4λ1 ϕ31 + 2λ3 ϕ1 ϕ22 − ∂µ ∂ µ ϕ2 = m22 ϕ2 + 4λ2 ϕ32 + 2λ3 ϕ2 ϕ21 (4.98) ein und erhalten unter der Bedingung, dass m1 = m2 und λ1 = λ2 = 21 λ3 ist ∂µ aµ = (m21 − m22 )ϕ1 ϕ2 + (4λ1 − 2λ3 )ϕ31 ϕ2 − (4λ2 − 2λ3 )ϕ1 ϕ32 = 0. (4.99) 86 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Die Größe aµ (x) stellt also einen Strom dar, der dann erhalten ist, wenn die Symmetrie der Lagrangedichte vorliegt. In diesem Fall ist A= Z d3 x a0 (4.100) eine Erhaltungsgröße, wie mit dem Gauß’schen Satz aus der Kontinuitätsgleichung folgt: ∂0 A = 4.5.1 Z R3 d3 x ∂0 a0 = − Z R3 d3 x ∇ · ~a = Z ∂R3 d2 f~ · ~a = 0. (4.101) Symmetrie-Transformationen Die Feldtheorie, die wir betrachten, wird im Allgemeinen eine Menge von Feldern ϕα (x), α = 1, . . . , n, enthalten. α kann einfach eine Nummerierung der Felder oder der Index eines Vektorfeldes, Tensorfeldes oder Spinors sein. Wir wollen nun Transformationen des physikalischen Systems untersuchen. Darunter fallen zunächst raum-zeitliche Transformationen xµ −→ x′µ . (4.102) Konkret werden das in den nachfolgenden Abschnitten inhomogene LorentzTransformationen x′µ = Λµν xν + aµ (4.103) sein. Im Falle einer infinitesimalen Transformation schreiben wir x′µ = xµ + δxµ . (4.104) Die Transformationen werden als aktive Transformationen aufgefasst, d. h. das physikalische System wird entsprechend bewegt. Die Transformation der Felder ϕα (x) −→ ϕ′α (x) (4.105) hat generell verschiedene Quellen. Einerseits transformieren sich die Felder unter den obigen raum-zeitlichen Transformationen gemäß einem charakteristischen Transformationsgesetz, je nachdem, ob es sich um Skalare, Vektoren, Tensoren oder Spinoren handelt. Andererseits können noch weitere „innere Transformationen“, wie im obigen Beispiel, hinzukommen. Die infinitesimalen Transformationen der Felder schreiben wir als ϕ′α (x) = ϕα (x) + δϕα (x). (4.106) 87 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze Weil physikalische Gesetzmäßigkeiten sich aus der Stationarität der Wirkung ergeben, fragen wir, wie sich die Wirkung S unter der Transformation ändert. Es sei G ein Gebiet der Raum-Zeit und S= Z G L (ϕα , ∂µ ϕα )d4 x (4.107) die zugehörige Wirkung. Unter einer aktiven Transformation wird G auf ein anderes Gebiet G′ abgebildet und gleichzeitig ändern sich die Felder ϕα (x) zu ϕ′α (x). Die Wirkung ändert sich dabei gemäß S= Z 4 G L (ϕα , ∂µ ϕα )d x ′ S = −→ Z G′ L (ϕ′α , ∂µ ϕ′α )d4 x. (4.108) Die infinitesimale Änderung der Wirkung ist die Summe von zwei Integralen, eines enthält die Änderung der Lagrangedichte und das zweite berücksichtigt, dass bei der Transformation des Gebietes ein Volumenstreifen dazukommt und ein anderer weggenommen wird. δS = = Z 4 ZG G δL d x + δL d4 x + Z ZG −G dσ L d4 x ′ ∂G L δxµ dσµ . δx · dσ (4.109) Hier ist dσµ das Flächenelement der Hyδx perfläche ∂G (siehe Abbildung.) Die Änderung von L setzt sich aus den partiellen Ableitungen zusammen. ∂L ∂L δϕα + ∂µ δϕα ∂ϕα ∂(∂µ ϕα ) ( ) ∂L ∂L ∂L − ∂µ δϕα + ∂µ δϕα . = ∂ϕα ∂µ ϕα ∂(∂µ ϕα ) δL = (4.110) Mit Benutzung des Gauß’schen Satzes erhalten wir für die gesamte Änderung der Wirkung Z ( ) ∂L ∂L − ∂µ δϕα d4 x δS = ∂µ ϕα G ∂ϕα ( ) Z ∂L µ + ∂µ δϕα + L δx d4 x. ∂(∂ ϕ ) G µ α (4.111) Nun nehmen wir folgende Voraussetzungen an: 1. Die Feldgleichungen seien erfüllt. Dann verschwindet das erste Integral. 88 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER 2. Es liegt eine Symmetrietransformation vor, d. h. die Wirkung bleibt unter der Transformation invariant, also δS = 0. (Die Lagrangedichte muss aber nicht notwendig invariant unter der Transformation sein.) Dann ist δS = Z ∂µ G ( ) ∂L δϕα + L δxµ d4 x = 0. ∂(∂µ ϕα ) (4.112) Da das Gebiet G beliebig ist, muss der Integrand verschwinden: ∂µ ( ) ∂L δϕα + L δxµ = 0. ∂(∂µ ϕα ) (4.113) Dies ist die Master-Formel der Noether-Theorie. Im Folgenden werden wir sie auf mehrere Spezialfälle anwenden. 4.5.2 Raumzeit-Symmetrien Wir beginnen mit rein raum-zeitlichen Transformationen. a) Translationen Wir betrachten eine Translation xµ −→ x′µ = xµ + aµ . (4.114) Im Falle einer infinitesimalen Translation schreiben wir aµ = δxµ . Unter Translationen transformieren sich die Felder gemäß ϕ′α (x′ ) = ϕα (x) bzw. ϕ′α (x) = ϕα (x − a). (4.115) Bei einer infinitesimalen Translation haben wir δϕα (x) = ϕ′α (x) − ϕα (x) = −∂µ ϕα (x)δxµ . (4.116) Dies setzen wir in unsere Master-Formel (4.113) ein und erhalten ∂µ ( ∂L ∂ ν ϕα − g µν L ∂(∂µ ϕα ) ) δxν = 0. (4.117) Der Ausdruck in der geschweiften Klammer Θµν := ∂L ∂ ν ϕα − g µν L ∂(∂µ ϕα ) (4.118) ist ein Tensor. Da δxν konstant ist, gilt für ihn ∂µ Θµν = 0. (4.119) 89 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze Für jeden Index ν liefert Θµν einen erhaltenen Strom. Die zugehörigen Größen Pν = Z x0 fest d3 x Θ0ν (4.120) sind Erhaltungsgrößen, d ν P = 0. dt Θµν Pν Θ0ν =: P ν (4.121) heißt kanonischer Energie-Impuls-Tensor.8 heißt Energie-Impuls-(Vierer-)Vektor. nennt man Energie-Impuls-Dichte. Beispiel: relles Skalarfeld Für das reelle Skalarfeld mit m2 2 1 ϕ L = (∂µ ϕ)(∂ µ ϕ) − 2 2 (4.122) ist 1 1 Θµν = (∂ µ ϕ)(∂ ν ϕ) − g µν (∂ρ ϕ)(∂ ρ ϕ) + g µν m2 ϕ2 . 2 2 Prüfen wir Θ auf Divergenzfreiheit: (4.123) 1 ∂µ Θµν = (∂µ ∂ µ ϕ)(∂ ν ϕ) + (∂ µ ϕ)(∂µ ∂ ν ϕ) − (∂ ν ∂ρ ϕ)(∂ ρ ϕ) + m2 ∂ ν ϕ2 2 = (∂µ ∂ µ ϕ + m2 ϕ)(∂ ν ϕ) + (∂ µ ϕ)(∂µ ∂ ν ϕ) − (∂ ρ ϕ)(∂ ν ∂ρ ϕ) = 0. In diesem Fall ist Θµν symmetrisch. Weiter finden wir für die räumlichen Indizes j = 1, 2, 3 wegen g 0j = 0 Pj = Z =− d3 x Θ0j = Z Z d3 x (∂ 0 ϕ)(∂ j ϕ) + g 0j {. . . } d3 x π∂j ϕ. Also ist der räumliche Impuls9 gegeben durch Z P~ = − d3 x π∇ϕ. 8 (4.124) Θµν muss nicht notwendig symmetrisch sein, wie es der symmetrisierte Tensor T µν in der allgemeinen Relativitätstheorie ist. 9 Der erhaltene Impuls P~ ist zu unterscheiden vom kanonischen Impuls π. 90 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Die zeitliche Komponente des Energie-Impulsvektors ist 0 H=P = Z d3 x Θ00 Z n o 1 1 d3 x (∂ 0 ϕ)(∂ 0 ϕ) − (∂ρ ϕ)(∂ ρ ϕ) + m2 ϕ2 2 2 Z n o 3 = d x π∂0 ϕ − L . = (4.125) Das stimmt mit der früheren Definition der Hamiltonfunktion überein. b) Lorentz-Transformationen Die infinitesimalen Transformationen zur Lorentz-Transformation xµ −→ x′µ = Λµν xν (4.126) notieren wir mit einem infinitesimal kleinen ǫ als Λµν = δνµ + ǫ ω µν , δxµ = ǫ ω µν xν mit ωµν = −ωνµ . (4.127) Die Transformation ist jetzt nicht mehr unabhängig von x, wie es bei den Translationen war, und das Transformationsverhalten von skalaren Feldern, Vektorfeldern und Spinorfeldern unterscheidet sich. Für skalare Felder verlangt die Lorentz-Invarianz ϕ′ (x′ ) = ϕ(x) ϕ′ (x) = ϕ(Λ−1 x) δϕ = −(∂µ ϕ)δxµ = −ǫ ωµν (∂ µ ϕ)xν . (4.128) Vektorfelder transformieren sich wie A′µ (x′ ) = Λµν Aν (x) A′µ (x) = Λµν Aν (Λ−1 x) δAρ = −(∂µ Aρ )δxµ + ǫ ω ρν Aν h (4.129) i = −ǫ ωµν (∂ µ Aρ )xν − g ρµ Aν . Die Transformationseigenschaft eines Spinorfeldes haben wir im Abschnitt 1.3.2 zum Dirac-Feld ψ(x) untersucht. Mit der dortigen Bezeichnung haben 91 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze wir ψ ′ (x′ ) = S(Λ)ψ(x) ψ ′ (x) = S(Λ)ψ(Λ−1x) i S(Λ) = 1 − ǫ ωµν σ µν + . . . 4 −1 ψ(Λ x) = ψ(x) − (∂µ ψ)ǫ ω µν xν + . . . h i i δψ(x) = −ǫ ωµν (∂ µ ψ)xν + σ µν ψ . 4 (4.130) Die Verallgemeinerung auf beliebige Systeme von Feldern ϕα (beliebige Darstellungen der Lorentz-Gruppe) schreiben wir in der Gestalt δϕα = −(∂ µ ϕα )δxµ + ǫ Σαβ ϕβ n o = −ǫ ωµν (∂ µ ϕα )xν − Σµν αβ ϕβ . (4.131) Wie bisher bezeichnet der erste Summand in der Klammer die Änderung einer Feldfunktion auf Grund der Transformation ihres Argumentes x, und der zweite Term liefert die Änderung der Feldkomponenten (ϕα ) bei festgehaltenem x. ωµν gibt die sechs Parameter der Lorentz-Transformation an. Weil die νµ Matrix (ωµν ) schiefsymmetrisch ist, kann auch Σµν αβ = −Σαβ gewählt werden. Setzt man δϕα und δxµ = ǫω µρ xρ = ǫg µν ωνρ xρ in die Master-Formel (4.113) ein und benutzt die Definiton des Energie-Impuls-Tensors, so erhält man ) ( ∂L δϕα + L δxµ 0 = ∂µ ∂(∂µ ϕα ) ( ) ∂L ∂L νρ ν ρ µν ρ = −ǫωνρ ∂µ (∂ ϕα )x − Σ ϕβ − g L x ∂(∂µ ϕα ) ∂(∂µ ϕα ) αβ ( ) ∂L νρ µν ρ = −ǫωνρ ∂µ Θ x − Σ ϕβ ∂(∂µ ϕα ) αβ und folglich 0 = ∂µ ( ) ∂L Σνρ ϕβ ωνρ . −Θ x + ∂(∂µ ϕα ) αβ µν ρ (4.132) Nun ist aber ωνρ antisymmetrisch. Wir schließen daraus, dass nur der antisymmetrische Teil der geschweiften Klammer, M µνρ = −Θµν xρ + Θµρ xν + ∂L Σνρ ϕβ , ∂(∂µ ϕα ) αβ (4.133) eine verschwindende Divergenz besitzt: ∂µ M µνρ = 0. (4.134) 92 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER M µνρ ist ein in (νρ) antisymmetrischer Tensor dritter Stufe und heißt Drehimpulsdichte. Der letzte Term ist bereits aufgrund der Antisymmetrie von Σνρ αβ antisymmetrisch. Die zu M gehörende Erhaltungsgröße ist der Drehimpulstensor Z νρ J = d3 x M 0νρ = const. (4.135) x0 fest Betrachten wir wieder den Spezialfall des Skalarfeldes. Dort ist Σ = 0 und der Drehimpulstensor wird J νρ = Z o n d3 x −Θ0ν xρ + Θ0ρ xν . (4.136) Der räumliche Anteil des Drehimpulstensors J jk für j, k ∈ {1, 2, 3} gehört zu den räumlichen Drehungen. Der gewohnte Drehimpuls-Vektor hängt mit ihm durch das Vektorprodukt Z 1 jk ~ i, i ∈ {1, 2, 3}, (4.137) Ji = ǫijk J = d3 x (~r × P) 2 ~ im Abschnitt über die Translatizusammen, wobei wir die Impulsdichte P onsinvarianz schon kennengelernt haben, ~ = Θ01 , θ02 , θ03 . (4.138) P Bemerkung Durch geeignete Umdefinitionen Θµν −→ T µν fµνρ M µνρ −→ M (4.139) kann man vom Noether’schen Energie-Impulstensor Θµν zu einem symmetrischen Energie-Impulstensor T µν und vom Tensor M einem modifizierten f übergehen, für die gilt Tensor M Tµν = Tνµ fµνρ M 4.5.3 und µν ρ = −T x + T µρ xν . (4.140) Innere Symmetrien Bisher haben wir Symmetrien unter Transformationen der Raumzeit-Koordinaten xµ betrachtet. In diesem Abschnitt interessieren uns Transformationen der mehrkomponentigen Feldfunktion ϕα (x), bei denen man ihre Komponenten ϕα einer linearen Transformation unterwirft, die raum-zeitlichen Koordinaten aber ungeändert lässt. Die zugehörigen Symmetrien heißen innere Symmetrien. Es soll also gelten δxµ = 0, ϕ′α (x) = Rαβ ϕβ (x). (4.141) (4.142) 93 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze Dabei ist R = (Rαβ ) Element einer kontinuierlichen Symmetriegruppe, in der Regel einer Lie-Gruppe mit Elementen R(ω1 , . . . , ωk ) = R(ωa ), die durch die reellwertigen ωa parametrisiert werden. Die infinitesimalen Transformationen der Symmetriegruppe sind R = 1 − i T a δωa + . . . (4.143) Die Matrizen T a sind die Generatoren der Gruppe, sie bilden die Basis einer Lie-Algebra. Ihre Kommutatoren sind h i T a , T b = if abc T c . (4.144) Die Strukturkonstanten f abc können reell oder komplex sein. Die infinitesimalen Transformationen der Felder lauten damit a δϕα (x) = −iTαβ ϕβ (x)δωα . (4.145) Beispiel: komplexes Skalarfeld Wir wählen ein einkomponentiges komplexwertiges Feld ϕ(x) ∈ C und als Symmetrietransformation die Multiplikation mit einem Phasenfaktor e−iα . α ist damit Parameter der unitären Transformationen, die eine mit U(1) bezeichnete Lie-Gruppe bilden. ϕ′ (x) := e−iα ϕ(x), e−iα ∈ U(1), k = 1. (4.146) Den Generator T dieser einparametrigen Lie-Gruppe findet man aus e−iδα = 1−i T δα+. . . , also T = 1 ∈ R. Die infinitesimalen Transformationen des komplexen Skalarfeldes sind δϕ(x) = −iϕ(x)δα, δϕ∗ (x) = iϕ∗ (x)δα. (4.147) Die infinitesimalen Symmetrietransformationen, Gl. (4.131), sind für interne Symmetrien einfacher, weil Terme mit δxµ wegfallen. Die Bedingung für die Invarianz von S unter diesen Transformationen, Gl. (4.113), lautet jetzt 0 = ∂µ ( ) ( ) ∂L ∂L a δϕα = −i∂µ Tαβ ϕβ . ∂(∂µ ϕα ) ∂(∂µ ϕα ) (4.148) Definieren wir den Noether-Strom als j µ,a := −i ∂L T a ϕβ , ∂(∂µ ϕα ) αβ (4.149) 94 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER so erhalten wir die Kontinuitätsgleichung ∂µ j µ,a = 0. (4.150) Z (4.151) Die Erhaltungsgröße dazu ist a Q = x0 =fest d3 x j 0,a (x). Für jede Dimension a ∈ {1, . . . , k} der Lie-Gruppe gibt es eine erhaltene Ladung Qa . Beispiel: komplexes Skalarfeld j µ (x) = ∂L ∂L (−i ϕ) + (i ϕ∗ ) ∗ ∂(∂µ ϕ) ∂(∂µ ϕ ) ∗ µ µ (4.152) ∗ = i (ϕ ∂ ϕ − ϕ∂ ϕ ) . Dies entspricht dem Ansatz (4.97) für den Noether-Strom von zwei reellen Feldern aus dem einführenden Beispiel zu diesem Kapitel. Wenn man noch einen Faktor anfügt und j µ (x) = i (ϕ∗ ∂ µ ϕ − ϕ∂ µ ϕ∗ ) 2m (4.153) definiert, so ist dies genau der Ausdruck für den erhaltenen Strom in (1.64). Die erhaltene Gesamtladung im Fall des komplexen Skalarfeldes ist Q= 4.5.4 Z d3 x j 0 (x) = i Z d3 x (ϕ∗ ϕ̇ − ϕ ϕ̇∗ ) . (4.154) Symmetrien in der Quantentheorie Wir übertragen die zu einer Symmetrie gehörende Erhaltungsgröße in die Quantentheorie. Zum Beispiel wird der Impulsvektor der klassischen Feldtheorie des komplexen Skalarfeldes Z P~ = − d3 x (π † · ∇ϕ + π · ∇ϕ† ) (4.155) jetzt zu einem Operator. Ausgedrückt durch die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren lautet er P~ = Z n o d3 k ~k a† (k)a(k) + b† (k)b(k) . (2π)3 2ωk (4.156) 95 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze Die Darstellung ist bereits normalgeordnet. Genauso ist die zeitliche Komponente des Energie-Impulsvektors P0 = H = Z n o d3~k † † ω a (k)a(k) + b (k)b(k) k (2π)3 2ωk (4.157) jetzt ein Operator. H und P~ sind Erhaltungsgrößen in der Quantentheorie. d H = 0. dt d ~ P = 0, dt (4.158) In der Quantentheorie tritt ein neuer interessanter Aspekt der Erhaltungsgrößen zutage, wenn man ihre Kommutatoren mit den Feldern untersucht. Beginnen wir mit dem Hamilton-Operator H. Es gelten die Vertauschungsrelationen h H, a† (k) = ωk a† (k), i (4.159) H, a(k) = −ωk a(k), i (4.160) H, b† (k) = ωk b† (k), (4.161) H, b(k) = −ωk b(k). (4.162) h i h i h Drückt man ϕ mit Erzeugern und Vernichtern aus, so folgt aus den Vertauschungsrelationen h i H, ϕ(x) = −i ϕ̇(x). (4.163) Dasselbe kann man auch direkt in der Ortsdarstellung herleiten. Mit H= Z d3 x : π † π + ∇ϕ† · ∇ϕ + m2 ϕ† ϕ : (4.164) und den kanonischen Vertauschungsregeln findet man h i H, ϕ(x) = −iπ † (x) = −iϕ̇(x). (4.165) Die für die Felder angenommenen Vertauschungsrelationen sind also konsistent mit den Heisenberg’schen Bewegungsgleichungen. Entsprechend findet man für die anderen Erhaltungsgrößen Vertauschungsrelationen. Aus folgt h i h i (4.166) P~ , ϕ(x) = i ∇ϕ(x). (4.167) P~ , a† (k) = ~k a† (k), h i P~ , a(k) = −~k a(k) 96 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Zusammengefasst hat man h i P µ , ϕ(x) = −i ∂ µ ϕ(x). (4.168) Erinnern wir uns an die zugehörige Symmetrie-Transformation, nämlich die infinitesimale raum-zeitliche Translation δϕ(x) = − (∂ µ ϕ(x)) δxµ , (4.169) so erkennen wir, dass die Beziehung h δϕ(x) = −i P µ δxµ , ϕ(x) i (4.170) besteht. Diese Gleichung besagt, dass Translationen in der Quantentheorie durch die Operatoren P µ erzeugt werden. Wir führen das im Folgenden noch ein wenig aus. In der Quantentheorie werden Translationen durch die unitären Operatoren U(a) = exp(−iP µ aµ ) (4.171) dargestellt, wie bereits aus der Quantenmechanik bekannt ist. Zustände im Hilbertraum werden gemäß |ψ ′>= U(a)|ψ> (4.172) transformiert. Für Observablen A folgt aus der Bedingung A′ |ψ ′>= UA|ψ> (4.173) A −→ A′ = UAU −1 , (4.174) die Transformationsregel im Falle der Translationen also A′ = e−iP µa µ A eiP µa µ (4.175) und infinitesimal h A′ = A − i P µ δxµ , A], h δA = −i P µ δxµ , A]. (4.176) Das Feld ϕ(x), das in der Quantenfeldtheorie ein Operator ist, transformiert sich genauso: ϕ′ (x) = ϕ(x − a) = U(a)ϕ(x)U(a)−1 (4.177) 97 4.5 Symmetrien und Erhaltungssätze oder in infinitesimaler Schreibweise h i δϕ(x) = −∂ µ ϕ(x) δxµ = −i P µ δxµ , ϕ(x) . (4.178) Wir halten die generelle Regel fest: Die Generatoren von Symmetrietransformationen in der Quantentheorie sind die zugehörigen Erhaltungsgrößen. Als weiteres Beispiel betrachten wir noch die Ladung Q beim komplexen Skalarfeld. Übertragen wir den gefundenen Ausdruck (4.154) in die Quantentheorie, so ist Z Q=i d3 r (ϕ† ϕ̇ − ϕ ϕ̇† ). (4.179) Setzt man die Entwicklung des Feldes nach ebenen Wellen ein, so gibt das Q= Z d3 k † † a (k)a(k) − b (k)b(k) . (2π)3 2ωk (4.180) Mit jedem der beiden Ausdrücke für die Ladung Q findet man, wenn man die kanonischen Vertauschungsregeln bzw. die Vertauschungsrelationen für Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren benutzt, h i Q, ϕ(x) = −ϕ(x), h (4.181) i Q, ϕ† (x) = ϕ† (x). (4.182) Entsprechend der obigen Diskussion erkennen wir, dass Q Generator einer Symmetriegruppe ist, wobei die Transformationen ϕ′ (x) = e−iα ϕ(x) = eiαQ ϕ(x)e−iαQ , (4.183) †′ ϕ (x) = eiα ϕ† (x) = eiαQ ϕ† (x)e−iαQ (4.184) lauten, und infinitesimal h i δϕ(x) = −i δα ϕ(x) = i δα Q, ϕ(x) , h i δϕ† (x) = i δα ϕ† (x) = i δα Q, ϕ† (x) . (4.185) (4.186) Bemerkung: In speziellen Fällen kann es vorkommen, dass die klassische Theorie eine Symmetrie und einen zugehörigen erhaltenen Strom aufweist, dass jedoch Stromerhaltung ∂µ j µ = 0 und die Tatsache, dass die Ladung Generator einer Symmetriegruppe ist, in der Quantentheorie nicht mehr gegeben ist. In diesem Fall spricht man von einer Anomalie. Dies kann in einer Theorie 98 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER wechselwirkender Feldern auftreten. Es betrifft z. B. axiale Ströme im Standardmodell. Der Zerfall der neutralen pseudoskalaren Mesonen π 0 , η und η ′ in zwei Photonen und die Masse des η ′ sind mit der axialen Anomalie verknüpft. In der quantisierten Superstringtheorie gibt es eine Anomalie der LorentzSymmetrie. Dazu gehört ein Vorfaktor (d−10) mit der Raum-Zeit-Dimension d, so dass man mit Superstringtheorien in 10 Raum-Zeit-Dimensionen arbeitet. In der bosonischen Stringtheorie ist dieser Vorfaktor d − 26, was dazu führt, dass die Theorie erst in 26 Dimensionen konsistent ist. 4.6 4.6.1 Dirac-Feld Felder und Erhaltungsgrößen Die Lagrangedichte des Dirac-Feldes war L = ψ(x)(iγ µ ∂µ − m)ψ(x). (4.187) Zur Herleitung der Feldgleichungen in Form der Euler-Lagrange-Gleichungen können wir unabhängige Variationen nach den Feldern ψ und ψ durchführen, analog zum Vorgehen beim nichtrelativistischen Schrödinger-Feld, und erhalten ∂L ∂L − =0 ∂(∂µ ψ(x)) ∂ψ(x) ∂L ∂L ∂µ − =0 ∂(∂µ ψ(x)) ∂ψ(x) ∂µ −→ (iγ µ ∂µ − m)ψ(x) = 0, (4.188) −→ ∂µ (ψ(x)iγ µ ) + mψ(x) = 0. (4.189) Die Gleichung (4.189) ist die Dirac-konjugierte Gleichung zu (4.188), wie man mit iγ µ ∂µ ψ = (iγ µ ∂µ ψ)† γ 0 = −i∂µ ψ † γ µ+ γ 0 = −i∂µ ψ † γ 0 γ µ = −i∂µ ψγ µ (4.190) leicht nachrechnet. Die kanonisch konjugierten Impulse sind ∂L = i ψ(x)γ 0 = iψ † (x), ∂(∂0 ψ(x)) ∂L π(x) = = 0. ∂(∂0 ψ(x)) π(x) = (4.191) (4.192) 99 4.6 Dirac-Feld Das ist analog zum Schrödingerfeld, Gleichung (3.49). Nun zur Hamiltonfunktion: H= = = = = Z Z Z Z Z d3 r {π(x)∂0 ψ(x) − L } n d3 r iψ † (x)∂0 ψ(x) − L n o d3 r iψ(x)γ 0 ∂0 ψ(x) − L n o d3 r ψ(x) −i ~γ · ∇ + m ψ(x) n (4.193) o o d3 r ψ † (x) −i α ~ · ∇ + mβ ψ(x) . Diese Ergebnis sieht aus wie der Erwartungswert des Hamiltonoperators in der quantenmechanischen Dirac-Theorie (1.75). Die gleiche Situation war uns bei der Quantisierung des Schrödingerfeldes begegnet. Den Impulsvektor entnehmen wir der Noether-Theorie als räumliche Komponente des Energie-Impuls-Vektors, Gleichung (4.124). P~ = − Z Z d3 r π(x)∇ψ(x) = − d3 r iψ(x)γ 0 ∇ψ(x). (4.194) Für den erhaltenen Drehimpuls ergibt sich durch eine ähnliche Rechnung, die den Drehimpulstensor aus der Noether-Theorie und die Lagrangefunktion der Dirac-Theorie zugrunde legt Z 1~ 1 ~ + S. ~ ψ=L (4.195) J~ = d3 r ψ † ~r × ∇ + Σ i 2 ~ die Blockmatrix mit den Pauli-Spin-Matrizen σj Dabei ist Σ ! ~ = ~σ 0 . Σ 0 ~σ (4.196) Die Lagrangedichte besitzt als innere Symmetrie die Phasentransformationen ψ −→ e−iα ψ, ψ −→ e+iα ψ. (4.197) Ganz analog zur entsprechenden Rechnung beim komplexen Skalarfeld, Gleichung (4.152), gehört dazu der erhaltene Strom j µ (x) = −i ∂L ∂L ψ(x) + i ψ(x) = ψ(x)γ µ ψ(x). ∂(∂µ ψ(x)) ∂(∂µ ψ(x)) (4.198) Die erhaltene Ladung ergibt sich daraus zu Q= Z d3 r ψ † (x)ψ(x). (4.199) ψ † (x)ψ(x) haben wir bereits früher in Gleichung (1.91) als positiv definite Dichte bei der Diracgleichung gefunden. 100 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER 4.6.2 Quantisierung Das Quantisierungspostulat bei Fermionen ist eine Antikommutatorregel h i ψα (~r, t), πβ (~r ′ , t) = iδ (3) (~r − ~r ′ )δα,β + (4.200) oder äquivalent, wegen π = iψ † , h i ψα (~r, t), ψβ† (~r ′ , t) = δ (3) (~r − ~r ′ )δα,β . + (4.201) Wir nennen dies den kanonischen Antikommutator. Alle übrigen zeitgleichen Antikommutatoren von ψ und ψ † verschwinden. h h i ψα (~r, t), ψβ (~r ′ , t) = 0 ψα† (~r, t), + i † ′ ψβ (~r , t) = + (4.202) 0 In der Entwicklung von ψ(~r, t) nach ebenen Wellen, ψ(x) = 2 n o d3 k X (r) −ik·x † (r) ik·x br (k)u (k)e + dr (k)v (k)e , (4.203) (2π)3 2ωk r=1 k0 =ωk Z findet man für die Operatoren br und dr die Antikommutatorregeln i h i h br (k), b†r′ (k ′ ) = dr (k), d†r′ (k ′ ) = (2π)3 2ωk δ (3) (~k − ~k ′ )δr,r′ . + + (4.204) Alle anderen Antikommutatoren verschwinden h i b, b + h = b† , b† i + h = d, d i + h = b, d i + h = b, d† i + · · · = 0. (4.205) Die Interpretation der Operatoren br , b†r , dr , d†r ist analog zu derjenigen beim Schrödinger-Feld, b†r (k), d†r (k) sind Erzeugungsoperatoren für Teilchen mit dem Viererimpuls k, und br (k), dr (k) sind die zugehörigen Vernichtungsoperatoren. Der Vakuumzustand |0> im Fock-Raum ist charakterisiert durch br (k)|0>= dr (k)|0>= 0, für alle r = 1, 2 und k ∈ R4 . (4.206) Viel-Teilchen-Zustände sind gegeben durch √ 1 b†r1 (k1 ) . . . b†rm (km )d†r′ (k1′ ) . . . d†rn′ (kn′ )|0> . 1 m!n! (4.207) Zur Vermeidung unendlicher Größen verwenden wir die Normalordnung, allerdings müssen wir bei Fermionen ein Minuszeichen beim Vertauschen von 101 4.6 Dirac-Feld zwei Ein-Teilchen-Operatoren berücksichtigen, damit die Normalordnung nur eine Konstante subtrahiert. Zum Beispiel definieren wir : br (k)d†r′ (k ′ ) : = −d†r′ (k ′ )br (k) : br (k)b†r′ (k ′ ) : = −b†r′ (k ′ )br (k). (4.208) In der quantisierten Feldtheorie lautet der normalgeordnete Ausdruck für den Energie-Impuls-Vektor Z P µ = i d3 r : ψ † γ µ ψ : = Z 2 n o X d3 k † † µ b (k)b (k) + d (k)d (k) . k r r r (2π)3 2ωk r=1 r (4.209) Im Gegensatz zur quantenmechanischen Dirac-Theorie steht im Ausdruck b†r (k)br (k) + d†r (k)dr (k) ein + Zeichen, das wegen der Antikommutatorregel der Fermi-Statistik auftritt. Der Hamiltonoperator H = P 0 ist daher jetzt positiv definit; die Energie ist für alle Zustände des Fock-Raums positiv. Betrachten wir weitere Eigenschaften der Teilchen-Zustände. Aus den Antikommutatorregeln für Fermionen folgen die Kommutatoren h h i b†r (k)br (k), b†s (k ′ ) = b†r (k) (2π)3 2ωk δ (3) (~k − ~k ′ )δr,s , i b†r (k)br (k), bs (k ′ ) = br (k) (2π)3 2ωk δ (3) (~k − ~k ′ )δr,s . (4.210) Der zweite Kommutator hat kein Minuszeichen, wie es bei Bosonen der Fall wäre. Aus diesen Kommutaoren folgt h i P µ , b†r (k) = k µ b†r (k), h i P µ , d†r (k) = k µ d†r (k), (4.211) und damit für die die Ein-Teilchen-Zustände b†r (k)|0> und d†r (k)|0> P µ b†r (k)|0>= k µ b†r |0>, P µ d†r (k)|0>= k µ d†r |0> . (4.212) Diese Eigenwertgleichungen besagen, dass b†r (k)|0> und d†r (k)|0> Ein-TeilchenZustände mit dem Viererimpuls k sind. Entsprechend besitzen die ZweiTeilchen-Zustände b†r (k)b†s (k ′ )|0 >, d†r (k)d†s (k ′ )|0 > und b†r (k)d†s (k ′ )|0 > den Viererimpuls k + k ′ , etc. P µ b†r (k)b†s (k ′ )|0>= (k µ + k ′µ )b†r (k)b†s (k ′ )|0> . (4.213) 102 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Wenden wir uns nun der oben eingeführten Ladung zu. In der quantisierten Feldtheorie wird sie über die normalgeordnete Ladungsdichte definiert: Q= = Z Z d3 r : ψ † (~r )ψ(~r ) : 2 n o d3 k X † † b (k)b (k) − d (k)d (k) . r r r (2π)3 2ωk r=1 r (4.214) Das Minuszeichen zwischen den beiden Teilchenzahloperatoren stammt, wie oben beim Energie-Impulsvektor erwähnt, von der Fermi-Statistik (Antikommutatorregel). Aus der positiv definiten Größe der quantenmechanischen Dirac-Theorie, die dort als Wahrscheinlichkeitsdichte gedeutet wurde, ist nun aufgrund des anderen Vorzeichens eine Größe geworden, die nicht mehr positiv definit ist. Wir lesen ab: b†r (k) erzeugt ein Teilchen mit der Ladung Q = +1, d†r (k) erzeugt ein Teilchen mit der Ladung Q = −1. Die Teilchen mit der Ladung Q = +1 werden als Elektronen und diejenigen mit Q = −1 als Positronen interpretiert. Das ungewohnte Vorzeichen liegt daran, dass die elektrische Ladung Qe mit der obigen Noether-Ladung durch Qe = eQ (4.215) zusammenhängt, und die elektrische Ladung des Elektrons negativ ist, nämlich e = −e0 . Halten wir fest, dass das Problem der negativen Energien der Dirac-Theorie in der quantisierten Feldtheorie gelöst ist. Andererseits ist aus der Wahrscheinlichkeitsdichte eine Ladungsdichte geworden. Dabei hat das aus der Antikommutatorregel stammende Minuszeichen eine entscheidende Rolle gespielt. Wir wollen noch den Drehimpuls der Ein-Teilchen-Zustände bestimmen. Dazu betrachten wir ein ruhendes Teilchen, dessen Bahndrehimpuls verschwindet. Dann ist die räumliche Komponente nach Gleichung (4.196) mit J~ b†r (~k = ~0)|0>= 2 X 1 †~ bs (0) ~σsr |0> . s=1 2 (4.216) Speziell gilt für die z-Komponente 1 J3 b†1 (~0)|0>= + b†1 (~0)|0>, 2 1 † ~ J3 b2 (0)|0>= − b†2 (~0)|0>, 2 „spin up“ (4.217) „spin down“. 103 4.6 Dirac-Feld Ebenso gilt 1 J3 d†1 (~0)|0>= − d†1 (~0)|0>, 2 1 †~ † ~ J3 d2 (0)|0>= + d2 (0)|0>, 2 „spin down“ (4.218) „spin up“. Der Index r = 1 kennzeichnet bei Elektronen den Zustand „spin up“ und r = 2 den Zustand „spin down“. Bei den Positronen ist es umgekehrt. Woran liegt das? Positronen verhalten sich wie Löcher im Dirac-See, und zu einem fehlenden Elektron gehört ein umgekehrter Spin. 4.6.3 Propagator und Antikommutator In störungstheoretische Rechnungen wird der Feynman-Propagator benötigt. Er ist als Vakuum-Erwartungswert des zeitgeordneten Produktes von Feldern definiert. Bei der Zeitordnung von Dirac-Feldern tritt wie bei der Normalordnung ein zusätzliches Minuszeichen auf: T ψα (x)ψ β (y) := Θ(x0 − y0 )ψα (x)ψ β (y) − Θ(y0 − x0 )ψ β (y)ψα (x). (4.219) Der Feynman-Propagator SF des Dirac-Feldes ist definiert durch iSF,αβ (x − y) =<0|T ψα(x)ψ β (y)|0> . (4.220) Mit Hilfe von 2 X r=1 2 X (r) µ u(r) α (k)ūβ (k) = (γ kµ + m)αβ (4.221) (r) vα(r) (k)v̄β (k) r=1 µ = (γ kµ − m)αβ erhält man iSF (x) = Z n d3 k Θ(x0 )(γ µ kµ + m)e−ik·x 3 (2π) 2ωk 0 µ +ik·x −Θ(−x )(γ kµ − m)e o k 0 =ωk (4.222) . Wie im Abschnitt 4.3 lassen sich die Integrale mittels des Residuensatzes in eine manifest kovariante Gestalt bringen: iSF (x) = Z d4 k ik·x i(γ µ kµ + m) e (2π)4 k 2 − m2 + iǫ = i(iγ µ ∂µ + m)∆F (x). (4.223) (4.224) 104 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER ∆F (x) ist der früher in Abschnitt 4.3 eingeführte skalare Feynman-Propagator. Die Fouriertransformierte von SF (x) ist S̃F (k) = γ µ kµ + m 1 = . k 2 − m2 + iǫ γ µ kµ − m + iǫ (4.225) SF (x) ist Green’sche Funktion zum Dirac-Operator: (iγ µ ∂µ − m)SF (x) = δ (4) (x). (4.226) Mikrokausalität Beim Skalarfeld haben wir bereits die Mikrokausalität betrachtet. Mikrokausalität verlangt, dass beobachtbare Größen, die in zueinander raumartigen Gebieten lokalisiert sind, miteinander kommutieren. Diesen Sachverhalt wollen wir nun beim Diracfeld untersuchen. Die Größen P µ , J~ und Q sollen messbare Größen sein. Sie sind in der Theorie R 3 durch bilineare Terme repräsentiert. Beispielsweise ist Q = d r ψ † (~r )ψ(~r ). Die zugehörigen Dichten Θµν (x), M µνρ , j µ (x) sind bilinear in den Feldoperatoren. Wir betrachten die Dichten als Observable und stellen jetzt die Frage, ob Mikrokausalität erfüllt ist. Mikrokausalität verlangt, dass Observable O1 (x) und O2 (y) an zueinander raumartigen Punkten x und y simultan messbar sind, d. h. h i falls (x − y)2 < 0. O1 (x), O2 (y) = 0, (4.227) Für bilineare Ausdrücke gilt dies tatsächlich, wenn h ψα (x), ψ β (y) i + h = ψα (x), ψβ (y) i + h = ψ α (x), ψ β (y) i + für (x − y)2 < 0, =0 (4.228) denn die Antikommutatorregel gibt für jede Vertauschung von Feldoperatoren ein Minuszeichen, und je zwei Vertauschungen ändern ein Produkt nicht, ψα ψ β ψγ ψ δ = ψγ ψα ψ β ψ δ = ψγ ψ δ ψα ψ β . (4.229) Die Gleichung (4.228) folgt aus den zeitgleichen Antikommutationsregeln und der Kovarianz der Antikommutatoren. Man findet nämlich h ψα (x), ψ β (y) i + = i(iγ µ ∂µ + m)αβ ∆(x − y), (4.230) und die Kommutatorfunktion ∆(x) verschwindet außerhalb des Lichtkegels, siehe Gl. (4.59). 105 4.6 Dirac-Feld Das Dirac-Feld ψ(x) selbst ist keine Observable, denn es ist z. B. h i ψ(x), ψ(y) 6= 0 für (x − y)2 < 0. (4.231) Spin-Statistik-Theorem Bosonische Felder werden mit Kommutatoren und fermionische mit Antikommutatoren quantisiert. Pauli zeigte als Erster den Zusammenhang zwischen dem Spin und der Statistik von Feldern in der relativistischen Quantenfeldtheorie für freie Felder. Andere haben den Sachverhalt später verallgemeinert.10 Das Spin-Statistik-Theorem besagt: Mikrokausalität verlangt, dass Felder mit ganzzahligem Spin bosonisch und Felder mit halbzahligem Spin fermionisch sind. 4.6.4 Diskrete Transformationen Diskrete Transformationen wie Raumspiegelung (Parität), Ladungskonjugation und Bewegungsumkehr (Zeitumkehr) gehen nicht stetig aus der Identität hervor. Sie werden im Hilbertraum durch unitäre Transformationen dargestellt. Felder transformieren sich gemäß φ −→ φ′ = UφU −1 . (4.232) Die Parität Die Transformation P der Dirac-Spinoren ψ(x0 , ~x ) −→ ψ ′ (x0 , ~x ) = γ 0 ψ(x0 , −~x ) (4.233) erfüllt die Diracgleichung mit gespiegelten drei Raumkoordinaten iγ 0 ∂0 + iγ k (−∂k ) − m γ 0 ψ(x0 , −~x ) = 0. (4.234) Die Transformation lässt die Lagrangedichte invariant, sie ist eine Symmetrietransformation. In der Quantenfeldtheorie gehört dazu eine Transformation im Fock-Raum mit dem unitären Operator P Pψ(x0 , ~x )P −1 = γ 0 ψ(x0 , −~x ). (4.235) Stellen wir jetzt ψ im Fock-Raum dar als Entwicklung ψ(x) = 10 Z 2 n o d3 k X (r) −ik·x † (r) ik·x , b (k)u (k)e + d (k)v (k)e r r (2π)3 2ωk r=1 Siehe z. B. R. F. Streater, A. S. Wightman: Die Prinzipien der Quantenfeldtheorie, Bibliographisches Institut, Mannheim, 1969. 106 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER so folgt Pb†r (~k)P −1 = b†r (−~k), Pd† (~k)P −1 = −d† (−~k). r r (4.236) (4.237) Hier haben wir in den Argumenten die Vektorpfeile wieder explizit geschrieben, um deutlich zu machen, dass nur die räumlichen Komponenten ~k ihr Vorzeichen wechseln. (Das Minuszeichen in der zweiten Gleichung stammt von γ 0 d† = −d† .) Diese Gleichungen legen zusammen mit der Bedingung P|0>= |0> den Paritätsoperators im Fock-Raum eindeutig fest. Die Gleichungen besagen Folgendes für die Raumspiegelung P: • P kehrt die Impulse um, ~k → −~k. • P lässt die Spins ungeändert, denn der Index r bleibt unverändert. Dies passt zum Verhalten von Drehimpulsen, denn ein Drehimpuls der Form ~r × ~p bleibt ja bei Raumspiegelung erhalten. • P liefert einen Faktor −1 für Positronen. Elektronen und Positronen haben negative Parität relativ zueinander. Die absolute Parität des Positrons ist per Konvention durch Gleichung (4.235) so festgelegt. Sie heißt auch „innere Parität“. Die äußere Parität berücksichtigt auch den Bahndrehimpuls. Ein Standardbeispiel für die absolute Parität stellt das Positronium dar: Ein Elektron und ein Positron im s-Zustand bilden ein System, dessen Zustand bei der Raumspiegelung sein Vorzeichen wechselt. Das Positronium hat somit eine messbare absolute Parität −1. Für die schwache Wechselwirkung ist P keine Symmetrie. Bei Prozessen der schwachen Wechselwirkung tritt Paritätsverletzung auf, z. B. beim β-Zerfall von 60 Co. Die Ladungskonjugation Die Ladungskonjugation ist eine Transformation, die Teilchen und Antiteilchen miteinander vertauscht. Dabei wechselt auch das Vorzeichen des Stroms, j µ (x) → −j µ (x). Die Entwicklung des Dirac-Feldes ψ nach ebenen Wellen enthält Vernichtungsoperatoren br (k) für Elektronen und Erzeugungsoperatoren dr (k) für Positronen. ψ enthält dagegen Elektronenerzeuger und Positronenvernichter. Wir suchen eine Symmetrietransformation, die Elektronen und Positronen austauscht. Dabei müssen also ψ und ψ vertauscht werden. Die Abbildung T ψ → ψ bewirkt das, aber wir müssen aus ψ noch eine Spalte ψ machen. 107 4.6 Dirac-Feld Um die Diracgleichung zu erfüllen, machen wir den Ansatz T ψ(x) −→ ψ C (x) = C ψ (x), (4.238) wobei C eine 4 × 4 Matrix ist, die auf die Spinorkomponenten wirkt. Die T Symmetrie erfordert, dass Cψ (x) die Diracgleichung erfüllt, T 0 = (iγ µ ∂µ − m)C ψ (x). (4.239) T Nun schreiben wir die ursprüngliche Diracgleichung so um, dass darin ψ T vorkommt. Mit ψ ∗ = γ 0 ψ und (γ µ )∗ γ 0 = γ 0 (γ µ )T lautet die konjugiertkomplexe Diracgleichung ((iγ µ ∂µ − m)ψ)∗ = (−iγ µ∗ ∂µ − m)γ 0 ψ T = γ 0 (i(−γ µ )T ∂µ − m)ψ T = 0. (4.240) Den Faktor γ 0 kürzen wir und erhalten (i(−γ µ )T ∂µ − m)ψ T = 0. (4.241) Die Diracgleichung in dieser Form zusammen mit der Symmetriebedingung (4.239) erfordern, dass die Matric C die Beziehung C −1 γ µ C = (−γ µ )T (4.242) erfüllt Eine Lösung hiervon ist ! 0 σ2 . C = iγ γ = −i 2 σ 0 2 0 (4.243) (σ 2 ist die 2. Pauli-Matrix.) Es gilt C † = −C = C −1 . (4.244) j µ (x) −→ (j µ (x))C = −j µ (x) (4.245) Auch die Forderung, dass gilt, ist erfüllt. Wir gehen jetzt von der Dirac-Theorie über zur Quantenfeldtheorie, in der die Ladungskonjugation von einer unitären Transformation C repräsentiert wird. Der Ladungskonjugationsoperator C ist ein Operator auf dem Fock-Raum, der die Transformation des Dirac-Feldes Cψ(x)C −1 = ψ C (x) (4.246) 108 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER bewirkt und C|0>= |0> erfüllt. Er ist dadurch eindeutig festgelegt. Für die Erzeuger und Vernichter findet man Cb†r (k)C −1 = d†r (k), Cd†r (k)C −1 = b†r (k). (4.247) Wir sehen, dass C tatsächlich Teilchen und Antiteilchen vertauscht. Für einen Ein-Teilchen-Zustand gilt z. B. Cb†r (k)|0>= d†r (k)|0> . (4.248) Auch C wird durch die schwache Wechselwirkung verletzt. Die Zeitumkehr Die Bezeichnung „Zeitumkehr“ ist etwas irreführend. Naiv würde man sich eine Transformation (x0 , ~x) → (−x0 , ~x) vorstellen, bei welcher die Zeitkoordinate ihr Vorzeichen wechselt. So etwas kommt in der Natur aber nicht vor. Genauer gesagt handelt es sich bei der Transformation, die gemeint ist, um eine Bewegungsumkehr, bei der die Richtung aller Bewegungen sich umkehrt. Wenn die zeitliche Entwicklung eines Zustandes durch |χ(0)> Zeitentwicklung −→ |χ(t)>= e−iHt |χ(0)> (4.249) gegeben ist, so ist die Bewegungsumkehr eine Transformation |χ>→ |χ′>= T |χ>, (4.250) die so beschaffen ist, dass |χ′> der umgekehrten Zeitentwicklung genügt: |χ′ (t)> Zeitentwicklung −→ |χ′ (0)>, (4.251) das heißt |χ′ (0)>= e−iHt |χ′ (t)> . (4.252) Ausgeschrieben lautet dies T |χ(0)> = e−iHt T |χ(t)> T |χ(0)> = e−iHt T e−iHt |χ(0)> . Da der Anfangszustand beliebig ist, gilt T = e−iHt T e−iHt , T eiHt T −1 = e−iHt . (4.253) 109 4.6 Dirac-Feld Dies impliziert T (iH)T −1 = −iH. (4.254) T HT −1 = −H. (4.255) Gibt eine solche Transformation T , die unitär ist? In diesem Fall wäre H besitzt nur positive Eigenwerte, und T HT −1 muss ebenfalls positive Eigenwerte besitzen. Das würde der Gleichung (4.255) widersprechen. Also kann T nicht unitär sein. Wigner hat bewiesen, dass Symmetrietransformationen entweder durch unitäre oder durch antiunitäre Operatoren dargestellt werden. In diesem Fall bleibt also nur die Möglichkeit, dass T ein antiunitärer Operator ist. Ein antiunitärer Operator ist ein Operator, der antilinear ist und eine Art „Unitarität“ besitzt. Ein Operator T heißt antilinear, wenn gilt T (αχ1 + βχ2 ) = α∗ T (χ1 ) + β ∗ T (χ2 ) mit komplexen Koeffizienten α und β. Beispiel: auf Cn sei ! n n X X T ck |k> = c∗k |k> . k=1 (4.256) (4.257) k=1 Die Definition von T ist in diesem Beispiel basisabhängig. Um die der Unitarität entsprechende Eigenschaft festzulegen, definieren wir den zu einem antilinearen Operator T adjungierten antilinearen Operator T † . Er ist definiert durch <χ1 |T † |χ2>=<χ2|T |χ1> . (4.258) Zum Vergleich sei an <χ1|A† |χ2>=<χ2|A|χ1>∗ bei einem linearen Operator A erinnert. Mit T ist auch T † antilinear. Ein antilinearer Operator T heißt antiunitär, wenn gilt T † T = T T † = 1. (4.259) Für einen antiunitären Operator T gilt <T χ1 |T χ2>=<χ1|χ2>∗ . (4.260) Für beliebige lineare Operatoren A gilt T (αA)T −1 = α∗ T AT −1 , (4.261) 110 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER insbesondere ist T (i 1)T −1 = −i 1. (4.262) Wie oben bereits festgestellt, wird die Zeitumkehr durch einen antiunitären Operator dargestellt. Dieser erfüllt T HT −1 = H und T |0>= |0> . (4.263) Die Operatoren der Quantenfeldtheorie transformieren sich unter Zeitumkehr gemäß A −→ T AT −1 . (4.264) Beim Dirac-Feld soll die Zeitumkehrtransformation vom Feld ψ(~r, t) zu ψ(~r, −t) führen. Für das transformierte Feld soll wieder die Diracgleichung gelten. Das ist garantiert, wenn unter der Transformation die Lagrangedichte L invariant bleibt. Setzen wir die Transformation mit Hilfe einer 4 × 4 Matrix T als T ψ(~r, t)T −1 = T ψ(~r, −t), (4.265) an und fordern wir, dass T L (~r, t)T −1 = L (~r, −t) (4.266) gilt, so lässt sich leicht nachrechnen, dass dies für −σ 2 0 T = iγ γ = −iγ5 C = 0 −σ 2 1 3 ! (4.267) erfüllt ist. Für die Vernichtungsoperatoren gilt dann T b1 (~k )T −1 = b2 (−~k ), T b2 (~k )T −1 = −b1 (−~k ), T d1 (~k )T −1 = d2 (−~k ), (4.268) T d2 (~k )T −1 = −d1 (−~k ). Wir sehen, dass Impulsumkehr und Spinumkehr erfüllt sind. Durch diese Abbildung und T |0>= |0> ist die Bewegungsumkehr auf dem Fock-Raum eindeutig festgelegt. Für die Komponenen des Stroms gilt unter Zeitumkehr T j 0 (~r, t)T −1 = j 0 (~r, −t), T j k (~r, t)T −1 = −j k (~r, −t), Kombinationen der diskreten Symmetrien sind k = 1, 2, 3. (4.269) 111 4.7 Elektromagnetisches Feld • PT , totale Spiegelung der Raumzeit, • CP, wird verletzt von der schwachen Wechselwirkung, z. B. beim Kaonen-Zerfall, • PCT . PCT-Theorem (Pauli, Lüders, Zumino, Schwinger): PCT ist unter sehr allgemeinen Voraussetzungen eine Symmetrie. Bemerkung Im Unterschied zur relativistischen Quantenfeldtheorie ist die Zeitumkehr bzw. Bewegungsumkehr in der relativistischen Quantenmechanik anders dargestellt. Die zeitgespiegelte Wellenfunktion ist dort gegeben durch ψ ′ (~r, t) = T ψ ∗ (~r, −t) T T = T γ 0 ψ (~r, −t) = −γ 2 γ5 ψ (~r, −t). (4.270) Sie erfüllt wiederum die Diracgleichung. 4.7 Elektromagnetisches Feld Objekt der Quantenelektrodynamik ist das an das Dirac-Feld gekoppelte elektromagnetische Feld. Das führt auf eine nichtlinearen Theorie. In diesem Kapitel befassen wir uns zunächst mit dem freien quantisierten Maxwellfeld. Beginnen wir mit den Maxwell-Gleichungen11 1 ρ, ǫ0 ~ ~ = 1 ~j + ∂ E , c2 ∇ × B ǫ0 ∂t ~ = 0, ∇·B ~ = ∇·E ~ ~ + ∂ B = 0. ∇×E ∂t 11 (4.271) 1 c2 = ǫ0 µ0 ! (4.272) (4.273) (4.274) In der Quantenfeldtheorie werden meistens natürliche Einheiten verwendet. In diesen Einheiten ist ǫ0 = µ0 = c = 1. Darum lassen wir diese Faktoren später in den meisten Fällen weg. 112 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Das divergenzfreie Magnetfeld kann man als Rotation eines Vektorpotenzials ~ schreiben und das rotationsfreie Feld E ~ +A ~˙ als Gradient eines skalaren A Potenzials Φ, ~ = ∇ × A, ~ B (4.275) ~ ~ = −∇Φ − ∂ A . E ∂t (4.276) Die beiden homogenen Maxwell-Gleichungen sind dann automatisch erfüllt. Die kovariante Formulierung der Potenziale und Feldstärken ist (Aµ (x)) := F µν (F µν ) 1 ~ Φ(x), A(x) , c :=∂ µ Aν (x) − ∂ ν Aµ (x) 0 1E = 1c x c Ey 1 E c z (4.277) (4.278) − 1c Ex − 1c Ey − 1c Ez 0 −Bz By . Bz 0 −Bx −By Bx 0 (4.279) Die inhomogenen Maxwell-Gleichungen lauten jetzt ∂µ F µν = µ0 j ν . (4.280) Die homogenen Maxwell-Gleichungen sind durch die Einführung der Potenziale erfüllt, sie lauten ∂ µ F νρ + ∂ ν F ρµ + ∂ ρ F µν = 0. (4.281) Die Potenziale werden durch die Feldstärken nicht eindeutig festgelegt. Eichtransformationen der Potenziale von der Form A′µ (x) = Aµ (x) + ∂ µ Λ(x) (4.282) lassen die Feldstärken unverändert, F ′µν (x) = F µν (x). (4.283) Durch geeignete Eichtransformationen kann man erreichen, dass die Potenziale gewisse Bedingungen erfüllen. Häufig verwendete Fälle sind Lorenz-Eichung Coulomb-Eichung Strahlungseichung ∂µ Aµ = 0, ~ = 0, ∇·A ~ = 0, ∇·A Φ = 0, für j µ = 0, 4.7 Elektromagnetisches Feld 113 Die Wechselwirkung des Maxwellfeldes mit Ladungsträgern oder anderen Feldern erfolgt über die Potenziale. In der Lagrangefunktion, dem Hamiltonoperator und den Feldgleichungen tritt sie in Kombination mit den Ableitungen in der Gestalt q ∂µ + i Aµ (x) (4.284) ~ auf. Während in der Mechanik die Kopplung des elektromagnetischen Feldes ~ + ~v × B) ~ erfolgt, welche an Ladungsträger über die Lorentz-Kraft F~ = q(E die Feldstärken enthält, treten in der Quantenfeldtheorie die Potenziale auf, solange man nur eine lokale Theorie zulässt. (Eine Feldtheorie, die nur die Feldstärken enthält, ist nur für freie Felder möglich.) Wir haben es mit der Feldtheorie des 4-komponentigen Feldes Aµ (x) zu tun. Allerdings entspricht das nicht der Zahl der Freiheitsgrade. Die 6 Komponenten F µν des Maxwellfeldes erfüllen 4 homogene MaxwellGleichungen. Daher werden durch sie 2 Freiheitsgrade beschrieben. Diese Freiheitsgrade entsprechen den beiden Polarisationen der elektromagnetischen Wellen. Folglich müssen in den Potenzialen, aus denen man die Felder durch Ableiten gewinnt, 2 unphysikalische Freiheitsgrade enthalten sein. Diese können durch Eichtransformationen fixiert werden, z. B. eliminiert die Strahlungseichung die unphysikalischen Freiheitsgrade völlig. Für die kanonische Quantisierung gibt es zwei Vorgehensweisen: a) Die Eichfreiheit wird vollständig fixiert, z. B. durch die Strahlungseichung. Dann ist die Lorentz-Kovarianz in den Gleichungen nicht offensichtlich (nicht manifest). b) Man wählt eine Lorentz-kovariante Eichung, insbesondere die LorenzEichung ∂µ Aµ = 0, so dass die Lorentz-Kovarianz manifest ist. In diesem Fall sind aber die unphysikalischen Freiheitsgrade nicht vollständig eliminiert. In der kovarianten Quantisierung führt dies dazu, dass ein Zustandsraum mit indefiniter Metrik eingeführt wird (Gupta-BleulerFormalismus). Beide Vorgehensweisen sind in Textbüchern beschrieben. Wir wollen hier den Formalismus a) betrachten, der die physikalischen Freiheitsgrade hervorhebt. Beginnen wir mit einer klassischen Lagrangefunktion für das Maxwellfeld in Anwesenheit äußerer Quellen j µ , die erhalten sind, ∂µ j µ = 0. Die einfachste 114 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER eichinvariante Wahl ist 1 L = − Fµν F µν − µ0 j µ Aµ 4 1 = − (∂µ Aν − ∂ν Aµ )(∂ µ Aν − ∂ ν Aµ ) − µ0 j µ Aµ 4 1 µ = A (gµν ∂ρ ∂ ρ − ∂µ ∂ν )Aν − µ0 j µ Aµ + ∂µ (· · · ). 2 (4.285) Der Divergenz-Term ∂µ (· · · ) kann fortgelassen werden und wir verbleiben mit 1 L = Aµ (gµν ∂ρ ∂ ρ − ∂µ ∂ν )Aν − µ0 j µ Aµ . (4.286) 2 Die Feldgleichungen ! ∂L ∂L − ∂ν =0 (4.287) ∂Aµ ∂(∂ν Aµ ) liefern ∂ν F µν + µ0 j µ = 0. (4.288) Dies sind die inhomogenen Maxwell-Gleichungen, wodurch die Richtigkeit der Lagrangefunktion bestätigt wird. Im Folgenden betrachten wir den Fall ohne äußere Quellen, also j µ = 0. Außerdem setzen wir c = 1. Die kanonischen Impulse zu den 4 Feldkomponenten sind ∂L = −Ȧk + ∂ k A0 = E k ∂ Ȧk ∂L Π0 = = 0. ∂ Ȧ0 Πk = (k = 1, 2, 3), (4.289) (4.290) Da wir nur 2 physikalische Freiheitsgrade haben, ist ein kanonischer Impuls zuviel. Die Hamiltondichte wird zu H= 3 X k=1 Πk Ȧk − L = 1 ~2 ~ · ∇Φ. ~ 2 + ǫ0 E ǫ0 E + µ0 B 2 (4.291) Wir fixieren nun die Eichung vollständig durch ~ = 0, ∇·A Φ = 0. (4.292) Dies ist die Strahlungseichung. Die Feldgleichungen reduzieren sich auf die Wellengleichungen Aµ = 0, (µ = 0, . . . , 3). (4.293) 115 4.7 Elektromagnetisches Feld Ihre Lösungen sind die ebenen Wellen Aµ (x) = ǫµ(λ) (k) e−ik·x , (λ = 0, . . . , 3) (4.294) und deren Überlagerungen. Die Wellengleichung Aµ = 0 impliziert k 0 = ±|~k| = ±ωk . Die Polarisationsvektoren ǫ(λ) (k) sollen linear unabhängige Vektoren im Minkowski-Raum sein. In der Strahlungseichung gelten für sie gewisse Einschränkungen. (λ) (1) Wegen A0 (x) = 0 gilt ǫ0 (k) = 0, die Vektoren ǫ(λ) (k) sind also rein räumlich. Es gibt 3 linear unabhängige ~ǫ (λ) (k), λ = 1, 2, 3. ~ = 0 ist ~k · ~ǫ (λ) (k) = 0, d. h. ~ǫ (λ) (k) steht senkrecht auf ~k. (2) Wegen ∇ · A Somit haben wir es nur noch mit 2 linear unabhängigen Vektoren zu tun. Wir wählen ~ǫ (1) (k) und ~ǫ (2) (k) senkrecht zu ~k, senkrecht aufeinander, und von Länge 1, so dass also gilt ′ λ, λ′ ∈ {1, 2}. ~ǫ (λ) · ~ǫ (λ ) = δλ,λ′ , (4.295) Die beiden Vektoren ~ǫ (1) (k) und ~ǫ (2) (k) bilden eine Orthonormalbasis in der Ebene senkrecht zu ~k. Der Projektor auf diese Ebene hat die Matrixdarstellung Pij (k) = 2 X (λ) (λ) ǫi (k)ǫj (k) (4.296) λ=1 ki kj = δi,j − ~k 2 (i, j ∈ {1, 2, 3}). Er erfüllt P (k) · ~k = 0, P (k) · ~ǫ (λ) (k) = ~ǫ (λ) (k), P 2 (k) = P (k). (4.297) Zusatz: Man kann die beiden Vektoren ~ǫ (λ) (k), λ = 1, 2, zu einer Basis des MinkowskiRaumes ǫ (λ) (k), λ = 0, 1, 2, 3, erweitern. Man wähle den ersten, normierten Vektor als ǫ(0) = (1, 0, 0, 0) =: η, ǫ(0) · ǫ(0) = 1. (4.298) Der vierte Vektor ǫ(3) (k) soll in der η-k Ebene liegen mit ǫ(3) (k) · ǫ(0) = 0 und ǫ(3) (k) · ǫ(3) (k) = −1. (4.299) ǫ(3) (k) ist also ein raumartiger Vektor und ist gegeben durch ǫ(3) (k) = 1 (k − ηk 0 ). ~ |k| (4.300) 116 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER Zusammengefasst gilt für diese Basis im Minkowski-Raum ǫ (λ) (k) · ǫ (λ ) (k) = g λλ , ′ ′ (4.301) (0) ǫ(0) µ ǫν − ǫµ(λ) (k) ǫν(λ) (k) = gµν . (4.302) 3 X λ=1 Mit Hilfe der Polarisationsvektoren schreiben wir die Entwicklung der allgemeinen, reellen Lösung der Wellengleichung nach ebenen Wellen in der Form Z 2 o n X d3 k (λ) (λ) −ikx (λ) ∗ ikx ~ A(x) = ~ ǫ (k) a (k) e + (a (k)) e . (2π)3 2ωk λ=1 k 0 =ωk (4.303) Der erste Term in der geschweiften Klammer enthält die positiven, der zweite die negativen Frequenzen. Die Koeffizienten sind komplex konjugiert zueinander, wodurch garantiert wird, dass das Feld reell ist. Quantisierung des Maxwellfeldes Die Quantisierung im Operator-Formalismus kann auf verschiedenen Wegen durchgeführt werden. Eine Möglichkeit ist es, für die Felder und die kanonisch konjugierten Impulse geeignete kanonische Vertauschungsregeln bei gleichen Zeiten zu fordern, wie wir es beim Skalarfeld gemacht haben. Dort zeigte sich, dass dadurch die Koeffizienten in der Entwicklung nach ebenen Wellen zu Operatoren werden, welche die Kommutatoren von Erzeugern und Vernichtern besitzen. Die zweite Möglichkeit ist, in Analogie zur Quantisierung des reellen Skalarfeldes die Entwicklungskoeffizienten a(λ) (k) und a(λ) (k)∗ in Gleichung (4.303) direkt zu Vernichtungs- und Erzeugungs-Operatoren a(λ) (k) und a(λ) (k)† zu befördern, welche die Kommutatoren i h ′ a(λ) (k), a(λ ) (k ′ )† = (2π)3 2ωk δλ,λ′ δ (3) (~k − ~k ′ ) (4.304) besitzen. Alle übrigen Kommutatoren verschwinden, h ′ i h ′ i a(λ) (k), a(λ ) (k ′ ) = a(λ) (k)† , a(λ ) (k ′ )† = 0. (4.305) a(λ) (k)† und a(λ) (k) sind Erzeugungs- und Vernichtungs-Operatoren für Teilchen, den „Photonen“, mit dem Impuls ~~k, wie unten gezeigt wird, und Polarisation λ, Der Vakuumzustand |0> im Fock-Raum ist charakterisiert durch a(λ) (k)|0>= 0 für alle k undλ. Die niedrigsten Teilchenzustände im Fock-Raum sind (4.306) 117 4.7 Elektromagnetisches Feld Ein-Photon Zustand Zwei-Photonen-Zustand a(λ) (k)† |0>. ′ a(λ) (k)† a(λ ) (k ′ )† |0>. Betrachten wir einige wichtige Observablen. Dazu ersetzen wir in den Ausdrücken der klassischen Feldtheorie das Maxwell-Feld durch das operatorwer~ tige Feld A(x). Dabei ist wie beim Skalarfeld die Normalordnung zu beachten. Der Hamiltonoperator ergibt sich auf diese Weise zu Z 1 ~2 + B ~ 2) : d 3 r : (E H= 2 Z 2 X 1 d3 k = ωk a(λ) (k)† a(λ) (k). 2 (2π)3 2ωk λ=1 (4.307) Entsprechend findet man den Impuls des Feldes aus der Impulsstromdichte (Poyntingvektor), P~ = = Z Z ~ × B) ~ : d 3 r : (E 2 X d3 k ~k a(λ) (k)† a(λ) (k). 3 (2π) 2ωk λ=1 Es gilt H|0>= 0 und P~ |0>= ~0. (4.308) (4.309) Dass Energie und Impuls des Vakuumzustandes Null sein müssen, erfordert schon die relativistische Invarianz: der Impuls des Vakuumzustandes bleibt bei Wechsel des Bezugssystems nur dann invariant, wenn er verschwindet. Für die niedrigsten Teilchenzustände im Fock-Raum gilt Ha(λ) (k)† |0> = ωk a(λ) (k)† |0>, ′ und ′ (4.310) etc. (4.311) Ha(λ) (k)† a(λ ) (k ′ )† |0> = (ωk + ωk′ ) a(λ) (k)† a(λ ) (k ′ )† |0> P~ a(λ) (k)† |0> = ~k a(λ) (k)† |0>, Das Feld Aµ (x) ist reell bzw. selbstadjungiert, so dass es keine U(1)-Symmetrie gibt. Entsprechend gibt es keine zugehörige erhaltene Ladung Q. Photonen tragen keine Ladung. Spin der Photonen Nach der Noether-Theorie ist der Drehimpuls des elektromagnetischen Feldes eine Erhaltungsgröße. Für die beiden 1-Photon-Zustände 1 |~k, R>= √ (a(1) (k)† + ia(2) (k))† |0>, 2 1 |~k, L>= √ (a(1) (k)† − ia(2) (k))† |0> 2 (4.312) 118 4 QUANTISIERUNG FREIER RELATIVISTISCHER FELDER mit Impuls in z-Richtung, ~k = (0, 0, k), findet man für die dritte Drehimpulskomponente J3 |~k, R>= +|~k, R>, J3 |~k, L>= −|~k, L> . (4.313) Die beiden Zustände sind also Eigenzustände zur z-Komponente des Drehimpulses zu den Eigenwerten +1 und −1. Es handelt sich um zirkular polarisierte 1-Photon-Zustände. Photonen tragen den Spin 1. Es gibt allerdings nur zwei Eigenwerte für J3 , einen Eigenzustand zum Eigenwert 0 gibt es nicht. Im Rahmen der kovarianten Quantisierung (Gupta-Bleuler-Formalismus) erhält man unphysikalische Zustände a(3) (k)† |0> mit dem J3 – Eigenwert Null; diese gehören aber nicht zum physikalischen Hilbertraum. Allgemein gilt für den Spin masseloser Teilchen, dass nur die beiden extremen Drehimpulseigenwerte sich einstellen. Gravitonen, die einen Spin 2 haben sollten, würden zum Beispiel nur mit Drehimpulswerten ±2 auftreten. Vertauschungsregeln im Ortsraum Wir wollen noch die Vertauschungsregeln der kanonisch konjugierten Impulse Πi und der Feldkomponenten Aj bestimmen. Die gleichzeitigen Kommutatoren sind h i h i h Πi (~r, t), Aj (~r ′ , t) = − E i (~r, t), Aj (~r ′ , t) = ∂0 Ai (~r, t), Aj (~r ′ , t) = −i = −i Z Z 2 X d3 k (λ) (λ) i~k·(~ r −~ r ′) e ǫi (k)ǫj (k) 2ωk 3 (2π) 2ωk λ=1 d3 k i~k·(~r−~r ′ ) ki kj δi,j − e 3 ~k 2 (2π) ! i (4.314) (t) =: −i δi,j (~r − ~r ′ ). (t) Hier wurde die transversale Deltafunktion δi,j definiert. Man erwartet beim Kommutator vielleicht eine gewöhnliche Deltafunktion ohne den Term − kki k2j , δi,j δ (3) (~r − ~r ′ ) = δi,j Aber der Ansatz h i Z d3 k i~k·(~r−~r ′ ) e . (2π)3 Πi (~r, t), Aj (~r ′ , t) = −i δi,j δ (3) (~r − ~r ′ ) ~ = 0 → ∇·E ~ = 0, würde einen Widerspruch zur Transversalität, ∇ · A j ergeben. Denn wenn wir die Divergenz mit ∂ bilden, finden wir einerseits auf der linken Seite h i Πi (~r, t), ∂ j Aj (~r ′ , t) = 0 119 und andererseits auf der rechten Seite − i ∂ i δ (3) (~r − ~r ′ ) 6= 0. Hingegen gilt für die transversale δ-Funktion − (t) i ∂j δi,j (~r ) = −i Z ki kj d3 k i~k·~r e ikj δi,j − 3 ~k 2 (2π) wegen ki kj δi,j − ~k 2 kj ! ! = 0, = 0. (4.315) (4.316) Im Ortsraum kann man die transversale δ-Funktion in der Form (t) δi,j (~r ) 1 1 1 δ (3) (~r ) = δi,j δ (3) (~r ) + ∂i ∂j = δi,j − ∂i ∂j ∆ 4π r (4.317) darstellen. 5 Wechselwirkende Felder Bisher haben wir freie Felder betrachtet. Bei freien Feldern sind die Feldgleichungen lineare Differentialgleichungen. Ihre Lösungen sind Superpositionen von Wellen, deren Zeitentwicklung trivial ist, nämlich ∼ exp(±iωt). Die quantisierten freien Feldtheorien sind exakt lösbar, sie haben uns die Lösung von fundamentalen Problemen der relativistischen Quantentheorie aufgezeigt, sie haben uns interessante Einblicke in die die Dualität von Welle und Teilchen und die Struktur des physikalischen Zustandsraumes gegeben, aber sie beschreiben keine interessanten physikalischen Vorgänge, bei denen Teilchen miteinnder wechselwirken. 5.1 Wechselwirkungen Wechselwirkungen bedeuten, dass die Feldgleichungen einen nichtlinearen Kopplungsterm aufweisen, der verschiedene Felder miteinander verknüpft oder die Linearität der Feldgleichung eines einzelnen Feldes stört. Die Gleichungen von Feldtheorien mit Wechselwirkungen lassen sich i. A. nicht exakt lösen und man ist auf Näherungsverfahren angewiesen. Neben einer störungstheoretischen Behandlung der Kopplung gibt es auch nichtstörungstheoretische Methoden, z. B. Diskretisierung der Feldgleichungen auf einem Gitter oder Sattelpunktsmethoden beim Pfadintegralformalismus. Die Quantenelektrodynamik (QED) 120 5 WECHSELWIRKENDE FELDER hat die Wechselwirkung zwischen dem Dirac-Feld und dem Photonenfeld zum Gegenstand. Die Lagrangedichte der QED enthält die Lagrangedichte des freien Dirac-Feldes, bei der die Ableitung durch eine kovarianten Ableitung ersetzt wird (∂µ −→ ∂µ + iqAµ (x) und die Lagrangedichte des freien elektromagnetischen Feldes: 1 L = ψ(x) iγ µ (∂µ + iqAµ (x)) − m ψ(x) − Fµν F µν 4 1 µ µν = ψ(x)(iγ ∂µ − m)ψ(x) − Fµν F − q ψ(x)γ µ ψ(x) Aµ . 4 (5.1) Der letzte Term bestimmt die Wechselwirkung. Er enthält das Produkt aus dem erhaltenen Strom der Dirac-Theorie ψγ µ ψ und dem Viererpotential Aµ und stellt eine Quelle für das Maxwellfeld µ0 j µ (x) Aµ (x), dar, wie sie im vorigen Kapitel vorkam. Die Kopplungskonstante q ist proportional zur Ladung −e0 des Elektrons und enthält im üblichen Maßsystem noch weitere konventionelle Faktoren. L ist invariant unter Eichtransformationen ψ(x) −→ e−iqΛ(x) ψ(x), Aµ (x) −→ Aµ (x) + ∂µ Λ(x). (5.2) Aus der Lagrangefunktion folgen die Feldgleichungen iγ µ (∂µ + iqAµ ) − m ψ(x) = 0, ∂µ F µν (x) = q ψ(x)γ µ ψ(x). (5.3) Dies sind zwei gekoppelte nichtlineare Differentialgleichungen. Fügt man die Kommutatorregeln für das Photonenfeld und die Antikommutatorregeln für das Diracfeld hinzu, so bekommt man die gesamte Quantenelektrodynamik. Die ϕ4 -Theorie beschreibt ein selbstwechselwirkendes, skalares, reelles Feld. Wir betrachten es als einfaches didaktisches Modellsystem. Die Theorie beschreibt aber auch z. B. neutrale Spin-0-Teilchen und sie ist äquivalent zur Landau-Theorie in der Statistischen Physik. Wir werden sie benutzen, um daran Feynmangraphen und Reduktionsformeln zu demonstrieren. Die Lagrangedichte eines reellen skalaren Feldes ϕ(x) wird um einen ϕ4 -Term erweitert: m2 2 g 4 1 ϕ − ϕ . (5.4) L = (∂µ ϕ)(∂ µ ϕ) − 2 2 4! 121 5.1 Wechselwirkungen L ist invariant unter ϕ(x) −→ −ϕ(x), was den ϕ4 -Term dieser Theorie favorisiert. Die Feldgleichung lautet g ( − m2 )ϕ(x) = ϕ(x)3 . 6 (5.5) Die Yukawa Kopplung eines Skalarfeldes an das Fermion-Feld beschreibt z. B. die Wechselwirkung zwischen einem Pion und einem Nukleon. Es ist eine vereinfachte effektive Theorie, die darauf verzichtet, Nukleonen und Pionen als Drei- bzw. ZweiTeilchen-Zustände von Quarks zu behandeln. Die Lagrangedichte ist m2 2 1 L = ψ(x)(iγ µ ∂µ −M)ψ(x) + (∂µ ϕ)(∂ µ ϕ) − ϕ −G ψ(x)ψ(x)ϕ(x). (5.6) 2 2 M und m sind die Nukleon- bzw. Pionmasse. Der Wechselwirkungsterm ist die einfachste Möglichkeit, ein skalares Produkt aus dem Spinorfeld und dem skalaren Feld zu bilden. Die Feldgleichungen lauten ( − m2 )ϕ(x) = G ψ(x)ψ(x), (iγ µ ∂µ − M)ψ(x) = Gψ(x)ϕ(x). (5.7) (5.8) Auf der rechten Seite stehen hier Terme, die wie äußere Quellen für die Felder wirken. Durch sie werden die Felder nichtlinear miteinander gekoppelt. Yukawa hatte zur Beschreibung der Kernkräfte durch den Austausch von Mesonen eine statische punktförmige Nukleonen-Quelle betrachtet und die entsprechende klassische stationäre Gleichung (∆ − m2 )ϕ(x) = G δ (3) (~r ) (5.9) betrachtet, deren Lösung ϕ(x) = − G e−mr 4π r (5.10) das Wechselwirkungspotential zwischen zwei Nukleonen beschreibt. Ein Potenzial von dieser Gestalt heißt Yukawa-Potenzial, siehe Abschnitt 4.4. Alle hier aufgeführten klassischen Feldgleichungen sind nichtlinear und gekoppelt. Sie können im Allgemeinen nicht geschlossen gelöst werden. Daher kann die Zeitentwicklung der quantisierten Feldtheorie (in 3+1 Dimensionen) nicht explizit berechnet werden. (In d=2 und 3 Dimensionen gibt es lösbare Feldtheorien mit Wechselwirkung.) 122 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Die Wechselwirkungsterme führen zu Streuvorgängen, gebundenen Zuständen (z. B. Positronium) und anderen Effekten. Für die Berechnung physikalischer Größen, wie Streuquerschnitten oder Teilchenmassen gibt es Näherungsverfahren, insbesondere die Störungstheorie, bei der eine Entwicklung nach Potenzen der Kopplungskonstanten erfolgt. Die Kopplungskonstante ist der Faktor vor dem Wechselwirkungsterm, hier waren dies die Ladung e′ , der Faktor g vor ϕ4 oder das G beim Yukawa-Potenzial. 5.2 5.2.1 Green’sche Funktionen und S-Matrix Green’sche Funktionen In der Feldtheorie spielen die sogenannten Green’schen Funktionen eine zentrale Rolle. Sie enthalten alle physikalischen Informationen, zum Beispiel lassen sich die Massen von stabilen Teilchen und Streuquerschnitte aus den Green’schen Funktionen gewinnen. Die Bezeichnung „Green’sche Funktion“ in der Feldtheorie ist nicht identisch mit derjenigen in der Theorie der Differentialgleichungen, sondern stellt eine Verallgemeienrung dar. Im Abschnitt 4.3 hatten wir eine Zwei-PunktGreen’sche Funktion in Gleichung (4.66) als Erwartungswert eines zeitgeordneten Produktes für ein skalares Feld bereits kennen gelernt, und wir haben diesen Feynman-Propagator in Gleichung (4.73) als Lösung einer linearen Differenzialgleichung mit einer Deltafunktion als Inhomogenität erkannt. Wir verallgemeinern auf eine n-Punkt-Green’sche Funktion: G(n) (x1 , . . . , xn ) :=<0|T ϕ(x1)ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn )|0> . (5.11) Außerdem definieren wir „verbundene“ Green’sche Funktionen G(n) c , die sich rekursiv aus den G(n) bestimmen: G(n) (x1 , . . . , xn ) = X Gc(k1 ) (x1 , . . . , xk1 ) Partitionen (k2 ) Gc (xk1 +1 , · · · , xk1 +k2 ) . . . Gc(km ) (. . . , xn ). (5.12) Die Summe erstreckt sich über alle möglichen Zerlegungen (Partitionen) der Menge {x1 , . . . , xn }. Man kann diese rekursive Definition und andere Zusammenhänge durch eine Symbolisierung der Green’schen Funktionen übersichtlich machen. Zum Beispiel stellt man für n = 4 die beiden Typen der Green’schen Funktionen so dar: 123 5.2 Green’sche Funktionen und S-Matrix x1 x4 x1 x4 x2 x3 x2 x3 G(4) (x1 , . . . , x4 ) G(4) c (x1 , . . . , x4 ) Wir wollen die rekursive Definition der verbundenen (connected) Green’schen Funktionen verdeutlichen. Für n = 1 stimmen beide Typen überein, (1) G(1) c (x) = G (x) =<0|ϕ(x)|0> . (5.13) Für n=2 gilt (1) (1) G(2) (x1 , x2 ) = G(2) c (x1 , x2 ) + Gc (x1 ) Gc (x2 ) (5.14) (2) (1) (1) =⇒ G(2) c (x1 , x2 ) = G (x1 , x2 ) − G (x1 ) G (x2 ). Betrachten wir den Fall, dass der Erwartungswert des Feldes im Vakuum verschwindet. (Bei der ϕ4 -Theorie ist dies auch durch die Symmetrie ϕ −→ −ϕ gegeben.) Dann haben wir die Symbolik x1 x2 = x1 x2 Die Symbolik für die definierende Gleichung der verbundenen Green’schen Funktionen ist im Fall n = 4: x1 x4 x1 x4 x1 x4 = x2 x3 + x2 x1 x2 x3 x4 + x1 x3 x4 + x2 x3 x2 x3 (m) Generell gilt, dass die G(n) mit m ≤ n ausdrücken c sich rekursiv durch die G lassen. 124 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Für freie Felder gilt, dass für alle n > 2 die zusammenhängenden Green’schen Funktionen verschwinden: G(n) c (x1 , . . . , xn ) = 0 (n > 2). (5.15) Diese Aussage erhält man auf leichte Weise mit dem Pfadintegralformalismus. Wir werden sie später begründen. Der Sachverhalt bedeutet, dass die G(n) c für n > 2 die Effekte der Wechselwirkung beschreiben. Die Fouriertransformierten Green’schen Funktionen Annahme: Wir setzen voraus, dass die Green’schen Funktionen translationsinvariant sind, (n) G(n) c (x1 + a, . . . , xn + a) = Gc (x1 , . . . , xn ). (5.16) Dies trifft wegen der Lorentz-Invarianz der Felder und des Vakuumzustandes in der Regel zu. Durch ein äußeres Potential würde die Invarianz gebrochen. Aus der Translationsinvarianz folgt, dass die Fouriertransformierte eine Deltafunktion δ (4) (k1 + · · · + kn ) als Faktor enthält. Beweis: Z d4 x1 . . . d4 xn ei(k1 ·x1 +...+kn ·xn ) Gc(n) (x1 , . . . , xn ) = Z d4 x1 . . . d4 xn ei(k1 ·x1 +...+kn ·xn ) G(n) c (x1 − xn , . . . , xn−1 − xn , 0). Mit der Substitution yi = xi − xn , Z d4 xn ei(k1 +...+kn )·xn 4 (4) Z (5.17) (i = 1, . . . , n − 1) wird dies zu d4 y1 . . . d4 yn−1 ei(k1 ·y1 +...+kn−1 ·yn−1 ) G(n) c (y1 , . . . , yn−1 , 0) = (2π) δ (k1 + . . . + kn ) Z d4 y1 . . . d4 yn−1 ei(k1 ·y1 +···+kn−1 ·yn−1 ) G(n) c (y1 , . . . , yn−1 , 0) e (n) k , . . . , k ≡ (2π)4 δ (4) (k1 + . . . + kn ) G 1 n−1 , −(k1 + . . . + kn−1 ) . c (5.18) Für die Rücktransformation gilt G(n) c (x1 , . . . , xn ) Z d4 k1 d4 kn −i(k1 ·x1 +...+kn ·xn ) e (n)(k , . . . , k ). = · · · e (2π)4 δ (4) (k1 + . . . + kn ) G 1 n c (2π)4 (2π)4 (5.19) Im Spezialfall n = 2 nennt man e (2) (k, −k) G c = Z e (2) d4 x eik·x G(2) c (x, 0) =: Gc (k) (5.20) 125 5.2 Green’sche Funktionen und S-Matrix den Propagator im Impulsraum. Im Abschnitt 4.3, Gleichung (4.72), haben wir G(2) c (x, 0) = i∆F (x) für ein freies Skalarfeld bereits kennengelernt. Dort ist i e (2) (k) = . (5.21) G c 2 k − m2 Massen Für die Masse m eines stabilen Teilchens, das durch das Feld ϕ(x) beschrieben wird, gilt e (2) (p) hat einen Pol bei p2 = m2 . (5.22) G c Anders ausgedrückt heißt das e (2) (p) =: iZ lim (p2 − m2 )G 3 c p2 →m2 (5.23) mit einer Konstanten Z3 (oder Zϕ ). Z3 heißt Wellenfunktions-Renormierung oder Feld-Renormierung. Beweis der Behauptung: Wir betrachten der Einfachheit halber den Fall, dass <0|ϕ(x)|0>= 0, so dass (2) G(2) c (p) = G (p) ist. e (2) (p) G = = Z Z d4 x eip·x <0|T ϕ(x)ϕ(0)|0> n d4 x eip·x Θ(x0 ) <0|ϕ(x)ϕ(0)|0> +Θ(−x0 ) <0|ϕ(0)ϕ(x)|0> o (5.24) Betrachten wir den ersten Teil der Summe, in dem wir die Korrelationsfunktion mit einer Vollständigkeitsrelation aufspalten. Wir bezeichnen mit |n> ein vollständiges Orthonormalsystem von Impulseigenzuständen, P µ |n>= k µ |n>, (5.25) und schreiben die Vollständigkeitsrelation vereinfacht als Summe, auch wenn sie in Wahrheit Integrale enthält: <0|ϕ(x)ϕ(0)|0>= X <0|ϕ(x)|n><n|ϕ(0)|0> . (5.26) n Es ist <0|ϕ(x)|n>=<0|eiP ·xϕ(x)e−iP ·x |n>=<0|ϕ(0)|n> e−ik·x . (5.27) 126 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Das Integral im ersten Teils der Summe lautet damit Z d4 x eip·x Θ(x0 )e−ik·x = Z ~ d3 x e−i(~p−k)·~x Z = (2π) δ (~p − ~k ) 3 (3) dx0 ei(p Z ∞ 0 0 −k 0 )x0 dx0 ei(p Θ(x0 ) 0 −k 0 )x0 1 (Der Grenzwert bei x0 → ∞ ist Null.) − k0 p0 + k 0 = i(2π)3 δ (3) (~p − ~k ) 0 2 (p ) − (k 0 )2 p0 + k 0 (wegen (~p )2 = (~k )2 ). = i(2π)3 δ (3) (~p − ~k ) 2 p − k2 (5.28) = i(2π)3 δ (3) (~p − ~k ) p0 Wir sehen, dass die Ein-Teilchen-Zustände |n>= |k> mit k 2 = m2 einen Pol bei p2 = m2 produzieren. Der zweite Teil der Summe mit Θ(−x0 ) liefert keinen Beitrag, denn er enthält in der letzten Zeile anstelle von p0 + k 0 die Differenz p0 − k 0 und dies führt zu ωk − ωk = 0. Über das Massenspektrum wollen wir annehmen, dass keine anderen Zustände einen solchen Pol liefern. Das ist in vielen Feldtheorien der Fall. Dann folgt 2 2 lim 2 (p − m 2 p →m e (2) (p) )G c Z d3 k | <0|ϕ(0)|k> |2 i(2π)3 δ (3) (~p − ~k )2ωk 3 (2π) 2ωk = i | <0|ϕ(0)|p> |2 =: iZ3 , (5.29) = wobei wir nun die Summe haben. P n durch das Integral über die Impulse ersetzt Damit ist der Zusammenhang der Green’schen Funktionen mit der Teilchenmasse gezeigt. Wir wenden uns jetzt dem Zusammenhang mit der S-Matrix zu. 127 5.2 Green’sche Funktionen und S-Matrix 5.2.2 S-Matrix Die Streumatrix (S-Matrix) liefert Streup1 p4 querschnitte, z. B. für die Streuung zweier Teilchen aneinander. In der fernen Vergangenheit und in der fernen Zukunft (t → ±∞) sind die Abstände zwischen den Teilchen groß und die Wechselwirkunp2 p3 gen zwischen ihnen vernachlässigbar gering. Die entsprechenden Anfangs- bzw. End-Zustände werden durch die Impulse der beiden Teilchen charakterisiert und mit |p1 , p2 , in>, |p3 , p4 , out> bezeichnet, wobei p2i = m2 . Die Streuamplitude ist das Übergangsmatrixelement <p3 , p4 , out|p1 , p2 , in> . (5.30) Wie können nun die asymptotischen Zustände |p1 , p2 , in>, |p3 , p4 , out> definiert werden? Betrachten wir im Folgenden die Theorie eines skalaren Feldes mit Selbstwechselwirkung. Für das wechselwirkende Feld φ(x) gibt es im Allgemeinen keine geschlossenen Lösungen. Insbesondere ist eine Entwicklung nach ebenen Wellen nicht sinnvoll und dementsprechend sind die Erzeugungsund Vernichtungsoperatoren a(k)† und a(k) nicht definiert. Die Idee, die der Definition der asymptotischen Zustände zugrunde liegt, ist die Folgende. Im Wechselwirkungsbild besitzt das Feld ϕW (x) die Zeitentwicklung eines freien Feldes und genügt der freien Feldgleichung. Daher wird es benutzt, um die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren und den Fock-Raum der asymptotischen Zustände zu konstruieren. Das Wechselwirkungsbild Die Lagrangedichte für das wechselwirkende Feld ist die Summe aus der Lagrangedichte L0 eines freien Feldes und der Lagrangedichte LI für die Wechselwirkung, L = L0 + LI . (5.31) Entsprechendes gilt für den Hamiltonoperator H = H0 + HI (t), Z mit HI = − d3 rLI . (5.32) Im Schrödingerbild ist die Zeitentwichlung eines Zustandes durch die unitäre Transformation mit dem Zeitentwicklungsoperator U(t, t0 ) gegeben, |χ(t)>= U(t, t0 )|χ(t0 )> . (5.33) 128 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Für einen zeitunabhängigen Hamiltonoperator ist U(t, t0 ) = e−iH(t−t0 ) . (5.34) Der Zeitentwicklungsoperator zum „ungestörten“ System ist U0 (t, t0 ) = e−iH0 (t−t0 ) . (5.35) Im Wechselwirkungsbild (Dirac-Bild) wird die Zeitentwicklung auf Operatoren und Zustände aufgeteilt: Operatoren entwickeln sich gemäß U0 (t, t0 ). Zustände entwickeln sich gemäß W (t, t0 ) := U0−1 (t, t0 )U(t, t0 ). Zustände und Operatoren im Wechselwirkungsbild definiert man durch |χW (t)> := U0−1 (t, t0 )|χ(t)>= W (t, t0 )|χ(t0 )>, AW (t) := U0−1 (t, t0 )A(t0 )U0 (t, t0 ). (5.36) (5.37) Für die Zeitentwicklung im Wechselwirkungsbild folgt für Zustände i ∂ |χW (t)> = −H0 U0−1 (t, t0 )|χ(t)> +U0−1 (t, t0 )(H0 + HI (t))χ(t)> ∂t = U0−1 (t, t0 )HI (t)U0 (t, t0 )|χW (t)> (W ) =: HI (5.38) (t)|χW (t)> und für Operatoren h i d AW (t) = AW (t), H0 . (5.39) dt Die Operatoren entwickeln sich also wie in einem Heisenberg-Bild mit dem ungestörten (freien) Hamiltonoperator H0 . Dies gilt auch für die Feldoperatoren im Wechselwirkungsbild i ϕW (x) = eiH0 (t−t0 ) ϕ(t0 , ~r )e−iH0 (t−t0 ) . (5.40) ϕW (x) ist also ein freies Feld, das in unserem Beispiel die Klein-Gordon Gleichung ( + m2 )ϕW (x)) = 0 erfüllt. Als freies Feld lässt es eine Entwicklung nach ebenen Wellen zu, ϕW (x) = Z o n d3 k −ik·x † ik·x a(k)e + a (k)e , 0 (2π)3 2ωk k =ωk (5.41) und mittels der Operatoren a(k) und a† (k) kann ein Fock-Raum konstruiert werden. Wir definieren durch 1 |p1 , . . . , pn , in>= √ a† (p1 ) · · · a† (pn )|0>≡ |p1 , . . . , pn> (5.42) n! 129 5.2 Green’sche Funktionen und S-Matrix den einlaufenden Zustand eines Streuvorgangs, z. B. 1 lim |χW (t)>= |p1 , p2>= √ a† (p1 )a† (p2 )|0> . t→−∞ 2 (5.43) Der auslaufende Zustand ist dann durch die Zeitentwicklung mit dem Operator W (t, t0 ) gegeben: lim |χW (t)>= W (+∞, −∞)|χW (−∞)>=: S|χW (−∞)> . t→+∞ Der Operator S = lim W (t2 , t1 ) (5.44) t2 →+∞ t1 →−∞ (oder auch seine Matrixelemente) wird S-Matrix genannt. Die Matrixelemente von S sind die Streuamplituden <p3 , p4 |χW (∞)>=<p3, p4 |S|p1 , p2> . (5.45) Allgemein notiert man die S-Matrixelemente als Sf i =<f |S|i> . (5.46) Die Dyson-Formel Der Zeitentwicklungsoperator im Wechselwirkungsbild W (t, t0 ) genügt der Differenzialgleichung und Anfangsbedingung i ∂ (W ) W (t, t0 ) = HI (t)W (t, t0 ), ∂t W (t0 , t0 ) = 1. (t > t0 ), (5.47) Die Lösung dieser Differenzialgleichung lässt sich in Gestalt der Dyson-Formel W (t, t0 ) = T exp −i Z t t0 ′ dt (W ) HI (t′ ) (5.48) (W ) darstellen (siehe Quantenmechanik). HI (t) = U0−1 (t, t0 )HI (t)U0 (t, t0 ) hat die gleiche Gestalt wie HI (t), wobei für das Feld ϕW (x) einzusetzen ist. Z. B. hat man in der ϕ4 -Theorie Z g d3 r ϕ4 (x), 4! Z g (W ) HI (t) = d3 r ϕ4W (x). 4! HI (t) = (5.49) 130 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Halten wir fest: Man arbeitet mit freien Feldern φW (x) und die S-Matrix ist S = T exp −i Z +∞ −∞ (W ) dt HI (t) . (5.50) In der Born’sche Näherung wird die S-Matrix durch die ersten Terme der Reihenentwicklung S = 1−i Z +∞ −∞ <f |S|i> =<f |i> −i (W ) dt HI Z +∞ −∞ (t) + . . . , (W ) dt <f |HI (5.51) (t)|i> + . . . . (5.52) approximiert. Beispiel: |i> = |p1 , p2>, |f>= |p3 , p4> <f |i> =<p3 , p4 |p1 , p2> 1 = <0|a(p3 )a(p4 )a† (p1 )a† (p2 )|0> 2 o 1 n (3) = (2π)6 2ωp1 2ωp2 δ (~p1 − p~3 )δ (3) (~p2 − ~p4 ) + δ (3) (~p1 − p~4 )δ (3) (~p2 − p~3 ) 2 p1 p3 p2 p4 = p1 p3 p2 p4 + (5.53) Hier wurde das Produkt der Operatoren wieder mit a1 a2 a†3 a†4 |0>= h h i ih h a1 , a†3 ] a2 , a†4 + a1 , a†4 a2 , a†3 i |0> (5.54) in zahlenwertige Kommutatoren überführt, die aus den früheren Kapiteln bekannt sind. Diese Kommutatoren werden von den beiden Graphen angezeigt. Der nächste Term der Born’schen Näherung ist Z +∞ −∞ dt (W ) <f |HI (t)|i>= g <0|a(p3)a(p4 ) 4! Z 4 d x(ϕW (x)) 4 a† (p1 )a† (p2 )|0> (5.55) Der Wechselwirkungsteil ϕ4W enthält Operatoren a(p), a† (p). Der Term a† a† aa liefert Beiträge, die durch den Graphen p1 p3 p2 p4 131 5.2 Green’sche Funktionen und S-Matrix symbolisiert werden. Die allgemeine Systematik der Beiträge zur S-Matrix führt auf Green’sche Funktionen und Feynman-Graphen, die wir im Folgenden behandeln werden. Bemerkung: Die Herleitung im Wechselwirkungsbild ist mathematisch nicht sauber. Eine genaue Analyse zeigt: wenn das Wechselwirkungsbild in der Feldtheorie existieren würde, könnte man zeigen • Z3 = 1, • ϕ(x) ist ein freies Feld. Haags Theorem sagt aus, dass das Wechselwirkungsbild in der QFT mit Wechselwirkung nicht existiert. Die Herleitung des Streuformalismus muss und kann durch eine mathematisch rigorose ersetzt werden.12 Allgemeiner Streuprozess Im obigen Beispiel wurde die Streuung zweier Teilchen betrachtet. Im Allgemeinen kann es Streuprozesse mit n einlaufenden und m auslaufenden Teilchen geben. Wir wollen annehmen, dass kein äußeres Potenzial vorhanden ist. Einlaufende und auslaufende Zustände werden bezeichnet mit p1 p′1 |i>= |p1 , a1 ; . . . ; pn , an>, |f>= |p′1 , b1 ; . . . ; p′m , bm>, (5.56) ...... ...... wobei die ai und bj für Spin, Polarisatipn p′m on oder andere Eigenschaften der Teilchen stehen. Die gesamten 4-Impulse der einlaufenden bzw. auslaufenden Teilchen seien Pi = n X k=1 pk , Pf = m X p′k . (5.57) k=1 Ähnlich wie in der Born’schen Näherung lässt sich die S-Matrix aufteilen in die Identität, welche den Beitrag ohne Streuung enthält, und eine T-Matrix, welche die Beiträge der Streuung enthält, Sf i =<f |S|i>=<f |i> +i(2π)4 δ (4) (Pf − Pi ) Tf i . 12 (5.58) Siehe z. B. J. D. Bjorken, S. D. Drell, Relativistische Quantenfeldtheorie, Bibliographisches Institut, Mannheim, 1967, und C. Itzykson, J.-B. Zuber, Quantum Field Theory, McGraw-Hill, New York, 1980. 132 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Dabei wird die aus der Erhaltung des Gesamtimpulses resultierende δ-Funktion herausgezogen. Die T-Matrix repräsentiert die Streuamplitude. Der Streuquerschnitt ist proportional zu |Tf i |2 . Der physikalisch wichtigste Fall ist natürlich der mit n = 2, für den der Streuquerschnitt 1 1 d3 p′m 1 d3 p′1 . . . (2π)4 δ (4) (Pf − Pi ) |Tf i |2 |~v1 − ~v2 | 2ωp1 2ωp2 (2π)3 2ωp′1 (2π)3 2ωp′m (5.59) lautet. Für den Fall m = 2 erhält man daraus einen Ausdruck in Form des Rutherfordschen Streuquerschnittes, indem man in das Schwerpunktsystem geht und die Differentiale d3 p′ durch Winkel und Raumwinkel ausdrückt. dσ = 5.2.3 Reduktionsformeln Die Reduktionsformeln von Lehmann, Symanzik und Zimmermann13 stellen den Zusammenhang zwischen der Streumatrix und den Green’schen Funktionen her. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass e (n) (p , . . . , p ) Pole besitzt von der Form G 1 n c ∼ p2j 1 . − m2 (5.60) Die S-Matrix-Elemente sind durch die Residuen der Pole gegeben. Für den Fall n = m = 2 lautet die Reduktionsformel <p3 , p4 |S|p1 , p2>=<p3 , p4 |p1 , p2> 1 + i4 Z3−2 2lim (p21 − m2 )(p22 − m2 )(p23 − m2 )(p24 − m2 ) 2 pj →m2 (5.61) e (4) (−p , −p , p , p )(2π)4 δ (4) (p + p − p − p ). ×G 1 2 3 4 1 2 3 4 c Im Ortsraum lautet die Reduktionsformel <p3 , p4 |S|p1 , p2>=<p3 , p4 |p1 , p2> Z 41 −2 + i Z3 d4 x1 . . . d4 x4 ei(−p1 x1 −p2 x2 +p3 x3 +p4 x4 ) × 2 (x1 − m2 )(x2 − m2 )(x3 − m2 )(x4 − m2 )G(4) c (x1 , . . . x4 ). (5.62) Die Reduktion besteht darin, dass Streuamplituden zwischen ein- und auslaufenden Zuständen durch Vakuum-Erwartungswerte ersetzt werden. Die Multiplikation mit den Faktoren p2j − m2 ist gleichbedeutend mit einer Division durch die entsprechenden Propagatoren. Dies bezeichnet man als eine „Amputation der äußeren Beine“. Analoge Formeln gelten für allgemeine Streuprozesse (n Teilchen → m Teilchen). 13 Harry Lehmann, Kurt Symanzik, Wolfhart Zimmermann, Nuovo Cimento 1, 205, (1955) 133 5.2 Green’sche Funktionen und S-Matrix Eine Herleitung der LSZ-Reduktionsformeln im kanonischen Formalismus findet man beispielweise bei Bjorken-Drell, Weinberg, Itzykson-Zuber oder Muta.14 Sie lassen sich auch störungstheoretisch begründen. Wir führen hier lediglich eine Plausibilitätsbetrachtung oder Beweisskizze vor.15 Im Fall, dass e (4) = G e (4) . Definitionsgemäß gilt keine zwei Impulse gleich sind, ist G c e (4) (p , . . . , p ) (2π)4 δ (4) (p + · · · + x ) G 1 4 1 4 = Z d4 x1 . . . d4 x4 ei(p1 x1 +···+p4 x4 ) <0|T ϕ(x1 ) . . . ϕ(x4 )|0> . (5.63) Sei t = max{x01 , x02 , x03 }. (5.64) Es ist <0|T ϕ(x1) . . . ϕ(x4 )|0>=Θ(x04 − t) <0|ϕ(x4)T ϕ(x1 ) . . . ϕ(x3 )|0> + weitere Terme mit x04 < t. (5.65) Betrachten wir den ersten Term, für den x04 ≥ t ist, und fügen einen vollständigen Satz von Ein-Teilchen-Zuständen ein, erhalten wir Z d4 x1 . . . d4 x4 ei(p1 x1 +···+p4 x4 ) Θ(x04 − t) × X <0|ϕ(x4)|n><n|T ϕ(x1) . . . ϕ(x3 )|0> . (5.66) n Analog zur Rechnung beim Propagator in Gleichung (5.26) fahren wir mit einer Zerlegung der Korrelationsfunktion fort. Für Ein-Teilchen-Zustände mit Impuls k µ , also P µ |n>= k µ |n>, benutzen wir <0|ϕ(x4)|n>= e−ikx4 <0|ϕ(0)|n> . (5.67) Ebenfalls ersetzen wir wieder Θ(x04 − t) = 14 i 2π Z +∞ −∞ 0 dω e−iω(x4 −t) , ω + iǫ ǫ → 0. (5.68) J. D. Bjorken, S. D. Drell, Relativistische Quantenfeldtheorie, Bibliographisches Institut, Mannheim, 1967; S. Weinberg, The Quantum Theory of Fields, Vol. 1, Cambridge University Press, 1995; C. Itzykson, J.-B. Zuber, Quantum Field Theory, McGraw-Hill, New York, 1980; T. Muta, Foundation of Quantum Chromodynamics, World Scientific, Singapur, 1998. 15 siehe S. Pokorski, Gauge Field Theories, Cambridge University Press, Cambridge, 2000; M. Le Bellac, Quantum and Statistical Field Theory, Clarendon Press, Oxford, 1992. 134 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Dann wird aus dem Integral über x4 Z d4 x4 ei(p4 −k)·x4 Θ(x04 − t) Z +∞ eiωt i 0 0 0 0 dω dx04 ei(p4 −k )x4 −iωx4 = (2π)3 δ (3) (~p4 − ~k) 2π −∞ ω + iǫ i(p04 −k 0 )t e = i(2π)3 δ (3) (~p4 − ~k) 0 p4 − k 0 + iǫ p04 + k 0 0 0 = i(2π)3 δ (3) (~p4 − ~k) ei(p4 −k )t . 2 2 (p4 ) − k + iǫ (5.69) Wir erkennen, dass die Ein-Teilchen-Zustände |n>= |k> mit k 2 = m2 einen Pol bei p24 = m2 produzieren. Andere Zustände können einen solchen Pol nicht liefern (dies entspricht gewissen Annahmen über das Spektrum). Der Pol entsteht durch die Integration über x04 bis ∞. Die anderen Terme mit anderen Zeitordnungen erstrecken sich nicht bis ∞ und können keinen solchen Pol liefern. Ersetzen wir nun Z 3 X dk (5.70) −→ 2ωk n und benutzen <0|ϕ(0)|k>= erhalten wir q Z3 , (5.71) e (4) (p , . . . , p )(2π)4 δ (4) (Σp ) lim (p42 − m2 )G 1 4 i p24 →m2 = Z 4 4 4 i(p1 x1 +p2 x2 +p3 x3 ) d x1 d x2 d x3 e Z d3 k <0|ϕ(0)|k> (2π)3 2ωk × i(2π)3 δ (3) (~p4 − ~k) 2ωk <k|T ϕ(x1)ϕ(x2 )ϕ(x3 )|0> q = i Z3 Z d4 x1 d4 x2 d4 x3 ei(p1 x1 +p2 x2 +p3 x3 ) <p4 |T ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 )|0> . (5.72) Damit wurde x4 eliminiert und der erste Schritt zur Reduktionsformel ist getan. Eine ähnliche Prozedur muss noch dreimal auf ϕ(x1 ), ϕ(x2 ) und ϕ(x3 ) angewandt werden und liefert letztendlich die oben angeführte Reduktionsformel. (Der Faktor 1/2 kommt aus der Normierung der Zwei-TeilchenZustände.) 5.3 Störungstheorie S-Matrix-Elemente und Streuquerschnitte können mit störungstheoretischen Methoden berechnet werden. Bevor wir den allgemeinen Formalismus bespre- 135 5.3 Störungstheorie chen, der zu den Feynman-Diagrammen und Feynman-Regeln führt, wollen wir ein spezielles Beispiel betrachten, nämlich die Mott-Streuung. 5.3.1 Beispiel: Mott-Streuung Die Darstellung in diesem Abschnitt folgt Nachtmann16 . Mott-Streuung bezeichnet die elastische Streuung eines relativistischen Spin 21 -Teilchens an einem äußeren statischen Potenzial Insbesondere ist damit die Streuung eines Elektrons an einem Atomkern mit Kernladungszahl Z gemeint. e− (~p, s) R Ze0 ρ(~r ) d3 r ρ(~r ) = 1 (~p ′ , s′ ) Das statische Potential Φ(~r ) genügt der Poisson-Gleichung ∆Φ(~r ) = − Ze0 . ǫ0 ρ(~r ) (5.73) Das Elektron wird durch das quantisierte Dirac-Feld beschrieben. Der Hamiltonoperator des Dirac-Feldes ist die Summe des freien Anteils und der Wechselwirkung, H = H0 + HI (t), Z HI = − d3 r LI = −e0 Z (5.74) d3 r ψ(x)γ 0 ψ(x) Φ(~r ). (5.75) Ein- und auslaufende Zustände des Dirac-Feldes werden bezeichnet mit |i>= |~p, s> = b†s (~p )|0>, |f>= |~p ′ , s′>= b†s′ (~p ′ )|0>, (5.76) wobei die Erzeugungsoperatoren b†s (~p ) aus der Entwicklung von ψW (x) im Wechselwirkungsbild nach ebenen Wellen kommen, siehe (4.203). Im folgenden schreiben wir an Stelle von bs (~p ) und b†s (~p ) auch einfach bs (p) und b†s (p) und ebenso für die Zustände. 16 O. Nachtmann, Phänomene und Konzepte der Elementarteilchenphysik, Vieweg, Braunschweig, 1992. 136 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Wir werden die Streumatrixelemente in der Born’schen Näherung auswerten. Dazu brechen wir Z Sf i =<f |S|i>=<f |i> −i (w) dt <f |HI (t)|i> + . . . (5.77) nach dem Glied erster Ordnung der Störungstheorie ab. Zunächst gilt für den Überlapp-Term bei ~p 6= ~p ′ i h <f |i> =<0|bs′ (p′ )b†s (p)|0>=<0| bs′ (p′ ), b†s (p) |0> = (2π)3 2ωp δ (3) (~p − p~ ′ )δs,s′ =: δf i . (5.78) Bis zur ersten nicht trivialen Ordnung hat man Sf i = δf i + ie0 = δf i + ie0 X r1 ,r2 Z Z Z dt d3 r <p′ , s′ | ψ(x)γ 0 ψ(x)Φ(~r )|p, s> Z d4 x Φ(~r ) n d3 k1 d3 k2 (2π)6 2ωk1 2ωk2 <0|bs′ (p′ ) b†r1 (k1 )u(r1 ) (k1 )eik1 ·x + dr1 (k1 )v (r1 ) (k1 )e−ik1 ·x n o o γ 0 b†r2 (k2 )u(r2 ) (k2 )e−ik2 ·x + d†r2 (k2 )v (r2 ) (k2 )eik2 ·x b†s (p)|0> . (5.79) Jetzt werden die Vernichtungsoperatoren nach rechts und die Erzeugungsoperatoren nach links getauscht. Dafür verwendet man die Antikommutatorregeln; zum Beispiel ist <0|b1 b†2 b3 b†4 |0> =<0| h h i b1 , b†2 + =<0| b†1 , b2 i h + − b†2 b1 h b3 , b4 † i |0>, (s′ ) ′ b†3 , b4 + i + − b†4 b3 |0> (5.80) weil die zahlenwertigen Antikommutatoren mit den Operatoren vertauschen. Mit b|0>= d|0>= 0 folgt nach etwas Algebra Sf i = δf i + ie0 Z 4 i(p′ −p)·x d x Φ(~r ) e = δf i + ie0 2πδ(p′ 0 − p0 ) Z u 0 (s) (p )γ u (p) p0 =ωp p′0 =ωp′ d3 r Φ(~r ) e−i(~p ′ −~ p)·~ r ′ u(s ) (p′ )γ 0 u(s) (p) (5.81) e p′ − p = δf i + ie0 2πδ(p′ 0 − p0 ) Φ(~ ~ ) u(s ) (p′ )γ 0 u(s) (p). ′ Der Faktor δ(p′ 0 − p0 ) garantiert die Energieerhaltung bei der Streuung. p~ − p~ ′ = ~q ist die Impulsänderung des Elektrons. Die auftretende Fouriertransformierte des Streupotenzials, e q) Φ(~ = Z d3 r ei~q·~r Φ(~r ) (5.82) 137 5.3 Störungstheorie hängt mit dem Formfaktor F (~q ) zusammen, der Fouriertransformierten der Ladungsverteilung, Z F (~q ) := d3 r ei~q·~r ρ(~r). (5.83) Die Poissongleichung für das elektrostatische Potenzial liefert nämlich − Ze0 ρ(~r ) = ∆Φ(~r) = ǫ0 Z und nach Rücktransformation d3 q e q) (−~q 2 ) e−i~q·~r Φ(~ (2π)3 e q) = − − ~q 2 Φ(~ Ze0 F (~q ). ǫ0 (5.84) (5.85) Die S-Matrixelemente sind also Sf i = δf i + i 2πδ(p′ 0 − p0 ) Ze20 1 ′ F (~q ) u(s ) (p′ )γ 0 u(s) (p). 2 ǫ0 ~q (5.86) Sie enthalten den Spinor des einlaufenden Elektrons u(s) (p), des auslaufenden ′ Elektrons u(s ) (p′ ) und den Formfaktor F (~q ) als Funktion des Impulsübertrags ~q. Wir können die Terme der S-Matrix mit den folgenden Bildelementen assoziieren. u ie0 γ 0 2πδ(p′ 0 − p0 ) Ze0 q) ǫ0 F (~ u Faktor 1 q~ 2 Kern Für einen punktförmigen Kern wäre die Ladungsverteilung eine δ-Funktion ρ(~r ) = δ (3) (~r ) ⇒ F (~q ) = 1. (5.87) Berechnung des Streuquerschnitts Wir schreiben das S-Matrix-Element als Sf i = δf i + i 2πδ(p′ 0 − p0 ) Mf i . (5.88) Wie groß ist die Übergangswahrscheinlichkeit w für den Übergang (p, s) −→ (p′ , s′ )? Sie ist zunächst einmal proportional zu |Sf i |2 . Falls |i>6= |f >, wird 138 5 WECHSELWIRKENDE FELDER die Wahrscheinlichkeit für einen Übergang in ein Volumenelement des Impulsraumes d 3 p′ . (5.89) |Sf i |2 −→ [2πδ(p′ 0 − p0 )]2 |Mf i |2 (2π)3 2ωp′ Das Quadrat der Deltafunktion ist aber keine Distribution mehr, so dass dieser Ausdruck nicht sinnvoll ist. Betrachten wir einen der beiden Faktoren: ′0 0 2πδ(p − p ) = lim Z T T →∞ −T i(p′ 0 −p0 )t dt e = lim Z T T →∞ −T dt für p′ 0 − p0 = 0. (5.90) Dieser unendliche Faktor repräsentiert das gesamte Zeitintervall. Eine genauere Betrachtung des Streuvorgangs mit Hilfe von Wellenpaketen zeigt, dass die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeit, also die Übergangsrate ẇ, sinnvoll definiert werden kann. Sie ist gegeben durch ẇ = 2πδ(p′ 0 − p0 ) |Mf i |2 d 3 p′ . (2π)3 2ωp′ (5.91) Der Streuquerschnitt ist dann dσ = Z ẇ dp′ 0 , |jin | (5.92) wobei jin die Stromdichte der einfallenden Teilchen ist. Sie lautet jin = 2p0 |~v | = 2|~p | = 2|~p ′ |. (5.93) Weiterhin schreiben wir das Volumenelement im Impulsraum in Kugelkoordinaten, d3 p′ = |~p ′ | d|~p ′ | dΩ, (5.94) und benutzen so dass |~p ′ | d|~p ′ | = p′ 0 dp′ 0 , (5.95) d 3 p′ 1 = |~p ′ |dp′ 0 dΩ. 2ωp′ 2 (5.96) Es folgt 1 |Mf i |2 dΩ. (5.97) 16π 2 Für den Fall, dass der einlaufende Strahl nicht polarisiert ist, muss man P über die Polarisationen im Anfangszustand mitteln, d.h. 12 s . . . bilden. Für den Endzustand gilt: falls die Polarisation des auslaufenden Strahles nicht dσ = 139 5.3 Störungstheorie detektiert wird, hat man eine Summation Endzustand zu bilden. Es ist P s′ . . . über die Polarisationen im 2 1 X ′ ′ u(s ) (p′ )γ 0 u(s) (p) u(s) (p)γ 0 u(s ) (p′ ) 2 s,s′=1 i 1 h Sp (γµ p′µ + m)γ 0 (γν pν + m)γ 0 2 = 2 (p0 )2 + ~p ′ · p~ + m2 = (5.98) ! θ = 4 ~p cos + m2 . 2 2 Hier wurde X 2 u(s) (p) u(s) (p) = γν pν + m (5.99) s benutzt und der Streuwinkel durch ~p ′ · ~p |~p ′ | |~p| cos θ = eingeführt. Mit (5.100) |~q |2 = (~p − p~ ′ )2 = 4|~p |2 sin2 erhält man schließlich " Ze20 dσ = dΩ 4πǫ0 #2 cos2 θ 2 + m2 |~ p |2 4|~p |2 sin4 θ2 θ 2 |F (~q )|2 . (5.101) (5.102) Der sin4 2θ -Term im Nenner stammt vom Impulsübertrag ~q 2 . Für einen punktförmigen Kern ergibt sich mit F (~q ) = 1 die nach Sir Melville Mott benannte Mott-Formel. Im nichtrelativistischen Grenzfall ist |~p | << m und |~p |2 = 2mEkin , so dass " Ze20 dσ = dΩ 4πǫ0 #2 Dies ist die Rutherford-Streuformel. 5.3.2 1 . 2 Ekin 16 sin4 θ2 (5.103) Gell-Mann-Low-Formel Das Ziel ist es nun, eine Systematik für das Aufstellen der Störungsreihe zu finden. Nach unseren bisherigen Überlegungen läuft dies darauf hinaus, auf systematische Weise die Green’schen Funktionen G(n) (x1 , . . . , xn ) =<0|T ϕ(x1) · · · ϕ(xn )|0> (5.104) 140 5 WECHSELWIRKENDE FELDER zu berechnen. Die Systematik entwickeln wir übersichtlich am Beispiel des reellen skalaren Feldes. Die Idee, die wir verfolgen, ist dabei • Zerlegung des Hamiltonoperators in den Anteil des freien Feldes H0 und den Rest HI . • Übergang ins Wechselwirkungsbild. • Störungstheorie in allen Ordnungen der Entwicklung nach Potenzen von HI . • Die ungestörte Theorie ist dabei die freie Feldtheorie. Sei also H = H0 + HI . Der Feldoperator ϕW im Wechselwirkungsbild ist ϕW (x) = e−iH0 (t−t0 ) ϕ(t0 , ~r )eiH0 (t−t0 ) = U0−1 (t − t0 )ϕ(t0 , ~r )U0 (t − t0 ) (5.105) ϕ(x) = eiH(t−t0 ) ϕ(t0 , ~r )e−iH(t−t0 ) , (5.106) und die volle Zeitentwicklung von ϕ im Heisenbergbild ist falls H zeitunabhängig ist, oder generell ϕ(x) = U −1 (t, t0 )ϕ(t0 , ~r )U(t, t0 ). (5.107) ϕ(x) = U −1 (t, t0 )U0 (t, t0 )ϕW (x)U0−1 (t, t0 )U(t, t0 ) = W −1 (t, t0 )ϕW (x)W (t, t0 ). (5.108) Es folgt Dabei ist die unitäre Transformation W (t, t0 ) durch die Dyson-Reihe gegeben −i W (t, t0 ) = T e W (t1 , t2 ) erfüllt Rt t0 HI (t′ ) dt′ W (t1 , t2 ) = W −1 (t2 , t1 ), W (t3 , t2 )W (t2 , t1 ) = W (t3 , t1 ), (5.109) . (t3 > t2 > t1 ). (5.110) Beweis: Die erste Formel ist klar, die zweite Formel erhält man aus −i W (t3 , t2 )W (t2 , t1 ) = T e R t3 t2 HI (t′ ) dt′ −i Te R t2 t1 HI (t′′ ) dt′′ hier ist t3 ≥ t′ ≥ t2 und t2 ≥ t′′ ≥ t1 −i R t3 HI (t′ ) dt′ −i =T e =W (t3 , t1 ). t2 R t2 t1 HI (t′′ ) dt′′ (5.111) 141 5.3 Störungstheorie Das Ergebnis ist auch richtig, wenn t1 < t2 < t3 nicht gilt.17 Da wir uns für zeitgeordnete Produkte der Feldoperatoren ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn ) interessieren, nehmen wir ohne Einschränkung der Allgemeinheit an, dass x01 > x02 > . . . > x0n ist. Damit folgt ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn ) = W −1 (t1 , t0 )ϕW (x1 ) × W (t1 , t0 )W −1 (t2 , t0 ) ϕW (x2 ) · · · W −1 (tn , t0 )ϕW (xn )W (tn , t0 ) | {z } W (t1 ,t0 )W (t0 ,t2 )=W (t1 ,t2 ) = W −1 (t1 , t0 )ϕW (x1 )W (t1 , t2 )ϕW (x2 ) . . . W (tn−1 , tn )ϕW (xn )W (tn , t0 ). ϕW (xn ) tn −τ ϕW (x2 ) ϕW (x1 ) ... t2 +τ t1 t Seien τ > t1 , tn > −τ , dann ist ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn ) = W −1 (τ, t0 ) W (τ, t1 )ϕW (x1 )W (t1 , t2 )ϕW (x2 ) . . . W (tn−1, tn )ϕW (xn )W (tn , −τ ) W (−τ, t0 ). Das Produkt in der großen geschweiften Klammer ist automatisch zeitgeordnet, darum kann man die Faktoren W (∗, ∗) in der geschweiften Klammer nach rechts verschieben, wenn man vor die Klammer den Zeitordnungsoperator T setzt. Fasst man W (τ, t1 )W (t1 , t2 ) · · · W (tn , −τ ) = W (τ, −τ ), zusammen, so erhält man ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn ) n −i =W −1 (τ, t0 ) T ϕW (x1 ) · · · ϕW (xn ) e Im Limes τ → ∞ gibt das <0|T ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn )|0> =<0|W 17 −1 Rτ −i (∞, t0 )T ϕW (x1 ) · · · ϕW (xn ) e −τ HI (t) dt R +∞ −∞ o W (−τ, t0 ). HI (t) dt W −1 (t0 , −∞)|0> . Siehe: M. Maggiore, A Modern Introduction to Quantum Field Theory, Oxford Univ. Press, New York, 2005, S.118. 142 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Der Vakuumzustand im Wechselwirkungsbild ist bis auf einen Phasenfaktor eindeutig, so dass wir W −1 (t0 , −∞)|0>= eiα |0>W <0|W −1(∞, t0 ) =W <0|eiβ haben, und damit <0|T ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn )|0> = ei(α+β) −i W <0|T ϕW (x1 ) · · · ϕW (xn ) e R +∞ −∞ HI (t) dt |0>W . Der Phasenfaktor hängt nicht von der Anzahl n der Feldfaktoren ab, man bekommt ihn daher mit n = 0 : i(α+β) 1 =<0|0>= e W −i <0|T e R +∞ −∞ HI (t) dt |0>W . Insgesamt folgt aus dieser Rechnung die Gell-Mann-Low-Formel: −i <0|T ϕ(x1) · · · ϕ(xn )|0>= W <0|T ϕW (x1 ) · · · ϕW (xn ) e W −i <0|T e R +∞ −∞ HI (t) dt R +∞ −∞ HI (t) dt |0>W . |0>W (5.112) Der Nutzen der Formel liegt darin, dass auf der rechten Seite nur Matrixelemente vorkommen, die mit der freien Feldtheorie bestimmt werden können. Da für wechselwirkende Felder kaum exakte Lösungen existieren, bietet die Gell-Mann-Low-Formel die Möglichkeit, die S-Matrixelemente durch Reihenentwicklung der Exponentialfunktion −i e R HI (t) dt =1−i Z 1Z HI (t) dt − HI (t)HI (t′ ) dtdt′ + . . . 2 (5.113) durch die Green’schen Funktionen auszudrücken. Dies liefert die Störungstheorie in Form einer Entwicklung nach Potenzen von HI . Es treten letztendlich Terme von der Gestalt W <0|T ϕW (x1 ) · · · ϕW (xn )|0>W (5.114) auf. 5.3.3 Wick’sches Theorem Die nun noch verbleibende Aufgabe ist die Berechnung von G(n) (x1 , . . . , xn ) =<0|T ϕ(x1) · · · ϕ(xn )|0> (5.115) 143 5.3 Störungstheorie in der freien Feldtheorie. Zur Erinnerung: das freie Feld wird zerlegt als (−) ϕ(x) = ϕ(+) (x) + ϕ(−) (x), wobei ϕ(+) Vernichtungsoperatoren Er-i h a und ϕ † (+) (−) zeugungsoperatoren a enthält. Daher ist der Kommutator ϕ (x), ϕ (y) eine gewöhnliche Funktion. Sie kann folgendermaßen bestimmt werden: h i h i ϕ(+) (x), ϕ(−) (y) =<0| ϕ(+) (x), ϕ(−) (y) |0>=<0|ϕ(+)(x) ϕ(−) (y)|0> =<0|ϕ(x) ϕ(y)|0>= ∆+ (x − y). (5.116) Beginnen wir mit dem einfachsten Fall n = 2. Es sei x0 > y 0 . T ϕ(x)ϕ(y) = ϕ(x)ϕ(y) = (ϕ(+) (x) + ϕ(−) (x)) (ϕ(+) (y) + ϕ(−) (y)) = ϕ(+) (x)ϕ(+) (y) + ϕ(−) (x)ϕ(+) (y) + ϕ(−) (x)ϕ(−) (y) + ϕ(+) (x)ϕ(−) (y) = ϕ(+) (x)ϕ(+) (y) + ϕ(−) (x)ϕ(+) (y) + ϕ(−) (x)ϕ(+) (y) + ϕ(−) (x)ϕ(−) (y) h + ϕ(+) (x), ϕ(−) (y) h i = : ϕ(x)ϕ(y) : + ϕ(+) (x), ϕ(−) (y) (5.117) i = : ϕ(x)ϕ(y) : + <0|ϕ(x)ϕ(y)|0> = : ϕ(x)ϕ(y) : + <0|T ϕ(x)ϕ(y)|0> . Falls umgekehrt y 0 > x0 ist, erhält man bei dieser Rechnung T ϕ(x)ϕ(y) = ϕ(y)ϕ(x) = : ϕ(y)ϕ(x) : + <0|T ϕ(y)ϕ(x)|0>, das ist aber das gleiche Ergebnis wie oben, weil T ϕ(x)ϕ(y) und : ϕ(x)ϕ(y) : symmetrisch in x und y sind. Der auftretende Erwartungswert ist der weiter oben eingeführte FeynmanPropagator <0|T ϕ(x)ϕ(y)|0>= i∆F (x − y). (5.118) Mittels des Propagators wird der Begriff der Kontraktion definiert: für ein normalgeordnetes Produkt von Feldern besteht eine Kontraktion in der Ersetzung von zwei Feldern durch den Propagator. Für zwei Felder bedeutet das ϕ(x1 )ϕ(x2 ) =<0|T ϕ(x1 )ϕ(x2 )|0> . (5.119) Zwei Beispiele für vier Felder sind : ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 )ϕ(x4 ) : = ϕ(x1 )ϕ(x2 ) : ϕ(x3 )ϕ(x4 ) : : ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 )ϕ(x4 ) : = ϕ(x1 )ϕ(x3 ) : ϕ(x2 )ϕ(x4 ) : . 144 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Es können auch mehrere Kontraktionen angebracht werden: : ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 )ϕ(x4 )ϕ(x5 )ϕ(x6 ) : = ϕ(x1 )ϕ(x3 )ϕ(x2 )ϕ(x5 ) : ϕ(x4 )ϕ(x6 ) : . (5.120) Das Wick’sche Theorem besteht in der Verallgemeinerung von Gl. (5.117) und lautet T ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn ) = : ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn ) : (0 Kontraktionen) (1 Kontraktion) + : ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 ) · · · ϕ(xn ) : + ... alle anderen Terme mit 1 Kontraktion + : ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 )ϕ(x4 )ϕ(x5 ) · · · ϕ(xn ) : + ... alle anderen Terme mit 2 Kontraktionen + ... + : ϕ(x1 )ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn−1 )ϕ(xn ) : ( n2 Kontraktionen, n gerade) Kontrakt., n ungerade) : ϕ(x1 )ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn−2 )ϕ(xn−1 )ϕ(xn ) : ( n−1 2 + ... alle anderen Terme dieserArt =: K(ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn )). (5.121) Das Symbol K(ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn )) bezeichnet die Summe über alle möglichen Kontraktionen. Mit dem Wick’schen Theorem erhält man also eine komplette Zerlegung des zeitgeordneten Produktes in normalgeordnete Produkte und Propagatoren. Den Beweis werden wir weiter unten skizzieren. Zunächst die wichtigsten Folgerungen: <0|T ϕ(x1) · · · ϕ(xn )|0>= 0, falls n ungerade (5.122) und <0|T ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn )|0> n =i 2 X Paarungen ∆F (xi1 − xi2 ) · · · ∆F (xin−1 − xin ), falls n gerade. (5.123) Die Summationsvorschrift „alle Paarungen“ bedeutet, dass über alle Zerlegungen der Menge {1, 2, . . . , n} in 2-elementige Teilmengen (ungeordnete „Paare“) summiert wird18 . Diese Formeln folgen daraus, dass die Erwartungswerte von normalgeordneten Produkten von Feldoperatoren verschwinden, 18 Die Zahl der Summanden ist der Multinomialkoeffizient n! . (2!)n/2 145 5.3 Störungstheorie <0| : A : |0>= 0, und deshalb im Wick’schen Theorem nur die Terme beitragen, in denen alle Felder kontrahiert sind. Weil G(n) (x1 , . . . , xn ) aus einer Summe über alle ΠG(k) mit allen möglichen c Zerlegungen (Partitionen) von {1, 2, . . . , n} besteht, folgt hieraus, dass für die freie Feldtheorie alle G(k) c mit k > 2 keine Beiträge liefern dürfen, also G(n) c = 0 für n > 2. (5.124) Die Gültigkeit des Wick’schen Theorems soll jetzt für n = 3 explizit gezeigt werden. Sei x01 > x02 und x01 > x03 . Dann ist nach dem Wick’schen Theorem für n = 2 T ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 ) = ϕ(x1 )T ϕ(x2 )ϕ(x3 ) = ϕ(+) (x1 ) + ϕ(−) (x1 ) : ϕ(x2 )ϕ(x3 ) : + ϕ(x2 )ϕ(x3 ) = ϕ(+) (x1 ) : ϕ(x2 )ϕ(x3 ) : + ϕ(−) (x1 ) : ϕ(x2 )ϕ(x3 ) : + ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 ). (5.125) Wir verkürzen die Notation mit ϕk := ϕ(xk ), und gehen stückweise vor: (+) ϕ1 (+) : (ϕ2 (+) (+) : ϕ2 ϕ3 : = ϕ1 (+) (−) (+) = ϕ1 (ϕ2 ϕ3 (+) (+) (+) = ϕ1 ϕ2 ϕ3 (+) h (−) (+) h h (+) (+) h (+) (−) + ϕ1 , ϕ3 (+) (−) (+) (−) (+) (−) (+) (−) (−) i i i (+) ϕ2 (+) ϕ2 h (+) (+) (+) (−) (−) ϕ2 (+) (+) (−) (+) + (−) h (+) i | h (+) ϕ3 (+) (−) ϕ2 ϕ1 ϕ3 {z i (+) h } (−) (−) (+) +ϕ2 ϕ3 ϕ1 (+) (−) ϕ1 ,ϕ3 (−) (−) i (+) (+) (−) + ϕ2 ϕ1 ϕ3 + ϕ1 , ϕ2 = : ϕ1 ϕ2 ϕ3 : + ϕ1 , ϕ3 (−) (−) ϕ3 (−) + ϕ3 ϕ1 ϕ2 + ϕ2 ϕ1 ϕ3 (+) h (−) + ϕ2 ϕ3 ) (+) ϕ3 + ϕ3 ϕ1 ϕ2 i (+) + ϕ2 ϕ3 + ϕ1 , ϕ3 + ϕ1 , ϕ2 = ϕ1 ϕ2 ϕ3 + ϕ3 ) : + ϕ3 ϕ2 + ϕ1 , ϕ2 (+) (−) + ϕ2 )(ϕ3 (+) (−) + ϕ1 , ϕ2 (−) ϕ2 + ϕ1 , ϕ2 (−) (+) + ϕ2 ϕ3 ϕ1 i ϕ3 . i (−) ϕ3 (−) + ϕ2 Diese Terme sind jetzt normalgeordnet. (−) Der zweite Term in (5.125), ϕ1 : ϕ2 ϕ3 :, ist bereits normalgeordnet, so dass (+) ϕ1 : ϕ2 ϕ3 : = (ϕ1 (−) + ϕ1 ) : ϕ2 ϕ3 : h (+) (−) = : ϕ1 ϕ2 ϕ3 : + ϕ1 , ϕ3 i h (+) (−) ϕ2 + ϕ1 , ϕ2 = : ϕ1 ϕ2 ϕ3 : +ϕ1 ϕ3 ϕ2 + ϕ1 ϕ2 ϕ3 . i ϕ3 (5.126) h (+) (−) ϕ1 , ϕ3 i 146 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Insgesamt erhält man T ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 ) = : ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 ) : + ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x3 ) + ϕ(x1 )ϕ(x3 )ϕ(x2 ) + ϕ(x2 )ϕ(x3 )ϕ(x1 ). (5.127) Skizze des Beweises für beliebige n:19 Der Beweis erfolgt durch vollständige Induktion. Für n = 1, 2, 3 ist das Wick’sche Theorem bereits bewiesen. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit (0) (0) sei x1 > xk für k = 2, . . . , n. Die Behauptung gelte für alle m < n. Es ist T ϕ(x1 ) · · · ϕ(xn ) = ϕ(x1 )T ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn ) = ϕ(+) (x1 ) + ϕ(−) (x1 ) K(ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn )) = ϕ(−) (x1 )K(ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn )) + K(ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn )) ϕ(+) (x1 ) h (5.128) i + ϕ(+) (x1 ), K(ϕ(x2 ) · · · ϕ(xn )) . Die ersten beiden Summanden enthalten alle Kontraktionen, die nicht ϕ(x1 ) beinhalten. Sie sind normalgeordnet. Der dritte Summand enthält alle Kontraktionen vom Typ h i ϕ(+) (x1 ), ϕ(−) (xk ) = ϕ(x1 )ϕ(xk ), (5.129) die ϕ(x1 ) beinhalten. Die Terme sind normalgeordnet. Insgesamt sind es alle möglichen Kontraktionen. 5.3.4 Feynman-Diagramme für die ϕ4 -Theorie Mit der Gell-Mann-Low-Formel und dem Wick’schen Theorem stehen jetzt die Mittel bereit, um die Terme in der Störungstheorie zu beliebigen Ordnungen systematisch zu erzeugen und in Form von Feynman-Diagrammen graphisch zu symbolisieren. Anhand der ϕ4 -Theorie soll exemplarisch das grundsätzliche Vorgehen bei der Berechnung der Störungsreihe für ein wechselwirkendes Feld vorgeführt werden. Es sei also Z 19 HI (t)dt = − Z g Z 4 LI d x = ϕ (x) d4 x. 4! 4 (5.130) Siehe: J. D. Bjorken, S. D. Drell, Relativistische Quantenfeldtheorie, Bibliographisches Institut, Mannheim, 1967, und W. Greiner, J. Reinhardt, Theoretische Physik, Bd. 7A, Feldquantisierung, Harri Deutsch, 1993, S. 260. 147 5.3 Störungstheorie Betrachten wir die Gell-Mann-Low-Formel für die Zweipunkt-Green’sche Funktion R +∞ HI (t) dt −i −∞ |0> <0|T ϕ(x )ϕ(x )e 1 2 . (5.131) G(2) (x1 , x2 ) = Nenner Den Nenner behandeln wir später. Im Zähler steht als Faktor in einem zeitgeordneten Produkt die Dyson-Reihe, ig 1− 4! Z 1 −ig d x(ϕ(x)) + 2 4! 4 4 2 Z d4 xd4 y(ϕ(x))4 (ϕ(y))4 + . . . . (5.132) Der erste Term, die Näherung nullter Ordnung, liefert <0|T ϕ(x1)ϕ(x2 )|0>= i∆F (x1 − x2 ), (5.133) also den freien Propagator. Er wird symbolisiert durch x1 = x2 i∆F (x1 − x2 ). Der zweite Term ist −i g 4! Z <0|T ϕ(x1 )ϕ(x2 ) (ϕ(x))4 |0> d4 x. (5.134) (5.135) Es gibt 15 Möglichkeiten, Kontraktionen zu bilden. (Der erste Faktor kann sich mit 5 freien ϕ(x⋆ ) paaren, der zweite dann nur noch mit 3 freien, der dritte hat nur eine Möglichkeit.) Von diesen 15 Möglichkeiten gibt es zwei Typen 3 mal ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x)ϕ(x)ϕ(x)ϕ(x). (5.136) Hierbei können die vier hinteren Feldoperatoren auf drei Weisen verpaart werden. Der zweite Typ von möglichen Kontraktionen wird vertreten durch 12 mal ϕ(x1 )ϕ(x2 )ϕ(x)ϕ(x)ϕ(x)ϕ(x). (5.137) Hierbei kann ϕ(x1 ) auf 4 Weisen verpaart werden und anschließend kann ϕ(x2 ) noch unter 3 Partnern wählen. Die dritte Kontraktion ist danach festgelegt. Der erste Typ von Kontraktionen wird symbolisiert durch x x1 (5.138) x2 und der zweite Typ wird symbolisiert durch 148 5 WECHSELWIRKENDE FELDER (5.139) x1 x x2 In diesen Graphen lässt sich ein Symbol für den Wechselwirkungsterm ausmachen, nämlich = −ig Z d4 x (5.140) Nun bleibt noch der Faktor 4!1 . Man verrechnet ihn mit dem Faktor, der das vielfache Auftreten des Graphen berücksichtigt und schreibt das Ergebnis als so genannten Symmetriefaktor an den Graphen. 1 3 = , 4! 8 Symmetriefaktoren sind hier: 12 1 = . 4! 2 Damit ist der Feynman-Graph für den zweiten Term der Reihe, also die Näherung erster Ordnung für die Wechselwirkung fertig: x 1 x2 8 x1 1 2 x1 + x (5.141) x2 Der dritte Term der Reihe wird durch die folgenden 7 Graphen ausgedrückt 1 128 + x1 + x2 1 4 x1 x2 + 1 16 x1 1 4 x1 x2 x2 + + 1 48 x1 1 6 x1 x2 + 1 16 x1 x2 x2 (5.142) Jetzt zum Nenner in der Gell-Mann-Low-Formel. Er besteht nur aus der Exponentialreihe. Die Felder ϕ(x1 ) und ϕ(x2 ) kommen darin nicht vor. Darum stehen für diese Reihe nur die Graphen, die nicht mit äußeren Punkten verbunden sind. Solche Graphen heißen Vakuumgraphen. <0|T 1 − 1 =1+ 8 ig 4! Z d4 x(ϕ(x))4 + . . . |0> 1 + 128 1 + 16 1 + 48 (5.143) + ... 149 5.3 Störungstheorie Die Vakuumgraphen treten auch als Faktoren im Zähler auf; er lautet 1+ + 1 2 1 4 1 + 4 1 + 6 + 1+ 1+ 1+ 1+ 1 8 1 8 1 8 1 8 1 8 1 + 128 1 + 16 1 + 48 + ... + ... + ... + ... + ... + ... (5.144) Es gilt: Die Vakuumgraphen kürzen sich zwischen Zähler und Nenner heraus. Den Beweis, der etwas Kombinatorik erfordert, lassen wir aus. Damit haben wir die Green’sche Funktion im Ortsraum bis zur zweiten Ordnung im ϕ4 -Wechselwirkungsterm gefunden. Sie lautet G(2) (x1 , x2 ) = + + 1 2 1 4 + 1 4 + 1 6 . (5.145) Die Feynman Regeln Die Graphen enthalten Propagatoren, Vertices und Symmetriefaktoren: Propagator : x1 x2 = i∆F (x1 − x2 ) (5.146) Vertex : = −ig Z d4 x . . . Die Symmetriefaktoren, also die Vorfaktoren der einzelnen Graphen, sind gegeben durch die Anzahl der beitragenden Kontraktionen: 1 . (5.147) n! Der Symmetriefaktor ist auch gegeben durch die Mächtigkeit S der Symmetriegruppe des Graphen, wobei die äußeren Beine festgehalten werden: Symmetriefaktor = Anzahl der Kontraktionen × Symmetriefaktor = 1 1 = . S |Symmetriegruppe| (5.148) 150 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Die Symmetriegruppe eines Graphen besteht aus allen Abbildungen des Graphen auf sich selbst, bei denen die äußeren Beine festgehalten werden. Bildlich kann man kann sich vorstellen, dass die Linien des Graphen Gummibänder sind, die an den Vertices und an den festen äußeren Punkten angeknüpft sind. Alle Bewegungen, bei denen die Vertices und Gummibänder untereinander vertauscht werden ohne dass die Verknüpfungen gelöst werden, und die wieder den gleichen Graphen ergeben, bilden die Symmetriegruppe. Zur Symmetriegruppe gehören unter Anderem: Umklappen von Schleifen, Permutationen gleicher Untergraphen und Permutationen der Verbindungen zwischen zwei Vertices. Eine Warnung ist am Platz: sicherer als die Bestimmung der Symmetriegruppe ist das aufwändigere, aber eventuell weniger fehleranfällige Abzählen der Kontraktionen. Beispiele für Symmetriefaktoren: Propagator-Graphen S=2 S =2·2 S = 3! = 6 (Permutationen) Vakuumgraphen S =2·2·2=8 S = 2 · 8 · 8 = 128 S = 4! · 2 = 48 (Permutationen und Rechts-Links-Spiegelung) 151 5.3 Störungstheorie Als weiteres Beispiel betrachten wir die 4-Punkt-Green’sche Funktion. G(4) (x1 , x2 , x3 , x4 ) = x1 x4 x2 x3 + + + 1 + 2 + + + + + + + + + ... (5.149) + . Unter diesen Graphen gibt es zusammenhängende und nicht zusammenhängende Exemplare. Es gilt (ohne Beweis): Die zusammenhängenden Graphen gehören zu den zusammenhängenden GreenFunktionen. Gc (x1 , . . . , xn ) = X (zusammenhängende Diagramme). (5.150) In diesem Beispiel ist G(4) c (x1 , x2 , x3 , x4 ) = 1 + 2 1 + 2 1 + 2 1 + 2 (5.151) + ... Der führende Term dieser Reihe ist = −ig Z d4 x ∆F (x1 − x)∆F (x2 − x)∆F (x3 − x)∆F (x4 − x). (5.152) Feynman-Regeln im Impulsraum In der Praxis werden die Propagatoren im Impulsraum verwendet, weil die Rechnungen dort einfacher sind. Der Feynman Propagator ist i∆F (x) = i Z Z d4 k e−ikx d4 k −ikx e = i e ∆F (k). (2π)4 k 2 − m2 + iǫ (2π)4 (5.153) 152 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Damit lässt sich das obige Diagramm schreiben als = −ig Z Z d4 x i∆F (x1 − x) · · · i∆F (x4 − x) Z d4 k1 ... (2π)4 Z d4 k4 i(k1 +k2 +k3 +k4 )x e (2π)4 i i ... 2 e−i(k1 x1 +k2 x2 +k3 x3 +k4 x4 ) 2 2 k1 − m + iǫ k4 − m2 + iǫ Z Z d4 k1 d4 k4 = −ig . . . (2π)4 δ(k1 + k2 + k3 + k4 ) (2π)4 (2π)4 = −ig d4 x (5.154) e (k )i∆ e (k )i∆ e (k )i∆ e (k ). e−i(k1 x1 +k2 x2 +k3 x3 +k4 x4 ) i∆ F 1 F 2 F 3 F 4 Die Green’sche Funktion im Impulsraum ist definiert durch (siehe Gl. (5.19)) G(4) c (x1 , . . . , x4 ) Daraus folgt = Z Z d4 k4 d4 k1 . . . (2π)4 δ(k1 + k2 + k3 + k4 ) (2π)4 (2π)4 (5.155) e (4) (k , . . . , k ). e−i(k1 x1 +k2 x2 +k3 x3 +k4 x4 ) G 1 4 c e (k )i∆ e (k )i∆ e (k )i∆ e (k ) + weitere Graphen. e (4) (k , . . . , k ) = −ig i∆ G 1 4 F 1 F 2 F 3 F 4 c (5.156) Diesen Ausdruck repräsentiert man durch den Impulsraum-Graphen: k1 k4 k2 k3 Das führt uns zu Feynman-Regeln für zusammenhängende Graphen im Impulsraum: i e (k) = = i∆ F 2 k − m2 + iǫ = −ig 153 5.3 Störungstheorie Z d4 k . (2π)4 X Für jeden Vertex gibt es einen Faktor (2π)4 δ (4) ( k), der die Impulserhaltung darstellt. Die so berechneten Diagramme liefern die Beiträge zu Über jeden inneren Impuls wird integriert mit (2π)4 δ (4) ( X e (n) (p , . . . , p ). pi ) G 1 n c (5.157) Die Rechnung kann vereinfacht werden, indem man die Impuls-erhaltenden δFunktionen dadurch berücksichtigt, dass nur über die unabhängigen Schleifene (n) (p , . . . , p ). Impulse integriert wird. Dies liefert direkt die Beiträge zu G 1 n c Beispiel 1: k e (2) (p, −p) = G + 1 2 + ... e (p) + 1 (−ig) i∆ e (p) 2 = i∆ F F 2 Z d4 k i + ... 4 2 (2π) k − m2 + iǫ Übung: Leite diesen Ausdruck her, ausgehend vom Graphen im Ortsraum, Gleichung (5.145). Beispiel 2: soll die Reduktion der Impulsintegrationen auf die Schleifen-Impulse illustriee (4) (p , . . . , . p ) wird dargestellt ren. Ein Beitrag zu (2π)4 δ(p1 + p2 + p3 + p4 ) G 1 4 c durch den Graphen k1 (2π)4 δ(p1 + p2 + p3 + p4 ) · k2 e (p )i∆ e (p )i∆ e (p )i∆ e (p ) = (−ig)2 i∆ F 1 F 2 F 3 F 4 Z Z 4 4 d k1 i d k2 i 2 2 4 4 2 (2π) (2π) k1 − m + iǫ k2 − m2 + iǫ (2π)4 δ(p1 + p2 − k1 − k2 )(2π)4 δ(p3 + p4 + k1 + k2 ) = (2π)4 δ(p1 + p2 + p3 + p4 ) g 2 Z Y (p2j − m2 )−1 1 1 d4 k1 . 2 4 2 (2π) k1 − m + iǫ (k1 + p3 + p4 )2 − m2 + iǫ Dies ergibt den Beitrag Y e (4) (p , . . . p ) = . . . + 1 g 2 G (p2j − m2 )−1 1 4 c 2 Z d4 k 1 1 . 4 2 2 (2π) k − m + iǫ (k + p3 + p4 )2 − m2 + iǫ 154 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Bei der Berechnung von S-Matrix-Elementen werden durch die Reduktionsformeln noch die äußeren Faktoren entfernt. Divergenzen Betrachten wir den Term k ∝ Z 1 d4 k . 4 2 (2π) k − m2 + iǫ (5.158) Das Integral über den vierdimensionalen Raum divergiert für k → ∞ wegen d4 k ∼ d3 |k| d(Winkelanteil). (5.159) Schneidet man die k-Integration bei einer Grenze, dem sogenannten „Cutoff“ Λ ab, so divergiert das Integral für große Λ quadratisch, Z Λ d4 k i ∼ Λ2 , 4 2 2 (2π) k − m + iǫ (5.160) und im Limes Λ → ∞ erhalten wir einen unendlichen Beitrag. Auch der im Unendlichen stärker abfallende Term zweiter Ordnung k1 k2 ∝ Z d4 k 1 1 4 2 2 (2π) k − m + iǫ (k + p3 + p4 )2 − m2 + iǫ divergiert noch logarithmisch ∝ ln(Λ) für große Λ. Diese so genannten Ultraviolett(UV)-Divergenzen haben die Entwicklung der QED lange behindert. Die Probleme werden gelöst durch Renormierung. Wir können das Verfahren der Renormierung hier nicht im Detail behandeln. Lediglich die Grundideen sollen kurz angedeutet werden. Die wesentlichen Schritte sind dabei: a) Regularisierung. Durch Abänderung der Integrale werden sie vorübergehend endlich gemacht. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Regularisierung: – Einführung eines Cutoffs Λ – Pauli-Villars-Regularisierung – Einführung eines Gitters 155 5.3 Störungstheorie – Dimensionelle Regularisierung. Hierbei wird die Integration ersetzt gemäß Z 4 d k −→ Z dD k mit D = 4 − ǫ. Das Ergebnis ist eine analytische Funktion in D mit einem Pol bei D = 4. b) Eigentliche Renormierung. Man unterscheidet die Masse m0 , die Kopplungskonstante g0 und das Feld ϕ0 (x), die in der Wirkung S stehen, von der renormierten Masse mR , der renormierten Kopplungskonstanten gR und dem renormierten Feld ϕR (x). Die renormierten Parameter sollen physikalische Größen sein, die messbar sind, während die „nackten“ Größen m0 , g0 und ϕ0 (x) lediglich Parameter in der ursprünglichen Wirkung sind. Die renormierten Größen sind Funktionen der nackten Größen und des Cuttoffs: mR = mR (g0 , m0 , Λ), gR = gR (g0 , m0 , Λ), (5.161) und es gilt −1/2 ϕR (x) = Z3 −1/2 ϕ0 (x) mit einem Faktor Z3 (g0 , m0 , Λ). (5.162) Es wird nun der Grenzwert Λ −→ ∞ (5.163) so gebildet, dass die physikalischen Größen mR , gR festgehalten werden, während die nackten Größen m0 und g0 divergieren. Illustration des Verfahrens an G(2) k e (2) (p) = G c e (2) (p) G c −1 1 2 + ... 2 1 e ∆F (p) g0 I(m0 , Λ) + . . . 2 1 e e = i∆F (p) 1 + i∆F (p)g0 I(m0 , Λ) + . . . 2 ie 2 2 = −i(p − m0 ) 1 − ∆F (p)g0 I(m0 , Λ) + . . . 2 i 2 2 = −i p − m0 − g0 I(m0 , Λ) + . . . 2 2 2 =: −i(p − mR ). e (p) − = i∆ F + (5.164) (5.165) 156 5 WECHSELWIRKENDE FELDER Hier wurde die renormierte Masse eingeführt, welche in dieser Ordnung der Störungstheorie durch i m2R = m20 + g0 I(m0 , Λ) 2 (5.166) gegeben ist. Im gleichen Maße, wie Λ anwächst, muss sich m0 ändern, damit die physikalische Masse mR endlich bleibt. Theorien, bei denen dieses Verfahren endliche Ausdrücke für die Green’schen Funktionen des renormierten Feldes liefert, heißen renormierbar. Dazu gehören die φ4 -Theorie, die QED, die QCD und die Weinberg-Salam-Theorie der schwachen Wechselwirkung. 5.3.5 Feynman-Regeln für die QED Zum Abschluss sollen noch kurz die Feynman-Regeln für die Quantenelektrodynamik genannt werden. Wir betrachten ein kovariantes Quantisierungsverfahren (Gupta-Bleuler). Eine kovariante Eichfixierung für die Potenziale des Maxwellfeldes kann durch den zusätzlichen Eichfixierungsterm (gauge fixing term) 1 Lgf = − (∂µ Aµ )2 (5.167) 2ξ in der Lagrangefunktion realisiert werden. Damit wird die Lagrangefunktion der QED 1 1 L = ψ(iγ µ ∂µ − m)ψ − Fµν F µν − (∂µ Aµ )2 − q(ψγ µ ψ)Aµ . 4 2ξ (5.168) Die ersten drei Terme sind quadratisch in den Feldern und bestimmen die freien Propagatoren. Der Propagator für das Dirac-Feld war iSF,αβ (x − y) =<0|T ψα(x)ψ β (y)|0>, (5.169) wobei α, β die Dirac-Indizes sind. Im Impulsraum lautet der Propagator nach Gleichung (4.223) γ µ kµ + m e SF (k) = 2 . (5.170) k − m2 + iǫ Den Photon-Propagator in der kovarianten Eichung haben wir noch nicht eingeführt. Aus der obigen Lagrangefunktion folgt er rasch zu −i kµ kν iDF,µν (k) = 2 gµν − (1 − ξ) 2 k + iǫ k ! Zwei häufig verwandte Wahlen für den Parameter ξ sind . (5.171) 157 5.3 Störungstheorie 1. die Landau Eichung: ξ = 0, der Propagator ist transversal, 2. die Feynman Eichung: ξ = 1, der Propagator ist einfach. Feynman Regeln für die QED im Impulsraum α β µ = ν = µ Vertex = iSeF,αβ f iD F,µν (k) −iqγµ Zusätzlich gilt noch die Regel: für jede geschlossene Fermion-Schleife ist ein Faktor (−1) anzubringen. Ein solcher Graph ist zum Beispiel Faktor (-1) Bei der Berechnung von S-Matrix-Elementen sind weiterhin Faktoren für die äußeren Linien anzubringen: us (p) : v̄ s (p) : ūs (p) : v s (p) : ǫµ (p) : ǫ∗µ (p) : Elektron, einlaufend Positron, einlaufend Elektron, auslaufend Positron, auslaufend Photon, einlaufend Photon, auslaufend