Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Inhaltsverzeichnis I. Theoretischer Hintergrund………………………………………………3 1. Grundbegriffe der physikalischen Akustik……………………….3 2. Das Weber Fechner Gesetz………………………………………………….4 3. Aufbau und Funktion des Säugetierohres………………………….6 3.1 Das äußere Ohr…………………………………………………………………..6 3.2 Das Mittelohr……………………………………………………………………..7 3.3 Das Innenohr………………………………………………………………………8 3.4 Die ablaufenden Prozesse beim Hörvorgang………………..9 3.4.a Die Wanderwelle…………………………………………………………………………….9 3.4.b Erregung und Veränderung der äußeren Haarzellen……………..10 4. Das Richtungshören……………………………………………........11 II. Praktischer Teil 1. Versuch 1……………………………………………………………………………….....12 2. Versuch 2......................................................................................13 III.Messergebnisse.....................................................................................14 IV. Diskussion..............................................................................................20 V.Quellenangaben.....................................................................................22 1 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie I. Theoretischer Hintergrund 1. Grundbegriffe der physikalischen Akustik Hören ist die Umwandlung mechanischer Energie, die als Schall in der Luft vorkommt, in elektrische Signale. Deren Auswertung wird im auditiven Bereich des Gehirns vorgenommen. Eine Schallwelle ist eine sich longitudinal ausbreitende, wellenförmige Fortpflanzung von Druck- oder Dichteschwankungen in elastischen Medien wie Gasen, Flüssigkeiten oder Festkörpern. Der Mensch kann Schall in einem Frequenzbereich von etwa 20 Hz bis 20 kHz wahrnehmen. Diese sehr kleine periodische Druckabweichung nennt man den Schalldruck. Der Dynamikbereich des Gehörs umfasst ungefähr 2*10-5Pa – 102Pa. Der Schalldruck wird allerdings wenig genutzt, normalerweise wird in der Akustik mit dem Maß des Schalldruckpegels gearbeitet. Dieser wird ebenso wie der Schallintensitätspegel in Dezibel angegeben und verhält sich logarithmisch zum Schalldruck. P L p = 20 × lg x P0 p0 ist der Bezugsschalldruck 2*10-5Pa, der die durchschnittliche Hörschwelle des Menschen bei 1kHz darstellt. Damit die Angabe nicht mit anderen verwechselt wird, hängt man oft SPL (Sound Pressure Level) an. Die Schallintensität (Schallstärke) gibt an, wie viel Schallleistung je Quadratmeter auftritt. Sie ist ein rein physikalisches Maß für die aufgebrachte Arbeit und tritt unabhängig vom menschlichen Gehör auf (deshalb kann man sie auch für den Ultraschall nutzen). Der Intensitätsbereich umfasst 12 verschiedene Größenordnungen, die in einer logarithmischen Skala dargestellt werden können. Dabei ist die Schallempfindung etwa proportional zum Logarithmus der Größe des Reizes, der als Auslöser für die Empfindung gilt. I L I = 10 × lg x I0 I0 ist die Schallintensität mit 10-12 W/m² an der Hörschwelle als Normintensität und Ix ist die betrachtete Schallintensität. Die Frequenz f (in Hz) gibt an, wie viele Druckschwankungen der Schall in einer Sekunde ausführt. Diese hängt über die Formel c = f * λ mit der Wellenlänge und der Schallgeschwindigkeit zusammen. Die Wellenlänge λ gibt die Länge einer Periode an, während die Schallgeschwindigkeit c die vom Medium abhängige Phasengeschwindigkeit der Druckwelle beschreibt. Sie wächst mit steigender Dichte des Mediums, denn in einem dichteren Medium sind mehr Teilchen vorhanden, die selbst in Schwingung gebracht werden können und diese Schwingung damit auch schneller weitergeben können. 2 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Beispiele hierfür sind • Luft: 330 m/s • Wasser: 1485 m/s • Glas: 5000 m/s Beim Übergang in ein Medium mit größerer Schallkennimpedanz (früher: Schallwellenwiderstand) wird ein Teil der Schallenergie reflektiert. So würden bei direktem Übergang der Schallwelle von Luft in die Perilymphe (s. Abschnitt 3.3) mehr als 98% reflektiert. Das Mittelohr übernimmt deshalb die Impedanzanpassung, wodurch 20-30 dB an Hörvermögen gewonnen werden. Wird der Schall reflektiert und überlagert er sich mit sich selbst, so kann es zu einer stehenden Welle kommen. Dies geschieht z.B. im äußeren Ohr im Gehörgang, da die Welle vom Trommelfell reflektiert werden kann. Aufgrund der Zusammensetzung von Schall werden folgende charakteristischen Schallereignisse unterschieden (s. Abb. 1): • Unter einem Ton versteht man ein Schallereignis, das nur eine einzige Frequenz enthält und eine periodische Sinuskurve darstellt • Ein Klang ist ein Grundton mit mehreren harmonischen Obertönen, die ganzzahlige Vielfache des Grundtons sind • Bei Geräuschen handelt es sich meist um einen Grundton mit einigen regellos zusammengesetzten Obertönen, es entsteht kein periodischer Abb.1 (aus: altes Skript) Schalldruckverlauf • In Anlehnung an weißes Licht wird ein Geräusch als weißes Rauschen bezeichnet, wenn es alle Frequenzen des Hörbereichs in gleicher Amplitude enthält • Ein Knall ist ein kurzzeitiger und plötzlich auftretender Schalleindruck 2. Das Weber-Fechner-Gesetz Das Gesetz beschreibt die subjektiv wahrgenommenen Veränderungen der Reizstärke, d.h. die Lautstärke wächst proportional zum Logarithmus der Intensität. Das Weber-Fechner-Gesetz gilt dabei für alle Sinnesempfindungen, nicht nur für das Gehör. Weber fand 1834 heraus, dass der Gewichtsunterschied bei zwei schweren Gewichten größer sein muss als bei leichten, damit er noch wahrnehmbar ist. Daraufhin veröffentlichte er, dass die Änderung der Reizintensität, die gerade eben wahrgenommen werden kann (∆Φ), ein konstanter Bruchteil (c) der ∆Φ . ursprünglichen Intensität (Φ) ist. Seine Formel lautet c = Φ 3 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Der Weber-Quotient (∆Φ/Φ) wird verwendet, um die relative Empfindlichkeit eines Sinnesorgans zu messen. Fechner erkannte 1850, dass der Weber-Quotient nur in einem kleinen Bereich konstant ist. Er führte eine Empfindungsstärkeskala ein, die von der Absolutschwelle (RL; kleinster Reiz, der noch eine Empfindung hervorrufen kann) ausgehend die Unterschiedsschwelle (DL; kleinstmöglicher Empfindungszuwachs) als Grundeinheit hat. Bei logarithmischer Zunahme des Reizes ist dann die Empfindungszunahme linear. Daraus lassen sich logarithmische Meßsysteme der Sinnesphysiologie ableiten, wie etwa die Dezibel- und die Phon-Skala, wie in Abb. 2 ersichtlich. Eine Unterschiedsschwelle entspricht im mittleren Frequenz- und Lautstärkebereich dem Reizzuwachs von einem Dezibel. Abb. 2: Der Hörbereich des Menschen (aus: Schäffler, Schmidt; Mensch, Körper, Krankheit) Die subjektive Empfindung von Lautstärke nimmt zu, wenn auch der Schalldruckpegel steigt. Ein quantitatives Maß für die Lautstärke ist der Lautstärkepegel, der in Phon angegeben wird. Wie auf Abbildung 2 zu sehen, ist ein Ton von 70 Phon so laut, wie ein 1000 Hz Ton von 70 dB SPL. Gleich laut empfundene Töne unterschiedlicher Frequenz nennt man Isophone. Der Dynamikbereich liegt zwischen 4 Phon (Hörschwelle) und 130 Phon (Schmerzschwelle). Der Hauptsprachbereich liegt um die 60 Phon. Dabei ist die Hörschwelle frequenzabhängig, beim Menschen ist der Bereich von 2-5 kHz am sensibelsten. Das bedeutet, Töne in diesem Bereich werden am besten gehört, über- oder unterschreitet ein Ton diesen Frequenzbereich muss der Schalldruckpegel erhöht werden, damit der Schwellenwert erreicht wird. Die Grenzen des Dynamikbereichs erklären sich über die Empfindlichkeit der Haarzellen im Cortiorgan, denn zur Depolarisierung ist nur eine minimale Reizung nötig. Durch zu starke Reizung können die Haarzellen beschädigt werden (Hörsturz, zeitweilige oder ständige Taubheit). 4 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie 3. Aufbau und Funktion des Säugetierohres Das Ohr der Säugetiere besteht aus drei Abschnitten (s. Abb. 3): Das äußere Ohr (Ohrmuschel, Gehörgang, Trommelfell) ist der schallfangende Apparat Das Mittelohr (Paukenhöhle) ist luftgefüllt und überträgt mit Hilfe von Gehörknöchelchen die Schwingungen zum ovalen Fenster Das Innenohr befindet sich in einem Hohlraum des Felsenbeins. Es besteht aus den drei Abschnitten Vorhof, Bogengänge und Cochlea (Schnecke). Abb.3: Aufbau vom äußeren und Mittelohr (aus: Campbell, Biologie) 3.1. Das äußere Ohr Die knorpelige Ohrmuschel wirkt als schallaufnehmender Trichter und leitet die Schallwellen in den äußeren Gehörgang, der leicht abgewinkelt von der Ohrmuschel zum Trommelfell zieht. Dieses ist eine dünne, schwingungsfähige Membran aus fibrösem Bindegewebe, die in der Mitte trichterförmig zur Paukenhöhle eingezogen ist. Ohrmuschel und Gehöhrgang erzeugen durch ihren Aufbau für bestimmte Frequenzen Resonanzen und verstärken damit diese Frequenzbereiche. Beim Menschen erzeugt diese Kombination eine Verstärkung des Frequenzbandes von 2-5 kHz um bis zu 20 dB. 3.2. Das Mittelohr Quer durch die Paukenhöhle verläuft die Kette der drei Gehörknöchelchen Hammer (Malleus), Amboß (Incus) und Steigbügel (Stapes). Der Hammergriff ist mit dem Trommelfell fest verbunden. Sein kürzerer Fortsatz ist gelenkig mit dem Amboß und dieser wiederum gelenkig mit dem Steigbügel verbunden. 5 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Der Steigbügel fügt sich mit seiner Fußplatte genau in das ovale Fenster zum Innenohr ein. Die Gehörknöchelchen wandeln zum einen die auf das Trommelfell treffende Luftschwingung in eine Knochenschwingung um; zum anderen dämpfen sie starke Trommelfellschwingungen, damit das Innenohr nicht durch extreme Vibrationen oder Lärm geschädigt wird. Diesen Übertragungsweg nennt man Luftleitung, da Schall aus der Luft aufgenommen und weitergeleitet wird. In höheren Frequenzbereichen (beim Menschen ab 2000 Hz) kann der Schall auch durch Knochenleitung ins Innenohr gelangen. Dabei beginnen die Schädelknochen zu schwingen. Die Impedanzanpassung (siehe Abschnitt 1) der Gehörknöchelchenkette wird durch drei Verstärkungsmechanismen erzeugt. Erstens sorgt sie für eine Schalldruckverstärkung um den Faktor 17, da die aufgenommene Kraft von der Fläche des Trommelfells auf die viel kleinere Fläche des ovalen Fensters übertragen wird. Zweitens verstärkt die Hebelwirkung der Knöchelchen die Schallintensität und drittens wird durch die Art der Trommelfellauslenkung die Auslenkungsgeschwindigkeit halbiert und die Kraft verdoppelt. Insgesamt werden durch diese drei Mechanismen etwa 65% der Schallenergie auf das Innenohr übertragen. Dennoch sind auch diesem System Grenzen gesetzt. Durch die Masse und die Steifheit bzw. Elastizität des Mittelohres wird seine Schallleitung auf ein bestimmtes Frequenzband eingeschränkt. So haben Fledermäuse ein kleines dünnes Trommelfell und feine Gehörknöchelchen, deren Gelenke durch Verzahnungen versteift sind. So können sie Ultraschall mit über 120 kHz hören. Dagegen besitzen Tiere, die niedere Frequenzen hören ein großes Trommelfell und relativ kräftige Gehörknöchelchen mit elastischen Gelenken. Dazu gehören sowohl kleine Säugetiere wie die Wüstenrennmaus, als auch große wie Wale oder Elefanten. Letztere können Infraschall und Tieffrequenzschall im Frequenzband von 22-40 Hz besonders gut hören. Und zu guter letzt beinhaltet das Innenohr noch das runde Fenster, das auch eine Verbindung zum Innenohr darstellt, und die Eustachische Röhre bzw. Ohrtrompete. Über sie ist das Mittelohr mit dem oberen Rachenraum verbunden und kann einen Luftdruckausgleich beiderseits des Trommelfells bewirken. Da sich die Tube beim Schlucken oder Gähnen öffnet, kann dadurch eine Verletzung des Trommelfells durch abrupte Druckschwankungen (z.B. im Flugzeug) verhindert werden. 6 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie 3.3. Das Innenohr Die Sinnesrezeptoren für das Gehör und den Gleichgewichtssinn liegen im knöchernen Labyrinth des Felsenbeins. Im Vorhof und in den Bogengängen liegen die Rezeptoren für das Gleichgewichtsorgan, für das Gehör sind sie im CortiOrgan der Schnecke. Abb. 4: Feinaufbau der Cochlea (aus: Schäffler, Schmidt; Mensch, Körper, Krankheit) Die Cochlea (s. Abb. 4) ist ein im Querschnitt dreigeteilter, flüssigkeitsgefüllter Schlauch, der von einer knöchernen Kapsel ummantelt und spiralig aufgerollt ist. Der mittlere Schlauch, die Scala media, ist gefüllt mit einer K+ reichen Endolymphe, die der intrazellulären Flüssigkeit entspricht. Die darüber (Scala vestibuli) bzw. darunter (Scala tympani) liegenden Räume sind dagegen mit Na+ reicher Perilymphe gefüllt, die damit der extrazellulären Flüssigkeit entspricht. Diese gehen an der Spitze der Cochlea, dem sogenannten Helicotrema ineinander über. Zum Mittelohr hin schließt die Cochlea mit dem ovalen und dem runden Fenster ab. Die Scala media (Ductus cochlearis) wird nach oben zur Scala vestibuli hin von der Reissner-Membran begrenzt und nach unten zur Scala tympani von der Basilarmembran. Diese verbreitert sich in ihrem Verlauf vom ovalen Fenster bis zur Schneckenspitze. Auf der Basilarmembran liegt das Corti-Organ, das aus Stützzellen und Sinneszellen aufgebaut ist. Die Sinneszellen (s.Abb. 5) für das Gehör heißen Haarzellen (innere und äußere), da sie an ihrem freien Ende feine Härchen tragen, die in die Endolymphe ragen. Die äußeren Haarzellen stehen, im Gegensatz zu den inneren, mit der Tektorialmembran in Verbindung, die das Corti-Organ bedeckt. In diesem Organ findet man etwa 4 000 innere Haarzellen in einer Reihe und 12 000 äußere Zellen, die in drei Reihen aufgegliedert sind. Da die Haarzellen kein eigenes Axon besitzen, nennt man sie sekundäre Sinneszellen. Stattdessen sind sie mit den Dendriten der seitlichen Bipolarzellen des Ganglion spirale (in der Mitte der Cochlea) verbunden. Diese Axone bilden den Hörnerv (Nervus acusticus). 7 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Die inneren Haarzellen werden jeweils von mehreren afferenten Nervenfasern innerviert, was ca. 90% der Fasern in Anspruch nimmt. Die restlichen 10% afferenter Fasern sind stark verzweigt und dienen der Versorgung der äußeren Haarzellen. Das bedeutet, dass die Hörinformationen nur von wenigen tausend Haarzellen der inneren Reihe kommen, denn jede einzelne innere Haarzelle wird von bis zu 20 Neuronen innerviert. Abb. 5: Das Corti´sche Organ; äußere und innere Haarzellen, afferente und efferente Innervation (aus: Vorlesungsskript SS 2004) Dennoch sind die äußeren Haarzellen wichtig, da sie sich kontrahieren und verlängern können. Ihre Zellmembran ist dicht gepackt mit Transmembranproteinen (Prestine), die bei Depolarisation durch Lageverschiebung von Ionen ihr Volumen verkleinern können. Diese Verkürzung wirkt sich nicht nur auf die ä. Haarzellen aus, sondern auch auf die sie umgebenden Membranen. Die Tektorialmembran wird außen etwas nach unten gezogen und verändert so die mechanische Interaktion zwischen ihr und der Basilarmembran auf zwei Arten. Zum einen verstärkt sich die maximale Basilarmembran Auslenkung um das bis zu Hundertfache. Zum anderen wird die Frequenzauflösung verbessert. Die Cochlea wird auch von efferenten Fasern innerviert, die an den äußeren Haarzellen enden. Sie können die Verstärkung der ä. Haarsinneszellen durch das ZNS hemmen. 3.4. Die ablaufenden Prozesse beim Hörvorgang 3.4.a. Die Wanderwelle Nachdem eindringender Schall die Stapesfußplatte zum schwingen gebracht hat und diese Schallenergie auf die Scala vestibuli übertragen wurde, kommt die Perilymphe in Bewegung. Die Schwingungen durchlaufen als Wanderwellen wie in Abbildung 6 die S. vestibuli. Bis zum Helicotrema kommen allerdings nur Schwingungen sehr tiefer Frequenzen. Von dort laufen sie in der S. tympani 8 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie hinab zum runden Fenster, das entgegengesetzt der Stapesbewegung hin und her schwingt. Abb. 6: Die Wanderwelle (aus: Biologie heute) Die Wanderwellen in der Perilymphe setzen die S. media in Schwingung, so dass sie sich auf die Basilarmembran übertragen. Diese Schwingungen wiederum führen zu Scherbewegungen zwischen den Haarzellen im Corti-Organ und der gallertigen Tektorialmembran. Die Härchen der Sinneszellen werden dadurch verbogen. Dieser mechanische Biegungsreiz bewirkt in den Haarzellen die Generatorpotentiale, d.h. die Sinneszellen wirken als Mechanorezeptoren. Die Basilarmembran ist am ovalen Fenster schmal und verbreitert sich dann, außerdem ist sie am Anfang steifer als am Helicotrema. Aufgrund diesen Aufbaues gibt es für jede Schwingungsfrequenz auf der Basilarmembran an einer bestimmten Stelle ein Auslenkungsmaximum, das heißt einen Ort, wo die Haarzellen am stärksten auslenkt werden(s. Abb. 7). Weil Schwingungen hoher Frequenzen schneller gedämpft werden als die niedriger Frequenz, liegt das Schwingungsmaximum für hohe Frequenzen am Anfang der Basilarmembran. Während es sich bei niedrigen Frequenzen immer weiter zur Schneckenspitze hin verschiebt. Das Ausmaß der Schwingung hängt von der Stärke des Tons ab, je größer sie ist, umso stärker schwingt die Membran. Abb. 7: wie sich die Tonhöhen auf die Cochlea auswirken, wobei es bei der untersten Welle 20 000 Hz heißen muss, da die Basilarmembran des Menschen nicht bei 24 000 Hz schwingen kann (aus: Campbell, Biologie) 9 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie 3.4.b. Erregung und Veränderung der äußeren Haarzellen Infolge der Scherbewegungen zwischen Basilarmembran und Tektorialmembran biegen sich die Härchen der äußeren Haarzellen ab und erzeugen dadurch den Reiz für die Erregung der Haarzellen. Dies führt zur Öffnung der Ionenkanäle in der Plasmamembran der Haarzellen und K+ Ionen können einströmen. Die darauf folgende Depolarisation der Zelle führt zu einem Ca2+ Einstrom und dadurch zu einer erhöhten Transmitterfreisetzung und zur Steigerung der Frequenz der Aktionspotentiale der sensorischen Neuronen, die mit der Haarzelle über eine Synapse in Verbindung stehen. Die Neuronen übertragen die sensorische Erregung über den Nervus acusticus in die auditorischen Zentren des Gehirns. Wichtige Vorraussetzung für diesen Prozess ist das cochleäre Bestandspotential. Der Endolymphraum ist gegenüber der S. vestibuli bzw. gegenüber den übrigen Extrazellularräumen des Körpers positiv geladen (+80 mV). Das CortiOrgan ist dagegen negativ geladen (-70 mV). Diese reizsynchronen Änderungen des Membranwiderstands führen zu K+ Ionenströmen, die eine Membranpotentialänderung der Haarzelle bewirken. 4. Das Richtungshören Die gleichzeitige Verarbeitung der akustischen Informationen aus beiden Ohren ist entscheidend für das Richtungshören und die akustische Orientierung im Raum. Die Signale aus linkem und rechtem Ohr unterscheiden sich geringfügig, da die Ohren von einer Schallquelle meist etwas unterschiedliche Abstände haben. Das der Schallquelle abgewandte Ohr hört den Ton etwas später (und auch etwas leiser). Diese Wegdifferenz beträgt ∆s = d * sin α. Dabei ist d der Abstand der Ohren zueinander und α der Winkel der Schallquelle. Damit eine Schallquelle als eindeutig links oder rechts bestimmt werden kann, ∆s muss der Winkel anhand des Strahlensatzes berechnet werden: sin α= d Die zeitliche Differenz für das Eintreffen der Schallwellen an beiden Ohren d * sin α wird folgendermaßen berechnet: ∆t = (v ist die Schallgeschwindigkeit) v Intensitätsunterschiede kommen bei tiefen Frequenzen nicht vor, da eine Wellenlänge bei 1000 Hz etwa 33 cm Länge beträgt und somit breiter als der Kopf ist. Dadurch kommt die Schallwelle an beiden Ohren gleichlaut an. Höhere Frequenzen werden durch den Kopf gedämpft und reflektiert. Durch die Aufarbeitung dieser Unterschiede kann das ZNS hier die Richtung in der horizontalen Ebene (bis auf 3° genau) der Schallquelle orten. 10 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Abb. 8: das Richtungshören (aus: H. Penzlin, Lehrbuch der Tierphysiologie) II. Praktischer Teil 1. Versuch 1: Frequenzabhängigkeit und adäquater Reiz der Schallrezeptoren Bei diesem Versuch soll die Hörschwellenkurve des Menschen binaural gemessen werden. Die Messung wird bei Versuch 1a ohne Hintergrundrauschen, bei Versuch 1b mit weißem Hintergrundrauschen (Rauschen aller Frequenzen bei gleicher Amplitude) durchgeführt. Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung von Versuch 1a Benötigt werden ein Sinusgenerator, ein Abschwächer, ein Pulsformer und zwei Verstärker (Addierer), sowie Kopfhörer. Abbildung 9 stellt die Versuchsanordnung dar. Abb. 9: Versuchsaufbau zu Versuch 1a 11 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Versuchsdurchführung: Die Versuchsperson legt den Kopfhörer an und setzt sich mit dem Rücken zu dem Experimentator, um zu gewährleisten, dass kein Einblick in die Versuchsdurchführung seitens der Versuchsperson besteht. Anhand der Werte, die auf dem Beiblatt zur Versuchsdurchführung angegebenen sind, stellt der Experimentator den Sinusgenerator ein und reguliert die Abschwächung der Tonpulse. Der Pulsformer gibt die Tonpulse nur bei Tastendruck weiter, so dass Adaptation vermieden wird. Die Versuchsperson hört dabei nur eine kurze Serie von Tonpulsen. Zuerst verringert der Experimentator die Abschwächung, bis die Testperson den Ton nicht mehr hört. Der letzte, von der Versuchsperson wahrgenommene Wert wird notiert. In einer zweiten Messreihe wird die Abschwächung der Tonpulse erhöht, bis die Versuchsperson den Ton hört und der Wert wird notiert. Anhand dieser beiden Werte für die Abschwächung bei einer bestimmten Frequenz berechnet man einen Mittelwert, der als Annäherung an die tatsächliche Hörschwelle der Versuchsperson betrachtet wird. Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung von Versuch 1b Zur Versuchsdurchführung wird neben einem Sinusgenerator, einem Pulsformer, einem Abschwächer, zwei Verstärkern (Addierer) und Kopfhörern auch eine Rauschquelle benötigt. Abbildung 10 zeigt den Versuchsaufbau. Versuchsdurchführung: Die Versuchsdurchführung von Versuch 1b ist identisch mit der Versuchsdurchführung von Versuch 1a. Der einzige Unterschied besteht in der zugeschalteten Rauschquelle, die das weiße Rauschen erzeugt, welches zu den Tonpulsen elektronisch addiert wird. Abbildung 10: Versuchsaufbau zu Versuch 1b 12 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie 2. Versuch 2: Binaurales Richtungshören Die beiden Versuche zu diesem Thema sollen die Abhängigkeit der Fähigkeit des Richtungshörens von der zeitlichen Differenz des Auftreffens der Schallwellenfront auf beiden Ohren und der Intensitätsdifferenz des Schalles an beiden Ohren, sofern der Schall nicht aus der Sagittalebene des Kopfes einfällt, zeigen. Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung von Versuch 2a Für die Durchführung dieses Versuches wird ein Brett benötigt, auf dem sich eine Skala und ein Hammer befinden und auf dem ein Schlauch befestigt ist. Abbildung 11 veranschaulicht die Versuchsapparatur. Abbildung 11: Versuchsapparatur für Versuch 2a Versuchsdurchführung: Die Versuchsperson setzt sich mit dem Rücken zu der Versuchsapparatur hin, um zu verhindern, dass die Versuchsdurchführung von der Versuchsperson eingesehen werden kann. Die Versuchsperson hält sich das linke Ende des Schlauches in das linke Ohr und das rechte Ende des Schlauches in das rechte Ohr. Der Experimentator verschiebt das Hämmerchen auf der Skala (die Skala reicht von -5 (links) bis +5 (rechts)) und lässt es fallen. Die Versuchsperson muss dann angeben, aus welcher Richtung sie den Ton gehört zu haben glaubt. Dabei bestehen drei Möglichkeiten, nämlich entweder links, rechts oder Mitte und diese Angabe wird vom Experimentator notiert. Für jeden Skalenwert wird das Hämmerchen in unbestimmter Reihenfolge jeweils fünfmal fallen gelassen. Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung von Versuch 2b Für die Versuchsdurchführung werden zwei Pulsgeneratoren, an denen die Pulsamplitude unabhängig voneinander eingestellt werden kann, ein Oszilloskop und Kopfhörer benötigt. Die Versuchsapparatur ist in Abbildung 12 zu sehen. 13 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Abbildung 12: Versuchsaufbau zu Versuch 2b Versuchsdurchführung: Die Versuchsperson setzt sich die Kopfhörer auf und setzt sich in Reichweite der Pulsgeneratoren. Der Experimentator bedient die Pulsgeneratoren und das Oszilloskop. Drei Messreihen werden durchgeführt. Die erste beginnt mit einem Impuls der Amplitude 40mV, die zweite mit einem Impuls der Amplitude 60mV und die dritte mit einem Impuls der Amplitude 80mV. Der verzögerte Impuls beginnt mit der doppelten Amplitude des jeweiligen Anfangsimpuls (40mV, 60mV oder 80mV) und wird dann schrittweise um 20mV gesteigert. Dabei sind jeweils zehn Messpunkte aufzunehmen. Die Versuchsperson muss dabei die Verzögerungszeit für jeden Impuls so einstellen, dass sie glaubt, der Ton käme aus der Sagittalebene des Kopfes. Die Zeitdauer der beiden Impulse soll dabei 10 bis 50µs betragen. Sobald die Versuchsperson mit der Einstellung der Verzögerung zu Ende ist, sind die Werte (Verzögerungszeit und Amplitude der Impulse gleichermaßen) auf dem Oszilloskop von dem Experimentator abzulesen und zu notieren. 14 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie III. Ergebnisse 1. Messdaten von Versuch 1 Durch die Messungen zum Thema Frequenzabhängigkeit und adäquater Reiz der Schallrezeptoren wurden die Daten gewonnen, die in Tabelle 1 zu sehen sind. Tabelle 1: Die Messergebnisse der vier Messungen Frequenz [Hz] Abschwächung [dB] ohne Rauschen Hörbar -> Nicht hörbar -> Durch nicht hörbar hörbar schnitt Abschwächung [dB] mit Rauschen Hörbar -> Nicht hörbar Durch nicht hörbar -> hörbar schnitt 20 25 26 25,5 29 26 25 29 30 29,5 30 30 30 32 31 31,5 31 32 40 38 36 37 34 35 60 42 40 41 33 34 80 45 44 44,5 36 39 100 52 51 51,5 35 38 400 63 64 63,5 48 50 700 64 66 65 47 49 1000 69 73 71 49 49 1200 70 70 70 48 49 1500 70 72 71 48 49 2000 69 72 70,5 48 49 2500 66 68 67 47 49 3000 67 67 67 45 47 3500 64 64 64 44 46 4000 67 67 67 44 47 5000 67 68 67,5 43 44 6000 71 72 71,5 43 45 8000 62 63 62,5 39 40 10000 53 58 55,5 41 41 12000 60 62 61 38 38 14000 48 50 49 32 34 16000 10 13 11,5 0 0 18000 0 0 0 0 0 20000 0 0 0 0 0 Die Durchschnittswerte der Messreihen wurden in ein Koordinatensystem eingetragen, wobei die x-Achse den dekadischen Logarithmus der Frequenz abbildet, während die negative y-Achse die die Durchschnittswerte der Abschwächung zeigt. 15 27,5 30 31,5 34,5 33,5 37,5 36,5 49 48 49 48,5 48,5 48,5 48 46 45 45,5 43,5 44 39,5 41 38 33 0 0 0 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Daraus entstand Diagramm 1. Frequenzabhängigkeit und adäquater Reiz der Schallrezeptoren 4, 14 4 4, 6 1 25 28 52 72 5 -10 2, 84 2 3, 5 0 07 98 91 8 3, 12 30 3, 47 1 03 71 2 3, 13 60 3, 77 2 06 81 51 3 1, 3 1, 01 47 03 7 1, 12 77 13 81 51 3 Durchschnittliche Abschwächung [dB] 0 -20 -30 Abschw ächung ohne Rauschen -40 Abschw ächung mit Rauschen -50 -60 -70 -80 Log(f) [Hz] Diagramm 1: Die violette und gelbe Linie bilden jeweils die Durchschnittswerte der Messreihe ab. 2. Messdaten von Versuch 2 Die Messdaten der beiden Versuche zum Thema Binaurales Richtungshören werden hier abgehandelt. Messdaten von Versuch 2a In diesem Versuch wurde die kürzeste, subjektiv wahrnehmbare binaurale Zeitdifferenz gemessen. Die Formel zur Berechnung dieser Zeitdifferenz lautet: ∆t = ∆s/c [ms] (s.Abschnitt 4. Das Richtungshören) Den Winkel α, der den Winkel darstellt, um den eine Schallwelle von der Sagittalebene des Kopfes ausgelenkt werden muss, damit eine Schallquelle eindeutig als links oder rechts erkannt werden kann, wird durch folgende Formel berechnet: α = arcsin(∆s/d) [°] d beschreibt den Abstand beider Ohren zueinander (für den Menschen gilt d=22cm) 16 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Tabelle 2 gibt die Messdaten wider. Auslenkung [cm] −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 ∆s [cm] Links 5 4 4 4 4 5 2 0 1 0 1 10 8 6 4 2 0 2 4 6 8 10 Trefferquote Mitte 0 1 1 1 0 0 2 2 1 0 0 Rechts 0 0 0 0 1 0 1 3 3 5 4 Tabelle 2 Messdaten von Versuch 2a. ∆s entspricht dem Betrag der doppelten Auslenkung, da die Auslenkung am Beispiel 1cm nach links 2cm entspricht, da zur linken Seite 1cm addiert und auf der rechten Seite 1cm subtrahiert wird. Der Durchschnittswert der Messungen bei ∆s = 2cm und ∆s = 4cm liegt bei 3cm, also ∆s =3cm. In die Formel α = arcsin(∆s/d) (für den Wert d =22cm) eingesetzt, ergibt sich ein Winkel α = 7,84° für die Versuchsperson. Weshalb ∆s =3cm sinnvoll ist, wird in der Diskussion näher erläutert. 2.2. Messdaten von Versuch 2b Bei diesem Versuch wurde die Kompensation von Schallintensitätsunterschieden durch Verzögerung des stärkeren Reizes untersucht. Die Messdaten für ∆ t wurden gemessen. Q (das Schallintensitätsverhältnis in [dB])wurde rechnerisch anhand folgender Formel berechnet: Q = 20*log{U/U(Ref)} [dB] Die Messdaten sind in Tabelle 3 verzeichnet. U(Ref ] [mV] 40 60 U [mV] Q [dB] t [ms] 80 100 120 140 160 180 200 6,0 0,8 7,9 1,1 9,5 1,2 6,0 0,5 10,8 1,2 7,4 0,8 12,0 1,2 8,5 0,4 6,0 0,3 13,1 1,2 9,5 1,1 7,0 0,7 13,9 1,2 10,5 1,2 7,9 0,7 80 Tabelle 3: Die Messdaten von Versuch 2b 17 220 14,8 1,2 11,3 1,1 8,7 0,8 240 12,0 1,1 9,5 0,9 260 12,7 1,1 10,2 1,0 280 10,8 1,2 300 11,5 1,2 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Die Messdaten aus Tabelle 3 wurden in drei Diagrammen verarbeitet. Für welches U(Ref) die Daten jeweils sind, kann der Legende entnommen werden. Diagram m 3.2.2.1 16 14 12 10 U(Ref)=40mV 8 Linear (U(Ref )=40mV) 6 4 2 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 t [ ms] Diagramm 2: Messdaten von Versuch 2b für U(Ref)=40mV Diagramm 3.2.2.2 14 12 10 Q [dB] 8 U(Ref)=60mV Linear (U(Ref)=60mV) 6 4 2 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 t [ms] Diagramm 3: Messdaten von Versuch 2b für U(Ref)=60mV 18 1 1,2 1,4 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Diagramm 3.2.2.3 14 12 10 Q [dB] 8 U(Ref)=80mV Linear (U(Ref)=80mV) 6 4 2 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 t [ms] Diagramm 4: Messdaten von Versuch 2b für U(Ref)=80mV VI.Diskussion Versuch 1: Bei diesem Versuch, der die frequenzabhängige Empfindlichkeit des Gehörs untersucht, wird anhand der Messkurve deutlich, dass das Gehör einen Bereich mit hoher Empfindlichkeit hat, die an der oberen und unteren Grenze allerdings stark nachlässt. In Diagramm 1 sieht man die frequenzabhängigen Abschwächungskurven mit und ohne weißes Hintergrundrauschen. Da bei der Tabelle die Stärke der Abschwächung nach unten aufgetragen ist, bedeutet ein tiefer Wert hier eine hohe Abschwächung und damit eine hohe Empfindlichkeit des Gehörs. Was sofort auffällt ist, dass die beiden Kurven einen sehr ähnlichen Verlauf zeigen und nur in der Höhe verschoben sind, was auf eine sehr gute Messreihe schließen lässt. Die Kurve der Abschwächung ohne Rauschen fällt bis zum Wert log(f)≈2,6 (was einer Frequenz von 400 Hz entspricht) stark ab, was einer starken Zunahme der Hörempfindlichkeit entspricht. Daraufhin bleibt sie bis zu dem Wert log(f) ≈4,08 (eine Frequenz von 12000Hz) in einem recht stabilen Bereich und steigt daraufhin wieder steil an, was einer starken Abnahme der Hörempfindlichkeit entspricht. Dies liegt am Aufbau des menschlichen Ohres (siehe Theorieteil), dass bei Frequenzen zwischen 2000 und 5000 Hz am besten hört. Dies ist ebenfalls in unserer Kurve erkennbar, da sich innerhalb des stabilen Bereichs ein weiterer Bereich zwischen den Werten 3 (1000Hz) und 3,78 (6000Hz) abgrenzt, in dem die höchsten Abschwächungswerte zu finden sind und der daher auch am empfindlichsten ist. 19 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Die Kurve mit Weißem Rauschen ist prinzipiell der Kurve ohne Rauschen sehr ähnlich, nur dass sie in dem Bereich von 80Hz (Wert 1,9) und 14000Hz (Wert 4,14) deutlich weniger abgeschwächt ist. Dies kommt daher, dass die Stereocilien der Haarsinneszellen bereits durch das Weiße Rauschen abgeschert sind und noch stärker abgeschert werden müssen, damit wieder ein Ton wahrnehmbar ist. Dafür wiederum braucht man einen größeren Schalldruck und daher kann der Ton nicht so weit abgeschwächt werden wie bei der Messreihe ohne Weißes Rauschen. Der etwas „zackige“ Verlauf unserer Kurven kommt wohl daher, dass der Versuchsraum nicht gut schallisoliert war und Personen die im Korridor am Raum vorbeiliefen teilweise eine nicht zu unterschätzende Geräuschkulisse verursachten. Versuch 2a: Nach Rücksprache mit unserem Platzassistenten benutzen wir zur Bestimmung die Werte -1cm und 2cm zur Bestimmung des Mindestlaufzeitunterschieds. Da die Werte den Abstand des Hammers auf dem Schlagbrett zur Mitte angeben, muss man für den Laufstreckenunterschied s diese Werte verdoppeln, da die Strecke in die eine Richtung um den jeweiligen Wert verkürzt und gleichzeitig in die andere Richtung verlängert wird. So wird aus dem ersten Wert –1cm ein Streckenunterschied von 2cm und aus dem zweiten Wert 2cm ein Streckenunterschied von 4cm. Der Mittelwert der Streckenunterschiede beträgt ∆s=3cm. Dies ist bei unserem Versuch nun der Laufstreckenunterschied der minimal benötigt wird um ein Signal eindeutig als von links oder rechts kommend zu identifizieren. Der dazugehörige Laufzeitunterschied beträgt (0,03m)/(335m/s)=8,9⋅10-5s, was ca. drei mal mehr ist als die 3⋅10-5s die in der Literatur genannt werden. Mit unseren Werten bekommen wir auch einen Mindestwinkel α von 7,84°, der wiederum ca. dreimal größer ist als der Literaturwert von 2,6°. Für die Abweichungen kann es mehrere Gründe geben. Der wichtigste ist wohl in der Versuchsanordnung selbst zu sehen, in der das Schallereignis durch ein Hämmerchen erzeugt wird, dass auf einen Schlauch trifft. Dieser Aufbau scheint zwar in der Theorie auszureichen, in der Praxis ist es jedoch sehr schwer mit dem Hämmerchen richtig zu treffen. Eine weitere Fehlerquelle ist die Weiterleitung des Schalls mit den Schläuchen, die sehr lang sind und so zu Verfälschungen führen können. Um diese Fehlerquellen auszuschließen wäre eine elektronische Geräuscherzeugung besser geeignet. Während des Versuchs ist allerdings auch ein Hang der Versuchsperson aufgefallen die Schallwellen recht weit rechts wahrzunehmen, dies könnte durch unterschiedliches Hörvermögen auf dem rechten und linken Ohr herrühren oder durch eine leichte Erkältung. Oder die beiden Schlauchteile waren einfach ungleich lang. 20 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie Versuch 2b: Die in die Diagramme 2-4 eingefügten Trendlinien zeigen eine deutliche Steigung, was zeigt, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der Intensitätsabweichung Q und der Zeitdifferenz und damit ein logarithmischer Zusammenhang zwischen Schallstärke und der Zeitdifferenz besteht. Die Ursache dieses Zusammenhangs liegt darin, dass das ZNS sowohl Laufzeitunterschiede als auch Intensitätsunterschiede nutzt um die Richtung eines Schallreizes zu bestimmen. Diese zwei Werte werden zusammen verrechnet, da normalerweise das der Schallquelle nähergelegene Ohr sowohl den lauteren als auch den früheren Reiz empfängt. Bei diesem Versuch werden nun diese zwei Verrechnungswege gegeneinander ausgespielt und man kann erkennen, dass eine größere Lautstärke einen größeren zeitlichen Abstand zur Kompensation braucht. Die vor allem in Diagramm 2 und 3 bestehenden größeren Abweichungen der Messwerte von der Trendlinie ergeben sich daraus, dass man die zeitliche Verzögerung bei dem verwendeten Gerät auf maximal 1,2ms stellen kann, wodurch sich bei den Messungen mit höherer Lautstärke falsche Werte ergeben, die sich in der Trendlinie niederschlagen. Bei der dritten Messung (Diagramm 4) hat die zeitliche Verzögerung bis auf den letzten Wert gereicht und die Messpunkte stimmen auch recht gut mit der Trendlinie überein. Zusammenfassung: Die Versuche zeigen zum einen, dass das Ohr nicht über den ganzen Frequenzbereich gleich empfindlich ist und zum anderen, dass das Richtungshören sowohl über Lautstärkedifferenzen als auch über Zeitdifferenzen ermöglicht wird, wobei das Ohr bei der Messung der Zeitdifferenzen im Mikrosekundenbereich arbeitet, was eine beachtliche Leistung darstellt. 21 Neurobiologie Praktikum: Schallwahrnehmung, Hörphysiologie VII.Quellenangaben 1. Lehrbuch der Tierphysiologie, Penzlin, Gustav-Fischer-Verlag, 4.Auflage 1989 2. Biologie, Campbell, Spektrum Akademischer Verlag, 2.Auflage, 2000 3. Mensch, Körper, Krankheit, Schäffler, Schmidt; Jungjohann Verlag; 1993 4. Biologie heute, Schroedel Verlag, 2000 5. Vorlesungsskript SS 2004 6. Skript zum Tierphysiologie Praktikum WS 2004/05 7. Vergleichende Tierphysiologie, Band 1; Heldmaier, Neuweiler; Springer Verlag; 2003 Abbildungen Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. 1, Skript von 1997 2, Mensch, Körper, Krankheit; S.217;Abb. 12.38 3, Biologie, Campbell; S.1129;Bild 45.12 4, Mensch, Körper, Krankheit; S.217;Abb. 12.37 5, Vorlesungsskript SS 2004 6, Biologie heute; S. 329; Abb. 329.1 7, Biologie, Campbell; S. 1130; Bild 45.13 22